Guten Abend, wir setzen die Geschichte von Joseph fort. Beim letzten Mal sind wir bis 1. Mose 48,20 gekommen.
Jakob, dieser wirklich uralte Mann, erreicht geistlich eine Stufe, bei der man sagen muss, der Herr hat ihn durch all die vielen Umwege zum Ziel geführt. Jakob ist in diesen letzten Kapiteln ein anderer Mensch. Er ist wirklich geistlich gereift.
Sogar in seinem Urteil beim Segnen der Söhne Josephs, Ephraim und Manasse, übertrifft er Joseph. Jakob hat die Hände gekreuzt, um den Zweitgeborenen als Erstgeborenen zu segnen und den Erstgeborenen als Zweiten. Joseph sagt: „Nein, nicht so“, doch dann sagt er: „Lass es so sein.“ Er erkennt: „Ich weiß, ich weiß.“ Das war die richtige Haltung, denn er erkannte Gottes Wege.
Ephraim, der eigentlich Zweitgeborene, sollte als Erstgeborener gerechnet werden. Das sehen wir immer wieder. Wenn wir zum Beispiel an die Linie des verheißenden Messias denken, wurde nicht der Mann, der als Erstgeborener galt, erwählt, sondern Gott wählte Seth als Ersatz für Abel.
Später bei Noah stellt sich die Frage: Wer war der Älteste? Das ist eine Fangfrage. Wir nennen oft Sem, Ham und Japheth, aber Japheth war der Älteste. Sem war der Erwählte, über den die Linie dann auf Israel und den Messias führen sollte. Darum wird normalerweise Sem zuerst genannt, obwohl er nicht der Älteste war. Ham war der Jüngste, und Japheth der Älteste.
Später sehen wir, wie Gott Jakob wählt und nicht Esau als Träger der Verheißungslinie. Schon bei Abraham war es nicht Ismael, sondern Isaak. So wählt Gott immer wieder souverän, über welche Linie er seine Heilswege führen will.
Wichtig ist dabei, dass Gott nicht den Erstgeborenen, sondern den Erwählten bestimmt. Das hat nichts damit zu tun, dass der Nicht-Erstgeborene verworfen wäre. Das ist ein Irrtum des Calvinismus, der meint, der Nicht-Erwählte sei der Verstoßene.
Nein, Gott hat so gewählt, aber er bestimmt selbst, wer die Linie bis zum verheißenden Erlöser fortsetzen soll. Der Erlöser sollte ja für die ganze Welt kommen. Über diese Linie sollte jeweils die Segenslinie kommen.
So hat auch Jakob hier erkannt, im Zusammenhang mit Joseph, dass Ephraim, der Zweitgeborene, als Erstgeborener gerechnet werden muss. Joseph akzeptiert das.
Das ist der einzige Punkt in der Geschichte von Joseph, an dem Joseph zwar nichts Falsches tut, aber die Gedanken Gottes nicht sofort erkennt. Jakob ist hier wirklich auf der geistlichen Höhe.
Und jetzt kommen wir zu 1. Mose 48,21-22. Liest du, Jerry?
Und Israel sprach zu Josef: Siehe, ich sterbe, und Gott wird mit euch sein und euch in das Land eurer Väter zurückbringen. Und ich gebe dir einen Landstrich über deine Brüder hinaus, denn ich habe ihn aus der Hand der Amoriter genommen, mit meinem Schwert und mit meinem Bogen.
Und Jakob rief... Danke, das reicht, nur bis dahin.
Also, er weiß, jetzt bin ich am Ende. Jetzt habe ich meinen Lauf erfüllt. Das erinnert uns ganz an 2. Timotheus 4,8, wo der Apostel Paulus in der Todeszelle in Rom sagt: Ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt. Also wusste er, die Zeit seines Abschieds ist gekommen. Und da gibt er uns als letztes Wort noch den zweiten Timotheusbrief.
Hier hat Jakob letzte Anliegen, die er weitergibt. Wir sehen seinen Glauben: Er weiß, Gott wird mit euch sein und euch das Land eurer Väter zurückbringen. Wir müssen uns das ganz klar vor Augen halten.
Die Großfamilie von Jakob ist aus Kanaan, aus dem ihnen von Gott verheißenen Land, hinuntergegangen nach Ägypten, um dort Asyl zu finden. Sie kamen nach Ägypten als Asylanten. Heute würde man sagen Migranten.
Ja gut, Migranten heißt solche, die wandern – "migrare" auf Lateinisch bedeutet wandern, das sind Wanderer. Also, sie waren Migranten, sind gewandert nach Ägypten und mit Wagen dorthin gebracht worden, und das einfach in der Not. Es war eine schreckliche Hungersnot von sieben Jahren in Ägypten und Kanaan, aber in Ägypten gab es Nahrung, und dort fanden sie Zuflucht.
Diese Leute waren sich von Anfang an darüber im Klaren, jedenfalls macht Jakob das klar: Das ist nicht definitiv, wir gehen eines Tages wieder zurück in unser Land. Interessant, also Asylanten, die von Anfang an wussten, dass sie wieder zurückgehen würden. Das ist einfach, damit sie hier für eine Zeit Asyl haben.
Aber er wusste natürlich den Plan Gottes. Gott hat Abraham, Isaak und Jakob und ihrer Nachkommenschaft das Land Israel versprochen. Wenn sie jetzt in Ägypten sind, dann sind sie eben nicht an dem Ort, wo Gott dieses Volk haben wollte. Sie sollen also zurückgehen ins Land der Väter.
Dann kommt etwas Spezielles: Er spricht hier mit Josef, seinem Sohn, der eine ganz besondere Bedeutung für ihn hatte. Er sagt: Ich gebe dir einen Landstrich über deine Brüder hinaus. Er verspricht ihm hier im verheißenen Land ein ganz bestimmtes Gebiet, das er speziell Joseph schenken wollte.
Wenn man eine Elberfelder hat, sieht man in der Fußnote bei "Landstrich", was dort steht: Schulter. Aber wo steht das noch mehr? Schechem, ja, hebräisch Schechem, man spricht das "Schechem" aus, das E ganz kurz. Es bedeutet "Schulter". Also sagt er hier im hebräischen Text: Ich gebe dir ein Schechem.
Darum hat man das nicht mit „Ich gebe dir Sichem“ als geografischen Namen übersetzt, sondern „Ich gebe dir eine Schultergegend“. Sichem, heute Nablus, ist eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland. Sichem, Nablus, liegt zwischen den beiden Bergen Garizim und Ebal.
Es gibt dort steile Bergabhänge, und diese Bergabhänge heißen auf Hebräisch "Schulter", Schrem. Darum heißt die Ortschaft unten Schrem. Das heißt, Vater Jakob sagt: Dieses Gebiet Schrem gebe ich ganz speziell dir, Joseph.
Wenn man im Buch Josua liest, wie Jahrhunderte später unter Josua das Land den zwölf Stämmen zugeordnet wird, bekommt in Josua 16 der Stamm Joseph eben das Gebiet, zu dem auch Sichem gehört.
Sichem hat natürlich eine ganz besondere Bedeutung für Jakob. Als er nach diesen Jahren im Ausland, in Paddan Aram, wieder heimkam ins verheißenen Land, wo ging er zuerst hin? Nach Sichem, genau.
Dort hat er auch Land gekauft. Wir können das kurz aufschlagen, 1. Mose 33,17-20, bitte, Jerry!
Und Jakob brach auf nach Sukkot und baute sich ein Haus, und seinem Vieh machte er Hütten; darum gab er dem Ort den Namen Sukkot. Und Jakob kam wohlbehalten zur Stadt Sichem, die im Land Kanaan ist, als er aus Paddan Aram kam, und lagerte vor der Stadt. Und er kaufte das Stück Feld, wo er sein Zelt aufgeschlagen hatte, von der Hand der Söhne Hemors, des Vaters Sichems, für hundert Kesita, und errichtete dort einen Altar und nannte ihn „Gott, der Gott Israels“.
Ja, also Sichem, dieser Ort hat für Jakob eine besondere Bedeutung. Dort baute er auch speziell einen Altar.
Schon Vater Abraham, als er aus Ur in Chaldäa von Gott gerufen wurde ins verheißenen Land, 1. Mose 12, da kommt er ins Land, wo geht er als erster Ort hin, der geografisch genannt wird? Die Frage ist natürlich suggestiv: Nach Sichem.
Dort baut er einen Altar und dort macht Gott mit ihm den Bund, den Abrahamsbund: Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben. Gott beschließt den Bund mit Abraham, den er dann in den weiteren Kapiteln mehrmals bestätigt und inhaltlich erweitert. Diesen Bund bestätigt er dann auch direkt gegenüber Isaak und gegenüber Jakob.
Insgesamt gibt es sieben Bestätigungen dieses Bundes – sieben, die Zahl der Vollkommenheit.
So sehen wir, Sichem hatte also eine ganz besondere Bedeutung. Und nun sehen wir, dass Vater Jakob dort sogar ein Immobiliengeschäft abgeschlossen hat. Er hat dort Land gekauft.
Wir wissen ja, Abraham, Isaak und Jakob waren im verheißenen Land, aber sie hatten es eigentlich noch nicht in Besitz genommen, sondern lebten als Fremdlinge im Glauben, dass Gott einmal ihrer Nachkommenschaft dieses Land geben werde.
Da haben wir eine Ausnahme, dass also ein bestimmtes Gebiet in Sichem von Vater Jakob gekauft wurde.
Wir haben auch bei Abraham so eine Ausnahme: Wo hat er ein wichtiges Immobiliengeschäft gemacht? Die Höhle Machpela in Hebron.
Sichem liegt übrigens ganz im Norden des Westjordanlandes und Hebron ganz im Süden.
Nächstes Mal werde ich dann noch eine Karte projizieren, wo wir einige Dinge nochmals rekapitulieren können.
Ja, also in Hebron hat Abraham auch gekauft. Aber das waren eben Ausnahmen.
Nun war es so, dass Dina von einem Fürstensohn von Sichem entehrt wurde. Es war eine Art Vergewaltigung. Die Haltung von Dina war ganz problematisch, aber das war eine schlimme Sache. Sie wurde entwürdigt, das wird beschrieben in 1. Mose 34, also im nächsten Kapitel.
Das führte dazu, dass zwei ihrer Brüder, Simeon und Levi, sie rächten. Sie haben auf eine ganz hinterhältige Art und Weise die Bewohner von Sichem abgeschlachtet.
Diese Tat werden wir heute noch in Bezug auf den Segen Jakobs betrachten.
Das war etwas ganz Schlimmes, denn aus einer sündigen Haltung heraus wollten sie etwas Böses bestrafen.
Dadurch wurde die Familie Jakob in Sichem unerträglich.
Wir lesen dann, dass Jakob mit seiner Familie von Sichem weggezogen ist nach Bethel.
Aber das Gebiet gehörte ihm natürlich.
Die Kanaaniter, die Amoriter – ein Stamm der Kanaaniter – erhoben Anspruch darauf.
Darauf nimmt hier Vater Jakob Bezug. Er sagt in Vers 22, liest du nochmals, Jerry, 1. Mose 48,22?
Und ich gebe dir einen Landstrich über deine Brüder hinaus, denn ich habe ihn aus der Hand der Amoriter genommen mit meinem Schwert und mit meinem Bogen.
Jawohl, also Vater Jakob hat gewissermaßen dieses Gebiet verteidigt und mit dem Schwert wieder in seinen Besitz genommen.
Das passt zusammen mit der Bemerkung in 1. Mose 35, wo Jakob von Sichem nach Bethel ging.
Dort heißt es in Kapitel 35, Vers 5: Und sie brachen auf, und der Schrecken Gottes kam über die Städte ringsumher, sodass sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten.
Wie kam das, dass dieser Schrecken über die Völker kam? Natürlich konnte Gott das bewirken.
Hier sehen wir aber, dass Vater Jakob das Gebiet effektiv verteidigt hat.
Er sagt: Ich habe es mit meinem Schwert den Amorrittern wieder aus der Hand genommen und gebe es dir.
Im Neuen Testament wird darauf nochmals Bezug genommen. Wo lesen wir etwas davon?
Jetzt kommt vielleicht eine Überraschung. Aber es ist schön, beim Bibellesen immer wieder solche Überraschungen zu erleben, Geschichten, die man so gut kennt.
Lesen wir Johannes 4: Jesus kommt nach Samaria, nach Sichar, einem Städtchen neben Sichem am Fuß des Ebal.
Er geht nicht in die Stadt Sichar hinein, sondern zu einer Brunnenquelle am Fuß des Garizim.
Johannes 4,4, bitte, Jerry!
Er musste aber durch Samaria ziehen. Er kommt in die Stadt Samarias, genannt Sichar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Joseph gab. Es war dort aber eine Quelle Jakobs.
Jesus nun, ermüdet von der Reise, setzte sich an die Quelle. Es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samaria, um Wasser zu schöpfen.
Danke, bis dahin.
Hier wird gesagt, dass gerade dort dieses Land war, das Vater Jakob ausdrücklich seinem Sohn Joseph geschenkt hatte.
Dort findet die wunderbare Begegnung am Brunnen statt, wo der Herr Jesus diese Frau wirklich aus der Sünde herausholt, ins Licht führt und zur Rettung bringt.
Gehen wir zurück zu 1. Mose 49. Liest du Verse 1 bis 4?
Und Jakob rief seine Söhne und sprach: Versammelt euch, und ich will euch verkünden, was euch begegnen wird in künftigen Tagen. Kommt zusammen und hört, ihr Söhne Jakobs, und hört auf Israel, euren Vater! Ruben, mein Erstgeborener, bist du meine Kraft und der Erstling meiner Stärke, Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht. Überwallend wie das Wasser sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen, da hast du es entweiht, mein Bett hast du bestiegen.
Simeon und Levi... Danke, das reicht fürs Erste.
Wir wollen Abschnitt für Abschnitt durchgehen.
Jetzt kommen wir zum Segen Jakobs über seine zwölf Söhne, die Stammväter der zwölf Stämme Israels.
Das war etwas sehr Feierliches, denn nach diesem Segen, der das ganze Kapitel hindurch beschrieben wird, geht Jakob heim in die Herrlichkeit.
Lest noch den letzten Vers, Vers 33, aus Kapitel 49.
Und als Jakob geendet hatte, seinen Söhnen Befehl zu geben, zog er seine Füße auf das Bett herauf und verschied und wurde versammelt zu seinen Völkern.
Ja, wirklich, er sitzt da auf dem Bett und gibt die letzten Worte. Ich habe gesagt, das erinnert an den zweiten Timotheusbrief. Die letzten Worte. Und als er fertig war, zog er die Beine aufs Bett und ging nach Hause. Nicht alle sterben so. Schon sehr speziell.
Jetzt sehen wir etwas Besonderes, gerade schon in Vers 1. Er sagt zu seinen Söhnen: Versammelt euch, und ich will euch verkünden, was euch begegnen wird in künftigen Tagen.
Dann sagt er das nochmals mit anderen Worten: Kommt zusammen! Und statt „Ich will euch verkünden“ sagt er: „Und hört, ihr Söhne Jakobs! Und hört auf Israel, euren Vater!“
Er spricht poetisch. Das sind parallele Verszeilen, ganz typisch in der hebräischen Poesie, eine Grundart: der synonyme Parallelismus. Dabei sagt man in zwei Verszeilen ungefähr dasselbe, aber mit anderen Worten.
Das Ganze ist also ein Gedicht, ja, wie auch im Deutschen, aber man ist viel freier. Man macht viele Taktwechsel.
Zweitens muss es am Schluss nicht mit einem hörbaren Reim enden. Es ist vielmehr ein Gedankenreim.
Beim synonymen Parallelismus sagen zwei Zeilen dasselbe aus.
Es gibt dann auch den zweiten Grundtyp: Die zweite Zeile drückt das Gegenteil aus, einen Kontrast – den antithetischen Parallelismus.
Dann gibt es noch den dritten Grundtyp, den synthetischen Parallelismus. Dabei baut die zweite Zeile auf der ersten auf und führt den Gedanken weiter.
Das sind die drei Grundtypen, und es gibt viele Variationen, wie in der Musik.
So war es in der althebräischen Poesie möglich, so zu sprechen.
Das erklärt übrigens auch das Buch Hiob, ab Kapitel 4 bis Kapitel 40, das Gespräch von Hiob und seinen Freunden. Das ist im Hebräischen alles Poesie, alles in Verszeilen.
Man fragt sich, haben diese Freunde von Hiob so gesprochen? Hat Hiob so gesprochen? Natürlich. So sprach man damals.
Im Deutschen gibt es wenige, die so sprechen können. Ich habe mal von jemandem gehört, der konnte zum Beispiel in Hexametern sprechen, einem bestimmten Rhythmus der Poesie. Das ist aber sehr ungewöhnlich.
Hier konnten mehr Leute so sprechen, darum, wenn die Frage aufkommt, ob Jakob wirklich so gesprochen hat oder ob das später schön in Verse gepackt wurde: Nein, so hat er gesprochen.
Nun zur Frage in Vers 1: Was euch begegnen wird in künftigen Tagen. Wer eine Elberfelder hat, findet hier eine Fußnote: „Am Ende der Tage.“
Dieser Ausdruck bedeutet in der Bibel, wo er immer wieder im Zusammenhang mit Prophetie vorkommt, die letzte Zeit, die Endzeit.
Es gibt verschiedene parallele Ausdrücke: die letzten Tage, am Ende der Zeit, die letzte Stunde, am Ende der Tage.
Hier haben wir also diesen Ausdruck „am Ende der Tage“, was klar macht, dass wir hier eine Prophetie vor uns haben, die bis in die Endzeit reicht.
Wir werden sehen, dass er so durch die zwölf Söhne geht und uns von der Zeit Israels in Ägypten über die Landnahme, das Kommen des Messias vor zweitausend Jahren bis in die Endzeit führt, wenn der Antichrist kommen wird – aus dem Stamm Dan, diese Schlange am Weg – und weiter in die Drangsal und dann zum Segen des tausendjährigen Friedensreiches.
Das ist besonders ausgeführt im Segen über Joseph, der wirklich überströmend ist.
Darum beziehen sich nicht alle Aussprüche auf die Endzeit, aber die ganze Prophetie zielt und führt hin auf die Endzeit.
Das ist ganz ähnlich wie in Daniel 2. Daniel erklärt den Traum Nebukadnezars und sagt ihm: Gott hat dir gesagt, was geschehen wird am Ende der Tage.
Dann erklärt er den Kopf aus Gold – im Traum bedeutet das das babylonische Weltreich zu Daniels Zeit.
Dann kommt das medopersische Reich, dann das griechische Weltreich, danach das römische Weltreich.
Das wird weitergeführt bis in die Endzeit, wenn der Stein, ein Bild des Messias, der als Richter kommt, auf dieses Bild stürzen und es zerschmettern wird.
Dann wird er zu einem Berg, der die ganze Erde erfüllt – das tausendjährige Friedensreich unter der Herrschaft von Jesus Christus.
Der ganze Traum hat mit der Endzeit zu tun, zeigt aber den ganzen Weg bis dahin.
Das ist hier genau so.
Wer das aufschreiben will: Der Ausdruck „am Ende der Tage“ kommt zum Beispiel vor in Daniel 12,3, in Hesekiel, in Daniel 10,14, in Hesekiel 38,16 (es geht um Gog und Magog, den bevorstehenden Angriff Russlands auf Israel in der Endzeit), und in Micha 4,1-3.
Jetzt schauen wir uns das Wort zu Ruben an.
Ruben war der Erstgeborene. Das wird uns alles erklärt in 1. Mose 29.
Wir haben gesehen, dass Lea, so sagt man auf Deutsch, aber im Hebräischen spricht man Lea mit Stimmabsatz beim A, Jakob Ruben geboren hat.
Das ist 1. Mose 29, Vers 32.
Ich notiere am Rand der Bibel eine 1, eingekreist.
Das ist der erste Sohn.
Dann kommt in Vers 33 Simeon, der zweite Sohn von Lea.
Dann Vers 34, am Schluss Levi, drei und vier.
Das ist Juda.
Dann kommen Bilha, die Magd von Rahel, und sie gebiert Dan, das ist 1. Mose 30, Vers 7.
Und dann auch Naftali, sechs in Vers 8.
Dann gebiert Silpa, die Magd von Lea, Nummer sieben, nämlich Gad in Vers 11 und Asser in Vers 13.
Schließlich gebiert nochmals Lea in Vers 18 den Sohn Nummer neun, Issachar.
Erst danach gebiert Rahel, Verzeihung, noch Vers 20, natürlich Sebulon auch von Lea, das ist Nummer zehn.
Danach gedenkt Gott an Rahel, Vers 22, und dann wird Joseph, Nummer elf, geboren.
Später kommt Benjamin dazu, später in der Geschichte, auf dem Weg nach Bethlehem. Ich gebe das kurz an, das ist dann die Geburt Benjamins in Kapitel 35.
So haben wir die zwölf Namen in chronologischer Reihenfolge, wie sie geboren wurden.
Im Kapitel 49 haben wir aber eine andere Reihenfolge.
Zwar stimmt es schön überein: Ruben, Vers 5; Simeon und Levi, also eins, zwei, drei; Vers 8 Juda, vier; aber dann geht es weiter mit Sebulon, das ist in der Geburtsfolge Nummer sechs, und dann wird Issachar angesprochen in Vers 14, das ist in der Geburtsfolge fünf.
Also Sebulon wird vor Issachar erwähnt, sechs vor fünf.
So ist hier die Reihenfolge anders.
Es ist interessant, wenn man die ganze Bibel durchliest, findet man immer wieder Listen der Stämme Israels.
Wie viele etwa insgesamt? Zwölf Stämme gibt es.
Aber wie viele Listen, in denen die Stämme mit Namen erwähnt werden? Über zwanzig.
Und jedes Mal ist die Reihenfolge anders.
Außer in 4. Mose 3, wo aufgezählt wird, wie die Stämme rund um die Stiftshütte lagerten.
Und in 4. Mose 10 wird erklärt, wie die gelagerten Stämme beim Aufbrechen loszogen.
Das ist natürlich dieselbe Reihenfolge.
Sonst haben wir immer eine andere Reihenfolge, und jedes Mal hat sie eine Bedeutung.
Man kann Strukturen erkennen.
Ich habe mir die Reihenfolge in 1. Mose 49 aufgelistet: Ruben, Lea; Simeon, Lea; Levi, Lea; Juda, Lea; Sebulon, Lea.
Sebulon ist Nummer zehn.
Issachar ist Nummer neun.
Hier werden zuerst die Söhne von Lea genannt: Lea, Lea, Lea, Lea, Lea, Lea.
Dann kommen die Söhne der Mägde: Dan von Bilha, der Magd von Rahel; Gad von Silpa, der Magd von Lea; Asser von Silpa; Naftali von Bilha; und dann Joseph und Benjamin von Rahel.
Also Lea sechsmal, dann Bilha, Silpa, Silpa, Bilha, und dann Rahel zweimal.
Man kann so immer wieder bestimmte Strukturen entdecken in der Reihenfolge.
Das als Tipp oder Hausaufgabe.
Die Reihenfolge hat immer eine besondere Bedeutung.
Hier ist die Reihenfolge so, dass sie die Geschichte Israels von Ägypten bis zum tausendjährigen Reich widerspiegelt.
Es gibt noch einen interessanten Zusammenhang mit dem Neuen Testament.
Es gibt einen Brief im Neuen Testament, der von einem Jakob geschrieben wurde. Welcher? Von Jakobus.
"Us" ist nur die lateinische Aussprache für Jakob, da wird ein "us" an den griechischen Namen angehängt.
An wen schreibt er diesen Brief? An die zwölf Stämme in der Zerstreuung.
Jakobus an die zwölf Stämme.
Das ist interessant.
Jakobus 1,1, liest du, Jerry?
Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, den zwölf Stämmen, die in der Zerstreuung sind, seinen Gruß.
Diese Parallele ist interessant: Jakob an die zwölf Väter der zwölf Stämme, und hier Jakobus an die zwölf Stämme.
Wenn man den Brief durchgeht, findet man immer wieder Parallelen zum Segen in 1. Mose 49.
Man kann den ganzen Jakobusbrief in zwölf Abschnitte einteilen.
Die Struktur des Briefes folgt den Segnungen in 1. Mose 49.
Allerdings mit einer Einschränkung: Bis Ruben, Simeon, Levi, Juda, dann geht die Reihenfolge etwas anders.
Zu jedem Segen gibt es eine Parallele.
Jakobus schließt nicht mit Benjamin, sondern mit Joseph.
Warum die andere Reihenfolge? Jakobus hat ein anderes Thema.
Er beschreibt nicht den Weg Israels von Ägypten bis zum tausendjährigen Reich, sondern erklärt das Thema: Ein wahrer Glaube ohne Auswirkung im praktischen Leben – ein Glaube ohne Werke ist ein toter Glaube.
Das macht er anhand der zwölf Segnungen von Vater Jakob.
Schauen wir uns Ruben an.
Er sagt ihm: Du bist mein Erstgeborener.
Das wissen wir. Er war der erste Sohn von Lea.
Er betont: Du bist meine Kraft. Damit betont er, da war er noch der Jüngste als Vater.
Die anderen wurden alle später gezeugt.
Er ist damit auch der Erstling meiner Stärke.
Zu sagen ist, Vater Jakob hat ziemlich spät geheiratet.
Die Liebesgeschichte mit Rahel – wann war das? Wie alt war er? Ziemlich genau siebenundsiebzig.
Man muss sich vorstellen, er war voll fit und wurde schließlich 130 Jahre alt.
Das kann man nicht vergleichen mit einem 77-Jährigen heute, obwohl sich das heute auch verändert hat.
Ich staune manchmal, wenn ich zurückdenke, wie ich meinen Großvater erlebt habe. Er starb, als ich ein kleines Kind war. Ich habe gute Erinnerungen an ihn. Aber für mich war er ein alter Mann.
Heute würde man nicht sagen, dass ein 77-Jähriger wirklich alt ist.
Das hat sich geändert, aber damals war es noch extremer.
Mit 77 konnte er zu Ruben sagen: Du, mein Erstgeborener, bist der Ausdruck meiner Kraft, der Erstling meiner Stärke.
Dann sagt er weiter: Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht.
Als Erstgeborener hätte er den ersten Rang unter den Kindern einnehmen dürfen.
Das gehörte zum Erstgeburtsrecht, eine spezielle Position.
Wenn er von Macht spricht, bedeutet das, dass er Verantwortung über die anderen Brüder übernehmen sollte.
Ältere Kinder tragen oft Verantwortung für die Kleineren.
Der Erstgeborene hatte also das Vorrecht, Führer zu sein.
Bei mir war es nicht der ältere Bruder, der mich miterzogen hat, sondern meine ältere Schwester.
Dann sagt er in Vers 4: Überwallend wie das Wasser sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen, du hast es entweiht, mein Bett hast du bestiegen.
Das war ein Schock.
Man muss sich vorstellen: Vater Jakob sitzt da, alle zwölf Söhne sind rund um das Bett ihres nun sterbenden Vaters, und er sagt: Kommt, ich will euch die letzten Worte sagen.
Ruben weiß nicht, was kommt. Man kann sich das richtig vorstellen.
Er erinnert ihn an eine schreckliche Tat in seinem Leben.
Können wir kurz aufschlagen? 1. Mose 35. Inzest in der Familie. So schrecklich.
Liest du, Jerry, 1. Mose 35,22?
Und es geschah, als Israel in jenem Land wohnte, da ging Ruben hin und lag bei Bilha, der Nebenfrau seines Vaters, und Israel hörte es.
Das war's, so kurz wird erwähnt, dass er Ehebruch begangen hat mit einer der Mägde, der Magd von Rahel.
Ein Schock!
Was war das für eine Familie?
Das sollte die Familie sein, die Gott erwählt hatte, um über sie einmal den Retter in die Welt zu bringen.
Was für eine schreckliche Familie!
Wie reagiert Vater Jakob auf diese Schandtat? Gar nicht.
Er nimmt es wahr, hat nichts unternommen.
Das war eine der schlimmen Verletzungen, die Jakob in seinem Leben durchmachen musste.
Das war nicht die einzige.
Das hätte schon gereicht, um mit Grauen in den Scheol hinabzugehen, wie er das sagt, im Zusammenhang mit Joseph, von dem ihm mitgeteilt wurde, ein wildes Tier habe ihn zerrissen.
Der Mann hat viel gelitten und hat es einfach zur Kenntnis genommen.
Jetzt liegen Jahre dazwischen, zwischen Kapitel 35 und hier.
Vater Jakob ist 130 Jahre alt und bringt das nochmals zur Sprache.
Er sagt: Du, Ruben, warst überwallend wie Wasser.
Man muss sich ein Meer vorstellen, ein ungestümes Meer mit wilden Wogen.
Damit will er sagen: Du hast deine sündigen Leidenschaften nicht beherrscht.
Er hat Bilha genommen, die natürlich jünger war. Rahel war eine Generation jünger als Jakob, und sie hatte eine Magd, die noch jünger war.
Für Ruben war das der Anlass. Er begeht diese schreckliche Tat, Hurerei, Unzucht.
Weil er es nicht im Zaum hatte, war er wie eine wilde Meereswoge und gab dem bösen Verlangen aus seiner sündigen Natur nach.
Schlagen wir mal auf Jakobus 1.
Jakobus spricht von einem Menschen, der geistlich unstabil ist, wie eine Meereswoge.
Liest du Jakobus 1,6?
Ihr aber bittet im Glauben, ohne zu zweifeln; denn der Zweifelnde gleicht einer Meereswoge, die vom Wind getrieben und hin und her geworfen wird.
Denn ein solcher Mensch soll nicht meinen, er werde etwas vom Herrn empfangen.
Er ist ein wankelmütiger Mann, der in allen seinen Wegen unstet ist.
In der Fußnote wird erklärt, dass "wankelmütig" eigentlich "doppelherzig" bedeutet, also ein Mensch mit zwei Herzen, wie zwei Willen, eine unkontrollierte Meereswoge.
Jakobus 1,13: Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht.
Denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, und er selbst versucht niemand.
Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird.
Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, bringt den Tod.
Hier geht es um das Problem des sündigen Verlangens.
Wir alle haben, sagt der Römerbrief (Römer 5,12 ff.), eine sündige Natur, geerbt von Adam.
Diese spüren wir durch das böse Verlangen.
Das kann in allen Richtungen sein.
Bei Ruben war es ein falsches sexuelles Verlangen.
Das kann aber auch Hochmut und Stolz sein.
Alles kommt aus dieser sündigen Natur.
Jakobus erklärt, jeder wird von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt.
Er erklärt weiter, dass es drei Generationen gibt: die Begierde, die empfangen muss; dann die Sünde, die geboren wird; und zuletzt der Tod.
Das Böse Verlangen ist nicht dasselbe wie die Sünde.
Wir spüren unsere sündige Natur, das ist normal und bleibt bis zur Entrückung.
Wenn unser Körper umgewandelt wird, haben wir diese sündige Natur nicht mehr, oder bis zum Tod.
Die Frage ist, wie wir damit umgehen.
Wenn der Gedanke kommt, sich gegen Gott und sein Wort aufzulehnen, ist das noch nicht die Sünde.
Erst wenn wir dem Gedanken Raum geben und zustimmen, wird es zur Gedankensünde.
Tun wir es, wird es zur Tat-Sünde, die noch schlimmer ist als die Gedankensünde.
Hier werden also drei Generationen genannt: Begierde, Sünde und Tod.
Interessant, dass Jakobus gerade hier in diesem Abschnitt, der Ruben betrifft, spricht.
Ruben hat darin versagt, Nein zu sagen.
In Gedanken muss man Nein sagen.
Im Schweizerdeutschen gibt es ein schönes Kinderlied, das wir unseren Kindern beigebracht haben: „Sagt doch Nein zum Bösen.“
Es gibt das auch auf Hochdeutsch.
Wir müssen uns bewusst entscheiden, dem Bösen immer wieder Nein sagen.
Dann gibt es keine Schwangerschaft, keine Geburt der Sünde.
Das hat Ruben nicht gemacht, und so kam es zur schrecklichen Tat.
In diesem Abschnitt sagt Jakobus 1,12:
Selig ist der Mann, der die Versuchung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott denen verheißen hat, die ihn lieben.
Das war bei Ruben nicht der Fall.
Er hat die Prüfung nicht erduldet und bekam keine Auszeichnung, keine Krone des Lebens.
Jakob sagt, du hast das Erstgeburtsrecht verspielt. Es wurde ihm weggenommen.
Interessant ist auch Jakobus 1,9:
Der niedrige Bruder rühme sich seiner Erhöhung, der Reiche aber seiner Erniedrigung.
Danke.
Hier geht es um die Hoheit des niedrigen Bruders.
Im Segen Rubens geht es um seine Hoheit.
Ruben, mein Erstgeborener, bist du meine Kraft, der Erstling meiner Stärke, Vorzug an Hoheit und Macht.
Aber das hat er verspielt.
So sehen wir hier die Parallele zum Rubensegen.
In Jakobus 1,19-21 geht es um Simeon.
Lest uns vor, Vers 19-21:
Darum, meine geliebten Brüder, seid jeder schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.
Denn des Menschen Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.
Darum legt ab alle Unsauberkeit und alles Überfließen von Schlechtigkeit und nehmt mit Sanftmut das eingepflanzte Wort an, das eure Seelen retten kann.
In 1. Mose 49 kommt nun Simeon und Levi.
Wir werden gleich den Zusammenhang sehen.
Übrigens, was heißt Simeon? Erhören oder auch hören.
Man spricht es Shim'on, von der Wurzel „Schama“, hören.
Hier sagt Jakobus: Darum, meine geliebten Brüder, seid schnell zum Hören.
Dann kommt das mit dem Zorn.
Liest du jetzt 1. Mose 49,5?
Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat, ihre Waffen.
Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung.
Denn in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen, und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt.
Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam.
Ich werde sie zerstreuen in Jakob und sie zerstreuen in Israel.
Simeon wird zuerst genannt, vor Levi.
Das weist darauf hin, dass er in dieser Gewalttat die Hauptverantwortung hatte. Er war der ältere Bruder.
Zusammen mit Levi haben sie ihre Schwester Dina auf hinterhältige Art gerächt.
Nachdem sie von einem Sohn des Fürsten von Sichem entehrt wurde, sagten sie den Sichemiten, die gerne wollten, dass dieser Fürstensohn Dina heiraten könnte, nachdem er sie entehrt hatte:
Gut, das kann man so arrangieren, aber es ist ein Problem.
Wir haben einen Bund von Gott bekommen, da müssen alle Männer beschnitten werden.
Wenn ihr eine Heirat mit unserer Familie wollt, müssten alle Männer beschnitten werden.
Das haben sie auf sich genommen.
Das war eine hinterhältige Überlegung.
Man muss wissen, dass die Beschneidung am achten Tag nach der Geburt stattfindet.
Im Judentum wird das bis heute ohne Betäubung durchgeführt.
Es ist eine kleine Operation, die in der Synagoge vom Mohel, einem Spezialisten, ausgeführt wird.
Das Baby weint, aber nicht so, dass es ein Trauma gibt.
Im Islam ist das anders, dort findet die Beschneidung oft mit zwölf oder dreizehn Jahren statt, was viel schmerzhafter ist.
Die Söhne von Sichem ließen sich beschneiden.
Dann gingen Simeon und Levi auf sie los und schlachteten sie ab.
Schrecklich!
Jahre später nimmt Vater Jakob das wieder auf.
Er sagt: Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat, ihre Waffen.
Er distanziert sich völlig von der Tat.
Er sagt: Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung.
In ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt.
Das war nicht gottgefällig, sondern böse.
Er verflucht nicht die Söhne, sondern ihre Sünde.
Die Parallele zu Jakobus 1: Eines Mannes Zorn bewirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.
Natürlich gibt es den heiligen Zorn.
Mose kannte ihn, als er vom Berg herunterkam und sah, dass Israel die Gebote Gottes gebrochen hatte.
Mose war zornig und zerschlug die Tafeln.
Das war heiliger Zorn.
Wenn man seinen Zorn schnell als heiligen Zorn bezeichnet, geht man oft irre.
In Markus 3,5 sieht man Jesus in der Synagoge, wie er innerlich zornig wird über die Verstocktheit der Gesetzeslehrer.
Das war heiliger Zorn.
Der Zorn von Simeon und Levi war aber nicht heilig, sondern unheilig und böse.
Vater Jakob spricht einen Fluch aus: Ich werde sie zerstreuen in Jakob und zerstreuen in Israel.
Diese Prophetie wurde erfüllt, als die Nachkommen unter Josua ins verheißenen Land kamen.
Im Buch Josua wird das beschrieben.
Was bekam Levi? 48 Städte.
Aber wo? In ganz Israel verteilt.
Sie erhielten kein Stammesgebiet wie Naftali oder Asser oder Gad oder Ruben.
Sie hatten Städte mit Bezirken, aber verteilt im ganzen Land.
Simeon bekam auch kein Stammesgebiet, sondern wurde innerhalb des Stammes Juda angesiedelt.
Später, das werde ich nächstes Mal zeigen, findet man diesen Stamm im Norden bei den zehn Stämmen in 2. Chronik.
Sie wurden in Israel zerstreut.
Die Prophetie hat sich erfüllt.
Warum hatte Levi kein Stammesgebiet? Weil sie diese Tat begangen hatten.
Aber wenn man in 2. Mose liest, beim Auszug der Israeliten aus Ägypten, geht es zum Sinai.
Gott schließt den Bund.
Nach der Sünde des goldenen Kalbes wird klar, dass der Stamm Levi, weil er standhaft war und sich gegen die Sünde stellte, gesegnet wurde.
Sie sollten der Priesterstamm werden.
Eigentlich waren die Erstgeborenen aller Stämme als Priester vorgesehen.
Gott hatte in 2. Mose 19 Israel als ein Königreich von Priestern erwählt.
Dieser Priesterdienst war für die Erstgeborenen vorgesehen.
In den ersten Kapiteln ab dem Bundesschluss (2. Mose 19,20,21,24) sieht man, wie die Erstgeborenen Israels auf den Sinai hinaufgehen.
Wer sind diese Erstgeborenen? Ich kann die Stelle nächstes Mal zeigen.
Manchmal muss man etwas hören und dann wiederholen, bis es sitzt.
Das war wahrscheinlich ein neuer Gedanke für viele.
Die Erstgeborenen wären die Priester gewesen, aber wegen der Sünde des goldenen Kalbes hat Gott beschlossen, das Priestertum Levi zu geben.
Dann schauen wir uns die Stelle an, wo Gott sagt, Levi soll kein Stammesgebiet bekommen.
Ihr Erbteil ist der Herr.
Sie haben das Vorrecht, den Dienst im Haus Gottes zu verrichten, in der Stiftshütte und später im Tempel in Jerusalem.
Sie haben das Vorrecht, das Wort Gottes in Israel zu lehren.
Der Levit, der Nachkomme Levis, sollte speziell derjenige sein, den die Israeliten über den Willen Gottes befragen konnten.
So wurde ihnen kein Erbteil gegeben, sondern 48 Städte, darunter sechs Zufluchtsstädte.
Diese Städte wurden ihnen gegeben, aber sie sollten von den anderen Stämmen finanziell beziehungsweise mit Naturalabgaben unterstützt werden, damit sie den Dienst für den Herrn tun konnten.
So wurde der Fluch in Segen verwandelt.
So ist Gott: Er kann Dinge, die eigentlich Fluch sind, zum Guten wenden.
Das ist das Prinzip von Römer 8,28: Dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.
So kann der Herr wirklich schlimme Sachen zum Guten wenden.
Das wollen wir hier festhalten.
Nächstes Mal machen wir die Parallele in Jakobus 1.
Ich möchte noch eine Perle zum Schluss andeuten als Vorgeschmack.
In Jakobus 1, nach dem Rubenabschnitt (Verse 2 bis 18) kommt der Simeonabschnitt (Verse 19 bis 21), dann folgt der Leviabschnitt (Verse 22 bis 27).
Dort gibt es unter anderem Vers 26-27:
Wenn jemand meint, er diene Gott und zügelt nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst ist nichtig.
Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser:
Waisen und Witwen in ihrer Not zu besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.
Hier geht es um Gottesdienst.
Levi ist der Stamm, der für den Gottesdienst geweiht war.
Nicht nur im Zusammenhang mit den Opfern, sondern auch mit praktischen Dingen.
Gerade im Blick auf Witwen und Waisen.
Hier wird klargemacht, dass Gottesdienst auch praktische Hilfe bedeutet.
Nächstes Mal gehen wir hier weiter, dann auch zu Juda in Vers 8.
Dort finden wir das erste Kommen des Herrn Jesus, des Messias, als Schilo, den Friedensbringer.
Schließen wir hier.
Ja, in Hebron hat Abraham ebenfalls Land gekauft. Das waren jedoch Ausnahmen.
Nun war es so, dass Dina von einem Fürstensohn aus Sichem entehrt wurde. Es handelte sich dabei um eine Art Vergewaltigung. Die Haltung von Dina war problematisch, aber das ändert nichts daran, dass es eine schlimme Tat war. Sie wurde entwürdigt, wie im nächsten Kapitel, 3. Mose 34, beschrieben wird.
Diese Tat führte dazu, dass zwei ihrer Brüder, Simeon und Levi, sie rächten. Sie töteten auf hinterhältige Weise die Bewohner von Sichem. Darauf werden wir heute noch im Segen Jakobs zurückkommen. Diese Tat war etwas ganz Schlimmes, denn sie entstand aus einer sündigen Haltung heraus. Simeon und Levi wollten etwas Böses bestrafen.
Das hatte zur Folge, dass die Familie Jakobs in Sichem nicht mehr willkommen war. Wir lesen dann, dass Jakob mit seiner Familie von Sichem nach Bethel zog. Das Gebiet gehörte ihm natürlich weiterhin. Die Kanaaniter, insbesondere die Amoriter, ein Stamm der Kanaaniter, erhoben Anspruch darauf.
Jakob verteidigte sein Land. Er nimmt in Vers 22 darauf Bezug. Jerry, bitte lies noch einmal 1. Mose 48,22: „Und ich gebe dir einen Landstrich über deine Brüder hinaus, denn ich habe ihn aus der Hand der Amoriter genommen mit meinem Schwert und mit meinem Bogen.“
Vater Jakob hat also, was eine Ausnahme war, dieses Gebiet mit dem Schwert verteidigt und quasi wieder in seinen Besitz gebracht. Das passt auch zu der Bemerkung in 1. Mose 35, wo Jakob von Sichem nach Bethel zog. Dort heißt es in Kapitel 35, Vers 5: „Und sie brachen auf, und der Schrecken Gottes kam über die Städte, die rings um sie her waren, sodass sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten.“
Wie kam dieser Schrecken über die Völker? Natürlich konnte Gott das bewirken. Doch hier sehen wir auch, dass Jakob das Gebiet effektiv verteidigte. Er sagt, dass er es mit seinem Schwert den Amorrittern wieder aus der Hand genommen hat und es nun weitergibt.
Im Neuen Testament wird nochmals auf dieses Ereignis Bezug genommen. Diese Eroberung wird sonst nirgends in der Bibel beschrieben, auch nicht in den früheren Kapiteln. Aber im Neuen Testament – wo lesen wir etwas davon?
Jetzt kommt vielleicht eine Überraschung. Es ist schön, beim Bibellesen immer wieder solche Überraschungen zu erleben, die Freude machen. Geschichten, die man so gut kennt, erscheinen plötzlich in einem neuen Licht.
Lesen wir Johannes 4: Jesus kommt nach Samaria, nach Sichar. Das ist ein Städtchen direkt neben Sichem, am Fuß des Ebal. Er geht nicht in die Stadt Sichar hinein, sondern zu einer Brunnenquelle am Fuß des Garizim.
Johannes 4,4 heißt es: „Er musste aber durch Samaria ziehen.“ Er kommt nun in die Stadt Samarias, genannt Sichar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Joseph gegeben hatte. Dort war eine Quelle, die Jakobs Quelle genannt wurde. Jesus, ermüdet von der Reise, setzte sich an die Quelle. Es war um die sechste Stunde.
Da kommt eine Frau aus Samaria, um Wasser zu schöpfen. Bis hierhin, danke.
Hier wird gesagt, dass gerade dieses Land dem Sohn Joseph ausdrücklich von seinem Vater Jakob geschenkt worden war. An diesem Ort findet die wunderbare Begegnung am Brunnen statt. Jesus holt diese Frau wirklich aus der Sünde heraus, führt sie ins Licht und zur Rettung.
Also gehen wir zurück zu 1. Mose, Kapitel 49. Lies du bitte die Verse 1 bis 4.
Und Jakob rief seine Söhne und sprach: Versammelt euch, und ich will euch verkünden, was euch in künftigen Tagen begegnen wird. Kommt zusammen und hört, ihr Söhne Jakobs, und hört auf Israel, euren Vater!
Ruben, mein Erstgeborener, bist du meine Kraft und der Erstling meiner Stärke, Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht. Überwallend wie das Wasser sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen. Da hast du es entweiht, mein Bett hat er bestiegen.
Simon und Levi. Danke, das reicht, das reicht erst einmal für den Moment. Wir wollen Abschnitt für Abschnitt durchgehen.
Jetzt kommen wir zu dem Segen Jakobs über seine zwölf Söhne, die Stammväter der zwölf Stämme Israels. Das war etwas sehr Feierliches, denn nach diesem Segen, der im ganzen Kapitel beschrieben wird, geht Jakob heim in die Herrlichkeit.
Lest noch den letzten Vers, Vers 33, ebenfalls aus Kapitel 49:
Und als Jakob geendet hatte, seinen Söhnen Befehl zu geben, zog er seine Füße auf das Bett herauf, verschied und wurde versammelt zu seinen Völkern.
Ja, wirklich, er sitzt da auf dem Bett und gibt seine letzten Worte. Ich habe gesagt, das erinnert an den zweiten Timotheusbrief. Die letzten Worte. Und als er fertig war, zog er die Beine hoch aufs Bett und ging nach Hause. Nicht alle sterben so. Das ist schon sehr speziell.
Ja, und nun sehen wir schon etwas Besonderes, gerade in Vers 1. Er sagt zu seinen Söhnen: „Versammelt euch, und ich will euch verkünden, was euch begegnen wird in künftigen Tagen.“ Dann wiederholt er das mit anderen Worten. Anstatt „versammelt euch“ sagt er „Kommt zusammen!“ Und statt „Ich will euch verkünden“ sagt er: „Und hört, ihr Söhne Jakobs!“ Er unterstreicht nochmals: „Und hört auf Israel, euren Vater!“
Also spricht er poetisch. Das sind parallele Verszeilen, ganz typisch in der hebräischen Poesie. Eine Grundart ist der synonyme Parallelismus. Dabei sagt man in zwei Verszeilen ungefähr dasselbe, aber mit anderen Worten. Das Ganze ist also ein Gedicht, ähnlich wie im Deutschen, aber man ist viel freier in der Gestaltung. Es gibt viele Taktwechsel, und zweitens muss ein Vers nicht mit einem hörbaren Reim enden. Es handelt sich vielmehr um einen Gedankenreim. Beim synonymen Parallelismus drücken zwei Zeilen denselben Gedanken aus.
Es gibt auch den zweiten Grundtyp, bei dem die zweite Zeile das Gegenteil der ersten ausdrückt, also einen Kontrast. Dies nennt man den antithetischen Parallelismus. Der dritte Grundtyp ist der synthetische Parallelismus. Hier baut die zweite Zeile auf der ersten auf und führt den Gedanken weiter.
Diese drei Grundtypen bilden die Basis, dazu gibt es viele Variationen, ähnlich wie in der Musik. So war es in der althebräischen Poesie möglich, sich auf diese Weise auszudrücken. Das erklärt auch das Buch Hiob: Ab Kapitel 4 bis Kapitel 40 führen Hiob und seine Freunde Gespräche, die im Hebräischen alles Poesie in Verszeilen sind.
Man fragt sich, ob Hiob und seine Freunde wirklich so gesprochen haben. Natürlich! Das war die Art, wie man damals sprechen konnte. Im Deutschen gibt es zwar Ausnahmen, zum Beispiel jemanden, der in Hexametern sprechen kann – das ist ein bestimmter Rhythmus in der Poesie –, aber das ist sehr ungewöhnlich. In der althebräischen Sprache konnten viel mehr Menschen so sprechen.
Deshalb, wenn die Frage aufkommt, ob Jakob wirklich so gesprochen hat oder ob das später erst in Verse gepackt wurde, lautet die Antwort: Nein, so hat er wirklich gesprochen.
In Vers 1 heißt es: „was euch begegnen wird in künftigen Tagen.“ Wer eine Elberfelder Bibel hat, findet hier eine Fußnote: „Am Ende der Tage.“ Dieser Ausdruck bedeutet in der Bibel, wo er immer wieder im Zusammenhang mit Prophetie vorkommt, die letzte Zeit, die Endzeit. Es gibt verschiedene parallele Ausdrücke wie „die letzten Tage“, „am Ende der Zeit“, „die letzte Stunde“ oder „am Ende der Tage“. Hier haben wir also diesen Ausdruck „am Ende der Tage“, was deutlich macht, dass wir eine Prophetie vor uns haben, die bis in die Endzeit reicht.
Wir werden sehen, dass er durch die zwölf Söhne hindurchgeht und uns von der Zeit Israels in Ägypten über die Landnahme, das Kommen des Messias vor etwa zweitausend Jahren bis in die Endzeit führt. Dort wird der Antichrist aus dem Stamm Dan kommen – die Schlange am Weg. Es folgt die Drangsal und dann der Segen des tausendjährigen Friedensreiches, besonders ausgeführt im Segen über Joseph, der wirklich überströmend ist.
Nicht alle Aussprüche beziehen sich direkt auf die Endzeit, aber die gesamte Prophetie zielt darauf hin und führt darauf zu. Das ist ähnlich wie in Daniel 2. Daniel erklärt den Traum von Nebukadnezar und sagt ihm dort: „Gott hat dir gesagt, was geschehen wird am Ende der Tage.“ Dann erklärt er den Kopf aus Gold im Traum als das babylonische Weltreich zu Daniels Zeit, das Reich Nebukadnezars.
Danach wird ein anderes Reich kommen, das medopersische Reich, dann das griechische Weltreich und danach das römische Weltreich. Die Geschichte wird bis in die Endzeit weitergeführt, wenn der Stein, ein Bild des Messias als Richter, auf dieses Bild stürzen und es zerschmettern wird. Der Stein wird zu einem Berg, der die ganze Erde erfüllt – das ist dann das tausendjährige Friedensreich unter der Herrschaft Jesu Christi.
Der ganze Traum hat also mit der Endzeit zu tun, zeigt aber den ganzen Weg bis dorthin. Genau so ist es hier auch.
Wer es nachschlagen möchte: Der Ausdruck „am Ende der Tage“ kommt zum Beispiel vor in Daniel 12, Vers 3, in Hesekiel und vorher schon in Daniel 10, Vers 14. Dann in Hesekiel 38, Vers 16, wo es um Gog und Magog geht – den noch bevorstehenden Angriff Russlands auf Israel in der Endzeit, Rosch aus dem äußersten Norden. Schließlich noch in Micha 4, Vers 1 und 3.
Nun betrachten wir das Wort Ruben. Ruben war der Erstgeborene. Das wird uns ausführlich in 1. Mose 29 erklärt. Dort wird beschrieben, wie Lea – im Deutschen sagen wir Lea, aber in Israel wird der Name mit einem Stimmabsatz beim A ausgesprochen – Jakob Ruben geboren hat. Das steht in 1. Mose 29, Vers 32. Ich notiere mir am Rand der Bibel eine eins, eingekreist, denn das ist der erste Sohn.
Dann folgt in Vers 33 Simeon, der zweite Sohn von Lea. In Vers 34 wird Levi geboren, das sind die Söhne drei und vier. Danach kommt Juda. Anschließend folgt Bilha, die Magd von Rahel, die Dan gebiert, in Vers 35. Danach wird Naftali geboren, in Vers 36.
Silpa, die Magd von Lea, gebiert Gad in Vers 11 und Asser in Vers 13. Schließlich gebiert Lea nochmals in Vers 18 den Sohn Issachar, der Nummer neun ist. Erst danach kommt Rahel ins Spiel. In Vers 20 wird Sebulon geboren, ebenfalls von Lea, das ist Nummer zehn.
Danach gedenkt Gott Rahel, in Vers 22, und Joseph wird geboren, Nummer elf. Später kommt noch Benjamin hinzu. Die Geburt von Benjamin wird in Kapitel 35 erwähnt, auf dem Weg nach Bethlehem.
So haben wir hier die zwölf Namen in der chronologischen Reihenfolge ihrer Geburt. Im Kapitel 49 finden wir jedoch eine andere Reihenfolge. Ruben steht dort an erster Stelle (Vers 5), gefolgt von Simeon und Levi, also eins, zwei und drei (Vers 8). Dann folgt Juda, Nummer vier. Danach kommt Sebulon, der in der Geburtsfolge Nummer sechs ist. Issachar wird in Vers 14 angesprochen, der aber in der Geburtsfolge Nummer fünf ist. Somit wird hier die Reihenfolge umgekehrt, erst Sebulon (sechs) und dann Issachar (fünf).
Die Reihenfolge ist also anders. Es ist interessant, wenn man die ganze Bibel durchliest, findet man immer wieder Listen der Stämme Israels. Wie viele gibt es insgesamt? Zwölf Stämme. Aber wie viele Listen mit den Stammesnamen? Über zwanzig. Und jedes Mal ist die Reihenfolge anders.
Ausnahme bilden 4. Mose 3, wo aufgezählt wird, wie die Stämme rund um die Stiftshütte lagerten, und 4. Mose 10, wo erklärt wird, wie die Stämme beim Aufbrechen losziehen sollten. Diese beiden Listen haben dieselbe Reihenfolge.
Ansonsten ist die Reihenfolge immer unterschiedlich, und jedes Mal hat sie eine besondere Bedeutung. Trotzdem lassen sich Strukturen erkennen. Ich habe mir die Reihenfolge in 1. Mose 49 aufgelistet: Ruben stammt von Lea, ebenso Simeon, Levi, Juda, Sebulon. Sebulon ist zwar Nummer zehn, aber hier werden zuerst die Söhne von Lea genannt.
Die Reihenfolge lautet also: Lea, Lea, Lea, Lea, Lea, Lea, Lea. Dann folgen die Söhne der Mägde: Dan von Bilha, der Magd von Rahel, Gad von Silpa, der Magd von Lea, Asser von Silpa und Naftali von Bilha. Zum Schluss kommen Joseph und Benjamin, die Söhne von Rahel.
Zusammengefasst: sechs Söhne von Lea, dann Bilha, Silpa, Silpa, Bilha und schließlich Rahel und Rahel. So lassen sich immer wieder bestimmte Strukturen in der Reihenfolge entdecken.
Das ist ein Tipp oder eine Anregung, wie man die Reihenfolge auffassen kann. Es muss immer eine besondere Bedeutung hinter der Reihenfolge stehen. Hier entspricht sie der Geschichte Israels von Ägypten bis zum Tausendjährigen Reich.
Nun gibt es einen interessanten Zusammenhang mit dem Neuen Testament. Im Neuen Testament gibt es einen Brief, der ebenfalls von einem Jakob stammt. Welcher? Von Jakob. Ich meine einen Brief im Neuen Testament, der von einem Jakob geschrieben wurde. Es ist der Jakobusbrief.
„Jakobus“ ist nur die lateinische Form von „Jakob“. Im Griechischen wird an „Jakob“ noch das „-us“ oder „-os“ angehängt. An wen richtet Jakobus seinen Brief? An die zwölf Stämme in der Zerstreuung, also an die zwölf Stämme Israels.
Das ist interessant: Jakobus schreibt an die zwölf Stämme, genauso wie Jakob, der Vater der zwölf Stämme, diese Segen aussprach. Im Jakobusbrief, Kapitel 1, Vers 1, heißt es: „Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, an die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung sind, seinen Gruß.“
Diese Parallele ist bemerkenswert: Jakob, der Vater, segnet die zwölf Stämme, und Jakobus schreibt an diese zwölf Stämme. Wenn man den Jakobusbrief genauer betrachtet, entdeckt man immer wieder Parallelen zu den Segnungen in 1. Mose 49.
Man kann den gesamten Jakobusbrief in zwölf Abschnitte gliedern. Die Struktur des Briefes orientiert sich an den Segnungen aus 1. Mose 49. Allerdings gibt es eine kleine Abweichung: Die Reihenfolge der Stämme im Jakobusbrief entspricht nicht exakt der Reihenfolge in 1. Mose 49.
So folgen zwar Ruben, Simeon, Levi und Juda aufeinander, danach weicht die Reihenfolge etwas ab. Zu jedem Segen gibt es aber eine entsprechende Parallele im Jakobusbrief. Jakobus schließt seinen Brief nicht mit Benjamin ab, sondern mit Joseph.
Warum ist die Reihenfolge anders? Weil Jakobus ein anderes Thema behandelt. Er beschreibt nicht den Weg Israels von Ägypten bis zum Tausendjährigen Reich. Stattdessen erklärt er das Thema „Ein wahrer Glaube ohne Auswirkung im praktischen Leben – ein Glaube ohne Werke ist ein toter Glaube.“
Dieses Thema erläutert er anhand der zwölf Segnungen von Vater Jakob.
Schauen wir uns nun Ruben an. Er sagt zu ihm: „Du bist mein Erstgeborener.“ Das wissen wir bereits, denn wir haben gerade gesehen, dass er der erste Sohn von Lea war. Er betont außerdem: „Du bist meine Kraft.“ Damit unterstreicht er, dass er noch der Jüngste war, als Vater Jakob ihn so bezeichnete. Die anderen Söhne wurden alle später gezeugt. Ruben ist somit auch der Erstling seiner Stärke.
Es ist zu beachten, dass Vater Jakob erst ziemlich spät geheiratet hat. Die Liebesgeschichte mit Rahel begann, als er etwa siebenundsiebzig Jahre alt war. Man muss sich jedoch vorstellen, dass er damals noch sehr fit war. Schließlich wurde er ja auch sehr alt, nämlich 130 Jahre. Deshalb kann man das nicht mit einem heutigen 77-Jährigen vergleichen. Wobei sich das auch heute im Vergleich zu vor 30 Jahren geändert hat. Wenn ich zurückdenke, wie ich meinen Großvater erlebt habe, der bereits gestorben ist, als ich ein kleines Kind war, dann habe ich noch gute Erinnerungen an ihn. Für mich war er damals ein alter Mann. Heute würde man jemanden in diesem Alter nicht unbedingt als so alt bezeichnen. Die Zeiten haben sich geändert, aber damals war das noch extremer.
Mit 77 Jahren kann Jakob also zu Ruben sagen: „Du bist mein Erstgeborener, der Ausdruck meiner Kraft, der Erstling meiner Stärke.“ Dann fährt er fort: „Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht.“ Als Erstgeborener hätte Ruben also auch den Vorrang gehabt, unter allen anderen Kindern in der Familie eine besondere Stellung einzunehmen. Das gehörte zum Erstgeburtsrecht dazu. Er sollte eine spezielle Position innehaben.
Wenn er von „Vorzug an Macht“ spricht, bedeutet das, dass Ruben auch die Verantwortung übernehmen sollte, die anderen Brüder zu führen. Ältere Kinder tragen oft eine gewisse Verantwortung, um die Jüngeren zu hüten und mit ihnen etwas zu unternehmen. Dabei übernehmen sie Verantwortung im wahrsten Sinne des Wortes. Der Erstgeborene hatte also gewissermaßen das Vorrecht, Führer unter den Kindern zu sein.
Bei mir war es nicht der ältere Bruder, der mich erzogen hat, sondern meine ältere Schwester.
Dann sagt Jakob in Vers 4: „Überwallend wie die Wasser sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen, du hast es entweiht, mein Bett hast du bestiegen.“ Das war natürlich ein Schock. Man muss sich vorstellen: Vater Jakob sitzt da, umgeben von seinen zwölf Söhnen, rund um sein Bett, denn er ist im Sterben. Er sagt: „Kommt, ich will euch verkündigen, was in der Endzeit kommt.“ Er will ihnen seine letzten Worte sagen. Ruben weiß nicht, was auf ihn zukommt. Man kann sich das Gesicht Jakobs richtig vorstellen.
Jakob erinnert ihn an diese schreckliche Tat in seinem Leben. Schauen wir kurz in die Bibel: 1. Mose 35,22. Inzest in der Familie – so schrecklich!
Dort heißt es: „Und es geschah, als Israel in jenem Land wohnte, da ging Ruben hin und lag bei Bilha, der Nebenfrau seines Vaters, und Israel hörte es.“ Das war’s. So kurz wird erwähnt, dass er Ehebruch begangen hat mit einer der Mägde seines Vaters. Bilha war die Magd von Rahel. Ein Schock! Was für eine Familie war das?
Und das sollte die Familie sein, die Gott erwählt hatte, um über sie einmal den Retter in die Welt zu bringen. Was für eine schreckliche Familie! Wie reagiert Vater Jakob auf diese Schandtat? Er reagiert kaum. Er nimmt es wahr, unternimmt aber nichts. Doch das war eine der tiefen Verletzungen, die Jakob in seinem Leben ertragen musste.
Und das war nicht die einzige. Diese Tat hätte schon gereicht, um mit gebrochenem Herzen in den Scheol hinabzusteigen, wie er es im Zusammenhang mit Joseph ausdrückt, von dem ihm mitgeteilt wurde, ein wildes Tier habe ihn zerrissen. Jakob hat so viel gelitten und hat es einfach zur Kenntnis genommen.
Zwischen 1. Mose 35 und dieser Szene liegen viele Jahre. Vater Jakob ist nun 130 Jahre alt, und er bringt diese Tat nochmals zur Sprache. Er sagt zu Ruben: „Du warst überwallend wie Wasser.“ Man muss sich dabei ein ungestümes Meer mit wilden Wogen vorstellen. Damit will er sagen, dass Ruben seine sündigen Leidenschaften nicht beherrscht hat.
Ruben hat Bilha verführt, die natürlich noch jünger war. Rahel war schon eine Generation jünger als Jakob, und Bilha war noch jünger. Für Ruben war das offenbar der Anlass, dieser Versuchung nachzugeben. Er beging diese schreckliche Tat – Hurerei, Unzucht –, weil er seine Leidenschaften nicht im Zaum hatte. Er war wie eine wilde Meereswoge, die dem bösen Verlangen seiner sündigen Natur nachgegeben hat.
Und jetzt schlagen wir mal auf bei Jakobus 1. Dort spricht Jakobus von einem Menschen, der geistlich ganz unstabil ist, wie eine Meereswoge. Liest du Jakobus 1, Vers 6?
„Ihr bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln, denn der Zweifelnde gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jeder jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird. Er ist ein wankelmütiger Mann und steht in allen seinen Wegen.“
Ja, „wankelmütig“ wird in der Fußnote bei der Elberfelder Bibel erklärt. Es heißt eigentlich „doppelherzig“, also ein Mensch, der zwei Herzen hat, wie zwei Villen, und eben eine unkontrollierte Meereswoge. Wankelmütig in all seinen Wegen.
Dann sagt Jakobus in Vers 13: „Niemand sage, wenn er versucht wird, ich werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand. Jeder aber, der versucht wird, wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Hier geht es genau um das Problem des sündigen Verlangens. Wir alle haben, sagt uns der Römerbrief, Römer 5,12 und folgende, eine sündige Natur, die wir von Adam geerbt haben. Und diese spüren wir durch das böse Verlangen, das aufkommt. Das kann in alle Richtungen gehen.
Bei Ruben war es ein falsches sexuelles Verlangen, ein sündiges Verlangen. Aber es kann auch Hochmut und Stolz sein – alles kommt aus dieser sündigen Natur. Nun erklärt Jakobus, dass jeder von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird.
In Vers 15 heißt es: „Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Wir sehen hier drei Generationen: die Großmutter, die Begierde, dann die Tochter, die Sünde, und schließlich der Sohn, der Tod. Übrigens ist das im Griechischen auch so: weiblich, weiblich, männlich.
Was aber hilfreich ist: Das böse Verlangen ist nicht dasselbe wie die Sünde. Dass wir unsere sündige Natur spüren, ist vollkommen normal und bleibt unser ganzes Leben bis zur Entrückung. Wenn unser Körper umgewandelt wird, werden wir diese sündige Natur nicht mehr haben – oder bis zum Tod, dann ist es auch vorbei.
Bis dahin stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen. Wenn ein Gedanke kommt – und das kann auch ein Gedanke sein, sich irgendwie gegen Gott und sein Wort aufzulehnen – dann ist das noch nicht die Sünde.
Erst wenn wir dem Gedanken wirklich Raum geben und zustimmen, wird es zur Gedankensünde. Und wenn wir es dann sogar tun, wird es zur Tat-Sünde, was noch schlimmer ist als die Gedankensünde.
Hier wird also gesagt: Da sind drei Generationen – die Begierde muss empfangen, schwanger werden, und dann wird daraus die Sünde geboren. Aus der Sünde folgt schließlich der Tod.
Interessant ist, dass Jakobus genau in diesem Abschnitt über Ruben spricht. Ruben hat darin versagt, der Begierde nicht Nein zu sagen. In Gedanken muss man Nein sagen.
Im Schweizerdeutschen gibt es ein schönes Kinderlied, das wir unseren Kindern immer wieder beigebracht haben. Es heißt: „Sagt doch Nein zum Bösen.“ Dieses „Agrafe nicht“, wie es einfach übersetzt wird, gibt es auch auf Hochdeutsch.
Schweizerdeutsch war die Sprache des Herzens. So wollten wir unseren Kindern beibringen, bewusst zu entscheiden. Wir müssen immer wieder dem Bösen in jeder Form, die in uns aufkommt, Nein sagen.
Dann gibt es keine Schwangerschaft, sodass keine Sünde geboren wird. Ruben hat das nicht gemacht, weder in Gedanken noch danach. So kam es zu dieser schrecklichen Tat-Sünde.
Aber genau in diesem Abschnitt sagt Jakobus 1, Vers 12: „Glückselig der Mann, der die Prüfungen erduldet, denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die er denen verheißt, die ihn lieben.“
Das war bei Ruben nicht der Fall. Er hat diese Prüfung nicht erduldet und bekam daher keine Auszeichnung, hier geht es um die Krone des Lebens. Jakobus sagt, Ruben hat das Erstgeburtsrecht verspielt; es wurde ihm weggenommen.
Auch interessant ist, dass Jakobus in diesem Abschnitt ausgerechnet in Vers 9 sagt: „Der niedrige Bruder aber rühme sich seiner Hoheit, der Reiche aber seiner Erniedrigung.“
Hier geht es um die Hoheit des niedrigen Bruders. Im Segen von Ruben geht es um seine Hoheit: „Ruben, meine Erstgeburt bist du, meine Kraft und der Erstling meiner Stärke, Vorzug an Hoheit! Vorzug an Macht!“
Aber eben das hat Ruben verspielt. So sehen wir hier die Parallele zum Segen über Ruben.
Nachher, in Jakobus 1, Vers 19 bis 21, geht es dann um die Parallele zu Simeon. Lesen wir das mal vor:
„Daher, meine geliebten Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn; denn des Menschen Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Deshalb legt ab alle Unsauberkeit und alles Überfließen von Schlechtigkeit und nehmt mit Sanftmut das eingepflanzte Wort auf, das eure Seelen zu retten vermag.“
In 1. Mose 49, Vers 5, werden zunächst Simeon und dann Levi genannt. Gleich werden wir den Zusammenhang erkennen. Übrigens, was bedeutet Simeon? Es heißt „Erhören“ oder auch „hören“. Der Name stammt von Shim'on, was von der Wurzel Schama kommt und „hören“ bedeutet. Deshalb heißt es auch: „Seid jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden“ (Jakobus 1,19).
Nun lesen wir 1. Mose 49, Vers 5: „Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat, ihre Waffen. Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung. Denn in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt. Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam. Ich werde sie zerstreuen in Jakob und sie zerstreuen in Israel.“
Simeon wird zuerst genannt, vor Levi. Das weist darauf hin, dass er in dieser schrecklichen Gewalttat die Hauptverantwortung trug. Er war auch der ältere Bruder. Zusammen mit Levi haben sie – wie wir bereits in 1. Mose 34 erwähnt haben – ihre Schwester Dina auf hinterhältige und gemeine Weise gerächt. Nach der Vergewaltigung durch den Sohn des Fürsten von Sichem forderten sie die Männer von Sichem auf, sich beschneiden zu lassen, damit dieser Fürstensohn Dina heiraten könne, nachdem er sie entehrt hatte.
Die Brüder sagten: „Gut, das kann man so arrangieren, aber es ist ein Problem. Wir haben einen Bund von Gott bekommen, da müssen alle Männer beschnitten werden. Wenn ihr also mit unserer Familie eine Heirat eingehen wollt, müssten alle Männer beschnitten werden.“ Diese Forderung nahmen sie in Kauf, was eine hinterhältige Überlegung war.
Die Beschneidung bei einem acht Tage alten Baby ist eine kleine Operation, die im Judentum bis heute am achten Tag ohne Betäubung durchgeführt wird. Hierfür gibt es ein spezielles Werkzeug, und die Zeremonie findet feierlich in der Synagoge statt, durchgeführt vom Mohel, einem Spezialisten. Das Baby weint, aber nicht übermäßig stark. Es ist erstaunlich, wie normal das Weinen klingt und wie schnell danach alles vergessen ist.
Im Gegensatz dazu wird im Islam, wie ich es aus Tadschikistan erfahren habe, die Beschneidung oft erst im Alter von zwölf oder dreizehn Jahren durchgeführt. Die Großmutter hält dann ein Küchenmesser bereit, was für den Jungen ein großes Trauma bedeutet. Das tut sehr weh, und die Jungen können danach lange nicht spielen.
Nach der Beschneidung griffen Simeon und Levi die Männer von Sichem an und schlachteten sie ab. Das war schrecklich! Jahre später nimmt Vater Jakob diese Tat wieder auf und sagt: „Simeon und Levi sind Brüder.“ Das heißt, sie waren in dieser Sache richtig eins, Werkzeuge der Gewalttat, ihre Waffen. Jakob distanziert sich vollständig von dieser Tat: „Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung.“ Im Hebräischen ist „Ehre“ ein Ausdruck, der auch für die Seele verwendet wird, ein anderer Ausdruck für das Ich, das eine von Gott gegebene Würde besitzt.
Jakob sondert sich ganz klar von dieser Tat ab, denn „in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt.“ Das war nicht gottgemäß, sondern ihre eigene Erfindung. Er sagt weiter: „Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam.“ Auffällig ist, dass er nicht die Söhne verflucht, sondern ihre Sünde.
Hier zeigt sich eine Parallele zu Jakobus 1: „Eines Mannes Zorn bewirkt nicht die Gerechtigkeit Gottes.“ Natürlich gibt es den heiligen Zorn. Mose kannte ihn, als er vom Berg herunterkam und sah, dass Israel die Gebote Gottes gebrochen hatte, die Gott gerade mündlich vom Sinai verkündet hatte. Mose war zornig und zerschlug die beiden Tafeln – das war heiliger Zorn.
Doch wenn man seinen Zorn schnell als heiligen Zorn bezeichnet, irrt man oft. In Markus 3, Vers 5, sehen wir, wie Jesus in der Synagoge umherschaut und die Verstocktheit der Gesetzeslehrer gegenüber dem Wort Gottes sieht. Jesus ist innerlich erzürnt – heiliger Zorn. Aber der Zorn von Simeon und Levi war nicht heilig, sondern böse.
Vater Jakob spricht einen Fluch aus: „Ich werde sie zerstreuen in Jakob und sie zerstreuen in Israel.“ Diese Prophetie wurde erfüllt, als die Nachkommen unter Josua ins verheißene Land zogen. Das Buch Josua beschreibt die Landverteilung.
Was bekam Levi? 48 Städte – aber nicht ein zusammenhängendes Stammesgebiet wie Naftali, Asser, Gad oder Ruben. Die Städte lagen verteilt im ganzen Land. Simeon erhielt ebenfalls kein eigenes Stammesgebiet, sondern bestimmte Städte innerhalb des Stammes Juda. Später, wie ich beim nächsten Mal zeigen werde, finden wir Simeon im Norden bei den zehn Stämmen in 2. Chronika. Die Zerstreuung in Israel hat sich also erfüllt.
Doch hier gibt es etwas Wunderbares hinzuzufügen: Warum hatte Levi kein Stammesgebiet? Weil sie diese Tat begangen hatten. Wenn man aber in 2. Mose den Auszug der Israeliten aus Ägypten liest und sieht, wie Gott den Bund am Sinai schließt, wird klar, dass der Stamm Levi, weil er in der Sünde des goldenen Kalbes standhaft war und sich auf die Seite des Herrn stellte, gesegnet wurde. Levi sollte der Priesterstamm werden.
Ursprünglich war vorgesehen, dass die Erstgeborenen aller Stämme Priester sein sollten. Gott hatte Israel in 2. Mose 19 als „Königreich von Priestern“ auserwählt. Der Priesterdienst war für die Erstgeborenen vorgesehen. In den Kapiteln um den Bundesschluss (2. Mose 19, 20, 21, 24) sehen wir, wie die Erstgeborenen Israels auf den Sinai hinaufgehen. Wer diese Erstgeborenen sind, werde ich beim nächsten Mal noch zeigen. Manchmal muss man etwas hören und wiederholen, damit es sich festsetzt, denn diese Gedanken sind für viele neu.
Wegen der Sünde des goldenen Kalbes hat Gott das Priestertum Levi gegeben. Wir werden beim nächsten Mal auch die Stelle betrachten, wo klar wird, dass Gott sagte: Levi soll kein Stammesgebiet bekommen, denn ihr Erbteil ist der Herr. Sie haben das Vorrecht, den Dienst im Haus Gottes zu verrichten, zuerst in der Stiftshütte, später im Tempel in Jerusalem.
Sie haben auch das Vorrecht, das Wort Gottes in Israel zu lehren. Die Leviten sollten speziell diejenigen sein, die die Israeliten über den Willen Gottes befragen konnten. Ihnen wurde kein Erbteil gegeben, sondern 48 Städte mit zugehörigen Bezirken. Unter diesen Städten waren sechs Zufluchtstädte, die für schwere Zeiten bestimmt waren.
Die Leviten sollten von den anderen Stämmen finanziell beziehungsweise mit Naturalabgaben unterstützt werden, damit sie den Dienst für den Herrn ausüben konnten. So wurde der Fluch in einen Segen verwandelt. Das ist Gottes Art: Er kann Dinge, die eigentlich Flüche sind, zum Guten wenden. Das ist das Prinzip aus Römer 8,28: „Allen, die Gott lieben, wirken alle Dinge zum Guten.“
So kann der Herr schlimme Situationen zum Guten wenden. Das wollen wir hier festhalten. Nächstes Mal werden wir dann die Parallele in Jakobus 1 betrachten.
Zum Schluss noch eine Perle als Vorgeschmack: In Jakobus 1, nach dem Abschnitt über Ruben (Verse 2 bis 18) folgt der Simeon-Abschnitt (Verse 19 bis 21), und dann der Levi-Abschnitt (Verse 22 bis 27). Dort heißt es unter anderem in Vers 26 und 27: „Wenn jemand meint, er dient Gott und zügelt nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst ist nichtig. Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Weisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.“
Hier geht es um Gottesdienst. Levi ist der Stamm, der für den Gottesdienst geweiht war – nicht nur im Zusammenhang mit den Opfern, sondern auch in praktischen Dingen, besonders im Blick auf Witwen und Weisen. Wenn man diese in ihrer Not unterstützt, ist das Gottesdienst. Das steht im Zusammenhang mit Levi.
Nächstes Mal setzen wir hier an und betrachten dann auch Juda in Vers 8, wo wir das erste Kommen des Herrn Jesus, des Messias als Schilo, den Friedebringer, finden werden. Wir schließen hier.
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