Die besondere Stellung im Johannesevangelium
Das Johannesevangelium nimmt innerhalb des Neuen Testaments eine einzigartige Stellung ein. Es unterscheidet sich deutlich von den synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas. Während diese drei Evangelien vor allem die historischen Ereignisse im Leben Jesu berichten, legt das Johannesevangelium einen stärkeren Fokus auf die geistliche Bedeutung und die tiefere Theologie.
Im Johannesevangelium wird Jesus als das Wort Gottes dargestellt, das Fleisch geworden ist. Diese Vorstellung zieht sich durch das gesamte Evangelium und betont die göttliche Natur Jesu. Zudem enthält das Johannesevangelium viele längere Reden und Dialoge Jesu, die in den synoptischen Evangelien so nicht zu finden sind. Dadurch wird die Beziehung zwischen Jesus und seinen Jüngern sowie zu Gott besonders hervorgehoben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verwendung von Symbolen und Metaphern. Jesus wird beispielsweise als das Licht der Welt, der gute Hirte oder der Weg, die Wahrheit und das Leben bezeichnet. Diese Bilder tragen dazu bei, die Botschaft des Evangeliums auf einer tieferen Ebene zu vermitteln.
Zusätzlich enthält das Johannesevangelium mehrere Zeichenwunder, die nicht in den anderen Evangelien vorkommen. Diese Wunder dienen nicht nur als Beweise für Jesu göttliche Macht, sondern auch als Symbole für die geistliche Erneuerung, die durch den Glauben an ihn möglich ist.
Insgesamt zeigt das Johannesevangelium eine besondere theologische Tiefe und eine intensive Betonung der persönlichen Beziehung zu Jesus. Es lädt die Leser ein, über das Leben Jesu hinauszugehen und seine Bedeutung für das eigene Leben zu entdecken. Dadurch nimmt es eine zentrale Rolle in der christlichen Theologie und im Glaubensleben ein.
Einführung: Struktur und Vergleich mit der Stiftshütte
Wir haben gesehen, dass Kapitel 1 bis 12 den Dienst des Herrn Jesus in der Öffentlichkeit zeigt. Die Kapitel 13 bis 16 hingegen zeigen den Herrn im vertrauten Umgang mit den Jüngern im Obersaal, also im Verborgenen. Danach folgt Kapitel 17, in dem der Herr in seinem ganz persönlichen Gebet zum Vater geht.
Man kann das mit dem Aufbau der Stiftshütte vergleichen. Der Vorhof mit dem Altar ist der Bereich, der wirklich unter der Sonne ist – der öffentliche Bereich, zu dem jeder Israelit Zugang hatte. Dieser Bereich entspricht dem öffentlichen Dienst des Herrn Jesus in den Kapiteln 1 bis 12.
Dann betritt man die Stiftshütte, genauer gesagt den ersten Raum, das Heilige. Dort durften nur die Priester hineingehen; es ist ein ganz vertrauter Ort. Dieser Bereich entspricht den Kapiteln 13 bis 16, in denen der Herr so vertraut mit den Jüngern spricht und ihnen auch das Kommen des Heiligen Geistes ankündigt, der sie in alle Wahrheit führen wird (16,13). Dies entspricht zum Beispiel dem goldenen Leuchter, der Menorah, der einzigen Lichtquelle im Heiligen.
Das, was wir dann in Kapitel 17 finden, ist der Schritt ins Allerheiligste. Hier lernen wir die tiefste Beziehung des Sohnes Gottes zum Vater kennen – man könnte sagen, das Verborgenste überhaupt.
In diesem Sinn wollen wir nun das Kapitel durchlesen. Wer beginnt? Gleich Peter?
Das Hohepriesterliche Gebet: Einleitung und Bitte um Verherrlichung
Dieses redete Jesus, hob seine Augen zum Himmel und sprach: „Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche.
Gleich wie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch, so soll er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben geben. Dieses aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.
Ich habe dich auf der Erde verherrlicht. Das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, damit ich es tun sollte. Und nun verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“
Offenbarung des Namens und Gebet für die Jünger
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehören dir, und du hast sie mir gegeben. Sie haben dein Wort bewahrt.
Jetzt haben sie erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben. Sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin. Deshalb haben sie geglaubt, dass du mich gesandt hast.
Ich bitte für sie, nicht für die Welt. Ich bitte für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein. In ihnen bin ich verherrlicht.
Ich bin nicht mehr in der Welt, aber diese sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind.
Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt werde.
Die Welt und die Bewahrung der Gläubigen
Jetzt aber komme ich zu dir und rede zu dir in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich haben.
Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, so wie ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, ebenso wenig wie ich von der Welt bin.
Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
Gleich wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie durch die Wahrheit geheiligt seien.
Gebet für alle Gläubigen und Einheit
Aber nicht nur für diese bitte ich, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben.
Damit sie alle eins seien, so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir. Damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.
Ich habe ihnen gegeben, dass sie eins seien, so wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir. Damit sie in Einheit vollendet seien, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, so wie du mich geliebt hast.
Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir sind, wo ich bin. Damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.
Erkenntnis Gottes durch den Sohn
Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt. Diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn ihnen weiterhin kundtun. So soll die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sein, und ich in ihnen.
Die Gottheit des Sohnes im Johannesevangelium
Das Johannes-Evangelium hat zum Ziel, uns den Herrn Jesus als den ewigen Sohn Gottes, als Gott vorzustellen. Das wird bereits in den Anfangsworten deutlich.
Wer liest Johannes 1,1-3? Also Johannes 1, meine ich.
„Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war am Anfang bei Gott. Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das geworden ist.“
Und dann Vers 14:
„Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Und schließlich Vers 18:
„Niemand hat Gott jemals gesehen. Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“
Bedeutung des Wortes „Wort“ und Gottesname Yahweh
In Vers 1 wird der Herr Jesus als das Wort bezeichnet. Diese Bezeichnung ist im Judentum eine Bezeichnung für Yahweh. Der unaussprechliche oder aus Ehrfurcht nicht ausgesprochene Name Gottes, Yahweh, wurde im Judentum verschiedentlich umschrieben, meistens mit „Adonai“, was „Herr“ bedeutet.
Darum hat auch die Lutherbibel im Alten Testament, wenn Yahweh genannt wird, „Herr“ mit Großbuchstaben geschrieben. Es gibt aber auch andere Ausdrücke, wie zum Beispiel „Himmel“, Schemayim. Der verlorene Sohn sagt: „Ich habe gesündigt gegen den Himmel und gegen dich.“ Das heißt, er hat gegen Yahweh und gegen den leiblichen Vater gesündigt.
Übersetzungen des Alten Testaments in den Targumim verwenden sehr oft das aramäische Wort „Memra“, „Adonai“, das Wort des Herrn. Wenn nun Johannes den Sohn Gottes als das Wort bezeichnet, entspricht dies quasi dem „Memra“ im Aramäischen und meint Yahweh.
Deshalb wird auch betont, dass er zwar als Person vom Vater unterschieden ist, am Anfang war das Wort und das Wort war „bei Gott“. Gleichzeitig wird die Gottheit des Sohnes bezeugt: Das Wort war Gott.
Die Dreieinigkeit und Menschwerdung des Sohnes
Es sind drei Personen in der Gottheit. In Vers 14 wird deutlich, dass der Sohn, der das Wort ist, wirklicher Mensch wird. So zeigt er sich als der Eingeborene vom Vater, als dessen Herrlichkeit.
Vers 18 macht klar, dass der Sohn, das Wort, wirklicher Mensch ist.
Gott ist eigentlich unsichtbar. Seine absolute Gottheit kann man nicht sehen. Das steht auch in 1. Timotheus 6,16: Gott bewohnt ein unzugängliches Licht, das kein Mensch je gesehen hat und sehen kann.
Wenn Gott im Alten Testament gesehen wurde, dann immer in einer Form, die für den Menschen erträglich war. Seine absolute Gottheit wäre unerträglich gewesen.
Darum hat niemand Gott jemals gesehen. Doch dieser eingeborene Sohn ist gekommen, um zu zeigen, wer Gott ist.
Erkenntnis des Vaters durch den Sohn
Und durch das Kommen des Herrn Jesus wird deutlich, wer er ist: der eingeborene Sohn vom Vater (Johannes 1,14).
Durch ihn, den Sohn, wird auch klar, wer der Vater ist. Deshalb finden wir gerade im Johannesevangelium sehr oft den Ausdruck „Vater“. So oft, dass nach über hundertmal im Johannesevangelium ein Jünger wirklich Sehnsucht bekommt und sagt: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns“ (Johannes 14,8).
Jesus antwortet ihm: „Solange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater. Wie sprichst du dann: Zeige uns den Vater?“
Dadurch, dass der Sohn in die Welt gekommen ist, wurde es möglich, Gott, den Vater, zu erkennen.
Die ewige Sohnschaft Christi und die Irrlehre
Wir haben bereits beim letzten Mal in Johannes 16 gesehen, dass Jesus vom Vater ausgegangen ist. Ich lese dazu Johannes 16,28: "Wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater."
Er ist also vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen. Warum betone ich das so? Weil es eine Irrlehre gibt, die die ewige Sohnschaft Christi leugnet. Es wird behauptet, Jesus Christus habe zwar schon vor der Menschwerdung bestanden, aber erst durch die Menschwerdung sei er Sohn Gottes geworden. Dadurch sei auch Gott erst dann sein Vater geworden.
Diese Ansicht ist jedoch falsch. Jesus ist vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen. Er war von jeher der Sohn Gottes. Das müssen wir ganz deutlich sehen in Johannes 17. Dort geht es um das Gebet des ewigen Sohnes zum ewigen Vater. Jesus spricht Gott in Vers 1 als "Vater" an. Er betet also nicht einfach zu Gott, sondern nennt ihn ausdrücklich Vater.
In Vers 5 sagt Jesus: "Nun verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war." Hier bittet er den Vater, ihn, wenn er als Mensch in den Himmel zurückkehrt, wieder so zu verherrlichen und ihm die Herrlichkeit zu geben, die er schon vor der Erschaffung der Welt bei ihm hatte. Auch hier spricht er Gott wieder als Vater an: "die ich bei dir, Vater, hatte."
Es geht also um die Beziehung des ewigen Sohnes zu dem ewigen Vater, schon vor der Erschaffung der Welt. Hier erkennen wir etwas von der Gottheit. Es gab eine Beziehung der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn. Der Sohn ist nie entstanden.
Warum heißt er dann Sohn? Das Vater-Sohn-Verhältnis unter Menschen hat Gott geschaffen, um diese Beziehung der Liebe in der Gottheit zwischen Vater und Sohn für uns verständlich zu machen. Es drückt nicht aus, dass der Sohn entstanden ist.
Manche denken manchmal, wenn es heißt "Sohn", müsse er geringer sein als der Vater. Diesen Gedanken hat man oft nur, wenn man an kleine Kinder denkt. Wenn man aber zum Beispiel einen Vater sieht, der achtzig Jahre alt ist, und seinen Sohn, der sechzig Jahre alt ist, denkt man nicht mehr, der Sohn sei irgendwie geringer als der Vater. Dennoch bleibt es eine Beziehung der Liebe, auch im Alter, wenn die Beziehung gesund ist.
So verstehen wir besser, was diese Sohnschaft bedeutet: eine Beziehung der Liebe in der Gottheit.
Der geheime Rat Gottes und das ewige Leben
Und darum spricht zum Beispiel Hiob. Im Buch Hiob wird über den geheimen Rat Gottes gesprochen. Schlagen wir auf bei Hiob 15, wo Eliphas davon spricht. Lesen wir die Verse 7 und 8 in Hiob 15:
„Bist du als erster der Menschen geboren, oder bist du von den Hügeln hervorgebracht worden? Hörst du im Rat Gottes zu und eignest dir die Weisheit an?“
Jawohl, hier wird über den geheimen Rat Gottes gesprochen. Ein geheimer Rat Gottes, der in der Gottheit selbst besteht, zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist.
Das ist etwas Erstaunliches. Im Titusbrief heißt es, dass in diesem geheimen Rat Gottes schon vor ewigen Zeiten etwas versprochen wurde. Titus 1,1-2: Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die zur Gottseligkeit führt, schreibt:
„In der Hoffnung des ewigen Lebens, welches Gott, der nicht lügen kann, vor ewigen Zeiten verheißen hat, zu seiner Zeit aber sein Wort offenbart hat durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist, nach Befehl unseres Heilandes und Gottes.“
Das ist ein Hochkonzentrat an Wahrheit. Besonders wichtig ist mir der Ausdruck „das ewige Leben, das Gott vor ewigen Zeiten verheißen hat“. Wem hat Gott vor ewigen Zeiten etwas verheißen? Vor ewigen Zeiten gab es keine Menschen, nicht wahr?
Eliphas fragt Hiob: „Bist du vor den Hügeln hervorgebracht worden?“ Also, bist du entstanden, bevor die Berge entstanden sind? Natürlich nicht. Aber hier geht es noch weiter zurück, vor ewigen Zeiten – also vor der Grundlegung der Welt, vor der Schaffung der Welt.
Die Engel sind auch erschaffen worden, noch vor der Erschaffung der Welt. Denn in Hiob 38,7 steht, dass die Engel, die Söhne Gottes, gejubelt haben, als Gott die Erde erschuf. Sie sind also vor 1. Mose 1,1 („Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“) erschaffen worden.
Aber vor ewigen Zeiten waren auch die Engel noch nicht da. Trotzdem heißt es, Gott habe das ewige Leben verheißen. Wem hat er es verheißen? Der Vater hat es dem Sohn verheißen, dass er einmal den Auserwählten Gottes, den künftigen erlösten Menschen, das ewige Leben schenken wird.
Wir haben gerade in Titus 1,1 vom Glauben der Auserwählten Gottes gesprochen. Es geht um den Glauben, der beinhaltet, dass Gott, der nicht lügen kann, vor ewigen Zeiten das ewige Leben verheißen hat – in diesem geheimen Rat Gottes.
Die Gläubigen als Geschenk des Vaters
Nun, das hilft uns weiter, denn in Johannes 17 bezeichnet der Herr Jesus die Erlösten mit einem ganz besonderen Ausdruck. Ist das jemandem aufgefallen? Ein Ausdruck, der immer wieder vorkommt?
Ja, zum Beispiel in Johannes 17, Vers 2. Liest jemand vor? „Denn du hast ihm Macht gegeben über alle Menschen, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe.“
Wie werden hier die Erlösten genannt? „Alle, die du ihm gegeben hast.“ Das sind also Menschen, die der Vater dem Sohn als Geschenk gegeben hat. Diesen soll er das ewige Leben geben.
Es geht hier effektiv um das ewige Leben, das vor ewigen Zeiten verheißen wurde. Jetzt erhält der Sohn diese erlösten, auserwählten Menschen als Geschenk vom Vater. Sie sind ihm gegeben, und er soll ihnen das ewige Leben geben.
Wir merken also, dass es hier um unglaubliche Dimensionen geht.
Weitere Stellen zur Geschenkcharakteristik der Gläubigen
Wo werden die Gläubigen sonst noch genannt, quasi als Geschenk des Vaters bezeichnet?
Wir haben hier zunächst Vers 2 betrachtet. Dann folgt Vers 9, den wir gleich lesen werden: „Ich bitte für sie, nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast; denn sie sind dein.“
Noch vorher, in Vers 6, heißt es: „Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast.“
Und gleich im nächsten Satz, im gleichen Vers, steht: „Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.“
Jetzt haben wir diese Aussage schon viermal gehört.
Auch in Vers 24 finden wir eine ähnliche Aussage. Wer liest dort? „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, denn du hast sie geliebt, wie du mich geliebt hast.“
Ja, machen wir gleich weiter.
„Du hast mich geliebt, ehe denn die Welt gegründet war.“
Hier wird erneut deutlich, dass die Gläubigen ein Geschenk des Vaters an den Sohn sind. In diesem Vers spricht der Herr Jesus Gott als Vater an und sagt: „Du, Vater, hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.“
Das zeigt die ewige Liebe zwischen dem Sohn und dem Vater.
Die Menschwerdung des ewigen Sohnes und die Offenbarung der Herrlichkeit
Und der Herr Jesus – das zeigt uns das Johannesevangelium – kam als ewiger Sohn in diese Welt, wurde Mensch. So war es für uns Menschen möglich, die Herrlichkeit des Sohnes Gottes zu sehen.
Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater. Wir hätten Gott niemals sehen können, auch den Sohn nicht in seiner Herrlichkeit als Gott, den Sohn. Doch dadurch, dass er Mensch geworden ist, wurde dies möglich.
Darum bezeugt Johannes das in Kapitel 1, Vers 14.
Der Ausdruck „der Eingeborene“ und „ho-on“ im griechischen Text
Übrigens noch ein Punkt: Wir hatten bereits Johannes 1,18 gelesen: „Niemand hat Gott jemals gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgetan.“
Im Griechischen ist es ganz interessant, wie es formuliert ist: „der eingeborene Sohn“, und dann heißt es „ho-on, der Seiende im Schoß des Vaters“.
Diesen Ausdruck „ho-on“, den Johannes in seinem griechischen Grundtext benutzt, kennt man aus der ältesten Bibelübersetzung. Wann wurde das Alte Testament zum ersten Mal übersetzt? Es ist wichtig, das zu wissen.
Ja, das ist die Septuaginta. Sie wurde ungefähr 280 vor Christus in Alexandria ins Griechische übersetzt, also in die damalige Weltsprache. Dort, wo Gott sich vorstellt, in 2. Mose 3, als „Ich bin, der ich bin“, wird das „Ich bin“ im Griechischen mit „ho-on“, der Seiende, umschrieben.
Das „Ich bin, der ich bin“ ist ja die Umschreibung des Namens Yahweh, das heißt der Seiende, „ho-on“.
Darum ist es interessant, dass dieser Ausdruck „ho-on“ im Schoß des Vaters verwendet wird. Das bezeichnet, dass der Herr Jesus ewig im Sohn des Vaters war. Er wurde also nicht irgendwann einmal, als er geboren wurde, als Mensch Sohn Gottes, sondern er ist als Yahweh der Sohn im Schoß des Vaters.
Das mit dem Schoß ist natürlich nicht im Sinne eines Kindes gemeint. Es geht nicht um das Bild eines Kindes auf dem Schoß des Vaters, sondern um etwas Ähnliches wie bei der Tischgemeinschaft nach römischer Sitte. Diese wurde ja auch beim Passa im Judentum praktiziert.
In Johannes 13,23 hatte Johannes einen ganz besonderen Ehrenplatz am Triklinum. Das Triklinum war so aufgebaut, dass auf drei Seiten die Liegebetten um einen Tisch angeordnet waren. Dort lag also auf dem Polster ein Mann nach dem anderen. Johannes lag so auf dem Polster, dass Jesus Christus gerade vor ihm lag.
So heißt es in Johannes 13,23: „Es war aber einer unter seinen Jüngern, den Jesus lieb hatte, der lag bei Tisch an der Brust Jesu.“
Simon Petrus winkte diesem Jünger, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem Jesus redete. Da lehnte er sich an die Brust Jesu und fragte ihn: „Herr, wer ist es?“
Also ist es quasi so, dass durch das Aufstützen beim Essen der Kopf an die Brust des Nächsten kommt. Das war hier der Herr Jesus.
So war Johannes gewissermaßen im Schoß Jesu. Das illustriert eben diese ewige Tischgemeinschaft zwischen dem ewigen Sohn und dem ewigen Vater. Der Sohn, der Seiende, im Schoß des Vaters.
Und dadurch, dass Johannes der Jünger war, der die Liebe des Sohnes Gottes am meisten genoss von allen Jüngern — darum nennt er sich ja selbst „der Jünger, den Jesus liebte“, weil er sich dieser Liebe viel mehr bewusst war als alle anderen — wurde er erwählt, um über die Beziehung des Sohnes Gottes zum ewigen Vater zu schreiben: der Sohn im Schoß des Vaters.
Bedeutung von „eingeboren“ (monogenes)
Übrigens bedeutet „eingeboren“ oder „monogenes“ im Griechischen nicht nur „der Einzige, der geboren wurde“ in einer Familie.
Es kann auch einfach „der Einzige seiner Art“ bedeuten.
Das macht besonders Sinn, wenn es um den eingeborenen Sohn geht. Es heißt dabei nicht, dass er irgendwann in der Vorgrundlegung der Welt einmal geboren wurde, sondern dass er der einzige Sohn und der Einzige seiner Art ist.
Als solcher ist er in diese Welt gekommen.
Die Anrede Gottes als „Abba“ und die Beziehung der Gläubigen zum Vater
Der Herr Jesus hat ständig über den Vater gesprochen. Dabei hat er ihn auf Hebräisch beziehungsweise Aramäisch mit dem Wort "Abba" bezeichnet. Wo genau findet man dieses aramäische Wort in der Bibel, insbesondere in der griechischen Bibel?
Obwohl der Text griechisch ist, wird hier an einer Stelle das ursprüngliche Wort eingefügt, weil es im jeweiligen Zusammenhang so wichtig war. Diese Stelle findet sich in Markus 14,36. Dort heißt es: "Und er sprach: Abba, Vater, alles ist möglich für dich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst."
Im Deutschen entspricht "Abba" etwa dem Wort "Papa" und ist viel inniger als das formelle "Vater". Im Judentum spricht man Gott normalerweise nicht so an. Wenn man alle Gebetsbücher durchgeht, wird man kein Gebet finden, in dem Gott mit "Abba" angesprochen wird. Dieses Wort wurde als zu intim empfunden, und die Rabbiner warnten davor, Gott so zu nennen.
Der Herr Jesus aber hat Gott genau so genannt. Er kam, um denen, die an ihn glauben, diese besondere Beziehung zum Vater zu schenken. In Johannes 1,12 lesen wir: "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben."
Das heißt: Wer an den eingeborenen Sohn Gottes glaubt, wird ein Kind Gottes und darf Gott so kennenlernen, wie Jesus ihn von Ewigkeit her gekannt hat. In der Konsequenz dürfen diese Gläubigen ihn auch "Abba" nennen – ein Vorrecht, das im Judentum nicht bekannt ist.
Wo finden wir diese Aussage noch einmal? Die bereits erwähnte Stelle ist Römer 8,15-16: "Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern den Geist der Sohnschaft, in welchem wir rufen: Abba, Vater!"
Man kann als Parallelstelle auch Galater 4,6 heranziehen. Dort wird dieses Vorrecht der Erlösten seit dem Kommen des Sohnes Gottes ebenfalls bestätigt.
Offenbarung des Namens „Vater“ an die Gläubigen
Nun verstehen wir dadurch einiges besser. Es heißt nämlich, wir haben gelesen in Johannes 17, Vers 6. Lies das nochmals jemand: „Ich habe deinen Namen offenbart den Menschen, die du mir von der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie wissen, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.“
Jawohl, also der Herr Jesus sagt hier, er habe etwas offenbart. Und zwar was? Den Namen. Den Namen? Welcher Name ist da gemeint? Vater.
Ja, klar. Also, wenn in Vers 5 steht: „Und nun, verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Im Griechischen steht „Pater“, aber wenn wir es zurückübersetzen würden auf Hebräisch oder Aramäisch, wie der Herr Jesus gesprochen hat, dann müssten wir es mit „Abba“ übersetzen.
Und er sagt dann: „Ich habe deinen Namen“, das bedeutet Abba, „geoffenbart den Menschen, die du mir aus der Welt gegeben hast.“
Also sollten sie ihn so kennenlernen als den ewigen Vater und als den, der jetzt auch ihr Vater geworden ist, weil sie Kinder Gottes sind.
Bedeutung des ewigen Lebens und der Sohnschaft
Und jetzt sehen wir auch, warum das ganze Thema vom ewigen Leben so wichtig ist. Nur indem Menschen das Leben aus Gott, das ewige Leben, bekamen, konnten sie Kinder Gottes werden. Hier haben wir etwas ganz Großartiges.
Der Apostel Paulus spricht ja davon, dass die Erlösten heute von Gott adoptiert sind. Wo steht das? Ja, ich wundere mich, dass nicht so eine starke Reaktion gekommen ist. Würden die meisten Englisch lesen, dann wäre die Reaktion schneller gekommen. Ich will erklären, warum. Oder auch Französisch.
Wir schlagen mal Epheser 1 auf. Liest jemand Epheser 1, Verse 4 und 5? „Wer uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe und uns vorherbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens.“
Dort ist es klar. Jetzt könnte man sagen: Ja, aber was ist jetzt richtig? Das griechische Wort heißt Hyo-tesia. Hyo kommt von Hyos, Sohn, und Tesia bedeutet Stellung, also Sohnesstellung. Und das gibt Sohnschaft. Aber das ist der technische Ausdruck für Adoption, eben Annahme an Sohnschaft. Darum ist es also korrekt, wenn man mit Adoption übersetzt, oder auf Französisch „Adoption“. Und wenn man mit Sohnschaft übersetzt, muss man einfach wissen, dass es bei Sohnschaft um die Annahme als Sohn geht, also durch Adoption.
Das ist sehr wichtig. Ich habe das auch schon in der Seelsorge erlebt. Da kamen zwei Kinder, die adoptiert waren, und sie hatten echt ein Problem damit, dass sie adoptiert wurden. Aber da war es wichtig, ihnen zu zeigen, dass Adoption etwas ganz Wunderbares ist. Und dass das eigentlich etwas ist, was Gott in seinen Plänen schon vor der Erschaffung der Welt hatte.
Es heißt ja: „vor Grundlegung der Welt“, Epheser 1,4, und „vorausbestimmt zur Adoption“. Also im geheimen Rat Gottes hat Gott die Menschen gesehen, die einmal das Evangelium seines Sohnes annehmen würden, die ihre Schuld Gott bekennen und bereuen würden und das Opfer des Herrn Jesus in Anspruch nehmen würden. Und da hat Gott beschlossen, diese Menschen, die bereit sind, sich zu bekehren, zur Adoption zu bestimmen. Sie sollen seine Söhne und Töchter werden.
Aber ist das nicht noch etwas irreführend, das Wort Adoption? Wenn ich ein Kind adoptiere, dann wird es zwar rechtlich mein Sohn, aber es ist eigentlich nicht mein Fleisch und Blut, es hat nicht mein Leben. Aber in dem Hinweis hat er gerade vorhin gesagt, wir haben das Leben Jesu. Das ist doch viel mehr.
Also, es ist so, dass auch nur die Adoption unter uns Menschen nur einen Teil ausdrückt von dem, was Gott mit uns macht. Klar. Die Adoption Gottes ist eben so wunderbar, dass er eben durch die Wiedergeburt Menschen, die früher nicht seine Kinder waren, sein Leben geben kann. Das können wir nicht, das geht nicht.
Aber es ist trotzdem seelsorgerlich wichtig, wenn man solchen Kindern, die damit Mühe haben, zeigen kann: Das ist eine ganz wunderbare Sache. Und das ist ein Gedanke, den Gott in seinem Heilsplan schon vor Erschaffung der Welt hatte: Adoption. Das macht die adoptierten Menschen nicht zu Menschen zweiter Klasse. Das ist etwas ganz Großartiges.
Und der Herr Jesus sagt ja auch in Matthäus 18, wer ein Kind aufnimmt und zeigt, was das in seinen Augen bedeutet, da wird das so hoch eingestuft.
Ja gut, aber die Adoption Gottes ist perfekt, eben weil Gott uns auch sein Leben geben kann. Und das haben wir bereits gelesen: Johannes 1, Vers 12: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“ Und im Vers darauf, den haben wir nicht gelesen, heißt es, die aus Gott geboren sind, ihm wiedergeboren sind, in dem Gott ihnen sein Leben, das ewige Leben, geschenkt hat.
Oder Johannes 3, Vers 16: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Und zwar das ewige Leben als gegenwärtigen Besitz. Das ist die Wiedergeburt.
Also ich bin glücklich, adoptiert worden zu sein. Wunderbar, schönes Zeugnis, vielen Dank.
Die Bedeutung von Vater-Sohn-Beziehung und Ehe als Urbild
Ja, weil das hilft. Gott hat diese Dinge in das menschliche Leben hineingegeben, damit wir sie besser verstehen können.
Darum hat er uns Menschen so geschaffen, dass es einen Vater und einen Sohn gibt. Und warum hat er die Ehe geschaffen, einen Mann und eine Frau, die sich so lieben? Weil es Gottes Plan war, dass die Gemeinde einmal die Frau von Christus sein sollte (Epheser 5).
Das Urbild war also bereits im Plan Gottes vor der Erschaffung der Welt vorhanden. Gott hat die Welt so erschaffen, damit diese Urgedanken im Geheimen Rat Gottes uns Menschen vertraut, verständlich und begreiflich werden.
Dazu gehört auch die Adoption.
Beispiele für Adoption in der Bibel
Übrigens, wo finden wir in der Bibel ein konkretes Beispiel für Adoption? In Israel? Nein, ich meine nicht im übertragenen Sinn, sondern wirklich.
Joseph? Ja, Mose wurde von der Tochter des Pharao adoptiert. Weiter?
Johannes und Maria? Das würde ich nicht als Adoption bezeichnen. Du denkst vielleicht daran, weil der Herr sagt: „Siehe, deine Mutter“. Aber es ging ja darum, dass Joseph offensichtlich gestorben war, der Mann von Maria. Er wird ja nicht mehr erwähnt – ein ganzes Kreuz ist geschehen und auch danach nicht mehr. Er war gestorben, und nun verlor die Witwe ihren erstgeborenen Sohn. In der ersten Zeit war es die Aufgabe von Johannes, sie quasi zu unterstützen. Sie brach innerlich zusammen, was der Priester Simon schon längst im Tempel vorausgesagt hatte: „Ein Schwert wird deine Seele durchbohren“ (Lukas 2). Das war dieser Moment.
Gut, aber es geht natürlich in diese Richtung. Ein weiteres Beispiel: Da kann man nicht von Adoption sprechen, aber gut – er hat quasi diesen ein paar Jahre alten Jungen wie einen Sohn behandelt. Es wird nicht von Adoption gesprochen, aber de facto war das effektiv so, ja?
Wie war das dann bei Joseph? Ach so, bei Joseph meinte ich jemanden im Alten Testament. Joseph hat natürlich Jesus, den Sohn der Maria, adoptiert. So war er rechtlich eben sein Sohn. Dadurch bekam der Herr Jesus auch Anrecht auf das königliche Geschlechtsregister, das Joseph besaß. Er war ein Sohn Davids über die Königslinie von Salomon, den jüdischen Königen.
Aber Joseph selbst hatte kein Recht, jemals König zu werden, weil der letzte König in dieser Linie, Jechonja, so übel war, dass Gott ihn verflucht hatte durch Jeremia. Es sollte nie mehr ein Same, also ein biologischer Nachkomme von Jechonja, auf dem Thron sitzen (Jeremia 22, letzter Abschnitt).
Joseph hätte also nie König werden können. Aber dadurch, dass er Maria heiratete und Jesus rechtlich adoptierte, bekam Jesus juristisch Anrecht auf die Königslinie. Er war aber kein Same von Jechonja. Andererseits war er ein Same Davids, weil Maria über all die Generationen zurück ebenfalls von David abstammte – allerdings nicht über die Königslinie, sondern eine Seitenlinie über Nathan. Das sind Gottes Pläne.
Sehr schön. Und noch ein weiteres Beispiel für Adoption: War Lot einfach nur sein Neffe, der mit ihm aus Ur in Chaldäa ausgezogen war?
Esther? Ja, Esther hat ausdrücklich von Adoption gesprochen. Schlagen wir kurz auf: Esther 2,7. Dort steht: „Und er erzog Hadassah, das ist Esther, die Tochter seines Onkels, und sie hatte weder Vater noch Mutter. Das Mädchen war schön von Gestalt und schön von Anmut. Als ihr Vater und ihre Mutter gestorben waren, hatte Mordechai sie als seine Tochter angenommen.“
Jawohl, hier ist ausdrücklich von Adoption die Rede. Diese Adoption war sehr entscheidend für die Rettung der ganzen Judenheit. Denn wäre Hamans Plan durchgezogen worden – den Esther letztlich durchkreuzte –, wären alle Juden vom Persischen Reich bis nach Äthiopien umgebracht worden. Das wäre die ganze Judenheit gewesen.
Hitler konnte Juden nur in einem begrenzten Bereich ermorden, aber hier war wirklich der gesamte Bereich des Persischen Reiches betroffen, wo die Juden hätten ermordet werden sollen.
Gott hätte sicher einen anderen Plan gehabt. Ja, natürlich. Aber es ist doch eindrücklich zu sehen, dass Gott diesen Plan durch ein adoptiertes Mädchen durchgeführt hat.
Töchter Gottes und die Sprache der Bibel
Ein weiterer wichtiger Punkt ist mir noch aufgefallen: Wir haben von Hypothesia und Sohnschaft gehört. Dabei habe ich nebenbei erwähnt, dass Gott uns als Söhne und Töchter annimmt. Niemand hat dem widersprochen. Doch spricht die Bibel tatsächlich von Töchtern Gottes? Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein.
Jetzt entsteht vielleicht Streit, nicht? Wir glauben nur das, was wir schriftlich vorliegen haben. Zur Lektüre ist 2. Korinther 6,18 vorgeschlagen. Liest du gleich ab Vers 17?
„Darum geht aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt das Unreine nicht an. Ich werde euch aufnehmen, und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.“
Jawohl, die Bibel spricht ausdrücklich so. Dann dürfen wir diese Sprache auch benutzen. Die Annahme von Söhnen umfasst also auch die Annahme von Töchtern.
Es ist zum Beispiel auch so, dass das Wort „Brüder“ im Neuen Testament, „Adelphoi“ auf Griechisch, oft die Bedeutung von „Geschwister“ hat. Das heißt, die Schwestern sind mit eingeschlossen. Nicht immer, aber sehr häufig.
Wenn jedoch die Geschlechter ganz bewusst hervorgehoben werden sollen, spricht Paulus zum Beispiel über „Ich will nun, dass die Männer …“ (1. Timotheus 2,8) und danach „Ich will nun, dass die Frauen …“ oder „Ich will nicht, dass eine Frau …“ Auch in 1. Korinther 14 wird gesagt, dass die Frauen in den Gemeinden schweigen sollen, um ganz klar zu sein. Oder in 1. Korinther 11 wird über Männer und Frauen gesprochen, um die Geschlechter deutlich hervorzuheben.
Wenn aber die Gläubigen allgemein angesprochen werden, ist das üblicherweise „Adelphoi“, also „Brüder“, weil es im Griechischen kein Wort für „Geschwister“ gibt. In diesem Fall ist das Deutsche ausnahmsweise etwas reicher.
Übrigens stammt das Wort „Geschwister“ von „Schwester“ ab und schließt die Brüder mit ein. Das zeigt, dass es von Sprache zu Sprache unterschiedlich sein kann.
Das ist ja interessant: Dieses Wort wurde nicht im Zeitalter des Feminismus geprägt, sondern hat damit gar nichts zu tun.
Offenbarung des Namens „Abba“ und die neue Nähe zu Gott
Gut, wir verstehen jetzt besser, was es bedeutet, dass der Herr Jesus seinen Namen, den Namen des Vaters, den Abba-Namen, den Menschen geoffenbart hat. Diese Menschen hat der Vater ihm geschenkt, damit er ihnen das ewige Leben gebe. Dadurch sollen sie in die gleiche Stellung als Kinder zum Vater gelangen.
Es ist vier Uhr, wir machen jetzt eine Pause. Vielleicht ergibt sich nachher die Gelegenheit, die Frage zu klären.
Ja, wenn ich es nicht vergesse.
Nein, nein, sag es gleich.
Die Menschen, die der Vater Jesus gegeben hat – ist das eine Auswahl nach dem eigenen Ermessen? Aber was ist dann mit den anderen, die er nicht gegeben hat?
Ja, darauf kommen wir vielleicht nachher noch einmal zurück.
Nachtrag: Die Anrede „Abba“ im Judentum
Noch ein kleiner Nachtrag: Wir haben uns Gedanken über den Namen Abba, Vater, gemacht. Ich habe gesagt, dass in den jüdischen Gebetsbüchern Abba nicht als Anrede für Gott verwendet wird, wohl aber Awinu, unser Vater. Im Talmud steht sogar die Wendung Awinusche Baschamayim, unser Vater, der du bist in den Himmeln.
Das „Unser Vater“ in Matthäus 6 entspricht also von der Form her absolut dem Judentum und geht noch nicht darüber hinaus. Die Rabbiner haben übrigens gesagt, man solle Gott in der Mehrzahl ansprechen – „unser Vater“, auch wenn man persönlich betet. Genau so macht es der Herr. Er sagt: „Wenn du betest, geh in deine Kammer und schließe zu.“
Im persönlichen Gebet sagt man „unser Vater“, weil die Rabbiner erklärt haben, man solle sich beim Beten quasi mit dem Volk Gottes eins machen. Darum hat man im Judentum auch vermieden zu sagen „mein Vater“, da dies als Grenzüberschreitung empfunden wurde.
Das Typische ist, dass der Herr Jesus an vielen Stellen dauernd „Mein Vater“ sagt, gerade das, was unüblich war. Das wäre auf Hebräisch „Awi“, mein Vater. So stehen „Awi“, mein Vater, und „Aba“ sehr nahe beieinander. Das „unser Vater“ ist noch ganz das übliche Beten im Rahmen des Judentums.
Was der Herr Jesus mit der Offenbarung des Namens des Vaters in Johannes 17,6 gebracht hat, ist wirklich sensationell, völlig neu und noch nie dagewesen. Deshalb sind Römer 8 und Galater 4 ganz besonders wichtige Stellen, die diese einzigartige Nähe zeigen, die wir als Christen heute seit dem Werk der Erlösung auf Golgatha haben können – eine Nähe, die alles Frühere übersteigt.
Unterschied zwischen „mein Vater“ und „euer Vater“ im Neuen Testament
Warum sagt der Herr Jesus: „Ich gehe zurück zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott“? Warum macht er dabei einen Unterschied?
Er sagt „mein Vater“ – Avi. Im Neuen Testament findet man kaum, dass ein Gläubiger Gott direkt „mein Vater“ nennt. „Mein Gott“ hingegen kommt vor, zum Beispiel bei Paulus. Doch „mein Vater“ verwendet niemand außer dem Sohn Gottes. Das ist angemessen, denn Jesus bleibt der eingeborene Sohn.
Diese Distanz wird besonders im Johannesevangelium deutlich. Johannes spricht von Jesus als dem Sohn Gottes. Die Gläubigen jedoch nennt er nie „Söhne Gottes“, sondern immer „Kinder Gottes“. Das liegt daran, dass das Hauptthema des Johannesevangeliums Jesus als den Sohn Gottes betont. Damit wird vermieden, dass die Stellung der Gläubigen mit der ewigen Sohnschaft Jesu gleichgesetzt wird.
Dieser Unterschied ist wichtig: Jesus ist der Sohn, wir sind die Kinder. Paulus spricht zwar auch von Söhnen und Töchtern, doch er hat nicht das gleiche Hauptthema wie Johannes, nämlich Jesus als den Sohn Gottes. Für Paulus ist die Unterscheidung nicht so vordergründig, weil er andere Schwerpunkte setzt.
Im Johannesevangelium wird diese sprachliche Distanz klar markiert: Er ist der Sohn, wir sind die Kinder.
Frage zur Auswahl der Gläubigen und Prädestination
Ja, du hattest vor der Pause noch eine Frage gestellt. Es ging um die Kinder, die du mir genannt hast, im Unterschied zu denen, die er nicht gegeben hat. Dabei handelt es sich um die Frage der Prädestination, richtig?
Wir haben vorhin in Epheser 1,4 gelesen. Prädestination, also die Vorherbestimmung, ist ein biblischer Begriff. Er bedeutet, dass Gott uns zur Sohnschaft zuvorbestimmt hat. Die Prädestination ist etwas Wunderbares, doch man muss sie richtig verstehen.
In Römer 8,26-30 lesen wir: „Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.“
Hier haben wir, was die Reformatoren die „goldene Kette“ nannten. Zuerst kommt das „zuvor erkennen“ in Vers 29, dann „zuvor bestimmen“ in Vers 30, gefolgt von „berufen“, „rechtfertigen“ und „verherrlichen“. Jedes Verb geht aus dem vorherigen hervor: Die, welche er zuvor erkannt hat, hat er zuvor bestimmt; die er zuvor bestimmt hat, hat er berufen, und so weiter. Das ist die goldene Kette.
An erster Stelle steht Gottes Vorkenntnis. Diese Vorkenntnis wird auch in 1. Petrus 1,2 als Hauptwort erwähnt und heißt „Prognosis“ auf Griechisch. Das verstehen wir sofort, zum Beispiel als Wetterprognose. Eine Wetterprognose legt nicht fest, wie das Wetter morgen sein wird. Die Meteorologen bestimmen nicht, dass es so stark regnen soll wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie erkennen nur im Voraus, dass es sehr stark regnen wird. Ihre Vorkenntnis beeinflusst den Ablauf selbst nicht.
So hat Gott in seiner Allwissenheit im Voraus jeden Menschen gekannt. Er wusste, welche Menschen das Evangelium annehmen würden, wenn sie vor die Entscheidung gestellt werden. Die, die Gott zuvor erkannt hat, dass sie sich bekehren würden, hat er zuvor bestimmt. Diese sollen Kinder Gottes werden, also adoptiert werden. Und die, die er zuvor bestimmt hat, hat er dann berufen. Das heißt, er hat es so geführt, dass sie durch das Evangelium berufen wurden und zur Bekehrung kommen konnten.
Das bedeutet aber auch, dass die volle Verantwortung bei uns Menschen liegt, wie wir uns entscheiden. Denn es wird oft Gott in die Schuhe geschoben. So ist es eben. Auch Martin Luther, der kein Calvinist war, sprach darüber, dass der Wille des Menschen nicht frei ist, sondern gebunden. Das stimmt. Die Bibel zeigt, dass der Mensch durch Satan und die Sünde gebunden ist.
Aber Gott sieht jeden Menschen und kann ihn zu dem Punkt führen, an dem sein Wille so bereit und frei ist, dass er entscheiden kann: Ja oder Nein. Wenn der Mensch dann diesem Zug Gottes widersteht, geht er schließlich verloren.
Verantwortung des Menschen und Gottes Geduld
Übrigens, um das biblisch darzulegen: Römer 2,4-5. Wer liest? Oder verachtest du im Reichtum deiner Blüte Geduld und Langmut, ohne zu erkennen, dass Gott dir diese Blüte nicht bereitet hat? Nach deinem verstockten und unbußfertigen Herzen öffnet er selbst den Zorn auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, welches jedem zuteilwird.
Jawohl, das reicht. Es geht hier darum, dass die Güte Gottes den Menschen zur Buße leitet. Aber diesem Zug Gottes kann der Mensch dauernd Widerstand leisten. Nach deiner Sturheit und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf.
Und es ist so, dass nach Römer 3,10 keiner da ist, der Gott sucht. Wenn ein Mensch überhaupt beginnt, Gott zu suchen, dann ist das, weil Gott diesen gebundenen Willen öffnet, damit er überhaupt Gott suchen kann. Wenn der Mensch diesem Zug jedoch nicht nachgibt, geht er verloren und häuft sich selbst immer mehr Zorn für das Gericht auf.
Es ist so: Wenn der Mensch verloren geht, dann deshalb, weil er es nicht gewollt hat. Das sagt der Herr Jesus in Matthäus 23. Ich gebe nur die Stelle an, wo er zu Jerusalem spricht, zu den Jerusalemitern, die ihn verworfen haben. Dort sagt er in Matthäus 23,37: „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“
Also wird hier der Wille des Menschen zum Grund für das Gericht. Gott hat zuvor erkannt, zuvor bestimmt, dann berufen durch das Evangelium. Durch die darauf folgende Bekehrung folgt die Rechtfertigung.
Gott spricht einem Bekehrten gerecht – das ist Rechtfertigung und Verherrlichung. Gott macht aus ihm eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.
Judas Iskariot als Sohn des Verderbens
Ja, da hinten, dass man sagen könnte, auch diejenigen, die du mir geben wirst, in unserer Sprache, weil man sieht, die du mir gegeben hast, genau in Bezug auf den Sonderverwerden, da ist auch Judas Iskariot gemeint, könnte man ja zu der Überzeugung gelangen, es wären nur die Elf.
Also, es ist so, dass in Johannes 17 besonders jetzt die Jünger gemeint sind, die wirklich geglaubt haben. Damals standen sie hier vor den Augen des Herrn. Darum sagt er ja in Vers 6: „Ich habe deinen Namen geoffenbart den Menschen.“ Das waren eben die Menschen, denen er damals den Namen geoffenbart hat und die das Wort auch angenommen haben.
In Bezug auf spätere Generationen spricht der Herr dann in Vers 20: „Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben.“ Also spricht er hier auch die späteren Generationen an.
Natürlich wird die Generation, die damals schon geglaubt hat, gewissermaßen zum Prototyp für alle, die auch später noch glauben sollen.
Man kann sich da wirklich bewusst machen: Ich bin ein Geschenk des Vaters an den Sohn. Wenn man dann noch Minderwertigkeitskomplexe hat, muss man sagen, dass man diese Aussage wirklich nicht aus Gottes Hand angenommen hat. So sieht Gott uns, so sieht der Sohn uns.
Das vollendete Werk Jesu und prophetisches Perfekt
Nun spricht der Herr Jesus in diesem Gebet so, als ob das Werk am Kreuz bereits vollendet wäre. In Vers 4 heißt es: „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde, das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es vollende.“ Das ist für uns überraschend, denn der Herr spricht bereits am Vorabend der Kreuzigung in der Vergangenheitsform „ich habe“.
Diese Formulierung erklärt sich durch eine Rückübersetzung ins Hebräische. Im Hebräischen, besonders in den Propheten, wird oft Zukünftiges mit einer Verbform ausgedrückt, die etwas Vollendetes beschreibt. Zum Beispiel in Jesaja 53, einer Prophetie über den leidenden Messias, die etwa 700 Jahre vor Christus verfasst wurde. Dort steht: „Als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, dass wir seiner begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt.“
Später heißt es: „Doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm.“ Warum wird hier alles so dargestellt, als sei es bereits abgeschlossen? In der hebräischen Grammatik gibt es den Begriff „prophetisches Perfekt“. Zukünftige Ereignisse werden, um ihre Gewissheit zu betonen, so beschrieben, als seien sie schon vollendet.
Genau diese prophetische Sprache verwendet der Herr Jesus hier. Er stellt sich gewissermaßen schon hinter das Kreuz und sagt: „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde, das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte.“
Am folgenden Tag finden wir dann, und zwar nur im Johannesevangelium, dieses Wort Jesu am Kreuz in Johannes 19, Vers 30: „Als Jesus nun die Fesseln nahm, sprach er: ‚Es ist vollbracht!‘ und neigte das Haupt und gab den Geist auf.“ Ja, „es ist vollbracht“. Aber das geschah erst in den nächsten Tagen.
Das zeigt uns, dass der Herr mit prophetischer Gewissheit spricht. Es war keine Frage, ob Golgatha stattfinden sollte oder nicht. Er, der Sohn Gottes, kam eindeutig mit dem Ziel, das Werk zu vollenden. Niemand konnte ihn aufhalten, auch nicht Petrus, der sagte: „Das widerfahre dir nicht!“ (Matthäus 16).
Sein Angesicht war festgemacht wie ein Kieselstein, so heißt es in Jesaja 50. Nichts konnte seine Entschlossenheit aufhalten. Deshalb ging er ans Kreuz. Diese Entschlossenheit sehen wir auch in Johannes 19, Vers 17: „Er trug sein Kreuz selbst und ging hinaus zur sogenannten Schädelstätte, die auf Hebräisch Golgatha heißt.“
Er trug sein Kreuz selbst und ging aus der Stadt hinaus. Das zeigt seine Entschlossenheit. Niemand konnte ihn aufhalten, dieses Werk zu vollenden.
Das Kreuz und die Art der Kreuzigung
Übrigens, wenn von Jesu Kreuz die Rede ist, muss man wissen: Die Römer haben den großen Pfahl nicht direkt auf die Verurteilten gelegt. Ein Mensch könnte diesen Balken gar nicht tragen.
Der große Balken wurde bereits an der Hinrichtungsstätte von Soldaten aufgerichtet. Bei einer Kreuzigung, die nicht nur an einem einfachen Pfahl stattfand – denn solche gab es auch –, sondern an einem Kreuz mit Querbalken, hat man dem Verurteilten das sogenannte Patibulum, also das Querholz, aufgelegt. Dieses musste er dann zur Hinrichtungsstätte tragen.
Oft wird die Frage gestellt: War es wirklich ein Kreuz? Das griechische Wort „Stauros“ bedeutet zwar Pfahl, kann aber auch Kreuz bedeuten. Im Fall von Jesus Christus wissen wir, dass es ein Kreuz war, denn er hat das Patibulum selbst getragen.
Es gab verschiedene Arten von Kreuzigungen: Manche Verurteilte wurden ans Kreuz gefesselt, andere genagelt. Im Fall von Jesus wissen wir, dass er genagelt wurde. Als Auferstandener zeigte er den Jüngern in Lukas 24 die Nagellöcher in seinen Händen und Füßen.
Daher wissen wir mit Klarheit: Es war ein Kreuz, und die Kreuzigung erfolgte mit Nägeln.
Verherrlichung des Vaters durch das Werk Jesu
Zur Entschlossenheit des Herrn Jesus – um das zu verdeutlichen, haben wir diesen Vers gelesen. Hier wird in Johannes 17 besonders betont, wie der Herr Jesus durch sein Werk den Vater verherrlicht.
Liest jemand nochmals Vers 1? Dort heißt es: „Dies redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche.“
Dieses Wort „verherrlichen“ kommt sehr oft im Johannesevangelium vor. Es passt genau zu dem Brandopfer im Alten Testament. Grundsätzlich gibt es vier blutige Opfer: das Brandopfer, das Friedensopfer, das Sündopfer und das Schuldopfer. Diese finden wir alle in 3. Mose 1-7 beschrieben.
Das Brandopfer war das Opfer zur Ehre Gottes. Es wurde als Ganzopfer verbrannt und war ausschließlich für Gott bestimmt. Niemand durfte von diesem Opfer essen. Zum Beispiel durfte man vom Friedensopfer essen, sowohl der Opfernde als auch der Priester, der es darbrachte. Aber vom Brandopfer durfte niemand essen.
In 3. Mose 1 wird erklärt, dass dieses Opfer ein lieblicher Geruch für den Herrn ist. Im Johannesevangelium sehen wir den Herrn Jesus ganz speziell als dieses Brandopfer dargestellt.
Der Herr Jesus ist in diese Welt gekommen, hat gezeigt, wer der Vater ist, und sich als Sohn offenbart. Trotzdem hat eine verlorene Welt ihn abgelehnt und verworfen. Doch sein Opfertod war vollkommen zur Ehre und Verherrlichung Gottes. Noch nie hat man so deutlich gesehen, wie wunderbar Gott ist.
Im letzten Prophetenbuch der Bibel, Maleachi, um 400 v. Chr., fragt das Volk Israel frech: „Ich habe euch geliebt, worin habt ihr mich geliebt?“ (Maleachi 1). Danach schweigt Gott 400 Jahre lang.
Dann kommt der Sohn Gottes und gibt sich als Opfer hin – ganz im Sinne von Römer 5,8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“
So hat Gott gezeigt, welch wunderbarer Gott er ist, gerade dadurch, dass der Herr Jesus sich auf Golgatha geopfert hat. Der Sohn ist vom Vater verherrlicht worden, und der Sohn hat den Vater durch das Brandopfer verherrlicht.
„Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche.“
Evangelien und ihre jeweiligen Opferakzente
Nun, das Interessante ist, dass wir vier Evangelien haben – und vier blutige Opfer. Jedes Evangelium mit seinem besonderen Akzent passt zu einem dieser Opfer. Das würde jetzt zu weit führen, aber ich möchte es nur kurz ansprechen.
Das Matthäusevangelium beschreibt das Schuldopfer. In diesem Evangelium kommt auch der Ruf der Juden in Jerusalem vor: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“ Damit haben sie die Schuld auf sich geladen. Doch der Herr ist auch für diese Schuld gestorben – also das Schuldopfer.
Das Markusevangelium beschreibt das Sündopfer, und das Lukasevangelium das Friedensopfer, das Opfer der Gemeinschaft. Dabei durfte man einen Teil essen, und ein anderer Teil war für Gott bestimmt. So konnten Menschen mit Gott den Frieden genießen. Nur im Lukasevangelium finden wir das Wort an den Mitgekreuzigten, der sagt: „Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst.“ Und der Herr antwortet: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Das ist das Friedensopfer, das nur dort vorkommt.
Im Johannesevangelium – und das war mir jetzt besonders wichtig – geht es um das Brandopfer, das Opfer zur Verherrlichung Gottes.
Bedeutung des Opfers Jesu für den Vater und die Gläubigen
Es ist nun sehr wichtig, dass wir das gut bedenken. Für uns ist es selbstverständlich, Gott zu danken, weil er seinen Sohn für uns gegeben hat. Wir danken Jesus Christus dafür, dass er für uns und unsere Sünden gestorben ist.
Doch wir denken viel zu wenig daran, was das Opfer des Sohnes für den Vater bedeutete. Dass er ihn verherrlicht hat, damit dein Sohn dich verherrliche. Das übersteigt unser Verständnis, und davon können wir nichts essen. Dennoch können wir es bewundern.
So wie die Israeliten Brandopfer brachten: Sie hatten keinen Genuss für sich selbst. Es ging nicht um sie selbst, sondern um den Dank, das Opfer zur Ehre Gottes.
Annahme des Wortes Gottes durch die Gläubigen
Ja, jetzt gehen wir weiter. Wir haben eigentlich zu allen Versen bis Vers 6 etwas gesagt. Der Herr Jesus sagt in den Versen 7 und 8, dass die Gläubigen auch die Worte angenommen haben, die der Vater ihnen gegeben hat.
Also beides: Der Herr hat den Namen des Vaters offenbart (Vers 6) und eine umfassende Botschaft vom Vater aus der Herrlichkeit in diese Welt gebracht. Diese Gläubigen, die Kinder Gottes werden durften, haben dieses Wort ebenfalls angenommen. Sie haben wirklich erkannt – Vers 8, wer liest nochmals? – „wahrhaftig erkannt“.
Sie haben sehr angenommen und wahrhaftig erkannt, dass Jesus vom Vater ausgegangen ist und haben geglaubt, dass der Vater ihn gesandt hat. Jawohl, er ist vom Vater ausgegangen, und der Vater hat ihn in die Welt gesandt.
Jetzt bittet der Herr ganz besonders für jene, die der Vater ihm geschenkt hat und die in dieser Welt weiterhin bleiben sollen, während der Herr Jesus aus dieser Welt weggeht. Das ist der große Gedanke in den weiteren Versen. Der Herr sieht, dass sie nun Anfechtungen und Konflikten ausgesetzt sind, und darum bittet er speziell für sie.
Deshalb wird dieses Gebet oft das Hohenpriesterliche Gebet genannt, weil der Herr für diese Erlösten betet, damit sie bewahrt bleiben. Lesen wir mal ganz speziell noch Vers 15: „Du nimmst sie nicht aus der Welt, sondern bewahrst sie vor dem Bösen.“ Jawohl, darum geht es.
Sie sollen in der Welt bleiben und die Botschaft, die der Herr Jesus als Sohn Gottes in die Welt gebracht hat, in der ganzen Welt verbreiten.
Der Missionsauftrag und Bewahrung der Gläubigen
Der Herr Jesus hat sein Wort nur in einem geografisch sehr begrenzten Raum verkündet. Hauptsächlich war das in Israel der Fall. Eine Ausnahme bildet zum Beispiel die Begebenheit, als er zwischendurch bis in den Libanon ging. In Matthäus 15 kommt eine kanaanäische Frau zu ihm und bittet wegen ihres Sohnes. Dort war der Herr tatsächlich in libanesisches Gebiet gegangen, aber nur sehr begrenzt.
Seinen Nachfolgern hat der Herr Jesus jedoch den Missionsauftrag gegeben, das Evangelium bis ans Ende der Welt zu verbreiten. Dadurch versteht man vielleicht besser, warum Jesus in Johannes 14, Vers 12, sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.“
Man beachte, dass er nicht von „Zeichen“ oder „Wundern“ spricht, sondern von „Werken“. Dies wird oft eingeschränkt verstanden. Wenn man jedoch betrachtet, welche Zeichen und Wunder der Herr Jesus getan hat, fragt man sich, ob ein Apostel jemals diese übertroffen hat. Zum Beispiel die Auferstehung von Lazarus, der nach drei Tagen bereits verwest war, und das in einem heißen Klima.
Wenn wir jedoch an die „Werke“ denken, sehen wir, wie in der späteren Zeit, ab der Apostelzeit und auch in den folgenden Jahrhunderten, das Evangelium bis an die Enden der Erde verbreitet wurde. In einer Weise, wie der Herr Jesus selbst nie so viele Menschen erreicht hat. Nach den drei Jahren seines Dienstes waren nicht sehr viele Menschen bekehrt.
Wenn man an die späteren Jahrhunderte denkt, kommen unzählige Menschen zum Glauben. Allein heute in China rechnet man mit etwa 80 Millionen Bekehrten, die sich im Untergrund versammeln. Dies ist ein Werk des zwanzigsten Jahrhunderts, ein Missionswerk.
So wird verständlich, warum der Herr sagt, dass seine Nachfolger größere Werke tun werden als er. Jesus hat auch nicht die Bibel in andere Sprachen übersetzt. Er hätte das tun können, aber er hat es nicht getan. Ebenso hätte er sein Wort in der ganzen Welt bekannt machen können, doch auch das hat er nicht getan.
Er wollte seine Nachfolger in dieser Welt zurücklassen. Er selbst sollte zum Vater zurückkehren, aber sie sollten sein Werk, sein Verkündigungswerk, in der Welt weiterführen. Dabei brauchen sie besondere Bewahrung, wie wir gelesen haben: dass Gott sie vor dem Bösen bewahrt.
Hass der Welt und Heiligung durch die Wahrheit
Und in Vers 14 sagt er: Wer liest? „Ich habe Ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, denn sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.“
Jawohl, der Herr sieht, dass es massiven Hass und Ablehnung in dieser Welt geben wird. Trotzdem haben sie den Auftrag, in dieser Welt zu bestehen. Gerade dieser Druck von der Welt, dieser Hass, könnte leicht dazu führen, dass ein Nachfolger sich dem Zeitgeist anpasst.
Darum sagt der Herr: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“
Dieser Vers macht auch klar, dass das Kloster ein Irrweg in der Kirchengeschichte war. Es war ja eben quasi ein Rückzug, so als wolle man aus der Welt hinausgehen. Aber das war nicht der Auftrag des Herrn. Sie sollen in der Welt sein, aber bewahrt werden.
Ganz wichtig ist dann der Vers von der Heiligung, Vers 19: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.“ Und noch weiter: „Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt sind durch die Wahrheit.“
Jawohl, was heißt heiligen oder heilig? Heilig bedeutet abgesondert. Etwas, das heilig ist, ist reserviert für Gott. So einfach ist der Ausdruck. Heiligung bedeutet also, dass man sein Leben immer mehr für Gott reserviert und Dinge, die Gott nicht gefallen, aus seinem Leben entfernt.
Der Herr Jesus bietet also Heiligung an, weil sie in der Welt sind und in ständiger Konfrontation stehen. Diese Heiligung geschieht durch das Wort Gottes. „Dein Wort ist Wahrheit.“ Die Bibel ist das Mittel, durch das unsere Gedankenwelt korrigiert werden kann. So erkennen wir, was wir vom Zeitgeist angenommen haben und was eigentlich gottwidrig ist.
Indem wir uns durch das Bibellesen immer mehr auf Gottes Maßstab ausrichten und korrigieren lassen, findet eine fortgesetzte Heiligung statt.
Das Traurige ist, dass der heutige Trend unter Christen weg vom Bibelstudium hin zur Erfahrung geht. Doch dahinter steckt natürlich ein Programm. Wenn man von der Bibel weggeführt wird, auf welche Art auch immer, verliert man den Schlüssel zur Heiligung.
Nur mit praktischer Heiligung können wir Salz und Licht in dieser Welt sein. Sonst verlieren wir unsere ganze Schärfe als Salz.
Warnung vor vergeblicher Gnade
Ist das denn die Konsequenz in 2. Korinther 6,1, dass man der Gnade verloren gehen kann? Dort heißt es nicht, die Gnade gehe verloren, sondern man könne die Gnade vergeblich empfangen. Und es geht gerade um den Dienst für Gott.
Man kann das so erklären: Heute hat jeder von uns eine Bibel, und noch einige mehr dazu. In der Zeit der Reformation hingegen kostete eine Druckbibel sehr viel. Vor der Erfindung des Buchdrucks war eine Bibel etwa so viel wert wie ein Ritterschloss.
Durch den Buchdruck, insbesondere die Gutenbergpresse, konnte der Preis einer Bibel jedoch stark gesenkt werden – zunächst auf den Preis eines BMW. Es dauerte nicht lange, bis der Preis weiter sank und eine Bibel schließlich so viel kostete wie ein Kühlschrank.
Und was kostet uns das heute? Jeder besitzt eine Bibel. Das ist Gnade von Gott, die frühere Generationen nicht in diesem Maße hatten. Aber was machen wir heute damit, dass wir eine Bibel haben? Das ist Gnade von Gott, die wir unter Umständen vergeblich empfangen, wenn wir sie nicht auch in Anspruch nehmen.
Gerade im Zusammenhang mit dem Dienst für Gott wird in 2. Korinther 6,1 davor gewarnt, die Gnade Gottes vergeblich zu empfangen. Das ist nur ein Beispiel, aber man könnte diese Idee auch auf andere Bereiche ausweiten.
Judas Iskariot als Beispiel für den Sohn des Verderbens
Ja, wir sind gleich am Ende für heute. Vielleicht noch ein wichtiger Punkt: Vers zwölf. Dort haben wir das Negativbeispiel. Wer liest Vers zwölf noch?
„Als ich bei Ihnen war, warte ich Sie in meinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt wäre.“
Jawohl, hier geht es um Judas, einen der Zwölf. Jesus nennt ihn den Sohn des Verderbens – ein schrecklicher Titel, den nur noch ein anderer Mensch in der Bibel trägt, nämlich der Antichrist in 2. Thessalonicher 2.
Das Schlimme daran war, dass Judas unter den zwölf Aposteln war. Alle waren überzeugt, dass er ein Gläubiger sei, genauso wie die anderen. Wir haben das ja schon früher im Zusammenhang mit Johannes 15 erarbeitet und deutlich gesehen, dass Judas nie wiedergeboren war, während die Elf wiedergeboren waren.
Nun sehen wir, dass er zu Fall kam. Das war eine Erschütterung für die Jünger, dieses Erlebnis. Doch der Herr Jesus erwähnt das nochmals in seinem Gebet, in dem er für die Seinigen in der Welt betet. Er erwähnt auch wieder dieses Ereignis, wie der Sohn des Verderbens verloren ging, weil er nicht echt war.
Das ist auch für spätere Generationen ein Beispiel. In allen Generationen wird es immer wieder solche unter uns Gläubigen geben, von denen wir meinen, sie seien echt. Später wird sich jedoch zeigen, dass sie es nicht waren.
Das gehört zur Erfahrung des In-dieser-Welt-Seins und ist ein Zeugnis für den Herrn, in dieser Welt des Bösen zu leben.
Warum sagt er dann, dass er auch Judas erwählt hat? War das eine Fehlwahl? Nein, diese Erwählung hat nichts mit der ewigen Erwählung der Erlösten zu tun. Wir haben von Prädestination gesprochen. Der Herr hat Judas zum Dienst erwählt.
Und das hat er getan, um mit diesem Beispiel zu zeigen, dass es auch in späteren Zeiten immer wieder Unechte geben wird. Die Erschütterung der Jünger hat der Herr vorausgesehen.
In Johannes 13 spricht Jesus am Schluss über Judas, der ihn verraten wird, und auch über Petrus, der ihn verleugnen wird. Gleich darauf, in Johannes 14,1, sagt er: „Euer Herz werde nicht bestürzt; ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich.“
Der Herr zeigt mit diesem Beispiel, wie diese Erschütterung immer wiederkehren wird. Selbst Führer unter den Christen werden sich plötzlich als unecht erweisen.
Abschluss und Ausblick
Also, darum hat der Herr das gemacht, um damit ein Exempel zu zeigen.
Gut, ich würde sagen, nächstes Mal kommen wir nochmals auf Kapitel 17 zurück und fahren dann mit Johannes 18 weiter. Oder gibt es noch eine wichtige Frage, gerade zum Schluss?
Ja, bitte. Judas wollte eigentlich nicht so Jesus folgen, wie Jesus es vorgesehen hatte. Stattdessen wollte er seine eigene Vorstellung von Jesus verwirklichen. Es war letzten Endes Ungehorsam, ähnlich wie bei Adam, der den Apfel der Erkenntnis aß.
Ja, es war Ungehorsam, und es waren verschiedene Elemente beteiligt. Zum Beispiel auch Geldliebe. Das hatten wir ja schon in den früheren Kapiteln des Johannes-Evangeliums gesehen. Judas war ein Dieb und hat Geld aus der gemeinsamen Kasse der Apostel veruntreut.
Das ist natürlich auch wieder ein Paradebeispiel, das sich durch die ganze Geschichte der Kirche und Gemeinde zieht, wie Geld veruntreut wurde.
Aber der Herr hat das alles gewusst und zugelassen, um zu zeigen, wie es auch später sein würde. So werden diejenigen, die der Vater ihm gegeben hat, dadurch nicht erschüttert in ihrem Auftrag in dieser Welt, aber sie sind nicht von der Welt.
Herr Benocht, müssen wir eigentlich für unsere Mitmenschen, oder so, ganz anders beten? Und zwar so, dass – wie Sie gesagt haben – der Wille des Menschen gebunden ist und dieser gebundene Wille durch Christus gelöst wird?
Ja, genau. Eben in dem Sinn beten, dass dieser Zug des Heiligen Geistes verstärkt wird.
Wir haben ja auch schon früher gesehen: Der Herr Jesus sagt von sich, dass er gekommen ist, das Verlorene zu suchen. Er sagt vom Heiligen Geist in Johannes 16, dass er die Welt überführen wird von Sünde. Und in Johannes 6,44 heißt es: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe.
Der dreieine Gott ist bei jedem Menschen am Werk: Er überführt, sucht und zieht. Aber wenn der störrische Mensch diesem Werk Gottes bis zuletzt Widerstand leistet, dann geht er verloren – aus eigener Verantwortung, weil er nicht gewollt hat.
Ja, dann wollen wir noch zum Schluss beten.
