Einführung in den ersten Timotheusbrief und Gemeindeleitung
Dann schlagen wir wieder einmal zusammen die Bibel auf, und zwar insbesondere den ersten Timotheusbrief.
Wir haben uns gestern mit einigen Aufforderungen an die Frauen beschäftigt und uns außerdem damit auseinandergesetzt, wie Gemeindeleitung im Neuen Testament funktioniert und welche Eigenschaften den Ältesten zugesprochen werden. Natürlich könnten wir auch die einzelnen Stellen dort noch ausführlicher besprechen. Gerade die Eigenschaften der Diakone habe ich nur relativ kurz zusammengefasst. Ich habe mich vor allem auf die Ältesten konzentriert.
Ich lade euch aber ein, euch gerne weiter darüber zu unterhalten. Im Gespräch könnt ihr sicherlich noch einiges entdecken, was in den Versen enthalten ist.
Ich lese jetzt weiter im Kapitel drei, ab Vers 14 bis Vers 16. Das ist der Abschluss dieses Kapitels, also direkt im Anschluss an die Qualifikation der Diakone in der Gemeinde:
Dies schreibe ich dir in der Hoffnung, recht bald zu dir zu kommen, damit du, falls sich mein Kommen verzögern sollte, weißt, wie man wandeln soll im Haus Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.
Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottesfurcht: Gott ist offenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, verkündigt unter den Heiden, geglaubt in der Welt aufgenommen in die Herrlichkeit.
(1. Timotheus 3,14-16)Die Gemeinde als Haus Gottes und ihre Bedeutung
Paulus knüpft hier an, wenn er sagt: „Dies schreibe ich dir.“ Was schreibt er? Er schreibt darüber, wie man eine Gemeinde führt, wie eine Gemeindeordnung aussehen soll und wer die Gemeindeleitung übernimmt.
Warum tut er das? Paulus hofft zwar, bald wieder nach Ephesus zu kommen, doch er weiß nicht genau, ob das so schnell klappt, wie er es plant. Deshalb sagt er: Wenn sich sein Kommen verzögert, weißt du, wie man sich im Haus Gottes verhalten soll. Das wird hier aufgeführt. Später geht er noch weiter darauf ein und schreibt einige Einzelheiten, die für die Gemeindeleitung und den Ablauf der Gemeinde wichtig sind.
Wenn Paulus vom Haus Gottes spricht, erklärt er gleich danach, dass er damit aus seiner Sicht die Gemeinde meint. Dieser Gedankengang wurde damals wahrscheinlich kaum diskutiert, hat aber im Laufe der Zeit an Bedeutung gewonnen. Haus Gottes oder Gemeinde – das ist tatsächlich doppeldeutig. Manchmal sagt man: „Wir gehen zur Gemeinde.“ Doch was ist damit gemeint? Der Ort, das Gebäude, die Organisation oder die Menschen?
Hier wird ganz deutlich: Das Haus Gottes ist der Ort, an dem Gott ist. Wo Christen zusammenkommen, da ist das Haus Gottes, da ist Gemeinde. Das ist eine Herausforderung, auch für heute. Manche Gemeinden betreiben gerade in Bezug auf das Äußere, das Organisatorische oder das Gebäude einen sehr großen Aufwand. Das kann man durchaus tun, aber der Hauptaugenmerk sollte immer darauf liegen, dass die Gemeinde als Gemeinschaft von Menschen gepflegt wird. Darum geht es letztlich. Räume kommen und gehen.
Denkt daran, dass viele große Kirchen, die ihre Blütezeit hatten, gerade wegen falscher Investitionen Probleme bekamen. Dabei sehe ich das zwiespältig. Einerseits schaue ich mir gern alte Kirchen an. Gerade im Urlaub finde ich es toll, diese großen gotischen Kathedralen und die schönen Gemälde darin. Aber die Frage bleibt: Ist es der Hauptauftrag der Gemeinde Gottes, schöne Museen zu schaffen? Viele große Kirchen sind heute nichts anderes als Museen.
Manche Kirchen in Italien, die ich gesehen habe, wurden sogar umfunktioniert. Sie sind entweiht worden – nicht im negativen Sinne, sondern die Kirche hat sich zurückgezogen. Reliquien wurden entfernt, Altäre abgebaut und daraus wurden Museen. In Berlin habe ich eine Kirche gesehen, die umgebaut wurde. Dort entstanden Familienwohnungen, und außen steht noch die Fassade der Kirche. Durch die großen Fenster kann man ins Wohnzimmer schauen, außen ist die Kirche sichtbar.
In der Schweiz, wo ich früher gelebt habe, wurde einmal diskutiert, ob eine nicht mehr genutzte Kirche in einen Supermarkt umgewandelt werden sollte. Die Migros stellte den Antrag, in Basel ein Kirchengebäude als exklusiven Supermarkt zu nutzen.
Diese Beispiele zeigen nicht, ob das richtig oder falsch ist. Wenn man aber vor allem auf das Äußere der Gemeinde schaut, kann es schnell passieren, dass das Wesentliche verloren geht.
Vor einiger Zeit, vor etwa eineinhalb Wochen, sprach ich mit jemandem aus einer relativ kleinen Gemeinde im Ruhrgebiet. Er sagte: „Wir haben als Gemeinde ein eigenes Haus. Es müsste zwar einiges repariert werden, aber wir haben einen neuen Pastor, der ein neues Projekt starten will.“ Über eine Million Euro soll in ein neues Gemeindehaus investiert werden.
Meine erste Frage war: „Braucht ihr das denn?“ Er antwortete: „Eigentlich ist unsere Gemeinde überaltert, die Hälfte der Gemeindeglieder ist im Rentenalter, und die Jugendgruppe gibt es momentan gar nicht.“
Daraufhin sagte ich: „Wer soll dann zukünftig in das neue Gemeindehaus einziehen? Wer soll es nutzen?“ Ich weiß nicht, wie die Diskussion in dieser Gemeinde weiterging, deshalb will ich kein Urteil fällen. Aber ich glaube, wir müssen aufpassen. Manchmal können Aktionen oder Gemeindegebäude eine Art Prestigefunktion einnehmen.
Wichtig ist, nicht aus dem Blick zu verlieren, dass Gemeinde in erster Linie die Gemeinschaft von Menschen ist, die Jesus nachfolgen. Alles andere hat nur Dienstfunktion und soll diese Gemeinschaft unterstützen. Wenn das Andere in den Vordergrund rückt, kann die Hauptsache schnell verloren gehen.
Praktische Beispiele für Gemeinderaum und Gemeinschaft
Als ich vor nicht allzu langer Zeit für einige Wochen hier in Österreich war, sprach ich mit jemandem aus einer Gemeinde. Es war eine Schulung, und die Person kam aus einer Gemeinde in Innsbruck, glaube ich. Er erzählte mir, dass sie vor ein paar Jahren ein Problem mit ihrer Gemeinde hatten. Genauer gesagt, sie hatten keine Gemeinderäume mehr. Das heißt, ihnen wurde der Mietvertrag gekündigt. Die Frage war nun, wohin sie gehen sollten. Geld stand nicht ausreichend zur Verfügung.
Schließlich kam jemand auf die Idee, es einmal mit einem Kino zu versuchen. Das haben sie dann auch getan. Das ist jetzt einige Jahre her, und sie haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Warum? Am Sonntagmorgen sind die Kinopreise sehr günstig, weil zu dieser Zeit kaum jemand Filme schaut. So konnten sie ein Kino am Sonntagmorgen sehr preiswert mieten und dadurch viel Geld sparen.
Außerdem wurden sie dadurch in Innsbruck sehr bekannt – zwischenzeitlich sogar als „Kinogemeinde“. Manche, die nachts durchgemacht hatten und am Morgen noch einen Film sehen wollten, kamen zufällig ins Kino und fanden sich plötzlich im Gottesdienst wieder. Ich habe gehört, dass einige von ihnen geblieben sind. Nicht alle, aber manche sind geblieben und wurden sogar Gemeindeglieder.
Was ich damit sagen will: Diese Gemeinde hatte Raumprobleme. Doch anstatt unter Druck ein eigenes Gebäude zu suchen, gingen sie einen praktischen Weg. Man muss sich fragen: Wenn ein Gemeindegebäude sowieso nur dreimal pro Woche genutzt wird – sonntags für etwa zwei Stunden, einmal in der Woche für die Bibelstunde und einmal für die Jugendstunde – dann braucht man kein ganzes Gebäude zu unterhalten. Das kann man auch einfacher lösen.
Ich bin nicht dagegen, wenn eure Gemeinde ein schönes, prächtiges Gebäude hat. Das ist völlig in Ordnung, macht gerne so weiter. Aber hier sollte man den Fokus darauf legen, dass Gemeinde Gottes vor allem aus Menschen besteht. Darauf kommt es an. Timotheus wird aufgefordert, sich genau darum zu kümmern – das ist sehr wichtig.
Deshalb sollte das Hauptaugenmerk mehr auf der Leitung liegen, auf der Ältestenschaft, den Diakonen, der Seelsorge und der Verkündigung als auf den äußeren Dingen. Äußere Dinge können zwar eine Rolle spielen. Manche Menschen fühlen sich unwohl in einem hässlichen Gebäude. Aber letztlich, und das sollten uns die großen Kathedralen der Kirchen lehren, machen die Gebäude nicht den Unterschied.
Wichtig ist, dass die Menschen spüren, dass Gott gegenwärtig ist, dass sie angenommen sind und dass ihre Lebensprobleme angesprochen werden. Das ist das Entscheidende. Darauf kommt es letztlich an.
In den ersten Jahrhunderten der Kirche stellte sich diese Frage kaum, weil Christen damals nicht einmal erlaubt war, Gemeindegebäude zu bauen. Sie mieteten Räume, trafen sich im Freien, in Privathäusern oder an anderen Orten.
Denkt daran: Gemeinde, Haus Gottes, ist die Gemeinde des lebendigen Gottes. Es heißt hier: „Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit“. Damit ist natürlich die Wahrheit des Evangeliums gemeint. Die Gemeinde ist der Pfeiler des Evangeliums. Gott hat die Gemeinde ausgewählt, um die Wahrheit des Evangeliums in der Welt bekannt zu machen.
Das soll damit gesagt sein. Achtet darauf, denn das ist der Weg, den Gott erwählt hat. Wenn wir vorher „Mission Impossible“ gesehen haben, dann sind das die Leute, die Gott mit dieser unmöglichen Botschaft losschickt. Passt gut auf sie auf. Es gibt keine andere Variante dafür.
Das Geheimnis der Gottesfurcht und die Offenbarung Gottes in Christus
Und dann anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottesfurcht. Mit Gottesfurcht ist hier wiederum das Evangelium gemeint.
Gottesfurcht wird im Alten Testament besonders hervorgehoben. So heißt es zum Beispiel in den Sprüchen: „Der Weisheit Anfang ist die Furcht Gottes.“ Furcht Gottes bedeutet hier, die richtige Stellung zu Gott zu haben. Dabei ist nicht Angst gemeint, sondern Gott als den zu erkennen, der er wirklich ist.
Wir können sagen: Wie haben die Menschen letztendlich erkannt, wer Gott eigentlich ist? Sicherlich durch die Propheten des Alten Testaments, aber vor allem durch Jesus Christus, der gekommen ist. Ich habe das, glaube ich, schon einmal in den letzten Abenden zitiert. Da sagt Jesus selbst: „Wer den Vater erkennt, erkennt ihn nur durch den Sohn; und wem der Sohn es offenbart.“ Das heißt, eigentlich ist Gott für die Menschen unerkennbar, ein Geheimnis eben. Aber weil Jesus gekommen ist und uns offenbart hat, wer Gott ist, können wir ihn erkennen. Deshalb wird hier von einem Geheimnis gesprochen.
Wie ist dieses Geheimnis deutlich geworden? Gott ist offenbar geworden im Fleisch. Was heißt das? Hier ist gemeint, dass Jesus Mensch geworden ist. Das meint hier das Fleisch. Gott ist also nicht nur Geist geblieben, er war nicht irgendwo im Jenseits, sondern Gott ist materiell anfassbar geworden.
Im Johannesevangelium lesen wir: „Das Wort wurde Fleisch.“ Genau das ist hier gemeint. Das Wort steht im Johannesevangelium ganz am Anfang: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Und dann wurde das Wort Fleisch. Das ist hier genauso aufgenommen worden.
Dann wird gesagt: „Gesehen von den Engeln.“ Hier stellt sich die Frage, was damit im Einzelnen gemeint ist. In der Bibel lesen wir dazu nicht hundertprozentig genau etwas. Wir können aber sagen, dass die Engel irgendwo zugeschaut haben, als Gott Mensch geworden ist. Sie haben gesehen, wie Jesus gelebt hat.
An einigen Stellen lesen wir sogar, dass wir immer auch von der unsichtbaren Welt beobachtet werden. Das klingt fast unheimlich – wie in dem Buch von George Orwell, das man heute noch lesen kann: „Big Brother is watching you.“ Irgendwo ist also jemand, der ständig beobachtet.
Nur sind diese Engel uns nicht böse gesinnt. Zum Beispiel lesen wir bei der Kopfbedeckung der Frau im 1. Korinther 11, dass sie „um der Engel willen“ so handeln soll. Das heißt, die Engel schauen zu, was die Menschen tun, auch wenn wir sie nicht sehen.
Hier wird darauf hingewiesen, dass auch das, was Gott auf der Erde offenbart hat, ganz anfassbar, von diesen Engeln beobachtet wurde. Es wurde von den Engeln gesehen und verkündigt.
Nun, wo sind wir hier? „Im Fleisch, gerechtfertigt im Geist“ – das habe ich jetzt übersprungen. Gerechtfertigt im Geist ist natürlich auch wichtig. Das heißt, Jesus wurde vom Heiligen Geist geführt. Das merken wir schon am Anfang, wo gesagt wird, dass der Heilige Geist auf Jesus war.
Dann „gesehen von den Engeln“, das habe ich gerade erklärt. Danach „verkündigt er unter den Heiden.“ Hier geht Paulus auf den Aspekt der Heilsgeschichte ein, mit dem er selbst verbunden ist, denn Paulus ist ja derjenige, der den Heiden in erster Linie predigt.
Aber nicht nur das: Wenn man in die Bibel schaut, insbesondere ins Lukasevangelium, wird deutlich, dass Gott von Anfang an die gesamte Welt im Blick hatte. Dort steht, dass Jesus das Licht für die Heiden ist und so weiter.
Auch im Lukasevangelium wird klar, dass Jesus sich immer wieder den Heiden zuwendet. Zum Beispiel dem Hauptmann von Kapernaum, von dem Jesus später sagt, er wünsche sich, einen solchen Glauben in Israel gefunden zu haben wie bei ihm, einem Heiden.
Immer wieder werden Personen erwähnt, die keine Juden sind. Es wird deutlich, dass Jesus sich ihnen zuwendet. Das ist kein später Plan oder ein Zufall, sondern Gott hat das von Anfang an mitgeplant. Hier wird das von Paulus noch einmal erwähnt.
Dann heißt es: „Geglaubt in der Welt.“ Es wird verkündigt, und Menschen aus aller Herren Länder kommen und werden gläubig. Sie gehören plötzlich zum Haus Gottes und zur Gemeinde.
Dann werden sie aufgenommen in die Herrlichkeit. Hier wird Bezug genommen darauf, dass Jesus jetzt zur Rechten Gottes sitzt, uns dort Wohnungen bereitet und dass er einmal wiederkommen wird. Der ganze Blick in die Zukunft wird damit eröffnet.
Das ist so ein kleiner Einschub, den Paulus hier macht. Man merkt, dass das eigentliche Thema immer noch ist: Wie soll es denn in der Gemeinde laufen?
Im Blick auf die Gemeinde und wie man sich dort richtig verhalten soll, diskutiert Paulus auch, wie es in der Zukunft weitergehen wird. Dabei zieht er eine Verbindung zwischen der damaligen Gemeinde in Ephesus und der Gemeinde in der weiteren Zukunft.
Warnung vor Abfall und falschen Lehren in der Gemeinde
Ich lese jetzt den Abschnitt Kapitel 4, Verse 1 bis 5.
Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen zuwenden werden. Dies geschieht durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind. Sie verbieten zu heiraten und Speise zu genießen, die doch Gott geschaffen hat, damit sie mit Danksagung gebraucht werde von denen, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen.
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Danksagung empfangen wird, denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet.
Der Geist sagt also deutlich – das heißt zunächst, dass hier etwas klar ausgesprochen wird. Es gibt keine große Diskussion darüber, keine vagen Gefühle oder Spekulationen, die Paulus äußert. Vielmehr sagt er, dass es jedem, der die Augen aufmacht, klar sein muss.
Mit dem Geist ist natürlich der Geist Gottes gemeint, der durch Jesus spricht und der bei der Inspiration des Wortes Gottes die Federführung hat und Christen auch bis heute führt.
Was sagt er nun? Dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen werden. Hier stoßen wir auf eine schwierige theologische Frage: Was ist damit genau gemeint? Wenn wir allgemein hören „vom Glauben abfallen“, würden wahrscheinlich die meisten sagen, dass diese Menschen dann nicht mehr gläubig sind. Aber was ist die Konsequenz daraus? Heißt das, dass diese Menschen ewig verloren sind?
Denn eigentlich wissen wir: Gläubig sein heißt gerettet sein, ungläubig sein heißt verloren gehen. Wer die Bibel häufiger liest, dem fallen sicherlich einige Bibelstellen ein, zum Beispiel gerade im Römerbrief.
Dort heißt es: „Ihr seid untreu, und ich bin doch treu“, sagt Gott über seine Beziehung zum Volk Israel. Diese wird verglichen mit der Beziehung Gottes zu seinen Kindern in der Gemeinde. Das würde bedeuten, selbst wenn der Christ untreu ist, hält Gott trotzdem an dem Bund fest, den er mit dem Menschen geschlossen hat – so wie der Bund mit Israel, so der Bund mit demjenigen, der sich Gott anvertraut.
Weiter lesen wir im Römerbrief, was von der Liebe Gottes entscheidet. In Kapitel 8 zählt Paulus alle möglichen Dinge auf – Höhen und Tiefen, Engel und Fürsten und so weiter – und am Ende ist das Ergebnis: Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes. Gott hält an dieser Liebe fest, komme, was da wolle.
Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist jedoch, dass wir in der Bibel an manchen Stellen ermahnt werden, dass es offenbar Menschen gibt, die sich entweder für Christen halten oder möglicherweise Christen gewesen sind, aber entweder gar nie Christen waren und sich nur äußerlich angepasst haben, oder die irgendwann merken, spätestens in der Gegenwart Gottes, dass sie eigentlich gar nicht dazugehören.
Denn bei Gott gilt frommes Reden nicht – das ist viel zu wenig. Es muss echt sein, mit Wiedergeburt und Vergebung der Schuld.
Ich habe gesagt, dass es ein paar Stellen gibt, die uns zum Nachdenken bringen können, ob das denn nun sicher und fest ist oder ob es auch verlierbar ist, wie man manchmal sagt.
Ich möchte hier zu zwei Stellen aus dem Hebräerbrief lesen, die eine ähnliche Aussage machen wie das, was wir gerade bei Paulus im ersten Timotheusbrief gelesen haben.
Erstens: Hebräer 3,12. Dort steht:
„Habt acht, ihr Brüder, dass nicht in einem von euch ein böses, ungläubiges Herz sei, das im Begriff ist, von dem lebendigen Gott abzufallen. Ermahnt einander vielmehr jeden Tag, solange es heute heißt, damit nicht jemand unter euch verstockt wird durch den Betrug der Sünde.“
Dann geht es noch ein Stück weiter. Hier wird ebenfalls davon gesprochen, dass manche Menschen verstockt werden können. Paulus spricht hier von „Brüdern“, also offenbar Gläubigen, und warnt davor, dass nicht ein böses, ungläubiges Herz in ihnen aufkommt, damit sie nicht von Gott abfallen.
Scheinbar gibt es hier also auch etwas wie ein Abfallen von Gott.
Kapitel 6, Vers 6 ist dann noch einmal ähnlich. Ich lese ab Vers 3, damit wir den Zusammenhang haben:
„Und das wollen wir also tun, wenn Gott es zulässt. Denn es ist unmöglich, die, welche einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und dem Heiligen Geist teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes geschmeckt haben, dazu die Kräfte der künftigen Weltzeit, und die dann abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da sie für sich selbst den Sohn Gottes wiederum kreuzigen und zum Gespött machen.“
Hier sind Menschen gemeint, die vom Heiligen Geist erfüllt wurden, die die himmlische Gabe Gottes geschmeckt haben, das gute Wort Gottes kennengelernt haben, und dann durch die Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist, mit dem Geist der Welt konfrontiert wurden und abgefallen sind. Für diese sei es nicht möglich, zurückzukehren.
Das sind Worte, die uns zum ernsthaften Nachdenken anspornen sollten. Wir sollten die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen, als wäre es so, dass einmal Kirchenmitglied oder einmal gebetet, einmal um Sündenvergebung gebeten – zack, das ist alles geritzt und in Ordnung.
Ich glaube, wir haben in der Bibel immer wieder den Hinweis, dass derjenige, der wirklich Kind Gottes geworden ist, dass es dann eine Folge davon gibt, weil Gott in dem Menschen wirksam ist.
Das finden wir ja schon bei Jesus. Ich habe es auch schon erwähnt: Der gute Baum bringt gute Früchte, der schlechte schlechte. Es geht gar nicht anders. Du kannst einem Apfelbaum nicht verbieten, Äpfel zu tragen. Manchmal bekommt er trotzdem keine, aber das liegt nicht am Baum und nicht an deinem Befehl, sondern vielleicht an Schädlingen oder Ähnlichem. Normalerweise tut der Baum das, es ist keine Willensentscheidung. Und der schlechte Baum bringt schlechte Früchte.
Es geht hier nicht darum, dass du durch deine guten Taten gerettet wirst – das nicht – aber Paulus und wahrscheinlich auch der Hebräerbrief weisen darauf hin, dass es die Möglichkeit gibt, dass Leute am Glauben Schaden nehmen, vollkommen davon wegkommen, von Gott abfallen.
Was die Konsequenz ist, möchte ich jetzt nicht spekulieren. Aber dass das Glaubensleben nicht hundertprozentig sicher ist, sondern eine Sache, um die gekämpft wird und die Einsatz fordert, das ist hier ganz deutlich.
Daher wird ermahnt: Bleibt dran, gebt nicht auf.
Deshalb sollten wir nicht zu leichtfertig zu anderen Christen sagen: „Ach, du hast dich einmal bekehrt, jetzt kannst du machen, was du willst.“ Hoffentlich tut das niemand, denn das wäre nicht das Evangelium der Bibel. So etwas war nicht da.
Jesus hat schon gar nicht so geredet. Wenn du Jesu Nachfolger werden willst, lies mal, was er gesagt hat. Er macht es den Leuten eher schwer: „Wer sein Kreuz nicht aufnehmen will und mir nachfolgen will, der kann nicht mein Jünger sein.“ „Wenn du nicht alles zurücklässt, was du hast, kannst du nicht mein Jünger sein“ und so weiter.
Christsein heißt nicht nur, irgendwann mal gebetet zu haben. Das wird hier, glaube ich, deutlich.
Christsein ist auch Nachfolge. Es ist auch angefochten.
Wenn dann steht, dass am Ende manche abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren von Dämonen zuwenden, steht da, dass dieser Abfall insbesondere in der Endzeit stattfinden wird.
Das lesen wir an mehreren Stellen in der Offenbarung, aber auch in 1. Johannes 2,18:
„Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind jetzt viele Antichristen aufgetreten. Daran erkennen wir, dass die letzte Stunde ist. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so wären sie doch bei uns geblieben. Aber es sollte offenbar werden, dass sie alle nicht von uns sind.“
Hier geht es weiter. Offenbar waren Leute, die vorgegeben haben, zu Jesus zu gehören, und in dieser Zeit, in der der Antichrist aufgetreten ist, wurden plötzlich viele zu Antichristen. Sie haben sich ihm angeschlossen und wurden seine Anhänger.
Das heißt, es sind scheinbar einige, die aus dem frommen Umkreis der Gemeinde maßgeblich zu diesem Abfall von Gott beigetragen haben.
Deshalb spekulieren manche Ausleger, ob der Antichrist letztendlich vielleicht ein Frommer ist und nicht etwa ein Muslim oder Kommunist.
Diese Textstellen deuten darauf hin, dass es jemand ist, der fromm reden kann, die Menschen begeistert, und es sich sogar christlich anhört. Aber Vorsicht: Nicht alles, was sich christlich anhört, ist es auch.
Im Matthäus 24, der großen Endzeitrede Jesu, geht er weiter. In Kapitel 25 erwähnt er dreimal, dass Christen in der Endzeit verführt werden können und abfallen können.
Die Ermahnung lautet natürlich: Pass genau auf, lass dich von dieser Verführung nicht mitreißen.
Zuerst wird davon gesprochen, dass irreführende Geister die Christen von Gott wegbringen können. Geister kann hier so viel bedeuten wie Gedanken oder auch Menschen.
Wenn dann von Lehren von Dämonen die Rede ist, ist das Ganze übernatürlich. Bei „Geister“ können mehrere Bedeutungen gemeint sein: Menschen, innere Anfechtung, vielleicht auch Menschen.
Wenn wir in die heutige Zeit hineinschauen, gibt es Menschen, die ihre persönliche Freiheit als absoluten Maßstab in den Mittelpunkt stellen. „Keiner hat mir etwas zu sagen. Ich bestimme alles selbst in meinem Leben.“
Das könnte ein irreführender Geist sein.
So ein irreführender Geist könnte auch das sein, was wir in manchen Sekten finden.
Wahrscheinlich sind wir in der Gemeinde heute weniger für Sekten anfällig, wobei ich da manchmal Zweifel habe.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Gruppen kennengelernt, die aus christlichen Gemeinden entstanden sind und irgendwann sektierisch wurden, mit abstrusesten Lehrern, bei denen man nicht gedacht hätte, dass man ihnen nachgeht.
Gerade in der letzten Freizeit war zum Beispiel jemand aus einer Gemeinde hier, die eine Gemeindespaltung hatte, weil sie einen evangelikalen Prediger namens Ivo Sasek eingeladen hatten.
Er hat gepredigt, und mit der Zeit kam die Hälfte der Gemeinde in eine extremistische, gesetzliche Richtung hinein.
Der Mann zieht Tausende, im wahrsten Wortsinne Tausende, insbesondere im deutschsprachigen Raum an. Er hat sein Hauptquartier in Walzenhausen in der Schweiz, aber auch in Deutschland gibt es zwei Gemeinden und Gruppen, die alle darauf ausgerichtet sind.
Der Mann war mal Bibelschüler – nicht an der Bibelschule Brake, zum Glück nicht hier, sondern an einer anderen Bibelschule in der Schweiz. Er war erst Prediger in der Freien evangelischen Gemeinde (FEG) und später entwickelte sich das Ganze überdreht mit sektiererischen Lehren.
Er verbreitet ganz abstruse Lehren. So behauptet er zum Beispiel, dass hinter dem Impfen der Kinder eine Verschwörung stehe, und dass Kinder dadurch abhängig oder geschädigt werden sollen. Deshalb fordert er alle Eltern auf, ihre Kinder nicht impfen zu lassen.
Außerdem hat er aus der Bibel die Erkenntnis gewonnen, dass die Reinkarnation richtig sei und dass letztendlich alle gerettet werden, weil alle irgendwann wieder reinkarniert werden und sich bekehren.
Ich könnte noch mehr solcher Lehren aufzählen, die am Anfang nicht deutlich werden, sondern mit der Zeit immer mehr wachsen, bis man plötzlich darin gefangen ist.
Hier ist eine Warnung vor irreführenden Geistern.
Irreführung bedeutet, dass jemand dich an die Hand nehmen will, der dein Führer sein möchte und dir zeigt, wohin es geht – aber er führt dich auf den falschen Weg.
Christen sind dafür anfällig, nicht der Ungläubige, der ja sowieso schon in der Gottferne ist und desorientiert in geistlichen Dingen.
Doch auch Christen können von Gott weggeführt werden.
In christlichen Gemeinden habe ich das im letzten Jahr an mehreren Stellen deutlich gesehen.
Ich habe mich mit meiner Frau darüber unterhalten, sie hat mir immer wieder etwas ausgeschnitten und vorgelesen.
In der westlichen Christenheit gibt es gerade eine starke Tendenz, dass Gott nur noch dafür da ist, dass du das Leben genießen kannst.
Bei einer Frauenveranstaltung in Detmold gab es zum Beispiel eine Einladung mit der Überschrift „Das Leben genießen“. Im Programm war von der Bibel kaum die Rede, auch nicht davon, dass es Leiden im Leben gibt.
Es wurde vor allem betont, dass Gott will, dass du das Leben genießt, dafür ist er da.
Das wird auch ausgedrückt in Aussagen wie „Du bist wertvoll“. Ein bisschen biblische Wahrheit steckt darin, aber die Bibel sagt auch: „Du bist ein Sünder.“
Wer würde das schon an die Wand hängen?
Paulus tut das ja schon. Er sagt, er sei der Hinterletzte und alles, was er gemacht hat, sei nichts wert.
Paulus hält scheinbar nicht viel von sich als Person.
Ich meine nicht, dass jemand depressiv werden soll, aber wenn wir ehrlich sind, dann sind wir doch alle Sünder.
Sünder klingt noch lieb und nett, aber in den Augen Gottes sind sie Verbrecher, die die Todesstrafe verdienen.
Das ist Gottes Sicht.
Und immer mehr Menschen hören nur noch: „Du bist wichtig, du bist schön, du bist wertvoll, du bist toll.“
Gott ist nur noch dafür da, uns das jeden Tag zu sagen.
Zwischenzeitlich gibt es sogar Aufkleber, die man sich morgens an den Spiegel kleben kann: „Gott sagt dir, du bist schön.“
Diese Aussagen sind nicht völlig falsch, aber ich habe den Eindruck, dass sie vom eigentlichen Evangelium wegführen.
Denn nehmen wir an, du bist hässlich – dann hilft dir so ein bisschen neurolinguistisches Programmieren, jeden Morgen zu sagen: „Ich bin schön, ich bin schön, und Gott sagt es auch noch“, nicht wirklich.
Dann müsste die Gemeinde wohl eine Gesichtschirurgie bezahlen.
Nein, das ist nicht der Auftrag Gottes und auch nicht der Auftrag der Gemeinde.
Lest mal die Bibel. Dort gibt es zwar Stellen, die sagen, du bist wertvoll, weil du Geschöpf Gottes bist.
Aber was ist mit den anderen Stellen? Wo kommen die vor?
Ich habe den Eindruck, es gibt eine Einseitigkeit.
Nicht, dass diese Botschaft völlig falsch wäre, das stimmt schon, aber sie ist nur ein Teil des Evangeliums.
Und zwar ein Teil, der stark auf unser Selbstbewusstsein ausgerichtet ist.
Das hören wir gerne.
Ist das nicht genau das, wovor Paulus warnt?
In der letzten Zeit werden die Menschen falschen Lehrern nachlaufen, die lehren, was ihnen in den Ohren juckt.
Mit „in den Ohren jucken“ ist nicht gemeint, dass es unangenehm ist, sondern dass es etwas ist, was sie gerne hören – etwas, das ihnen wie Öl herunterläuft.
Könnte das nicht genau das sein?
Hört man nicht lieber das, als dass Gott dir sagt: „Du bist auf dem falschen Dampfer, du musst etwas verändern, was du machst, das ist nicht in Ordnung.“
Wenn wir die Bibel lesen, bekommen wir beides: Streicheleinheiten und Ermahnung.
Aber ich habe den Eindruck, dass viele Bücher, die ich im Herbst 2010 gesehen habe, genau in diese Richtung gehen.
Das Leben als Christ sei leicht und unbeschwert.
Auf den Bildern sieht man hübsche junge Männer und Frauen, die lachend über eine Wiese springen und das Leben im Überfluss genießen.
Diese Christen sind oft nur Models aus dem Internet, häufig gar nicht gläubig.
Das wird suggeriert.
Ich habe den Eindruck, das ist ein falscher Dampfer, eine falsche Richtung.
Das könnte so etwas sein wie die irreführenden Geister – eine Irreführung weg vom eigentlichen Evangelium.
Nicht mehr das Evangelium steht im Zentrum, sondern etwas anderes.
Das ist natürlich nicht die einzige Ursache für Irreführung, aber ein wichtiger Punkt.
Dann steht da als Nächstes, dass sie sich Lehren von Dämonen zuwenden.
Hier wird deutlich gemacht, dass Verführung in der Gemeinde nicht nur ein Zufall ist.
Wenn jemand auf dumme Ideen kommt, dann kommen diese nicht immer nur aus der Person selbst.
Er muss nicht besessen sein, aber letztlich ist das Interesse des Teufels, die Gemeinde zu zerstören.
Das kann auch darin liegen, dass religiös engagierte Menschen auf falsche Gleise geführt werden.
Sie fühlen sich noch wohl, sind noch Christen oder meinen es zumindest, aber sie sind auf dem falschen Gleis.
Hinter den falschen Geistern, den irreführenden Geistern, steht oft das Interesse übernatürlicher Mächte, wie hier von Dämonen erwähnt.
Dann wird noch etwas weiter gesagt, wodurch diese Irrlehrenden im irdischen Bereich auffallen.
Mit den Dämonen sehen wir das nicht, deshalb können wir auch nicht viel spekulieren oder gegen sie kämpfen. Das überlassen wir Gott.
Das Irdische aber, das sehen wir.
In Vers 2 heißt es:
„Durch die Heuchelei von Lügenrednern wird die Gemeinde verführt.“
Heuchelei bedeutet, dass jemand äußerlich fromm aussieht.
Ein Heuchler ist jemand, bei dem das, was er sagt, nicht mit der Realität übereinstimmt.
Das ist eine große Gefahr in der Gemeinde.
Menschen, die äußerlich fromm tun, aber innerlich nichts mit dem Frommen zu tun haben.
Weil man Vertrauen zu ihnen hat, folgt man ihnen.
Ich glaube, ich habe euch von solchen Finanzgeschäften erzählt.
Der Leiter dieser Organisation heißt Paul Traxel. Er ist Leiter des Missionswerks All Nations mit Sitz in Bonn und in manchen Dingen engagiert.
Viele Bibelschüler haben mir gesagt: „Ich würde mein Geld dort nicht anlegen, aber er ist Christ, meint es ehrlich und gut, das muss doch richtig sein.“
Manche sagten auch: „Er betet sogar für die Anlagen, und die Hälfte des Gewinns verspricht er der Mission.“
Ich sagte ihnen: „Bewertet die Anlagen von Gläubigen genauso wie von Ungläubigen. Wenn du beim Ungläubigen nicht anlegen würdest, dann gib ihm auch kein Geld.“
Christen sollen vorbildlich leben im Geschäftsleben, aber sie tun es nicht immer.
Manche haben genauer hingeschaut und gesagt: „Michael, wir können das Geld nicht anlegen.“
Vor etwa eineinhalb Wochen gab es eine Meldung aus Bonn, dass er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Nach eineinhalb Jahren Geschäft ist die Firma noch nicht pleite.
Letzte Woche habe ich mit Leuten gesprochen, die noch Geld anlegen wollen, obwohl sie nichts von den Problemen wissen.
Er sagt es nicht, nimmt aber gern neues Geld an.
Das klingt äußerlich fromm, aber ich würde es eher als Heuchelei bezeichnen.
Er sagt zum Beispiel, es sei wichtig, dass die Leute nicht geldgierig werden, verspricht aber 260 % Gewinn im Jahr.
Ich frage: Wie soll das funktionieren? Du willst den Leuten sagen, nicht geldgierig zu sein, aber alle kommen wegen Geldgier.
Man könnte sagen, das war alles von langer Hand geplant und am Ende sagt er: „Ihr seid bestraft wegen eurer Geldgier, jetzt ist das Geld weg.“
Das wäre eine geistliche Motivation.
Aber ich glaube nicht, dass es so gemeint war.
Er hat mir das nicht so gesagt.
Das klingt für mich wie Heuchelei.
Er wirbt junge Leute an, die keine Berufsausbildung haben, für eine sechs Wochen dauernde Ausbildung zum Devisentrader.
Das erste Ziel, das er ihnen setzt, ist, Millionen zu gewinnen.
Wenn sie das schaffen, bekommt jeder 500.000 Euro.
Ich fragte mich: Wie passt das mit Geldgier zusammen?
Er hielt ihnen eine Andacht, dass Geld nicht gut sei.
Aber das ist Heuchelei.
Heuchelei kann auch anders aussehen.
In der Gemeinde sage ich: „Ich bin fromm und liebe alle“, aber im Job fluche ich und mache Kollegen oder Kunden fertig.
Das ist auch Heuchelei.
Ich sage nicht, dass Gemeindeleute andere fertig machen, aber ich sage: Sei ehrlich und gib zu, wenn du falsch handelst.
Bitte Jesus um Vergebung.
Verändere das, was falsch ist.
Nicht weitermachen, obwohl du weißt, dass es falsch ist.
Manche sagen: „Ich bin halt ehrlich.“
Ehrlichkeit in dieser Art wird in der Bibel nicht gelobt.
„Dann kommst du auch ehrlich in die Hölle“, heißt es manchmal.
Der ehrliche Mörder kommt ehrlich in die Hölle, der ehrliche Lügner auch.
Natürlich ist Gott für Ehrlichkeit, aber noch besser ist Heiligkeit.
Noch besser ist, einzugestehen: „Ich bin Sünder“ und umzukehren.
Hier wird gesagt, dass gerade Heuchler und Lügenredner eine besondere Gefahr für die Gemeinde sind.
Diese Lügenredner meinen etwas anderes, als sie sagen.
Sie sind gebrandmarkt an ihrem Gewissen.
Brandmarkung gab es in der Antike, zum Beispiel bei Sklaven.
Wer verhindern wollte, dass ein Sklave abhaut, brannte ihm ein Zeichen ein.
So konnte man sehen, wem er gehörte.
Hier wird gesagt, dass diese Leute auch gebrandmarkt sind.
Man erkennt, dass sie Lügner sind – an ihrem Gewissen.
Wir können nicht in das Gewissen der Menschen schauen, aber wofür ist das Gewissen da?
Es sagt uns, was richtig und was falsch ist.
Das Augenmerk liegt darauf: Schau genau hin, nicht nur was die Leute sagen, sondern auch, wie sie ihrem Gewissen folgen.
Tun sie, was ihr Gewissen ihnen sagt?
Natürlich fragst du: Wie kann ich wissen, was ihr Gewissen sagt?
Ihr Gewissen sagt ihnen dasselbe, was dein Gewissen dir sagt, zumindest prinzipiell.
Denn unser Gewissen als Gläubige wird vom Heiligen Geist geleitet.
Der Heilige Geist sagt allen dasselbe.
Wenn sie dem nicht folgen, achte nicht nur auf ihre Worte, sondern auch auf ihre Taten und ihre Ethik.
Das bezieht sich besonders darauf, dass es damals und heute Menschen gibt, die meinen, sie können gerettet werden, aber wie sie leben, sei egal.
Unter anderem deshalb, weil sie denken: „Ach, ich bin doch sicher, kann machen, was ich will, bin sowieso gerettet.“
Das ist ein Thema, das wir gerade hatten.
Nein, so geht es nicht.
Manche meinen auch, der Körper und das Irdische vergehen sowieso, darauf legt Gott keinen Wert, nur auf das Innere.
Ich habe mit einem Mann zusammengearbeitet, der Anthroposoph war.
Ich war Nachtportier in einem Hotel in der Nähe von Basel, und er war dort bei einer Schulung.
Wir kamen ins Gespräch.
Er sagte ernsthaft: „Das macht alles nichts aus, meine Seele entwickelt sich weiter, was mit meinem Körper ist, spielt keine Rolle.“
Er rauchte ständig, hatte wechselnde Freundschaften mit Frauen und hat im Hotel gestohlen.
Aber das sei nur der Körper, das Äußere.
Seine Astralseele entwickle sich weiter, er sei auf einem höheren sphärischen Niveau.
Das klingt toll, aber in der Ethik spielt das keine Rolle.
So ist es gemeint mit denen, die in ihrem Gewissen gebrandmarkt sind, also bei denen Äußeres und Inneres nicht übereinstimmen.
Jetzt kommen ein paar Beispiele, was diese Leute damals in Ephesus gesagt haben.
Diese Beispiele sind nur Ausschnitte.
Sie verbieten zu heiraten und Speisen zu genießen, die Gott geschaffen hat.
Sie verbieten zu heiraten – das waren wahrscheinlich keine Leute aus jüdischem Hintergrund, denn für Juden gehörte Heirat einfach dazu.
Es gab zwar ein paar Ledige, aber die meisten waren verheiratet.
Das war im Alten Testament klar.
In der Kirchengeschichte bis heute gibt es immer wieder Leute, die Sexualität religiös verbinden – entweder mit ausschweifender Sexualität oder mit strengen Regeln.
Zum Beispiel Eva von Butler in der Erweckungsbewegung in Deutschland.
Sie nannte sich Mutter Eva und meinte, zusammen mit zwei Studenten – einem Theologiestudenten und einem Medizinstudenten – verkörpere sie die himmlische Trinität.
Die neuen sündlosen Kinder könnten nur durch Geschlechtsverkehr mit Mutter Eva geboren werden.
Da wurde Sexualität religiös überhöht.
Vielleicht kennt ihr auch die Sekte „Children of Love“ (Kinder Gottes).
Wir hatten vor einigen Jahren jemanden in der Freizeit, der ehemals bei dieser Gruppe war und erzählte, wie dort Sexualität und Glaube stark verbunden waren.
Es gibt aber auch andere, die sexuelle Regeln aufstellen, etwa die Ansicht, Sexualität sei etwas Anrüchiges, man solle nichts damit zu tun haben.
Solche Leute kennt ihr vielleicht auch.
Schon der Blick eines jungen Mannes auf ein junges Mädchen gilt als Fleischeslust und soll vermieden werden.
Am liebsten hätten sie, dass Paare mit Schleier heiraten und sich erst vor dem Trauertal sehen.
Das ist aber nicht biblisch.
So ähnlich gibt es das in der katholischen Kirche, wo Priester nicht heiraten dürfen.
Wo steht das biblisch?
Im Alten Testament waren alle Priester verheiratet.
Zur Zeit Jesu waren die Jünger verheiratet, soweit bekannt – außer Paulus, der nicht, aber Petrus zum Beispiel schon, der erste Papst.
Es gab also eine Übersensibilität gegenüber Sexualität – einmal Überbewertung, einmal Ablehnung.
Zur Zeit von Graf von Zinzendorf gab es eine spezielle Eheethik.
Er war zwischen 18 und 20 Jahre alt, als er in Ebersdorf Verwandte besuchte.
Dort traf er Erdmuthe Dorothea, die er heiratete.
An dem Hof war ein bekannter Erweckungsprediger namens Hochmann von Hohenau.
Er hatte eine spezielle Eheethik entwickelt.
Er unterschied zwischen der tierischen Ehe – wenn Mann und Frau aus sexueller Anziehung zusammen schlafen, was nicht in Frage kommt – der seelischen Ehe, bei der gläubige Paare nur zusammen schlafen, um Nachkommen zu zeugen, und der geistigen Ehe.
Die geistige Ehe war für die ganz weit entwickelten und Heiligen, die wie Bruder und Schwester zusammenleben, ohne zu merken, dass sie Mann und Frau sind, sondern nur für das Reich Gottes engagiert.
Erdmuthe Dorothea war begeistert und wollte mit Zinzendorf nur eine geistige Ehe führen.
Sie führten einen schönen Briefwechsel darüber.
Sie meinten es ernst.
Aber sie blieben nicht dabei, denn sie bekamen zahlreiche Kinder.
Das heißt, sie konnten den geistigen Status der Ehe nicht durchhalten.
Biblisch ist das nicht ganz.
Wir müssen hier einen Ausgleich finden.
Heute gibt es in der Gesellschaft eine Sondersituation: Auf der einen Seite gibt es religiöse Gemeinschaften mit strengen Regeln, auf der anderen Seite eine vollständige sexuelle Enthemmung.
Beides ist falsch.
Sexualität fasziniert Menschen auf beiden Seiten.
Wir brauchen eine Ausgewogenheit, die nur Gott geben kann.
Damals gab es Irrlehrer, die Sexualität missbrauchten.
Sie verbieten zu heiraten und Speisen zu genießen.
Kennt das nicht auch jemand heute?
Ich weiß nicht, ob ihr die Adventisten kennt.
Dort gibt es Speiseverbote.
Bei den Zeugen Jehovas gibt es auch Speisevorschriften.
Die Kirchengeschichte ist voll davon.
Ich habe Bücher gelesen, die begründen, dass Christen Vegetarier sein müssen, weil im Schöpfungsbericht nur Früchte und Kräuter gegessen wurden.
Ich würde dem Autor gerne sagen: Wie ist das mit Jesus?
Was ist mit dem Passalam, das er gegessen hat?
Was machen die Stammväter wie Abraham mit ihrem Vieh?
Natürlich haben sie Fleisch gegessen.
Sogar Engel kamen zu Abraham und aßen mit ihm.
Also stimmt das wohl nicht ganz.
Ich hoffe, ich trete niemandem auf die Füße, der gerade auf der Ökoschiene ist.
Es ist ja nicht verboten, Gemüse und Körner zu essen.
Das ist erlaubt.
Aber wir dürfen daraus kein religiöses Gesetz machen.
Das eine zu essen ist gut, das andere nicht verboten.
Verbindet Essen nicht mit Religion und Glauben.
Deshalb heißt es, mit Danksagung soll es gebraucht werden von denen, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen.
Man fragt sich: Warum sollen Sexualität und Essen nur von denen gebraucht werden, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen?
In Vers 3 steht: Sie verbieten zu heiraten und Speisen zu genießen, die Gott geschaffen hat, damit sie mit Danksagung gebraucht werden von denen, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen.
Hier müsst ihr auf Details achten.
Nicht das Essen ist gemeint.
Sexualität ist nur für Gläubige geschaffen, aber sie ist dafür geschaffen, dass sie gebraucht wird – weil sie die Ordnung Gottes kennen, in deren Rahmen sie sinnvoll genutzt wird.
Der Ungläubige missbraucht diese Dinge meistens.
Das sehen wir auch in unserer Gesellschaft.
Jemand, der übermäßig isst oder Gourmet ist, für den ist der Bauch sein Gott – das ist Missbrauch der Nahrung.
Oder der Asket, der gar nichts mehr isst.
Das gab es auch in der frühen Kirche.
Manche meinten, besonders heilig zu sein, wenn sie sich etwa fünfzehn Jahre lang nicht wuschen.
Ich weiß nicht, ob es angenehm war, mit denen zusammen zu sein.
Sie meinten, das sei ein Zeichen von Gott, weil sie den Körper nicht achten, der Körper sei nichts, der Geist sei alles.
Ein anderer hatte eine besondere Speisregel: Er versalztes Essen und trank nichts dazu.
Heute würden Ärzte sagen, das sei schädlich.
Aber er meinte, das sei ein Zeichen besonderer Askese vor Gott.
Es gibt also Menschen, die Sexualität und Essen entweder übermäßig oder außerhalb der Regeln Gottes nutzen.
Wir kennen Prostitution, Ehebruch und ähnliche Geschichten.
Andere gehen in die Askese und sagen: Gar nichts davon.
Diejenigen, die Gott kennen, haben die Möglichkeit, diese von Gott geschaffenen Gaben richtig und ausgewogen zu gebrauchen.
Das ist hier gemeint.
Wenn es heißt: Gott hat es für die Gläubigen geschaffen, dann sind das diejenigen, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen.
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Danksagung empfangen wird.
Hier wird wieder betont: Nahrung und Sexualität sind gut, aber denk an die Danksagung.
Das heißt nicht nur, danke zu sagen, sondern bewusst zu sein, dass es von Gott kommt.
Gott gibt die Regeln und die Ordnung, wie man diese Dinge richtig gebraucht und einsetzt.
Dann steht: Denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet.
Ermahnung zur guten Lehre und Gottesfurcht
Dann, ehe ich jetzt zum nächsten Abschnitt komme, müsste ich erst einmal sehen, wie spät es ist. Ich bin hier wirklich ganz unfähig, da hinten die Uhr zu erkennen. Wir haben aber noch ein bisschen Zeit. Also, falls jemand einen Spruch erheben möchte, dann gerne. Ansonsten mache ich noch ein wenig weiter im Text. Wir werden nicht mehr bis zum Ende des Kapitels kommen, aber ein Stückchen weiter.
Ich lese jetzt erst einmal die nächsten drei Verse:
„Wenn du dies den Brüdern vor Augen stellst, wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein, der sich nährt mit den Worten des Glaubens und der guten Lehre, der du nachgefolgt bist. Die unheiligen Altweiberlegenden aber weise ab, dagegen übe dich in Gottesfurcht, denn die leibliche Übung ist zu wenig nütze.“
Hört, die Gottesfurcht! Na ja, das ist jetzt der Trost für all diejenigen, die nicht regelmäßig Sport betreiben. Wobei ich gleich noch zum Vers komme, damit ihr das nicht missversteht: Das heißt nämlich nicht, dass Sport schlecht ist. Das steht hier nicht. Die Gottesfurcht aber ist für alles nützlich, da sie die Verheißung für dieses und für das zukünftige Leben hat.
Also erst mal zu diesem Abschnitt: „Wenn du dies den Brüdern vor Augen stellst“ – dieses Vor-Augen-Stellen meint nicht befehlen, sondern eher ein mildes Wort, wie raten, wie Vorbild sein, wie beraten. Es heißt, dabei vor Augen stellen. Das Folgende, was jetzt kommt, ist kein Befehl, sondern eher eine seelsorgerliche Beratung, die Timotheus in der Gemeinde geben soll.
Manche der Punkte, die wir da haben, sind uns ja auch schon vorher begegnet. Also, wenn du das vor Augen stellst, wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein. Willst du ein guter Diener Jesu Christi sein? Hier wieder der Hinweis darauf, dass es gute und schlechte Diener gibt – je nachdem, was du tust. Wenn du das tust, was Jesus will, bist du ein guter Diener. Wenn nicht, dann eben nicht.
Was zeichnet den guten Diener aus? Den guten Diener Jesu Christi zeichnet aus, dass er sich nährt mit den Worten des Glaubens und der guten Lehre. Diese Beschreibung finde ich eigentlich recht eindrücklich. Es wird das Bild der Ernährung benutzt, aber es geht hier ja gar nicht um Essen und Trinken. Warum macht Paulus das?
Ich glaube, weil das so eine Assoziation auslöst. Essen und Trinken tun wir ganz automatisch. Wir wissen auch, wenn wir nicht essen oder trinken, sterben wir früher oder später. Eine Zeit lang halten wir das aus, aber dann sterben wir. Ich glaube, genau diese Assoziation, dass Essen etwas Schönes und lebensnotwendig ist und dass wir Essen regelmäßig zu uns nehmen, greift Paulus hier auf und sagt: Genau so soll es auch mit den Worten des Glaubens und der guten Lehre sein.
Worte des Glaubens – da könnten wir jetzt sagen, das ist eben die Predigt zum Beispiel, das ist das Lesen des Wortes Gottes, genauso wie die Lehre. In beiden geht es deutlich darum: Du musst dich intensiv, so wie du dich im Körperlichen ernährst, auch geistlich ernähren. Es gibt keine andere Möglichkeit, als dich immer wieder mit dem Denken und Reden Gottes auseinanderzusetzen. Das heißt: die Bibel, Predigt, Gemeinschaft mit Christen.
Wenn du das nicht tust, dann bekommst du Mangelernährung, Unterernährung. Dann stagniert dein geistliches Leben. Und wenn ihr das nicht schon mal selbst erlebt habt, könnt ihr ja einen Eigenversuch machen: Lest mal eine Zeit lang nicht in der Bibel. Das Leben geht weiter, aber ihr werdet merken, das Leben wird immer flacher als Glaubensleben. Irgendwann bist du geistlich verhungert, es ist immer dürrer, es kommt nichts mehr dabei.
Ich denke, hier will Paulus uns herausfordern: Der gute Diener Jesu Christi, der Timotheus, der auch für uns ein Vorbild ist, ernährt sich geistlich mit dem Wort Gottes und mit der Lehre. Das heißt, er baut darauf auf, nicht auf Spekulationen oder irgendwelche selbst ausgedachten Dinge, sondern auf das, was aus dem Wort Gottes hervorgeht. Das ist wichtig für jemanden, der Leiter in der Gemeinde ist. Also der Lehre, der auch nachgefolgt ist.
Dann Vers sieben: „Die unheiligen Altweiberlegenden aber weise ab, dagegen übe dich in Gottesfurcht.“ Hier werden zwei Dinge einander gegenübergestellt: das eine ist falsch, das andere richtig. Altweiberlegenden – was könnte das noch sein? Ich habe ja gesagt, damals gab es viele Spekulationen über die Namen Gottes, über die Geschlechtsregister des Alten Testaments, über Zeitabläufe, Berechnungen und so weiter. Das kann man alles machen.
Wenn wir uns heute die Frage stellen, ist das ja nicht mehr ganz so häufig. Allerdings habe ich in meiner Gemeindepraxis den Eindruck, dass vielen Christen das heute durchaus ähnlich geht, vielleicht auch manchen Nichtchristen.
Erinnert ihr euch noch an den Boom, den es gegeben hat mit dem Buch „Das Sakrileg“? Das war ja nicht das einzige. Es gab Filme danach und Folgebücher, dann gleich zwanzig Nachfolger- oder Nachahmerbücher, die ein ähnliches Konzept aufgenommen haben, Sachbücher darüber. In Deutschland haben lange nicht so viele Leute sich mit der Bibel auseinandergesetzt.
Nur haben sie sich vernünftig mit der Bibel auseinandergesetzt? Nein. Die meisten haben die Bibel gar nie gelesen, sondern mit Begeisterung diese Bücher verschlungen. Das waren ja Hunderttausende in Deutschland, die das getan haben. Die haben diese Bücher verschluckt und waren hinterher alle „Experten“ darin. Sie wussten Bescheid, dass es apokryphe Evangelien gibt, das Maria-Magdalena-Evangelium, dass darin steht, Jesus sei verheiratet gewesen, und die Kirche habe das alles unterdrückt.
Das waren plötzlich Spezialisten darin, was alles in den apokryphen Evangelien steht. Paulus würde sagen: „Hey, lass doch diese Altweiberlegenden! Schau lieber ins Original rein!“ In manchen der Bücher standen auch Originaltexte, das stimmt. Zum Beispiel das Maria-Magdalena-Evangelium ist ein Original, aber aus dem dritten Jahrhundert und pseudonym verfasst. Wir kennen den Autor nicht, es wurde in der Gemeinde nie akzeptiert und deshalb auch nie unterdrückt.
Jetzt überlege mal: Kann Maria Magdalena im dritten Jahrhundert nach Christus ihre Lebensgeschichte aufschreiben? Mit normalen Mitteln jedenfalls nicht. Das müsste höchstens mehr aus dem Jenseits diktiert worden sein, aber sonst eigentlich nicht. Da war sie lange tot. Dieses Evangelium ist für das Leben Jesu vollkommen wertlos, weshalb man nie darüber diskutiert hat.
Aber Leute, die die Bibel nicht kennen, lesen so etwas, und das ist ja so spannend, was da drin steht. Das gibt es auch bei manchen Christen, die irgendwelchen spannenden Erzählungen nachgehen. In den letzten Jahren war es besonders modern, dass jeder so seine eigene Jenseitsreise unternimmt.
Kennt ihr nicht so Bücher wie „Im Himmel gewesen, mit Jesus gesprochen“? Das ist so spannend zu lesen, was da alles ist. Ob das mit der Bibel übereinstimmt, ist dann uninteressant. Manche Leute sind da auch so gutgläubig, viele Christen.
In der Arbeitsgemeinschaft für biblische Ethik in der Medizin, in der ich mitarbeite, hatten wir im letzten Jahr das Schwerpunktthema Tod und Sterben. Wir hatten gedacht, wir nehmen stellvertretend mal so einen Fall unter die Lupe und setzen uns damit auseinander. Ein Pfingstprediger aus dem Ruhrgebiet erzählt, er habe in Russland einen Autounfall gehabt, ihm seien danach fünf lebenswichtige Organe herausoperiert worden, danach sei er natürlich tot gewesen. Dann habe Gott ein Wunder getan, und ohne diese Organe lebe er bis heute. Und er berichtet, was er in der Zwischenzeit erlebt hat.
Tolle Geschichte, oder? Da würden wir auch sagen: Ist das nicht super, was Gott alles machen kann? Problem ist nur, das stimmt vorne bis hinten nicht. Wir haben Kontakt zum Krankenhaus aufgenommen, in dem er war. Er hatte wirklich einen Autounfall, aber nur einen relativ kleinen, weshalb er schon nach zwei Tagen entlassen wurde. Er hatte nur eine kleinere Operation an der Milz, das war alles – nichts lebensgefährliches.
Wir haben den Mann damit konfrontiert. Er will davon nichts hören und predigt weiter darüber. Und es gibt weiterhin Christen, die begeistert zuhören, was Gott für große Taten tut. Ja, da würde ich sagen: Hier, Altweiberlegenden! Lasst den Leuten erzählen, was sie wollen. Der kann das ja seiner Großmutter erzählen, aber warum muss man ihn in die Gemeinde einladen?
Das klingt zwar alles toll, aber wenn ihr wissen wollt, wie es im Jenseits ist, dann schlagt doch die Bibel auf. In der Offenbarung steht doch alles drin. Wenn er etwas anderes erzählt als dort steht, ist er sowieso ein Lügner. Den müsst ihr erst recht nicht hören. Und wenn er sagt, was dort steht, dann nehmt doch gleich das Original.
Ja, ihr berichtet, wie toll es im Himmel sei. Das ist ja alles schön, es wird ja auch toll im Himmel sein. Aber es gab in der Geschichte so viele Beispiele von Leuten, die mit ihren Visionen und sonstigen Erzählungen Sachen berichtet haben, die höchst problematisch sind.
Hier nur ein Beispiel: Wenn ihr die Unterlagen haben wollt, die lagern bei einem unserer Mitarbeiter, Doktor Freytag, Mediziner, praktischer Arzt, der hat die ganzen Fälle gesammelt. Ihr könnt euch gerne bei ihm erkundigen. Das ist tatsächlich – wir müssten sagen – Betrug. Vielleicht gut gemeinter Betrug, was weiß ich. Wir können sagen, der ist medizinischer Laie, kennt sich nicht aus, vielleicht meinte er wirklich, er sei tot, aber dann hätte er sich das besser sagen lassen sollen. Eher ein Großauftritt dabei.
Ihr merkt schon, ich bin eher geneigt, den Leuten zu unterstellen, dass sie es nicht böse meinen, denn sonst wäre es ja noch schlimmer. Also: Altweiberlegenden weg damit!
Dann steht: Wir sollen uns stattdessen in der Gottesfurcht üben. Gottesfurcht heißt ja, deine reale Situation vor Gott anzuerkennen, Gott als den zu erkennen, der er ist. Wenn du Gott fürchtest – wir sagen mal Ehrfurcht – wenn du Gott achtest, dann achtest du auch seinen Willen und versuchst, dich nach seinem Willen zu orientieren.
Schau also nicht nach irgendwelchen Spekulationen, sondern richte dich nach dem Willen Gottes in deinem Leben.
Dann kommt: „Die leibliche Übung ist zu wenig nütze.“ Meiner natürlichen Tendenz nach würde ich diesen Vers gerne so gebrauchen, um zu sagen: Sport ist Mord. Ja, ich glaube, dieser geflügelte Satz soll von Churchill stammen. So habe ich das mal gelesen, weil er wohl nicht sehr vom Sport begeistert war. Das heißt aber nicht, dass Paulus das so meint.
Erstens steht da nicht, dass Sport unsinnig ist. Sondern, dass er im Vergleich zur Gottesfurcht zu wenig nützt. Es wird ein Vergleich gemacht. Es soll nicht gesagt werden, dass das eine unsinnig ist, sondern dass es im Leben auf das Gleichgewicht ankommt.
Denn dein Körper wird einmal vergehen, egal wie viel du dich körperlich anstrengst. Selbst der gesündeste Müsliesser wird einmal möglichst gesund sterben. Aber wenn du tot bist, ist es egal, ob du gesund oder krank warst.
Das ist jetzt vielleicht etwas oberflächlich gesagt, zugegeben. Deshalb plädiere ich umgekehrt dafür: Ernähre dich gesund! Das ist wichtig, nur es ist nicht das Wichtigste.
Wenn du siehst, dass manche Leute beim Essen so viel Zeit investieren – fünf Stunden am Tag nur, um ihr Öko-Gemüse zu schrubben und einzukaufen –, aber auf der anderen Seite keine einzige Stunde Zeit haben, sich Gott zu widmen, zum Beten oder zum Gemeindeleben, dann ist das unausgewogen.
Das ist es, was Paulus sagen will. Er sagt nicht, dass richtige Ernährung oder Sport schlecht sind. Nein, es ist nur im Vergleich zur Gottesfurcht weniger nützlich. Das ist der entscheidende Faktor.
Heute gibt es manche Leute, die eine Art Öko- oder Gesundheitsreligion betreiben, besonders im Bereich der alternativen Heilmethoden. Das ist für manche richtig religiös. Ich lese immer wieder Bücher von solchen Leuten, sowohl was Ernährung angeht als auch andere Dinge. Das ist manchmal wie eine Heilslehre.
Wenn du dich mikrobiotisch ernährst, bist du glücklich und zufrieden, die Ehe funktioniert, du wirst nie krank und hast keine Depressionen. Wahlweise kannst du auch Nahrungsergänzungsmittel kaufen, natürlich nur von einer bestimmten Firma. Oder du trinkst jeden Tag zwei Liter Aloe Vera oder ähnliches.
All diese Dinge sind an sich nicht schlecht, aber sie bekommen einen Stellenwert, den sie im Reich Gottes nicht haben sollten. Das macht Paulus hier deutlich.
Auch Sport ist deshalb nicht schlecht. Wir bieten ihn ja auch an der Bibelschule an und haben einen Sportwart. Aber im Stellenwert steht das hinter der Pflege der Beziehung zu Gott zurück.
Warum? Das wird auch begründet: Die Gottesfurcht ist nämlich für alles nützlich.
Wofür ist die gesunde Ernährung und der Sport nützlich? Damit du dich körperlich fit fühlst, klar. Aber lösen sie deine Arbeitsprobleme? Wirst du dadurch deine Sünde los? Verändert sich dein Charakter? Natürlich nicht, der bleibt gleich.
Deshalb wird gesagt: Konzentriere dich zuerst auf das, was am wichtigsten ist im geistlichen Leben. Denn die Gottesfurcht ist nützlich für alles, da sie die Verheißung für dieses und für das zukünftige Leben hat.
Was du geistlich jetzt tust, wird auch Auswirkungen auf das Leben nach dem Tod, auf das ewige Leben haben. Was du für deinen Körper tust, hat keine Auswirkungen auf die Ewigkeit – es sei denn, und das muss ich vielleicht noch mal deutlich sagen, du lässt deinen Körper verkommen. Denn das ist auch Sünde, und dafür bist du vor Gott verantwortlich. Das geht nicht.
Es gibt also einen Pfad zwischen Körperkult oder Gesundheitskult und dem Verkommenlassen. Dazwischen gibt es einen Mittelweg. Der ist nicht immer leicht. Die einen fallen von der einen Seite runter, die anderen von der anderen.
Deshalb achtet darauf, aber macht es nicht zu einem Götzen – zeitlich, finanziell und so weiter.
Und übrigens: Ich muss ehrlich bekennen, ich bin selbst jemand, der da noch lernt. Ich habe mich schon geoutet, dass ich eher nicht der totale Sportfreak bin. Durch die Beratung meiner Frau bin ich aber dazu gekommen, dass wir das stärker machen. Im letzten Jahr haben wir es fast regelmäßig geschafft, öfter schwimmen zu gehen. Meistens sind wir hier ins Olay gegangen, mal schwimmen, und ich merke, das tut gut. Oder mal einen Spaziergang zusammen machen, das tut auch gut.
Aber dafür brauche ich von außen Ermutigung, und manche andere vielleicht auch. Lasst euch ermutigen! Die anderen brauchen die Ermutigung: Achte nicht zu viel auf deinen Körper, achte nicht zu viel auf den Sport, sondern denk an die Gottesfurcht.
Das heißt aber nicht, dass der, der den Körper verkommen lässt, gottesfürchtig ist. Das ist keine Logik dahinter. Ich hoffe, die Sache ist klar.
Also: Sport ist nicht schlecht, aber Gottesfurcht ist wichtiger. Ein gesunder Körper und gesunde Ernährung sind nicht schlecht, aber Gottesfurcht ist weit wichtiger. Denn sie dient allen Dingen im Leben und hat eine Verheißung nicht nur für dieses, sondern auch für das zukünftige Leben.
An dieser Stelle muss ich mich wieder nach der Zeit erkundigen. Jetzt sagt ihr, halb zehn, das wäre genau passend. Dann schließen wir hier nämlich ab und machen morgen an dieser Stelle weiter.
Morgen werde ich mir vielleicht einen Wecker mitnehmen und ihn dir hinstellen, dann sehe ich das auch und muss nicht fragen.
Dann bete ich gerne mit euch an dieser Stelle:
Vater im Himmel, vielen Dank für das, was wir heute in deinem Wort lesen konnten. Danke, dass du unser Augenmerk gelenkt hast auf deine Gemeinde, auf uns, auf all diejenigen, die mit uns gläubig sind, sofern wir dazugehören.
Ich möchte dich bitten, dass du uns das immer wieder neu vor Augen führst: Einmal die Großartigkeit deines Wirkens, dass du durch Menschen hier auf der Erde gegenwärtig bist und andere erreichen willst, auch uns dafür gebrauchen möchtest.
Auf der anderen Seite, dass wir nicht auf falsche, äußere Dinge zu viel Wert legen, wie Gemeinde, Gebäude, Strukturen oder Ähnliches.
Dann danken wir dir auch für die Warnung, die du uns gegeben hast, dass am Ende der Zeiten oder auch schon in der Gegenwart Verführung stattfindet.
Wir bitten dich, dass wir Verführung erkennen, dort, wo Menschen Gebote aufstellen, die nicht von dir kommen und uns in die Ecke drängen wollen.
Dass wir sie erkennen und diesen Menschen nicht nachfolgen, auch wenn es sich fromm anhört und sie wissen, wie man reden muss, manchmal sogar Bibelverse benutzen. Lass uns genau hinschauen, ob es wirklich von dir ist oder nicht.
Wir bitten dich, dass wir die Freiheit, die du uns gegeben hast, richtig genießen und dankbar sein können für das, was du uns schenkst – unser Leben, unsere materiellen Güter, die Nahrung und auch die Sexualität – und dass wir sie in dem Rahmen ausüben, den du gesetzt hast.
Vielen Dank, dass du uns ermutigend darauf aufmerksam machst, wie wichtig dein Wort für unser Leben ist, dass es so wie Nahrung für den Körper ist.
Danke auch, dass du uns hinweist, wie wichtig die Gottesfurcht, das Leben mit dir, die Praxis mit dir im Alltag ist und dass sie wichtiger ist als gesunde Ernährung und Sport. Hilf uns aber auch, den Sport nicht zu vernachlässigen, damit unser Körper nicht kaputtgeht und wir dann schuldig werden vor dir.
Danke, dass du uns viele konkrete Hinweise gibst, die uns im Leben helfen, dass es gelingt und vor allem so gelingt, wie du es haben möchtest.
Begleite uns an diesem Abend und in die Nacht und schenke uns einen ruhigen Schlaf. Amen.