Wir kommen heute zum Ersten Buch Samuel. Vielleicht sind einige überrascht. Beim letzten Mal hatten wir uns noch mit dem Buch Josua beschäftigt, nachdem wir alle fünf Bücher Mose in der Übersicht durchgegangen waren.
Es ist jedoch so, dass wir bei einem früheren Bibelstudientag bereits das Buch der Richter behandelt haben. Daher gibt es von diesem Bibelstudientag über das Buch der Richter schon Kassetten und ein Skript. Diese kann man beim ZLKV, Peter Günther, bestellen. Übrigens kann man sich auch für die Kassette von heute Morgen auf der Liste eintragen.
Das Buch Ruth werden wir später behandeln. In der hebräischen Bibelausgabe steht das Buch Ruth an einer anderen Stelle. Darüber werde ich zu einer anderen Gelegenheit mehr ausführen. In der hebräischen Bibel folgt nach dem Buch der Richter das Buch oder die Bücher Samuel.
Historischer und heilsgeschichtlicher Hintergrund des Buches Samuel
Zunächst einige Bemerkungen zur Zeitgeschichte des ersten Buches Samuel. Es umfasst ungefähr die Zeit von 1100 vor Christus bis hin zum Jahr 1010, als David König über Juda geworden war.
Das erste Buch Samuel gibt uns eine Beschreibung der Übergangszeit von der Periode der Richter hin zur Monarchie. Das Königtum war eine ganz kritische Phase in der Geschichte Israels.
In der Apostelgeschichte 13, wo eine Predigt in der Synagoge von Paulus gehalten wird, lesen wir dazu Folgendes: Ab Vers 18 heißt es: „Und eine Zeit von etwa vierzig Jahren pflegte er sie in der Wüste, und nachdem er sieben Nationen im Lande Kanaan vertilgt hatte, ließ er sie deren Land erben.“ Das passt gut zum Buch Josua.
In Vers 19 wird weiter berichtet: „Und nach diesen, bei vierhundertfünfzig Jahren, gab er ihnen Richter. Bis auf Samuel, den Propheten. Und von da an begehrten sie einen König, und Gott gab ihnen Saul, den Sohn Kis, einen Mann aus dem Stamm Benjamin, vierzig Jahre. Und nachdem er ihn weggetan hatte, erweckte er ihnen David zum König, welchem er auch Zeugnis gab und sprach: ‚Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird.‘“
Wir sehen also, die Richterzeit geht bis auf den Richter Samuel, und dann beginnt in der Heilsgeschichte Israels die Geschichte der Monarchie, des Königtums.
Aus einer anderen Perspektive können wir sagen, dass das erste Buch Samuel oder die Bücher Samuel den Übergang von der Periode der Stiftshütte hin zum ersten Tempel zeichnen.
Das Volk Israel hatte ja diesen transportablen Tempel, den sie nach dem Auszug aus Ägypten gebaut hatten, bis hin zur Zeit Salomos. David machte bereits die Vorbereitungen für den ersten Tempel.
So können wir sagen, dass wir auch in dieser Hinsicht einen ganz wichtigen Übergang vor uns haben.
Charakteristik der Richterzeit und Beginn der Prophetenzeit
Der Charakter der Richterzeit kann folgendermaßen beschrieben werden: Im Buch der Richter findet sich ein vierfacher Refrain, der in Richter 17,6; 18,1; 19,1 und im letzten Vers 21,25 vorkommt. Dort wird diese Zeit prägnant zusammengefasst: „In jenen Tagen war kein König in Israel; ein jeder tat, was recht war in seinen Augen.“
Das zeigt uns, dass nach dem Höhepunkt der Zeit unter Mose und Josua, in der Israel das Wort Gottes empfangen hatte und von diesen göttlichen Offenbarungen sowie Richtlinien fürs Leben überwältigt war, eine neue Zeit begann – die Zeit der Richter. Diese war eine Zeit des permanenten Niedergangs. Jeder tat, was recht war in seinen Augen.
Man könnte sagen, sie waren damals sehr modern. Es war die Zeit des Relativismus. Man konnte nicht von absoluter Wahrheit sprechen oder sagen, so und so müsse es sein. Jeder handelte nach seinem eigenen Maßstab. Es war eine Zeit des Individualismus, in der es für jeden selbst stimmen musste. Das klingt ja fast wie heute, oder? Man muss sich einfach selbst wohlfühlen; es muss für einen selbst richtig sein. Ja, das war das Motto: „An jeder Tat, was recht war in seinen Augen.“
Es war eine Zeit, in der kein absoluter göttlicher Maßstab vor Augen stand. Wie wir bei der Behandlung des Buches der Richter gesehen haben, war es eine Zeit des moralischen und religiösen Totalzerfalls.
Samuel wird als der erste Prophet bezeichnet (Apostelgeschichte 3,24). In der Predigt von Petrus in der königlichen Säulenhalle, der salomonischen Säulenhalle im Tempel, heißt es in Vers 19: „So tut Buße und bekehrt euch, damit eure Sünden ausgetilgt werden und Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn kommen und er den euch zuvor verordneten Jesus, den Messias, sende, den freilich der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchem Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat.“
In Vers 24 wird weiter ausgeführt: „Aber auch alle Propheten von Samuel an und der Reihe nach, so viele ihr geredet haben, haben auch diese Tage verkündigt.“
Die eigentliche Zeit der Propheten in der Bibel, die in einer dauernd sich fortsetzenden Kette in Israel auftraten, begann also insbesondere mit Samuel. Natürlich gab es schon vorher Propheten, und auch Mose selbst war ein Prophet. Doch die Zeit des ständigen Auftretens von Propheten begann erst ab Samuel.
Diese Kette setzte sich fort bis zum Propheten Maleachi. Danach folgte eine Zeit des Schweigens, in der keine Schriftpropheten mehr auftraten – und das über Jahrhunderte hinweg.
Das wird auch in den Apokryphen erwähnt. Im 1. Makkabäer 9 heißt es: „Und es war so große Trübsal in Israel, dergleichen nicht gewesen, seitdem man keine Propheten mehr hat.“ Das war im zweiten Jahrhundert vor Christus, mitten in der Zeit ohne Propheten.
Die Reise der Stiftshütte und der Bundeslade
Die Zeit der Propheten von Samuel bis zu Maleachi umfasst wichtige Ereignisse rund um die Stiftshütte und die Bundeslade.
Die Bücher Samuel, insbesondere das erste Buch Samuel, berichten ausführlich über die Reise der Stiftshütte. Lange Zeit, wie auch zu Beginn des Buches Samuel, befand sich die Stiftshütte in Silo im heutigen Westjordanland. Schon in Josua 18,1 lesen wir davon. Ebenso in 1. Samuel 1 wird beschrieben, wie Elkanah mit seiner Familie jährlich zur Stiftshütte nach Silo pilgerte.
Später, in 1. Samuel 21, sehen wir, dass die Stiftshütte nach Nof verlegt wurde. Noch später, in 1. Chronik 16, wird berichtet, wie sie nach Gibeon kam. Schließlich fand sie ihren Platz in Jerusalem, wie 1. Könige 8,4 beschreibt. Dort wurde dann der erste Tempel gebaut.
Doch was geschah mit der Stiftshütte, als sie nach Jerusalem kam? Im Talmud steht, dass man sie auseinandernahm und in die Untergeschosse des Tempelbaus brachte. Sie sollte also noch dort zu finden sein. Allerdings sind Grabungen an dieser Stelle schwierig, da sie weitere Probleme verursachen könnten.
Auch die Reise der Bundeslade wird dokumentiert. Zu Beginn des ersten Buches Samuel befand sich die Bundeslade in der Stiftshütte in Silo, wie in 1. Samuel 4,4 zu lesen ist. Danach begann eine lange Reise in das Gebiet der Philister. Die Bundeslade wurde in den Städten Aschdod, Gat und Ekron aufbewahrt, die sich im Gebiet des Gazastreifens und der Umgebung befinden.
In 1. Samuel 6 kam die Bundeslade nach Beit Shemesh und anschließend in 1. Samuel 7 nach Kirjat Jearim, in der Nähe Jerusalems. Danach wurde sie nach Peretz Ussa gebracht, wie 2. Samuel 6 berichtet. Schließlich wurde die Bundeslade in 2. Samuel 6,12 und 6,17 nach Jerusalem gebracht, wo David ein spezielles Zelt für sie aufstellte.
Später, in 1. Könige 8,6, wurde die Bundeslade in den ersten Tempel in Jerusalem auf der Bergspitze gebracht. Heute kann man noch die Vertiefung im Felsen im Felsendom sehen, wo die Bundeslade gestanden haben soll.
Die Reise der Stiftshütte und der Bundeslade ist somit eine besondere Thematik des ersten Buches Samuel.
Verfasser und Entstehung des Buches Samuel
Wer hat das Buch Samuel geschrieben?
Im babylonischen Talmud, hier abgekürzt Bt, dem wichtigsten theologischen Werk im Judentum, heißt es im Traktat Baba Batra 15a, dass Samuel an diesem Buch geschrieben hat. Offensichtlich bezieht sich dies auf die Kapitel 1 bis 24, denn in Kapitel 25 wird von seinem Tod berichtet.
In 1. Chronik 29,29 finden wir eine interessante Information: „Und die Geschichte des Königs David, die erste und die letzte, ist geschrieben in der Geschichte Samuels des Sehers und in der Geschichte Natans des Propheten und in der Geschichte Gads des Schauers.“
Hier wird in Verbindung mit der Geschichte Davids Samuel erwähnt, ebenso wie die Propheten Nathan und Gad. Daraus schließen wir, dass die Bücher Samuel auf diese drei Propheten zurückgehen. Alle drei waren von Gott beglaubigte Propheten.
Offensichtlich gab es jedoch noch eine spätere Endredaktion. Denn in 1. Samuel 27,6 lesen wir: „Achis, König von Philistäa, gab ihm an selbigem Tag Ziklag. Darum hat Ziklag den Königen von Juda gehört bis auf diesen Tag.“
Wenn hier von den Königen von Juda „bis auf diesen Tag“ gesprochen wird, bedeutet das, dass der Endredakteur, der diese Bemerkung gemacht hat, in der Zeit der judäischen Könige lebte.
So haben also verschiedene Hände an dem Buch gearbeitet. Der wesentliche Teil von 1. Samuel stammt jedoch von Samuel selbst – alles natürlich unter der Inspiration des Heiligen Geistes.
Die beiden Bücher, 1. und 2. Samuel, bildeten ursprünglich ein einziges Buch. In Qumran wurden in einer Höhle vier Überreste einer Samuelrolle gefunden. Diese stammt etwa aus dem Jahr 50 vor Christus und enthält sowohl 1. als auch 2. Samuel.
So hatte man diese beiden Bücher ursprünglich in einer Rolle zusammengefasst. Das stimmt auch mit dem Talmud überein, der nicht von zwei Büchern Samuel spricht, sondern einfach vom Buch Samuel.
Die Aufteilung in zwei Bücher findet sich jedoch in der ältesten Bibelübersetzung, der griechischen Septuaginta. Diese wurde um 280 v. Chr. in Alexandria, Ägypten, von jüdischen Gelehrten angefertigt, die das Buch Samuel in zwei Teile aufteilten.
Der Grund dafür war ganz praktisch: Um Griechisch zu schreiben, braucht man mehr Platz als für Hebräisch, da die Vokale ebenfalls geschrieben werden müssen. Deshalb war es schwierig, das gesamte Buch Samuel in eine Rolle zu fassen, und man machte daraus zwei Rollen.
In unseren Bibeln wurde diese Zweiteilung übernommen, doch sie ist nicht die ursprüngliche. Sie beruht lediglich auf praktischen Gegebenheiten.
Auch die Abschreiber im Mittelalter, die masoretischen Rabbiner, betrachteten die beiden Bücher Samuel als ein einziges Buch. Das sieht man daran, dass sie immer den Mittelfers (Mittelvers) für jedes Buch berechneten, und der Mittelfers für Samuel liegt am Ende von 1. Samuel.
Das sind einige Gründe, die zeigen, dass Samuel ursprünglich eine einzige Rolle war. Heute betrachten wir jedoch aus praktischen Gründen das erste Buch Samuel und beim nächsten Mal das zweite, da es sonst zu lang wird.
Wir sollten diese beiden Bücher aber unbedingt als eine Einheit verstehen – das ist wichtig. Die beiden Bücher Samuel zeigen gewissermaßen den Weg von der Richterzeit hin zum Königtum Davids.
Aufbau und thematische Gliederung des ersten Buches Samuel
Zum Aufbau des Buchs 1. Samuel können wir drei Teile unterscheiden.
Der erste Teil umfasst die Kapitel 1 bis 7 und handelt von Samuel. Der zweite Teil, Kapitel 8 bis 15, beschäftigt sich mit Saul. Im dritten Teil, Kapitel 16 bis 31, steht David im Mittelpunkt.
Bei Samuel sehen wir einen Menschen, der von Gott erwählt wurde, aber am Ende von den Menschen verworfen wird. Das Volk hatte genug vom Richtertum und wollte einen König. Für Samuel war es sehr schwer, das zu akzeptieren. Gott sagt ihm schließlich, dass er nicht enttäuscht sein muss. Die Menschen hätten nicht ihn verworfen, sondern Gott als König. Samuel müsse das nicht persönlich nehmen, erklärt Gott.
Bei Saul finden wir einen Menschen, der von den Menschen erwählt wurde. Israel wollte unbedingt einen König, um wie die anderen Völker zu sein und nicht mehr ein besonderes Volk zu bleiben. Damit hatten sie Mühe. Sie wählten Saul, doch Gott verwirft ihn schließlich.
Dieser Gegensatz ist eindrücklich: Samuel wird von Gott erwählt und von den Menschen verworfen, Saul hingegen von den Menschen erwählt und von Gott verworfen.
David wird ausdrücklich von Gott erwählt. Kapitel 16 beschreibt das sehr prägnant. Gleichzeitig wird David von den Menschen verworfen. Viele Kapitel zeigen, wie Saul mit seiner Armee David verfolgt und ihn aus dem Weg schaffen möchte, was jedoch nicht gelingt.
Der erste Teil über Samuel beschreibt in den Kapiteln 1 bis 3 die Kindheitsgeschichte dieses Mannes Gottes. Er zeigt sehr schön, wie Gott Menschen für seinen Dienst vorbereitet, die er erwählt hat. Dabei wird auch die Wichtigkeit der Kindheitsphase deutlich, also die Zeit, bevor das Kind zum Glauben kommt. Diese Phase ist ebenfalls Teil der Geschichte. Es gab eine Zeit, in der Samuel den Herrn noch nicht kannte, doch diese Zeit gehörte zur Phase, in der Gott ihn formte und aufbaute.
Dann wird die bewegte Geschichte der Bundeslade beschrieben, Kapitel 4 bis 6. Die Lade wird von den Philistern gestohlen und unternimmt eine lange Reise.
Kapitel 7 beschreibt Samuels Richteramt.
Anschließend folgt der neue Teil: Das Volk will einen König, und Saul soll dieser König sein. Kapitel 8 zeigt diesen Wunsch Israels nach einem König. Kapitel 9 und 10 schildern Sauls Berufung und Salbung.
Die weiteren Kapitel 11 bis 15 beschreiben Sauls anfängliche Erfolge, aber auch seine Fehler und wie Gott ihn schließlich verwirft.
Der letzte Teil handelt von David. Kapitel 16 beschreibt seine Erwählung und Berufung durch Gott. Kapitel 17 berichtet von seinem überwältigenden Sieg über Goliath. Kapitel 18 und 19 zeigen Davids Geschichte am Hof des Königs Saul. Schließlich schildern die Kapitel 19 bis 31 die bewegte Zeit, in der Saul David verfolgt und er von einem Ort zum anderen flieht.
Beginn der Erzählung: Die Familie Elkana und die Geburt Samuels
Jetzt machen wir gemeinsam einen Gang durch das Buch Samuel, Kapitel für Kapitel. Ich lese ein paar Verse aus Kapitel 1 vor. Dabei wollen wir daran festhalten, dass es bei diesen Bibelstudentagen darum geht, eine Übersicht über einzelne Bibelbücher zu verschaffen. Wir können also nicht das ganze Buch miteinander durchlesen. Aber wir kennen sie alle aus der Sonntagsschule, oder? Vielleicht haben wir es auch vorher schon gelesen.
1. Samuel 1,1:
Und es war ein Mann von Ramataim Zophim, vom Gebirge Ephraim. Sein Name war Elkana, der Sohn Jerochams, des Sohnes Elihus, des Sohnes Tochus, des Sohnes Zufs, ein Ephratiter. Er hatte zwei Frauen. Der Name der einen war Hanna, der der anderen Peninna. Peninna hatte Kinder, aber Hanna hatte keine.
Dieser Mann ging von Jahr zu Jahr aus seiner Stadt hinauf, um dem Herrn der Heerscharen zu opfern und ihn in Silo anzubeten. Dort waren die beiden Söhne Elis, Hoffi und Penias, Priester des Herrn. An dem Tag, an dem Elkana opferte, gab er seiner Frau Peninna und allen ihren Söhnen und Töchtern Stücke vom Opfer. Hanna aber gab er ein doppeltes Stück, denn er liebte sie. Doch der Herr hatte ihren Mutterleib verschlossen.
Ihre Widersacherin kränkte sie mit viel Erbitterung, um sie aufzuregen, weil der Herr ihren Mutterleib verschlossen hatte. So wie Elkana es Jahr für Jahr tat, so kränkte Peninna sie auch jedes Mal, wenn sie zum Haus des Herrn, der Stiftshütte, hinaufzog. Hanna weinte und aß nicht.
Elkana, ihr Mann, sprach zu ihr: „Hanna, warum weinst du? Warum isst du nicht? Und warum ist dein Herz betrübt? Bin ich dir nicht besser als zehn Söhne?“
Nach dem Essen und Trinken stand Hanna auf und ging nach Silo. Eli, der Priester, saß auf einem Stuhl an einem der Türpfosten des Tempels des Herrn. Sie war bitteren Gemütes, flehte zum Herrn und weinte sehr. Sie tat ein Gelübde und sprach: „Herr der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd ansiehst und meiner gedenkst und deine Magd nicht vergisst, sondern ihr einen männlichen Nachkommen gibst, so will ich ihn dem Herrn geben alle Tage seines Lebens. Kein Scheermesser soll auf sein Haupt kommen.“
Das ist die Familiengeschichte, mit der das erste Buch Samuel eröffnet wird. Es ist die Geschichte einer ganz normalen Durchschnittsfamilie. Elkana war wahrscheinlich zuerst mit Hanna verheiratet. Sie war unfruchtbar. Dann hat er überlegt, wie man das lösen kann. Damals gab es Polygamie, und das war auch bei Abraham so: Seine Frau bekam kein Kind, also heiratete er noch eine andere, Hagar. So war es auch hier. Die zweite Frau bekam Kinder, aber das führte zu ständigem Familienstreit.
Eine ganz normale Durchschnittsfamilie, sehr gläubig. Sie gehen jedes Jahr auf die große Reise nach Silo zum Tempel, bringen dem Herrn ein Opfer dar. Vom Friedensopfer dürfen sie auch essen, sie haben Gemeinschaft miteinander, und trotzdem gibt es immer Familienstreit. Also eine totale Durchschnittsfamilie.
Man hat den Eindruck, dass Elkana sich mit der Situation abgefunden hat. Er versteht gar nicht, warum Hanna mit dieser Durchschnittssituation nicht zufrieden ist. Was will sie noch mehr? Sie hat doch schließlich Elkana, und er ist doch besser als zehn Söhne. Er hatte sogar den Mut, sich mit jungen Männern zu vergleichen. Das haben manche heute nicht mehr.
Mich beeindruckt das immer in Israel, wie dort alte Leute angesehen werden. Wenn ein alter Mann mit langem Bart kommt, strahlt er Würde aus. Man denkt nicht, das sei der Letzte, sondern man hat Respekt vor ihnen. Das haben wir völlig verloren. Unsere Gesellschaft ist total jugendorientiert. Das wird als das Allerbeste angesehen, und gleichzeitig wird die Jugend dauernd kritisiert – ein Widerspruch in sich, oder? Trotzdem ist die Jugend das Ideal, und alte Leute gelten oft als Last.
In Israel merkt man das besonders unter den Orthodoxen: Die alten Leute, vor denen man Respekt hat, zu denen man aufschaut. Sie haben mehr erlebt und können etwas weitergeben.
Also, dieser Elkana kann sich ohne Probleme mit zehn jungen Männern vergleichen und denken: „Ich bin besser.“
Wir sehen, das Buch beginnt in einer Zeit von Relativismus, Individualismus und religiöser Durchschnittlichkeit mit einer Frau, die sich nicht mit ihrer Situation zufrieden gibt. Der einzige Ausweg für sie ist das Gebet. Mit dem Gebet schafft sie den Durchbruch aus dieser Mittelmäßigkeit heraus.
Sie ist bereit: Wenn Gott eingreift und ihr eine Schwangerschaft ermöglicht – heute geht man zum Frauenarzt, oder? –, dann möchte sie dieses Kind ganz besonders Gott zur Verfügung stellen. Er soll ein Naziräer werden. Sie sagt: „Kein Scheermesser soll auf sein Haupt kommen.“
Damit beruft sie sich auf 4. Mose 6, wo das Gesetz des Naziräers beschrieben wird.
Bedeutung des Nazireats und symbolische Hingabe
Der Naziräer – das Wort bedeutet „Abgesonderter“ – war ein Mensch, der sich für eine gewisse Zeit ganz speziell Gott weihen konnte. Während dieser Zeit durfte er seine Haare nicht schneiden. Außerdem durfte er keinen Wein trinken und keine Trauben essen. Alles, was vom Weinstoff stammt, war verboten, selbst Traubensaft war nicht erlaubt. Er durfte auch niemals während dieser Zeit einen Toten berühren. Er war also ganz speziell für Gott auf die Seite gestellt.
Übrigens symbolisiert das lange Haar einen Schleier. Im Orient steht der Schleier für Reserviertheit, für das „reserviert sein“. Als Rebekka, in 1. Mose 24, am Schluss zum ersten Mal den Mann ihres Lebens sah, hat sie sich beschleiert. Damit drückte sie symbolisch aus: „Ich entziehe mich den Blicken aller anderen Männer, ich gehöre nur einem Mann.“ Ein Schleier bedeutet also Hingabe.
In 1. Korinther 11 wird erklärt, dass das lange Haar der Frau ihr als Schleier gegeben ist. Daraus ergibt sich die Verbindung: Der Schleier und der Naziräer, der sich einen Schleier wachsen ließ, wollten sagen: „Ich bin für Gott reserviert, für niemand anderen.“ Und daran durfte nichts geändert werden, denn es sollte eine Hingabe ohne Grenzen symbolisieren – eine unbegrenzte Hingabe.
Genau das wollte sie: „Ich möchte, wenn ich schon ein Kind bekomme, dann nicht ein durchschnittliches Kind.“ Diese religiöse Durchschnittlichkeit, wie sie in der Familie herrschte, sollte nicht sein. Sondern ein Kind, das ganz für Gott da ist, solange es lebt. Das ist etwas Besonderes, denn die Naziräerzeit konnte zum Beispiel auf zwei Monate begrenzt sein.
Im Judentum war es zur Zeit der Evangelien auch üblich, eine Naziräerzeit von nur dreißig Tagen einzuhalten. Wir finden verschiedene Beispiele von Naziräern in der Bibel. Ich habe hier auf Simson hingewiesen (Richter 13–16). Johannes der Täufer war ebenfalls ein solcher Naziräer, aber von Gott dazu berufen, deshalb lebenslänglich. Paulus hatte ein solches Gelübde, wie in Apostelgeschichte 18,18 beschrieben wird.
Wenn jemand dreißig Tage Naziräer war, durfte er danach kein Mahl halten. Es war also möglich, Naziräer zu sein, und man merkte es. Nach Ablauf der Zeit schnitt er dann die Haare. Paulus hat seine Haare geschnitten, für den nächsten Jerusalembesuch eingepackt und mitgenommen. Diese Haare wurden dann im Tempel in der Naziräerkammer für Gott verbrannt.
In Apostelgeschichte 21 wird auch von vier jüdischen Brüdern der Gemeinde in Jerusalem gesprochen, die ein solches Gelübde hatten. Es war im Prinzip eine völlig freiwillige Sache. Im Fall von Samuel war es die Mutter, die ihn Gott geweiht hat.
Wir finden hier etwas ganz Wichtiges: Eine Frau, die aus der Durchschnittlichkeit ausbricht und möchte, dass ihr Kind, das Gott gibt, ganz Gott gehört. So beginnt das Aufgebautwerden eines Mannes Gottes. Das beginnt also bei der Mutter.
Sie war bereit, das Kind loszulassen, sogar vor der Zeit. Sobald das Kind entwöhnt war, nach dem Stillen, vielleicht mit vier Jahren, gab sie es an den Tempel ab. Es war also nicht so, dass sie an dem Kind klebte. Sie war bereit, dieses Kind Gott zu geben.
Es gibt einen Witz über jiddische Mütter, die ihre Kinder sehr gern haben und sehr besitzergreifend sind. Wenn man eine jiddische Mutter mit zwei kleinen Kindern fragt, welches Kind Arzt und welches Jurist wird, kann sie das sofort sagen.
Was ich sagen wollte: Ich beginne mit einer Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer jiddischen Mutter und einem Rottweiler? Der Rottweiler lässt wieder los. Bei Hanna war das nicht das Problem. Sie war bereit, eben dieses Kind wirklich Gott zu geben. Das Problem der Loslösung war bei ihr nicht vorhanden.
Die Bedeutung des Namens Samuel und die göttliche Schöpfung
Es gibt ein schönes Wortspiel in 1. Samuel 1,20. Gott hatte nämlich das Gebet dieser Frau erhört, und es kam zur Geburt von Samuel.
Es geschah nach Ablauf der Zeit, dass Hanna schwanger wurde und einen Sohn gebar. Sie gab ihm den Namen Samuel, denn von dem Herrn habe ich ihn erbeten. Samuel bedeutet auf Deutsch „von Gott erhört“. Für sie war dieses Kind eine Gebetserhörung.
Ich finde es sehr problematisch, wenn Leute sagen, man „macht“ Kinder. Ich erkläre meinen Kindern immer wieder, dass das ein totaler Unsinn ist. Wir können gar keine Kinder machen. Es ist tatsächlich jedes Mal ein Wunder, wenn überhaupt ein Kind entsteht, selbst bei Paaren, die mehrere Kinder haben.
Jedes Kind ist ein Wunder, und wir können es nicht „machen“. Es ist ein Schöpfungswerk Gottes. Natürlich haben wir eine Verantwortung. Tiere haben nur zu bestimmten Zeiten im Jahr die Möglichkeit, brünstig zu werden. Wir Menschen haben einen Instinkt, doch Gott hat ihn so eingeschränkt. Die Sexualität ist beim Menschen das ganze Jahr über der Selbstbeherrschung unterworfen beziehungsweise sollte der Selbstbeherrschung unterworfen sein.
Die Sexualität soll nicht triebhaft sein, sondern unter der Vernunft und Verantwortung des Menschen stehen. Aber wir können ein Kind nicht „machen“. Wir tragen Verantwortung, doch es sind nicht wir, die das schaffen können. Es ist Gottes Werk.
Hier sehen wir, dass ein Kind bei Hanna eine Gebetserhörung war. Samuel wurde erbeten, und er selbst sollte ein Beter werden. Immer wieder finden wir Stellen, in denen Samuel betet und als Fürbitter für sein Volk einsteht.
Ich habe eine ganze Liste zusammengestellt, wo es im 1. Samuel um Gebet geht. Das überrascht, nicht? All diese Verse in Kapitel 1, dann Kapitel 2, 7, 8, 12, 14, 15, 16, 25, 28 und 30 – das ist tatsächlich ein Thema, das sich durch das ganze Buch zieht. Ein roter Faden, der dem Buch Samuel ein besonderes Gepräge gibt.
Es beginnt mit einem Kind, das von Gott erbeten wurde. Es ist ein Buch, mit dem wir lernen zu beten. Es lohnt sich zum Beispiel, diese Stellen durchzugehen, um zu sehen, aus welchen Gründen dort gebetet wurde und wie gebetet wurde.
Das ist wirklich das Wort Samuel, das dem Buch sein besonderes Gepräge gibt.
Das Gebet Hannas und die erste Erwähnung des Messias
Wir kommen zuerst zu 1. Samuel 2. Nachdem Samuel geboren war, kehrte die Familie – eine durchschnittliche Familie – mit der Frau zurück, die nun aus der Mittelmäßigkeit ausgebrochen war. Nachdem diese Familie nach Silo zurückgekehrt war, wurde das Kind dort dem Hohen Priester übergeben. Hanna hatte zuvor gebetet.
In den Versen 1 bis 10 finden wir das Gebet einer Frau. Es ist so: Es gibt kein Bibelbuch, das von einer Frau geschrieben wurde. Aber wir haben viele biblische Abschnitte, in denen Frauen sprechen und reden. Wenn wir all diese Stellen zusammennehmen würden, hätten wir etwas in der Hand, das man einer Feministin vorlegen könnte. Wir müssen die Bibel gar nicht entmännlichen, sondern nur sehen, wie wichtig die Frauen darin sind und welche Rolle eine Frau in diesem Übergang von der Richterzeit zur Monarchie und zum ausgewählten König David gespielt hat.
Frauen beten anders als Männer – das ist so. Hier sehen wir wirklich, wie eine Frau vor über dreitausend Jahren gebetet hat. Es ist eindrücklich, das Gebet zu lesen. Was mich besonders berührt, ist die erste Stelle in der Bibel, an der jemand das Wort Messias ausspricht.
Wir finden das in Vers 10: „Der Herr wird zerschmettern, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern. Der Herr wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Messias.“
Wenn dort „seines Gesalbten“ steht, ist das einfach die deutsche Übersetzung. Maschiach steht hier im Original. Es ist das erste Mal, dass der Begriff Messias so verwendet wird. Natürlich wird schon früher in der Bibel vom Messias gesprochen – das beginnt bereits in 1. Mose 3 – aber der Ausdruck „Messias“ erscheint hier zum ersten Mal.
Das ist interessant, weil wir im ersten Buch Samuel die Einführung der Monarchie, des Königtums, erleben. Hier wird der Messias als der große, von Gott verheißene König erwähnt, der am Ende der Zeit über die ganze Welt regieren soll. Und das geschieht im Gebet einer Frau.
Samuel als Levite und die korrupte Priesterschaft Elis
Samuel stammte aus dem Priesterstamm Levi, jedoch nicht aus der Linie Aarons, des Hohenpriesters. Deshalb durfte er kein Priester sein, sondern nur Tempeldiener, ein Levit. Das sehen wir in 1. Chronik 6,33 und den folgenden Versen. So konnte er also den Levitendienst, einen Hilfsdienst im Tempel, verrichten. Dazu war er auch von seiner Herkunft her berufen.
In 1. Samuel 2 wird deutlich, dass Samuel in einer sehr schlechten Umgebung aufwuchs. Der Hohepriester Eli hatte zwei unmoralische und verderbte Söhne. Anstatt in den Kindergarten zu gehen, verbrachte dieses Kind seine Zeit im Tempel. Man könnte denken, es sei eine behütete und gute Situation gewesen – aber dem war nicht so. Er war in einer sehr problematischen religiösen Umgebung.
Trotzdem entwickelte sich Samuel gut, denn seine Mutter legte ihn bewusst in Gottes Hand. Wir können nicht immer steuern, mit wem unsere Kinder Kontakt haben, aber wir können sie ganz in Gottes Hand legen. Dort wuchs er auf.
Eli wird vorgeworfen, dass er nicht gegen seine Söhne vorging. Man könnte sich fragen: Was hätte er tun sollen? Hätte er seine Söhne streng bestrafen sollen? Wenn wir den Bericht lesen, merken wir, dass seine Söhne bereits erwachsen waren. Wir haben keinen Auftrag, erwachsene Söhne zu schlagen. Das ist zu spät und wäre nicht richtig.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Eli als Hoherpriester auch der oberste Richter war. Das zeigt sich auch in 5. Mose 17,8-13. Das oberste Richteramt lag im Tempel und damit unter der Führung des Hohenpriesters. Eli hätte als Richter gegen seine verderbten Söhne vorgehen müssen, doch das tat er nicht.
Er verurteilte zwar alles, was sie taten, aber er hatte nicht die Kraft, in seiner eigenen Familie sein Richteramt durchzusetzen. Dafür wurde er kritisiert. Eli war ein Mann Gottes, aber oft sind wir gerade in der eigenen Familie am schwächsten. Dort neigen wir eher dazu, die Augen zu verschließen oder Kompromisse einzugehen. Bei anderen Menschen fällt es uns oft leichter, konsequent zu handeln.
Diese Schwäche wurde Eli zum Vorwurf gemacht.
Das Problem missratener Kinder in den Familien von Eli, Samuel und David
Zum Problem der missratenden Kinder
Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch das erste und zweite Buch Samuel. Eli hatte zwei missratene Söhne, und auch Samuel hatte genau zwei missratene Söhne. In 1. Samuel 8,1 und den folgenden Versen werden diese namentlich erwähnt. Dort heißt es, dass sie Richter in Israel wurden, die eigentlich das Recht vertreten sollten.
Nicht einmal bei Eli könnten wir sagen, dass er klar im Durchgreifen war. Bei Samuel hingegen haben wir wirklich einen Mann Gottes vor uns, und trotzdem hatte auch er missratene Söhne.
Dann kommt David, der vielleicht eine ganze Reihe von missratenen Söhnen hatte. Auf dem Blatt habe ich auf 2. Samuel 13 hingewiesen. Dort ist Amnon, der Blutschande innerhalb der Familie beging. In 2. Samuel 15 und den folgenden Versen geht es um Absalom, der eine Rebellion gegen seinen Vater führte und ein Rebell sondergleichen war. Außerdem finden wir in 1. Könige 1,5 noch einen dritten Sohn, Adonija, der unbedingt König werden wollte und sich illegal die Macht anmaßte.
Gerade im Zusammenhang mit Adonija wird der Vorwurf erhoben. Es heißt in 1. Könige 1,6, dass David ihn, solange er lebte, nicht zurechtgewiesen hat. Er hat ihn nie gefragt: „Was ist eigentlich los?“ David wollte ihn nicht traurig machen.
David hatte also ein Erziehungsproblem. Er war ein guter Staatsmann und investierte viel Zeit in seine Regierung, was zu Mangelerscheinungen in der Familie führte.
Doch wir sehen, dass sich dieses Thema durchzieht. Wir können nicht in allen Fällen sagen, der Vater sei schuld gewesen. Es ist ein demütigendes und zugleich komplexes Thema. Schuld kann bei den Eltern liegen, aber auch die Kinder tragen ihre eigene Verantwortung vor Gott.
Spurgeon sagte: „Die Gnade fließt nicht im Blut.“ Damit meinte er, dass die Bekehrung der Eltern nicht automatisch bedeutet, dass die Kinder ebenfalls bekehrt sind und die Gnade annehmen. Es wird nicht über die DNS weitergegeben. Leider muss sich jedes Kind selbst bekehren.
In diesem Buch ist auch eine Prophetie enthalten. Ein Prophet kündigte in 1. Samuel 2 das Gericht über die Familie Elis an. Er sagte, dass ihre Familie aus dem Priestertum verdrängt wird und Gott einen treuen Priester auserwählen will.
Diese Prophetie erfüllte sich erst Jahre später. Die Linie von Eli ging über Itamar, einen Sohn Aarons, zurück. Aaron hatte vier Söhne. Nadab und Abihu starben, nachdem sie Alkohol getrunken und fremdes Feuer vor Gott gebracht hatten – Gott griff ein.
Übrig blieben nur noch Itamar und Eleasar. Eli stammte aus der Linie Itamar, und diese Linie sollte das Hohepriesteramt verlieren.
Später wurde Zadok, ein Nachkomme von Eleasar, Hohepriester. Er war der erste Hohepriester im ersten Tempel (siehe Fußnote 1). Alle Hohenpriester im salomonischen Tempel waren Nachkommen Zadoks.
Die Linie von Eli war somit definitiv für das Hohepriesteramt ausgeschaltet.
Auch im zweiten Tempel waren die Hohenpriester Zadokiden bis in die Zeit der Makkabäer. Dort kam das Volk in einen totalen religiösen Zerfall. Die Zadokiden wurden beiseitegeschoben, und alle weiteren Hohenpriester bis in die Zeit der Evangelien waren illegale Hohenpriester.
Kajaphas, der den Herrn Jesus zum Tod verurteilte, war als Hohenpriester illegal. Er war kein Zadokide – alle damaligen Hohenpriester waren illegitim.
Im Propheten Hesekiel, wie in Fußnote 1 auf Seite 2 erwähnt, heißt es, dass im letzten Tempel, dem dritten Tempel, nur noch zadokidische Nachkommen den vollen Priesterdienst ausüben sollen.
Diese ganze Sache mit Zadok und der Beseitigung Elis hat gewaltige heilsgeschichtliche Bedeutung bis ins Tausendjährige Reich.
Und alles beginnt mit einer Familiengeschichte durchschnittlicher Familien Israels. Doch diese Geschichte hat großartige heilsgeschichtliche Dimensionen. Ein treuer Priester soll erwählt werden.
Zweite Erwähnung des Messias und die Gewaltentrennung von König und Priester
Interessant ist, dass dieser Prophet in Kapitel 2, Vers 35 den Messias namentlich erwähnt. Hier kommt das Wort "Messias" zum zweiten Mal in der Bibel vor. Es heißt: „Und ich werde mir einen treuen Priester erwecken, der tun wird, was in meinem Herzen und in meiner Seele ist. Ich werde ihm ein beständiges Haus bauen, und er wird alle Tage vor meinem Messias wandeln.“
In 1. Samuel 2,10, bei Hannah, wird der Messias in Verbindung mit dem König genannt. Hier jedoch steht der Messias in Zusammenhang mit dem Priesteramt. Beides sollte der Messias in sich vereinen.
Hohepriester wurden mit Öl gesalbt, ebenso wie Könige. Daher sind sie eigentlich Hinweise auf den großen Gesalbten. Christus bedeutet auf Griechisch „Gesalbter“, Messias heißt auf Hebräisch ebenfalls „Gesalbter“. Christus sollte sowohl das Königtum als auch das Priestertum in sich vereinen.
Im ersten Buch Samuel sehen wir jedoch, dass Gott die Gewaltentrennung eingeführt hat. Die Hohenpriester waren als Gesalbte immer aus dem Stamm Levi, während die Könige, wie wir bei David sehen, immer aus dem Stamm Juda stammen sollten. Deshalb konnten Königtum und Priestertum auf legale Weise nie in einer Person vereinigt sein.
Die Propheten sagten jedoch voraus, dass der Messias kommen wird und beides in sich vereinen wird. Warum hat Gott die Gewaltentrennung eingeführt? Weil wir ein böses Herz haben. Wenn wir zu viel Macht besitzen, neigen wir leicht dazu, diese Macht zu missbrauchen.
So sehen wir, dass die Gewaltentrennung keine Erfindung der Aufklärungszeit oder der Französischen Revolution ist, sondern ein biblisches, gottgegebenes Prinzip. Es ist ein Segen, dass dieses Prinzip der Gewaltentrennung auch in der Schweiz bekannt ist.
Im Herrn Jesus jedoch kann alle Macht vereint sein, weil er der Gerechte und Vollkommene ist, der seine ganze Macht nur zum Guten einsetzt.
Heute haben wir neue Zeiten eingeführt. Das Ganze wird etwas kürzer gehalten. Um 15:30 Uhr machen wir dann die lange Pause.
Krieg mit den Philistern und das Gericht über Silo
In 1. Samuel 2 lesen wir von einem Krieg. In den anschließenden Kapiteln wird von einem Krieg der Philister gegen Israel berichtet. Dieser Krieg sollte eine Wende in Elis Familie herbeiführen. Der Ort Silo sollte zerstört werden, wie wir es in Jeremia 7,12 und 14 sowie Psalm 78,60 sehen. Darauf kommen wir in den weiteren Kapiteln noch zurück. Dieses von den Propheten angekündigte Gericht sollte damit eingeläutet werden.
Zunächst wenden wir uns Kapitel 3 zu. Samuel ist als kleiner Junge im Tempel und dient dort dem Hohenpriester Eli. Nachts liegt er auf seiner Liege, als er plötzlich eine Stimme hört: „Samuel.“ Der kleine Junge geht zu Eli, seinem Ersatzpapa, und sagt: „Du hast mich gerufen, was ist los?“ Eli antwortet: „Nein, ich habe dich nicht gerufen, geh wieder hin.“ Samuel denkt wahrscheinlich, er habe schlecht geträumt. Dieses Szenario wiederholt sich mehrmals. Schließlich erkennt Eli, dass vielleicht Gott mit dem kleinen Jungen spricht.
Eli erklärt Samuel genau, wie er reagieren soll, wenn Gott ihn ruft. Wir sehen, dass Eli wirklich ein Mann Gottes war. Er verstand, wie man auf Gott hört, und sagte zu Samuel: „Wenn die Stimme nochmals kommt, dann musst du einfach sagen: ‚Hier bin ich, dein Herr, dein Knecht hört. Rede, denn dein Knecht hört.‘“ Samuel tut dies, und Gott offenbart ihm noch mehr, was mit Eli geschehen soll. Diese Nacht war eine schwere für den kleinen Jungen.
Am nächsten Tag fragt Eli: „Was hat Gott gesagt?“ Der Junge soll nun auspacken und dem alten Eli das Gericht ankündigen. Samuel zögert nicht und erzählt ihm alles, was Gott ihm offenbart hat. Eli kann dies akzeptieren. Er beugt sich unter die Zucht Gottes und rebelliert nicht dagegen. Damit beginnt die Laufbahn von Samuel als Prophet.
In diesem Kapitel wird ausdrücklich gesagt, in Vers 7: „Es gab eine Zeit, da hat Samuel den Herrn noch nicht gekannt.“ Jetzt aber lernt er ihn kennen. Auch die Jahre davor waren in Gottes Hand. Samuel wurde geformt. Es ist wichtig, daran zu denken, dass auch die Jahre, bevor wir Gott oder Jesus Christus kennenlernen, bedeutend für unser Leben sind. Schon damals können wir Spuren Gottes erkennen, wie er uns geführt hat, damit wir das Ziel erreichen, wofür er uns berufen hat.
So lesen wir in 1. Samuel 2,19: „Und Samuel wurde groß, und der Herr war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten auf die Erde fallen.“ Ganz Israel, von Dan bis Beersche, erkannte, dass Samuel als Prophet des Herrn bestätigt war. Der Herr fuhr fort, in Silo zu erscheinen, denn er offenbarte sich Samuel durch das Wort des Herrn. Das ist die Kindheitsgeschichte und zeigt, wie Gott ihn zubereitet hat.
In 1. Samuel 3 können wir sagen, dass Samuel die Stimme des guten Hirten kennenlernte. Der Herr Jesus sagt in Johannes 10,27: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Es ist interessant, dass Menschen, die zum Glauben kommen, sofort merken, wenn etwas Christliches nicht stimmt. Sie können oft gar nicht genau sagen, was oder wo in der Bibel es steht, aber sie spüren, dass etwas nicht stimmt.
Sie reagieren wie Schafe. Schafe können nicht sagen, wessen Stimme sie hören, wenn ein falscher Hirte sie ruft. Aber sie merken, dass es nicht die Stimme ihres Hirten ist. Sie kennen die Stimme ihres Hirten und folgen anderen nicht. So ist es auch bei Wiedergeborenen: Sie merken, ob etwas vom guten Hirten kommt. Es ist etwas Fremdes, und obwohl sie nicht genau wissen, was daran anders ist, folgen sie dem nicht.
Das sehen wir schön bei Samuel. Er lernt die Stimme des Herrn kennen, die Stimme des guten Hirten.
Der Krieg mit den Philistern und die Bundeslade als Kriegsgerät
Erster Samuel 4
Es war wieder Krieg zwischen Israel und den Philistern. Ihr Kerngebiet liegt dort, wo heute der Gazastreifen ist. Übrigens stammt das Wort „Palästinenser“ sprachgeschichtlich von den Philistern ab. Auf Arabisch gibt es nur ein Wort für Palästinenser und Philister: „Philistini“. Deshalb identifizieren sich die Palästinenser heute, obwohl sie natürlich ein Mischvolk sind, sehr stark mit den biblischen Philistern. Sie sagen: „Wir sind die Philister, und wir haben ein Recht, in diesem Land zu sein. Aber Israel hat kein Recht.“
Diese ganze Samuel-Geschichte ist deshalb so aktuell, weil es immer wieder militärische Konfrontationen zwischen den Philistern und Israel gibt. Israel hatte damals sehr schwer darunter zu leiden, bis schließlich David, der König, sie von dieser Geißel befreien konnte. David als König, als außergewöhnlicher König, ist ein Hinweis auf den Messias. Wann wird Israel von dieser Geißel befreit werden? Erst dann, wenn der Messias kommt. So sehen wir also eine aktuelle prophetische Komponente in diesem Bibelbuch.
Nun, in 1. Samuel 4 war wieder Krieg. Die Israeliten beschlossen, einen totalen Coup zu machen: Sie holten die Bundeslade mit in den Krieg, in der Hoffnung, dadurch zu siegen. Als die Philister davon erfuhren, gerieten sie in Panik. Sie dachten: „Jetzt geht es uns an den Kragen!“ Deshalb kämpften sie umso löwenmutiger und besiegten Israel. Die Philister waren genauso abergläubisch wie die Israeliten.
Die Meinung war, die Bundeslade sei nur ein symbolisches Tempelgerät. Sie war nicht Gott und schon gar nicht „Gott in einer Box“. Nein, sie war nur ein Symbol, das den Ort markierte, an dem Gott sich im Tempel Israel besonders offenbarte. Trotzdem glaubten sie, dass die Lade irgendwie Erfolg und Glück bringt. Dieses talismanartige Denken ist tiefer in unserem menschlichen Herzen verankert, als wir denken. Das hatten die Philister auch.
Dann geschah die Katastrophe: Die Bundeslade wurde von den Philistern erobert und in ihr Gebiet gebracht. Als Eli davon hörte, war das für ihn so schrecklich, dass er von seinem Richterstuhl fiel, sich das Genick brach und starb. Eli war alt und unbeweglich gewesen. In diesem Krieg kamen auch seine beiden Söhne, Hofi und Pinehas, ums Leben.
Eli als Richter griff nicht ein, aber Gott griff ein. Das ist ein wichtiges Prinzip: Wenn Menschen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, dann greift Gott ein. Gott hat sie im Krieg getötet.
Die Frau von Pinehas war gerade schwanger. Als sie die Schreckensnachricht hörte, sank sie nieder und gebar. Denn es überfielen sie ihre Wehen. Dieses Phänomen kennen wir: Wehen können durch Schreckensereignisse ausgelöst werden.
Um die Zeit ihres Sterbens sprachen die Frauen, die um sie standen: „Fürchte dich nicht, denn einen Sohn hast du geboren.“ Aber sie antwortete nicht und nahm es nicht zu Herzen. Sie nannte den Knaben Ikawot und sprach: „Die Herrlichkeit ist von Israel gewichen.“
Dieser Name hat viel zu bedeuten. Mit „Kavod“ (Herrlichkeit) wird in der Bibel immer wieder die Schechina bezeichnet – diese geheimnisvolle Wolke und Feuersäule, die Gottes Gegenwart symbolisiert (vgl. Hesekiel 43,2). Als die Bundeslade weggenommen wurde, verschwand die Schechina von Israel. Deshalb der Name Ikawot – nicht Herrlichkeit, die Schechina ist weg.
Die Schechina kehrte erst später mit den Königen zurück, nachdem Salomo den Tempel gebaut hatte. Von hier an, bis Salomo, war Israel ohne Schechina.
Was bedeutet das prophetisch? Bei Salomo kam die Schechina zurück, und während der ganzen Zeit des ersten Tempels war sie präsent. Doch kurz vor der Zerstörung des Tempels durch Nebukadnezar verließ die Schechina den Tempel durch das Osttor zum Ölberg und verschwand. Sie kam nie mehr zurück.
Als die Juden aus Babylon zurückkehrten und den zweiten Tempel bauten, war die Schechina nicht mehr da. Sie wurde im Tempel nie mehr gesehen.
Ezechiel sagt jedoch voraus, dass im Endzeit-Tempel, im dritten Tempel, die Schechina zurückkehren wird (vgl. Ezechiel 43).
Parallelen zur heutigen Situation und der Ruf nach einem starken Führer
Nun unser Fazit: Die Geschichte, die in 1. Samuel erzählt wird, ist bis auf Salomo gewissermaßen eine Parallelgeschichte von der Zerstörung des ersten Tempels bis zum Tausendjährigen Reich.
Sie entspricht der Zeit, in der über Israel „Ikawot ohne Tschechler“ steht. In dieser Zeit gibt es den Konflikt Israel – Palästina. Philistia, das Philistaland, entspricht dem heutigen Palästina. Israel und Palästina stehen sich gegenüber. Die Menschen sagen sich: „Wir brauchen einen starken Mann, einen ganz starken Mann.“ Und dann haben sie Erfolg.
Gleich darauf sehen wir Saul. Saul war wirklich einen Kopf größer als alle anderen, von der Schulter an aufwärts. Sie haben also den großen, starken Mann gefunden. Er hat Erfolg gegen die Palästinenser, gegen die Philister. Das geht so lange gut, bis ein noch größerer kommt: Goliath aus Gat, drei Meter groß.
Das ist die Pointe im ersten Buch Samuel: Der Mensch sucht den starken Mann, um Probleme zu lösen, die er selbst nicht meistern kann. Und das funktioniert so lange, bis ein noch größeres Problem auftaucht – der große Mann oder der starke Mann reicht nicht mehr aus.
Dann kommt ein kleiner Mann auf den Plan: David. Er besiegt Goliath. David weist auf den Herrn Jesus hin, den Messias. Er kommt und besiegt Goliath. Doch wir sehen, wie David dann verworfen wird, und Saul jagt ihn. David ist der verworfene Messias, könnte man sagen.
Das entspricht der heutigen Zeit. Jesus hat Satan am Kreuz besiegt, aber seitdem ist er der verworfene Messias. Doch der Zeitpunkt wird kommen, an dem er gewissermaßen die Macht antreten wird, wenn er als König der Könige zurückkehrt.
Das führt uns zum zweiten Buch Samuel, in dem David die Königsherrschaft übernimmt. In vielen Kriegen besiegt er alle Feinde ringsum. Danach kann Salomo, sein Sohn, eine Friedensherrschaft errichten und den Tempel in Jerusalem bauen.
Der Herr Jesus wird, wenn er zurückkommt, wie David verschiedene Kriege führen und alle seine Feinde besiegen. Wenn das vorbei ist, wird er wie Salomo eine Friedensherrschaft über die ganze Welt errichten und den Endzeit-Tempel bauen, wie es in Hesekiel 40 bis 48 beschrieben ist. Dort kommt dann die Tschechin ab.
So sehen wir, dass die Samuel-Bücher tatsächlich eine prophetische Übersicht über die Heilsgeschichte geben.
Die Bundeslade bei den Philistern und Gottes Macht über die Götter der Heiden
In 1. Samuel 5 wird berichtet, dass die Bundeslade in Aschdod bei den Philistern in den Tempel ihres Gottes Dagon gestellt wird. Am nächsten Tag kommen sie wieder in den Tempel und finden Dagon auf seinem Gesicht vor der Bundeslade liegend. Das ist schon dramatisch: Plötzlich liegt der Gott auf dem Boden. Dann richten sie ihren Gott wieder auf. Was für ein Gott ist das, den man aufrichten muss? Unser Gott richtet uns auf, wenn wir am Boden liegen, oder?
Übrigens, auf Hebräisch sagt man zum Beispiel bei der Frage „Wie geht es dir?“ wörtlich „Wie steht es um deinen Frieden?“ (zum Beispiel „ma shlomcha“). Wenn es einem hundertprozentig gut geht, sagt man „me’od tov“, also „sehr gut“. Und wenn es einem total schlecht geht, sagt man „al ha-paním“, was „auf dem Gesicht“ bedeutet. Das heißt, man ist am Boden, so wie Dagon. Aber Gott kann uns dann aufrichten.
Die Philister mussten ihren Gott aufrichten. Am nächsten Tag war er wieder am Boden, und zwar mit abgeschlagenem Kopf und Händen – nur der Rumpf blieb übrig. Gott demonstrierte so sichtbar diesen Heiden, dass er der allein wahre Gott ist. Hier sehen wir einen Kampf zwischen dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und dem Gott der Philister. Die Philister meinten, ihr Gott sei stärker, aber der Gott Israels ist stärker als der Gott der Philister.
Übrigens rufen die heutigen Philister, also die muslimischen Palästinenser, jeden Tag „Allahu Akbar“. „Allah“ heißt Gott, „kabir“ bedeutet groß, und „akbar“ heißt größer – also „größer als der Gott der Juden und Christen“. Hier wird jedoch demonstriert, wer der wahre Gott ist.
Als eine Seuche ausbricht, bringen die Philister die Bundeslade nach Gat. Dort geschieht die gleiche Katastrophe. Dann bringen sie die Bundeslade nach Ekron. Schließlich haben sie so genug von der Bundeslade und wollen sie einfach loswerden. Sie fragen ihre Spezialisten, was sie tun sollen. Diese sagen: „Wir müssen dem Gott Israels eine Erstattungsabgabe geben.“ Deshalb machen sie goldene Beulen und goldene Mäuse, denn es gab eine Beulen- und Mäuseplage.
Offensichtlich handelte es sich um eine Infektion, die durch eine Mäuseplage ausgelöst wurde und am Körper Beulen verursachte. So fertigen die Philister goldene Mäuse und goldene Beulen an. Die Bundeslade setzen sie auf einen Wagen mit Kühen. Sie sagen sich: Wenn die Bundeslade nach Israel gebracht wird und die säugenden Kühe nicht vom Weg abweichen und zurückkehren, dann ist das alles von Gott. Andernfalls wäre es nur ein Zufall.
Auch damals wurde alles mit Zufall erklärt oder besprochen. Die Kühe bleiben auf dem Weg, obwohl es säugende Kühe sind, und bringen die Bundeslade ins israelitische Gebiet. Dort wird die Bundeslade auf einen Stein gesetzt, und die Leute merken, dass wirklich Gott dahintersteckt.
Übrigens wurde im salomonischen Tempel die Kiste mit den goldenen Mäusen im Allerheiligsten aufbewahrt. Im Talmud, im Traktat Joma 52b, heißt es, dass im zweiten Tempel die Kiste mit den goldenen Mäusen nicht mehr im Allerheiligsten war – im Gegensatz zum ersten Tempel. Sie könnte also auch auf dem Tempelberg versteckt sein. Das wäre interessant für diejenigen, die nach den goldenen Mäusen der Philister suchen möchten.
Es ist wirklich spannend, was alles im Tempelberg verborgen sein könnte.
Die Kühe auf dem Weg und die Verantwortung des Gläubigen
Und jetzt noch zu den Kühen: Sie sind also nicht vom Weg nach rechts oder nach links abgekommen. Gott konnte sie auf dem Weg bewahren.
In Josua 1 sagte Gott zu Josua, er solle täglich in der Bibel lesen und darauf achten, dass er nicht nach links oder rechts abweicht – weder liberal noch gesetzlich –, sondern nur biblisch handelt. Wir wissen, wie stark die Gefahr ist, nach rechts oder links abzuweichen.
Doch wir sehen, dass Gott in der Lage ist, uns auf dem Weg zu bewahren. Er konnte das auch bei den Kühen. Aber wir sind keine Kühe, und deshalb liegt es in unserer Verantwortung.
Sperzchen sagte: „Der Glaube von gestern nützt mir nichts für heute.“ Ich muss jeden Tag neu glauben. Das bedeutet nicht, dass ich jeden Tag eine neue Bekehrung erleben muss. Eine echte Bekehrung erlebt man nur einmal. Aber ich muss mir jeden Tag klar machen, dass ich wirklich auf dem biblischen Weg vorwärtsgehen möchte. Wenn ich abweiche, möchte ich mich korrigieren lassen.
Gott könnte uns bewahren, wenn wir Kühe wären, aber wir sind keine Kühe.
Die Strafe Gottes für die Neugierigen in Beth-Schemesh
1. Samuel 6,19: Und er schlug unter den Leuten von Bethschemesch, weil sie die Lade des Herrn angeschaut hatten, und schlug unter dem Volk.
Es gab also unzählige Tote in Israel, weil die Leute von Bethschemesch neugierig waren und die Bundeslade anschauen wollten. Manche Übersetzungen sagen, sie hätten in die Bundeslade geschaut. Es ist jedoch nicht nötig, dies so zu übersetzen. Man kann schlicht sagen, sie hätten die Bundeslade angeschaut. Denn die Lade war immer bedeckt.
Das war vorgeschrieben im Buch Numeri (Vierter Mose). Dort steht, dass die Lade immer mit zwei Decken bedeckt sein musste. Man kann das nachlesen in Numeri 4,6: Ein Dachsfell und ein Tuch von blauem Purpur. Normalerweise hat kaum ein Israelit die Bundeslade je wirklich gesehen. Wenn sie herumgetragen wurde, war sie immer mit diesen Tüchern bedeckt. Niemand hat sie gesehen, außer dem Hohenpriester am großen Versöhnungstag.
Und jetzt die Leute von Bethschemesch – für sie war das die Chance: „Jetzt schauen wir mal die Bundeslade an“, sie hoben den Schleier – und Gott schlug zu. Warum so hart?
Ich habe auf dem Blatt vermerkt: Die Bundeslade ist ein Bild von Jesus Christus. Die Bundeslade bestand aus Akazienholz und war mit Feingold überzogen. Der Deckel, der sogenannte Sühnedeckel, war aus reinem Gold. Auf Griechisch heißt er Hilasterion.
In Römer 3,25 steht, dass Gott Jesus Christus als Hilasterion hingestellt hat für uns Menschen, damit wir durch den Glauben an sein Blut gerechtfertigt werden. Der Hohepriester musste am Versöhnungstag das Blut einmal auf den Deckel sprengen, damit wir durch den Glauben an sein Blut gerechtfertigt werden.
Römer 3,25 sagt also ausdrücklich: Die Bundeslade weist auf Jesus Christus hin. Das Holz weist auf seine Menschheit hin. Nach Jesaja 11,1 ist er der Spross aus dem Stamm Isais. Einer der Freunde von Hiob hieß Eliphas (Hiob 4,1). Sein Name bedeutet „Mein Gott ist Feingold“.
Eliphas sagt Hiob in Hiob 22,25: „Wirf all deinen Reichtum weg, dann wird Gott dein Feingold werden, dein wirklicher Schatz.“
Die Bundeslade weist also hin auf Jesus Christus, der Gott und Mensch in einer Person ist. Das ist ein Geheimnis, das wir nicht erfassen können. Es ist etwas ganz Unergründliches, aber es gehört zu den Grundlagen des christlichen Glaubens: die Gottheit und Menschheit Jesu Christi in einer Person.
Wenn wir jedoch auf neugierige Art an dieses Geheimnis herangehen, dann tun wir das unehrerbietig. Das kann Gott nicht akzeptieren. Wer Theologie betreibt, nur als Wissenschaft, kann man vergleichen mit jemandem, der die Bundeslade einfach mal anschaut.
Nein, das sind Dinge, bei denen wir uns wirklich bewusst sein müssen, dass es ein heiliges Thema ist. Darüber liegt ein Schleier der Ehrfurcht, wie hier so anschaulich dargestellt.
Die Bundeslade in Kirjat-Jearim und nationale Buße
Erster Samuel 7
Die Bundeslade wird später von Bejemisch nach Kirjat-gearim gebracht und bleibt dort zwanzig Jahre.
Dann erleben wir etwas sehr Schönes: Israel kommt als Nation zu Samuel. Er sagt zu ihnen: „Schaut mal, wenn ihr wirklich umkehrt und eure Schuld ernsthaft bereinigt, dann will ich als Fürbitter für euch eintreten“ (Vers 5).
Das Volk Israel antwortet ehrlich: „Wir haben gegen den Herrn gesündigt.“ Daraufhin opfert Samuel ein Milchlamm und schreit zum Herrn. Es folgt ein Donner vom Himmel. Es kommt wieder zum Krieg mit den Philistern, und Israel erringt einen gewaltigen Sieg – aufgrund der nationalen Buße.
Eine interessante Parallele zur heutigen Zeit: Die Situation in Israel ist wirklich eine Katastrophe. Sie führt die Regierung und das Volk in die Hoffnungslosigkeit. Wie kann dieses Problem gelöst werden?
Am 13. März wurde von Rabbinern in Israel und weltweit ein Buß- und Betag ausgerufen, der nun jedes Jahr am 13. März wiederholt werden soll. Wir haben vorgeschlagen, bestimmte Psalmen zu beten. Außerdem wurden Gebete aus dem Mahsor Jom Kippur empfohlen – dem Gebetsbuch für den Bußtag des Versöhnungstages. Diese Gebete sollen uns als Nation zur Buße führen und unsere Schuld vor Gott bringen.
Diese Auseinandersetzung – Palästina gegen Israel, Philisterland gegen Israel – führt das Volk schließlich zur Einsicht: Wir müssen umkehren. Im Heilsplan Gottes wird Israel noch eine wirkliche Umkehr und einen Überrest erleben, der dann die Befreiung durch den Messias erfährt.
Doch schon jetzt ist dieser Hoffnungsschimmer da: Das Bewusstwerden, dass wir als Nation umkehren müssen. Das „Wir“ wird sehr schön in 1. Samuel 7 dargestellt. Samuel opfert, es donnert am Himmel, Gott greift ein, und die Philister werden geschlagen. Israel erringt den Sieg.
Es ist interessant: Auf der Grundlage des Opfers erhält Israel Segen. Solange Israel als Nation das Opfer nicht anerkennt, wird es keinen Frieden geben. Das ist das Drama. Gott nutzt diese Ausweglosigkeit, um sein Volk zur Buße und zur Erkenntnis des Opfers zu führen.
Übrigens: Der Donner in Vers 10 heißt: „Und der Herr donnerte mit starkem Donner am selben Tag über die Philister und verwirrte sie.“
Was hat Samuels Mutter gebetet? In 1. Samuel 2,10 heißt es: „Der Herr wird zerschmettern, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern.“
Ihr Gebet zeigt prophetische Weitsicht: Der Herr wird die Enden der Erde richten, seinem König Macht verleihen und das Horn seines Gesalbten erhöhen.
Wir machen jetzt eine große Pause.