Wir haben also gesehen, in den Versen zwölf bis siebzehn, die Schändung des Opferdienstes durch die Söhne Elis. Im Zusammenhang damit steht der Kontrast in Vers achtzehn: „Und Samuel diente vor dem Herrn, ein Knabe.“ Gemeint ist hier ein ganz kleiner Knabe, umgürtet mit einem leinenen Ephod.
Hier zeigt sich der Gegensatz zwischen den Söhnen Elis und Samuel. Wir müssen uns bewusst sein, dass einer dieser Söhne je nach Verlauf der Zeit Hohepriester hätte werden können. Doch sie waren gottlose Menschen. In Vers 12 werden sie als „Söhne Belials“ bezeichnet. Ich habe das gestern schon erklärt im Zusammenhang mit dem Ausdruck „Tochter Belials“ in Kapitel 1, wo Hannah dem Hohenpriester klar macht, dass sie nicht eine Tochter Belials sei (Vers 16).
Der Ausdruck „Belial“ bedeutet „ohne Nutzen“, also ein nutzloser Mensch. Im Hebräischen drückt man Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie oft mit „Sohn“ oder „Tochter“ aus. Das ist für uns ungewohnt, aber in den semitischen Sprachen ist das völlig normal. So hat der Herr Jesus zum Beispiel zwei Jünger genannt, die sehr temperamentvoll waren: die „Donnersöhne“ (Markus 3). „Boanerges“ bedeutet eben, dass sie zur Kategorie der Explosiven gehören.
Auch im modernen Hebräisch gibt es dieses Sprachbild. Wenn man von einem dreistöckigen Haus spricht, sagt man „Haussohn von drei Stockwerken“. Das bedeutet, dass das Haus zur Kategorie der dreistöckigen Häuser gehört. Eine „Tochter Belials“ ist also eine Frau, die zur Kategorie der Menschen gehört, die ihre Lebensbestimmung böswillig verpassen. „Söhne Belials“ sind entsprechend Männer mit dieser Charakteristik.
Später in der Bibel wird der Ausdruck „Belial“, wie schon erwähnt, ausdrücklich in 2. Korinther 6 als Name des Teufels verwendet. Er ist derjenige, der Menschen von ihrer Ausrichtung auf den Schöpfer abbringen will, für den sie geschaffen sind. Er möchte, dass sie ihr Ziel verpassen. „Söhne Belials“ sind somit „Söhne des Satans“. Genau solche Priester waren die Söhne Elis.
Nebenbei möchte ich noch erwähnen, dass die Gabel mit den drei Zinken, die in Vers 13 genannt wird, zu den Tempelgeräten der Stiftshütte gehörte. Allerdings wird sie in der Beschreibung der Stiftshütte in 2. Mose 25-40 nicht erwähnt. Hier taucht sie jedoch beiläufig auf. Deshalb hat das Tempelinstitut in Jerusalem, das Mechon Hamikdash, das die Tempelgeräte für den kommenden dritten Tempel vorbereitet, auch diese Gabel bereits bereitgestellt. Im jüdischen Viertel der Altstadt, auf dem Nachbarhügel des Tempelbergs, kann man diese Gabel mit den drei Zinken sehen.
Wir sehen also Eli und seine „Söhne Belials“, seine Söhne, im Gegensatz zu Samuel, einem kleinen Jungen, der Unterstützung aus seinem Zuhause bekam – und zwar in die richtige Richtung. Seine Mutter kam zwar nur einmal im Jahr nach Shiloh, doch das war immer eine Gelegenheit, sich um den kleinen Jungen zu kümmern. Sie stattete ihn auch mit Kleidung für den Dienst aus. Sie bereitete immer ein Oberkleid für ihn vor, damit er seinen Dienst ordentlich ausüben konnte.
Diese Unterstützung war entscheidend. Gerade für Kinder, die in einer schlechten Umgebung aufwachsen, ist die Unterstützung der Eltern von großer Bedeutung. Darum ist auch das gemeinsame Mittag- und Abendessen in der Familie so wichtig. Es ist nicht einfach nur der Ort, an dem man notgedrungen etwas isst. Es ist der Moment, in dem ganz natürlich viel Austausch stattfindet. Hier kommen Themen zur Sprache, wie zum Beispiel, was in der Schule passiert ist, ohne dass dies genau geplant oder programmiert wird. Es geschieht spontan und angemessen, je nach den Bedürfnissen der Kinder.
Das ist entscheidend, damit Kinder in einer gottlosen Umgebung bestehen können. Das ist in unserer Gesellschaft ein großes Problem. Die Schule ist wirklich in die Gewalt widergöttlicher Kräfte geraten – etwas Unvorstellbares. Wie können Kinder da bestehen? Ganz wichtig ist die Haltung und Unterstützung der Eltern sowie der Austausch, der dabei geschieht.
Weiter sehen wir etwas Erstaunliches: Als Hannah nach Shiloh kam, wird hier gesagt, dass dies Jahr für Jahr geschah (Vers 19b). Sie ging mit ihrem Mann hinauf, um das jährliche Schlachtopfer zu opfern.
Was ist mit Penina? Sie wird nicht mehr erwähnt, und es wird nicht gesagt, dass sie in der Zwischenzeit verstorben ist. Es wäre jedoch denkbar, denn jetzt geht es nur noch um Hannah und Elkana.
Wir sehen auch, dass der Hohepriester den Segen spricht – und zwar für das Ehepaar, nicht mehr für die Polygamiefamilie. Eli segnete Elkana und seine Frau und sprach. Dann sehen wir, dass Hannah noch mehr Kinder bekam – unter dem Segen des Herrn. Ein schöner Ausdruck (Vers 21).
Und der Herr wandte sich Hannah zu. Warum? Weil sie sich dem Herrn zugewandt hatte. Dann wendet sich der Herr eben auch uns zu. Das ist ein göttliches Prinzip.
Wir können das mit anderen Worten noch unterstreichen, zum Beispiel durch 2. Chronik 15. In der Zeit von König Asa tritt ein Prophet auf. In 2. Chronik 15, Vers 1 heißt es: „Und auf Asaria, den Sohn Oded, kam der Geist Gottes, und er ging hinaus, aß sein Gegen und sprach zu ihm: Hört mich, Asa und ganz Juda und Benjamin! Der Herr ist mit euch, wenn ihr mit ihm seid.“
Das ist eine Bedingung. Der Herr ist nicht automatisch mit uns, sondern es hängt davon ab, ob wir uns bewusst entscheiden: Wir wollen mit dem Herrn sein. Weiter heißt es: „Und wenn ihr ihn sucht, wird er sich von euch finden lassen; wenn ihr ihn aber verlasst, wird er euch verlassen.“
Hannah hat den Herrn gesucht, und deshalb dieser Segen. Der Herr wandte sich Hannah zu. In ihrem Fall bedeutete das, dass diese einst unfruchtbare Frau nicht nur ein Kind bekam, sondern noch weitere Kinder haben durfte.
Es wird dann gesagt: „Und der Knabe Samuel wurde groß bei dem Herrn.“ Da wächst etwas heran, das in Vers 26 noch erstaunlicher umschrieben wird: „Der Knabe Samuel wurde immer größer und angenehmer, sowohl bei dem Herrn als auch bei den Menschen.“
Wir sehen, dass er ein alttestamentlicher Hinweis auf den Messias war. In Lukas 2, wo die Geburt und die erste Zeit nach der Geburt des Herrn Jesus beschrieben wird – bis zu seinem zwölften Lebensjahr – lesen wir Folgendes:
Lukas 2, Vers 40: „Das Kindlein aber wuchs und erstarkte, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade war auf ihm.“
Nachdem der Zwölfjährige in den Versen 41–51 beschrieben wird, heißt es im darauffolgenden Vers: „Und Jesus nahm zu an Weisheit und an Größe und an Gunst bei Gott und Menschen.“
Ganz klar eine Wiederaufnahme dieses Motivs – wenn ich mich musikalisch ausdrücke – bei Samuel. Es ist wie in der Musik, wo Motive, die wieder auftauchen, immer einen Erinnerungseffekt an einen früheren Moment haben.
So war Samuel als Kind schon ein Hinweis auf den kommenden Erlöser, auf den Shiloh. Und er war treu als kleiner Junge in Shiloh.
In den Versen 22 bis 25 wird beschrieben, wie die Söhne Elis nicht nur das Opfer Gottes schändeten und somit direkt Gottes Herrlichkeit angriffen, sondern auch das Volk Gottes durch Hurerei entweihten. Es ist unglaublich, wie es dem Teufel gelungen ist, im Haus Gottes einen moralischen Sumpf entstehen zu lassen. Diese Männer haben fortwährend Frauen missbraucht. Fast nicht zu glauben, dass der Ort des Gottesdienstes zum Ort der Verführung zu schwerer Sünde wurde.
Vers 22 sagt: „Und Eli war sehr alt, und er hörte alles, was seine Söhne in ganz Israel taten, nämlich dass sie bei den Frauen lagen, die sich scharten am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft.“ Was bedeutet das? Am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft versammelten sich Scharen von Frauen. Schlagen wir dazu 2. Mose 38,8 auf. Die Kapitel 25 bis 40 beschreiben den Bau der Stiftshütte, ihren Plan und die Ausführung. In 2. Mose 38,8 lesen wir: „Und er machte das Becken aus Kupfer und sein Gestell aus Kupfer aus den Spiegeln der sich scharenden Frauen, die sich scharten am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft.“
Daraus wird klar: Vor dem Vorhof der Stiftshütte war ein spezieller Platz, an dem Frauen zusammenkamen, um zu beten. Solche Frauen, die eigentlich den Herrn suchten, wurden von diesen Priestern zur Unzucht verführt. Und Eli griff nicht ein. Immer wieder wird gesagt, Eli habe seine Erziehungsaufgabe gegenüber seinen Söhnen nicht erfüllt. Aber wir müssen uns klar machen: Die Söhne waren erwachsen. Erwachsene Kinder zu erziehen und Strafmaßnahmen durchzuführen, ist nicht der richtige Moment.
Natürlich muss man Kinder erziehen, aber nicht die Erwachsenen. Erwachsene Kinder darf man beraten, und man muss immer darauf achten, den gebotenen Abstand zu wahren. Das ist schwierig, denn man liebt seine Kinder, und wenn man sieht, dass sie in eine falsche Richtung gehen, möchte man am liebsten alles für sie ordnen und entscheiden. Das geht aber nicht. Beratung ja, aber man muss bedenken, dass in 1. Mose 2,24 ein Grundsatz steht: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen.“ Das gehört zum Erwachsenenalter. Der Mann verlässt die Eltern, hängt sich an seine Frau, und die zwei werden ein Fleisch. Das heißt, die Ehe ist eine neue Einheit und muss von den Eltern abgelöst sein.
Wird diese Ablösung nicht vollzogen, entsteht oft eine Quelle vieler Probleme, die es gar nicht geben müsste, aber sehr verbreitet sind. Es ist erstaunlich, dass selbst C. G. Jung – obwohl er ein gottloser Mann war und seine Tiefenpsychologie voller Esoterik und gefährlicher Elemente ist – beobachtete, dass ein Großteil erwachsener Männer nicht von zuhause abgelöst ist. Das ist immer wieder ein Problem.
Biblisch sehen wir das zum Beispiel bei Abraham. Abraham war mit Sarah verheiratet und lebte in Ur in Chaldäa (1. Mose 11, die letzten Verse). Eines Tages kam der Ruf Gottes, sein Vaterhaus zu verlassen und in das Land zu gehen, das Gott ihm zeigen würde. Abraham war gehorsam, sagt Hebräer 11, und zog sofort aus. Doch wenn wir 1. Mose 11 am Schluss lesen, sehen wir, dass Terach Abraham und Sarah mitnahm. Sie zogen bis Haran. Der Vater von Abraham übernahm sogar die Führung. Dabei hatte Gott ausdrücklich gesagt: „Geh aus deines Vaters Haus.“ Das heißt, Abraham hätte Terach verlassen müssen. Doch Terach kam mit und leitete sogar die Reise.
Sie gingen bis nach Haran, über den sogenannten Fruchtbaren Halbmond. Der direkte Weg nach Kanaan wäre durch die Wüste gefährlich gewesen und hätte leicht tödlich enden können. Deshalb nahm man den fruchtbaren Euphratlauf nach Norden bis Haran, dem heutigen Südosten der Türkei. Dort blieben sie hängen. Abraham erreichte sein Ziel nicht. Erst als Terach in Haran starb, zog Abraham weiter und kam schließlich ins Land. Er war damals fünfundsiebzig Jahre alt. Man darf also nicht denken, er sei als Zwanzigjähriger ausgezogen. Der Vater hatte immer noch alles geleitet, und das ist nicht biblisch.
Die Ablösung ist wichtig. Aber warum wird Eli vorgeworfen, er habe seine Verantwortung nicht wahrgenommen? Er war oberster Richter Israels als Hoherpriester. Schlagen wir 5. Mose 17 auf und lesen ab Vers 8: „Wenn dir eine Sache zwischen Blut und Blut, zwischen Rechtssache und Rechtssache und zwischen Verletzung und Verletzung zu schwierig ist zum Urteil, irgendwelche Streitsachen in deinen Toren, so sollst du dich aufmachen und an den Ort hinaufziehen, den der Herr, dein Gott, erwähnen wird.“
Das heißt, wenn ein Gerichtsfall für die Richter einer Stadt mit Stadtmauer zu schwierig ist, müssen sie die Sache zum höchsten Gericht weiterleiten. Dieses höchste Gericht sollte an dem Ort sein, den der Herr auserwählen wird. Dieser Ort wird in 5. Mose 21 mehrfach erwähnt, aber nie mit Namen genannt. In der Erfüllung war das zuerst Schilo für Jahrhunderte und später Jerusalem – der Ort, den der Herr erwählen wird.
In Vers 9 heißt es: „Und du sollst zu den Priestern, den Leviten, kommen, und zu dem Richter, der in jenen Tagen da sein wird, und dich erkundigen, und sie werden dir den Rechtsspruch verkünden. Und du sollst entsprechend dem Spruch tun, den sie dir verkünden werden, von jenem Ort aus, den der Herr erwählen wird, und sollst darauf achten, nach allem zu tun, was sie dich lehren werden.“
Wir sehen also, der oberste Richter wird an dem ausgewählten Ort sein. Das war Schilo, und der oberste Richter war der Hohepriester. Weitere Priester dort sollten den obersten Gerichtshof bilden. Das ist die biblische Grundlage für den Sanhedrin oder Synedrion im Neuen Testament. Dieser bestand aus insgesamt 71 Richtern – 70 Richter und an der Spitze der Hohepriester. Das war biblisch gesehen die Regierung, die Gott verordnet hatte und der man Gehorsam leisten musste.
Der Richterspruch war ganz definitiv. Vers 10 sagt: „Und du sollst entsprechend dem Spruch tun, den sie dir verkünden werden, von jenem Ort aus, den der Herr erwähnen wird, und du sollst darauf achten, nach allem zu tun, was sie dich lehren werden, entsprechend dem Gesetz, das sie dich lehren, und nach dem Recht, das sie dir sagen werden, sollst du tun. Von dem Spruch, den sie dir verkünden werden, sollst du weder zur Rechten noch zur Linken abweichen.“
Nun wird es noch strenger: „Der Mann aber, der mit Vermessenheit handelt, dass er auf den Priester, der da steht, um den Dienst des Herrn, deines Gottes, dort zu verrichten, oder auf den Richter nicht hört, dieser Mann soll sterben. Und du sollst das Böse aus Israel wegschaffen, und das ganze Volk soll es hören und sich fürchten und nicht mehr vermessen sein.“
Es stand also die Todesstrafe, wenn man diesem Gerichtshof nicht gehorchte. Eli war der oberste Richter in Schilo und muss als solcher, nicht als Vater, seine Söhne zur Rechenschaft ziehen. Das tat er nicht. Zwar sagte er: „Warum tut ihr solche Dinge?“ Er war nicht einverstanden, aber er ging nicht in seiner Verantwortung dagegen vor und wurde so schwer mitschuldig an der Sünde seiner Söhne.
Es geht also nicht darum, dass er als Vater versagt hat, sondern dass er als Richter versagt hat. Die Frage ist, wie das früher mit der Erziehung war. Das wird hier nicht ausdrücklich gesagt, aber wir müssen befürchten, dass er schon früher als Vater nicht genügend konsequent war.
Noch etwas zu 5. Mose 17: Der Ausspruch des Sanhedrins ist absolut bindend, und es steht die Todesstrafe, wenn man den Ausspruch dieser Richter nicht befolgt. Das macht die ganze Situation sehr dramatisch. Denken wir an die Apostelgeschichte, wo Johannes und Petrus vor den Sanhedrin kommen. Der Sanhedrin beschließt, dass sie nicht mehr im Namen Jesu sprechen dürfen. Diese beiden Israeliten sagen daraufhin nicht, dass sie den Sanhedrin nicht anerkennen, sondern fragen: „Ob es recht ist, auf euch mehr zu hören als auf Gott?“ Damit machen sie klar, dass der Sanhedrin etwas beschlossen hat, das ganz klar gegen das Wort Gottes verstößt. Deshalb hatten sie das Recht zu sagen: „Das tun wir nicht.“ Interessant ist, dass sie damit den Sanhedrin als Regierung nicht aberkannten, sondern nur in diesem Punkt sagten, sie dürften nicht gehorchen, weil sie sich sonst versündigen würden.
Es ist sehr interessant zu sehen, wie absolut hier der Gehorsam gefordert wird, aber in Vers 11 steht: „Entsprechend dem Gesetz, das sie dich lehren.“ Und das war nicht entsprechend dem Gesetz, denn sie mussten Zeugen von der Auferstehung und vom Herrn Jesus, dem Messias, sein.
Nun sehen wir, wie ungehorsam die Söhne Elis sind. Vers 25 am Schluss sagt: „Aber sie hörten nicht auf die Stimme ihres Vaters.“ Was steckt dahinter? Ihre Herzen waren verhärtet. Es heißt weiter: „Denn der Herr war willens, sie zu töten.“ Das bedeutet, dass die Gnadenzeit für sie vorbei war.
Gott gibt jedem Menschen die Gelegenheit, sich zu bekehren. Das sehen wir eindrücklich beim Pharao in Ägypten. Dort verhärtet sich sein Herz sechsmal, und beim siebten Mal heißt es, dass Gott sein Herz verhärtet. In 2. Mose 9,12 lesen wir: „Und der Herr verhärtete das Herz des Pharao, und er hörte nicht auf sie, so wie der Herr zu Mose geredet hatte.“
Gott wusste das zwar im Voraus. Schon zuvor sprach Gott davon, dass der Pharao nicht hören wird und dass er schließlich gerichtet werden wird. Das ist Gottes Vorkenntnis. Der Pharao war aber nicht prädestiniert, sich zu verhärten und verloren zu gehen. Gott gab ihm Gelegenheit, umzukehren. Sechsmal wird beschrieben, wie sein Herz verhärtet wurde, und beim siebten Mal verhärtete Gott es endgültig.
In Kapitel 10, Vers 35 steht: „Und das Herz des Pharao verhärtete sich, und er ließ die Kinder Israel nicht ziehen.“ Das geht weiter und weiter. Ab dem siebten Mal hatte er keine andere Möglichkeit mehr. Die Gnadenzeit war beendet.
Die Gnadenzeit des Menschen endet spätestens mit dem Tod. Nach dem Tod ist keine Bekehrung mehr möglich. Hebräer 9,27 sagt: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“ Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass die Gnadenzeit schon zu Lebzeiten endet.
Wir müssen nicht herausfinden, wann das geschieht. Wir müssen für Menschen beten, solange wir können. Aber wir lernen: Es gibt ein Zu-Spät. Beim siebten Mal war das Herz des Pharao verhärtet, doch vorher hätte er sich bekehren können. Er wollte es nicht. Dann kam der Moment, in dem das Herz endgültig verhärtet wurde.
Dasselbe sehen wir bei den Söhnen Elis. Sie haben sich so dem Bösen hingegeben, dass der Moment kam, an dem sie nicht mehr auf die Stimme ihres Vaters hörten. Denn der Herr war willens, sie zu töten. Das Gericht sollte über sie kommen.
Noch zum Thema der Frauen, die sich am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft versammelten: Ich habe bereits erklärt, dass die Stiftshütte nur aus einem Vorhof bestand, der insgesamt sehr klein war. In Chilo wurde jedoch eine zusätzliche Mauer als Schutzmauer hinzugefügt. Dadurch entstand ein heiliger Bezirk mit Mauern, der sehr lang war – mehrere hundert Meter von Osten nach Westen ausgerichtet, wie schon erläutert.
Da die Frauen weiterhin, wie schon zur Zeit Mose, am Eingang zum Vorhof zum Gebet zusammenkamen, befanden sie sich nun in einem eingemauerten Bereich. Dieser Bereich stellte bereits einen zusätzlichen Vorhof dar, der vorne angehängt war.
Im Zweiten Tempel, zur Zeit des Herrn Jesus, bestand der Tempel in Jerusalem zur Zeit der Evangelien aus einem innersten Vorhof mit dem goldenen Haus. Die Rabbiner nannten diesen inneren Vorhof „das Lager der Schechina“. Schechina ist die Bezeichnung bei den Rabbinern für die Herrlichkeit des Herrn, also die Wolke, die über der Stiftshütte war – tagsüber als Wolke und nachts als Feuersäule.
Der innerste Vorhof wurde „das Lager der Schechina“ genannt, um an die Stiftshütte zu erinnern. Vor diesem inneren Vorhof war ein weiterer Vorhof angeschlossen, den man „den Vorhof der Frauen vor dem Nicanortor“ nannte. Dieses Nicanortor war etwas ganz Besonderes. Obwohl es hier offen gezeigt wird, ist es mit dem Pointer gut sichtbar. Man kann vom Frauenvorhof direkt hineinblicken und sieht den Brandopferaltar vor dem Eingang zum Tempelhaus.
Dieses Tor war gigantisch und aus korinthischer Bronze gefertigt. Es galt als das schönste Tor des ganzen Tempels. Die anderen Tore waren mit Silber und Gold versehen. Obwohl das Nicanortor aus Bronze war, wurde es als schöner als alle anderen Tore angesehen.
Der Bereich vor dem innersten Vorhof war also der Vorhof der Frauen. Dieser wurde in Analogie zu den Frauen gebaut, die sich am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft versammelten.
Hier ein Blick in den Frauenvorhof, der jetzt besser sichtbar ist als zuvor. Man sieht die fünfzehn halbkreisförmigen Treppen vor dem Nicanortor, die nun besser erkennbar sind. Dort waren die professionellen Sänger des Priesterchors und des Orchesters angeordnet, der Dirigent stand davor.
An den großen Festtagen – Pessach, Pfingsten und Laubhüttenfest – wenn alle Israeliten nach Jerusalem kommen mussten, wurden dort die Psalmen aufgeführt. An normalen Tagen hatten die Sänger einen speziellen Platz in der Nähe des Altars im Innenvorhof. Bei den großen Festen waren im Frauenvorhof jedoch nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer versammelt.
Oben sieht man Galerien, die exklusiv für die Frauen reserviert waren. Bei den großen Festen gingen die Frauen auf diese Galerien und hatten von dort eine wunderbare Sicht auf den innersten Vorhof, die Opfer auf dem Brandopferaltar und den Eingang des Tempelhauses.
Dieser Vorhof war gewissermaßen die Synagoge unter freiem Himmel im Tempel, wo die Gottesdienste stattfanden. Alles geht eigentlich zurück auf den zweiten Mose und den ersten Samuel.
Warum gibt es fünfzehn halbkreisförmige Treppen? Das sollte eine Analogie zu den 15 Stufenliedern in Psalm 120 bis 134 sein. Diese Psalmen sind mit „Stufenlieder“ überschrieben. Das ist ein Wortspiel: Ma'alot bedeutet einerseits Stufe oder Treppe, andererseits auch „hinaufziehen“, also die Reisen hinauf nach Jerusalem.
Diese 15 Lieder wurden jeweils mit Flötenbegleitung gesungen, wenn man aus allen Orten Israels zu den großen Festen nach Jerusalem hinaufzog. Die Treppen, die das Podium für den Chor und das Orchester bildeten, sollten daran erinnern. Davor stand der Dirigent.
In den Psalmen gibt es immer wieder in den Überschriften den Ausdruck „für den Vorsänger“. Ein Psalm von zum Beispiel David ist für den Vorsänger bestimmt. Der Vorsänger ist der Menazer, was auch im modernen Hebräisch „Dirigent“ bedeutet. Eigentlich heißt Menazer „der Überwinder“.
Warum? Weil er den Eigenwillen des Orchesters überwinden muss. Er gibt den Satz an und bestimmt, wo man etwas verlangsamt, das Ritardando. Er führt das Orchester. Die Musiker und Sänger dürfen nicht eigenmächtig entscheiden: „Ich finde es schön, wenn wir das im Rhythmus durchziehen.“ Nein, damit der Ausdruck wirklich in die Tiefe geht, wird hier eine Verlangsamung angeordnet. Danach geht es wieder im Tempo weiter.
Der Dirigent bestimmt also, wann a tempo gespielt wird. So muss er den Eigenwillen der Musik überwinden.
Wir gehen weiter zu Vers 27: Und es kam ein Mann Gottes zu Eli und sprach zu ihm: So spricht der Herr, habe ich mich dem Haus deines Vaters nicht deutlich offenbart?
Mit „Vater“ ist hier sein Vorvater Aaron gemeint, von dem er abstammte. Der Herr sagt: Habe ich mich dem Haus deines Vaters nicht deutlich offenbart, als sie in Ägypten waren, im Haus des Pharao? Ich habe ihn aus allen Stämmen Israels mir zum Priester erwählt, um auf meinem Altar zu opfern, um Rauch und Räucherwerk zu räuchern und um das Ephod vor mir zu tragen.
Ich gab dem Haus deines Vaters alle Feueropfer der Kinder Israel. Warum tretet ihr mit Füßen mein Schlachtopfer und mein Speisopfer, die ich in der Wohnung geboten habe? Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, sodass ihr euch mästet von den Erstlingen aller Opfergaben Israels, meines Volkes.
Man sieht, dieser Prophet sagt zu Eli: Nicht nur deine Söhne, sondern ihr mästet euch. Eli hat das zwar nicht selbst gesucht und dieses Unrecht nicht direkt begangen, aber er hat es gewähren lassen. Dadurch hatten sie Überfluss an Fleisch, und natürlich musste auch der hohe Priester mitessen. So wurde er immer dicker.
Der Herr sagt selbst: „Ihr habt euch gemästet.“ Das ist nicht normales Essen. Es gibt normales Essen und es gibt Mästen – und das ist falsch. Das Gegenteil ist, sich nicht genügend zu ernähren. Beides ist ein Problem.
Die Hilfe, um hier das richtige biblische Gleichgewicht in der Ernährung zu finden, finden wir sehr schön im Buch des Predigers. Dort lesen wir in Kapitel 2, Vers 24: „Es gibt nichts Besseres für den Menschen, als dass man esse und trinke und seine Seele Gutes sehen lasse bei seiner Mühe. Ich habe gesehen, dass auch das von der Hand Gottes abhängt, denn wer kann essen und wer kann genießen getrennt von mir?“
Im Buch Prediger geht es um die Mühen im Leben und die vielen Enttäuschungen, die es gibt. Aber dieses Buch ist nicht einfach ein pessimistisches Buch, denn es ist so aufgebaut, dass es aus einer ganzen Serie von Teilen besteht – insgesamt aus einer Einführung und neun Aufsätzen. Immer am Schluss dieser neun Aufsätze steht das Thema Freude.
Beim neunten Aufsatz gleich am Anfang heißt es: Das Buch ist voll von Freude. Es zeigt, wie ein Mensch in dieser gefallenen Schöpfung wirklich Freude erleben kann. Dabei wird auch gezeigt, wie Salomo sich vom Herrn entfernt hatte und versuchte, den Sinn des Lebens in den irdischen Freuden zu finden. Er sagt, das hat überhaupt nichts gebracht.
Dann erklärt er aber, dass man in Gemeinschaft mit dem Herrn diese Dinge mit Dank aus seiner Hand nehmen darf. Darum sagt er hier, Prediger 2,24: „Es gibt nichts Besseres für den Menschen, als dass man esse und trinke und seine Seele Gutes sehen lasse bei seiner Mühe. Ich habe gesehen, dass auch das von der Hand Gottes abhängt.“
In ein paar Minuten werden wir am Tisch sitzen und essen. Und wenn man das mal weglässt, wenn sich jemand sagt: „Ja gut, das Essen ist jetzt auch nicht so wichtig“, dann merkt man plötzlich, wie wichtig es doch ist.
Hier können wir einfach an den Tisch gehen, alles ist da. Aber wenn wir zuhause sind, muss man viel Zeit aufwenden, um die Rohstoffe einzukaufen. Und um diese Rohstoffe überhaupt einkaufen zu können, muss man schon viel gearbeitet haben. Wenn man die Rohstoffe zuhause hat, muss man sie zuschneiden.
Es ist unglaublich, wie viel Zeit es braucht, bis die Tomaten in der Form sind, dass sie passend sind für das, was man gerne möchte – und dann das und das und das. Der Aufwand ist sehr groß.
Und wir haben nicht nur ein Essen. In unserer Kultur sind wir eher gewohnt, Frühstück, Mittagessen und Abendessen zu haben. Das braucht so viel Zeit – und danach das Abräumen und Abwaschen auch.
Wenn wir darüber nachdenken, wie viel Zeit wir nur für das Thema Essen brauchen, wird das deutlich. Aber wir haben auch gesehen, dass Essen gerade in der Familie mit anderen zusammen etwas sehr Wichtiges ist, weil dort ganz entscheidende Dinge im Familienleben geschehen.
Darum, schon vor Jahrzehnten, als es in Amerika begann, dass Familien gar nicht mehr miteinander essen, sondern jeder sein Fastfood in der Mikrowelle zubereitet und für sich alleine isst, während der Fernseher läuft, und dann nach einer Viertelstunde kommt ein anderer und macht sein Essen – das macht überhaupt keinen Sinn. Es zerstört ganz Wesentliches, das gerade im gemeinsamen Essen geschieht.
Deshalb wird das hier so hoch eingestuft. Salomo sagt: „Ich habe gesehen, dass auch das von der Hand Gottes abhängt, denn wer kann essen und wer kann genießen getrennt von mir?“ So steht es wörtlich im Hebräischen.
Salomo zitiert hier eigentlich Gott, der spricht: „Denn wer kann essen und wer kann genießen getrennt von mir?“ Der wahre Genuss irdischer Dinge entsteht, wenn wir sie bewusst aus der Hand des Herrn nehmen. Dann können wir etwas Schönes erleben.
Ich rede jetzt vom Essen, aber es gibt ja noch viele andere schöne Dinge im Leben. Wenn wir diese bewusst aus der Hand des Herrn nehmen, können wir sie richtig genießen. Dann ist es nie ein Mästen oder Schlemmen.
Es ist auch keine feindliche Haltung zum Essen nötig, in der man denkt: „Super, noch dünner, noch dünner“, bis es krankhaft wird. Das ist auch ein gestörtes Verhältnis zu dem, was Gott uns gegeben hat – das richtige Maß.
Wir müssen das verurteilen, wie bei dem Mann, der mit 98 so schwer war, dass es seinen Tod bedeutete. Ebenso verurteilen wir das andere Extrem. Ich habe das auch in der Seelsorge angewendet, wenn es um Magersucht ging, um von der Bibel her wieder zu sehen, was die Bedeutung des Essens ist und dass Gott möchte, dass wir Freude am Essen haben.
So bekommen wir ein gesundes Verhältnis. Das war ein kurzer Exkurs zu dem Ausdruck „mästen“ in 1. Samuel.
Ich möchte noch kurz weiterlesen. In Vers 30 sagt der Prophet:
„Darum spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe zwar gesagt, dein Haus und das Haus deines Vaters sollen vor mir wandeln in Ewigkeit. Aber nun spricht der Herr: Fern sei es von mir! Denn die, die mich ehren, werde ich ehren, und die, die mich verachten, werden gering geachtet werden.
Siehe, Tage kommen, da werde ich deinen Arm und den Arm des Hauses deines Vaters abhauen, sodass es keinen Greis mehr in deinem Haus geben wird. Du wirst einen Bedränger in der Wohnung sehen, in allem, was er Gutes tun wird an Israel.
Es wird keinen Greis mehr in deinem Haus geben alle Tage. Und der Mann, den ich dir nicht ausrotten werde von meinem Altar, wird zum Erlöschen deiner Augen und zum Verschmachten deiner Seele sein. Und aller Nachwuchs deines Hauses – sie sollen als Männer sterben.
Dies soll das Zeichen sein, das über deine beiden Söhne kommen wird, über Hofni und Pinehas: An einem Tag sollen sie beide sterben.
Ich werde mir jedoch einen treuen Priester erwecken, der tun wird, wie es in meinem Herzen und in meiner Seele ist. Ich werde ihm ein beständiges Haus bauen, und er wird vor meinem Gesalbten wandeln alle Tage.
Es wird geschehen, dass jeder, der in deinem Haus übrig bleibt, kommen wird, um sich vor ihm niederzuwerfen für eine kleine Silbermünze und einen Laib Brot. Und er wird sagen: Geselle mich doch einem der Priesterämter bei, damit ich ein bisschen Brot esse.“
Ein namenloser Prophet – es ist nicht wichtig, wer es war, wichtig ist die Botschaft vom Herrn. Er kündigt Eli und seiner Priesterdynastie das Gericht Gottes an.
Da fahren wir dann heute Nachmittag weiter.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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