Einleitung und Versammlung in Sichem
Wir stehen in Joshua 24. Gestern haben wir die ersten Verse gelesen. Ich wiederhole nochmals ab Vers 1, um dann mit dem fortzufahren, was noch nicht gelesen worden war.
Joshua 24, ab Vers 1: Und Joshua versammelte alle Stämme Israels nach Sichem. Er berief die Ältesten von Israel, seine Häupter, seine Richter und seine Vorsteher, und sie stellten sich vor Gott.
Gott beschreibt sich hier so: „Ich stehe.“ Wir können das gerade aufschlagen in 1. Könige 17, Vers 1. Dort heißt es: „Elija der Tisbiter von den Beisasten Gileads sprach zu Ahab: So war der Herr, der Gott Israels, vor dessen Angesicht, ich stehe.“
Elija war auf Erden, aber er war sich bewusst: Sein Leben steht in der Gegenwart Gottes. So sah er sich, wo immer er auch war, vor Gott stehend.
Hier in Sichem wird das Volk Israel ganz bewusst in die Gegenwart Gottes gestellt.
In der Offenbarung finden wir das auch. Dabei muss man genau darauf achten: Dort wird von Menschen gesprochen, die vor Gottes Thron sind, und von solchen, die um seinen Thron sind.
Zum Beispiel in Offenbarung 5: Dort liest man, dass die 24 Ältesten, die die entrückte Gemeinde im Himmel darstellen, die ganze Gemeinde, um den Thron Gottes herum sind.
Aber in Offenbarung 14 lesen wir von den 144.000, die auf dem Berg Zion sind, auf dem Tempelberg. Der Herr Jesus, wieder zurückgekehrt auf dem Ölberg, ist jetzt auch bei ihnen dort auf dem Berg Zion. Von ihnen heißt es, dass sie vor Gottes Thron sind, nicht um seinen Thron.
Sie müssen im Himmel sein, um um den Thron zu sein, aber auf der Erde bedeutet „vor dem Thron“ ganz bewusst in der Gegenwart Gottes zu sein.
Auch die unzählbare Menge in Offenbarung 7, in der zweiten Hälfte, die durch die große Drangsal geht und dann ins tausendjährige Reich kommt, zum dritten Tempel – von ihnen heißt es ebenfalls, dass sie vor Gottes Thron sind auf Erden.
Im Himmel sind die Engel und die vierundzwanzig Ältesten um den Thron. Aber auf der Erde ist man, ganz bewusst in der Gegenwart Gottes, vor Gott und vor seinem Thron.
In diesem Sinne hier: Sie stellten sich vor Gott, ganz bewusst in seine Gegenwart.
Rückblick auf die Heilsgeschichte Israels
Und Joshua sprach zu dem ganzen Volk: So spricht der Herr, der Gott Israels: Eure Väter wohnten vor Alters jenseits des Stroms, das heißt des Euphrats, Tarah, der Vater Abrahams und der Vater Nahors, und sie dienten anderen Göttern.
Und ich, sagt Gott, nahm Abraham, euren Vater, von jenseits des Stroms und ließ ihn durch das ganze Land Kanaan wandern. Ich vermehrte seinen Samen und gab ihm Isaak. Dem Isaak gab ich Jakob und Esau, und dem Esau gab ich das Gebirge Seir zu besitzen. Das ist das Gebirge südlich vom Toten Meer auf der jordanischen Seite. Dieses raue Gebirge und Seir heißt Rau.
Jakob und seine Söhne zogen nach Ägypten hinab, und ich sandte Mose und Aaron und schlug Ägypten, so wie ich in seiner Mitte getan habe. Danach führte ich euch heraus.
Jakob ging mit seiner Großfamilie wegen der Hungersnot in Kanaan hinab nach Ägypten, um dort Wohnsitz zu nehmen. Das waren 70 Personen, je nachdem wie man zählt, auch 75. Beide Zahlen kommen in der Bibel vor, und beide sind korrekt.
Dann ist es so, dass in der folgenden Zeit diese Großfamilie zur Nation Israel heranwuchs. Es wird betont, dass sie sehr, sehr fruchtbar waren und wimmelten. Man kann ausrechnen, wie aus dieser Großfamilie von siebzig Personen dieses Millionenvolk werden konnte in der Zeit von 215 Jahren.
Denn die 430 Jahre rechnen sich ab Abrahams Besuch in Ägypten, in 1. Mose 12, wo er dort Wohnsitz nahm. Und wenn in 2. Mose 12,40 heißt, die Wohnzeit der Kinder Israel in Ägypten war 430 Jahre, muss man sich im Klaren sein: Es steht eigentlich nicht „Wohnzeit“, sondern „Moschaw“. Das ist der Wohnsitz. Der Wohnsitz der Kinder Israel in Ägypten erstreckt sich über 430 Jahre.
Der Fürst Abraham nahm damals Wohnsitz in Ägypten. Und dieser Wohnsitz, obwohl er dann wieder zurückkehrte entlang Kanaan, war Wohnsitz, der den Kindern Israel gehörte. Von da an erstreckten sich 430 Jahre.
Aber die Zeit, in der die Großfamilie von Jakob in Ägypten war bis zum Auszug, betrug 215 Jahre. Wenn man mit den größten Bevölkerungswachstumszahlen rechnet, also Prozentzahlen, die man aus dem 20. Jahrhundert kennt – zum Beispiel zeitweise in Brasilien – dann ist das genügend Zeit. Es ist wirklich erstaunlich, wie das mit der Bevölkerungsexplosion funktioniert.
Einmal kam nach einem Vortrag ein Mann zu mir. Er sagte: Meine Frau kommt aus einer Familie mit zehn Kindern, und wir haben ausgerechnet, wenn alle mitmachen würden und auch die Nachkommen immer wieder zehn Kinder hätten, dann wären wir in 300 Jahren eine Milliarde.
Ja, aber da müssten wirklich alle mitmachen. Nur damit wäre natürlich zum Beispiel auch das Problem der Islamisierung Europas geregelt.
Gottes Führung und Befreiung Israels
Ich lese weiter Vers 6: "Ich führte eure Väter aus Ägypten hinweg, und ihr kamt an das Meer. Die Ägypter jagten euren Vätern nach mit Wagen und Reitern bis an das Schilfmeer. Da schrien sie zu dem Herrn, und er setzte Finsternis zwischen euch und die Ägypter. Er führte das Meer über sie und bedeckte sie. Eure Augen haben gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe."
Da beschreibt also Josua den Auszug aus Ägypten und den dramatischen Durchzug durchs Rote Meer in die Wüste. Ihr wohntet in der Wüste eine lange Zeit, nämlich genau vierzig Jahre. Ich brachte euch in das Land der Amoriter, die jenseits des Jordan wohnten. Sie stritten gegen euch, und ich gab sie in eure Hand. Ihr nahmt ihr Land in Besitz, und ich vertilgte sie vor euch.
Das ist die Eroberung noch unter Mose im heutigen jordanischen Gebiet, wo die Amoriter besiegt wurden. Dieses Gebiet beanspruchten die zweieinhalb Stämme für sich – das Land der Amoriter und auch das Gebiet von Baschan, vom König.
Vers 8 noch einmal: "Und ich brachte euch in das Land der Amoriter, die jenseits des Jordan wohnten. Sie stritten gegen euch, und ich gab sie in eure Hand. Ihr nahmt ihr Land in Besitz, und ich vertilgte sie vor euch."
Da stand Balak auf, der Sohn Zippors, der König von Moab, und stritt gegen Israel. Er sandte hin und ließ Bileam, den Sohn Beors, rufen, um euch zu verfluchen. Hier werden also die letzten Kapitel in 4. Mose in Erinnerung gerufen. Balak ließ diesen zwiespältigen Mann, der als Prophet, aber auch als Wahrsager bezeichnet wird, kommen, um Israel zu verfluchen.
Und dann sagt Gott in Vers 10: "Aber ich wollte nicht auf Bileam hören, und er segnete euch vielmehr. Er rettete euch aus seiner Hand."
In diesem Zusammenhang eine schöne Perle aus dem Buch 4. Mose. Bileam versuchte von verschiedenen Stellen aus, das Lager Israels in den Gefilden Moabs zu verfluchen. Doch jedes Mal musste er von Gott her Israel segnen. Das sind erstaunliche Dinge.
Ich möchte nur eine Stelle herausgreifen, 4. Mose 23, Vers 21: "Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel. Der Herr, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelgeschrei wie um einen König ist unter ihm."
Man staunt: Wie kommt er zu dieser Beschreibung? Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob. Das lässt sich nur so erklären, auch in Kapitel 24, Vers 5, heißt es: "Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!"
Wie ist das möglich, wenn wir an all die vielen Probleme unter dem Volk Gottes in der Wüste denken?
Nun, am Morgen wurde in der Stiftshütte auf dem Altar das Morgenbrandopfer aufgelegt. Das war das Opfer für ganz Israel. Dann kamen die Freiwilligenopfer, und das letzte Opfer am Nachmittag um fünfzehn Uhr war das Abendbrandopfer.
Von dem Brandopfer heißt es in 3. Mose 1, dass es Sühnung tut und zum Wohlgefallen ist für den, der es darbringt. Beim Brandopfer werden nie Sünden bekannt. Es war einfach ein Opfer zur Ehre und Herrlichkeit Gottes.
Aber warum heißt es dort in 3. Mose 1, dass es Sühnung tut? Das Wort Sühnung bedeutet im Hebräischen eigentlich Bedeckung. Das heißt, das Opfer bedeckt den Opfernden vor Gott. So sieht Gott die Herrlichkeit des Opfers und nicht das Schamwürdige dessen, der das Opfer bringt.
Von diesem Opfer in 3. Mose 1 heißt es, das Brandopfer ist für Gott, den Herrn, ein lieblich riechender Geruch.
So spricht das davon, dass der Herr Jesus am Kreuz Gott auf eine Art und Weise verherrlicht hat, wie Gott noch nie verherrlicht worden ist. Die ganze Art und Weise, wie er es getan hat – nicht nur, dass er alles tat, wie der Vater es wollte, sondern auch wie er es tat – war wunderbar, herrlich und gottverherrlichend.
Das erläutert das Johannesevangelium in Kapitel 17, wo der Herr Jesus sagt: "Ich habe dich verherrlicht auf der Erde. Ich habe das Werk, das du mir gegeben hast, vollbracht."
Alles, was Jesus auf Erden getan hat, und dann in ganz besonderer Weise am Kreuz, hat Gott verherrlicht. Dieses Brandopfer bedeckt uns.
So heißt es in Epheser 1, Vers 7, dass wir angenehm gemacht worden sind in dem Geliebten. Es wird auch manchmal übersetzt mit "begnadigt worden sind in dem Geliebten". Das griechische Wort bedeutet beides: begnadigen und lieblich machen. Wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten.
Das heißt, Gott sieht uns in dem Herrn Jesus. Seine Herrlichkeit ist uns zugerechnet. Darum musste, obwohl es ein problematisches Volk war, Bileam aus Sicht Gottes sagen, er blickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel.
Nochmals 4. Mose 24, Vers 5: "Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel", bedeckt von dem Brandopfer!
Prophetie und Messiaserwartung
Und dann noch eine zweite Perle: 24, Vers 17.
„Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe.“
Wir betrachten dies als Poesie. Das Gleiche wird hier mit anderen Worten in zwei Verszeilen ausgedrückt:
„Es tritt hervor ein Stern aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel.“
Das ist eine Prophetie, die auf den Messias hinweist, der einmal als König kommen wird. Deshalb heißt es: „Ein Zepter erhebt sich aus Israel.“ Das Zepter symbolisiert den Regierungsstab des Königs. Parallel dazu steht: „Es tritt ein Stern aus Jakob hervor.“ Das ist ein Hinweis darauf, dass, wenn der Messias kommt, ein neuer Stern aufgehen wird.
Der Prophet hier ist kein Wahrsager, sondern ein Prophet. Diese Offenbarung wurde durch den Heiligen Geist gegeben, wie Vers 2 in diesem Kapitel sagt: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt.“ Das bedeutet, dass der Prophet damals, um 1567 vor Christus, den Messias sah, der aber noch nicht gekommen war. „Ich schaue ihn, aber nicht nahe“ heißt, dass es noch sehr lange dauern sollte, bis der Messias tatsächlich kommt.
Man muss sich vorstellen, dass die Juden nach Babylon deportiert wurden – ab 606 vor Christus bis 582 vor Christus. Die Babylonier waren sehr interessiert an Sternen und Astronomie. Daher kann man annehmen, dass die Juden während der babylonischen Gefangenschaft weiterhin erzählten: „Wir haben eine Prophetie. Wenn der Messias, der König Israels, kommt, wird ein Stern aufgehen.“
Nach der babylonischen Gefangenschaft durften die Juden zurückkehren. Viele blieben jedoch unter der persischen Herrschaft, wie wir an Mordechai und Esther sehen. So erfuhren auch die Perser von dieser Prophetie.
Jahrhunderte später kamen die Magier aus dem Morgenland (Matthäus 2) nach Jerusalem und fragten: „Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Wir haben seinen Stern gesehen.“ Diese Magier waren Perser, denn das Wort „Magier“ in Matthäus 2, „Magoi“, ist kein griechisches Wort. Es ist ein Lehnwort aus dem Persischen und bezeichnet persische Sternkundige.
Es ist also klar, dass diese Magier aus dem Morgenland, also aus Persien, kamen. Sie hatten einen neuen Stern gesehen und wussten: Jetzt ist der König da. Daraufhin reisten sie nach Jerusalem, der Hauptstadt, weil sie nicht wussten, wo genau in Israel der König geboren worden war.
Sie mussten erfahren, dass in den Propheten, insbesondere in Micha 5, gesagt wird, dass der Messias in Bethlehem geboren werden soll. So gingen sie nach Bethlehem und fanden dort den Erlöser.
Es waren Heiden, die nachts dieses Phänomen am Himmel sahen, während die meisten Juden es verschliefen – im wörtlichen Sinn. Sie kamen mit wenig Wissen, nahmen aber die etwa dreimonatige Reise auf sich und fanden so den Erlöser.
Diese Geschichte geht offensichtlich auf die Prophetie von Bileam zurück.
Zusammenfassung der Eroberungen und Gottes Hilfe
Zu Joshua 24, Vers 10: "Aber ich wollte nicht auf Bileam hören, und er segnete euch vielmehr, und ich errettete euch aus seiner Hand. Und ihr zogt über den Jordan und kamet nach Jericho."
Im letzten Kapitel wird hier die Brücke zu den ersten Kapiteln des Buchs geschlagen. Die Bürger von Jericho, die Amoriter, Perisiter, Kananiter, Hethiter, Girgasiter, Hewiter und Jebusiter stritten gegen euch, und ich gab sie in eure Hand. Das ist die Zusammenfassung all der vorigen Kapitel – so haben sie es erlebt.
Weiter heißt es: "Und ich sandte die Hornissen vor euch her." Davon haben wir bisher nicht gelesen. Es wird nicht alles erzählt. Vieles wird berichtet, aber nicht alles. Zum Beispiel wurde erwähnt, dass sie nach Sichem kamen, doch die Eroberung von Sichem wurde nicht ausführlich beschrieben. Auch die Eroberung von Shiloh wurde nicht berichtet. Nicht jedes Detail ist festgehalten.
Aber auch das ist geschehen. Hier wird nun alles zusammengefasst und erklärt, dass Gott nicht nur mit Steinen vom Himmel eingriff, wie wir gelesen haben, sondern sogar mit Hornissen. "Und ich sandte die Hornissen vor euch her, und sie vertrieben sie vor euch, die beiden Könige der Amoriter." Nicht mit deinem Schwert und nicht mit deinem Bogen.
Weiter heißt es: "Ich habe euch ein Land gegeben, um das du dich nicht gemüht hast, und Städte, die ihr nicht gebaut habt, und ihr wohnet darin." Das zeigt, dass nicht alle Städte zerstört und verbrannt wurden. Das gilt für Jericho, Ai und auch Hazor. Andere Städte wurden einfach erobert und übernommen.
Genau das lässt sich auch über Shiloh sagen. Die Mauern aus der Mittel- und Bronzezeit IIb sind gefunden worden, aber es gibt keine Spuren, dass die Stadt damals zerstört wurde. Was man sieht, ist, dass ab dieser Zeit eine neue Kultur dort aufkommt. Das zeigt, dass die Stadt erobert und in Besitz genommen wurde, aber nicht zerstört.
Sie konnten bestehende Städte übernehmen, wie hier beschrieben wird. "Und ihr wohnet darin." Von Weinbergen und Olivenbäumen, die ihr nicht gepflanzt habt, esst ihr.
Heilsgeschichtliche Evangelisation und ihre Bedeutung
In den weiteren Versen werden nun praktische Anwendungen gemacht. Was wir hier lernen: Josua erzählt einfach die Heilsgeschichte. Wir beginnen mit Abraham, alles schön der Reihe nach.
Wenn wir uns das einmal überlegen: Wie wurde in der Apostelgeschichte gepredigt? Die Rede von Stephanus in Apostelgeschichte 7 vor dem Sanhedrin ist sehr umfassend wiedergegeben. Sie macht übrigens fünf Prozent der Apostelgeschichte aus – nur diese eine Rede. Was erzählt Stephanus? Er beginnt mit Abraham in Ur in Chaldäa, wo ihm der Gott der Herrlichkeit erschien. Dann berichtet er, wie Abraham auszog, ins Land kam, und wie seine Nachkommen sich entwickelten – alles schön der Reihe nach. Anschließend erzählt er die ganze Geschichte Israels in Ägypten, die Wüstenwanderung und so weiter, bis er schließlich in seiner Rede auf das Kommen des Erlösers, auf das Kommen des Herrn Jesus zu sprechen kommt.
Danach folgt der evangelistische Anhang: Stephanus ruft den Sanhedrin zur Buße und Umkehr auf, tobt gegen ihn und wird schließlich getötet. Was wir hier sehen, ist Evangelisation durch die Darstellung der Heilsgeschichte – einfach den Ablauf darstellen.
Wenn wir später in der Apostelgeschichte wieder eine ausführlich beschriebene Predigt lesen, finden wir ein weiteres Beispiel in Apostelgeschichte 13. Paulus predigt in der Synagoge in Antiochia und erzählt auch dort die Geschichte Israels von Anfang an. Er führt sie weiter über den Auszug aus Ägypten, die Wüstenwanderung, dann gab es für 450 Jahre Richter bis auf Samuel, dann kommt König Saul, dann König David. Paulus zieht die Linie bis zum Kommen des Herrn Jesus.
Das zeigt uns, dass Evangelisation nicht einfach irgendwo im luftleeren Raum stattfindet, sondern in der Heilsgeschichte verankert sein muss. Das sollten wir uns zu Herzen nehmen.
Die New Tribes Mission, eine Mission, die besonders das Erreichen der Stämme im Blick hat, die das Evangelium bisher noch gar nicht gehört haben, hat dieses Prinzip aufgebaut. Man geht zu den Stämmen und erzählt die Heilsgeschichte von vorne. Man beginnt mit der Schöpfung und dem Sündenfall, dann die Sintflut. Bei der Sintflut wird erklärt, dass Gott durch ein Mittel, die Arche, gerettet hat. Man musste durch die Tür der Arche eingehen, um gerettet zu werden.
Die Heilsgeschichte wird weitergeführt bis zum Auszug aus Ägypten. Dort wird erklärt, dass die Israeliten gerettet wurden, indem sie ein Lamm schlachteten und das Blut an die Türpfosten strichen. So konnten die Erstgeborenen gerettet werden. Dann wird erzählt, dass sie später am Sinai das Gesetz erhielten. Die Stammesangehörigen hören zu, obwohl sie noch nie etwas gehört haben. Es wird wirklich von Anfang an erklärt und erläutert. Sie leben richtig mit, als ob sie das Alte Testament selbst erleben würden.
Dann ist es nicht ungewöhnlich, dass sie plötzlich beginnen, gut zu leben nach den Gesetzen vom Sinai. Sie merken aber, dass das nicht funktioniert. Sie machen genau dieselbe Erfahrung wie das Volk Israel damals. So wird das ganze Alte Testament hindurchgeführt bis zum Kommen des Herrn Jesus.
Dann wird erklärt, dass dies die Erfüllung der Verheißung ist, von der man schon nach dem Sündenfall gehört hat: Gott sagte, der Same der Frau wird kommen und der Schlange den Kopf zertreten. Die Stammesleute freuen sich, dass jetzt der Retter da ist.
Dann folgt die Lektion mit der Kreuzigung, die sich auf den ganzen Stamm auswirkt. Die Menschen sind richtig niedergeschlagen – man könnte fast sagen depressiv, aber es ist keine Depression im medizinischen Sinne. Es ist Niedergeschlagenheit, wie die Jünger sie erfuhren.
Der entscheidende Moment kommt in der nächsten Lektion: die Auferstehung des Herrn Jesus am dritten Tag. Immer wieder hat man die Erfahrung gemacht, dass dann ein Durchbruch kommt und viele sich bekehren.
Das Evangelium wird also heilsgeschichtlich dargestellt. Das muss man nicht nur bei den eingeborenen Stämmen so machen, die noch nie etwas gehört haben. Das kann man auch bei uns tun – etwa in Hauskreisen mit evangelistischen Menschen. Dort kann man ebenso den Heilsplan durchgehen. Das ist evangelistisch.
Manche denken, das sei nicht evangelistisch, man müsse es ganz anders anpacken. Doch das Evangelium soll heilsgeschichtlich verankert werden. Ich habe ein paar Beispiele genannt, aber wir können viele weitere in der Bibel finden – im Alten und im Neuen Testament –, die zeigen, warum heilsgeschichtlich gelehrt wird.
So bekommt das einzelne Evangelium seine Bedeutung, weil es verwurzelt ist in einer Geschichte, die wirklich in Raum und Zeit stattgefunden hat.
Aufruf zur Entscheidung und die Herausforderung der Götter
Nun sehen wir, dass aus der heilsgeschichtlichen Darstellung die Konsequenzen gezogen werden. So haben es Stephanus, der Apostel Paulus und auch Joshua getan. Das „Nun“ ist die Schlussfolgerung aus der heilsgeschichtlichen Darstellung: „Fürchtet den Herrn und dient ihm in Vollkommenheit und in Wahrheit! Tut die Götter hinweg, welche eure Väter jenseits des Stroms und in Ägypten gedient haben, und dient dem Herrn!“
Wenn es euch übel erscheint, dem Herrn zu dienen, dann erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms gedient haben, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen. So wird diese Generation von Israeliten zur Entscheidung aufgerufen. Das ist der Ruf zur Wahl.
Ihnen wird gezeigt, dass sie sich im Spannungsfeld von drei Religionen befinden. In Vers 14 heißt es: „Tut die Götter hinweg, welchen eure Väter jenseits des Stroms gedient haben.“ Das sind die Götter der Sumerer, denen Tara und Abraham gedient hatten – dem Gott Nanna, dem Mondgott, und all den vielen Göttern der Sumerer.
Dann heißt es weiter: „und in Ägypten gedient haben.“ „Väter“ bedeutet hier einfach „Vorfahren“. Auch heute noch sagt man im modernen Hebräisch „Avotai“, meine Väter, wenn man von seinen Vorfahren spricht. Die Israeliten hatten sich während der 215 Jahre in Ägypten so integriert, dass sie sogar die ägyptische Religion übernommen hatten. Sehr interessant!
Bei Ausgrabungen in Ramses-Stadt, Avaris, wurden Spuren der Israeliten gefunden. Man muss natürlich in den richtigen Archiven suchen, nicht um 1230, sondern vor 1606 v. Chr. Dort findet man die Lehmziegelhäuser der Israeliten in Ägypten – ärmliche Behausungen, das Sklavenvolk. Auffällig ist, dass dort keine Ägypter wohnten, sondern Fremde aus der Levante, also aus dem Gebiet Kanaan und Syrien. Das lässt sich archäologisch belegen. Gleichzeitig waren diese Leute sehr ägyptisiert und hatten sich stark angepasst.
Schauen wir in Hesekiel. Dort wird gesagt, dass sie in Ägypten den Göttern dienten, die typischerweise einen Tierkopf und einen Menschenleib hatten. In Hesekiel 20,7-8 heißt es:
„Und ich sprach zu ihnen: Werfet ein jeder die Scheusale seiner Augen weg und verunreinigt euch nicht mit den Götzen Ägyptens! Ich bin der Herr, euer Gott! Aber sie waren widerspenstig gegen mich und wollten nicht auf mich hören. Keiner warf die Scheusale seiner Augen weg, und von den Götzen Ägyptens ließen sie nicht. Da gedachte ich meines Grimes, meinen Zorn an ihnen zu vollenden, mitten im Land Ägypten.“
Der Grund, warum Israel in diese schreckliche Sklaverei kam und unter dem Pharao so großen Druck erlebte – verbunden mit dem Kindermord, bei dem alle Jungen in den Nil geworfen werden sollten –, war Gottes Gericht über Israel. Die Nachkommen Jakobs hatten in Ägypten den ägyptischen Götzendienst übernommen. Doch das führte dazu, dass sie schließlich schrieen, und der Herr sagt zu Mose aus dem Dornbusch in 2. Mose 3: „Ich habe ihr Geschrei gehört und bin herabgekommen.“ Der Retter kam, um sie aus Ägypten herauszuführen und in ein Land zu bringen, das von Milch und Honig fließt.
Auch Hesekiel 23,1ff bezeugt die Untreue Israels:
„Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Es waren zwei Frauen, Töchter einer Mutter, und sie hurten in Ägypten; in ihrer Jugend hurten sie. Dort wurden ihre Brüste gedrückt und dort betastete man ihren jungfräulichen Busen. Ihre Namen sind Ohola, die größere, und Oholiba, ihre Schwester.“ Diese beiden Schwestern symbolisieren die zehn und die zwei Stämme Israels, zusammen das zwölfstämmige Volk. In den weiteren Versen wird deutlich, dass ihre Hurerei und Untreue gegenüber Gott durch den ägyptischen Götzendienst dargestellt wird.
So war die Religion der Ägypter der Grund für die Sklaverei Israels. Mose hatte die Aufgabe, den wahren Gott zu erklären – den Gott der Väter Abraham, Isaak und Jakob. Er musste klarmachen, dass dieser Gott sie jetzt herausführt und vom Götzendienst trennt.
Als Gott die Zehn Gebote gab, nach dem Auszug am Sinai, lautete das erste Gebot: „Ich bin der Herr, dein Gott; du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Das zweite Gebot verbot, Bilder zu machen, um sie zu verehren. Diese Gebote waren die Grundlage, um Israel von der ägyptischen Religion zu trennen.
Die zehn Plagen waren so gestaltet, dass sie alle ägyptischen Götter bloßstellten. Zum Beispiel wurde das Wasser des Nils zu Blut – ein Schlag gegen Happi, den Gott des Nils, der als Lebensquelle Ägyptens verehrt wurde. Wenn der Herr, der Gott Abrahams, es befahl, wurde das Wasser ungenießbar. Auch die Plagen mit Fröschen, Insekten und so weiter stellten die ägyptischen Götter bloß. So erkannte Israel, wer der wahre Gott ist, und dass die Götter Ägyptens nichts bedeuten.
Schließlich konnten auch die Ägypter den wahren Gott erkennen, wie wir in 2. Mose lesen.
Nach dem Auszug aus Ägypten war das Gesetz bereits gegeben – die Zehn Gebote. Noch bevor Israel die schriftlichen Tafeln in den Händen hatte, verkündete Gott mündlich vom Sinai die Gebote. Die Israeliten antworteten: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun.“ Das war der Bundesschluss, der später schriftlich bestätigt wurde.
Doch noch vor der schriftlichen Bestätigung kam der Vorfall mit dem goldenen Kalb. Warum ein goldenes Kalb? Das war der alte Apis-Stierkult aus Ägypten, den sie wieder auflebten. Wenn man bedenkt, dass dieser Bund mit einer Eheschließung verglichen wird, wie es in Jeremia 31,31 heißt, dann wird klar, dass zwischen dem mündlichen Ja und der schriftlichen Bestätigung bereits Ehebruch geschah.
In der Schweiz, wo ich mich auskenne, gilt die Eheschließung als vollzogen, sobald beide Partner mündlich zustimmen. Das Unterschreiben ist nur die Bestätigung und Archivierung. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es große Probleme, wenn Ehen nicht mehr nachgewiesen werden konnten. Dann mussten die Paare eidesstattlich bestätigen, dass sie verheiratet waren.
So war es auch am Sinai: Die Ehe wurde geschlossen, als Israel sagte: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun“ (2. Mose 19). Die schriftliche Bestätigung kam erst später. Doch schon vorher wurde das goldene Kalb gemacht und der ägyptische Kult wieder aufgenommen – ein Wahnsinn!
Auch später, nach dem Tod Salomos, kam der Rebell Jerobeam aus Ägypten zurück und übernahm die Macht über die zehn Stämme. Jerobeam war der Sohn Nebats, dessen Name auf die Göttin Hathor verweist. Warum heißt sein Vater Nebat? Und warum floh Jerobeam ins Exil nach Ägypten? Es gab offenbar eine Beziehung.
Jerobeam sagte zum Volk der zehn Stämme: Es ist zu weit, nach Jerusalem zum Tempel Salomos zu gehen. Er schuf eine Alternative: goldene Kälber in Daan und Bethel. Von Generation zu Generation wurde das zum Fall der zehn Stämme bis zu ihrer Wegführung. Das war ägyptischer Kult.
In Josua 24,14 heißt es erneut: „Tut die Götter hinweg, welchen eure Väter jenseits des Stroms und in Ägypten gedient haben, und dient dem Herrn! Wenn es euch übel ist, dem Herrn zu dienen, so erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, welchen eure Väter jenseits des Stroms gedient haben, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt.“
Die Götter der Amoriter sind die kanaanäische Religion mit Baal, El und der damit verbundenen Unzucht. Baal war ein gefährlicher Gott für die Israeliten. In Ägypten waren sie es gewohnt, dass der Nil, angeblich der Gott Hapi, aus Schwarzafrika Wasser brachte, auch wenn es nicht regnete. Dort war man also nicht vom Regen abhängig.
In der Wüste musste man auch nicht auf Regen warten, denn Gott gab Wasser aus dem Felsen (2. Mose 17). Im Psalm 105,41 heißt es: „Er öffnete den Felsen, und es flossen Wasser heraus; sie liefen in den dürren Örtern wie ein Strom.“ In 1. Korinther 10 wird der Fels symbolisch mit Christus gleichgesetzt, der ihnen nachfolgte. Wie kann ein Fels folgen? Der Fels mit der Quelle war kein kleines Bächlein, sondern ein Strom, der durch die Sinai-Wüste floss und sie auf ihrer Reise begleitete.
Im Land Kanaan waren sie jedoch auf Regen angewiesen – der Regen musste im Oktober beginnen und bis April andauern, wenn die erste Ernte, die Gerste, in der Passahwoche geerntet wurde. Das erforderte Vertrauen und Abhängigkeit vom Herrn.
Die Kanaaniter hatten jedoch eine Methode, den Regen zu sichern: den Kult für Baal. Man musste Baal dienen, sonst gab es keine Ernte. Dieser Übergang von einem nomadischen Schaf- und Ziegenvolk in der Wüste zu einem Bauernvolk mit Ackerbau war sehr kritisch. Das Angebot der Kanaaniter mit ihrem Baal war gefährlich.
Darum sagt Joshua hier: Entscheidet euch, ob ihr den Göttern der Amoriter dienen wollt. Drei Religionen waren ihre Herausforderung.
Heute ist es genauso, wenn auch ganz anders als in früheren Jahrhunderten. Früher waren fremde Kulturen Exoten – man konnte von Reisen in den Nahen Osten oder nach Asien erzählen. Heute leben wir in einer vernetzten Welt, in der selbst arme Menschen mit Unterstützung fliegen können.
Wir sind mit vielen Religionen und Einflüssen konfrontiert: Buddhismus, Hinduismus, Esoterik, Islam und mehr. Das lässt sich gut auf das übertragen, was die Israeliten damals erlebt haben – die Konfrontation mit verschiedenen Religionen.
Das wunderbare Beispiel von Joshua zeigt: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ Er geht als Beispiel voran, als Volksführer. Das ist entscheidend.
Joshua war nie ein Diktator, sondern führte mit seinem Beispiel voran. Das zeigt auch das Neue Testament: Die Hauptverantwortlichen in der Gemeinde sollen Vorbilder der Herde sein (1. Petrus 5). Sie gehen mit gutem Beispiel voran, wie Joshua sagt: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“
Das ist auch ein Kennzeichen der israelischen Armee. Offiziere müssen als Vorbilder vorangehen, anders als in Europa, wo Offiziere oft nur Befehle geben. In Israel führen Offiziere ihre Soldaten persönlich an, was erklärt, warum dort prozentual mehr Offiziere im Krieg fallen als in europäischen Armeen. Sie sagen: „Acherei, mir nach!“ und die Soldaten folgen.
Diese Führung mit Beispiel und Eigenverantwortung ist ein Grund für den überwältigenden Sieg im Sechstagekrieg. Die Soldaten konnten auch eigenständig Entscheidungen treffen, wenn sie abgeschnitten waren, im Gegensatz zur ägyptischen Armee, die eingekesselt und immobil war, weil sie keinen Befehl erhielt.
Genau das finden wir auch bei den Ältesten in der Gemeinde: Sie sollen mutig vorangehen und Vorbilder sein. Joshua zeigt das mit seinem Beispiel: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ So soll Israel Mut fassen und den gleichen Weg gehen.
Das Beispiel ist entscheidend, nicht Druck oder Diktatur. Die Gemeinde ist weder Demokratie noch Diktatur, sondern lebt durch Vorbild und Beispiel.
Jetzt machen wir eine Pause, die mit einem kleinen Konzert beginnt. Erika spielt für uns. Sie muss noch erklären, welches Instrument sie spielt: „O Gnade Gottes wunderbar.“