Einführung und Überblick zum Bibelstudienthema
Guten Morgen, ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag begrüßen. Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema der Philipperbriefe, insbesondere mit Kapitel drei. Wir wollen heute die Kapitel drei und vier betrachten.
Ich lese zu Beginn aus Philipper 3,1:
„Übrigens, meine Brüder, freut euch im Herrn! Euch dasselbe zu schreiben, ist mir nicht verdrießlich, für euch aber ist es sicher.“
Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung! Denn wir sind die Beschneidung, die durch den Geist Gottes dienen und sich Christi Jesu rühmen und nicht auf das Fleisch vertrauen.
Wiewohl ich auch auf das Fleisch vertraue: Wenn irgendein anderer sich dünkt, auf Fleisch zu vertrauen, so noch mehr ich. Ich bin am achten Tag beschnitten, vom Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern. Was das Gesetz betrifft, bin ich ein Pharisäer; was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Gemeinde; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, tadellos erfunden.
Aber was mir früher Gewinn war, das habe ich um Christi Willen für Verlust geachtet. Ja, wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seines Willen habe ich alles eingebüßt und halte es für Dreck, damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde.
Dabei habe ich nicht meine eigene Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben –, um ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung sowie die Gemeinschaft seiner Leiden. Dabei werde ich seinem Tod gleichgestaltet, damit ich in irgendeiner Weise zur Auferstehung aus den Toten gelangen möge.
Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei, aber ich jage ihm nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin.
Brüder, ich halte mich selbst nicht dafür, es ergriffen zu haben. Eines aber tue ich: Vergessend, was dahinten ist, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich dem Ziel nach und schaue hin auf den Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.
So viele nun vollkommen sind, lasst uns also gesinnt sein. Und wenn ihr etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dies offenbaren. Doch wozu wir gelangt sind, lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln.
Seid zusammen meine Nachahmer, Brüder, und seht hin auf die, welche so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt. Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe und nun auch mit Weinen sage, dass sie Feinde des Kreuzes Christi sind.
Deren Ende ist Verderben, deren Gott der Bauch und deren Ehre in ihrer Schande besteht. Sie sinnen auf das Irdische.
Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten. Er wird unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit.
Das geschieht nach der wirksamen Kraft, mit der er auch alle Dinge sich unterwerfen kann.
Kontext und Aufbau des Philipperbriefs
Zunächst eine kurze Zusammenfassung:
Wir haben bereits gesehen, dass der Philipperbrief im Jahr 62 von Paulus aus dem Gefängnis in Rom geschrieben wurde. Das ist umso erstaunlicher, weil der Philipperbrief als der Brief der Freude im Herrn bekannt ist. In diesem Brief wird 17 Mal auf diese Freude im Herrn hingewiesen. Das zeigt deutlich, dass die christliche Freude nicht von den Umständen abhängt, sondern in Christus, in seiner Person, begründet ist.
Darum beginnt unser Kapitel auch mit dem Aufruf: „Übrigens, meine Brüder, freut euch in dem Herrn.“ Dies sagt Paulus, nachdem er in den vorherigen Versen über Traurigkeit und Not in seinem Leben berichtet hat. Die Freude im Herrn ist eben nicht abhängig von äußeren Umständen, sondern davon, dass wir den Herrn haben – und ihn haben wir in allen Umständen.
Der Brief ist so aufgebaut, dass er sich gut in Kapitel einteilen lässt:
Kapitel 1 handelt von Christus als unserem Lebensinhalt.
Kapitel 2 zeigt Christus als unser Lebensvorbild. Hier wird dargestellt, wie er sich aus der Herrlichkeit erniedrigt hat: Er kam in diese Welt und hat sich siebenfach erniedrigt bis zum Tod am Kreuz. Danach wurde er über alles erhöht. Christus ist unser Vorbild für Demut und Hingabe.
In Kapitel 3 geht es um Christus als unser Lebensziel. Wir haben das ausdrücklich schon in Vers 14 gelesen: „Eines aber tue ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was vorn ist. Ich jage dem Ziel nach, dem Preis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“ Das entspricht ganz Hebräer 12, wo es heißt, man solle auf Jesus schauen, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Auch dort geht es um ein Rennen – ein sportliches Rennen –, bei dem man das Ziel fest im Blick behalten muss und sich von allem anderen abwendet. So heißt es hier: „Das Ziel anschauend jage ich.“ Christus ist also unser Lebensziel.
Schließlich werden wir in Kapitel 4 sehen, dass Christus unsere Lebenskraft ist. Ich nehme das gleich vorweg: In Kapitel 4, Vers 12 heißt es: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt.“
Warnung vor falschen Lehrern und Irrlehren
Alles haben wir in dem Herrn Jesus, und deshalb beginnt Kapitel drei mit den Worten: „Übrigens, meine Brüder, freut euch in dem Herrn.“
Wenn Paulus dann gleich hinzufügt, dass es ihm nicht verdriesslich sei, euch dasselbe zu schreiben, ist das für euch sicher verdriesslich oder lästig. Dabei bezieht sich das nicht auf den Aufruf, sich in dem Herrn zu freuen, sondern auf die Warnung, die jetzt folgt – die Warnung vor falschen Arbeitern.
Schon in Kapitel 1 hat er davon geschrieben, dass es solche gibt, die als Evangelisten herumreisen, aber das Ziel haben, Paulus dadurch zu kränken. Sie tun das aus falschen Motiven, aus einer inneren Feindschaft gegenüber Paulus. Nun geht es wieder um eben diese Warnung vor solchen falschen Arbeitern.
Paulus sagt: Euch dasselbe zu schreiben ist für mich nicht verdriesslich, weil ich die Notwendigkeit der Warnung sehe. Für euch aber ist es bestimmt so. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Viele Christen mögen es gar nicht, wenn man vor diesen Gefahren, vor jenen Schwierigkeiten und vor falschen Lehren warnt. Aber es ist nötig, und deshalb tut Paulus es.
Für ihn ist es nicht verdriesslich, weil er die Notwendigkeit sieht.
Dann sagt er in Vers 2: „Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung.“ Er warnt hier vor falschen Lehren, und zwar vor einer ganz bestimmten Gruppe. Es gibt ja viele unterschiedliche Irrlehren, aber diese, die hier angesprochen wird, betrifft judaisierende Lehrer.
Das sind Lehrer, die nach Philippi kamen und versuchten, die Gläubigen aus den Heidenvölkern ins Judentum hineinzuführen. Sie wollten ihnen klarmachen: Ihr müsst euch beschneiden lassen, ihr müsst jüdische Feste feiern und so weiter. Es ist eigentlich genau das gleiche Problem, das auch im Galaterbrief behandelt wird.
Vergleich mit dem Galaterbrief und die Gefahren der Irrlehre
Der Galaterbrief war der erste Brief des Apostels Paulus. Schon dort musste er vor Leuten warnen, die nach Galatien kamen – in der heutigen Türkei – und genau diese Irrlehre unter den galatischen Versammlungen verbreiteten. Paulus musste sie deshalb ernstlich warnen.
Wir können das kurz in Galater 1 nachlesen. Die Galater waren hauptsächlich Gläubige, die aus den Heidenvölkern kamen, also keine jüdische Abstammung hatten. Sie sollten ins Judentum hineingeführt werden.
Der Apostel Paulus sagt den Galatern in Kapitel 1, Vers 6-9 Folgendes:
„Ich wundere mich, dass ihr euch so schnell von dem, der euch in der Gnade Christi berufen hat, zu einem anderen Evangelium umwendet, das kein anderes ist, nur dass einige da sind, die euch verwirren und das Evangelium des Christus verdrehen wollen. Aber wenn auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium verkündigte, außer dem, was wir euch als Evangelium verkündigt haben, sei er verflucht. Wie wir zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt, außer dem, was ihr empfangen habt, sei er verflucht.“
Das ist eine sehr harte Aussage. Hier sehen wir eine Problematik, die in der heutigen Zeit wieder sehr stark aufkommt. Weltweit gibt es viele Lehrer, die versuchen, Gläubige aus den Heidenvölkern, die zum Glauben gekommen sind, ins Judentum hineinzuführen.
Das ist eine so schlimme Irrlehre, dass der Apostel Paulus sagt: Was diese Lehrer verkündigen, ist nicht ein anderes Evangelium, sondern eine Verdrehung. Sie bringen sich dadurch unter den Fluch Gottes.
Diese Galater begannen, jüdische Feste zu feiern, was sie früher nicht getan hatten, weil sie keine Juden waren. Paulus sagt in Kapitel 4, Vers 10:
„Ihr beachtet Tage und Monate und Zeiten und Jahre. Ich fürchte um euch, dass ich etwa vergeblich an euch gearbeitet habe.“
Er drückt damit seine Sorge aus, dass die ganze Evangeliumsverkündigung vielleicht umsonst war und es sich nur um eine Scheinbekehrung handelte. Mit solchen Problemen und Irrlehren darf man nicht spaßen.
Auch heute ist zu beobachten, dass unter denen, die versuchen, Gläubige aus den Heidenvölkern ins Judentum zu bringen, oft später die Irrlehre verbreitet wird, Jesus Christus und seine Gottheit zu leugnen. Diese Gottheit ist jedoch klar im Alten und im Neuen Testament bezeugt.
Bedeutung der Begriffe "Hunde" und "Zerschneidung"
Der Apostel Paulus sagt also: „Seht auf die Hunde.“ Wir wissen, dass Hunde nach 3. Mose 11 nicht koscher sind. Dort wird erklärt, dass Säugetiere, die gespaltene Hufe haben und wiederkäuen, als koscher gelten. Dazu gehören Ziegen, Kühe, Schafe, Hirsche und Steinböcke. Hunde hingegen sind unrein. Deshalb wurde der Begriff „Hund“ auch als Bezeichnung für die nichtjüdischen Völker im Gegensatz zum Volk Israel verwendet.
Wer kennt nicht die Geschichte in Matthäus 15, wo der Herr Jesus für kurze Zeit in den Libanon ging, nach Syrophönizien? Dort begegnete ihm eine kanaanitische Frau, die Segen von ihm wollte. Jesus verwendete in diesem Zusammenhang den Ausdruck „Hündlein“ für die Heiden, die als unrein galten. Diese Frau verstand sehr genau, was das bedeutete.
Nun sehen wir, dass der Apostel Paulus diesen Ausdruck, der eigentlich für die unreinen Heiden steht, für jüdische Irrlehrer benutzt. Er sagt: „Die sind unrein, sie stehen draußen.“ Wenn Paulus sagt, sie stehen draußen, können wir kurz in Offenbarung 21, Vers 8 beziehungsweise 22, Vers 15 nachschlagen. Dort heißt es, draußen sind die Hunde, die Zauberer, die Hurer, die Mörder, die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut. Auch hier begegnet uns wieder der Begriff „Hunde“ als Symbol für diejenigen, die ausgeschlossen sind.
Paulus warnt also: Seht auf die Hunde! Es ist nicht so, dass man durch das Beginnen, jüdisch zu leben, besser wird. Nein, man stellt sich damit hinaus. Deshalb erklärt Paulus im Galaterbrief, dass diejenigen, die dieser Irrlehre folgen, aus der Gnade gefallen sind. Sie haben das Prinzip des Bodens der Gnade verlassen.
Bei den Philippern war die Lage noch nicht so schlimm, dass sie in diese Irrlehre hineingefallen waren, aber sie waren gefährdet. Deshalb ist die Sprache im Philipperbrief auch ganz anders als im Galaterbrief. Dennoch warnt Paulus auch dort: Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter und schließlich seht auf die „Zerschneidung“.
Hier benutzt Paulus ein Wortspiel: „Zerschneidung“ heißt im Griechischen „katatome“. Das klingt fast wie „peritome“, das griechische Wort für „Beschneidung“. Paulus ändert das aber zu „kata“, was „herabschneiden“ bedeutet, also „zerschneiden“. Er nennt diese Irrlehre, die auch Gläubige aus den Heidenvölkern zum Judentum übertreten lassen wollte, nicht „Beschneidung“, sondern „Zerschneidung“.
„Katatome“ bedeutet, dass man mehr macht als nur beschneidet. Letztlich wäre das sogar Kastration, wenn man zu viel abschneidet. Paulus will damit deutlich machen, dass das eine völlige Perversion der Wahrheit ist, was diese Leute tun. Das nennt er die „Zerschneidung“.
Geistliche Bedeutung der Beschneidung und ihre Erfüllung in Christus
Als Kontrast sagt er: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen.“ Die Beschneidung hat eine geistliche Bedeutung und weist – wie alles im Alten Testament – auf den Herrn Jesus und sein Werk hin.
Ich muss kurz erklären, was die Beschneidung überhaupt bedeutet. In Kolosser 2 wird sie in Verbindung mit der Taufe gebracht. Dabei fragt man sich, was der Zusammenhang zwischen Taufe und Beschneidung ist, denn äußerlich sind sie doch ganz verschieden.
Bei der Taufe geht es darum, dass der Täufling bekennt: Jesus Christus ist für mich gestorben. Sein Tod bedeutet das Ende meines alten Lebens. Ich bin mit ihm eins gemacht. Sein Tod am Kreuz war mein Tod. Wenn der Täufling sich untertauchen lässt, ist das das Bild des Grabes, in das man begraben wird.
Man denke daran: Früher, wenn auf einer Schiffsreise nach Amerika jemand starb, konnten die Leichen nicht gekühlt werden. Deshalb musste man sie sofort begraben, indem man sie über Bord warf. So wurde das Wasser zum Grab. Genau das wird in der Taufe ausgedrückt. Der Täufling lässt sich untertauchen, das heißt: Ich bin mit Christus begraben. Christus ist gestorben, und damit ist mein altes Leben vor der Bekehrung vorbei.
Der Täufling kommt dann wieder hoch, was von der Auferstehung spricht. Der Täufling sagt: Für mich hat ein ganz neues Leben begonnen. Das entspricht der Auferstehung des Herrn Jesus. Seine Auferstehung ist meine Auferstehung, sodass ich jetzt in einem neuen Leben gottgemäß wandeln und leben kann.
Was bedeutet die Beschneidung? Gott hat bei Abraham die Beschneidung eingeführt, nachdem dieser schwer gesündigt hatte. Abraham hatte sich aus Unglauben den heidnischen Gesetzen angepasst und hoffte, durch eine Zweitfrau endlich einen Sohn zu bekommen. Er hatte Hagar geheiratet, und Polygamie war von Anfang an falsch.
Gott hat in der Schöpfung klar die Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau festgelegt. Aber Abraham heiratete Hagar, und danach sprach Gott dreizehn Jahre lang nicht mehr mit ihm. Am Ende von 1. Mose 16 ist Abraham 86 Jahre alt, dann folgt Kapitel 17, in dem er bereits 99 Jahre alt ist. Das ist eine Lücke von dreizehn Jahren, in der Gott nicht mit ihm sprach.
Nach diesen dreizehn Jahren erscheint Gott und sagt: „Ich bin Gott, der Allmächtige. Ich brauche keine Tricks, um ein Kind zu bekommen.“ Dann fordert Gott Abraham auf: „Wandle vollkommen!“ Darauf setzt Gott den Beschneidungsbund ein. Abraham und alle in seinem Haus müssen sich beschneiden lassen.
Das drückt Folgendes aus: Jeder Mann muss sich im Klaren sein, dass jedes Kind, das er zeugt, ein Sünder sein wird. Natürlich wirken Kinder anfangs unschuldig, solange sie nicht sprechen können. Doch wenn sie sprechen lernen, merkt man plötzlich, dass etwas nicht stimmt, auch in ihren Taten. Das ist sehr demütigend.
Seit dem Sündenfall von Adam haben wir seine sündige Natur geerbt. Diese wird von Generation zu Generation weitergegeben. Der Mensch kann nur einen Sünder zeugen. Mit der Beschneidung wird ausgedrückt: Ich habe Gottes Gericht über meine sündige Natur verdient. Die Beschneidung muss Blut fließen lassen, was das Gericht über unsere sündige Natur symbolisiert.
Wir haben nicht einen guten Kern, wie es in der Psychologie gelehrt wird, sondern eine sündige Natur. Das wird in der Beschneidung ausgedrückt: „Ich anerkenne dieses Urteil.“ Das war ein Hinweis auf den Herrn Jesus, der schließlich für uns sterben würde. Sein Tod sollte unser Tod sein.
Der Römerbrief macht klar, dass der Herr Jesus nicht nur für die Sünden, die wir getan haben, gestorben ist. In Römer 5,12 und auch in Kapitel 6,7-8 wird deutlich, dass Jesus auch für unsere sündige Natur gestorben ist. Er hat das Gericht nicht nur über das, was ich getan habe, auf sich genommen, sondern auch über das, was ich von Natur aus bin.
Bei der Bekehrung geht es genau darum, dass wir anerkennen, vor Gott schuldig geworden zu sein – in unseren Taten, aber ganz wichtig auch in unserer Natur. Damit anerkennen wir das Urteil der Beschneidung.
So sagt Paulus: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen.“ Man kann auch übersetzen: Wir üben Gottesdienst. In der Gemeinde ist das, was symbolisch durch die Beschneidung ausgedrückt wurde, nun erfüllt. Das ist die wirkliche Beschneidung, die in Christus Realität geworden ist – nicht mehr nur symbolisch.
Jetzt versteht man vielleicht auch ganz neu Römer 2,28: Paulus erklärt dort, dass nicht der Jude ist, der es äußerlich ist, noch die äußerliche Beschneidung im Fleisch. Sondern der ist Jude, der es innerlich ist. Die Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht in den Buchstaben. Dessen Lob kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.
Hier sehen wir: Das ist die eigentliche Beschneidung, die Erfüllung dieses Symbols. Paulus sagt, dass wir, die an Jesus Christus glauben, die Beschneidung sind.
Es ist nicht so, dass Gläubige aus den Heidenvölkern sich jetzt noch beschneiden lassen sollten. Die Gemeinde ist nach Gottes Plan etwas ganz anderes als Israel. Israel ist Gottes irdisch auserwähltes Volk und hat irdische Verheißungen. Die Gemeinde ist etwas ganz anderes.
Die Gemeinde ist Gottes himmlisches Volk mit himmlischen Segnungen, wie uns Epheser 1 so wunderbar deutlich macht. Darum erklärt Paulus hier in diesem Kapitel, Vers 20: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln.“ Das Bürgertum Israels ist im Land Israel.
Gott hat dem irdischen Volk das Land Israel zugesagt, also Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit. Diese Verheißung gilt auch heute noch. Gott hat das Land Israel dem irdischen Volk Israel zugesagt.
Die Gemeinde hingegen hat kein Land auf Erden zugesagt bekommen. „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln“, woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten. Wir haben eine himmlische Berufung und eine himmlische Zukunft.
Die Beschneidung von Timotheus und die Unterscheidung von Bund und Gemeinde
Jetzt möchte jemand fragen: „Aber Paulus hat doch in Apostelgeschichte 16 Timotheus beschnitten. Wie passt das zusammen?“ Ja, das ist so. Und das hat er übrigens getan, nachdem er den Galaterbrief geschrieben hatte.
Der Galaterbrief war der erste Brief an die Gemeinden in Lystra und Derbe, das liegt in Südgalatien. Diesen Brief hat Paulus gerade am Ende von Apostelgeschichte 14 geschrieben. Die Beschneidung von Timotheus wird uns hingegen in Apostelgeschichte 16 berichtet.
Besonders bemerkenswert ist, dass dies gerade nach dem großen Apostelkonzil in Jerusalem geschah, das in Apostelgeschichte 15 beschrieben wird. Dort haben die Apostel ganz klar gesagt: Den Gläubigen aus den Heiden soll nichts auferlegt werden, was im Gesetz Mose für Israel geboten wurde. Gar nichts!
Dieser Bund am Sinai war ein Bund mit Israel und nicht mit allen Völkern. Deshalb sind die Gebote, die ab dem Bundesschluss am Sinai gelten – wie in 2. Mose 19 und den folgenden Kapiteln, sowie in 3. Mose, 4. Mose und 5. Mose – ausschließlich für das irdische Volk Israel bestimmt. Gott hat darin übrigens auch den Sabbat eingefügt.
Schlagen wir dazu eine ganz wichtige Stelle in 2. Mose auf, die man immer griffbereit haben sollte. Denn diese Irrlehre breitet sich heute rasant aus, wonach auch gesagt wird, die Gläubigen der Gemeinde sollten den Sabbat halten. Aber in 2. Mose 31, Vers 16 heißt es:
„Und die Kinder Israel sollen den Sabbat beobachten, um den Sabbat zu feiern bei ihren Geschlechtern als ewigen Bund. Er ist ein Zeichen zwischen mir und den Kindern Israel ewiglich. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht, und am siebten Tag hat er geruht und sich erquickt.“
Hier wird ganz klar gesagt: Der Sabbat ist ein Zeichen zwischen Gott und den Kindern Israel. Und es wird ausdrücklich gesagt, dass die Kinder Israel den Sabbat beobachten sollen, nicht die Nationen oder Völker.
Auch im Neuen Testament wird nirgends gesagt, dass die Gemeinde den Sabbat halten soll. Das wäre eine Rückführung unter den Bund vom Sinai. Genau das ist das Problem, das Paulus im Galaterbrief anspricht. Das ist das Problem, das er in Philipper 3 beschreibt, wenn er sagt: „Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung!“ Das ist eine ernste Warnung.
Aber warum hat Paulus dann Timotheus beschnitten? In Apostelgeschichte 16 wird ausdrücklich gesagt, dass Timotheus eine jüdische Mutter hatte. Gerade in der Apostelgeschichte sehen wir, dass die Gläubigen aus den Juden, obwohl sie belehrt wurden – gerade durch Paulus –, dass Christus das Ende des Gesetzes ist (Römer 10,4). Er ist das Ziel, die Erfüllung, das Ende, das alles bedeutet. „Telos“ – er ist das Gesetzesende für jeden Glaubenden zur Gerechtigkeit.
In Römer 7 sagt Paulus, dass ein Gesetz nur so lange gilt, wie jemand lebt. Das wissen wir alle aus Erfahrung: Wenn ein Bankräuber von der Polizei verfolgt wird, gilt das ganze Gewicht des Gesetzes gegen ihn. Aber sobald er bei der Verfolgungsjagd mit Vollgas in eine Mauer fährt und stirbt, wird niemand mehr verfolgt, es gibt keine Gerichtsverhandlung mehr. Das staatliche Gesetz gilt nur, solange jemand lebt. Danach ist es vorbei.
Paulus erklärt, dass das Gesetz vom Sinai für Israeliten gilt, solange sie leben. In Römer 7 erläutert er weiter, dass wir durch den Glauben an Jesus Christus mit ihm eins geworden sind. Sein Tod ist unser Tod. Gott betrachtet also einen bekehrten Juden im Moment seiner Bekehrung als mit Christus gestorben. Damit ist er nicht mehr unter dem Gesetz vom Sinai.
Das wird in Römer 7 sehr schön erklärt. Und gerade in 1. Korinther 9 am Schluss sagt Paulus: „Ich bin allen alles geworden, damit ich so viele wie möglich für Christus gewinne.“ Er erklärt, dass er für die, die aus der griechischen Kultur kommen, wie ein Grieche geworden ist. In Apostelgeschichte 17 sehen wir, wie Paulus in Athen auf dem Areopag so gesprochen hat, dass die Griechen das Evangelium verstehen konnten. Er hat sogar aus ihrer Literatur zitiert, um ihnen nahezukommen.
Dann sagt Paulus: „Und denen, die unter Gesetz sind, bin ich wie unter Gesetz, obwohl ich selbst nicht unter Gesetz bin.“ So war es eben auch in der Apostelgeschichte.
Wir sehen das Übliche: Juden haben auch nach ihrer Bekehrung ihre jüdischen Feste weitergefeiert. Das erklärt auch, warum Paulus in Apostelgeschichte 21 sogar in den Tempel geht. Dort vollzieht er das Ritual der Reinigung mit der Asche der roten jungen Kuh, das insgesamt eine Woche dauert. Es wird dort ausführlich beschrieben.
Außerdem nahm er ein Ritualbad und war bereit, die Kosten für Opfer von gläubigen Juden zu übernehmen, die ein Naziräer-Gelübde getan hatten. Offenbar wurde dieses Gelübde durch einen Unfall unterbrochen, und Paulus wollte die Opfer übernehmen und bezahlen, die bei der Unterbrechung des Naziräer-Gelübdes gemäß 4. Mose 6 notwendig sind.
Wie ist das möglich? Das war sehr wichtig für das Zeugnis gegenüber Juden. Wenn man mit Juden zu tun hat – mit Säkularen, die eigentlich gar nichts glauben, und mit Orthodoxen –, merkt man, dass eine tiefe Angst in der Seele steckt: „Wenn ich an Jesus Christus glauben würde, dann verleugne ich mein Jüdischsein.“ Diese Angst gilt es zu nehmen.
Man erklärt: „Nein, das hat nichts mit Verleugnung zu tun! Jetzt findet ihr die Erfüllung dessen, was unsere Väter seit Jahrtausenden erwartet haben, nämlich das Kommen des Messias. Das ist die Erfüllung aller jüdischen Erwartungen. Es ist kein Bruch mit den Verheißungen an die Väter, kein Bruch mit der jüdischen Identität, sondern vielmehr die Erfüllung.“
Das hat man in der Judenmission in den vergangenen Jahrhunderten oft nicht beachtet. In der Vergangenheit sind nur wenige Juden zum Glauben gekommen. Aber ab dem 19. Jahrhundert hat sich das geändert. Viele Juden sind zum Glauben gekommen, darunter auch Rabbiner, und das in Abertausenden. Dieser Trend hält bis heute an.
Wir rechnen heute mit 400 bis 500 bekehrten Juden weltweit bei etwa 14 Millionen Juden. Die meisten von ihnen sind nicht in Israel. Die messianischen Gemeinden in Israel umfassen vielleicht 10 bis 15 bekehrte Juden. Aber in den USA und Kanada gibt es Heerscharen von bekehrten Juden, die glauben, dass Jesus Christus der Messias ist. Sie glauben auch, dass er Gott ist, so wie es Altes und Neues Testament bezeugen.
Dies ist möglich geworden, weil man verstanden hat, dass es in der Judenmission wichtig ist, auch die rabbinischen Schriften einzubeziehen. So wie Paulus bei den Griechen Epimenides und andere Dichter zitiert hat, ist es wichtig, einem orthodoxen Juden zu zeigen, dass das Verständnis von Jesaja 53 nicht eine spätere christliche Interpretation ist. Die großen Rabbiner von früher haben ebenfalls gesagt, dass Jesaja 53 vom Messias spricht, der für unsere Sünden sterben soll.
Auch Psalm 22 wird in Pessikta Rabbatti, einem rabbinischen Buch aus dem Mittelalter, als ein Text verstanden, der vom Messias spricht, der für unsere Sünden stirbt. Seit man das mit einbezogen hat, sind viel mehr Juden zum Glauben gekommen, und das ist bis heute so.
Unter den bekehrten Juden in Israel ist es üblich, dass sie Pessach und das Laubhüttenfest feiern. Das ist besonders im Blick auf die Nachbarn wichtig, damit diese nicht sagen können: „Das sind Verräter, sie wollen das Judentum zerstören, sie machen einen neuen Holocaust, indem sie die jüdische Identität zerstören wollen.“ Nein, das tun sie nicht.
So kann man bezeugen: „Wir machen das nicht, und sie sollen das auch nicht machen, weil sie glauben, wir seien immer noch unter dem Bund vom Sinai.“ Im Sinn sind sie „wie ein Jude geworden“, ganz im Prinzip von 1. Korinther 9.
Ganz wichtig ist auch, dass die Gläubigen aus den Heidenvölkern nicht ins Judentum hineingeführt werden. Das biblische Christentum ist keine jüdische Sekte, sondern nach Gottes Plan etwas ganz anderes.
Der Epheserbrief macht klar, dass dieser Plan noch viel älter ist. Gott hat von Ewigkeit her den Ratschluss in seinem Herzen gehabt, die Gemeinde zu schaffen. In Epheser 3 wird gesagt, dass dies ein Geheimnis war, verborgen in Gott. Keinem Engel und keinem Propheten im Alten Testament wurde es mitgeteilt.
Erst mit dem Kommen des Herrn Jesus und ganz besonders mit dem Kommen des Heiligen Geistes wurde dieses Geheimnis offenbart und enthüllt: Gott macht aus Gläubigen aus den Heidenvölkern und aus dem jüdischen Volk ein neues himmlisches Volk.
Dabei ist es wichtig, Israel und die Gemeinde nicht zu vermischen oder zu verwechseln, sondern alles an seinem Platz zu belassen.
Die „Hunde“ in Philipper 3, die „bösen Arbeiter“ und die „Zerschneidung“ wollen Judentum und Christentum miteinander vermischen. Sie richten dadurch geistliches Chaos und großen geistlichen Schaden an.
Die wahre Beschneidung und geistlicher Dienst durch den Geist Gottes
Nun erklärt der Apostel Paulus in Philipper 3,3: „Wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes Gottesdienst üben.“ Das bedeutet, dass wir durch die Bekehrung den Heiligen Geist empfangen haben. Der Heilige Geist gibt uns die Kraft, Gott zu dienen. Genau das hatte der Herr Jesus der samaritanischen Frau angekündigt.
Ich lese Johannes 4,23: Die Frau wollte als Samariterin wissen, ob man auf dem Berg Garizim oder auf dem Berg Zion in Jerusalem anbeten müsse. Der Herr Jesus antwortet ihr in Johannes 4,21: „Frau, glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.“ In Vers 23 sagt er weiter: „Es kommt aber die Stunde, die jetzt ist, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten.“
Hier spricht der Herr Jesus von den wahrhaftigen Anbetern. Gibt es unwahrhaftige Anbeter? Natürlich, es gibt den Kontrast zwischen wahr und nur Vorbild. Im Alten Testament hatte Gott die Opfer, die Stiftshütte und den Tempel eingesetzt. Das waren alles Vorbilder, Hinweise auf Christus. Das Wahre und Wirkliche, die Erfüllung davon, sollte durch das Kommen des Herrn Jesus Wirklichkeit werden.
So sagte der Herr Jesus: Die wahrhaftigen Anbeter sind die wirklichen Anbeter, auf die die Anbetung mit den Opfern im Tempel symbolisch hingewiesen hatte. Diese wahrhaftigen Anbeter beten Gott in Geist und Wahrheit an, also in der Kraft des Heiligen Geistes.
Darum brauchen sie nicht mehr Gebetsbücher oder den Gang in die Synagoge. Man kann einmal eine Synagoge besuchen, um zu sehen, wie ein Synagogengottesdienst abläuft. Oder man geht an die Klagemauer, die als Synagoge unter freiem Himmel verstanden wird. Dort versucht man immer, eine Gruppe von zehn Männern zusammenzubringen, denn zehn sind nach rabbinischer Lehre die Mindestzahl, um eine Synagoge zu bilden.
Ich habe das selbst erlebt: An der Klagemauer rief mich ein ultraorthodoxer Jude zu sich, weil noch nicht zehn Männer beisammen waren. Er wollte einen Minjan bilden, die Mindestzahl, um als Synagoge beten zu können. Diesem Minjan bin ich nicht beigetreten, aber es zeigt, dass die Klagemauer eine Synagoge unter freiem Himmel ist.
Die Gläubigen dort beten immer mit ihren Gebetsbüchern. Man sollte diese Gebete einmal lesen, es gibt schöne Ausgaben auf Hebräisch und Deutsch. Viele Gebete beginnen mit „Baruch Atah, Adonai Eloheinu, Melech Haolam“, was bedeutet: „Gepriesen seist du, Herr, unser Gott, König der Welt.“ Dann folgt weiteres Lob Gottes, sehr schön formuliert. Aber sie beten immer mit Büchern. Warum? Weil sie den Geist Gottes nicht haben.
Wirkliche Anbetung kann nur geschehen, wenn man den Heiligen Geist hat. Deshalb brauchen wir keine Gebetsbücher. Dieser Unterschied ist fundamental: Die orthodoxen Juden sind an ihre Bücher gebunden, wir nicht. Wir beten ganz frei an. In unseren Gebeten steht das Opfer des Herrn Jesus am Kreuz im Mittelpunkt. Das ist die Erfüllung dessen, was früher durch Tieropfer symbolisch dargestellt wurde.
Diese symbolische Anbetung ist für uns vorbei, denn wir haben die Erfüllung. Deshalb heißt es: „Wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes Gottesdienst darbringen und uns Christi Jesu rühmen.“ Warum steht hier nicht „uns Jesu Christi rühmen“, sondern „Christus Jesus“? Es ist wichtig, beim Bibellesen daran zu denken, dass „Christus“ das griechische Wort für „Messias“ ist. Das Neue Testament wurde auf Griechisch geschrieben, und „Christus“ entspricht dem hebräischen „Messias“, einem Titel.
Es hilft, wenn man immer wieder zurückübersetzt und so liest: „Wir sind die Beschneidung und rühmen uns des Messias Jesus.“ Wir kennen die Erfüllung all der Verheißungen an die Väter und Propheten. Wir kennen den Messias, und wir wissen, wer er ist: der Messias Jesus. Wir rühmen uns, ihn zu kennen. Wir haben die Erfüllung und brauchen nicht mehr die Symbolik, die Gott nur einem Volk gegeben hatte, nämlich dem Volk Israel.
Paulus fährt fort: „Und wir vertrauen nicht auf das Fleisch“, also nicht auf das, worauf man hier auf Erden stolz sein könnte. Natürlich, wenn jemand im Zusammenhang mit Judentum und Zugehörigkeit zum irdischen Volk stolz sein konnte, dann er. Nun zählt er auf: beschnitten am achten Tag, genau so, wie es die Tora vorschreibt (3. Mose 12). Alle jüdischen Jungen müssen am achten Tag nach der Geburt beschnitten werden. Das ist nicht wie bei jemandem, der mit 35 zum Judentum übertritt, sondern eine echte, von Geburt an vollzogene Beschneidung.
Weiter sagt er: „Vom Geschlecht Israel“, also er ist kein Übergetretener, sondern stammt wirklich aus Israel. Er kann sogar seine genaue Abstammungslinie vorweisen: „Ich bin vom Stamm Benjamin.“ Das konnten die meisten Juden seiner Zeit nicht mehr. Einige Familien bewahren diese Tradition, manche können bis auf König David zurückverfolgen – aber das sind wenige.
Dann sagt Paulus: „Ich bin Hebräer von Hebräern.“ Was bedeutet das? In Apostelgeschichte 6 steht, dass „Hebräer“ im Gegensatz zu „Hellenisten“ steht. In der frühen Gemeinde in Jerusalem gab es Spannungen zwischen gläubigen Juden, die Hellenisten genannt wurden, und denen, die Hebräer genannt wurden.
Die Hellenisten waren Juden mit griechischer Kultur als Hintergrund. Sie kamen aus der Diaspora oder konnten kein Hebräisch mehr, sondern lasen die Bibel in der griechischen Übersetzung. Die Hebräer hingegen sprachen noch Hebräisch.
Paulus, obwohl im Ausland aufgewachsen in Tarsus (heutige Türkei), hatte eine besondere Familie. Offensichtlich sprach man in seiner Familie noch Hebräisch. Das war ungewöhnlich für Juden im Ausland, die meisten konnten kein Hebräisch mehr. Paulus sagt: „Ich bin Hebräer von Hebräern“, das heißt, ich konnte von klein auf Hebräisch sprechen, und meine Eltern waren ebenfalls Hebräer, die noch Hebräisch sprachen.
Das unterscheidet ihn von orthodoxen Juden aus Amerika, die nach Israel kommen. Viele von ihnen sprechen kein Hebräisch oder nur mit starkem englischem Akzent. Sie sind keine Hebräer von Hebräern. Paulus aber war es.
Was das Gesetz betrifft, war er ein Pharisäer. Das war eine strenge Gruppierung, die Wert auf genaue Umsetzung der Gebote im Judentum legte. Er war nicht nur irgendein Pharisäer, sondern „was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Gemeinde“.
Dazu müssen wir in Galater 1 nachlesen. Dort beschreibt Paulus seine steile Karriere als jüdischer Jugendlicher. In Galater 1,13 sagt er: „Ihr habt von meinem ehemaligen Wandel im Judentum gehört, dass ich die Gemeinde Gottes über die Maßen verfolgte und sie zerstörte und im Judentum zunahm über viele Altersgenossen in meinem Geschlecht, indem ich übermäßig Eifer für meine väterlichen Überlieferungen hatte.“
Das war alles vor seiner Bekehrung. Er war so eifrig für eine genaue rabbinische Interpretation des Alten Testaments nach pharisäischem Sinn, dass er überzeugt war, die Juden, die an den Messias Jesus glauben, bestrafen zu müssen für ihren Abfall.
Darum sagt er: „Was den Eifer betrifft, war ich ein Verfolger der Versammlung“, jemand, der alles Abweichende gerecht bestrafen wollte. „Was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, war ich tadellos.“
Hier erinnert man sich an den reichen Jüngling in Markus 10, der Jesus fragt, wie die Gebote heißen. Jesus zählt sie auf, und der Jüngling antwortet: „Das habe ich alles von meiner Jugend an gehalten.“ Es ist eine schlimme Sache, wenn man die Interpretation so einrichtet, dass jemand meint, er könne die Gebote einhalten.
Aber wenn man den Bibeltext wirklich nimmt, so wie er ist und gemeint ist, merkt man: Da kommt keiner durch. Jesus sagt in der Bergpredigt (Matthäus 5) zum Beispiel: Das Gebot „Du sollst nicht töten“ ist nicht erst gebrochen, wenn man jemanden ermordet hat. Wer hat nicht schon einmal in einem Moment der Wut gedacht: „Ich könnte dich umbringen“? Damit hat man das Gebot im Grunde schon übertreten.
Jesus sagt noch deutlicher: Wenn du jemanden „Dummkopf“ nennst und erniedrigst, hast du das Gebot bereits im Grundsatz gebrochen. Auch das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ ist nicht erst gebrochen, wenn es tatsächlich zum Ehebruch kommt. Schon das Begehren einer anderen Frau in Gedanken ist ein Bruch.
So muss man alle Gebote verstehen. Da kommt keiner mehr durch. Aber man hat die Auslegung so eingerichtet, dass jemand sich sagen konnte: „Was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, war ich tadellos.“
Dann erklärt Paulus: „Aber was mir Gewinn war, worauf ich mich etwas einbilden konnte, das habe ich um des Messias willen für Verlust geachtet.“ Ich habe „Christus“ durch „Messias“ ersetzt, damit man wirklich versteht, was gemeint ist.
Er sagt: „Das habe ich um des Messias willen für Verlust geachtet.“ Wahrlich, er achtet alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis des Messias Jesus, seines Herrn.
Er macht klar: Jetzt hat er den Messias gefunden und endlich das Wirkliche, das Echte. Das war alles menschliche Einbildung, die er früher hatte, aber sie brachte ihm vor Gott nichts.
Jetzt achtet er all das für Verlust. Es geht ihm nicht mehr um diese Dinge, sondern nur noch um die Person des Messias Jesus. Er nennt ihn „meines Herrn“, was seine ganz persönliche Beziehung zu Jesus zeigt. Jesus ist für ihn das Größte, Höchste und Liebste, das er nicht mehr hergibt.
Darum kann er sagen, er habe um dessen Willen alles eingebüßt, auch seine ganze Karriere. Er war Schüler von Gamaliel, einem der größten Rabbiner in der Geschichte des Judentums, der auch im Talmud eine bedeutende Rolle spielt.
Paulus hätte eine große Bekanntheit im Judentum erreichen können. Durch seine Bekehrung wurde das alles abgeschnitten. Das ist für ihn Verlust, den er aber bewusst hinnimmt.
Er sagt: „Auf dass ich Christus gewinne, auf dass ich den Messias gewinne und in ihm erfunden werde, dass man mich sieht als einen, der verbunden und eins gemacht ist mit ihm.“
Jetzt hat er nicht mehr seine eigene Gerechtigkeit, die er sich selbst aufgebaut hat und die aus dem Gesetz stammt, sondern die Gerechtigkeit, die durch den Glauben an Christus kommt.
Durch den Glauben an den Messias hat er die Gerechtigkeit Gottes empfangen. Das ist der Gegensatz zu „meiner Gerechtigkeit“, die Menschen subjektiv aufbauen, aber die vor Gott keinen Wert hat.
Pause und Ausblick auf weitere Verse
Jetzt machen wir Pause und fahren dann mit den Versen danach weiter. Wir sind stehen geblieben bei Philipper 3, Vers 9. Es geht um den Kontrast zwischen Gottes Gerechtigkeit und meiner oder unserer Gerechtigkeit.
Dazu ein Vers aus dem Propheten Jesaja, der prophetisch gerade die Stimme aus Israel in der Endzeit hört. In Jesaja 64 erkennt Israel sich in der Zukunft als schuldig vor Gott. Dort steht in Jesaja 64, Vers 5, am Anfang: „Du kommst dem entgegen, der Freude daran hat, Gerechtigkeit zu üben, denen, die auf deinen Wegen deiner gedenken.“ Dann heißt es weiter: „Siehe, du ergrimmtest, und wir haben gesündigt. Darin sind wir schon lange. So lass uns gerettet werden! Wir sind allesamt dem Unreinen gleich geworden, und alle unsere Gerechtigkeiten sind gleich einem unflätigen Kleid. Wir verwelken allesamt wie ein Blatt, und unsere Missetaten raffen uns dahin wie der Wind.“
Mir geht es besonders um den Ausdruck in Vers 6: „Alle unsere Gerechtigkeiten sind gleich einem unflätigen Kleid.“ Es steht nicht „Ungerechtigkeiten“, sondern „alle unsere Gerechtigkeiten sind gleich einem unflätigen Kleid“. Das bedeutet, dass das, was wir als unsere Gerechtigkeit ansehen, in Wirklichkeit voll von Makeln ist. Wie man auf Berndeutsch sagt, ist es ein „dreckiger Hudler“ – ein unflätiges Kleid ist eben ein dreckiges Kleid.
Genau das hat der Apostel Paulus bei sich erkannt: Er hat nicht mehr seine eigene Gerechtigkeit, die vor Gott wie ein unflätiges Kleid ist, sondern die Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus, an den Messias. Diese Gerechtigkeit kommt aus Gott und wird nur durch den Glauben an den Herrn Jesus empfangen.
In Vers 10 geht es darum, den Herrn Jesus, den Messias, noch besser zu erkennen. Paulus sagt bereits in Vers 7, dass er alles, was ihm Gewinn war, um Christi willen für Verlust hält. In Vers 8 spricht er von der Vortrefflichkeit, wörtlich „dem Übertreffenden“ – der Erkenntnis Christi Jesu. Jetzt möchte er ihn in einem Prozess immer mehr erkennen.
Er strebt danach, die Kraft seiner Auferstehung zu erfahren – also die Kraft Gottes, die sichtbar wurde, als der Herr Jesus nach drei Tagen im Grab auferweckt wurde. Diese Auferstehung ist die Grundlage für das neue Leben. Die Auferstehung aus den Toten war der Beweis, dass Gott das Opfer des Messias angenommen hat. Dadurch wurde bestätigt, dass Golgatha hundertprozentig gültig ist.
Dann spricht Paulus von der Gemeinschaft seiner Leiden, indem er seinem Tod gleichgestaltet wird. Im Griechischen steht hier sogar ein Partizip: „seinem Tod gleichgestaltet werdend“. Das zeigt, dass es ein Prozess ist. Es bedeutet nicht, dass Paulus als Märtyrer immer mehr leiden möchte, sondern dass er innerlich immer mehr in Übereinstimmung mit dem Herrn Jesus und seinem Leiden kommen möchte. Golgatha wird für ihn immer größer und tiefer und prägt sein Leben.
Dann folgt die Aussage, ob er auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten. Die alte Elberfelder und wahrscheinlich auch die CSV 2004, eine sanfte Revision, die sehr zu empfehlen ist, haben in der Fußnote eigentlich „Herausauferstehung“ geschrieben. Alle Menschen werden auferstehen – die Gerechten und die Ungerechten –, aber es gibt eine „Herausauferstehung“. Das bedeutet, dass diejenigen, die an Jesus Christus als ihren Erlöser glauben, nicht zum gleichen Moment auferstehen wie die, die zum ewigen Gericht auferstehen werden.
Die Bibel unterscheidet zwischen einer ersten Auferstehung und einer zweiten Auferstehung zum Gericht. Die erste Auferstehung ist die Auferstehung zum Leben und hat verschiedene Phasen. Die erste Phase war die Auferstehung des Herrn Jesus. Darum wird er in 1. Korinther 15, dem Auferstehungskapitel, als „Christus, der Erstling aus den Toten“ bezeichnet.
Die zweite Phase wird bei der Entrückung der Gemeinde sein, wenn der Herr Jesus kommt, um die Gemeinde von der Erde wegzunehmen, bevor die Gerichte toben. Dann werden alle Gläubigen der Gemeinde, übrigens auch aus dem Alten Testament, auferstehen. Das steht in Hebräer 11 am Schluss, wo gesagt wird, dass die alttestamentlichen Gläubigen nicht ohne uns, „choris“ im Griechischen, also nicht getrennt von uns, vollendet würden. Die Vollendung ist, wenn sie auch den Auferstehungskörper erhalten. Jetzt sind ihre Geister und Seelen im Himmel, aber dann werden sie vollendet, und zwar nicht ohne uns. Das heißt, sie werden alle bei der Entrückung der Gemeinde auferstehen.
Offenbarung 20 sagt, dass, wenn der Herr Jesus mit allen Heiligen als König der Welt kommt und das tausendjährige Reich aufrichtet, am Anfang dieses Reiches auch noch die Märtyrer aus der Zeit nach der Entrückung auferstehen werden. Auch das gehört zur ersten Auferstehung. All diese verschiedenen Phasen zusammen.
Die übrigen Toten bleiben im Grab. Die Verlorenen werden erst nach dem tausendjährigen Reich auferweckt, wie es in Offenbarung 20, im letzten Abschnitt, beschrieben ist. Sie werden vor dem großen weißen Thron erscheinen, gerichtet nach ihren Werken und dann in den Feuersee geworfen.
Darum ist die Auferstehung zum Leben eine Herausauferstehung. Das erwartet der Apostel Paulus, wenn er sagt: „Ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge.“ Das bedeutet, dass er nicht ganz sicher ist, ob er dieses Ziel erreicht. Nein, er hat die völlige Heilsgewissheit. In Römer 8, Vers 1 heißt es: „Also ist keinerlei Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.“
Am Schluss von Römer 8, Verse 37 bis 39, erklärt Paulus: „Ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukunftiges, weder Mächte noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, weder irgendetwas anderes uns jemals zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ Das ist keine Frage, sondern die hundertprozentige Sicherheit für den Erlösten.
Der Weg dorthin ist jedoch ungewiss. Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt und wie der Herr unseren Weg individuell führen wird. Das wusste der Apostel Paulus auch nicht. Darum sagt er „ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge“. Das ist das Endziel, dass er schließlich zu dieser Herausauferstehung gelangt – falls er natürlich nicht zur letzten Generation gehören würde.
In 1. Thessalonicher 4, Verse 13 und folgende, wenn Paulus über die Entrückung spricht, sagt er: „Ihr müsst euch keine Sorgen machen um die, die schon entschlafen sind im Glauben. Sie werden keinen Nachteil haben, denn sie werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die übrig bleiben, bis zur Ankunft des Herrn, mit ihnen zusammen entrückt werden, dem Herrn entgegen in die Luft.“
Da sagt er „wir“. Warum? Paulus hatte erwartet, dass er die Entrückung noch erleben würde. Im Philipperbrief sagt er „ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Herausauferstehung“, in 1. Thessalonicher 4 macht er sich eins mit denen, die leben, im Gegensatz zu denen, die bereits verstorben sind, zum Beispiel in Thessalonich.
Darum sagt er: Die, die verstorben sind, werden auferweckt werden, und danach werden wir, also die Generation, die noch lebt, auch entrückt, zusammen mit den auferweckten Gläubigen. So werden alle dem Herrn entgegengehen in die Luft und immer bei ihm sein.
Wie der Weg genau aussehen soll, war nicht klar. Darum sagt Paulus „ob ich auf irgendeine Weise durch all die Umstände und Mühen hindurch zu diesem Ziel komme“.
In Vers 12 heißt es: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei, nein, ich bin noch nicht dort.“ Er hat es noch nicht in der Hand und ist noch nicht vollendet. Das ist ein wichtiger Ausdruck: „vollendet“ oder „zur Vollkommenheit gebracht werden“. Das ist in Hebräer 11 am Schluss genau der Ausdruck für die Auferstehung und das Erlangen des Auferstehungsleibes.
Das lag noch vor ihm, aber es war für ihn klar, dass es kein Spaziergang ist. Er sagt: „Ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge.“ Er vergleicht sich mit Sportlern in der Arena, ob es nun ein Rennen auf der Rennbahn oder ein Pferderennen ist. „Philipp“ heißt ja „Pferdeliebhaber“, und ausgerechnet diesem Pferdeliebhaber schreibt er: „Ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge.“
In Vers 14 wird das nochmals umschrieben: „Vergessend, was da hinten ist, strecke ich mich aus nach dem, was vorne ist. Ich jage dem Ziel nach, dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.“ Wieder steht Christus zuerst, im Messias Jesus.
Es geht immer noch um den Gedanken: Wir sind die Beschneidung, wir müssen nicht noch irgendwie etwas vollenden oder ins Judentum übertreten, um richtige Gläubige zu sein. Nein, wir haben alles, wir haben den Herrn Jesus, wir kennen ihn, und er ist unser Ziel.
Das „Ziel anschauend“ bedeutet, auf den Herrn Jesus zu sehen, der in der Herrlichkeit am Ziel angekommen ist – als Auferstandener im Himmel zur Rechten Gottes. Das ist das Ziel, das wir quasi fixieren.
Interessant ist auch Hebräer 12, Vers 2, wo es heißt: „Hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.“ So soll man in der Rennbahn springen. Das Wort, das der Apostel Paulus benutzt für „hinschauen“, heißt im Griechischen ganz wörtlich „wegschauend“. Wie geht das? Alle übersetzen es mit „hinschauend“. Natürlich muss man auch hinschauen.
Das Wort „wegschauen“ im Griechischen bedeutet, auf einen Punkt fixiert zu schauen, also „wegschauen“ von allem anderen. Das andere ist bedeutungslos neben Jesus. Auch hier haben wir also den Gedanken: „Das Ziel anschauend jage ich hin und gehe dem Kampfpreis entgegen.“
Ich komme nochmals auf Vers 12 zurück: Er hat es noch nicht ergriffen, ist noch nicht am Ziel, jagt aber hin, ob er es auch ergreifen möge. Jetzt ein schönes Wortspiel: Er hat das Ziel noch nicht in der Hand, aber er möchte es ergreifen. Gleichzeitig ist es etwas, das schon in der Gegenwart da ist – er ist nämlich von dem Messias Jesus ergriffen, er hat ihn in der Hand.
Das lässt uns an Johannes 10, Vers 27 denken: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“ Er hat uns in seiner Hand, wir sind von ihm ergriffen – das ist die Sicherheit.
Wir haben keine Garantie, was noch auf uns zukommt. Für uns bleibt: „Ob ich auf irgendeine Weise dahingelangen möge.“ Wir wissen nicht, was alles auf unserem Weg noch kommen wird, aber eines wissen wir: Das Ziel ist klar. Und weil wir von ihm ergriffen und gehalten sind, werden wir das Ziel bestimmt erreichen.
In Vers 13 sagt Paulus: „Brüder, ich halte mich selbst nicht dafür, es ergriffen zu haben. Eines aber tue ich: Vergessend, was da hinten ist, strecke ich mich aus nach dem, was vorne ist.“
Manche denken vielleicht, das heißt, nie mehr an all das zu denken, was man falsch gemacht hat. Aber im Zusammenhang von Philipper 3 geht es weniger darum. Paulus konnte sagen: „Ich bin beschnitten am achten Tag, meine Eltern konnten beide Hebräisch, und ich konnte schon als Baby Hebräisch sprechen. Ich bin als Pharisäer aufgewachsen, sogar auferzogen von dem großen Rabbi Gamaliel.“ All das hat er hinter sich gelassen, es interessiert ihn nicht mehr.
Es ist nämlich eine Gefahr, wenn wir zu stark vergessen, was Gott uns vergeben hat. Dann fällt es uns schwer, anderen zu vergeben. Erst wenn wir uns bewusst werden, wie viel der Herr uns vergeben hat, können wir auch besser vergeben.
Der Apostel Petrus sagt in 2. Petrus 1 von solchen, die geistlich blind und kurzsichtig geworden sind: Sie haben die Reinigung ihrer früheren Sünden vergessen. Wir müssen immer wieder an unsere Bekehrung und an alles denken, was der Herr uns nach der Bekehrung vergeben hat. Das macht uns vergebungsbereit anderen gegenüber.
Es zeigt uns, dass alles Gnade ist und wir gar nicht stolz auf uns sein können. Aber in dem Herrn Jesus haben wir alles, und wir sind ergriffen von ihm. Das heißt einerseits, er hält uns, andererseits sind wir von ihm überwältigt. Das hat einen Doppelsinn.
In Vers 15 sagt Paulus: „So viele nun vollkommen sind, lasst uns also gesinnt sein.“ Jetzt hat er doch gerade gesagt, er sei noch nicht vollendet, und jetzt spricht er von solchen, die schon vollkommen sind.
Das griechische Wort für „vollkommen“ bedeutet auch „erwachsen“. Das normale Wort für Erwachsene im Griechischen heißt so. Hier bedeutet es: Die, die im Glauben erwachsen geworden sind, nicht mehr Babys, wie die Korinther. Paulus sagte in 1. Korinther 3, als er zu ihnen kam, konnte er ihnen keine feste Speise geben, weil sie noch Muttermilch brauchten.
Hier sagt er: So viele, die nun vollkommen sind, also im Glauben reif geworden sind, haben geübte Sinne zur Unterscheidung von Gut und Böse. Gereifte Christen.
„So viele nun vollkommen sind, lasst uns also gesinnt sein“ – diese Gesinnung, wie Paulus sie hatte und gerade beschrieben hat.
Er sagt weiter: „Wenn ihr etwas anders gesinnt seid, also wenn ihr noch nicht so weit seid, diese klare Sicht zu haben, wie ich sie gezeigt habe, wird euch Gott auch dies offenbaren.“ Schön, wir sind in der Schule, und der Herr wirkt und lässt uns Fortschritte machen.
Dann ermutigt Paulus nochmals: „Doch wozu wir gelangt sind, lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln.“ Das ist nicht der Ton eines Apostels, der befiehlt, wie zum Beispiel in 1. Timotheus 2, Vers 8, wo er sagt „Ich will, dass die Männer beten“. Das griechische Wort „bulomai“ ist sehr stark und drückt den apostolischen Willen Gottes aus.
Im Hebräerbrief, an den sich Paulus an Judenchristen richtet, ist die Ausdrucksweise anders. Paulus war Apostel der Heiden. Dort heißt es immer wieder „Lasst uns, lasst uns, lasst uns“ – das ist nicht die Sprache des Apostels in Autorität, sondern die eines Lehrers, der die Mitgläubigen ermutigt, diesen Weg zu gehen.
„Lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln.“
In Vers 17 sagt Paulus: „Seid zusammen meine Nachahmer.“ Auch hier macht er Mut, sein Beispiel zu kopieren: „Meine Nachahmer, Brüder.“ Aber natürlich fügt er hinzu: Ihr müsst nicht nur mich nachahmen, sondern alle Gläubigen, die diesen Weg entschieden gehen. „Seht hin auf die, welche also wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt.“
Wir haben doch dreimal gehört: „Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung.“ Wir müssen ganz klar sehen, wer gefährlich ist. Aber wir müssen auch sehen, wer uns ein Vorbild ist, den wir nachahmen sollen.
Darum sagt Paulus: „Seht hin auf die, welche so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt.“
Dann muss er wieder sagen: „Es gibt so vieles andere. Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie Feinde des Kreuzes Christi sind.“ Das sind solche, die als Hunde und böse Arbeiter beschrieben wurden.
„Feinde des Kreuzes Christi sind deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch ist und deren Ende ihre Schande.“ Diese Menschen leben nach irdischen Sinnen und haben gar nicht verstanden, was Christentum ist.
Es geht um ein himmlisches Volk mit himmlischen Segnungen und einer himmlischen Berufung. Darum betont Paulus: „Unser Bürgertum aber ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten.“
Warum erwarten wir ihn als Heiland? Nun, er hat uns durch seinen Tod errettet. Aber wenn er wiederkommt, wird er uns durch sein Leben erretten, indem er uns von der Erde wegnimmt und vor den kommenden Gerichten bewahrt.
Das wird in Römer 5, Vers 10 gelehrt: „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, werden wir, da wir versöhnt sind, vielmehr durch sein Leben gerettet werden.“
Durch seinen Tod sind wir vor der Verdammnis errettet worden. Durch sein Leben werden wir gerettet werden, wenn der Herr Jesus als der Auferstandene zurückkommt, um uns zu sich in die Herrlichkeit zu entrücken.
Darum sagt Paulus in 1. Thessalonicher 1, Vers 10: „Jesus, der uns rettet vor dem kommenden Zorn.“ Dieser kommende Zorn, der in Offenbarung 6 bis 19 beschrieben wird, wird über die Welt kommen. Vor diesem Zorn wird die Gemeinde durch das Kommen des Herrn Jesus bewahrt.
Darum steht auch in Offenbarung 3, Vers 10, als Verheißung an Philadelphia: „Weil du das Wort meines Ausharrens bewahrt hast, so werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Erdkreis, um die zu versuchen, welche auf der Erde wohnen.“
Jesus sagt: „Ich komme bald.“ Er wird uns nicht nur vor dem kommenden Zorn retten, sondern auch vor der Stunde der Versuchung, wenn der Antichrist kommt – beschrieben als der Reiter auf dem weißen Pferd im ersten Siegel in Offenbarung 6.
Wenn dieser größte Verführer kommt, beginnt die Stunde der Versuchung. Vor dieser Stunde wird der Herr die Erlösten der Gemeinde bewahren.
Himmlisches Bürgertum und irdische Herausforderungen
Nun hat es natürlich noch eine besondere Bedeutung, wenn Paulus den Philippern sagt: Unser Bürgertum ist in den Himmeln. Philippi war ja eine ganz besondere Stadt im römischen Reich. Sie war steuerbefreit. Dort hatte man besonders Veteranen der römischen Legion angesiedelt. Diese waren im Allgemeinen wohl schon der Meinung, dass sie etwas Spezielles seien.
Nun muss der Apostel Paulus diesen Leuten sagen: Unser Bürgertum ist im Himmel. Wenn man in einer steuerbefreiten Stadt wohnt, besteht die Gefahr, sich sehr an das Irdische zu binden – schon mit dem Thema Steuern, ja? Da muss man aufpassen. Aber hier noch mehr. Er betont: Unser Bürgertum ist in den Himmeln. Es geht also nicht um das römische Bürgerrecht oder die Sonderregelung für Philippi, sondern wir müssen an das Himmlische denken.
Wir sind ein himmlisches Volk, jetzt noch auf Erden, aber wir sollen eine himmlische Gesinnung offenbaren. Das bedeutet nicht, dass wir abgehoben leben. Gerade im Epheserbrief ist das interessant. Dieser Brief zeigt, dass die Gemeinde vor Grundlegung der Welt, von Ewigkeit her, Gottes Ratschluss gewesen ist. Gott hat uns gesehen und aufgrund seiner Vorkenntnis auserwählt und zuvor bestimmt, seine Kinder zu sein. Dort wird gezeigt, dass wir mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet sind.
Man könnte denken, Christentum sei irgendwie mystisch und abgehoben. Doch gerade im Epheserbrief wird ausführlich über wahre Ehe gesprochen (Epheser 5). Ein Mann kann kein Tyrann sein, wenn er seine Frau so liebt, wie Christus die Gemeinde geliebt hat und sich für sie hingegeben hat. Er nährt und pflegt sie. Dann muss man mit beiden Beinen auf der Erde stehen. Sonst kann man kein vernünftiges Eheleben führen. Vernünftig ist dabei schon zu wenig.
Ein solch hingebungsvolles Leben ist gefordert. Es wird auch gezeigt, wie die Frau den Mann als Haupt achten soll. Aber das ist ja alles nicht mehr so schwierig, wenn der Mann die Frau auch wirklich liebt. Die Frau muss den Mann natürlich auch lieben. Das wird nur an einer Stelle als Befehl gesagt, nämlich dass die Frauen unterwiesen werden sollen, die Männer zu lieben (Titus 2). Bei den Männern wird mehr gesagt. Das hängt einfach damit zusammen, dass es der Natur der Frau eher entspricht, sich hinzugeben.
Vor kurzem hat mir jemand erzählt, er habe während der Flitterwochen viele Bücher gelesen und hoffe, er habe seine Frau dabei nicht vernachlässigt. Ich hoffe das auch. Er sprach danach mit der jungen Frau, und sie sagte, sie habe das gar nicht so realisiert. Wahrscheinlich habe er das gemacht, während sie geduscht hat. Aber wie auch immer.
Wahres Christsein zeigt sich in einer glücklichen Ehe, in der sich beide wirklich hingeben und wissen, wo ihre Gefahren liegen und worauf sie besonders achten müssen. Dann geht es weiter in Epheser 6: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern als dem Herrn!“ Das zeigt sich auch in der Familie. Gläubige Kinder sagen sich wirklich: Das ist Gottes Wille, dass ich auf meine Eltern höre.
Dann wird über Sklaven gesprochen, also im heutigen Wortgebrauch wären das Angestellte. Wie sollen sie sich verhalten, auch gegenüber ungerechten Herren oder Chefs? Nicht mit Augendienerei. Und es wird auch erklärt, dass diejenigen, die Angestellte haben, also die Herren, ganz klar angewiesen werden, wie sie sich gegenüber ihren Arbeitern verhalten sollen. Es geht um nichts Abgehobenes.
Die himmlische Gesinnung zeigt sich gerade im konkreten Leben hier auf der Erde, in den ganz natürlichen Beziehungen der Familie, der Arbeit usw. So gilt das eben auch für die Philipper: Unser Bürgertum ist im Himmel. Aber das bedeutet nicht, abgehoben zu leben.
Dann wird gesagt, der Herr Jesus kommt als Heiland. Er wird unser Leib der Niedrigkeit sein. Das heißt, unser Körper ist jetzt noch nicht vollendet. Darum können wir als Gläubige noch krank werden. Es ist Unsinn zu sagen, Gläubige müssten nicht mehr krank werden. Römer 8 sagt ja, wir erwarten die Erlösung des Leibes als etwas Zukünftiges. Aber der Tag wird kommen, an dem wir nie mehr krank sein werden. Der Körper wird vollkommen sein.
Dieser Leib der Niedrigkeit wird umgestaltet werden. Man sieht darin den Auferstehungskörper. Es wird der gleiche Körper sein, den wir schon jetzt haben, nur verwandelt. Gott wird diesen Körper auferwecken beziehungsweise bei denen, die noch leben, bei der Entrückung diesen Körper, den wir jetzt haben, umwandeln.
Das zeigt uns, wie wichtig Gott alles ist: Körper, Seele und Geist. So wird dieser Leib der Niedrigkeit, der noch krank werden kann, Schwächen hat und auch gewisse ästhetische Fehler aufweist – das weiß jeder sogar manchmal besser als die Umwelt, denn man sieht bei sich selbst Fehler, die andere gar nicht sehen würden – dieser Leib der Niedrigkeit wird dann umgestaltet zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit.
Wir werden dem Herrn Jesus als auferstandenen Menschen gleichen, so wie er in den Evangelien nach seiner Auferstehung beschrieben wird. Das wird alles geschehen durch die wirksame Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen. Das ist die wirksame Kraft Gottes, die Leben aus dem Tod schaffen kann.
Jetzt gehen wir gleich weiter. Daher sehen wir, dass dies an die vorherigen Gedanken anknüpft.
Ermahnung zur Einheit und Unterstützung in der Gemeinde
Daher, meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und Krone, steht fest im Herrn, Geliebte. Diese Erwartung, dass der Herr Jesus kommt, hilft uns, im Glauben hier festzustehen und nicht zu wackeln. Steht fest im Herrn, Geliebte.
Die Evodia ermahne ich, und die Sintüche ermahne ich. Das war ein Effekt, nicht wahr? Man muss sich das ganz konkret vorstellen: Der Philipperbrief wurde von Rom aus nach Philippi gesandt und dann zum ersten Mal in der Gemeinde verlesen. Alle hören zu. Übrigens, meine Brüder, freut euch in dem Herrn. Stellt euch diese Schwestern vor, die waren auch da, oder? Und dann heißt es: Seht auf die Hunde – ach du, er spricht nicht von uns, ja – und seid zusammen, meine Nachahmer.
Und nochmals: Daher, meine geliebten Brüder, meine Freude und Krone, steht fest im Herrn. Die Evodia ermahne ich, die Sintüche ermahne ich, einerlei gesinnt zu sein im Herrn. Da waren also zwei Schwestern, die ein echtes Problem miteinander hatten. Sie werden aufgerufen zur Einheit. In Kapitel eins, zwei und auch drei ist dieser Gedanke des Einerlei-Gesinntseins immer wieder gekommen und jetzt wird er plötzlich auf zwei konkrete Personen bezogen. Es ist immer einfacher, wenn es allgemein heißt, alle sollen gleichgesinnt sein. Doch nun haben zwei ein konkretes Problem. Ich ermahne euch, einerlei gesinnt zu sein.
„Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Mitknecht, stehe ihnen bei, die am Evangelium mit mir gekämpft haben, auch mit Clemens und meinen übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens sind.“ Hier wird offensichtlich der Überbringer des Briefes, Epaphroditus, aufgerufen. Er soll seelsorgerlich diesen beiden Schwestern helfen. Wenn der Apostel Paulus das sagt, können sie nicht sagen: „Mit Epaphroditus spreche ich nicht über diese Probleme.“ Sonst schon, ja, aber so, „mein treuer Mitknecht“, er wird empfohlen, stehe ihnen bei.
Gleichzeitig wird auch nicht vergessen, was diese Schwestern alles Gutes getan haben. Sie waren an der Evangelisation beteiligt, haben mitgekämpft am Evangelium, mit dem Apostel Paulus und auch mit Clemens zusammen. Clemens heißt auf Lateinisch „der Milde“, „der Gütige“. Wenn sie so ein Problem hatten, hatten sie wahrscheinlich auch ein Problem mit Milde und Güte. Paulus erinnert sie an diesen einstigen Mitarbeiter Clemens, den Milde, der nicht so hart gegen andere ist. Er erwähnt auch seine übrigen Mitarbeiter und betont, dass deren Namen im Buch des Lebens stehen.
Wenn man allen Stellen zum Buch des Lebens nachgeht – es gibt auf Sermon Online einen Vortrag von mir zu diesem Thema, allerdings auf Schweizerdeutsch; ein hochdeutscher Vortrag sollte eigentlich noch folgen – kommt man zu dem Schluss, dass Gott alle Menschen bei der Erschaffung der Welt ins Buch des Lebens eingeschrieben hat, weil Gott das Leben für alle will. Wenn sich jedoch ein Mensch in der Gnadenzeit seines Lebens nicht bekehrt, wird er schließlich aus diesem Buch gelöscht.
Man wird nicht bei der Bekehrung eingeschrieben. Oft wird als Beweistext gebracht, dass man bei der Bekehrung eingeschrieben wird, weil der Herr Jesus in Lukas 10 seinen Jüngern sagt: „Freut euch nicht darüber, dass euch die Dämonen untertan sind, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel angeschrieben sind.“ Ja, sie sollen sich darüber freuen. Es wird aber nicht gesagt, wann sie eingeschrieben wurden.
David sagte schon in Psalm 139, er beschreibt sich als Embryo im Mutterleib, und da heißt es: „Meine Tage, meine Lebenstage waren eingeschrieben in ein Buch, bevor irgendeiner dieser Tage da war.“ Also hat Gott alle eingeschrieben. Diejenigen, die sich bekehrt haben, dürfen sich jetzt freuen: Mein Name steht immer noch im Buch, und ich werde nie aus diesem Buch ausgelöscht werden. Das ist so schön im Buch des Lebens.
Dann kommt es wieder: Freut euch in dem Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch! Keiner kann sagen: Paulus, ja, du kannst gut reden von Freude, wenn du solche Nöte hättest wie wir. Nein, die Philipper konnten sagen: Wir sind da in dieser tollen Stadt, steuerbefreit, es geht uns gut. Apostel Paulus ist im Gefängnis, und er muss uns sagen: Freut euch in dem Herrn! Nochmals: Freut euch in dem Herrn! Aber eben nicht einfach „freut euch“ – dann wäre die Freude abhängig von den Umständen. Freut euch in dem Herrn! Er muss alles ausmachen. Alles andere wollen wir vergessen und nicht stolz sein auf das, worauf man menschlich stolz sein könnte. Alles vergessen, was dahinten ist. Wir wollen uns einfach an dem Herrn Jesus freuen.
Nochmals die Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, Philipper 3,8 – das ist die Basis, um sich dann im Herrn zu freuen.
Dann sagt er: Lasst eure Gelindigkeit kundwerden allen Menschen! Dieses Wort „Gelindigkeit“ ist natürlich nochmals eine Anspielung auf Clemens vorhin. Und übrigens, nicht nur Evodia und Sintüche gegenüber, sondern allen Menschen. Da sind auch unsere ungläubigen Nachbarn gemeint, die Ungläubigen auf der Arbeit.
Unsere Nächsten sind ja nicht nur die, die gerade neben uns wohnen. In Lukas 10 hat doch einer gefragt: „Wer ist mein Nächster?“ Und dann erzählte der Herr Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, um klarzumachen, wer der Nächste ist. Das Interessante ist, der Samariter und der unter die Räuber Gefallene waren keine Nachbarn und auch nicht vom gleichen Volk. Der eine war Samariter, der andere Jude. Sie sind nur menschlich gesprochen zufällig zusammengetroffen, ihre Wege haben sich gekreuzt. Da ist mein Nächster, auch dort, wo ich zufällig den Weg kreuze.
Also: Lasst eure Gelindigkeit oder Nachgiebigkeit milde kundwerden allen Menschen. Der Herr ist nahe. Vom Griechischen her kann man nicht bestimmen, ob das bedeutet, der Herr ist nahe bei uns oder der Herr wird bald kommen. Aber beides ist wahr: Der Herr ist ganz nahe bei uns, aber er wird auch bald kommen. Das dürfen wir wissen.
Für die Philipper hat speziell die Bedeutung, dass der Herr ganz nahe bei uns ist, seine Hilfe bei uns, um uns zu helfen, so gelinde mit den Menschen sein zu können.
Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Ich habe speziell angemerkt: in allem, also alle Themen, die uns beunruhigen, sollen wir Gott sagen, im Gebet, im Flehen – das ist ganz intensives Beten – aber nicht vergessen, gleichzeitig auch schon danken. Wir sollen alle unsere Anliegen Gott sagen. Das bedeutet nicht, dass Gott uns alles geben muss, worum wir beten. Aber es ist ganz wichtig, dass wir alles Gott sagen.
Dann haben wir eine Verheißung, Vers 7: Nicht dass Gott alle Wünsche erfüllt, aber der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus. Wir haben also die Zusage, dass Gott uns seinen Frieden ins Herz gibt. Dieser Friede bewirkt, dass unsere unruhigen Gedanken wieder ruhig werden können.
Das ist ganz im Sinn eines wunderbaren Psalms, den ich wiederholt an Beerdigungen zitiert habe, gerade in Fällen, wo man ganz aufgewühlt sein kann. Das ist ein herrlicher Vers, Psalm 94, Vers 19: „Bei der Menge meiner Gedanken in meinem Innern erfüllten deine Tröstungen meine Seele mit Wonne.“ Die Gedanken können plötzlich irgendwie selbständig werden und uns spulen. Aber der Friede Gottes wird unsere Gedankenwelt bewahren, in dem Messias Jesus, in der Person des Herrn Jesus Christus.
Übrigens, Brüder, alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohl lautet, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt – dieses erwäget! Eine wunderbare Liste, um sich Gedanken zu machen, womit man sich beschäftigen soll. Muss es sein, dass man jetzt eine DVD ansieht? Aber könnte ich die DVD mal durch einen biblischen Test laufen lassen? Alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohl klingt, wenn es irgendeine Tugend gibt, wenn es irgendein Lob gibt – dies erwäget!
Welche Art von Musik höre ich? Nochmals die ganze Liste durch, die Checkliste durch! Das hilft, Dinge geistlich beurteilen zu können.
Dann wird weiter gesagt: Das sollen wir erwägen. Was ihr auch gelernt, empfangen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Setzt es praktisch um! Und jetzt gibt es eine Verheißung: Der Gott des Friedens wird mit euch sein.
Das ist nicht das Gleiche wie in Römer 8, wo der Apostel Paulus sagt: „Wenn Gott für uns ist, wer wird wider uns sein?“ Gott ist für alle Erlösten, weil er den Herrn Jesus als Opfer gegeben hat. Aber dass Gott mit uns ist, da braucht es noch etwas dazu.
In 2. Chronik 15 sagt ein Prophet: „Wenn ihr mit dem Herrn seid, wird der Herr mit euch sein.“ Da geht es um unser praktisches Leben. Wenn wir uns wirklich zum Herrn stellen und mit ihm den Weg konkret gehen, dann ist der Gott des Friedens mit uns. Er stellt sich zu uns.
Gott ist für die Gläubigen, das ist klar, aber ob er mit uns ist, das ist eine Frage.
Vers 10: „Ich habe mich aber im Herrn sehr gefreut, dass ihr endlich einmal wieder aufgelebt seid, an mich zu denken, wiewohl ihr auch meine Gedanken hattet, aber ihr hattet keine Gelegenheit.“ Nicht, dass ich dies des Mangels halber sage, denn ich habe gelernt, mich zu begnügen, worin ich bin.
Ihr sagt, ich habe mich gefreut, dass ich von euch eine Gabe bekommen habe als Missionar. Er sagt das nicht einfach, weil er gerne etwas haben wollte und Mangel hatte. Er sagt vielmehr: Ich habe gelernt, mich zu begnügen, sowohl erniedrigt zu sein als auch Überfluss zu haben.
In jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als auch zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als auch Mangel zu leiden. Es ist schwierig, zu wenig oder zu viel zu haben. Wir wissen um unsere Gefahren, dass zu viel uns träge macht und den Eifer für den Herrn zerstört.
Der Apostel Paulus sagt: Ich habe gelernt, mit beidem umzugehen. Und da sagt er: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt.“ Das ist kein Spruch, um zu sagen: Ja, ich kann alles, mit dem Herrn habe ich Power. Nein! Das hat nichts mit Power Evangelism zu tun. Der Kontext macht klar: Ich kann dem Herrn treu sein, auch wenn ich zu viel habe, und ich bin ebenso treu, wenn ich Mangel habe.
„Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt.“ Doch habt ihr wohlgetan, dass ihr an meiner Drangsal teilgenommen habt.
Ihr wisst aber auch, ihr Philipper, dass im Anfang des Evangeliums, als ich aus Mazedonien wegging, damals in Apostelgeschichte 16, keine Versammlung mir in Bezug auf Geben und Empfangen mitgeteilt hat als nur ihr allein. Von damals habt ihr mir eine Missionsgabe gegeben.
Denn auch in Thessalonich habt ihr mir einmal und zweimal für meine Notdurft gesandt. In Thessalonich war er in Apostelgeschichte 17. Merken wir, wie der Philipperbrief schön mit der Apostelgeschichte übereinstimmt: Zuerst Philippi, dann Thessalonich.
Nicht, dass ich die Gabe suche, sondern ich suche die Frucht, die überströmend sei zu eurer Rechnung. Also war es auch für euch eine Gelegenheit, dem Herrn so zu dienen.
Ich habe aber alles in Fülle und Überfluss. Ich bin erfüllt, da ich von Epaphroditus das von euch Gesandte empfangen habe. Epaphroditus haben wir in Kapitel 2 kennengelernt. Das war dieser treue Bruder, der nach Rom ging, um Paulus diese Gabe zu überbringen, und dann wurde er todkrank. Aber wir haben gesehen, der Herr hat ihn wieder aufgerichtet.
Jetzt sagt Paulus von dieser Gabe: Ein duftender Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig. Das sind Ausdrücke aus dem Alten Testament in Bezug auf Opfer, die man Gott bringt. Es wird gezeigt, dass das Geben, wenn wir für den Herrn geben, nicht einfach so ist wie eine Spende in der Welt, sondern wirklich ein Opfer Gott, das aus der Gesinnung heraus Gott verherrlichen soll.
Dann, Vers 19, kommt eine Verheißung: „Mein Gott wird alle eure Notdurft erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus.“
Unserem Gott und Vater sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Herrlich, Gott vergilt für das, was wir ihm gegeben haben.
Grüßt jeden Heiligen in Christus Jesus! Da habe ich speziell in meiner Bibel angemerkt: jeden! Es gibt keinen Gläubigen in der Gemeinde, der Nebensache ist. Es geht dem Apostel Paulus wirklich um jeden in der Gemeinde in Philippi.
Grüßt jeden Heiligen in Christus Jesus! Es grüßen euch die Brüder, die bei mir sind. Es grüßen euch alle Heiligen und besonders die aus dem Kaisershaus. Wunderbar! Das Evangelium ist sogar bis in das Haus von Kaiser Nero hineingekommen. Er selbst hat das Evangelium nicht angenommen, aber es gab Bekehrte im Kaiserhaus.
Die Gnade Jesu Christi sei mit eurem Geist. Amen.