Einführung und Überblick zum Buch Obadja
Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem letzten Bibelstudientag in diesem Jahr begrüßen.
Heute Morgen steht eine Einführung in das Buch Obadja auf dem Programm. Es wird etwas mehr als eine Einführung, denn da dieses Buch sehr kurz ist, können wir es auch Vers für Vers betrachten.
Auf der Einladung wurde das Thema folgendermaßen umschrieben: Das Buch Obadja behandelt das endzeitliche Gericht Gottes über Edom, das ist Südjordanien, und die Aufrichtung des Reiches Gottes in Zion. Die Nachkommen Esaus haben ihrem Brudervolk Israel aus Hass Gewalttat angetan (Verse 10 und 11). Gott warnt sie vor weiterem Hass (Verse 12 bis 14). Weil sie trotzdem nicht hören, müssen sie in der Endzeit durch eine Koalition ehemaliger Bundesgenossen vernichtet werden. Auch Israel wird sich dabei beteiligen.
Das Gericht über Edom hat Beispielcharakter für die ganze Welt. Auch über alle anderen Völker wird das Gericht Gottes kommen (Verse 15 bis 16). Israel wird schließlich von Gott befreit und gesegnet werden (Verse 17 bis 21).
Wir lesen die ersten Verse aus dem Buch Obadja. Auf dem ausgeteilten Skript ab Seite zwei findet sich der vollständige Text:
Obadja 1,1: Vision Obadjas
So spricht der Herr, der Ewige, zu Edom:
Eine Botschaft haben wir gehört von dem Ewigen, und ein Bote ist ausgesandt unter die Nationen: Steht auf, ja, lasst uns aufstehen gegen sie! Zum Krieg!
Siehe, gering habe ich dich gemacht unter den Nationen, siehe, verschmäht bist du.
Der Hochmut deines Herzens hat dich betrogen, o Bewohnerin der Schlupfwinkel im Felsmassiv!
Auf seinem hohen Sitz, die du in deinem Herzen sprichst: Wer wird mich schon zur Erde hinabstürzen, wenn du hoch oben bauen würdest wie ein Adler?
Und wenn du sogar dein Nest zwischen die Sterne setzen würdest, ich würde dich von dort hinabstürzen, Ausspruch des Ewigen.
Datierung und Stellung des Buches Obadja
Wir stellen fest, dass im Buch Obadja keine Angaben zur Person des Propheten oder zur Abfassungszeit gemacht werden. Dies unterscheidet es von anderen Prophetenbüchern, die wir bisher näher betrachtet haben. Daher müssen wir die Datierung des Buches ausschließlich aus den internen Hinweisen ableiten.
Auch die Stellung Obadjas unter den kleinen Propheten hilft uns, den Entstehungszeitraum einzugrenzen. Das Buch ist unter die alten Kleinpropheten eingeordnet. Wie wir zu Beginn gesehen haben, ist die Reihenfolge der Kleinpropheten von Bedeutung. Sie sind nach Perioden angeordnet: Zuerst die Zeit des assyrischen Weltreiches, beginnend mit Hosea, dann die Zeit des babylonischen Weltreiches und schließlich die Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft, also die persische Zeit. Der letzte Prophet in dieser Reihe ist Maleachi, der damit auch der letzte Prophet im Alten Testament ist.
Obadja wurde unter die frühen kleinen Propheten eingeordnet. Das deutet darauf hin, dass das Buch sehr früh entstanden ist. Dies widerspricht der Ansicht mancher Ausleger, die das Buch auf die Zeit nach der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier im Jahr 586 v. Chr. beziehen. Wäre das der Fall, müsste Obadja nach Habakuk eingeordnet werden, denn Habakuk beschreibt die unmittelbar bevorstehende Zeit, in der die Babylonier das Königreich Juda zerstören würden.
Im Judentum wurden diese Bücher jedoch anders eingeordnet, da man damals noch genau wusste, wann welches Buch entstanden war. Die Einordnung von Obadja gleich nach Amos hat daher Bedeutung.
Wir werden sehen, dass das Buch in der Zeit Jorams entstanden ist, also zwischen 852 und 841 v. Chr. Damit wäre Obadja sogar das älteste Buch unter den Kleinpropheten, älter als Hosea. Hosea wurde jedoch zuerst eingeordnet, weil es das längste der kleinen Prophetenbücher ist und eine breite Übersicht über die prophetische Botschaft vermittelt. Obadja ist ein sehr kurzes Buch, das sich im Wesentlichen auf ein Thema konzentriert: den Untergang Edoms.
Deshalb wurde Obadja nicht an den Anfang gesetzt, sondern Hosea. Dennoch gehört es zur Gruppe der frühen Propheten aus der assyrischen Zeit.
Der Schlüssel zur Datierung liegt im Verständnis von Obadja Vers 11: „Am Tag, als du feindlich entgegenstandest, am Tag, als Fremde seine Habe wegführten und Ausländer durch seine Tore einzogen und über Jerusalem das Los warfen, da warst auch du einer von ihnen.“
Wovon spricht dieser Vers? Er beschreibt eine Eroberung Jerusalems, bei der Hab und Gut gestohlen und weggeführt werden, und über Jerusalem das Los geworfen wird. Eine Zerstörung Jerusalems wird jedoch nicht erwähnt.
Wenn wir in 2. Könige 8,20 nachschlagen, finden wir die Zeit Jorams. Dort heißt es: „In seinen Tagen fielen die Edomiter von der Botmäßigkeit Judas ab und setzten einen König über sich.“ Vor diesem Ereignis waren die Edomiter Unterworfene des Königreichs Juda. Sie machten sich frei.
Parallel dazu lesen wir in 2. Chronik 21,16-17 ebenfalls über die Zeit Jorams: „Und der Herr erweckte gegen Joram den Geist der Philister und der Araber, die zur Seite der Kuschiter wohnen, und sie zogen gegen Juda herauf und brachen ein. Sie führten alle Habe weg, die sich im Hause des Königs vorfanden, und auch seine Söhne und seine Frauen; es blieb ihm kein Sohn übrig als nur Joachas, der jüngste seiner Söhne.“
Hier sehen wir fremde Nationen, Philister und Araber, die gegen Jerusalem ziehen und die Stadt plündern, ohne sie jedoch zu zerstören. Das entspricht genau der Situation, die in Obadja Vers 11 beschrieben wird: Ausländer ziehen durch die Tore Jerusalems, werfen das Los über die Stadt und plündern sie.
Darüber hinaus wurden sogar zahlreiche Angehörige der Königsfamilie gefangen weggeführt. Edom war zwar nicht direkt beteiligt, aber es war gewissermaßen mit den Feinden verbunden. Dies passt zu dem Edom, das sich genau in dieser Zeit von Juda freimachen konnte.
Dies ist das einzige Ereignis in der assyrischen Zeit, das sowohl zu Obadja passt als auch die Einordnung unter die frühen kleinen Propheten erklärt.
So kommen wir zur Datierung: Das Buch Obadja entstand in der Zeit Jorams, im 9. Jahrhundert vor Christus.
Thematische Zusammenfassung und geographische Gegensätze
Das Thema des Buches lässt sich wie folgt umschreiben: Das Gericht über Edom und die Aufrichtung des Reiches Gottes in Zion.
Das Buch endet in Vers 21 mit der Aussage, dass Retter auf den Berg Zion hinaufziehen werden, um den Berg Esaus zu richten. Dem Herrn wird das Königreich gehören. Somit schließt das Buch mit dem tausendjährigen Friedensreich des Messias.
Im Mittelpunkt des Buches steht die Opposition zwischen zwei Bergen: dem Berg Esaus, der Edom repräsentiert, und dem von Gott auserwählten Berg Zion. Edom liegt in Südjordanien auf einem gebirgigen Hochplateau. Dieser Berg steht im Gegensatz zum Berg Zion, der in der Bibel stets der Tempelberg ist.
Heute wird ein Nachbarhügel des Tempelbergs in Jerusalem als Zion bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde jedoch erst in nachbiblischer Zeit, etwa ab 100 nach Christus, üblich. Wenn in der Bibel von Zion die Rede ist, ist immer der Tempelberg gemeint.
Zur Unterscheidung nenne ich den Tempelberg „Zion römisch eins“ und den Nachbarhügel, auf dem sich das urchristliche Quartier befand – dort fand auch das Pfingstereignis in Apostelgeschichte 2 statt – „Zion römisch zwei“. Diese Unterscheidung dient dazu, Verwirrungen vorzubeugen.
Das Spannungsfeld, in dem diese beiden Gebirge gegeneinander gestellt werden, zieht sich durch das gesamte Buch.
Die Vision Obadjas und Bedeutung seines Namens
Jetzt beginnen wir mit Vers 1 der Vision Obadias. Der Prophet hatte also nicht nur das Wort Gottes gehört – es geht ja weiter mit „So spricht der Herr“ –, sondern er hat auch gesehen, was Gott in der Zukunft mit Jordanien, mit Edom tun würde.
Der Name Obadja bedeutet Diener, Knecht oder Sklave des Herrn. „Herr“ mit Großbuchstaben bezeichnet den Ewigen, Yahweh. Obadja kommt von der hebräischen Wurzel „Abad“, was Dienen als Sklave oder Dienen als Bauer bedeutet. Das Wort steht auch für Gottdienen, Gottesdienst darbringen. Darum können wir Obadja auch mit „Anbeter des Herrn“ übersetzen.
Hier wird deutlich: Anbetung ist der tiefste Ausdruck davon, dass wir uns bewusst sind, Gottes Autorität und Souveränität unterstellt zu sein. Wir erkennen unsere Kleinheit und auf der anderen Seite die Größe und Majestät Gottes. Ein schöner Name also, Obadja. So soll eigentlich auch das Studium der Prophetie uns immer dazu führen, Gott anzubeten – für seine Größe, für seine Herrlichkeit und für seine wunderbaren Pläne, wie er sie realisiert.
Ich habe den Text hier neu übersetzt, und zwar so, dass die poetischen Verszeilen, wie sie im Hebräischen vorliegen, im Deutschen auch sichtbar werden. Das ganze Buch ist ein Gedicht, ist Poesie. Wenn wir diese Verszeilen auch im Deutschen gut beachten, können wir den Text viel besser und klarer verstehen.
Die zweite Zeile im Text heißt: „So spricht der Herr“ – im Hebräischen „Adonai“, was in der Fußnote mit „Der Ewige“ erklärt wird. Im Text steht „Yahweh“ zu Edom. Adonai bedeutet Herr, Gebieter und steht ganz schön im Gegensatz zu einem Knecht oder Sklaven. Obadja ist der Diener, der Sklave des Herrn, und der Herr ist Adonai, also der, der befiehlt und die Autorität hat. Es bezeichnet den Gott, der auch die ganze Geschichte in seiner Hand hält.
Dieses Wort Adonai ist hier ganz bedeutsam: Gott hat die ganze Zukunft der Welt in der Hand und damit auch das Schicksal jedes Einzelnen. Das ist für den Gläubigen, für den Erlösten ein gewaltiger Trost. „Ich bin in Gottes Hand, und ihm, diesem Gott, entgeht nichts. Er verliert nicht die Autorität, nicht das Steuer.“
Dann der zweite Name: Der Herr mit Großbuchstaben bedeutet der Ewige, Yahweh. Yahweh schreibt sich auf Hebräisch JHWH. Die Wurzel des Wortes ist die dreikonsonantische Wurzel H-W-H, „Hawa“, und das bedeutet im Hebräischen „Sein“. Yahweh ist also der Seiende.
So verstehen wir, dass in 2. Mose 3, als Gott Mose im Dornbusch erschien und sich mit dem Namen vorstellte: „Ich bin, der ich bin“, dies eine Erklärung des Namens Yahweh war. „Ich bin“ kommt vom Infinitiv „sein“. Es heißt: „Ich bin, der ich bin.“
Das hebräische Verbalsystem ist nicht in erster Linie ein Zeitsystem wie im Deutschen, sondern ein Aspektsystem. Das heißt, Verben drücken vor allem aus, ob eine Handlung punktuell ist, als ein punktueller Akt gesehen wird, oder ob sie fortdauernd ist oder sich ständig wiederholt.
Hier haben wir einen Durativ: Wenn Gott sagt „Ich bin, der ich bin“, will das sagen, dass er fortdauernd der ist, der er fortdauernd ist. Man könnte auf Deutsch natürlich mit den Zeitstufen übersetzen: „Ich bin, der ich sein werde“ oder „Ich bin, der ich dauernd war“. Oder man könnte das Ganze auch umdrehen und sagen: „Ich war dauernd der, der ich war“, „Ich war der, der ich bin“ und „Ich war der, der ich dauernd sein werde“.
Es gibt also neun Möglichkeiten. Nimmt man alle zusammen, hat man den eigentlichen Sinn: „Ich bin der, der sich nie verändert, der derselbe ist – gestern, heute und in Ewigkeit.“
In Hebräer 13,8 wird der Name Yahweh auf den Sohn Gottes bezogen. Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Wenn in Offenbarung 1 gegrüßt wird von „dem, der da war und der da ist und der da kommt“, dann ist das auch eine Umschreibung des Namens Yahweh.
Aber es heißt nicht „der da war, der da ist und der da sein wird“, sondern „der da kommt“, weil Gott kein statischer Gott ist, sondern ein dynamischer Gott, der in der Geschichte aktiv eingreift. Das ist ein anderer Gott als der Gott der Philosophen.
In der Aufklärungszeit hat man Gott nicht abgelehnt, sondern gesagt: Natürlich gibt es einen Gott, irgendwie muss ja die Welt entstanden sein. Das war noch vor der Entstehung der Evolutionslehre im 18. Jahrhundert. Die Evolutionslehre kam erst im 19. Jahrhundert auf.
So sagte man: Gott existiert, aber er hat nichts zu tun mit dieser Welt, er greift nicht in den Lauf der Dinge ein. Darum gibt es auch nichts Übernatürliches, und es kann nicht sein, dass die Bibel Gottes Wort ist, denn Gott spricht nicht mit uns Menschen. Er ist einfach weit weg, hat sich zurückgezogen.
Das ist der Gott der Aufklärungsphilosophen. Das ist nicht der Gott der Bibel. Der Gott der Bibel ist der Gott, der da war, der da ist und der da kommt, der aktiv eingreift.
So wird in der Prophetie Obadias Gott vorgestellt als der Herr, der Autorität über die ganze Weltgeschichte hat, und als der Gott, der da war, der da ist und der da kommt, der sich nie ändert und auch seine Grundsätze nicht ändert.
Vor kurzem habe ich jemanden gehört, der erklärt hat: „Ja, die Bibel kann man doch nicht mehr auf die heutige Zeit beziehen. Vor zweitausend Jahren war das Neue Testament gut für die Menschen damals, das entsprach genau der Situation damals, aber nicht mehr heute. Darum müssen wir die Bibel auf die heutige Zeit uminterpretieren.“
Ich habe erklärt, dass das überhaupt nicht wahr ist. Die Bibel passte genauso wenig zur Zeit vor zweitausend Jahren wie heute. Zum Beispiel war das korinthische Leben ja ein Ausdruck für unmoralisches Leben. Aber genau in diese Welt von Korinth kam das Evangelium hinein. Das war ein Fremdkörper, eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft.
Die Leute heute in unserer modernen Gesellschaft leben genau korinthisch, und darum ist das Evangelium so ein Fremdkörper in unserer Gesellschaft. Aber das ist keine Änderung, weil wir heute so modern sind und die damals so altmodisch. Die waren damals so altmodisch wie wir heute oder so modern damals wie wir heute.
Es ist also nicht so, dass die Bibel für gewisse Zeiten gut war und für andere Zeiten nicht mehr. Sie ist verbindlich für alle Zeiten, denn Gott ändert sich nicht.
Die Kriegserklärung gegen Edom und die Bedeutung des Namens
Ja, und nun kommt die Botschaft. Eine Botschaft haben wir vom Herrn gehört, und ein Bote ist ausgesandt unter die Nationen. „Steht auf, ja, lasst uns aufstehen gegen es zum Krieg!“ Die ganze Botschaft richtet sich an Edom. So spricht der Herr zu Edom, und gegen Edom wird hier ein Krieg inszeniert. Das ist die Botschaft aus Vers 1.
Ich muss erklären: Das Wort Edom bedeutet eigentlich „Rot“. Es kommt von der hebräischen Wurzel „Adam“, was „rot sein“ heißt. Der Name Adam ist damit verwandt. Adam bedeutet „rot sein“ und bezeichnet den, der aus roter Ackererde gemacht ist – also könnte man ihn gut als „roter Erdling“ übersetzen.
Edom bedeutet „rot“ und war ein Name für Esau. In 1. Mose 25,30 haben wir die Geburt von Jakob und Esau beschrieben. Jakob sollte der Stammvater des auserwählten Volkes Israel werden, und Esau sollte der Stammvater des späteren Volkes der Edomiter in Südjordanien sein.
Nun lese ich 1. Mose 25,30: Da waren die beiden schon etwas älter. Esau sprach zu Jakob: „Lass mich doch essen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin matt.“ Darum gab man ihm den Namen Edom. Esau liebte rote Linsen – nicht die braunen, um die es hier nicht geht, sondern die roten. Er liebte sie so sehr, dass er bereit war, für das kurze Essen, für den Genuss seines kurzen Essens, sein Erstgeburtsrecht mit dem ganzen göttlichen Segen zu verkaufen. Das brachte ihm den Namen Edom ein.
Dieser Name Edom hat noch mehr Bedeutung. Wenn wir über die Geburt lesen, in 1. Mose 25,24: „Und als die Tage Rebekkas erfüllt waren, dass sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leib. Der erste kam heraus rötlich am ganzen Leib, wie ein Herrnmantel, und man gab ihm den Namen Esau, das bedeutet behaart. Danach kam sein Bruder heraus, und seine Hand hielt die Ferse Esaus, und man gab ihm den Namen Jakob.“ Das heißt „Fersenhalter“.
Also war Esau bei seiner Geburt rötlich. Das bedeutet nicht, dass er rote Haare hatte – das ist eine Variante aus Europa, eine keltisch-germanische Vorstellung. Hier geht es um die Beschreibung der Hautfarbe, die rötlich war. Meistens sind Babys blau, wenn sie auf die Welt kommen. Das liegt daran, dass die Nabelschnur beim Geburtsvorgang so zusammengedrückt wird, dass es zu Sauerstoffmangel kommt. Deshalb kommen Babys oft blau zur Welt.
Heute ist das kein großes Problem mehr, weil man sehr darauf achtet, wie viel Sauerstoff das Kind bekommt. Früher konnte es jedoch bis zu schweren Geburtsschäden durch Sauerstoffmangel führen. Das ist immer ein kritischer Moment. Im Fall von Esau war das jedoch nicht so. Er hatte ausreichend Sauerstoff und kam ganz rötlich zur Welt, was ihm nochmals den Namen Edom einbrachte.
Nun sehen wir aber in Obadja 1, wo es heißt: „So spricht der Herr, der Herr zu Edom“, dass hier das Land der Edomiter in Südjordanien gemeint ist. Interessant ist, dass diese Gebirgslandschaft durch ihre rötliche Farbe charakterisiert ist. Wer schon in Israel war und das Gebirge südlich des Toten Meeres gesehen hat, weiß, dass es auffällig rot ist. Von daher kommt dieser Name Edom.
So haben wir eine dreifache Erklärung für dieses Wort. Übrigens kann man auch den Namen für das Rote Meer so erklären. Das Rote Meer ist bekanntlich blau, ein schönes Blau, aber es grenzt an das Land Edom. So hat es den Namen „Meer Edoms“ – das Rote Meer – bekommen.
Nun ebenso diese Krieginszenierung in Vers 1: „Eine Botschaft haben wir gehört vom Herrn, und ein Bote ist ausgesandt unter die Nationen: Steht auf, ja, lasst uns aufstehen gegen es zum Krieg!“ Das erinnert mich an die Zeit von 1990, als James Baker, der damalige amerikanische Außenminister, viel herumreiste in der ganzen Welt. Er ging von einem Volk zum anderen, um sie zu motivieren: „Wir müssen Krieg machen gegen den Irak!“ Das war nach der Invasion des Iraks in Kuwait im August 1990.
So hat er als großer Diplomat die Welt in Bewegung gebracht und schließlich etwa 30 Nationen aus vier verschiedenen Kontinenten motivieren können, um eine riesige Koalition mit mehr als einer halben Million Soldaten zu bilden. Diese waren hochgerüstet wie nie zuvor in der Geschichte, um dann gegen den Irak loszuschlagen.
Genau dasselbe wird in der Zukunft mit Jordanien, mit Edom, geschehen. Da wird ein Diplomat ausgesandt unter die Völker, um sie zu motivieren: „Steht auf, ja, lasst uns aufstehen gegen es zum Krieg!“
Hochmut und Selbstüberschätzung Edoms
Ich habe dann einen Absatz gemacht, weil hier eigentlich eine neue Strophe beginnt. Wichtig: In der hebräischen Poesie achtet man normalerweise nicht darauf, dass die Strophen gleich lang sind. Die Strophen können also sehr unterschiedlich lang sein.
Das ist nur ein Ideal in Europa, dass Gedichtstrophen möglichst gleich lang sein sollen. Es gibt aber auch Strophen im Hebräischen, die schön gleich lang sind. Zum Beispiel besteht Psalm 119 aus 22 Strophen mit jeweils acht Versen. Jeder Vers beginnt immer mit dem gleichen Buchstaben. So geht es durch das ganze Alphabet von 22 Buchstaben hindurch.
Hier ist das jedoch nicht so.
Vers 2: Gott spricht jetzt zu Edom: „Siehe, gering habe ich dich gemacht unter den Nationen, sehr verschmäht bist du. Der Hochmut deines Herzens hat dich betrogen oder verführt, o Bewohnerin der Schlupfwinkel im Felsmassiv, auf seinem hohen Sitz, die du in deinem Herzen sprichst: Wer wird mich schon zur Erde hinabstürzen?“
Nun ist Folgendes interessant: Es heißt hier in der zweiten Verszeile von Vers 3 „O Bewohnerin der Schlupfwinkel im Felsmassiv“. In der Fußnote habe ich erklärt, dass das hebräische Wort „Sela“ auch als Eigenname verstanden werden kann. Darum könnte man auch übersetzen: „O Bewohnerin der Schlupfwinkel von Sela“ statt „im Felsmassiv“. Das Wort „Sela“ spielt hier offensichtlich auf den Namen der edomitischen Hauptstadt Sela an.
Die griechische Übersetzung dieses Namens lautet Petra. Petra ist die berühmte Felsenstadt Südjordaniens, eben in Edom, die erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt wurde – durch einen Menschen aus dem Westen.
Es handelt sich um eine dermaßen gut versteckte Stadt, dass man sie nur durch einen ganz schmalen Gebirgsweg erreicht. Dann sieht man, wie die alten Edomiter ihre Häuser in die Felsenklüfte hineingebaut haben. Auch die späteren Nabatäer, die dort ebenfalls siedelten, haben das so gemacht.
So haben sie sich eine Stadt aufgebaut, die praktisch militärisch nicht einzunehmen war. Sie war gut versteckt und äußerst sicher. Darauf wird angespielt, wenn es heißt: „O Bewohnerin der Schlupfwinkel im Felsmassiv“.
Die Nachkommen Esaus sind hochmütig und stolz geworden, weil sie ihre Häuser, ihre Wohnungen so in den Felsen hineingebaut haben – hoch oben auf ihrem hohen Sitz. Das hat sie zu Selbstsicherheit verführt, wenn sie sagen: „Wer wird mich schon zur Erde hinabstürzen?“
Hier greift Gott den Hochmut der Edomiter an und zeigt, dass sie wegen dieses Hochmuts unter das Gericht Gottes kommen.
Praktische Bedeutung der Prophetie für das Leben
Nun sehen wir: Was ist die praktische Bedeutung der Prophetie? Es geht nicht nur darum, Klarheit über den kommenden Fahrplan Gottes mit dieser Welt zu gewinnen. Das ist zwar ein Teil der Prophetie, aber wer sich nur darin verliert, hat die geistliche Bedeutung der Prophetie nicht verstanden.
Wir müssen uns immer fragen, auch bei den prophetischen Texten: Was hat das uns zu sagen? Wenn wir zum Beispiel sehen, dass das Buch Obadja geschrieben wurde, um den Hochmut Edoms zu rügen und schließlich unter das Gericht Gottes zu bringen, dann müssen wir uns natürlich im Klaren sein: Wenn wir hochmütig sind, wird Gott auch uns widerstehen. So heißt es in 1. Petrus 5: Gott widersteht dem Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt er Gnade.
Das Studium der künftigen Gerichte kann uns also helfen, das tägliche Selbstgericht an uns auszuüben. In 1. Korinther 11 wird in Verbindung mit dem Abendmahl erklärt, dass jeder sich zuvor selbst prüfen muss. Niemand darf das Abendmahl in einem ungeordneten Zustand einnehmen. Paulus erklärt weiter, dass viele unter den Korinthern schwach und krank sind, ein Teil sogar entschlafen ist. Wären sie jedoch in der Lage, sich selbst zu beurteilen oder zu richten, würde das nicht geschehen.
So gehört es zum normalen Christenleben, dass wir uns ständig im Licht des Wortes Gottes prüfen. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, müssen wir es erkennen und ordnen. Dann können wir mutig und freudig weitergehen.
Das Gericht über Edom hilft uns also, das Selbstgericht über uns auszuüben, wenn wir merken, dass der Hochmut unseres Herzens uns verführt hat. Vers 3 zeigt uns, wie interessant das ist: Hochmut kann einen Menschen verführen, betrügen und täuschen.
Gottes Gericht über Hochmut und Selbstüberschätzung
Ja, Vers 4: „Wenn du hoch oben bauen würdest, wie ein Adler, und wenn du sogar dein Nest zwischen die Sterne setzen würdest, ich würde dich von dort hinabstürzen“, Ausspruch des Herrn.
Ein interessantes Wort, ja. Es bedeutet nicht, dass die Jordanier den Weltraum erobern und eine Weltraumstation aufbauen. Vielmehr ist es eine hypothetische Aussage: Wenn du im Sinne von „sogar dein Nest zwischen die Sterne setzen würdest“, würde ich dich von dort herabstürzen.
Aber wenn man bedenkt, dass darüber vor fast dreitausend Jahren gesprochen wurde, ist das schon bemerkenswert. Denn heute ist es Realität, dass Russen und Amerikaner tatsächlich „Nester zwischen den Sternen“ errichtet haben. Dass dies viel mit menschlichem Hochmut zu tun hat, ist uns bekannt.
Jede Nation, die schließlich fähig wird, wenigstens einen Satelliten ins All zu schicken, glaubt dadurch ein besonderes Prestige und Ansehen unter den übrigen Völkern der Welt zu erlangen. Wenn wir an die Zeit des Kalten Krieges denken, hatten die Sowjetrussen und die Amerikaner ein Wettrüsten im Zusammenhang mit der Eroberung des Weltalls. Wer wird schneller die erste Mondlandung mit Menschen durchführen können? Das war das große Rennen, wer besser ist als der andere.
Das hat sehr viel mit Hochmut zu tun. Und hier sagt Gott: „Aber was ist das schon, ein Nest zwischen den Sternen? Ich würde dich von dort hinabstürzen.“ Gott kann auch dort richtend eingreifen.
Dann ganz kurz: Ausspruch des Herrn. Wenn der Ewige spricht, wer kann widersprechen?
Vollständige Vernichtung Edoms angekündigt
Nun folgt ab Vers fünf eine neue Strophe:
Wenn Diebe über dich gekommen wären, wenn Räuber der Nacht dich überfallen hätten, wie wärest du zerstört worden! Hätten sie nicht nur das gestohlen, was ihnen genügte? Wenn Winzer über dich gekommen wären, hätten sie nicht eine Nachlese übriggelassen?
Wie sind die Schätze von Esau durchsucht worden, wie sind seine verborgenen Schätze ausgeforscht worden!
Hier wird gesagt, dass Edom eine vollkommene Verwüstung und Zerstörung erleben wird. Das ist ganz anders, als wenn Diebe eindringen – Räuber der Nacht stehlen einfach so viel, wie sie tragen können. Aber sie nehmen nie alles mit. Es bleibt immer etwas übrig. Ebenso bei den Winzern: Sie nehmen zwar das meiste aus dem Weinberg, doch es bleiben immer noch Trauben zurück.
Mit Edom wird es jedoch nicht so sein. Dort wird eine völlige Verwüstung eintreten, bei der kein Überrest bleibt. Das ist die Aussage dieser Verse.
Deshalb folgt dieser Einschub: Wie bist du zerstört worden! Nicht so, wie wenn Diebe kommen, nicht so, wie wenn Winzer kommen. Die Reichtümer von Esau, die verborgenen Schätze, werden alle ans Licht gebracht und weggeführt.
Verrat durch Bundesgenossen und Freunde
Gehe weiter mit Vers sieben:
„Bis zur Grenze haben dich gesandt alle Männer deines Bundes, betrogen, überwältigt haben dich die Männer deines Friedens, dein Brot haben sie gelegt als Falle unter dich, es ist kein Verstand in ihm.“
Nun, wer gehört zu diesen Nationen, die gegen Edom aufstehen werden? Nach Vers 7 steht: „Ja, lasst uns aufstehen gegen Edom zum Krieg.“ Hier wird nun klar, um wen es geht. Es sind Männer deines Bundes, das heißt deine Bundesgenossen. Alle deine Bundesgenossen werden sich gegen Edom wenden und sie zur Flucht zwingen.
„Bis zur Grenze haben dich gesandt alle Männer deines Bundes, betrogen, überwältigt haben dich die Männer deines Friedens.“ Dieser Ausdruck „Männer des Friedens“ ist im Althebräischen der Ausdruck für Freunde. Es werden also nicht irgendwelche Völker der Welt sein, die gegen Edom Krieg führen, sondern befreundete Nationen. Es sind solche, mit denen Edom in einem Bund zusammengeschlossen ist.
Es ist interessant: Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die arabischen Staaten zu einem Bund zusammengeschlossen, zur Arabischen Liga. Ja, „Liga“ ist ein anderes Wort für „Bund“. So werden es Völker sein, mit denen Edom verbündet war, die schließlich seine Feinde werden.
Übrigens ist die Arabische Liga ein ganz interessanter Bund, gerade nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, kurz vor der Entstehung des Staates Israel 1948. Was diesen Bund, diese Liga im tiefsten durch die Jahrzehnte hindurch zusammengehalten hat, war der gemeinsame Hass auf Israel.
Ich lese nur ganz kurz aus Psalm 83, wo auch Edom erwähnt wird, und zwar Edom verbündet mit vielen anderen Nationen, die das Ziel haben, Israel auszurotten:
Psalm 83,1: „Ein Lied, ein Psalm von Asaph: Gott, schweige nicht, verstumme nicht und sei nicht still, o Gott, denn siehe, deine Feinde toben und deine Hasser erheben das Haupt! Wieder dein Volk machen sie listige Anschläge und beraten sich gegen deine Geborgenen. Sie sprechen: Kommt, lasst uns sie vertilgen, dass sie kein Volk mehr seien, dass nicht mehr gedacht werde des Namens Israel.“
Das ist die Sprache der Arabischen Liga in der Vergangenheit, nur als Beispiel. Noch im Mai 1967 sagte Präsident Nasser von Ägypten, der sich damals als Führer der arabischen Nationen sah: „Unser Hauptziel besteht in der Vernichtung Israels.“
So haben die islamischen Nationen rund um Israel dreimal versucht, Israel vollkommen auszulöschen. Das war im Krieg 1948 nach der Ausrufung des Staates Israel, dem Unabhängigkeitskrieg, dann im Juni 1967 im Sechstagekrieg und schließlich im Jom-Kippur-Krieg 1973. Dreimal hat man es versucht – und es ist nicht gelungen.
Da hat man sich gesagt: „Ja gut, wir können die Militärischen in der heutigen Zeit noch nicht besiegen, dann sollten wir halt Friedensverträge schließen.“ Denn mit Friedensverträgen können wir Vorteile erlangen, und es ist ja schließlich erlaubt, nach islamischem Recht Friedensverträge zu schließen – allerdings nur dann, wenn die Feinde zu stark sind. Das leitet man ab von Muhammad, der Mekka erobern wollte. Die Mekkaner wollten damals noch nicht Muslime werden und waren zu stark. Muhammad schloss einen Friedensvertrag für zehn Jahre mit ihnen, den sogenannten mekkanischen Frieden.
Nach etwa einem Jahr sah er, dass er nun genügend Anhänger hatte, um Mekka zu erobern. So brach er den Friedensvertrag und eroberte Mekka. Dieses Beispiel hat das islamische Denken in späteren Zeiten geprägt: Man darf mit zu starken Feinden Frieden schließen, um dadurch Vorteile zu erlangen.
Dadurch hatte Muhammad Zugang zur Kaaba in Mekka, dem Zentralheiligtum, das er zum islamischen Heiligtum machen wollte. Doch nach einem Jahr sah er, dass er stark genug war, und der Bund war nicht mehr bindend.
So muss man all die Friedensverträge sehen, die nach diesen drei Versuchen zur Totalvernichtung Israels ab 1973 gemacht wurden. Da kam zuerst der Friede mit Ägypten und dann der Friede mit Jordanien. Aber niemand sollte so blauäugig sein und denken, das sei ein echter Friede. Das ist ein mechanischer Friede, ganz streng nach islamischem Recht.
Im Psalm lesen wir die Sprache: Israel soll vernichtet werden (Vers 4), und in Vers 5 heißt es: „Denn sie haben sich beraten mit einmütigem Herzen, sie haben einen Bund gegen dich gemacht, eine Liga.“
Und wer gehört zu dieser Liga? Die Zelte Edoms (Südjordanien), die Ismailiter (arabische Stämme in Saudi-Arabien), Moab (Mitteljordanien) und die Hageritter (ein Stamm aus dem heutigen Syrien), Gebal (Jibail auf Arabisch, eine Stadt im Libanon) und Ammon (Nordjordanien, der Städtename Amman kommt von Ammon), sowie Amalek (ein Volk in der heutigen ägyptischen Sinai-Halbinsel), Filistea (das Filisterland im Gazastreifen), samt den Bewohnern von Tyrus (wieder im Libanon). Auch Assur hat sich ihnen angeschlossen. Assur hatte sein Zentrum im Nordirak.
Da sehen wir all diese Länder – Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten, Gazastreifen, Saudi-Arabien und Irak –, die in den vergangenen Jahrzehnten versucht haben, Israel auszulöschen und die ebenso in der Arabischen Liga verbunden waren.
Doch in dieser Liga geht es nicht immer schön und freundlich zu. Sie können sich auch gegeneinander wenden, und das wird hier vorausgesagt: „Männer deines Bundes werden sich gegen Edom wenden zum Krieg.“
Weiter lese ich in der zweiten Hälfte von Vers 7: „Dein Brot haben sie gelegt als Falle unter dich.“ Das ist ein ganz schwieriger Vers, schwierig zum Übersetzen. Aber man muss sofort feststellen, dass dies vom Wortlaut her eine Anspielung auf Psalm 41, Vers 10 ist. Dort haben wir eine ganz ähnliche Formulierung.
Psalm 41 ist ein messianischer Psalm, das heißt ein Psalm, der auf Jesus Christus, den Messias, hinweist. Dieser Vers wird in Johannes 13 zitiert und auf Judas bezogen: „Selbst der Mann meines Friedens, auf den ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Verse gegen mich erhoben.“
Hier hören wir die Stimme des Erlösers, der sagt, es war sogar ein Freund, der Mann meines Friedens, auf den er vertraut hatte. Er hatte ihm während der drei Jahre seines öffentlichen Dienstes die Gruppenkasse anvertraut.
Doch wir lesen in Johannes 12, dass Judas ein Dieb war und immer wieder Geld aus der Kasse gestohlen hat. „Auf den ich vertraute, der mein Brot aß.“ Der Herr Jesus war zuständig dafür, dass die Apostel, die ihm nachfolgten, genügend versorgt waren. Jesus gab sogar den Ehrenbissen beim Entree, bei der Vorspeise des Passahmahls – das ist noch nicht das Abendmahl in Johannes 13. Die Vorspeise wurde dort eingenommen, und den Ehrenbissen bekam jeweils der am meisten geehrte Gast. Diesen erhielt Judas.
Dann ist er hinausgegangen. Und da haben wir diese Anspielung: „Der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.“ Er ging darauf zu den Hohenpriestern, um ihn zu verraten, damit der Herr gefangen genommen werden konnte.
Also hier haben wir auch die „Männer deines Friedens“. „Dein Brot haben sie gelegt als Falle unter dich.“ Sie haben zwar von Edom profitiert, doch letztlich wird dieses Vertrauen sich nicht bewähren können. Sie werden sich plötzlich gegen den einst Verbündeten wenden.
„Alle Männer deines Bundes, betrogen, überwältigt haben dich die Männer deines Friedens.“ All dieses Vertrauen wird hier missbraucht und wird so zur Falle für Edom.
Ja, wir machen hier Pause und fahren dann weiter mit Vers 8.
Wir fahren jetzt weiter mit der letzten Verszeile in Obadja Vers 7:
„Es ist kein Verstand in ihm“, das heißt in Edom. „Werde ich nicht an jenem Tag“, Ausspruch des Herrn, „ja, werde ich nicht die Weisen aus Edom vertilgen und den Verstand aus dem Gebirge Esau. Da verzagen deine Helden, o Teman, weil jedermann ausgerottet werden muss aus dem Gebirge Esau durch Tötung. Wegen der an deinem Bruder Jakob verübten Gewalttat soll dich Schande bedecken, und du wirst ausgerottet werden auf ewig.“
Die Edomiter hatten sich in der Vergangenheit schon als ein sehr weises Volk gesehen. In Jeremia 49,7 und 9 sehen wir auch etwas davon. Dort spricht der Prophet über Edom, ab Vers 7:
„So spricht der Herr der Heerscharen: Ist keine Weisheit mehr in Teman? Ist den Verständigen der Rat entschwunden? Ist ihre Weisheit ausgeschüttet? Flieht, wendet um, verkriecht euch, Bewohner von Dedan! Den Esaus Verderben habe ich über ihn gebracht, die Zeit, da ich ihn heimsuche. Wenn Winzer über dich kommen, so werden sie keine Nachlese übrig lassen, wenn Diebe in der Nacht, so werden sie nach ihrem Genüge verderben. Denn ich, ich habe Esau entblößt, ich habe deine Verstecke aufgedeckt, und will er sich verbergen, so kann er es nicht. Zerstört sind seine Nachkommen und seine Brüder und seine Nachbarn, und sie sind nicht mehr. Verlassen deine Weisen, ich werde sie am Leben erhalten, und deine Witwen sollen auf mich vertrauen.“
Wir sehen, in diesem Abschnitt gibt es viele Anspielungen auf das Buch Obadja. Zur Zeit von Jeremia, um 600 v. Chr., war das Buch Obadja bereits ein bekanntes, anerkanntes prophetisches Buch der Bibel, und Jeremia nimmt darauf Bezug – gerade auf diese Weisheit, für die man sich in Edom so vornehm hielt.
Aber mit Gottes Gericht geht alle Weisheit zugrunde. Das ist eine sehr wichtige Sache, wenn wir darüber nachdenken, wie in unserer Kultur der Stolz auf Intelligenz, Verstand und Vernunft, besonders seit der Aufklärung im achtzehnten Jahrhundert, unsere Gesellschaft prägt.
Man glaubt oft, Antworten auf die Fragen des Woher und Wohin ohne das Wort Gottes geben zu können. Das ist der heutige Stolz in unserer Kultur. Wenn aber das Gericht Gottes auch über Europa kommen wird, wie es in der Offenbarung Kapitel 6 bis 19 beschrieben wird, dann wird all diese Intelligenz vorbei sein – das Ende davon.
Denn wahre Weisheit hat immer als Ausgangspunkt die Gottesfurcht, die Ehrfurcht vor dem Ewigen, so steht es in Sprüche 1,7: „Der Weisheitsanfang ist die Ehrfurcht vor Gott.“
So können wir das auch an einem Beispiel sehen: Voltaire war einer der großen Aufklärungsphilosophen im achtzehnten Jahrhundert. Er sagte, die Bibel werde bald ein Buch sein, mit dem man sich überhaupt nicht mehr abgibt – das werde vorbei sein. Er spottete viel über das Christentum.
Doch als er am Sterben war, war es so schlimm, dass seine Krankenschwester sagte: „Ich möchte nie mehr einen Ungläubigen sterben sehen.“ Die ganze Weisheit war vorüber.
So wird das hier für Edom dargestellt: Hochmut hatten wir schon ab Vers 3, und dieser Hochmut, gepaart mit Stolz auf die eigene Weisheit und den Verstand, wird Gott ausrotten.
Die Begründung wird in Vers 10 gegeben, und das Wort „wegen“ ist ganz wichtig:
„Wegen der an deinem Bruder Jakob verübten Gewalttat soll dich Schande bedecken.“
Schon Esau wollte Jakob ermorden, und seine Nachkommenschaft hat diesen Hass durch die Generationen weitergelebt. Dieser Hass ist lebendig bis heute in Jordanien. Man kann das auch in Schulbüchern der vergangenen Jahre zeigen, welcher Hass gegen Israel gesät worden ist – unglaublich. Ich habe die Zitate, die das belegen, ganz grauenhaft dieser Hass gegen deinen Bruder Jakob.
Hier wird also gesagt: Das Gericht Gottes kommt über Edom wegen dieses Hassens, wegen des Bruderhasses gegenüber Israel.
Natürlich können wir das auch auf uns übertragen. Ich lese aus dem ersten Johannesbrief, wo gezeigt wird, wie schlimm Bruderhass in Gottes Augen ist:
1. Johannes 3,10: „Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels: Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt. Denn dies ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen. Nicht wie Kain, der aus dem Bösen war und seinen Bruder ermordete. Und weshalb ermordete er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht. Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch hasst. Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben. Wer den Bruder nicht liebt, bleibt im Tod. Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder, und ihr wisst, dass kein Menschenmörder ewiges Leben in sich hat.“
Da sehen wir, wie schlimm Bruderhass ist und wie wichtig es ist, dass die Erlösten durch Bruderliebe gekennzeichnet sind.
So hat das Buch Obadja natürlich eine praktische Bedeutung: Wenn wir sehen, wie Gott einmal in der Endzeit Edom richten wird wegen Bruderhass, dann müssen wir auch ins Selbstgericht gehen, wenn wir merken, dass wir gegen Geschwister im Glauben bittere Gedanken oder sogar Hassempfindungen haben. Da müssen wir uns selbst richten.
So hat die Prophetie eine ganz praktische Bedeutung für unser Leben.
Paulus’ Ausblick auf die Krone der Gerechtigkeit
Ich schlage dazu noch 2. Timotheus 4 vor. Es handelt sich um das Testament von Paulus, den letzten Brief, geschrieben aus der Todeszelle in Rom. Er hat den Tod vor sich und schreibt in Kapitel 4, Vers 6:
„Denn ich werde schon als Trankopfer ausgeschenkt, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt.“
Fortan liege ihm bereit die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, ihm zur Vergeltung geben wird an jenem Tage. Nicht allein ihm, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben.
Paulus weiß, Gott, der gerechte Richter, wird ihm nach diesem Leben der Treue bis ans Ende als Lohn die Krone der Gerechtigkeit geben. Um gerettet zu werden, können wir nichts leisten. Da werden wir nur durch Glauben, nur durch Gnade gerettet.
Aber um einen Lohn zu bekommen, hängt es sehr stark davon ab, wie wir mit dem Herrn leben. Darum kann Paulus hier sagen: „Ich habe den Lauf vollendet, den guten Kampf gekämpft, jetzt bleibt noch die Krone der Gerechtigkeit übrig.“
Und wir denken: Ja, natürlich, dieser große Apostel. Aber er sagt: Nein, diese Krone bekomme nicht nur ich, sondern alle, die seine Erscheinung lieb haben.
Was bedeutet das? Seine Erscheinung meint die Erscheinung von Jesus Christus als Richter der Welt in der Zukunft. Wenn wir seine Erscheinung lieb haben, dann müssen wir all das hassen, was er einmal richten wird: den Stolz und den Hochmut dieser Welt, den Hass in dieser Welt und so weiter.
Wir können die Erscheinung Jesu gar nicht lieben, wenn wir nicht schon jetzt in unserem Leben Selbstgericht üben. Aber wenn wir das tun, dann können wir seine Erscheinung lieben. Und wenn wir seine Erscheinung lieben, dann bekommen wir die Krone der Gerechtigkeit.
So hat also die Beschäftigung mit der Wiederkunft Christi und den künftigen Ereignissen einen heiligenden Effekt auf unser Leben. Und zwar so, dass wir schließlich die Krone der Gerechtigkeit erhalten können, so wie der Apostel Paulus.
Es ist mir also sehr wichtig, darauf hinzuweisen, wie das Studium der Prophetie von praktischer Bedeutung ist für unser Leben und auch für die Nachfolge in den Fußstapfen des Herrn Jesus.
Warnung vor Schadenfreude und Feindseligkeit gegenüber Israel
Vers 10 ist ganz entscheidend: Das endgültige Gericht kommt über Edom wegen des Bruderhasses. In diesem kurzen Büchlein wird das Wort „Bruder“ sehr deutlich betont. Ich zeige kurz alle Stellen, in denen das erwähnt wird.
Wir haben Vers 10, und dann auch Vers 12: „Du sollst nicht schadenfroh auf den Tag deines Bruders blicken.“ Auch hier wird wieder diese Verwandtschaft hervorgehoben. Es geht also nicht um irgendein Volk mit Edom, sondern um das Brudervolk, das seinen Bruder gehasst hat.
Nun kommen wir zu Vers 11. Dieser Vers steht ganz für sich. „Am Tag“ oder „zur Zeit“ ist ein fester Ausdruck im Hebräischen. Bejom meint nicht unbedingt einen bestimmten Kalendertag, sondern eine Zeitperiode, so wie wir heute sagen „in unseren Tagen“. Bejom meint also „in der Zeit“.
„Als du feindlich entgegenstandest, am Tag, als Fremde seine Habe wegführten und Ausländer durch seine Tore einzogen und über Jerusalem das Los warfen, da warst auch du einer von ihnen.“ Hier geht es um das Ereignis aus 2. Könige 8,20. In den Tagen Jorams hatte Edom Freundschaft mit den Feinden Israels. Dieses Ereignis nimmt Gott als Ausgangspunkt für die Prophetie Obadias, um das Volk ernstlich im Blick auf die Zukunft zu ermahnen.
So folgt die nächste Strophe als Warnung für die Zukunft:
„Du sollst nicht schadenfroh auf den Tag deines Bruders blicken, am Tag seines Unglücks, und du sollst dich nicht freuen über die Kinder Judas am Tag ihres Untergangs. Du sollst nicht dein Maul aufsperren am Tag ihrer Drangsal, und du sollst nicht eingehen durch das Tor meines Volkes am Tag ihrer Katastrophe. Du, ja du, sollst nicht schadenfroh auf sein Übel sehen am Tag seiner Katastrophe, und du sollst nicht deine Hand ausstrecken nach seiner Habe am Tag seiner Katastrophe. Du sollst nicht am Kreuzweg stehen, um seine Entflohenen auszurotten, und du sollst nicht seine Entflohenen ausliefern am Tag der Drangsal.“
Die alte Elberfelder übersetzte hier jeweils mit „Du solltest nicht.“ Die Übersetzer verstanden das als Rückblick: All das hast du in der Vergangenheit getan, und das hättest du eigentlich nicht tun sollen.
Doch die Verbform, die hier gebraucht wird, ist die normale Verbform für ein Verbot im Blick auf Dinge, die noch in der Zukunft stehen. Es ist dieselbe Verbform, die in den Zehn Geboten verwendet wird: „Du sollst nicht.“ Das heißt nicht „Du solltest nicht töten“, sondern es ist ein Befehl im Blick auf die Zukunft: „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht Ehe brechen“, „Du sollst nicht falsches Zeugnis reden.“
Auch hier sollte man es ganz natürlich übersetzen: Im Blick auf die Zukunft warnt Gott das Edomitervolk, diese Dinge nicht zu tun. Sie hatten schon genug in den Tagen Jorams getan. Wenn sie es trotzdem tun würden, wird das endgültige Gericht über Edom kommen.
Historische Erfüllung der Prophetie im 20. Jahrhundert
Nun, wenn wir einen Blick in die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts werfen, sind das unglaubliche Aussagen. In der Hitlerzeit von 1933 bis 1945 wurde der Plan gefasst, alle Juden in ganz Europa auszurotten – etwa zehn Millionen Menschen.
In Palästina, das damals das heutige Land Israel sowie die besetzten Gebiete umfasste, aber nicht mehr Jordanien, gab es ebenfalls bedeutende Entwicklungen. Jordanien war nach dem Ersten Weltkrieg durch die Engländer von Palästina abgetrennt worden. Während Jordanien im Ersten Weltkrieg und danach zu Palästina gehörte, haben die Engländer 1922 etwa 77 Prozent von Palästina abgetrennt, um dort einen palästinensischen Staat für Araber zu schaffen.
So wurde das Gebiet, das heute Jordanien ist, in den 1920er Jahren Transjordanien genannt. Es war zunächst noch von England abhängig, wurde aber 1946 unabhängig und nannte sich Jordanien. Leider nicht Ostpalästina, denn dann hätten alle Journalisten und Politiker gewusst, dass es bereits einen palästinensischen Staat mit drei Vierteln der ursprünglichen palästinensischen Bevölkerung gab – und zwar noch vor dem jüdischen Staat. Dann wäre allen klar, dass das, was heute angestrebt wird, nicht ein erster Palästinenserstaat ist, sondern ein zweiter.
Transjordanien gehörte also nicht mehr zu Palästina und hatte eine gewisse Selbstständigkeit von den Engländern erhalten. Während der Zeit der Judenvernichtung in Europa übte die gesamte arabische Welt Druck auf die Engländer aus, die Tore Palästinas zu schließen, damit keine Flüchtlinge aus Europa dort Zuflucht finden konnten. Besonders die Transjordanier trugen entscheidend dazu bei, Hitler bei der Vernichtung der Juden zu unterstützen.
Viele Schiffe, die aus Europa über das Mittelmeer kamen, wurden von den Engländern unter dem Druck der islamistischen Araber zurückgeschickt. Manche Flüchtlinge mussten nach Europa zurückkehren, wo unzählige später in Konzentrationslagern ermordet wurden.
Wenn man das so liest, erinnert es an die Worte: „Du sollst nicht schadenfroh auf den Tag deines Bruders blicken am Tag seines Unglücks. Du sollst dich nicht freuen über die Kinder Juden am Tag ihres Untergangs und nicht dein Maul aufsperren am Tag ihrer Drangsal.“ All das wurde missachtet. Sie haben sich schadenfroh über den Tag des Untergangs gefreut, ihr Maul aufgesperrt und Druck auf die Engländer ausgeübt, damit sie den Kindern keine Zuflucht geben.
Weiter heißt es in Vers 13: „Du sollst nicht eingehen durch das Tor meines Volkes am Tag ihrer Katastrophe.“ Das Hitlerreich ging 1945 unter, und danach kam eine gewaltige Wende. Viele Juden konnten nach dem Zweiten Weltkrieg fliehen und in Palästina Sicherheit finden, insbesondere aus den umliegenden arabischen Ländern. Hunderttausende kamen in den folgenden Jahren ins Land der Väter.
Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet. Es war ein kleiner Rumpfstaat mit 12,5 Prozent des ehemaligen Palästina. So hatte es die UNO in der Versammlung im November 1947 beschlossen. Die Juden sollten einen Staat erhalten, aber nicht das gesamte Gebiet. Es gab noch 23 Prozent, die nochmals geteilt werden sollten. Die Juden erhielten 12,5 Prozent.
Die islamische Welt rund um Israel protestierte heftig: Wenn es einen jüdischen Staat gäbe, würden sie ihn sofort vernichten. Das akzeptierten sie nicht. Dennoch zeigte die Mehrheit der zivilisierten Nationen in der UNO unter dem Eindruck und Schock der Judenvernichtung durch Hitler dem islamischen Druck die Stirn und sagte: „Doch, es gibt einen Judenstaat.“
So kam es zur Gründung am 14. Mai 1948. Doch noch am selben Freitagnachmittag, nachdem David Ben-Gurion den Staat ausgerufen hatte, begann die Invasion. In der Nacht vom Freitag auf den Schabbat marschierten Jordanien zusammen mit Irak, Syrien, Libanon, Ägypten sowie Kontingente aus Saudi-Arabien und Jemen ein, um den Judenstaat zu vernichten.
Die Jordanier eroberten Ostjerusalem, wo sich das jüdische Viertel in der Altstadt befand. Sie schlachteten die Juden dort ab oder vertrieben sie. Die Stadt wurde durch eine Mauer, ähnlich wie Berlin, geteilt. Die Synagogen wurden in Ställe umfunktioniert, und das gesamte jüdische Viertel in der Altstadt wurde geschändet und verwüstet.
Hier lesen wir erneut Vers 13: „Du sollst nicht eingehen durch das Tor meines Volkes am Tag ihrer Katastrophe.“ Das Ziel war die totale Vernichtung des gerade entstandenen Judenstaates. Doch sie gingen in die Tore Jerusalems, ins jüdische Viertel, und vernichteten alles.
Weiter heißt es: „Du sollst nicht schadenfroh auf sein Übel sehen am Tag seiner Katastrophe.“ In diesem Krieg verlor etwa ein Prozent der Bevölkerung Israels sein Leben – etwa sechstausend Menschen. Damals umfasste Israel etwa 650.000 Juden.
Und weiter: „Du sollst nicht deine Hand ausstrecken nach seiner Habe am Tag seiner Katastrophe.“ Genau das taten sie. Sie raubten den gesamten jüdischen Besitz in Ostjerusalem, zerstörten, was sie konnten, und eroberten die jüdischen Siedlungen im Westjordanland (Westbank). Die Juden wurden abgeschlachtet oder vertrieben.
So wurde das Westjordanland durch diesen Vernichtungskrieg 1948/49 judenrein gemacht. Dort, wo heute manche fragen, warum es jüdische Siedlungen im Westjordanland gibt, waren diese Siedlungen bereits lange vor dem Krieg vorhanden. Doch das Westjordanland wurde durch diesen Krieg entjudaisiert.
Es ist genau das, was hier steht: „Du sollst nicht deine Hand ausstrecken nach seiner Habe am Tag seiner Katastrophe.“ Und: „Du sollst nicht am Kreuzweg stehen, um seine Entflohenen auszurotten.“ Sie versuchten, alle Juden abzuschlachten, doch ein Teil konnte fliehen.
Und: „Du sollst nicht seine Entflohenen ausliefern am Tag der Drangsal.“ All dies hat sich in schrecklicher Weise in unserer modernen Zeit erfüllt.
Der Tag des Herrn und seine Bedeutung
Und jetzt kommt eine neue Strophe, Vers 15:
Fürwahr, nahe ist der Tag des Herrn über alle Nationen.
Wie du getan hast, so wird dir getan werden; dein Handeln wird auf deinen Kopf zurückkehren.
Nun haben wir diesen wichtigen Ausdruck: der Tag des Herrn. Das bezeichnet die Zeit, wenn der Herr Jesus Christus als Richter der Welt kommen wird.
Wenn wir kurz auf Seite 1 unter „Charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten“ schauen, finden wir unter Punkt 5 „Der Tag Jachwes“ oder „Tag des Herrn“, den wir auch in Obadja 1,15 haben. Dieser Ausdruck kommt an vielen Stellen im Alten Testament vor.
Ich habe hier einige Stellen aufgeführt: Jesaja 13, Hesekiel 30, Joel 1, Joel 2, Joel 3, Amos 5 und zum Beispiel Zephanja 1. Ich lese dort aus Kapitel 1, Vers 14:
„Nahe ist der große Tag des Herrn, er ist nahe und eilt sehr. Horcht, der Tag des Herrn, bitterlich schreit dort der Held.
Ein Tag des Grimmes ist dieser Tag, ein Tag der Drangsal und der Bedrängnis, ein Tag des Verwüstens und der Verwüstung,
ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und des Wolkendunkels,
ein Tag der Posaune und des Kriegsgeschreis gegen die festen Städte und gegen die hohen Zinnen.
Und ich werde die Menschen ängstigen, und sie werden einhergehen wie die Blinden, weil sie gegen den Herrn gesündigt haben, und ihr Blut wird verschüttet werden wie Staub und ihr Fleisch wie Kot, auch ihr Silber und ihr Gold wird sie nicht erretten können am Tag des Grimmes des Herrn.
Und durch das Feuer seines Eifers wird das ganze Land oder die ganze Erde verzehrt werden, denn ein Ende, ja, ein plötzliches Ende wird er machen mit allen Bewohnern des Landes.“
Da haben wir eine ganz eindrückliche Beschreibung des Tages des Herrn. Das ist die Zeit der großen Drangsal, die hier beschrieben wird. Das sind die dreieinhalb Jahre vor der Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit.
Der eigentliche Höhepunkt der großen Drangsal ist dann das Kommen des Herrn Jesus, seine Erscheinung in Macht und Herrlichkeit.
Ich habe hier auch noch Malachi 4, Vers 5 angegeben. Ganz am Schluss des Buches wird der Tag des Herrn nochmals erwähnt, auf der letzten Seite des Alten Testaments. Dort wird nochmals vom Tag des Herrn gesprochen. Kurz davor, in Kapitel 4, Vers 2 – es gibt Bibeln, die haben eine andere Verszählung, also es ist der fünftletzte Vers – heißt es:
„Aber euch, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen mit Heilung in ihren Flügeln.“
Das ist die Wiederkunft Christi. Sie wird hier mit dem Aufgang der Sonne verglichen. Und da ist der eigentliche Tag des Herrn, mit dem Kommen des Herrn Jesus als die Sonne der Gerechtigkeit.
Vor kurzem habe ich das so ganz schön erlebt: Ich bin früh mit dem Auto nach Deutschland gefahren. Lange war es noch dunkel, und plötzlich kam in den Nebelschwaden das Licht der Sonne über den Horizont, aber man sah noch nichts von der Sonnenscheibe. Doch da hatte der Tag begonnen.
Das entspricht Zephanja 1, Vers 14: der Tag des Herrn, diese dreieinhalb Jahre des schrecklichsten Weltkrieges, und dann kommt die Sonne über den Horizont. Das ist die Sonne der Gerechtigkeit, der Jesus erscheint in Macht und Herrlichkeit.
So gilt das ganze tausendjährige Reich immer noch als der Tag des Herrn. Das heißt: der Tag, an dem Gott seine Autorität auf direkte Weise über diese Welt ausüben wird.
Dann erklärt sich auch, warum es in 2. Petrus 3 heißt, dass am Tag des Herrn die Erde, die Elemente und das Weltall aufgelöst werden. Das geschieht natürlich erst nach dem tausendjährigen Reich, aber das ist gewissermaßen der Endpunkt des Tages des Herrn.
Petrus sagt: „Am Tag Gottes wird das geschehen.“ Aha, der Tag Gottes beginnt dort, wo der Tag des Herrn aufhört. Das ist der Tag, an dem die Welt aufgelöst und verwandelt wird in einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Ganz am Schluss von 2. Petrus 3 nennt er das den Tag der Ewigkeit.
Wir haben also den Tag des Herrn: große Drangsal, Erscheinung des Herrn Jesus, das tausendjährige Reich. Danach kommt der Tag Gottes, die Auflösung des Weltalls und die Erschaffung einer neuen Welt. Damit beginnt der Tag der Ewigkeit.
Nun heißt es hier in Obadja: „Der Tag des Herrn sei nahe.“ Das bedeutet natürlich nicht, dass der Weltuntergang nahe ist.
Darum ist es wichtig, wenn Christen heute von der Endzeit sprechen, dass sie Nichtchristen erklären: Wir warten nicht auf den Weltuntergang. Wer behauptet so etwas? Das wäre überhaupt nicht wahr.
Welcher bibeltreue Christ glaubt, dass wir in der Zeit des Weltuntergangs leben? Nein, wenn wir von der Endzeit sprechen, meinen wir einfach die Zeit, in der die Juden ins Land der Vorväter zurückkehren. Das war zweitausend Jahre lang nicht der Fall, aber heute ist es so.
Dann können wir noch sechzig, siebzig andere Prophezeiungen aufzählen, die in der Endzeit geschehen sollen, und die sind bereits eingetroffen.
Ja, also wir sind in der Endzeit. Das heißt, es ist die Zeit, in der Jesus Christus bald kommen wird als Richter der Welt – aber nicht für den Weltuntergang. Sondern er wird endlich Ordnung bringen in dieser Welt, die voll von Chaos und Naturkatastrophen ist.
Das ist der Tag des Herrn.
Nun heißt es in Obadja, er sei nahe. Das müssen wir aber gut verstehen: Der Prophet sieht ja die Dinge der Zukunft in der Vision (Vers 1: Vision Obadjas). So sieht er, was Edom Israel antun wird – in der Endzeit. Das haben wir gesehen, das hat sich alles erfüllt in der Hitlerzeit und dann in den Jahren danach.
In der Folge dieser Verse 12 bis 14 kommt eben Vers 15: „Fürwahr, nahe ist der Tag des Herrn.“ Er war nicht nahe für Obadja, sondern der Prophet wird in diese Zeit gerückt, die er in der Vision sieht. In Verbindung mit den Versen davor ist das nun eine Tatsache: nahe ist der Tag des Herrn.
Wir haben noch andere Stellen, wo das Kommen des Endgerichtes als nahe hingestellt wird, schon im Alten Testament. Aber das muss man immer im Zusammenhang sehen, wie der Prophet in der Vision in die Zukunft versetzt wird. Von dort aus ist es dann nahe.
Man könnte sagen: Warum ist das nicht viel klarer geschrieben, sodass das jeder so sieht? Das ist der Punkt: Gott hat die Bibel so schreiben lassen, dass die Gottesfürchtigen sie verstehen, und die Gottlosen darüber straucheln.
Das ist ein göttliches Prinzip: Wer nicht will, fällt in die Finsternis, und wer wirklich will, wird es erkennen.
Das hat schon der Mathematiker Blaise Pascal gesagt: „Il y a assez de lumière pour croire.“ Es gibt genügend Licht, um zu glauben und zu sehen, und es gibt genügend Finsternis, um nicht zu glauben.
Ja, das ist ein göttliches Prinzip. Gott erklärt sein Wort denen, die sich diesem Wort beugen wollen, und sonst verschließt er es dem menschlichen Verstand.
Darum erleben wir ständig, was in 1. Korinther 2, Vers 14 steht: „Der natürliche Mensch“, das ist der nicht erneuerte Mensch, „nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“
Es ist nur eine Bestätigung der Bibel, wenn liberale Theologen die Bibel nicht verstehen. Sie können es auch nicht verstehen und bestätigen mit ihrem Unverstand die Wahrheit der Bibel.
Aber wenn wir gottesfürchtig sind, können wir es verstehen. Wir sind überwältigt, diese Aktualität von Obadja zu sehen.
Nun: nahe ist der Tag des Herrn.
Wenn uns dann jemand fragt: „In welchem Jahr kommt Jesus Christus?“, dann sagen wir: Auf diesen Trick fallen wir nicht rein. Wir können sein Kommen nicht berechnen.
Es reicht uns, die Zeichen der Zeit zu haben, um zu wissen, dass wir in der Periode der Endzeit leben und bereit sein müssen.
Natürlich kann die Entrückung jeden Tag stattfinden; da braucht es kein besonderes Ereignis davor. Aber wenn wir schon sehen, wie die Ereignisse bereit sind für den Tag des Herrn, dann ist es umso dringlicher, dass wir jeden Tag bereit sind für die Entrückung, Gemeinde.
Darum ist es sehr eindrücklich: Fürwahr, Gott betont sogar noch die Wahrheit seines Wortes. Er müsste das ja nicht sagen, es ist sowieso wahr. Trotzdem betont er hier: Fürwahr, nahe ist der Tag des Herrn über alle Nationen – nicht nur über Edom, sondern über die ganze Welt.
Beispielcharakter des Gerichts über Edom
Nun wird deutlich, warum ich in der Zusammenfassung geschrieben habe, dass das Gericht über Edom Beispielcharakter hat. Das Gericht Gottes wird auch über alle anderen Völker kommen.
Es handelt sich um ein kleines Buch mit nur einem Kapitel und 21 Versen. Dennoch wird hier exemplarisch anhand von Edom gezeigt, warum unsere Welt gerichtsreif ist: Hochmut, Selbstüberhebung bis zu den Sternen und die Einbildung, Weisheit ohne Furcht des Herrn zu besitzen.
Nun wird erklärt: „Wie du getan hast, so wird dir getan werden.“ Dein Handeln wird auf deinen Kopf zurückkehren. Das bezieht sich auf das, was in der Vergangenheit geschehen ist. Jordanien war dreimal an einem Versuch der Totalauslöschung Israels beteiligt – 1948, 1949, 1967 und 1973. Danach kam der strategische Frieden, und zwar von demselben König Hussein, der im Sechstagekrieg mitgeholfen hatte, Israel zu zerstören.
Man muss sich darüber im Klaren sein: Das war derselbe Mann, der uns als Friedensmann präsentiert wurde. Wir haben jedoch nie gehört, dass er sich in der Zwischenzeit bekehrt hätte. Das gestehen wir jedem zu – Gott will, dass sich alle Menschen bekehren und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Gott liebt alle Menschen. Aber wir haben nie gehört, dass König Hussein sich wirklich bekehrt hätte. Es war keine Bekehrung, sondern eine Änderung seiner Haltung, die ganz in der Linie des orthodoxen Islam blieb.
Das Gericht wird hier ausgedrückt, und dann kommt Vers 16: „Denn so, wie ihr getrunken habt wegen des Berges meiner Heiligkeit, so werden alle Nationen beständig trinken. Ja, sie werden trinken und schlürfen und werden sein wie solche, die nie gewesen sind.“
Was bedeutet dieses Trinken? In der Fußnote 28 habe ich erklärt, dass Edom den Becher des göttlichen Gerichts trinken musste (vgl. Psalm 75,8; Jeremia 25,25). Wegen ihres Unrechts in Verbindung mit dem Tempelberg werden auch alle anderen Nationen unter Gottes Gericht fallen.
Ich lese aus Psalm 75,8, um das Bild mit dem Kelch zu erklären: „Denn ein Becher ist in der Hand des Herrn, und er schäumt von Wein, ist voll von Würzwein, und er schenkt daraus. Ja, seine Häfen müssen schlürfend trinken alle Gesetzlosen der Erde.“
Noch deutlicher wird es in Jeremia 25,25: „Was bedeutet dieser Gerichtsbecher? Gericht über verschiedene Völker rund um Israel. Und dann heißt es: ‚Und alle Könige von Simri und alle Könige von Elam und alle Könige von Medien und alle Könige des Nordens, die nahen und die fernen, den einen nach dem anderen, und alle Königreiche der Erde, die auf der Fläche des Erdbodens sind, und der König von Scheschak soll nach ihnen trinken.‘ Und spricht zu ihnen: ‚So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Trinkt und werdet berauscht, und speit und fallt und steht nicht wieder auf wegen des Schwertes, das ich unter euch sende.‘ Es soll geschehen, wenn sie sich weigern, den Becher aus seiner Hand zu nehmen und zu trinken, so sollt ihr zu ihnen sagen: ‚Also spricht der Herr der Heerscharen, ihr sollt trinken!‘“
Im Alten Testament wird also wiederholt das Gericht Gottes symbolisiert als Wein in einem Becher. Derjenige, der bestimmt ist, dass Gottes Gericht über ihn kommt, muss diesen Becher trinken, so dass es richtig hineinkommt und Teil von ihm wird.
Der Herr Jesus sagte in Johannes 19 im Blick auf das Kreuz zu Petrus: „Soll ich den Kelch nicht trinken, den der Vater mir gegeben hat?“ Er war bereit, das Gericht Gottes auf sich zu nehmen am Kreuz, damit wir nicht gerichtet werden müssen. Wer aber nicht bereit ist, das Opfer des Herrn Jesus für sich in Anspruch zu nehmen, wird selbst diesen Kelch trinken müssen.
So werden alle Völker den Kelch des Gerichts trinken. Von Edom haben wir gelesen: „So wie ihr getrunken habt wegen des Berges meiner Heiligkeit, so werden alle Nationen beständig trinken.“ Das heißt, so wie Edom gerichtet wird wegen des Tempelbergs, so werden alle Völker der Welt unter Gottes Gericht fallen.
Interessant ist nun die Aussage, dass Gott Edom nicht nur wegen Bruderhass, Hochmut, Stolz und der Einbildung auf Weisheit richtet, sondern wegen des Tempelbergs.
Ich muss erklären: 1947, im November, hat die UNO den zweiten Teilungsplan für Palästina beschlossen. Die Juden sollten 12,5 Prozent des Landes Palästina erhalten. Ausgeschlossen war Ostjerusalem mit dem Tempelberg. Dieses Gebiet sollte internationalisiert werden. Die Juden sollten also gerade den Tempelberg, Zion, nicht bekommen.
Dann kam der Vernichtungskrieg 1948/49. Die Jordanier eroberten Ostjerusalem, das durch eine Mauer abgetrennt wurde, und kamen so in den Besitz des Tempelbergs. Deshalb betrachtete sich König Hussein als den großen Verwalter des Tempelbergs.
Nach dem Krieg wurden palästinensische Organisationen eingesetzt, die Wächter über den Tempelberg und die Moscheen dort sind. Das ist der Wakf, der bis heute von Israel eine gewisse Autonomie in der Verwaltung des Tempelbergs hat. Diese Palästinenser stammen aus heute israelisch regierten Gebieten, werden aber von Jordanien gesponsert.
Vielleicht wissen Sie noch: Vor ein paar Jahren ging es darum, die goldene Kuppel des Felsendoms zu erneuern. König Hussein stritt sich mit den reichen Saudis, wer die Kosten tragen sollte. Diesmal wollte man echtes Gold benutzen. König Hussein gewann den Streit. Aus seinem Privatbesitz durfte er die goldene Kuppel der Oma-Moschee auf der Bergspitze bezahlen, wo einst das Allerheiligste des jüdischen Tempels war.
Übrigens ist klar: Der Tempelberg gehört nicht uns, sondern den Juden. Nun sagt Gott, dass sie wegen des Berges seiner Heiligkeit gerichtet werden. Das heißt, wegen meines heiligen Berges – ein bekannter Ausdruck für den Tempelberg. Man kann übersetzen mit „wegen“, „auf“ oder „um“. Sinngemäß ist hier „wegen des Berges meiner Heiligkeit“ besser.
Jordanien wird also gerichtet, und so wie sie gerichtet werden, müssen alle anderen Völker auch gerichtet werden.
Dann kommt Vers 17: „Aber auf dem Berg Zion, das ist der Tempelberg, wird Rettung sein, und so wird er heilig sein.“ Bis heute wird er entweiht. Jeden Tag hört man fünfmal vom Tempelberg herunter „Allahu Akbar!“ – „Allah ist nicht groß, sondern größer.“ „Kabir“ würde „groß“ heißen, aber „Akbar“ heißt „größer“, größer als der Gott der Juden und Christen.
So wird der Name Gottes Tag für Tag geschändet. An dem Felsendom stehen Verse aus dem Koran, schön kalligraphisch angebracht. Dort steht auch: „Allah hat keinen Sohn“, um mit dieser Sure aus dem Koran zu sticheln, dass die Gottessohnschaft ein schlimmer Irrtum der Christen sei.
Aber der Tag wird kommen, an dem der Berg Zion befreit wird und heilig sein wird. Das ist noch nicht geschehen.
Die endgültige Befreiung Israels und das Friedensreich
Nun wenden wir uns dem letzten Abschnitt zu: Eine neue Strophe.
„Und die vom Haus Jakob werden ihre Besitzungen einnehmen, und das Haus Jakob wird ein Feuer werden, das Haus Josef eine Feuerflamme, und das Haus Esau zu Stroh und Stoppeln. Sie werden unter ihnen brennen und sie verzehren, und es wird keinen Entflohenen geben für das Haus Esau, denn der Herr hat gesprochen.“
Es wird also nochmals einen Krieg geben, einen letzten Krieg mit Jordanien. Dabei wird Israel eine schreckliche Rolle als Feuer spielen, denn der Herr hat gesprochen – wer kann dagegen sprechen?
Vers 19: „Und die vom Negev werden das Gebirge Esau in Besitz nehmen, und die von der Scheffela die Philister.“
Zur Scheffela: Es gibt Übersetzungen, die hier „Niederung“ verwenden, doch Scheffela ist kein beliebiger Begriff für Niederung. Es handelt sich um einen geografischen Ausdruck, der die Westabhänge der judäischen Berge zum Gazastreifen hin bezeichnet. Der Gazastreifen war von alters her das Philisterland.
Hier wird erklärt, dass die von der Scheffela die Philister und damit ihr Land in Besitz nehmen werden. Das bedeutet, eine letzte Eroberung des Gazastreifens steht noch bevor.
1956 eroberte Israel den Gazastreifen wegen des schlimmen Terrorismus von dort. 1957 wurde er zurückgegeben, in der Hoffnung, das Land würde Frieden bringen – was jedoch nicht eintrat. 1967 wurde der Gazastreifen wieder vollständig erobert. Aber das wird nicht das letzte Mal sein, dass Israel dieses Gebiet zurückerlangt. Man muss einfach den Zeitplan akzeptieren, so wie Gott es in seinem Wort sagt.
Die von der Scheffela werden also die Philister in Besitz nehmen. Interessant ist, dass im Arabischen nicht zwischen Palästinensern und Philistern unterschieden wird – es ist dasselbe Wort. „Palästinenser“ geht sprachgeschichtlich auf „Philister“ zurück. Im Deutschen ist das nicht so klar, im Arabischen jedoch sofort erkennbar. In der Bibel steht für Philister dasselbe Wort wie für Palästinenser, nämlich „Philastini“.
Weiter heißt es: „Und sie werden das Gebiet Ephraim in Besitz nehmen.“
Wo lag das Gebiet Ephraim? Wie in der Fußnote erklärt, war es das Gebiet zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Nach dem UNO-Plan von November 1947 war es nicht für den vorgesehenen Judenstaat vorgesehen. Doch im Vernichtungskrieg 1948/49 eroberten die Israelis dieses Gebiet.
Wenn man auf der Hauptstraße vom Flughafen Ben Gurion nach Jerusalem fährt, sieht man noch viele ausgebrannte Fahrzeuge am Straßenrand. Das stammt von diesem gefährlichen Weg durch feindliches Gebiet, um die Juden in Ostjerusalem, die als Exklave unter Druck standen, zu versorgen. Viele fielen auf diesem Weg, doch so kam dieses ganze ephraimitische Gebiet unter israelische Hoheit.
Dieses Gebiet haben sie bereits, und sie werden es weiterhin in Besitz nehmen. Historisch gesehen war das Gebiet Ephraim und seine Eroberung ganz besonders.
Weiter heißt es: „Und das Gebiet Samaria.“
Samaria ist das nördliche Westjordanland mit Nablus und Umgebung. Dieses Gebiet eroberten sie im Sechstagekrieg. Vieles davon wurde in die Autonomie gegeben, und vermutlich wird noch weiteres Gebiet in die Autonomie übergehen. Doch es steht fest, dass sie das Gebiet Samaria als Ganzes noch erobern, beziehungsweise wiedererobern werden.
Dann folgt Benjamin, das Gebiet nördlich von Jerusalem im sogenannten Westjordanland, und Gilead, heute jordanisches Gebiet südlich des Sees Genezareth. Diese Gebiete kommen noch hinzu.
„Und die Weggeführten dieses Heeres der Kinder Israels werden in Besitz nehmen, was den Kanaaniten gehört, bis Zarpat.“
Zarpat liegt im heutigen Libanon, nördlich von Tyrus und südlich von Sidon – die Witwe von Zarepta oder Zarpad stammt von dort. Israel wird also in Zukunft all dieses libanesische Gebiet erhalten, bis über Tyrus hinaus.
Weiter heißt es: „Und die Weggeführten von Jerusalem, die in Sepharad waren, werden die Städte des Negev in Besitz nehmen.“
Sepharad ist ein schwieriges Wort. Es kann als Name einer persischen Provinz mit der Hauptstadt Sardes erklärt werden – nicht zu verwechseln mit dem Sardes in den Sentschreiben, das in der Türkei liegt. Man kann es auch mit Sheparda gleichsetzen, einem Namen für einen Bezirk südwestlich von Medien.
Viele Juden aus Persien sind nach Israel eingewandert, viele persische Juden. Von ihnen heißt es: Die Weggeführten, die in Sepharad waren, werden die Städte des Negev in Besitz nehmen.
„Retter werden auf den Berg Zion hinaufziehen, um den Berg Esau zu richten, und dem Herrn wird gehören das Königreich.“
Der Tempelberg wird eine endgültige und völlige Befreiung erleben. Das, was 1967 geschah, war nur eine teilweise Vorwegnahme. Die endgültige Befreiung steht noch bevor.
Dann beginnt die Zeit des Friedensreiches hier auf Erden.
So sehen wir in diesem kurzen Buch eine wahre Perle, voll von Aktualität für das Weltgeschehen, aber auch für unser persönliches Leben mit dem Herrn.