Die Unsicherheit der Welt und die Haltung des Weisen
Und wenn ein Baum nach Süden oder nach Norden fällt, an dem Ort, wo der Baum fällt, da bleibt er liegen. Wer auf den Wind achtet, wird nicht säen, und wer auf die Wolken sieht, wird nicht ernten.
Genauso wie du nicht weißt, welchen Weg der Wind nimmt, wie sich die Gebeine im Leib der Schwangeren bilden, so weißt du auch das Werk Gottes nicht, der alles wirkt. Am Morgen säe deinen Samen, und am Abend ziehe deine Hand nicht ab, denn du weißt nicht, welches gedeihen wird – ob dies oder jenes oder beides zugleich gut werden wird.
Nun, wir haben in diesem zusammenhängenden Abschnitt, eben von Kapitel neun Vers elf bis Kapitel elf Vers acht, gesehen, dass die Welt eine unsichere Welt ist. Wir können uns nicht gegen alle Eventualitäten absichern – eine prekäre Welt, in der wir leben.
Hier sehen wir, welche Folgerung der Weise daraus zieht. Der Tor zieht daraus die Folgerung: In dem Fall muss ich schauen, dass ich das, was ich habe, was ich besitze, mir sichere und merke und so Vorsorge für den kommenden Tag treffe, der ein Tag der Not sein kann. „Spare in der Zeit, so hast du in der Not.“
Der Weise urteilt aber ganz anders. Er sagt: Wenn die Welt schon so unsicher ist, dann ist doch der ein Tor, der versucht, das Festzuhalten, was er ohnehin verlieren wird. So ist der Weise derjenige, der das, was er hat, hergibt und mit freigebiger Hand austeilt.
Das gilt einmal für alle materiellen Güter. Wir haben ja schon einige Male gelesen, dass Gott Reichtum gibt, damit wir ihm danken, dass wir seiner Hand nehmen, wem er gibt, und damit wir mit offener Hand mitteilen und denen geben, die bedürftig sind.
Die geistliche Dimension des Gebens und Säens
Aber diese Verse weisen auch über diese Zeit und über diese Welt hinaus. Wenn wir diese Verse lesen, kommen wir gar nicht umhin, an die Worte dessen zu denken, der größer ist als Salomo. Er hat ebenfalls vom Sämann, vom Säen, vom Wind und von der Geburt im gleichen Zusammenhang gesprochen – genauso wie Salomo hier.
So denken wir beim Brot, „wirf dein Brot hin auf die Wasser“, natürlich auch an die Arbeit des Evangelisten. Dazu müssen wir wissen, dass mit Brot hier das Korn gemeint ist, das zu Brot wächst. Brot wird nämlich im Alten Testament manchmal so verwendet. Zwei Stellen dazu sind Hiob 28,5: Dort sagt Hiob: „Die Erde, aus ihr kommt Brot hervor.“ Und Jesaja 28,28: Dort nennt er das Korn, also den Weizen, Brotkorn.
Wenn also Salomo sagt: „Wirf dein Brot hin auf die Fläche der Wasser“, verwendet er einen Vergleich – genau den Vergleich des Sämanns, der das Brot, also das Korn, auf die durch den Frühregen bewässerten Flächen wirft.
Nun kann es Notzeiten geben, und jeder Bauer hat das erlebt – im Altertum sicher noch viel häufiger, als der Mensch damals mehr vom Wetter abhängig war. Vielleicht hat er dann nur noch sehr wenig Getreide, nur einen Sack. Und er muss sich fragen: Wie viel soll ich davon selber essen und wie viel soll ich aussäen? Er würde lieber satt werden, genügend Essen haben, vielleicht sogar einmal Kuchen backen von seinem Korn.
Wenn er aber weise ist, wird er verzichten. Das, was er in der Hand hat, gibt er her, wirft es scheinbar verloren weg – im Vertrauen darauf, dass daraus eine reiche Ernte wächst. Und ihm ist eine Ernte verheißen, wie es in 2. Korinther 9,6 heißt: „Wer reichlich sät, wird auch reichlich ernten.“
2. Korinther 9,6 sagt weiter: „Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten; wer segensreich, also freigebig sät, wird auch segensreich ernten.“ Und im Vers 10 steht: „Der aber Samen darreicht dem Sämann und Brot zur Speise.“ Paulus verwendet also die gleichen Gedanken: Das, was du hast, gib her!
So finden wir hier eine ganz überraschende Antwort auf die Frage, die Salomo ganz am Anfang des Buches stellte: Was hat der Mensch für einen Gewinn bei all seinem Tun, bei all seiner Mühe unter der Sonne? Hier bekommen wir eine Antwort darauf, wie wir bei unserem Tun gewinnen können – und zwar gewinnen wir, indem wir verlieren, indem wir hergeben, preisgeben, weggeben: unseren Besitz, unsere Zeit, uns selbst – hergeben zum Wohl anderer.
Das ist wirklich Gewinn. Übrigens sind diese Verse, die wir jetzt gelesen haben, auch eine erneute Absage an jeglichen Fatalismus. Wirf deinen Samen aufs Feld! Gib ihn aus der Hand. Du verlierst zuerst, aber darin liegt Gewinn.
Die doppelte Blickrichtung des Weisen: Gott und Nächstenliebe
Nun haben wir in dem Buch Prediger deutlich gesehen, wie der Blick nach oben, also zum Schöpfer aller Dinge, zum Gott, der über der Sonne steht, der Schlüssel ist, um in einer Welt, die sonst nur eitel ist, dennoch Freude zu finden.
Jetzt finden wir hier eine zweite Blickrichtung, die den Weisen kennzeichnet: Er schaut hinauf zu seinem Gott, er lebt für seinen Gott und für das Wohl seiner Mitmenschen, für die Geschwister. Diese doppelte Blickrichtung des Weisen entspricht im Übrigen der doppelten Forderung des Gesetzes: Gott zu lieben und den Bruder, den Nächsten wie sich selbst.
In Vers 2 heißt es: Gib deinen Teil an sieben, ja sogar an acht. Zähle also nicht genau ab, was du hast und wie viel du bereits gegeben hast. Gib dem, der noch mehr braucht – sechs, sieben, acht. Zähle nicht nach, gib einfach her. Du wirst es nach vielen Tagen wiederfinden.
Galater 6,9 sagt: Lasst uns im Gutes tun nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten.
Vers 3 wiederholt den Gedanken aus Vers 2. Es ist häufig so, dass derselbe Gedanke zweimal hintereinander ausgedrückt wird, wobei der Vergleich oder das Bild variiert, um uns die gleiche Wahrheit noch einmal deutlich zu machen. Also: Gib einen Teil an sieben, sogar an acht. Was du hast, gib her.
Salomo verweist auch auf die Wolken. Wer heute Morgen früh wach war, konnte es erleben: Die Wolken waren voll Regen und haben diesen ausgeschüttet. Sie behalten das Wasser nicht für sich, sondern bewässern die Erde. Wenn die Wolken voll Regen sind, entleeren sie sich auf der Erde, sie geben her, was sie haben. So hat es der Schöpfer verordnet.
Dann steht in Vers 2: Du weißt nicht, welches Unglück sich auf der Erde ereignen wird. Wir wissen nicht, wie lange der Nachbar noch lebt. Such ihn auf, sprich mit ihm vom Herrn, rede zu seinem Herzen. Du weißt nicht, welches Unglück sich ereignen wird.
Ebenso heißt es in Vers 3: Wenn die Wolken voll Regen sind, entleeren sie sich. Gib her, was du hast, denn wenn der Baum gefallen ist, bleibt er liegen – dann kannst du nichts mehr daran ändern.
In Vers 4 heißt es: Wer auf den Wind achtet, der wird nicht säen.
Wenn wir ständig auf Wind und Wolken starren und auf die günstige Zeit warten, auf eine günstige Entwicklung, oder wenn wir sagen: „Zuerst muss Gott wirken, der Heilige Geist muss wirken, er muss führen“, und wenn Gott nicht wirkt, passiert sowieso nichts – dann müssen wir warten, bis Gott wirkt.
Gottes Wirken und menschliches Handeln
Nun, natürlich glauben wir, dass Gott alles wirkt. Das steht auch in Vers 5. Ebenso weißt du, dass das Werk Gottes alles bewirkt. Aber wenn uns das dazu verleitet, passiv zu bleiben, haben wir dann irgendetwas nicht verstanden?
Natürlich wirkt Gott alles. Natürlich ist Gott derjenige, der den Samen wachsen lässt. Aber der Bauer muss pflügen, und der Bauer muss säen. Der Gott, der eine Ernte verheißt, hat auch den Weg genannt, auf dem er die Ernte wachsen lässt, nämlich über das Pflügen und Säen.
So sollen wir nicht die günstige Zeit abwarten. Die günstige Zeit ist nämlich immer da. Die günstige Zeit ist jetzt.
2. Timotheus 4,2 sagt: Predige das Wort, halte daran in gelegener und ungelegener Zeit. Das heißt, wenn es dir gelegen kommt, aber auch dann, wenn es dir nicht gelegen kommt.
Und dann Vers 5.
Wer könnte hier übersehen, dass Salomo von genau derselben Sache redet? Oder anders gesagt: Wer könnte hier übersehen, dass der Herr von genau dieser gleichen Sache spricht, wenn er mit Nikodemus über Wind und Geburt redet?
So verweist dieses Kapitel tatsächlich auf etwas Höheres als auf diese Schöpfung. Es verweist auf die Ewigkeit, auf Gott, der eine neue Geburt schenkt, zu einer neuen Schöpfung.
Da steht: Gleichwie du nicht weißt, was der Weg des Windes ist. Und Herr Jesus sagt genau das zu Nikodemus: Du merkst nur, wie der Wind durch die Blätter rauscht. Man hört ihn, man sieht ihn, aber woher er kommt und wohin er geht – das ist ein einziges Rätsel.
Es versteht es niemand wirklich zu erklären, warum es Winde gibt. Nach allen Theorien der Physik müsste sich doch ein Ungleichgewicht langsam auspendeln. Das Ungleichgewicht, also die Druckunterschiede, das Druckgefälle in der Atmosphäre, müsste sich doch irgendwie ausgleichen. Aber es gleicht sich nie aus. Winde entstehen immer wieder. Winde, Stürme – und wir können uns das nicht erklären.
Nun, der Gläubige weiß es: Es ist der Schöpfer, der die Winde sendet. Aber wir wissen nicht, woher er in der Schöpfung kommt und wohin er geht.
Und genau so sagt hier Salomo: Du weißt nicht, was der Weg des Windes ist, und du weißt nicht, wie die Gebeine im Leib der Schwangeren sich bilden. Das ist ein einziges Rätsel.
Natürlich haben wir das jetzt ein Stück weit beobachten können: Die Samenzelle verschmilzt mit der Eizelle. Aber jede Frage, die wir an die Schöpfung oder an die Natur stellen – wie manche so sagen – wird beantwortet. Doch jede Beantwortung einer Frage zeigt uns, dass es noch mehr Rätsel gibt. Sie weckt neue Fragen, die noch schwerer zu beantworten sind.
Und das ist ja ein Wunder: Wie aus Samenzellen und Eizellen, wie sie verschmelzen, dann beginnt ein Mensch zu wachsen. Wenn man es beobachtet, sieht man Zellen, die wachsen. Und gleichzeitig wächst eine Seele, nicht einfach Fleisch. Eine Seele, ein Mensch, ein Geist, ein Ich, eine Identität – das sind Wunder, die unser Denken übersteigen.
Wenn das schon für die natürliche Schöpfung gilt, wie viel mehr gilt es für die geistliche Schöpfung, für die Neuschöpfung? Da ist das Wunder noch viel größer.
Wer vermag das von uns zu durchschauen und zu begreifen, wie der Same des Wortes in das Herz eines Menschen fällt? Etwas so Kompliziertes wie das Herz eines Menschen gibt es gar nicht. Es ist so kompliziert, dass wir es selbst nicht erkennen, sagt Jeremia, Jeremia 17,9.
Und wie das geschieht, dass der Same des Wortes in ein Menschenherz fällt, ein widerspenstiges Herz willig und empfänglich wird, und dann etwas Unerklärbares geschieht: Das Leben Gottes wird in das Leben eines Menschen hineingelegt, und dann beginnt das Leben Gottes zu wachsen.
Wer will erklären, wie das vor sichgeht? Wann genau es passierte? Woran es lag?
Wenn wir einfach darüber nachgrübeln, können wir uns darin verlieren. Wir werden die Zeit verschlafen und nie das Evangelium gepredigt haben. Dann wird das Korn in unseren Speichern verrotten, die Zeit der Ernte ist längst vorbei, und der Same wurde nie gesät.
Anbetung und Auftrag angesichts göttlicher Wunder
Und darum ist es unser Geschäft, angesichts dieser Wunder Gottes stillzustehen und anzubeten – wie Eliezer. Das ist das Erste, was wir tun. Eliezer stand da, wie es in 1. Mose 24,21 heißt: „Und der Mann sah ihr staunend zu und schwieg.“ So stehen auch wir vor den Wundern Gottes und schweigen. Wir stehen still und beten bewundernd an. Wenn ich dieses Wunder fassen will, dann steht mein Geist vor ihm feucht still. Ihr betet an und erkennt, dass Gottes Liebe unendlich ist.
Ja, aber wir bleiben nicht stillstehen. Gott hat uns einen Auftrag gegeben. Was sagt er? „Am Morgen säe den Samen.“ Auch wenn du das alles nicht verstehst, Gott befiehlt uns, den Samen zu säen. Und genau das tun wir. Ja, es ist Gott, der alles wirkt. Hier steht es im Vers 5: „Du weißt das Werk Gottes nicht, der alles wirkt.“ Ja, Gott ist es, der uns in Christus erwählt hat, nicht unsere Wege, sondern in Christus, um Christi willen. Gott ist es, der erwählt, beruft, rettet, bewahrt und vollendet.
Gott ist es, der wirklich alles wirkt in der Errettung. Aber wenn wir daraus den Schluss ziehen, dass wir nichts zu tun haben, betrügen wir uns selbst. Und was noch schlimmer ist: Wir widersprechen Gott. Denn Gott hat uns einfach befohlen zu predigen, befohlen, im Evangelium zu arbeiten, auch wenn es Gott ist, der alles wirkt. So ist es unsere Aufgabe, das zu tun, was Gott sagt: den Samen säen.
Wenn Gott uns das Mittel in die Hand gegeben hat, das er verwendet, um Leben, ewiges Leben zu zeugen, dann müssen wir dieses Mittel verwenden – die Predigt, das Zeugnis. Und wehe uns, wenn wir nicht predigen, sagt Paulus. Paulus war wahrscheinlich überzeugter als jeder von uns hier, dass die Errettung vollständig Gottes Werk ist. Und dieser gleiche Paulus sagt: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predige!“
Ja, wenn wir uns Gottes Befehl widersetzen, dann ist das böse und große Torheit. Ja, ich glaube, dass Gott uns zum Heil erwählt hat, und darum glaube ich auch, dass Gott uns vollenden wird – das glaube ich von ganzem Herzen. Ich werde immer tiefer davon überzeugt. Aber ich glaube auch, dass der Gott, der von Anfang an das Ende verordnet, auch den Weg bestimmt hat, auf dem das Ende erreicht werden muss.
Hat Gott materiellen Segen verordnet, dann hat er vor dem materiellen Segen Fleiß verordnet. Das sagt einmal Jonathan Edwards, eine sehr treffende Beobachtung. Jonathan Edwards, der große Theologe des nordamerikanischen Great Awakening, der großen Erweckung, war wirklich ein Calvinist, aber kein passiver Mensch, kein Fatalist. Er sagte: Wenn Gott materiellen Segen verordnet hat, dann hat er vor den Segen den Fleiß verordnet. Ohne Fleiß gibt es keinen materiellen Segen.
Und genauso hat Gott das Leben verordnet, dann hat Gott den Glauben davor verordnet. Und wenn Gott den Glauben verordnet hat, dann hat er davor die Predigt verordnet. Das ist eine Kette, in der jedes Glied von Gott gesetzt ist. Wir sind Toren, wenn wir nur den Anfang und das Ende dieser ganzen Kette betrachten und die Glieder dazwischen auslassen. Das ist die Torheit mancher.
Das war die Torheit von John Wesley, der alles angriff, was George Whitefield mit seiner Predigt gegen die Erwählung sagte. Er meinte: Wenn es so ist, wie George Whitefield predigt, dass Gott zur Errettung erwählt und die Erwählten sicher ans Ziel bringt, dann brauchen wir nicht mehr zu predigen. Und wenn es so ist, dass Gott zur Errettung erwählt und uns sicher ans Ziel bringt, dann brauchen wir kein Leben der Heiligung zu führen.
Das ist ein großer Trugschluss, der missachtet, dass Gott nicht nur Anfang und Ende, sondern auch den Weg dahin verordnet hat. Diesen Weg müssen wir gehen. Darum müssen wir säen, müssen die Saat durch unsere Gebete bewässern, ringen und arbeiten. Denn das ist das Mittel, das Gott verordnet hat, um Seelen zu retten.
Das ist eine zusammenhängende Kette, in der jedes Glied an seinem Platz ist. Wir müssen jedes Glied der Kette gebührend beachten. Wenn wir das einfach tun, schlicht und einfältig, glaube ich, hören viele Diskussionen und viel Eifer über diese Fragen von Gottes Erwählung und menschlicher Verantwortung auf.
Im Römerbrief hat Paulus diese ganze Kette folgendermaßen dargestellt: Römer 10,11-15: „Denn die Schrift sagt: ‚Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.‘ Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn derselbe Herr ist reich für alle, die ihn anrufen. Denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird errettet werden. Wie werden sie nun den anrufen, an welchen sie nicht geglaubt haben? Wie aber werden sie an den glauben, von welchem sie nicht gehört haben? Wie aber werden sie hören ohne einen Prediger? Wie aber werden sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind?“
So sehen wir: Die ganze Sache geht von Gott aus und kehrt wieder zu Gott zurück. Gott hat uns gesandt, darum gehen wir. Er hat uns gesandt, was zu tun: predigen. Wir predigen, und so hören Menschen, können glauben, und dann glauben sie an den Herrn, den auch wir angerufen haben, und werden gerettet.
Gott hat uns nicht nur das Wissen um den Weg des Windes vorenthalten, sondern auch den Erfolg – das heißt, zu wissen, welcher Same aufgeht und welcher nicht. Er hat uns dieses Wissen vorenthalten. Steh einfach da und predige! Vers 6: „Am Morgen säe deinen Samen, des Abends halte deine Hand nicht ab, denn du weißt nicht, was gedeihen wird.“ Du weißt es nicht. Wir brauchen es auch nicht zu wissen. Es ist nicht unsere Sache.
Unsere Sache ist es, das zu tun, was wir wissen: säen, die Saat durch Gebet tränken; säen, durch Gebet tränken; säen, tränken; säen, tränken. Und Gott wird das Gedeihen geben. Gott ist es, der das Gedeihen gibt.
Dann kommt der Rat, mit dem dieser Abschnitt beendet wird, die Verse 7 und 8: „Süß ist das Licht und wohltuend den Augen, die Sonne zu sehen. Denn wenn der Mensch auch viele Jahre lebt, möge er sich in ihnen allen freuen und der Tage der Finsternis gedenken, dass ihrer viele sein werden. Alles, was kommt, ist Eitelkeit.“
Das Licht ist das Licht der Sonne. Und in diesem Buch ist das Licht der Sonne und das Leben unter der Sonne ein Begriff für das Leben im Diesseits. Ja, das Leben im Diesseits ist eine Gabe Gottes, eine Gabe Gottes. Dieses Leben hat uns Gott gegeben, nicht zum Verdruss, sondern damit wir es dankbar genießen.
Aber wir können das nur tun, wenn wir gleichzeitig in der Ewigkeit verankert sind. Daran werden wir hier wieder erinnert, nämlich im Vers 8: „Wenn der Mensch auch viele Jahre lebt, dann soll er daran denken, er soll sich an allen diesen Tagen freuen.“ Wieder diese Aufforderung: Er soll sich freuen. Aber das kann er nur tun, wenn er daran denkt, dass die Tage der Finsternis viele sein werden.
Nun müssen wir uns natürlich hier fragen, was Finsternis bedeutet. Wenn Salomo im Vers 7 für das Diesseits den Ausdruck „das Licht der Sonne“ verwendet, dann bedeutet die Finsternis ganz einfach das Jenseits. Nicht etwa der Hades oder die Hölle oder Ähnliches, sondern einfach das Jenseits – das, was uns jetzt noch verborgen ist, was wir nicht sehen, das uns noch finster ist.
Und nur in diesem Wissen, dass die Ewigkeit eben ewig ist, dass die Tage der Ewigkeit zahlreich sind im Gegensatz zu den Tagen dieses Lebens, und nur wenn wir das bedenken, können wir uns an allen Tagen dieses Lebens freuen.
Also der Schlüssel ist immer derselbe, den er nennt. Und dann sagt er: „Alles, was kommt, ist Eitelkeit.“ Ja, denk daran in deinem Leben: Alles, was in diesem Leben noch kommt, ist Eitelkeit. Setze keine Hoffnung auf irgendwelche Dinge in diesem Leben, dass sie dich froh machen werden.
Der Jüngling – wie viel hat er sich vom Leben erwartet, welche Erwartungen an das Leben gestellt? Und jeder muss sagen: Sie sind allesamt enttäuscht worden. Das Leben ist nicht so, wie es sich das Kind und der heranwachsende Mensch erträumt und denkt. Faszinierend ist das Leben vom ersten bis zum letzten ein einziges Abenteuer. Es ist einfach nicht so.
Alles, was kommt, ist Eitelkeit. Und wenn du nur für dieses Leben lebst, ist das schlimm. Wenn du dich aber der Tage deines eitlen Lebens freuen willst, dann denke daran, dass die Ewigkeit eben ewig ist und lebe für die Ewigkeit.
Dann kommt der letzte, der neunte Abschnitt in diesem Buch: Jugend und Alter, Kapitel 11, Vers 9 bis Kapitel 12, Vers 14. Ich weiß zwar nicht, ob einige Bibeln das anders einteilen. Ich habe gesehen, dass die französische Bibel bei 11,9 Kapitel 12 beginnen lässt. Ich weiß nicht, ob einige deutschen Bibeln das auch so haben. Bei mir ist es 11,9, und der Abschnitt geht bis zum Ende des Buches.
Ich habe hier nur drei Teile, in die ich diesen letzten Abschnitt unterteilt habe. Hier steht der Rat am Anfang, der Rat, sich zu freuen, am Anfang, Kapitel 11, Vers 9: „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugend.“ Dann folgen 12,1-8. Also der Rat ist 11,9, dann „Gedenke des Schöpfers in den Tagen deiner Jugend“ 12,1-8, und dann das Schlusswort 12,9-14.
„Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und dein Herz mache dich fröhlich in den Tagen deiner Jugendzeit, und wandle in den Wegen deines Herzens und im Anschauen deiner Augen.“ Nun, wie soll er das anstellen? Das ist ja ein schöner und netter Rat, ja, ja, aber wie soll ich das anstellen, dass ich mich freuen kann des Lebens?
Er nennt drei Dinge, drei Bedingungen, die dafür sorgen, dass sich der Jüngling wirklich seiner Jugend freuen kann.
Erste Bedingung: Wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird. Nun, ich habe dieses „doch“ durch „und“ ersetzt, was in der alten Elberfelder steht: „Wandle in den Wegen deines Herzens, im Anschauen deiner Augen, und wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird.“ Man hat hier „doch“ geschrieben, weil man vorausgesetzt hat, dass der Jüngling sündigen Begierden folgt. Da folgt er einfach der Lust seines Herzens, lauter törichten Begierden. Doch wisse, Gott wird dich dafür richten.
Das muss man aber nicht unbedingt so auffassen. Das „doch“ kann zwar „aber“ bedeuten, aber meistens bedeutet es ganz einfach „und“: „Und wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird.“
Nun, einige haben gedacht, das sei Ironie. Da sagt also Salomo dem Jüngling: Hau nur tüchtig auf den Putz, aber dann wisse, was kommt. Ich glaube nicht, dass er Ironie gebraucht. Wir sind diesem Buch und dem Argument des Salomo gefolgt, und er fordert immer wieder zur Freude auf, und er meint das immer ganz echt. Warum sollte er es hier nicht meinen?
Genauso buchstäblich: Freue dich, freue dich des Lebens. Gott hat dir das Leben gegeben, die Jugend gegeben und all das, was du mit deinen Augen sehen und erleben kannst.
Die erste Bedingung, um dich wirklich des Lebens freuen zu können, ist zu wissen, dass es einen Gott gibt und eine Ewigkeit. Es gibt einen Gott, einen Richtergott. Dieses Wissen verdirbt uns nicht die Lebensfreude, sondern ist Voraussetzung zur Lebensfreude.
Der Jüngling, der schon in der Jugend Gott fürchtet – wer also bereits in der Jugend sein Herz in der Ewigkeit verankert hat – der kann ganz anders als ein ungläubiger Jüngling durchs Leben gehen. Er geht nämlich viel unbelasteter durch die Tage der Jugend. Der Eifer und der Ehrgeiz, der seine Altersgenossen schon treibt und auffrisst, frisst ihn nicht.
Weil er weiß, dass es nicht alles ist, in diesem Leben voranzukommen. Und wenn man so durch die Jugend geht, dann kann man sich doch viel mehr der Jugend wirklich freuen – des blauen Himmels. Wie ist dieser Himmel schön! Blau, er könnte ja grau sein, aber er ist blau, einfach schön.
Solche Dinge sieht man nicht, wenn man nur Augen dafür hat, voranzukommen und das zu bekommen, wonach man giert, und Gott, den Schöpfer, aus seinem Denken verbannt.
Und er wird auch als Mann, wenn er Gott fürchtet, frei sein von den Sorgen um Vergnügungen und Reichtum, die den Gottlosen in beständiger Unruhe lassen.
Das ist ein Rat, um wirklich das Leben im besten Sinn genießen zu können.
Dann ein zweiter Rat: Entferne den Unmut aus deinem Herzen, lerne dich zu demütigen unter Gottes Hand! Trotz ihm nicht, murre nicht gegen deinen Gott. Entferne diesen Unmut gegen Gott aus deinem Herzen!
Und dann drittens: Tue das Übel von deinem Leibe weg – das Übel, die Sünde. Wir können auch sagen: die Unreinheit. Das ist etwas, das die Jugend in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts besonders bedrängt hat und wo fast alle Jugendlichen um ihr Glück betrogen werden, weil ihnen gesagt wird: Wenn du wirklich ein schönes Leben haben willst, dann musst du unrein leben.
Was für ein Betrug, was für ein Betrug! Nein, ein Leben, das Gott abgesondert ist und rein von Sünde, das ist ein unbeschwertes, glückliches Leben.
Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass der Wein der Freude aus jenem Wasser bereitet wurde, das aus Krügen geschöpft wurde – Krügen, welche Wasser zur Reinigung enthielten. Ich weiß nicht, ob euch das aufgefallen ist. Es war Wasser, das aufbewahrt war in Gefäßen, die zur Reinigung dienen. Und es besteht ein Zusammenhang zwischen Reinheit und Freude.
Diese drei Ratschläge gibt er dem jungen Mann, wenn er wirklich das Leben genießen will: Fürchte Gott, trotze ihm nicht, murre nicht gegen ihn, und entferne alles Übel von deinem Leib – halte deinen Leib rein!
Dann: „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugend, ehe die Tage des Übels kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen.“
So, jetzt habe ich Gelegenheit, aus einer Predigt von Whitefield vorzulesen. Nein, ich habe zwar gestern auch wenige Sätze aus einer Predigt vorgelesen. Er hat sich als Jüngling Gott zum Dienst geweiht und einmal in London vor jungen Menschen gepredigt, ausgehend von diesem Vers.
Er fragte: „Wie wollt ihr die Liebe eures Retters vergelten? Das sei fern von euch! Er kam hernieder und vergoss sein Blut zur Erlösung von euren Sünden, damit ihr eure jugendliche Kraft in ihnen verbraucht, um an Christus und an Diensten in seiner Sache erst zu denken, wenn ihr euren Lüsten nicht mehr zu folgen vermögt. Wollt ihr nicht aufstehen wie ein Pinnehass und eifern für den Herrn der Heerscharen?“
Können wir uns den jungen Samuel jetzt nicht vorstellen, wie er sich freut, dass er schon früh im Tempel des Herrn diente, und den jungen Timotheus, der von Kind auf die heiligen Schriften kannte?
Wenn du an ihrer Freude teilhaben willst, dann rate ich dir, auch an ihrer Frömmigkeit teilzuhaben. Ja, den Herrn suchen, ehe sich verfinstern die Sonne und das Licht.
Nun, es besteht die weit verbreitete Auffassung, dass die Menschen mit dem Alter eher geneigt werden, an Gott und an die Ewigkeit zu denken und dann fromm werden. Es ist genau umgekehrt.
Es ist genau umgekehrt: Mit dem Alter wird das Licht der Sonne immer finsterer, auch das Licht der wahren Sonne, der Sonne der Gerechtigkeit. Der Mond und die Sterne, die den Menschen Orientierung geben, verfinstern sich am Himmel auch. Die Wolken kehren nach dem Regen wieder und bedecken den Himmel – es wird düster.
Und es ist wirklich so: Je älter der Mensch wird, desto mehr hat sich der angejahrte Stolz in seine Seele gefressen, und er kann sich nicht mehr demütigen. Es wird ihm auch immer schwerer.
Ich kann mich noch gut erinnern: Da war ich erst zwei Jahre gläubig, da habe ich ziemlich viel mit meinem Vater, meinem Adoptivvater, über den Glauben geredet. Dann sagte er mir einmal: „Weißt du, ich glaube, du hast recht, und dein Weg ist besser als mein Weg, aber wenn man so alt ist wie ich, ist es schwer, umzukehren.“
Ja, man muss ja dann zurückblicken und sagen: Siebzig Jahre für nichts gelebt. Dem Zwanziger macht das nichts aus. Der Zwanziger kann gut sein: „Ach, ist doch egal!“ und freut sich, sich bedingungslos auf etwas völlig Neues einzulassen und sein Leben dem Herrn zu geben. Er hat nicht den Eindruck, er habe irgendetwas verloren.
Aber der Siebzigjährige …
Darum diese Aufforderung: „Gedenke des Schöpfers in den Tagen deiner Jugend.“ Es wird immer schwerer werden, nicht leichter.
Dann wird hier das Alter beschrieben, und wenn wir bedenken, das Alter hat ja Beschwerden genug, so wie es Salomo hier beschreibt. Und wenn man dann das Alter ohne Gott leben muss und ohne Hoffnung, ist das doppelt und dreifach bitter.
An dem Tag, da die Hüter des Hauses zittern, also da man nicht mehr kräftig zupacken kann, sondern hilfloser Greis geworden ist. Die starken Männer krümmen sich, die Beine, mit denen man einmal fünfzig Kilo Säcke auf dem Rücken trug und wie ein Rehlein die Treppen hinaufhüpfte.
Jetzt krümmen sich die starken Männer. Die Müllerinnen feiern, weil ihr wenig gemordet wird. Das Malwerkzeug ist nicht mehr da, die Müllerinnen feiern. Es ist ausgefallen, weg!
Und es verfinstern sich die durch die Fenster Sehenden. Der Star hat seinen Schleier über die Augen gezogen, und die Türen zur Straße werden geschlossen. Man wird immer schwerhöriger, auch für Gott und für Gottes Stimme.
Furchtbare Einsamkeit. Die Sinne verbinden uns ja mit der Welt und mit dem Nächsten und schaffen Gemeinschaft. Gemeinschaft erleichtert das Dasein.
Aber der alte Mensch wird immer einsamer und ohne Gott immer einsamer werden. Das ist ein furchtbares Bild.
Dann steht in Vers 5: „Auch fürchten sie sich vor der Höhe, Schrecknisse sind auf dem Weg, der Mandelbaum steht in Blüte, die Heuschrecke schleppt sich dahin, und die Kapre ist wirkungslos.“
Jede Höhe ist ein Schrecken. Man beobachtet alte Menschen im Winter. Wenn es glatt ist, ist es für sie fast lebensgefährlich, nur einkaufen zu gehen. Sie gehen so vorsichtig. Einmal ausrutschen – Oberschenkelhalsbruch. Wirklich! Manche bleiben liegen und können nicht mehr aufstehen. Das ist ein Anblick, der einem zu Herzen geht.
Der Mensch ohne Gott wird aus dem Alter heraus ein Häufchen Elend. Der Mandelbaum steht in Blüte. Der Mandelbaum ist wahrscheinlich ein Hinweis auf das Wissen um das herannahende Ende. Ich nehme das aus Jeremia 1,11: „Das Wort des Herrn geschah zu mir: ‚Was siehst du, Jeremia?‘ Ich sprach: ‚Ich sehe einen Mandelstab.‘ Und der Herr sprach zu mir: ‚Du hast Recht gesehen, denn ich werde über mein Wort wachen, es auszuführen.‘“
Das ist das Ende Jerusalems. Im Hebräischen ist das ein Wortspiel, denn der Mandelbaum heißt „Schaked“, und „Schaked“ heißt auch „wachen“. Gott wacht darüber, dass sein Wort eintritt.
Gott hat dem Menschen gesagt: „Des Tages, da du davon bist, wirst du sterben.“ Keiner kommt davon.
Dann heißt es hier: Die Heuschrecke schleppt sich dahin. Das bedeutet, der Mensch wird mit der Heuschrecke verglichen. Andere übersetzen sogar, die Heuschrecke sei eine Last – man ist so schwach, dass man sogar eine Heuschrecke als schwer empfindet. Wie auch immer.
Die Kapre, ein appetitanregendes Mittel, ist wirkungslos. Man kann sich an keiner Sache mehr erfreuen, nichts mehr genießen.
Dann heißt es: Der Mensch geht zu seinem ewigen Haus. Hier wieder das Wort Ewigkeit. Es kommt einige Male in diesem Buch vor: zu seinem ewigen Haus. Die Klagenden ziehen umher auf der Straße.
„Ehe zerrissen wird die silberne Schnur und zertrümmert die goldene Schale, und zerbrochen der Eimer am Quell und zerschlagen die Schöpfwelle an der Zisterne, und der Staub zur Erde zurückkehrt, so wie er gewesen, und der Geist zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat.“
Eitelkeit der Eitelkeiten, sagt der Prediger, alles ist Eitelkeit.
Hier wird der Tod des Menschen so umschrieben: Die silberne Schnur wird zerrissen. Der Lebensfaden heißt hier silberne Schnur. Vielleicht darum silberne Schnur, weil solange der Mensch lebt, noch Hoffnung auf Erlösung besteht – Silber als Erlösungsgeld. Wenn er stirbt, ist diese Schnur zerrissen.
Die goldene Schale – Paulus sagt, dass wir diesen Schatz in irdenen Gefäßen haben. Er will hier einen anderen Gedanken ausdrücken. Hier wird der Leib des Menschen eine goldene Schale genannt. Warum? Nicht, weil der Leib so schön ist – wir haben ja die Beschreibung gesehen –, sondern weil er wertvoll ist.
Warum ist der Leib des Menschen wertvoll? Weil in diesem Leib die Seele eines Menschen wohnt. Eine Seele, die von Gott geschaffen ist, um Gott zu erkennen, Gott zu fürchten und ein Erbe der ewigen Herrlichkeit zu werden. Darum goldene Schale.
Ein zerbrochener Eimer am Quell – ein zerbrochener Eimer ist nichts Nutzloseres. Wenn du ohne Gott gelebt hast, schau an, was von dir bleibt: wie ein zerbrochener Eimer, nutzlos, für nichts gut, alles war sinnlos.
„Gott bewahre uns vor einem solchen Geschick!“
Zerschlagen die Schöpfwelle an der Zisterne – für nichts mehr zu gebrauchen. Nicht nur ist dieses Leben sinnlos gewesen, sondern Vers 7 erinnert uns daran, dass auf das Leben die Abrechnung folgt.
Der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen, aber der Geist kehrt zu Gott zurück. Hier steht nicht, dass der Geist zu Gott zurückkehrt, um in die ewige Herrlichkeit einzugehen, sondern dass er zu Gott zurückkehrt, um gerichtet zu werden.
Jede Seele muss vor Gott erscheinen – vor dem Richterstuhl Christi oder vor dem großen weißen Thron.
„Eitelkeit der Eitelkeiten“, damit hatte Salomo das Buch begonnen. Das ganze Buch ist wie eine Predigt, die das demonstriert, das Thema erörtert und auch den Ausweg zeigt aus diesem erdrückenden Empfinden aller Eitelkeit.
Hier sagt er es noch einmal zum Schluss: Ein Leben ohne Gott ist Eitelkeit der Eitelkeiten.
Schließen wir mit den beiden letzten Versen, den Versen 13 und 14, dem Endergebnis des Ganzen:
„Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das ist der ganze Mensch. Denn Gott wird jedes Werk, sei es gut oder böse, ins Gericht bringen über alles Verborgene.“
Der ganze Mensch ist der Mensch, der jetzt für die Ewigkeit lebt – im Diesseits für die Ewigkeit. Das ist der ganze Mensch.
Die Gottesfurcht ist zu allen Dingen nütze (1. Timotheus 4,8), indem sie die Verheißung des Lebens hat, des jetzigen und des zukünftigen.
In der Gottesfurcht finden wir Freude an den guten Gaben des Schöpfers. Und in der Gottesfurcht finden wir auch eine andere Freude, nämlich jene Freude, die nicht von dieser Schöpfung ist.
Es gibt noch eine höhere Freude, eine Freude, die nicht von dieser Schöpfung ist. 1. Petrus 1,8: „Welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt, an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, die mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockt.“
Lebensfreude trotz Vergänglichkeit
Dann folgt der Rat, mit dem dieser Abschnitt beendet wird, in den Versen sieben und acht:
Süß ist das Licht und wohltuend den Augen, die Sonne zu sehen. Denn wenn der Mensch auch viele Jahre lebt, möge er sich in ihnen allen freuen. Er soll der Tage der Finsternis gedenken, dass ihrer viele sein werden. Alles, was kommt, ist Eitelkeit.
Das Licht ist hier das Licht der Sonne. In diesem Buch steht das Licht der Sonne für das Leben unter der Sonne. Dieser Begriff bezeichnet das Leben im Diesseits. Ja, das Leben im Diesseits ist eine Gabe Gottes. Dieses Leben hat uns Gott gegeben, nicht zum Verdruss, sondern damit wir es dankbar genießen.
Wir können das nur tun, wenn wir gleichzeitig in der Ewigkeit verankert sind. Daran werden wir hier wieder erinnert, nämlich im Vers 8. Dort steht: Wenn der Mensch auch viele Jahre lebt, soll er daran denken und sich an allen diesen Tagen freuen. Wieder kommt die Aufforderung: Er soll sich freuen. Doch das kann er nur tun, wenn er daran denkt, dass die Tage der Finsternis viele sein werden.
Nun müssen wir uns natürlich fragen, was mit Finsternis gemeint ist. Wenn Salomon im Vers 7 für das Diesseits den Ausdruck „das Licht der Sonne“ verwendet, dann bedeutet die Finsternis ganz einfach das Jenseits. Nicht etwa der Hades oder die Hölle oder Ähnliches, sondern einfach das Jenseits – das, was uns jetzt noch verborgen ist, was wir nicht sehen und das uns noch finster ist.
Nur in dem Wissen, dass die Ewigkeit eben ewig ist – die Tage der Ewigkeit sind zahlreich im Gegensatz zu den Tagen dieses Lebens – und nur wenn wir das bedenken, können wir uns an allen Tagen dieses Lebens freuen. Also der Schlüssel ist immer derselbe, den er nennt. Dann sagt er: Alles, was kommt, ist Eitelkeit.
Denk daran in deinem Leben: Alles, was in diesem Leben noch kommt, ist Eitelkeit. Setze keine Hoffnung auf irgendwelche Dinge in diesem Leben, dass sie dich froh machen werden. Der Jüngling – wie viel hat er sich vom Leben erwartet? Welche Erwartungen hat er an das Leben gestellt? Jeder muss sagen: Sie sind allesamt enttäuscht worden.
Das Leben ist nicht so, wie es sich das Kind und der heranwachsende Mensch erträumt und denkt. Faszinierend ist es vom ersten bis zum letzten Moment ein einziges Abenteuer. Aber es ist einfach nicht so. Alles, was kommt, ist Eitelkeit.
Wenn du nur für dieses Leben lebst, ist das schlimm. Wenn du dich aber der Tage deines eitlen Lebens freuen willst, dann denke daran, dass die Ewigkeit eben ewig ist. Lebe für die Ewigkeit.
Jugend und Alter: Der Rat zur Lebensfreude und Gottesfurcht
Dann folgt der letzte, der neunte Abschnitt in diesem Buch: Jugend und Alter, 11,9 bis 12,14.
Ich weiß zwar nicht, ob einige Bibeln das anders einteilen. Ich habe gesehen, dass die französische Bibel bei 11,9 beginnt und das Kapitel 12 erst bei 12,1 ansetzt. Ob das auch bei einigen deutschen Bibeln so ist, weiß ich nicht. Bei mir beginnt der Abschnitt bei 11,9 und geht bis zum Ende des Buches.
Ich habe diesen letzten Abschnitt in drei Teile unterteilt.
Hier steht der Rat am Anfang, der Rat, sich zu freuen, und zwar am Anfang, Kapitel 11, Vers 9: „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugend“, dann 12,1-8. Also der Rat ist 11,9. Dann folgt „Gedenke des Schöpfers in den Tagen deiner Jugend“, 12,1-8, und schließlich das Schlusswort 12,9-14.
„Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und dein Herz mache dich fröhlich in den Tagen deiner Jugendzeit, und wandle in den Wegen deines Herzens und im Anschauen deiner Augen.“
Nun, wie soll er das anstellen? Das ist ja ein schöner und netter Rat, aber wie soll ich es schaffen, mich des Lebens zu freuen?
Er nennt drei Dinge. Drei Dinge, die dafür sorgen, dass sich der Jüngling wirklich seiner Jugend freuen kann.
Die erste Bedingung: Wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird.
Ich habe hier das „doch“ durch „und“ ersetzt, was in der alten Elberfelder steht: „Wandel in den Wegen deines Herzens im Anschauen deiner Augen, doch wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird.“ Man hat hier „doch“ geschrieben, weil man vorausgesetzt hat, dass der Jüngling sündigen Begierden folgt.
Da folgt er einfach der Lust seines Herzens, lauter törichten Begierden. Doch wisse, Gott wird dich dafür richten.
Das muss man aber nicht unbedingt so auffassen. Das „doch“ an dieser Stelle kann zwar „aber“ bedeuten, meistens bedeutet es ganz einfach „und“: „Wisse, dass um dies alles Gott dich ins Gericht bringen wird.“
Einige haben gedacht, das sei Ironie. Da sagt also Salomo dem Jüngling: Hau nur tüchtig auf den Putz, aber dann wisse, was kommt.
Ich glaube nicht, dass er Ironie gebraucht. Wir sind diesem Buch und dem Argument des Salomo gefolgt, und er fordert immer wieder zur Freude auf. Er meint das immer ganz ernst. Warum sollte er es hier nicht meinen?
Genauso buchstäblich: Freue dich, freue dich des Lebens! Gott hat dir das Leben gegeben, die Jugend gegeben und all das, was du mit deinen Augen sehen und erleben kannst.
Die erste Bedingung, um dich wirklich des Lebens freuen zu können, ist zu wissen, dass es einen Gott gibt und eine Ewigkeit. Es gibt einen Gott, einen Richtergott.
Dieses Wissen verdirbt uns nicht die Lebensfreude, sondern ist Voraussetzung zur Lebensfreude.
Der Jüngling, der schon in der Jugend Gott fürchtet – wer also bereits in der Jugend sein Herz in der Ewigkeit verankert hat – der kann ganz anders als ein ungläubiger Jüngling durchs Leben gehen.
Der geht nämlich viel unbelasteter durch die Tage der Jugend. Der Eifer und der Ehrgeiz, der seine Altersgenossen schon treibt und auffrisst, frisst ihn nicht.
Weil er weiß, dass es nicht alles ist, in diesem Leben voranzukommen. Und wenn man so durch die Jugend geht, dann kann man sich doch viel mehr der Jugend wirklich freuen, des blauen Himmels. Wie ist dieser Himmel schön! Blau, er könnte ja grau sein, aber er ist blau, einfach schön.
Solche Dinge sieht man nicht, wenn man nur Augen dafür hat, voranzukommen und das zu bekommen, wonach man giert, und Gott, den Schöpfer, aus seinem Denken verbannt.
Und er wird auch als Mann, wenn er Gott fürchtet, frei sein von den Sorgen um Vergnügungen und Reichtum, die die Gottlosen in beständiger Unruhe lassen.
Also das ist ein Rat, um wirklich das Leben im besten Sinn genießen zu können.
Dann ein zweiter Rat: Entferne den Unmut aus deinem Herzen, lerne, dich zu demütigen unter Gottes Hand!
Trotze ihm nicht, murre nicht gegen deinen Gott! Entferne diesen Unmut gegen Gott aus deinem Herzen!
Und dann drittens: Tue das Übel von deinem Leibe weg, das Übel, die Sünde. Wir können auch sagen die Unreinheit.
Und das ist ja etwas, das die Jugend in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts besonders bedrängt, und wo fast alle Jugendlichen um ihr Glück, um das Glück der Jugend betrogen werden, weil ihnen gesagt wird: Wenn du wirklich ein schönes Leben haben willst, dann musst du unrein leben.
Was für ein Betrug! Was für ein Betrug!
Nein, ein Leben, das Gott abgesondert ist und das rein ist von Sünde – das ist ein unbeschwertes, glückliches Leben.
Es scheint mir, dass es kein Zufall ist, dass der Wein der Freude aus jenem Wasser bereitet wurde, das aus Krügen geschöpft wurde – Krügen, welche Wasser zur Reinigung enthielten.
Ich weiß nicht, ob euch das aufgefallen ist: Es war Wasser, das aufbewahrt war in Gefäßen, welche zur Reinigung dienen. Und es besteht ein Zusammenhang zwischen Reinheit und Freude.
Diese drei Ratschläge gibt er dem jungen Mann, wenn er wirklich das Leben genießen will: Fürchte Gott, trotze Gott nicht, murre nicht gegen ihn und entferne alles Übel von deinem Leib. Halte deinen Leib rein!
Und dann: Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugend, ehe die Tage des Übels kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen.
Die Vergänglichkeit des Alters und die Mahnung zur Gottesfurcht
Jetzt habe ich die Gelegenheit, aus einer Predigt von Whitfield vorzulesen. Zwar habe ich gestern auch schon einige Sätze aus einer Predigt vorgelesen, aber heute möchte ich etwas ausführlicher darauf eingehen.
Whitfield hat sich selbst als Jüngling Gott zum Dienst geweiht. Einmal predigte er in London vor jungen Menschen, ausgehend von diesem Vers. Er fragte sie: „Wie wollt ihr die Liebe eures Retters vergelten? Das sei fern von euch!“ Er fuhr fort: „Er kam hernieder und vergoss sein Blut zur Erlösung eurer Sünden, damit ihr eure jugendliche Kraft nicht in ihnen verbraucht, um erst an Christus und an den Dienst in seiner Sache zu denken, wenn ihr euren Lüsten nicht mehr zu folgen vermögt.“
Er forderte die jungen Menschen auf: „Wollt ihr nicht aufstehen wie ein Pinnehass und eifern für den Herrn der Heerscharen?“ Können wir uns nicht den jungen Samuel vorstellen, wie er sich freut, schon früh im Tempel des Herrn zu dienen? Oder den jungen Timotheus, der von Kind auf die heiligen Schriften kannte? Wenn du an ihrer Freude teilhaben willst, dann rate ich dir, auch an ihrer Frömmigkeit teilzuhaben. Ja, den Herrn zu suchen, ehe sich verfinstern die Sonne und das Licht.
Es gibt die weit verbreitete Auffassung, dass Menschen mit zunehmendem Alter eher geneigt sind, an Gott und die Ewigkeit zu denken und fromm zu werden. Doch es ist genau umgekehrt. Mit dem Alter wird das Licht der Sonne immer finsterer – auch das Licht der wahren Sonne, der Sonne der Gerechtigkeit. Der Mond und die Sterne, die den Menschen Orientierung geben, verfinstern sich am Himmel ebenfalls. Nach dem Regen kehren die Wolken zurück und bedecken den Himmel, es wird düster.
Es ist wirklich so: Je älter der Mensch wird, desto mehr hat sich der angejahrte Stolz in seine Seele gefressen, und er kann sich nicht mehr demütigen. Es wird ihm immer schwerer. Ich erinnere mich gut daran: Ich war erst zwei Jahre gläubig, da sprach ich viel mit meinem Vater, meinem Adoptivvater, über den Glauben. Einmal sagte er zu mir: „Weißt du, ich glaube, du hast recht, und dein Weg ist besser als mein Weg. Aber wenn man so alt ist wie ich, ist es schwer, umzukehren.“ Man muss ja dann zurückblicken und sagen: Siebzig Jahre für nichts gelebt.
Dem Zwanzigjährigen macht das nichts aus. Der Zwanzigjährige kann gut sein, denkt: „Ach, ist doch egal!“ und freut sich, sich bedingungslos auf etwas völlig Neues einzulassen und sein Leben dem Herrn zu geben. Er hat nicht den Eindruck, etwas verloren zu haben. Aber der Siebzigjährige sieht das anders. Darum lautet die Aufforderung: „Gedenke des Schöpfers in den Tagen deiner Jugend!“ Es wird immer schwerer, nicht leichter.
Dann wird hier das Alter beschrieben. Wenn wir bedenken, dass das Alter ja Beschwerden genug mit sich bringt, so wie Salomo es hier beschreibt, wird es ohne Gott und ohne Hoffnung doppelt und dreifach bitter. An dem Tag, da die Hüter des Hauses zittern, also wenn man nicht mehr kräftig zupacken kann, sondern ein hilfloser Greis geworden ist, und die starken Männer sich krümmen – da sind die Beine, mit denen man einst fünfzig Kilo Säcke auf dem Rücken trug und wie ein Rehlein die Treppen hinaufhüpfte.
Jetzt krümmen sich die starken Männer, und die Müllerinnen feiern, weil ihr Malwerkzeug nicht mehr da ist. Das Malwerkzeug ist ausgefallen, weg! Und es verfinstern sich die durch die Fenster Sehenden. Ja, der Star hat seinen Schleier über die Augen gezogen, und die Türen zur Straße werden geschlossen. Man wird immer schwerhöriger, auch für Gott und seine Stimme. Furchtbare Einsamkeit.
Die Sinne verbinden uns mit der Welt und mit dem Nächsten und schaffen Gemeinschaft. Gemeinschaft erleichtert das Dasein. Aber der alte Mensch wird immer einsamer und ohne Gott noch einsamer. Das ist ein furchtbares Schicksal.
Im Vers fünf heißt es: „Auch fürchten sie sich vor der Höhe, Schrecknisse sind auf dem Weg, der Mandelbaum steht in Blüte, die Heuschrecke schleppt sich dahin, und die Kapre ist wirkungslos.“ Jede Höhe ist ein Schrecken. Man beobachtet alte Menschen im Winter, wenn es glatt ist. Für sie ist es fast lebensgefährlich, nur zum Einkaufen zu gehen. Sie gehen so vorsichtig, denn ein Ausrutschen kann einen Oberschenkelhalsbruch bedeuten. Manche bleiben liegen und können nicht mehr aufstehen. Das ist ein Anblick, der zu Herzen geht.
Der Mensch ohne Gott wird aus Alter ein Häufchen Elend. Der Mandelbaum, der in Blüte steht, ist wahrscheinlich ein Hinweis auf das Wissen um das herannahende Ende. Das nehme ich aus Jeremia 1, Vers 11: „Das Wort des Herrn geschah zu mir: ‚Was siehst du, Jeremia?‘ Ich sprach: ‚Ich sehe einen Mandelstab.‘ Und der Herr sprach zu mir: ‚Du hast recht gesehen, denn ich werde über mein Wort wachen, es auszuführen.‘“ Das ist das Ende Jerusalems.
Im Hebräischen ist das ein Wortspiel: Der Mandelbaum heißt „Schaked“, und „Schaked“ bedeutet auch „wachen“. Gott wacht darüber, dass sein Wort eintritt. Gott hat dem Menschen gesagt: „Des Tages, davon ist, wirst du sterben.“ Keiner kommt davon.
Dann heißt es hier: „Die Heuschrecke schleppt sich dahin.“ Das könnte bedeuten, dass der Mensch mit der Heuschrecke verglichen wird. Andere übersetzen sogar, die Heuschrecke sei eine Last, also man ist so schwach, dass man sogar eine Heuschrecke als schwer empfindet. Wie auch immer – die Kapre, ein appetitanregendes Mittel, ist wirkungslos. Man kann sich an nichts mehr erfreuen, nichts mehr genießen.
Dann heißt es: „Der Mensch geht hin zu seinem ewigen Haus.“ Hier wieder das Wort „Ewigkeit“. Es kommt einige Male in diesem Buch vor, dass vom ewigen Haus die Rede ist. Die Klagenden ziehen umher auf der Straße.
„Ehe zerrissen wird die silberne Schnur und zertrümmert die goldene Schale, und zerbrochen der Eimer am Quell und zerschlagen die Schöpfwelle an der Zisterne, und der Staub zur Erde zurückkehrt, so wie er gewesen, und der Geist zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat.“ (Prediger 12,6-7)
Hier wird der Tod des Menschen umschrieben: Die silberne Schnur wird zerrissen. Der Lebensfaden heißt hier „silberne Schnur“. Vielleicht deshalb „silberne Schnur“, weil solange der Mensch lebt, noch Hoffnung auf Erlösung besteht – Silber steht für das Erlösungsgeld. Wenn der Mensch stirbt, ist diese Schnur zerrissen.
Die goldene Schale – Paulus sagt, dass wir diesen Schatz in irdenen Gefäßen haben. Hier wird ein anderer Gedanke ausgedrückt: Der Leib des Menschen wird eine goldene Schale genannt. Warum? Nicht, weil der Leib so schön ist – wir haben ja gesehen, wie er beschrieben wird – sondern weil er wertvoll ist.
Warum ist der Leib des Menschen wertvoll? Weil in diesem Leib die Seele wohnt. Eine Seele, die von Gott geschaffen ist, um Gott zu erkennen, Gott zu fürchten und ein Erbe der ewigen Herrlichkeit zu werden. Darum die goldene Schale.
Ein zerbrochener Eimer am Quell – es gibt nichts Nutzloseres. Wenn du ohne Gott gelebt hast, schau an, was von dir bleibt: wie ein zerbrochener Eimer, nutzlos, für nichts gut, alles war umsonst, sinnlos. „Gott bewahre uns vor einem solchen Geschick!“
Zerschlagen die Schöpfwelle an der Zisterne, für nichts mehr zu gebrauchen. Nicht nur ist dieses Leben sinnlos gewesen, sondern Vers 7 erinnert uns daran, dass auf das Leben die Abrechnung folgt. Der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen, aber der Geist kehrt zu Gott zurück.
Hier steht nicht, dass der Geist zu Gott zurückkehrt, um in die ewige Herrlichkeit einzugehen, sondern dass er zu Gott zurückkehrt, um gerichtet zu werden. Jede Seele muss vor Gott erscheinen – vor dem Richterstuhl Christi oder vor dem großen weißen Thron.
„Eitelkeit der Eitelkeiten“ – damit hatte Salomo das Buch begonnen. Das ganze Buch ist wie eine Predigt, die dieses Thema erörtert, die auch den Ausweg zeigt aus diesem erdrückenden Empfinden aller Eitelkeit. Und hier sagt er es einfach noch einmal zum Schluss: Ein Leben ohne Gott – Eitelkeit der Eitelkeiten.
Schlusswort: Gottesfurcht als Lebensinhalt und Quelle der Freude
Schließen wir mit den beiden letzten Versen, den Versen dreizehn und vierzehn, das Endergebnis des Ganzen: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das ist der ganze Mensch.
Gott wird jedes Werk, sei es gut oder böse, im Gericht über alles Verborgene bringen. Der ganze Mensch ist derjenige, der jetzt für die Ewigkeit lebt – im Diesseits für die Ewigkeit. Das ist der ganze Mensch.
Die Gottesfurcht ist zu allen Dingen nütze (1. Timotheus 4,8), denn sie hat die Verheißung des Lebens, sowohl des jetzigen als auch des zukünftigen. In der Gottesfurcht finden wir Freude an den guten Gaben des Schöpfers.
Darüber hinaus finden wir in der Gottesfurcht eine andere Freude – eine Freude, die nicht von dieser Schöpfung ist. Es gibt eine höhere Freude, die nicht von dieser Schöpfung stammt (1. Petrus 1,8).
In diesem Vers spricht Petrus von Christus und sagt: „Welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, freut ihr euch mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude.“