Jerusalem wird hier mit einer Frau verglichen. Dieser Gedanke ist uns nicht so fern, denn das Wort „Stadt“ ist im Deutschen weiblich – die Stadt. Auch im Hebräischen ist „Ha'ir“ weiblich. Deshalb werden Städte in der Bibel oft mit Frauen verglichen.
So wird hier Jerusalem als Frau dargestellt. Bereits in Vers 46 haben wir von der Stadt Samaria gelesen, die dort als „deine größere Schwester“ bezeichnet wird. Am Ende von Vers 46 ist von „deiner kleineren Schwester Sodom“ die Rede. In Vers 57 wird außerdem von den Töchtern Syriens und den Töchtern der Philister gesprochen. Dabei handelt es sich um die Städte in Syrien und im Gazastreifen, die als Töchter der Philister bezeichnet werden.
Diese Vergleiche helfen uns, zu verstehen, warum eine Stadt als Frau dargestellt wird. Dieser Gedanke zieht sich bis ins Neue Testament hinein. Dort wird die Gemeinde als die Frau Christi beschrieben. Sie wird als „neues Jerusalem“ bezeichnet (Offenbarung 21).
Die falsche Kirche in der Stadt mit sieben Hügeln wird hingegen als die Hure Babylon bezeichnet (Offenbarung 17).
Ursprung Jerusalems und seine symbolische Bedeutung
Es mag überraschen, dass in Hesekiel 16,3 gesagt wird: „Dein Ursprung und deine Abstammung ist aus dem Land der Kananiter, dein Vater war ein Amoriter und deine Mutter eine Hethiterin.“ Israel stammt doch aber nicht von den Kananitern ab. Warum wird Jerusalem hier als Tochter eines amoritischen Vaters und einer hethitischen Mutter beschrieben?
Hat da jemand eine Idee? Jerusalem bestand doch schon, denn David hat die Stadt ja erobert. Natürlich, es geht eben um die Stadt. Ja, ganz genau. Die Stadt war eine kanonische Stadt und wurde bereits im dritten Jahrtausend vor Christus gegründet.
Den ältesten Bericht über Jerusalem finden wir in 1. Mose 14, zur Zeit Abrahams, also etwa um das Jahr 2000 v. Chr. Damals gab es einen großen Nahostkrieg, in dem vier Könige gegen fünf Könige kämpften. Abraham wurde in diesen Krieg verwickelt. Nach seinem gewaltigen Sieg liest man in 1. Mose 14, Vers 17:
„Nachdem er Kedor-Laomer und die Könige, die mit ihm gewesen waren, geschlagen hatte, zog der König von Sodom ihm entgegen in das Tal Schabe, das ist das Königsteil.“
Ja, jetzt kommt es.
„Und Melchisedek, König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester Gottes des Höchsten und segnete Abraham und sprach: ‚Gesegnet sei Abraham von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt, und gepriesen sei Gott, der Höchste, der deine Feinde in deine Hand geliefert hat.‘ Und Abraham gab ihm den Zehnten von allem.“
Also, Abraham kommt nach Salem und trifft dort den kanonitischen König Melchisedek. Salem ist die Kurzform von Jerusalem. Jerusalem bedeutet „Gründung des Friedens“, und Salem heißt einfach „Frieden“. Es ist also eine Kurzform, die auch später noch verwendet wird. Zum Beispiel wird in Psalm 76, Vers 2 Jerusalem Salem genannt.
Was nun auffällt: Dieser kanonitische König von Jerusalem – was für ein Mann war das? Er kannte den wahren Gott, segnete Abraham und nannte Gott „Gott, den Höchsten, der Himmel und Erde besitzt“. Abraham erkannte sofort, dass er denselben Gott anbetet. Deshalb gab Abraham von der ganzen Kriegsbeute zehn Prozent an Melchisedek.
Das ist also eine ganz erstaunliche Urgeschichte Jerusalems in der Frühzeit. Noch bevor es das Volk Israel überhaupt gab, gab es dort schon den Glauben an den einen wahren Gott. Das war aber eine Ausnahme, denn die Kananiter, auch zur Zeit Abrahams, waren meist massive, perverse Götzendiener.
Das hilft uns zu verstehen, warum in Hesekiel 16 so viel über Hurerei gesprochen wird.
Hurerei als Bild für Götzendienst und Unmoral
Was ist genau darunter zu verstehen? Wir beziehen uns auf die ersten beiden Gebote der Zehn Gebote, des Dekalogs. In 2. Mose 20 finden wir das Bündnis, das Gott mit Israel am Sinai geschlossen hat. Die ersten beiden Gebote dieses gesamten Vertrags lauten folgendermaßen:
„Und Gott redete alle diese Worte und sprach: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Götterbild machen, auch kein Abbild dessen, was oben im Himmel, was unten auf der Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, an der dritten und vierten Generation von denen, die mich hassen. Der aber Gnade erweist an Tausenden von Generationen von denen, die mich lieben und meine Gebote halten.“
Jawohl, das sind die ersten zwei Gebote. Das erste Gebot heißt also kurz gesagt: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Der Befehl lautet: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.
Das zweite Gebot lautet kurz gesagt: „Du sollst dir keine Götzenbilder machen.“ Ob diese nun dreidimensional oder nur zweidimensional sind, spielt dabei keine Rolle. Ich erwähne das nur, weil in der griechisch-orthodoxen Kirche die Ikonen ja nur zweidimensional sind. Die griechisch-orthodoxe Kirche lehnt die dreidimensionalen Figuren der katholischen Kirche ab. Aber das ändert nichts an der Sache.
Wenn man einmal Dogmengeschichte studiert, sieht man, mit welchen hochphilosophischen Kniffen und Tricks die griechisch-orthodoxe Kirche versucht zu beweisen, dass die Ikonenverehrung kein Götzendienst sei. Das ist unglaublich, absolut unglaublich. Aber man muss gar nicht so hochphilosophisch darüber reden. Diese biblischen Gebote sind ganz klar: keine anderen Götter und keine Bilder verehren und anbeten.
Israel ist damals am Sinai mit Gott in einen Bund getreten. Darum bedeutet das Verehren eines anderen Gottes oder das Verehren von Götzenbildern in der Sprache der Bibel Hurerei, Ehebruch.
Aber es kommt noch etwas dazu: Wenn so oft in Hesekiel 16 über die Hurerei Jerusalems gesprochen wird, dann ist damit einerseits eben dieses Verehren von anderen Göttern und Götzenbildern gemeint. Andererseits spielte in der kanaanitischen Religion die Tempelprostitution eine ganz zentrale Rolle.
Ba'al war einer der Hauptgötter der Kanaaniter, ein Fruchtbarkeitsgott, also der Blitz- und Regengott. Weil man im Nahen Osten so abhängig vom Regen ist, ist der Mensch leicht verführt, Rituale durchzuführen, um die Fruchtbarkeit zu erhöhen.
Und das haben die Kanaaniter getan: Sie übten rituelle Prostitution aus, um die Götter, insbesondere Ba'al, dazu zu bringen, dem Erdboden Fruchtbarkeit zu verleihen. Das ist eine unglaubliche Perversion.
Jerusalem, als sie bereits die Stadt Gottes war, verfiel immer wieder diesem kanaanitischen Kult. Das wird in Hesekiel 16 in schockierender Sprache angesprochen, um zu zeigen, wie abgrundböse das ist, was Israel und Jerusalem getan haben.
Wie gesagt, bereits in der Zeit Abrahams gab es einen gottesfürchtigen König. Das war aber nur ein Ausschnitt aus dieser Zeit, in der es so gut war. Normalerweise waren die Kanaaniter perverse Götzendiener.
Historische Hintergründe zu den Kananitern und Hethitern
Die Stadt Jerusalem geht auf das dritte Jahrtausend vor Christus zurück, also auf eine Zeit vor Abraham. Deshalb heißt es in Hesekiel 16,3: „Dein Ursprung ist aus dem Land der Kananiter, dein Vater war ein Amoriter.“ Die Amoriter waren der Hauptstamm der kananitischen Völker.
Doch was waren die Hethiter für ein Volk? Das ist zunächst nicht bekannt. Die Hethiter sind ein indogermanisches Volk, deren Hauptstadt sich im heutigen Gebiet der Türkei befand, in Bogazkoy. Diese Stadt wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts ausgegraben. Lange Zeit behauptete die liberale Theologie, die Erwähnung der Hethiter in der Bibel sei ein Beweis dafür, dass die Bibel ein unhistorisches Buch sei. Man argumentierte, es gäbe keinerlei Hinweise darauf, dass es ein hethitisches Volk jemals gegeben habe.
Erst mit der Ausgrabung von Bogazkoy zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde klar, dass die Hethiter eines der großen und mächtigen Völker des Nahen Ostens waren. Besonders im militärischen Bereich waren sie führend. Sie bildeten oft Offiziere aus anderen Völkern des Nahen Ostens aus. Auch gab es einen Ableger der Hethiter in Kanaan. Deshalb kommt Abraham in Kontakt mit den Hethitern.
So war Jerusalem in der Urzeit von amoritischen und hethitischen Bewohnern geprägt. Das war der Ursprung und die Geburt der Stadt. Die Geburt Jerusalems wird eindrücklich beschrieben – aber nicht schön. So wurde zum Beispiel der Nabel nicht abgeschnitten, was eigentlich unmittelbar nach der Geburt erfolgen sollte. Das Kind wurde nicht im Wasser mit Salz gebadet, was zur Desinfektion wichtig ist. Es wurde nicht gewickelt, und niemand schaute mitleidig auf das Kind. Mit anderen Worten: Jerusalem war eine vernachlässigte Stadt ohne Bedeutung.
Doch die Zeit verging, und Gott sagt in Vers 6: „Da ging ich an dir vorüber.“ In der Frühzeit ging Gott also noch an Jerusalem vorüber und ließ die Stadt einfach stehen. Vers 7 erklärt dann, dass Jerusalem wuchs. Die Zeit verging, und es kam die Zeit der Schönheit und der Liebe. Schließlich trat Gott mit Jerusalem in einen Bund ein, wie es in Vers 8 heißt.
Jerusalem als auserwählte Stadt unter David
Welche Zeit war das nun geschichtlich? Das war die Zeit von David. David eroberte nämlich Jerusalem um 1004 vor Christus. Darum wird heute gefeiert, dass Jerusalem seit dreitausend Jahren jüdische Hauptstadt ist.
Jerusalem ist aber viel älter, eben mehr als viertausend Jahre alt. Doch dreitausend Jahre war sie jüdische Hauptstadt. Also um 1004 hat David diese kleine Stadt am Südabhang des Berges Moria erobert. Durch prophetische Offenbarung wurde ihm mitgeteilt, dass dies nun die auserwählte Stadt Gottes sein soll.
Dazu können wir etwas aus Psalm 132 lesen, über die Auserwählung von Jerusalem oder Zion, wie die Stadt auch genannt wird. Liest jemand Psalm 132, Vers 13? Dort heißt es: „Denn der Herr hat Zion erwählt, hat ihn gekehrt zu seiner Wohnstätte. Dies ist meine Stätte für immer. Hier will ich wohnen, denn ich habe ihn begehrt.“ Jawohl, also der Herr hat Zion erwählt. Zion ist ein anderer Name für Jerusalem.
Noch ein Vers aus Psalm 132: „Denn der Herr hat Zion erwählt, ihn begehrt als seine Wohnung.“ Der Berg heißt Zion, an dessen Südabhang die Stadt Jerusalem lag. Darum sind die Begriffe quasi austauschbar. Man kann über Jerusalem als Stadt sprechen oder über ihn, den Berg Zion. Das ist eine pars pro toto, also ein Teil steht für das Ganze.
Jerusalem ist ein Teil des Berges Zion. Zur Zeit Davids war Jerusalem nur ein kleines Städtchen am Südabhang des Berges Zion. Der Berg Zion steigt im Norden stark an, die Spitze ist der Fels, auf dem heute die Al-Aqsa-Moschee steht. Der Berg hat einen langen Südabhang, auf dem Jerusalem lag. Flächenmäßig ist der Berg Zion also größer als die Stadt Jerusalem.
Man kann sich fragen, warum die Kanaaniter Jerusalem nicht auf der Bergspitze gebaut haben. Strategisch wäre das das Beste gewesen, oder? Normalerweise baut man Städte auf die Bergspitze. Doch es gab einen besonderen Grund dagegen: Die Gihon-Quelle ist eine ganzjährige Quelle bei Jerusalem. Sie liegt praktisch unten im Kidrontal, das zwischen dem Berg Zion und dem Ölberg liegt.
Die Gihon-Quelle liefert bis zu 50 Liter Wasser pro Stunde – nicht schlecht. Von der Quelle her hätte man Jerusalem im Tal bauen müssen. Doch das wäre militärisch unsinnig gewesen. Deshalb musste man eine Optimierung vornehmen: möglichst nahe bei der Quelle, aber nicht im Tal. Daher wurde Jerusalem auf den Südabhang gebaut.
Dadurch blieb die Bergspitze frei. Dort hatte ein Kanaaniter, ein Jebusiter namens Ornan, eine Tenne. Davon lesen wir in der Geschichte Davids. Nachdem er die Stadt erobert hatte, ging er zu Ornan und wollte ihm die Tenne abkaufen. Ornan bot sie ihm kostenlos an, doch David bestand darauf, den vollen Preis zu zahlen. Er bezahlte mehr als sechs Kilo Gold für die ganze Bergspitze.
Später baute Salomo auf dieser Bergspitze den Tempel. Salomo baute die Stadt weiter aus, bis nach Norden, bis auf die Bergspitze, und setzte den Tempel dort oben. Wie man sieht, hätten die Kanaaniter die Bergspitze natürlich verbaut, wenn die Quelle nicht unten gewesen wäre. In der Vorsehung Gottes blieb die Bergspitze frei, weil die Quelle unten lag und die Kanaaniter nur am Südabhang bauten. So war alles frei für den späteren Tempel.
Eine Frage noch: Die Jebusiter, die David besiegt hat, sind das ein Stamm der Hewiter oder wie soll man das verstehen? Sie stammen von Ham ab, das sind Hamiten. Die Hethiter hingegen sind Japhethiten, also näher mit den Europäern verwandt als mit den Kanaaniter. Die hethitische Sprache ist eine indoeuropäische Sprache, während die Kanaaniter Hebräisch sprachen, eine semitische Sprache.
Noch eine Frage: Gott hat Zion erwählt. Dazu lesen wir auch im zweiten Samuel. Schlagen wir auf: 2. Samuel 24, das letzte Kapitel. Dort findet man den Propheten Gad, der David den Auftrag gab, bei der Tenne Ornans einen Altar zu bauen. Liest jemand 2. Samuel 24, Vers 18? Dort heißt es: „Gad kam zu David an jenem Tag und sagte zu ihm: Geh hinauf, errichte dem Herrn einen Altar auf der Tenne des Jebusiters Araunah. Da ging David hinauf nach dem Wort Gads, ganz wie der Herr geboten hatte. Araunah blickte hinaus und sah den König und seine Knechte zu sich herüberkommen.“
Also Araunah oder Ornan, das ist dieselbe Person. Der Prophet gab David den göttlichen Auftrag, den Altar genau bei der Tenne zu errichten. Es ist wichtig zu wissen, dass Tennen im Altertum meist etwas unterhalb der Bergspitze lagen. Sie dienten als Schutz, wenn der Wind durch die Tenne wehte, und schützten das Korn, das dort gelagert wurde – sozusagen wie ein Schutzwall.
Der Altar stand also nicht auf der Bergspitze. Das ist interessant, denn das Allerheiligste wurde später auf der Bergspitze gebaut, auf dem Felsen, der heute in der Al-Aqsa-Moschee liegt. Der Altar stand etwas unterhalb, östlich außerhalb der Moschee, das wäre sein Standort.
Wie gesagt, Gott hat Jerusalem, Zion, erwählt. In Psalm 87 heißt es sogar, dass Gott diese Stadt mehr liebt als alle anderen Städte. Schauen wir dazu Psalm 87, Verse 2 und 3: „Der Herr liebt die Tore Zions mehr als alle Wohnungen in Jakob. Herrliche Dinge werden in dir gepredigt, du Stadt Gottes.“ Das ist die geliebte Stadt Gottes, Jerusalem, Zion.
Das sehen wir auch in Hesekiel 16 dargestellt. Gott schließt sein Ehebündnis mit dieser Stadt, als Jerusalem groß und schön geworden war. Das war die Zeit der Liebe. Dort lesen wir in Hesekiel 16, Vers 8 am Schluss: „Und ich schwor dir und trat in einen Bund mit dir, spricht der Herr, der Ewige, und du wurdest mein.“
David erhob Jerusalem zur Hauptstadt des Reiches Israel, der zwölf Stämme.
Geographische und politische Bedeutung Jerusalems
Es ist auch interessant: Die Lage Jerusalems ist eigentlich relativ zentral. Wenn im Alten Testament von ganz Israel die Rede ist, wird oft von Beerscheba bis Dan oder von Dan bis Beerscheba gesprochen. Diese beiden Orte markieren die Extrempunkte des Landes. Jerusalem liegt genau dazwischen, sodass es für alle zwölf Stämme möglichst gut erreichbar war.
Nach dem Tod Salomos wurde das Reich Israel gespalten. Im Nordreich, das aus den zehn Stämmen bestand, herrschten die Könige in Samaria. Der erste König dieses Nordreichs, Jerobeam, befürchtete, dass seine Leute, wenn sie ständig nach Jerusalem im Südreich pilgerten, bald von ihm abfallen würden. Deshalb ließ er Ersatzheiligtümer errichten, die für die zehn Stämme gut erreichbar waren – eines in Dan und eines in Bethel.
Ursprünglich wollte Gott die Einheit des Volkes. Jerusalem war deshalb geografisch so gewählt, dass es für alle zwölf Stämme gut erreichbar war. Die Grenze zwischen den Stämmen verlief nach Josua, wie wir damals beim Studium dieses Buches gesehen haben, über den Berg Zion. Dabei lag der eigentliche Tempel auf der Bergspitze, während der Altar etwas darunter stand.
Der Altar befand sich im Stammesgebiet von Juda, das Tempelhaus hingegen im Gebiet von Benjamin. Dadurch konnte kein Stamm behaupten, er habe das alleinige Anrecht auf die Hauptstadt. Jerusalem sollte eine Stadt für alle zwölf Stämme sein.
Interessant ist auch der Ausdruck in Hesekiel 16,8: "Und ich ging an dir vorüber und sah dich, und siehe, deine Zeit war die Zeit der Liebe." Die Zeit der Liebe.
Im Hohenlied Salomos findet man viermal einen Refrain. Dreimal teilt dieser Refrain das Lied in vier große Strophen. Schauen wir uns diesen Refrain kurz an: Das Hohelied ist ein Liebeslied eines jungen, verheirateten Paares. Zum ersten Mal erscheint der Refrain in Kapitel 2, Vers 7:
"Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes, weckt nicht, stört nicht auf die Liebe, bevor es ihr selber gefällt."
Ein eigenartiger Refrain, oder? Die Töchter Jerusalems werden hier von der Geliebten Sulamit beschworen, und zwar bei den Gazellen oder den Hirschkühen des Feldes. Beide Tiere reagieren sehr empfindlich auf kleinste Geräusche und werden leicht aufgeweckt. Die Aufforderung lautet also: Seid ganz still und leise.
Sulamit bittet eindringlich, die Liebe nicht zu wecken, bis sie selbst es will. Das bedeutet: Die Liebe oder die Fähigkeit, eine feste Beziehung einzugehen, setzt eine gewisse Entwicklung voraus. Diese Entwicklung kann gestört werden, wenn solche Gefühle zu früh geweckt werden, also bevor der Entwicklungsstand dafür angemessen ist.
Diese Beschwörung ist für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung. Gerade hier liegt ein großes Problem: Kinder werden oft mit solchen Gefühlen konfrontiert, obwohl sie psychisch noch nicht so weit entwickelt sind. Das hat verheerende Konsequenzen.
So sehen wir, dass Jerusalem sich in einem normalen Entwicklungsprozess befand. Die "Zeit der Liebe" kam von selbst, ohne dass man sie künstlich heraufbeschwören musste. Sulamit sagt deshalb: "Bitte weckt die Liebe nicht auf, bis es ihr gefällt" – also bis der Entwicklungsstand erreicht ist, der psychologisch angemessen ist.
Das ist ein großes Problem unserer Zeit. Wenn diese Entwicklung gestört wird, gibt es keine normale, gesunde sexuelle Entwicklung. Aber in Hesekiel heißt es: "Deine Zeit war die Zeit der Liebe."
Die Ehe als Bundesschluss in der Bibel
Im Alten Testament spricht Hesekiel über den Ehebund: „Ich trat in einen Bund mit dir, und du wurdest mein.“
Manche Menschen haben sehr idealistische Vorstellungen von der Ehe. Sie denken oft an das Standesamt und ähnliche moderne Einrichtungen. Doch diese sind eine viel spätere Erfindung. Früher lebten die Menschen einfach zusammen, das war ganz normal. Trotzdem sehen wir: Die Ehe war immer ein Bündnisschluss.
Natürlich ist das Standesamt, so wie es heute in Deutschland und der Schweiz existiert, eine bestimmte Erfindung. Aber der Kern der Ehe ist der Abschluss eines Bundes. Bei uns kann dieser Bund nur vor einem Standesamt geschlossen werden. In anderen Ländern hingegen haben bestimmte Personen die juristische Autorität, eine Ehe zu schließen.
In manchen Ländern können das auch Pfarrer oder Pastoren sein. Bei uns ist das nicht der Fall. Ein Pfarrer kann hierzulande keine rechtliche Ehe schließen, da ihm diese Autorität fehlt. Das ist von Land zu Land verschieden, aber letztlich ist es egal, wie genau es abläuft. Hauptsache, es entsteht ein wirksamer Bund.
Im Alten Testament ist das ganz normal. Eine weitere Stelle dazu findet sich im Propheten Maleachi, der etwa 400 Jahre vor Christus schrieb. In Maleachi 2,14 macht Gott Israel Vorwürfe: „Und ihr sprecht: Warum? Weil der HERR Zeuge gewesen ist zwischen dir und der Frau deiner Jugend, an welcher du treulos gehandelt hast, da sie doch deine Genossin und das Weib deines Bundes ist.“
Hier werden Vorwürfe wegen Ehebruch und Ehescheidung erhoben. Gott sagt, dass er Zeuge war zwischen dem Mann und der Frau seiner Jugend, an der er treulos gehandelt hat. Dabei ist sie doch seine Genossin, die Frau seines Bundes. Auch hier wird deutlich, dass es um einen Bundesschluss geht – die Ehe.
Man wusste in der Antike sehr genau, was der Unterschied zwischen einem Ehebündnis und einem Konkubinat ist. Der Herr sagt zu der Frau am Jakobsbrunnen in Johannes 4: „Ruf deinen Mann herbei.“ Sie antwortet: „Ich habe keinen Mann.“
Jesus sagt daraufhin: „Du hast recht, du hast keinen Mann, denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“ Die Frau war also fünfmal verheiratet und lebt jetzt in einem Konkubinatsverhältnis. Jesus bestätigt, dass sie keinen Mann hat, weil dieser nicht ihr Ehemann ist.
Damit war der Unterschied zwischen Konkubinat und Eheschluss klar erkannt. Für alle, die die Stelle gerne nachlesen möchten: Johannes 4,16-18.
Bedeutung der sexuellen Vereinigung im Neuen Testament
Wie ist das zu verstehen? Im Neuen Testament, beispielsweise in der Römerbrief, wird an einer Stelle vor Unzucht gewarnt. Dort heißt es, dass Unzucht eine besonders schwere Sünde sei, weil Mann und Frau bei der sexuellen Vereinigung eins werden – auch außerhalb der Ehe. Das bedeutet, dass durch diese Verbindung eine Beziehung entsteht, die sozusagen einen Ewigkeitscharakter hat.
Wir können die Stelle schnell nachschlagen. Es ist 1. Korinther 6. Lies doch mal Vers 15: „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Soll ich denn die Glieder Christi nehmen und sie zu Gliedern einer Hure machen? Nein! Oder wisst ihr nicht, dass, wer der Hure anhängt, ein Leib mit ihr ist? Denn es heißt, die zwei werden ein Fleisch sein.“
Genau, das bedeutet, dass durch die sexuelle Vereinigung eine Verschmelzung von zwei Menschen stattfindet. Diese Verschmelzung hat jedoch keinen Wert als Ehe vor Gott. Deshalb wird davor gewarnt, eine solche Beziehung einzugehen. Es entsteht wirklich eine Vereinigung, man wird ein Körper.
Wenn wir aber zum Beispiel die Geschichte von Rahab, der Hure in Jericho, betrachten, sehen wir, dass sie später einen Israeliten geheiratet hat. Aus dieser Linie kam sogar der Messias hervor. Sie hatte also nichts mehr mit ihrem früheren Leben zu tun. Man könnte natürlich einwenden, dass die früheren Leute alle bei der Zerstörung von Jericho umkamen. Aber auch sonst sieht man in der Bibel nie, dass die Verbindung mit einer Hure einen Bündnischarakter vor Gott hätte.
Darum kann die Vereinigung nur nachträglich durch einen juristischen Bund bestätigt werden.
Bruno, du wolltest noch etwas sagen?
Ja, in 1. Korinther 6 steht doch: „Wisst ihr nicht, dass, wer der Hure anhängt, ein Leib mit ihr ist?“ Es steht nicht „ein Fleisch“. Das stimmt. Es wird zwar auf 1. Mose 2 verwiesen, um eine Ähnlichkeit zu zeigen, aber es ist nicht dasselbe. Es wird also eine Unterscheidung gemacht.
Im Zusammenhang mit Abraham ist es so, dass seine Nachkommenschaft auch durch das Kind seiner zweiten Frau oder der Magd Saras weitergeht – bei Hagar. Formal hat Abraham mit ihr keinen Bund geschlossen, oder?
Doch, oft wird angenommen, es sei eine aussereheliche Beziehung gewesen. Aber tatsächlich war es ein Ehebündnis, und zwar in 1. Mose 16, Vers 3. Dort heißt es: „Da nahm Sarai, Abrahams Frau, ihre Magd, die Ägypterin Hagar, nachdem Abraham zehn Jahre im Land Kanaan gewohnt hatte, und gab sie Abraham, ihrem Mann, zur Frau.“
Das war also ein Ehebündnis, eingeleitet von Sarai. Sie hatte die Idee, weil Gott ihnen verheißen hatte, dass sie ein Kind bekommen würden. Wahrscheinlich war die Verheißung anders gemeint, als wir sie oft verstehen. Wahrscheinlich sollte es nicht bedeuten, dass sie selbst das Kind bekommen würde, sondern dass Abraham seine Macht vererbt und das Kind ihr zugerechnet wird.
Es gibt tatsächlich Funde aus dem Nahen Osten, Tafeln aus dem 2. Jahrtausend vor Christus, die belegen, dass es dort üblich war, dass ein Herr eine Sklavin heiratet und das Kind der Sklavin der Herrin zugerechnet wird, als wäre es ihr Kind. So hatte Sarai die Idee, quasi eine Zweitfrau für Abraham einzuführen.
Das war natürlich falsch, denn nach diesem Kapitel sieht man, dass Gott zehn Jahre lang nicht mehr mit Abraham gesprochen hat. Aus dieser Verbindung entstand Ismael. Von ihm stammt Mohammed ab. Der Konflikt zwischen Islam und Judentum heute geht auf diese Ehe zurück.
Gott hatte jedoch gesagt, dass Ismael nicht der Erbe sein soll. Trotzdem kämpfen manche Islamisten darum, das Erbe Isaaks zu beanspruchen. Dabei geht es um das ganze Land Israel. Sie behaupten, es gehöre ihnen und nicht dem Erben Isaak.
Im Zentrum steht Jerusalem und der Tempelberg. Sie sagen, das gehört ihnen. Ausgerechnet auf dem Tempelberg, dort wo das Allerheiligste war, wurde eine Moschee errichtet. Das ist der Anspruch Ismaels auf das Erbe Isaaks.
All das wurde durch diesen Fehltritt Abrahams ausgelöst. Oder besser gesagt, durch die Entscheidung einer Frau, die dachte, vielleicht sei Gottes Wort anders gemeint, als wir es immer verstanden haben.
Jetzt ist Zeit für eine Pause. Machen wir zwanzig Minuten Pause und machen danach hier weiter.
Glanz und Fall Jerusalems unter Salomo und späteren Königen
Wir sind vor der Pause beim Bundesschluss stehen geblieben und haben nun gesehen, dass mit David Jerusalem zur Stadt Gottes wurde, zur Hauptstadt Israels. Salomo führte die Stadt dann zu ihrer höchsten Schönheit und Blüte. Das wird hier ab Vers 9 auf wunderbare Weise in Bildersprache beschrieben:
„Und ich badete dich in Wasser und spülte dein Blut von dir ab, salzte dich mit Öl, bekleidete dich mit Buntgewirktem und beschützte dich mit Seekuhfellen. Ich umwandte dich mit Büßus, bedeckte dich mit Seide und schmückte dich mit Schmuck. Ich legte Armringe an deine Hände, eine Kette um deinen Hals, einen Reif in deine Nase, Ringe in deine Ohren und setzte eine Prachtkrone auf dein Haupt. So wurdest du mit Gold und Silber geschmückt, und deine Kleidung war Büßus, Seide und Buntgewirktes. Du aßest Feinmehl, Honig und Öl, und du warst überaus schön und gelangtest zum Königtum. Dein Ruf ging aus unter die Nationen wegen deiner Schönheit, denn sie war vollkommen durch meine Herrlichkeit, die ich auf dich gelegt hatte, spricht der Herr, der Ewige.“
Das ist das salomonische Jerusalem, das so prächtig ausgebaut wurde. Gott sagt, die Stadt war von Schönheit, vollkommen durch seine Herrlichkeit.
Nun, diejenigen, die von der Weiwand mit Hesekiel vertraut sind, wissen, was Hesekiel mit dem Ausdruck „die Herrlichkeit Gottes“ meint: die Schechina. Genau, die Schechina – diese wunderbare Wolkensäule, die nachts als Feuersäule erschien. Sie kam in den salomonischen Tempel hinein und war gewissermaßen das Prachtstück oben auf dem Berg, über dem Allerheiligsten.
Jerusalem wurde also zum Begriff für die ganze alte Welt. Salomo und David hatten das Reich bis an den Euphrat ausgedehnt, über große Gebiete von Libanon und Syrien bis zum Euphrat und auch über große Teile des heutigen Jordanien. Das war Israel.
Erste Könige 8 beschreibt die Vollendung des Tempels. Dort heißt es in den Versen 10 und 11:
„Als die Priester aus dem Heiligtum hinausgingen, erfüllte die Wolke das Haus Jehovas, und die Priester konnten wegen der Wolke nicht dastehen und ihren Dienst verrichten. Denn die Herrlichkeit Jehovas erfüllte das Haus Jehovas.“
Damit haben wir die Schechina. Wir haben ja auch in Hesekiel 8 bis 11 gelesen, wie die Schechina kurz vor der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 586 vor Christus weggegangen ist.
Ich habe eine Frage: Wenn die Schechina das ganze Heiligtum erfüllte, durften die Priester doch nur einmal im Jahr ins Heiligtum, oder? Was geschah dann? Sie konnten ihren Dienst nicht ausüben wegen der Wolke.
Es war also so, dass die Wolke das ganze Haus erfüllte, sodass die Priester nicht mehr hineingehen konnten. Das war gerade am Anfang so. Das galt auch für die Stiftshütte. In 2. Mose 40 wird beschrieben, wie die Schechina auf die Stiftshütte kam und die ganze Stiftshütte erfüllte, sodass man nicht hineingehen konnte.
Später war die Wolke dann gewissermaßen über dem Allerheiligsten und eine Lichterscheinung war zwischen den Cherubim zu sehen. So wird das auch in Psalm 80 beschrieben, wo es heißt (Vers 2, je nach Verszählung auch Vers 1):
„Du Hirte Israels, der du Josef leitest wie eine Herde, höre doch, der du thronst auf den Cherubim, strahle hervor!“
Das ist das Hervorstrahlen zwischen den Cherubim der Bundeslade.
Jerusalem erreichte im 10. Jahrhundert vor Christus ihren Höhepunkt an Schönheit. Doch am Ende seines Lebens fiel Salomo von dem einen Gott ab. Die weitere Geschichte des Südreichs und Jerusalems war geprägt von Götzendienst und Abfall.
Darum beginnt ab Vers 15 diese Trauerrede:
„Aber du vertrautest auf deine Schönheit und hurtest auf deinen Ruf hin und gossest deine Hurereien aus über jeden Vorübergehenden.“
So nahmen sie kanonischen Götzendienst auf oder übernahmen Religionselemente von den Assyrern und Babyloniern. Das große Stichwort hier ist Synkretismus – die Vermischung von Religionen.
Man holte aus allen möglichen Kulten Elemente herbei. Es war nicht so, dass man nicht mehr über Jahwe, den Gott Israels, sprach, aber man vermischte ihn mit anderen Religionen und erfüllte ganz Jerusalem mit Götzenbildern. Sogar Manasse führte Götzendienst im Tempel ein.
Das haben wir alles sehr eindrücklich in Hesekiel 8 gesehen, wo die Gräuel beschrieben werden, die im Tempel begangen wurden. Gott sagt, dass nun mit Jerusalem ein Ende gemacht werden muss.
Hier wird also ausführlich und schockierend der Abfall von Gott beschrieben. Interessant ist, wie der Abfall von Gott so schnell Hand in Hand geht mit Unmoral.
Das ist auch heute so. Die sexuelle Revolution wäre beispielsweise in der Zeit der Reformation undenkbar gewesen. Zuvor brauchte es eine breit angelegte Abwendung von Gott und seinem Wort. Erst nachdem die Autorität der Bibel bestritten wurde, konnte eine sexuelle Revolution überhaupt stattfinden.
So sehen wir, wie der Abfall von Gott Hand in Hand geht mit Unmoral. Und genau da sind wir auch bei Jerusalem.
Die Folgen des Abfalls und die Strafe Gottes
Verschiedene andere wurden vertraut, anstatt auf den Herrn zu setzen. Zum Beispiel heißt es in Vers 26: „Du hurtest mit den Söhnen Ägyptens, deinem Nachbarn, sodass sie sich nach Ägypten ausstrecken.“ Danach folgt Assyrien, die damals große Weltmacht, bis schließlich die Babylonier kamen.
In Vers 28 steht: „Und du hurtest mit den Söhnen Assurs.“ Die Assyrer wurden später von den Babyloniern erobert. Deshalb heißt es in Vers 29: „Und du mähretest deine Hurrei nach dem Krämerland Chaldea hin.“ Das sind die Babylonier, die Chaldea.
Interessanterweise waren genau diese Babylonier diejenigen, die letztlich den Zusammenbruch Jerusalems herbeiführten. Im Jahr 586 v. Chr. zerstörten sie Jerusalem. Doch in der Prophetie des Hesekiel war dies noch Zukunft, es stand unmittelbar bevor. Hesekiel erklärt, warum Jerusalem nun von Gott gerichtet werden muss.
Lesen wir zum Beispiel Vers 37: „Darum siehe, ich werde all deine Liebhaber sammeln, denen du gefielst, und alle, die du geliebt hast, mit allen, die du gehasst hast. Ich versammle sie von allen Seiten gegen dich und decke deine Blöße vor ihnen auf, sodass sie deine ganze Blöße sehen. Ich richte dich nach den Rechtsbestimmungen für Ehebrecherinnen und Blutvergießerinnen und bringe meinen Zorn und Eifer über dich. Ich gebe dich in ihre Hand, und sie werden deinen Lurenaltar zerstören, deine Höhen niederreißen, dir deine Kleider ausziehen, deine prächtigen Geschmeide nehmen und dich nackt und bloß lieben lassen.“
Diejenigen, die Jerusalem vertraut haben, anstatt auf Gott, und die ihre Religionen nachgemacht haben, werden letztlich als Instrumente benutzt, um Jerusalem zu bestrafen.
Weiter wird gesagt, dass Jerusalem eigentlich schlimmer geworden ist als andere schlimme Städte. In Vers 46 wird die größere Schwester Samaria mit ihren Töchtern erwähnt. Damit sind die Tochterstädte gemeint. Wir sprechen ja auch von Tochterstädten, oder? Es heißt dort: „Die Frau Samaria mit ihren Töchtern, die zu deiner Linken wohnt, und die schlimme Sodom mit ihren Töchtern, die zu deiner Rechten wohnt.“
Symbolik von Samaria, Sodom und die Endzeit
Wie sollen wir das verstehen? Samaria links und Sodom rechts. Was hat das mit Norden und Süden zu tun? Und was bedeutet überhaupt links und rechts?
Norden ist oben, links ist Osten. Links ist Süden, wenn man aufs Meer blickt, aufs Mittelmeer. Und das Mittelmeer liegt im Westen. Im Orient, insbesondere im britischen Orient, orientiert man sich nach dem Orient, also dem Osten. Der Blick geht zur Sonne, zum Sonnenaufgang. Dann ist das vorne, der Westen ist hinten, Süden ist rechts und Norden ist links.
Von Jerusalem aus gesehen, mit Blick auf die aufgehende Sonne, liegt links im Norden Samaria und rechts im Süden lag einst Sodom mit seinen Tochterstädten. Gott sagt, dass Jerusalem schließlich schlimmer geworden sei als Samaria, der Hauptstadt der götzendienerischen Zehn Stämme, und als Sodom, eine der schlimmsten kanaanitischen Städte, die Gott schon zur Zeit Abrahams zerstörte.
Während die anderen Kanaaniter noch Jahrhunderte blieben, bis der Auszug aus Ägypten stattfand und Israel die Kanaaniter von Gottes Seite her für ihre Unmoral, ihren Götzendienst und Spiritismus bestraft hatte, war Sodom so schlimm, dass es schon zur Zeit Abrahams gerichtet werden musste.
Nun lesen wir etwas Interessantes in Vers 53: Es wird eine Wiederherstellung Sodoms geben. Gott sagt, er werde ihre Gefangenschaft wenden, das Schicksal Sodoms und ihrer Töchter, ebenso das Schicksal Samarias und ihrer Töchter. Das bedeutet, in der Endzeit sollen Sodom und ihre Töchter – das sind Gomorra, Adama und Zeboim – wiedererstehen. Interessant, oder?
Dann stellt sich natürlich die Frage, wo Sodom, Gomorra, Adama und Zeboim lagen. Es gab noch eine fünfte Stadt in der Ebene, Zoar. Bis vor einigen Jahren konnte das niemand genau sagen. William Albright, einer der größten Altorientalisten und Archäologen des 20. Jahrhunderts, führte schon in den 1920er Jahren Grabungen an der Ostseite des Toten Meeres durch, also ganz unten im Süden.
Dabei entdeckte man Ruinen aus der frühen Bronzezeit, also aus der Zeit Abrahams, doch es wurden nur wenige Grabungen gemacht. Die eigentlichen Ausgrabungen fanden dann in den 1960er Jahren statt. Waren diese Grabungen israelisch? Nein, es waren europäische Archäologen, nicht Israelis. Sie arbeiteten bereits vor dem Sechstagekrieg dort, als das Gebiet jordanisch war.
Dabei kamen vier verbrannte Städte aus der frühen Bronzezeit ans Licht, mit Ascheschichten bis zu zwei Meter Dicke. Besonders bei den Gräberfeldern konnte man zeigen, dass das Feuer offensichtlich von oben kam und durchgebrannt hat, nicht von der Seite.
Das ist bemerkenswert, weil Feuer bei antiken Kriegen normalerweise von der Seite kam, da es ja keine Luftwaffen gab. Doch hier kam das Feuer von oben. Leider hat man bis heute keine Inschriften gefunden, die die Städte namentlich bestätigen würden, also keine Aufschriften mit „Das ist Sodom“ oder „Das ist Gomorra“.
Fünf Städte wurden dort ausgegraben, vier davon verbrannt. Das ist schade, denn es waren doch fünf Städte in der Ebene bei Abraham: Sodom, Gomorra, Adama, Zeboim und Zoar. Warum nur vier verbrannt? Weil eine Stadt nicht zerstört wurde – Zoar. Dort war Abraham geflohen, und Gott verschonte diese Stadt.
Es müssten also vier Städte verbrannt sein und eine weitere, die nicht verbrannt wurde, aber trotzdem dort unten liegt. Das passt genau. Das ist schon erstaunlich. In den 1960er Jahren kommt diese Entdeckung ans Licht.
Und was geschah in den 1960er Jahren? Dort war die sexuelle Revolution in Nordamerika und Europa. Genau in dieser Zeit geriet Sodom mit seiner zweimeterdicken Ascheschicht wieder in Erinnerung. Dazu passt eine Stelle aus 2. Petrus 2:
2. Petrus 2,6: „Und hat die Städte Sodom und Gomorra zu Schutt und Asche gemacht und zum Untergang verurteilt und damit ein Beispiel gesetzt den Gottlosen, die hernachkommen würden.“
Ja, die Einäscherung von Sodom und Gomorra sollte ein Beispiel sein für Menschen, die später gottlos leben, also in Unmoral und schrankenloser Sexualität. Und genau in den 1960er Jahren kommen diese Ascheschichten ans Licht. Das finde ich sehr interessant – Archäologie ist nicht nur Zufall.
Gott verkündet aber auch, dass es für Sodom und Gomorra eine Wende geben wird. In der Endzeit sollen diese Städte wieder aufleben. Das wird auch für Samaria verheißungsvoll gesagt.
Die Endzeit ist eine Zeitspanne. Wann beginnt sie? Die Bibel verbindet die Endzeit mit der Rückkehr des jüdischen Volkes aus der weltweiten Zerstreuung ins Land der Väter. Die erste moderne Einwanderungswelle begann 1882. Somit müsste man eigentlich schon von der Endzeit sprechen – ab dem 19. Jahrhundert.
Natürlich ist diese Zeitspanne von etwas mehr als hundert Jahren im Vergleich zu zweitausend Jahren eine relativ kurze Periode. Im Jahr 70 n. Chr. wurde Jerusalem zerstört, der jüdische Staat unterging, und dann folgte die lange Zerstreuung. Jetzt erleben wir die Rückkehr.
In diesem Sinn sind wir offensichtlich nicht mehr am Anfang der Endzeit, sondern in einem fortgeschrittenen Stadium. So fortgeschritten, dass wir heute quasi hautnah den Kampf um Jerusalem und den Tempelberg erleben.
Ich war gerade vor ein paar Tagen in Jerusalem, genau zu der Zeit, als man die Bilder im Fernsehen sah. Das erleben wir heute hautnah.
So wie Sacharja sagt: „Ich will Jerusalem zu einem Tammelbecher machen für alle Völker ringsum.“ Ich kann das kurz erklären: Ein Tammelbecher ist eine Schale mit Alkohol. Wer davon trinkt, verliert das objektive Denken. Wenn man sieht, wie die Menschen toben, und es geht um ein Toben, das darauf abzielt, den Juden den Tempelberg wegzunehmen, dann sieht man, dass sie betrunken sind.
Sacharja 12,2: „Siehe, ich mache Jerusalem zu einer Taumelschale für alle Völker ringsum.“ Alle Völker ringsum – das sehen wir heute.
Doch Gott verspricht auch eine völlige Erlösung und die Wende des Schicksals von Jerusalem.
Ich lese nochmals Ezekiel 16,60: „Ich aber, ich will an meinen Bund denken, den ich mit dir in den Tagen deiner Jugend geschlossen habe, und ich will dir einen ewigen Bund aufrichten.“
Gottes ewiger Bund mit Jerusalem
Der Bund, den Gott vor dreitausend Jahren mit dem jungen Jerusalem geschlossen hat, hat er nicht vergessen. Er sagt: An diesen Bund will ich denken. Das bedeutet, dass Gott Jerusalem als Hauptstadt Israels auserwählt hat.
Es ist interessant, dass heute die Völker weltweit aufgefordert werden, zu dieser Frage Stellung zu nehmen: Akzeptiert ihr den Bund, den Gott mit Jerusalem vor dreitausend Jahren geschlossen hat, oder nicht? Davon hängt es ab, wo man die Botschaft platziert – ob in Tel Aviv oder in Jerusalem. Die Völker müssen sich zu dieser Frage positionieren.
Gott sagt, dieser Bund, obwohl er in den Tagen Jerusalems Jugend geschlossen wurde, ist für ihn nicht vorbei. Wir denken oft, dass dreitausend Jahre eine lange Zeit sind und dass das Thema erledigt ist. Wir beschäftigen uns nur mit heutigen politischen Vorgängen. Doch eine Politik, die nicht auf Geschichte aufgebaut ist, ist kurzsichtig und kann langfristig keine Lösung bringen.
Das ist eindrücklich: Gott sagt, ich denke an diesen Bund, dieser Ehebund ist nicht vorbei. Im Vers 61 am Schluss heißt es außerdem: „Ich will dir einen ewigen Bund errichten.“ Nun kommt also noch ein neuer Bund dazu. Was ist dieser ewige Bund? Was beinhaltet er?
Es geht um einen Bund – den ewigen Bund. Wir kennen diesen Bund aus dem Neuen Testament. Das Wort „Testament“ bedeutet ja „Bund“. Die Bücher im zweiten Teil der Bibel nennen wir das Neue Testament, weil Jesus Christus durch seinen Tod und sein Blut einen neuen Bund geschlossen hat.
Beim Abendmahl sagt Jesus: „Dieser Kelch ist der Bund in meinem Blut.“ Das ist das Neue Testament. Gott wird mit Jerusalem einen neuen Bund errichten, basierend auf dem Blut des Erlösers, das vor den Toren Jerusalems auf dem Golgatha-Felsen vor zweitausend Jahren vergossen wurde.
Dieser neue Bund bringt jedem Glaubenden Vergebung seiner Schuld und ewiges Leben. Für Jerusalem wird dasselbe Kreuz von Golgatha bewirken, dass die Stadt einmal frei sein wird – sogar die Hauptstadt des Messias, die Hauptstadt der Welt.
Der ewige Bund kommt also hinzu: Mit dem Bund vor dreitausend Jahren war Jerusalem die Hauptstadt Israels, und mit dem neuen, ewigen Bund wird Jerusalem die Hauptstadt der Welt sein – auf der Grundlage des Blutes des Herrn Jesus Christus.
Lesen wir dazu vielleicht die Stelle aus Matthäus 26, um den neuen Bund zu verdeutlichen. Dort, bei der Einsetzung des Abendmahls, heißt es in Vers 27: „Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen denselben und sprach: Trinket alle daraus; denn dies ist mein Blut des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“
Hier haben wir also den neuen Bund. Jesus nahm beim Passamahl den dritten Wein-Kelch, den „Kos Bracha“, den Kelch der Segnung, und machte daraus den Abendmahlskelch. Paulus sagt in 1. Korinther 10, dass der Kelch der Segnung, den wir segnen, die Gemeinschaft des Blutes Christi ist. Das ist der Kelch der Segnung, der vom neuen Bund im Blut des Messias spricht.
Dieses Blut ist vor den Toren Jerusalems geflossen, und aufgrund dieses Bundes wird Jerusalem wieder zu seiner Herrlichkeit zurückkehren. Jerusalem ist zwar im Sechstagekrieg wiedervereinigt worden, aber die orthodoxen Juden tragen immer noch schwarze Gewänder, selbst bei großer Sommerhitze, mit schwarzem Hut.
Warum tragen sie diese Kleidung? Ganz einfach: Solange Jerusalem nicht erlöst ist, können sie keine anderen Kleider tragen. Es sind Kleider der Trauer über das Schicksal Jerusalems. Wenn man sie an der Klagemauer betet, sieht man, dass das Weben der Opfer im Tempel früher fortlebt. Sie beten dreimal täglich für die Befreiung Jerusalems und den Tempelbau.
Sie können keine weißen Kleider tragen, solange Jerusalem nicht befreit ist. Aber hier haben wir die Verheißung: Gott gedenkt seines Bundes mit Jerusalem und wird einen ewigen Bund errichten.
Lesen wir weiter in Vers 61, was noch geschehen muss: „Du wirst an deine Wege denken und dich schämen, wenn du deine Schwestern zu dir nimmst, die größer sind als du, samt denen, die kleiner sind als du, und ich sie dir zu Töchtern gebe, aber nicht wegen deines bunten Verhaltens. Ich selbst werde meinen Bund mit dir aufrichten, und du wirst erkennen, dass ich der Herr bin, damit du daran denkst und dich schämst und den Mund nicht mehr öffnest wegen deiner Schmach, wenn ich dir alles vergebe, was du getan hast, spricht der Herr.“
Jerusalem muss also Buße tun. Es heißt: Du wirst deine Wege bedenken und dich schämen. Wo finden wir das große Bußkapitel Jerusalems? Das ist Sacharja 13.
Wenn das geschieht, dann kommt der ewige Bund für Jerusalem. In Sacharja 12, Vers 10 heißt es: „Über das Haus David und die Bürger Jerusalems will ich den Geist der Gnade und des Gebets ausgießen. Sie werden mich ansehen, den sie durchbohrt haben, und um ihn klagen, wie man um ein einziges Kind klagt, und sich betrüben, wie man sich um den Erstgeborenen betrübt.“
Zu der Zeit wird die Wehklage in Jerusalem groß sein, wie die Klage um Hadad-Rimmon in der Ebene von Megiddo. Das Land wird klagen, jedes Geschlecht besonders: das Haus Davids, das Haus Nathans, das Haus Levis, das Haus Schimmis und alle anderen übrig gebliebenen Geschlechter – jeweils mit besonderer Klage der Frauen.
Gott sagt in Vers 10: „Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben.“ Das ist die Wiederkunft Christi. Der Messias steht vor ihnen, und sie sehen seine durchbohrten Hände und seine durchbohrte Seite. Dann werden sie alle wehklagen.
Diese Wehklage wird in Jerusalem täglich groß sein. Am Anfang von Vers 12 heißt es: „Und das Land wird eine Totenklage halten um jemanden, der lebendig vor ihnen steht.“ Das steht im Alten Testament. Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.
Das ist sehr eindrücklich. Im Talmud, in Taktatsukka 52a, wird diese Wehklage auf den Messias bezogen. Das ist unglaublich – so nah an der Wahrheit.
In welcher Zeit ist das Buch Sacharja entstanden? Um 520 vor Christus, also vor zweieinhalbtausend Jahren. Der erste Tempel war zerstört, und man begann gerade mit dem Bau des zweiten Tempels. Sacharja prophezeite zu Beginn der Zweiten Tempelzeit.
Während der Zweiten Tempelzeit kam der Messias, der durchbohrt wurde. Danach wurden zwei Tempel zerstört, und seitdem gibt es keinen Tempel mehr.
Das ganze Land wird wehklagen. Ein Rabbi in Australien hat in einer Rede gesagt: Wenn der Messias kommt, gibt es einen einfachen Weg zu erkennen, ob das Christentum oder das Judentum richtig ist. Man wird den Messias fragen: Warst du schon einmal hier? Wenn er ja sagt, wissen sie, wer er ist.
Sie werden sofort sehen, ob er schon einmal da war. Das Alte Testament sagt klar, dass der Messias in zwei Phasen kommt: Einmal wird er durchbohrt, und beim zweiten Mal erkennen sie ihn und weinen um ihn.
Dann wird Gott den Bund errichten: „Ich werde meinen Bund mit dir errichten, und du wirst wissen, dass ich der Herr bin, damit du eingedenk bist und dich schämst und deinen Mund nicht mehr auftust wegen deiner Schmach, wenn ich dir alles vergebe, was du getan hast.“
Wir haben den Götzendienst gesehen, der zur Zeit Ezechiels im Vordergrund stand. Alles wird vergeben. Gott sagt: Alles werde ich dir vergeben, auch dass das Blut des Messias in Jerusalem vergossen wurde.
Denn der Hohepriester Kajaphas fasste im Tempel den Beschluss des Sanhedrins: „Er muss sterben.“ Dann wurde Jesus zu Pilatus geführt und nach Golgatha gebracht.
Gott sagt: Wenn ich dir alles vergebe, was du getan hast. Aber Jerusalem ist noch nicht erlöst, denn die Stadt hat Jesus heute noch nicht erkannt.
Das ist der Punkt. Es ist erstaunlich, wenn man an der Klagemauer ist, dass dort getrennt gebetet wird. So wie in Sacharja 13 beschrieben, beten Männer für sich und Frauen für sich.
Jeder Mensch steht persönlich vor Gott. Doch es wird dort nicht über die Durchbohrung des Messias geklagt. In der Männerabteilung gibt es einen Bogen an der Seite, unter dem viele beten. Dieser Bogen gehört zur Männerabteilung an der Klagemauer.
Es ist der Wilson-Bogen, ein gigantischer Bogen eines Aquädukts, der 62 Kilometer lang war. Das Wasser kam von weiter als Bethlehem, obwohl die Luftdistanz nur 19 Kilometer beträgt, und hatte ein Gefälle von 1. Dieses Wasser wurde zum Tempelberg geleitet, um den Altar von den Tausenden Litern Blut zu reinigen.
Über diese Brücke wurde Jesus hinausgeführt und zu Pilatus gebracht. Dort habe ich einmal einen orthodoxen Juden gesehen, der betete und den Talit, den Gebetsmantel, über das Gesicht zog.
Das ist symbolisch für Jerusalem. Was passiert, wenn man den Talit über den Kopf zieht? Man ist blind.
Der Apostel Paulus bezieht sich auf den Talit in 2. Korinther 3, Vers 14 bis 18. Er sagt als Jude über seine Brüder, die den Messias nicht erkannt haben: „Ihr Sinn ist verstockt worden; bis auf den heutigen Tag bleibt beim Lesen des Alten Bundes dieselbe Decke unaufgedeckt, die in Christus weggetan wird.
Bis auf den heutigen Tag, wenn Mose gelesen wird, liegt die Decke auf ihrem Herzen. Wenn aber Israel zum Herrn umkehrt, wird die Decke weggenommen. Der Herr aber ist der Geist, wo aber der Geist des Herrn ist, ist Freiheit.
Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit durch den Geist des Herrn.“
Paulus war ein Jude, der den Messias erkannt hat, und bei ihm ist der Talit weg. Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an.
Deshalb sagt Paulus auch in 1. Korinther 11, dass ein Christ, ein Mann, beim Beten nichts auf dem Kopf haben soll – keinen Talit, keine Bedeckung.
Wir aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden verwandelt. Das wird für die ganze Stadt Jerusalem kommen.
Dann wird auch der Segen für Jerusalem kommen.
Fragen zur Passafeier und zum Wiederkommen Christi
Gibt es bis dahin noch eine Frage? Haben die Juden das aus der Bibel oder selbst erfunden? Und wie weiß man, dass der dritte Kelch der Kelch der Segnung ist?
Ja, es ist so: Der Ablauf der Passafeier zur Zeit des Zweiten Tempels hatte eine bestimmte Ordnung. Das weiß man aus dieser Ordnung, weil sie heute noch beim Passamahl eingehalten wird.
Vielleicht könnten wir ja mal in der Bibelklasse das Thema der Passafeier durchnehmen, genau wie der Ablauf ist und wie man das dann neutestamentlich alles deuten und erklären kann. Das wäre schon sehr interessant. Ich könnte vielleicht auch Matthias dazu zeigen, zu diesem Thema.
Dann hatten sie es wahrscheinlich doch aus der Bibel.
Nein, das hat sich im Laufe der Zeit so eingebürgert. Aber der Herr hat diese Rituale mitgemacht. Man sieht auch, wie sie diese Meerenkelche hatten und wie er das alles so mitgemacht hat, wie man es zur Zeit des Zweiten Tempels gemacht hat.
Die Juden haben damals zu Tisch gelegen. Das ist eigentlich erst seit dem Jahr 63 v. Chr. so gekommen, als die Römer in Jerusalem einmarschierten. Die Römer saßen ja nicht zu Tisch, sondern lagen zu Tisch auf Polstern. Die Juden haben das übernommen.
Ganz speziell wurde vorgeschrieben: Am Passa soll man zu Tisch liegen, nicht sitzen. Warum? Weil die Freien, die Römer, nicht sitzen, sondern liegen. Sitzen tun nur die Sklaven. Die Freien liegen. Das Passafest ist das Fest der Befreiung, also soll man liegen. Das ist das Zeichen der Freiheit.
Der Herr hat das alles so mitgemacht, und darin liegen tiefe Belehrungen. Wenn man das alles so beachtet, versteht man zum Beispiel auch, wo Judas am Tisch saß, wo Johannes lag und wo Petrus lag.
Judas hatte den Platz zur Linken des Gastgebers, das war der Ehrenplatz. Der Herr lag da zu Tisch, und dann gab es noch den Oberhelfer, das war Johannes. Ich kann ganz genau erklären, warum Johannes dann an der Brust Jesu liegen konnte. Das ging ganz natürlich.
Petrus hatte wohl den allerletzten Platz auf der anderen Seite, beim Triklinium. Dort liegt man um einen dreiteiligen Tisch herum. Petrus hatte wohl den schlechtesten Platz bekommen.
Dann versteht man auch, warum er gesagt hat: „Herr, wenn alle sich deiner schämen, ich werde es nicht tun, ich bin der Beste.“ Er hatte Mühe mit dem letzten Platz, und Judas bekam den allerbesten Platz.
Der Herr gab ihm dann den speziellen Ehrenbissen, den er eingetaucht hat. Das bekam der Ehrengast. Danach fuhr der Satan in ihn, und er ging hinaus.
Das wäre schon mal interessant, so ganz im Detail zu sehen, wie es gegangen ist und wie es im Neuen Testament von großer Bedeutung ist.
Ja, noch eine Frage zum Schluss.
Wenn ich richtig weiß, kommt Jesus Christus wieder, wenn die Zahl der gläubigen Heiden erfüllt ist und wenn die Juden wieder in Israel sind. Jetzt meine Frage:
Ich habe ein bisschen Angst vor dem wiederaufkommenden Antisemitismus in Deutschland. Gibt es dafür eine Begründung, dass das so kommen muss? Gibt es einen geschichtlichen Zusammenhang, damit die Juden, die vielleicht aus Russland kommen, wieder nach Israel zurückgehen? Gibt es eine Erklärung oder eine Erleichterung für uns oder einen geschichtlichen Hinweis?
Und wie würden dann die amerikanischen Juden wieder nach Israel kommen? Es fällt ihnen bestimmt auch schwer, ihren Wohlstand in Amerika zu verlassen und nach Israel zurückzugehen.
Also, vor der Wiederkunft Christi geht nur ein Teil der Juden zurück. Das sieht man in Hesekiel 39 am Schluss. Erst nach der Schlacht von Gog und Magog, dem allerletzten Angriff, wird Gott alle, die übrig geblieben sind, zurückführen ins Land.
Darum ist es wichtig: Man muss nicht denken, sie sollten zuerst alle kommen und dann kommt Jesus Christus wieder. Nein, nur ein Teil muss zurück, und das ist schon längst geschehen. Es sind ja zweieinhalb Millionen direkt zurückgekehrt.
Ihre Frage umfasst eigentlich noch mehr, auch wegen des Antisemitismus. Das hat natürlich schon bei den ersten Zionisten eine Rolle gespielt, dass man nach Palästina zurückgekehrt ist. Die Zaren haben ja die Juden in Russland verfolgt, und dadurch entstand die erste Rückkehrwelle 1882.
Dann kam die Verfolgung durch Hitler und seine Kollaborateure in Europa. Dadurch gab es nochmals eine ganz massive Welle. Das hat eine Rolle gespielt, und das wird vorausgesagt in Jeremia 16,15:
„In der Endzeit wird man sagen: So wahr der Herr lebt, der die Kinder Israel heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens und aus allen Ländern, wohin er sie vertrieben hatte, so werde ich sie in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe. Siehe, ich will zu vielen Fischern senden, spricht der Herr, dass sie sie fischen, und danach will ich zu vielen Jägern senden, dass sie sie jagen von jedem Berg und von jedem Hügel und aus den Felsklüften.“
Zuerst war die Phase der Fischer: Die Zionisten haben versucht, die Juden in aller Welt zu motivieren, nach Palästina zurückzukehren – mit einem Teilerfolg.
Die Bibel sagt: „Danach will ich zu vielen Jägern senden.“ Dann kam die Nazizeit, und sie haben die Juden wortwörtlich gejagt ins Land der Väter zurück.
Dann war der Judenstaat da, gerade nach dem Zweiten Weltkrieg.
Interessant ist, dass andere Europäer die Juden daran gehindert haben, nach Palästina zu kommen, wie es in Oman war.
Ja, aber die Verfolgung hat dazu geführt, dass überhaupt der Wunsch entstand, zurückzugehen. Denn die Juden in Deutschland fühlten sich zuerst mal als Deutsche.
Das war für sie so schlimm, als die Nazis aufkamen. Sie versuchten zuerst, sie von der Gesellschaft zu trennen. Das war der erste Schritt: „Juden sind nicht gewöhnliche Deutsche.“
Man muss jemanden zuerst zu einem Fremdkörper machen, wenn es vorher nicht so war.
Die Juden fühlten sich als Deutsche, und das war für sie so schlimm: „Wir haben im Ersten Weltkrieg mitgekämpft, wir haben uns für Deutschland eingesetzt, und jetzt sind wir quasi keine richtigen Deutschen mehr.“
Das war die erste Phase, und sie hatten keinen Wunsch, zurückzukehren. Durch dieses Jagen entstand die Sehnsucht nach dem Land der Väter.
Der Antisemitismus ist klar vorausgesagt. Der Herr sagt sogar in der Endzeitrede, Matthäus 24:
„Ihr werdet gehasst werden von allen Nationen um meines Namens willen.“
Das sagt er den gläubigen Juden in der Endzeit.
Dieser Hass nimmt zu und ist oft versteckt, denn offiziell ist Antisemitismus in Europa geächtet. Aber Anti-Israelismus ist hoch im Kurs.
Anti-Israelismus ist eine spezielle Form von Antisemitismus. Das muss man den Leuten sagen, die sich rühmen: „Wir sind keine Antisemiten, wir sind keine Rechtsradikalen, wir sind links.“ Aber wie sie Israel angreifen und beschmutzen, das ist Antisemitismus.
Da gilt natürlich das Wort, das der Herr zu Abraham gesagt hat, 1. Mose 12:
„Wer dich segnet, den werde ich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen.“
Wer das auserwählte Volk ungerecht herabsetzt, der kommt automatisch unter einen Fluch Gottes.
Ja, es ist Zeit. Wir sollten zusammen beten.
