
Wir haben hier zunächst die Geschichte von der Speisung der Fünftausend, eine Erzählung, die wir auch aus den synoptischen Evangelien kennen: Matthäus, Markus und Lukas. Diese drei Evangelien werden Synoptiker genannt, weil sie aus einer gemeinsamen Perspektive berichten. Johannes hingegen hat oft eine andere Blickrichtung.
Interessant ist, dass diese Geschichte sowohl im Johannesevangelium als auch bei den Synoptikern parallel vorkommt, was eher selten ist. Nun stellt sich die Frage: Worin unterscheidet sich die Erzählung im Johannesevangelium deutlich von den anderen Evangelien?
Die Parallelstellen sind Matthäus 14,13-21, Markus 6,30-44 und Lukas 9,10-17. Ein auffälliger Unterschied ist, dass im Johannesevangelium erwähnt wird, dass die Menschen Jesus zum König machen wollten. Das ist ein Detail aus Vers 15, das in den anderen Evangelien nicht genannt wird.
Weiterhin werden im Johannesevangelium Philippus und Andreas erwähnt, was ebenfalls nicht in den Synoptikern auftaucht. Zudem wird das Wunder als Zeichen beschrieben.
Der wesentlichste Unterschied zeigt sich aber erst später im gleichen Kapitel, nämlich in der Lehre, die daraus gezogen wird. Im Johannesevangelium wird ausführlich erklärt, was dieses Wunder, dieses Zeichen der Brotvermehrung geistlich bedeutet.
Der Ausdruck „Zeichen und Wunder“, den wir auch im Alten Testament finden, heißt auf Hebräisch „Ot“ und „Mophét“. Diese Begriffe bedeuten gleichzeitig auch Warnung und Vorbild. Das zeigt uns, dass Wunder nicht nur außergewöhnliche Ereignisse sind, sondern auch eine geistige Bedeutung haben und auf etwas anderes hinweisen.
In den synoptischen Evangelien wird diese Bedeutung jedoch nicht gedeutet. Dort werden viele Wunder erzählt, ohne sie näher zu erklären. Im Johannesevangelium hingegen werden sieben einzelne Wunder ausgewählt. Für diese einzelnen Zeichen und Wunder wird dann eine tiefere Bedeutung herausgestellt.
Ein wichtiger Grundsatz, den wir ableiten können, ist folgender: Wenn in den Evangelien Matthäus, Markus und Lukas eine Geschichte nur erzählt wird, ohne dass eine Deutung erfolgt, bedeutet das nicht, dass diese Geschichte keine zusätzliche geistliche Bedeutung hat.
Das ist aus folgendem Grund wichtig: Manche Christen, insbesondere bibeltreue Christen, vertreten die Ansicht, dass man das Alte Testament nur dann typologisch oder bildlich auslegen darf, wenn diese Deutung im Neuen Testament ausdrücklich vorgenommen wird. Bezüglich des Neuen Testaments sagen sie dann, dass eine solche typologische oder bildliche Auslegung überhaupt nicht erlaubt sei. Ihrer Meinung nach gibt es also typologische Auslegungen nur im Alten Testament, und nur bestimmte Geschichten werden im Neuen Testament selbst so gedeutet – zum Beispiel in Galater 4, wo die Geschichte von Abraham, Hagar und Sarah geistlich interpretiert wird. Andere Beispiele gibt es ebenfalls. Aber vom Neuen Testament selbst sagen sie, dass man es nicht typologisch auslegen darf.
Hier stellt sich die Frage: Darf man nur die Geschichten im Alten Testament geistlich deuten, die im Neuen Testament auch tatsächlich gedeutet werden? Es bringt wenig, hier einfach mit Ja oder Nein zu antworten. Vielmehr brauchen wir eine Begründung für die eine oder andere Sichtweise. Warum erzählt uns Gott oder bewahrt uns über Jahrtausende solche Geschichten auf, wenn sie für uns heute keine Deutung erfahren sollten?
Das bedeutet: Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben. Wo steht das? In 1. Korinther 10 heißt es: „Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen, damit wir nicht nach bösen Dingen gelüsten, gleich wie auch jene gelüsteten.“ (1. Korinther 10,6) Gerade in diesem Kapitel werden Ereignisse wie der Auszug aus Ägypten, der Durchzug durchs Rote Meer, das Essen des Mannah und das Trinken aus dem Felsen aufgegriffen. Der Fels wird in Vers 4 als Christus gedeutet: „Der Fels aber war Christus.“ Im gleichen Kapitel, Vers 11, heißt es: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Anmahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist.“
Das Neue Testament deutet also manche Geschichten im Alten Testament, aber zu sagen, dass diese Deutungen vollständig sind und dass man darüber hinaus nichts mehr deuten darf, würde bedeuten, dass das Neue Testament als ein vollständiger Kommentar des Alten Testaments verstanden werden müsste. Diesen Anspruch erhebt das Neue Testament jedoch nicht.
Dort, wo alttestamentliche Geschichten gedeutet werden, geschieht das, um zu zeigen, wie die Deutung zu verstehen ist. Im Galaterbrief etwa deutet Paulus die Geschichte von Abraham, Sarah und Hagar. Dabei macht er den Galatern den Vorwurf, dass sie diese Deutung nicht schon früher selbst entdeckt haben. In Galater 4,21 heißt es: „Sagt mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt: Hört ihr das Gesetz nicht? Denn es steht geschrieben, dass Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd und einen von der Freien. Aber der von der Magd war nach dem Fleisch geboren, der aber von der Freien durch die Verheißung. Was einen bildlichen Sinn hat. Denn diese sind zwei Bündnisse: eines vom Berg Sinai, das zur Knechtschaft gebiert, welches Hagar ist. Denn Hagar ist der Berg Sinai in Arabien und entspricht dem jetzigen Jerusalem.“
Hier wird also gesagt: „Sagt mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt, hört ihr das Gesetz nicht?“ Paulus macht ihnen den Vorwurf, dass sie beim Lesen des Gesetzes nicht erkannt haben, was die Geschichte von Hagar, Sarah und Abraham bedeutet. Er erklärt es ihnen nun. Wir sollten jedoch selbst beim Lesen die Bedeutung dieser Geschichten entdecken. Das Neue Testament gibt uns den Schlüssel und die Anleitung, wie wir das tun sollen.
So erhalten wir eine doppelt reichhaltige Belehrung aus dem Alten Testament. Ein weiteres Beispiel ist Johannes 6, wo ausführlich gedeutet wird, was das Zeichen der Brotvermehrung geistlich bedeutet. Auch das soll uns anspornen, die vielen Zeichen und Wunder in den synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas geistlich zu deuten. Das sollten wir tun, auch dort, wo das Neue Testament selbst keine Auslegung gibt.
Dies ist ein wichtiger Grundsatz der Bibelauslegung, der unsere Bibellektüre sehr bereichern kann, wenn wir ihn wirklich praktizieren.
Was ebenfalls auffällig ist: Johannes betont den Zeitpunkt, wann dieses Ereignis stattgefunden hat, nämlich kurz vor dem Wasserfest. Es wird also mit dem Passafest verknüpft. Das ist aus folgendem Grund wichtig: Das Passafest steht in Verbindung mit welcher Ernte? Mit der Gerstenernte. Die Weizenernte folgt erst beim Pfingstfest.
Man durfte keine Gerste ernten bis zum Tag des Erstlingsfestes, das in die Passawoche fiel. In 3. Mose 23 wird das Passa zeitlich genau angesetzt, speziell in den Versen 4 bis 8. Ab Vers 9 heißt es: „Und der Herr redete zu Mose: Rede zu den Söhnen Israel und sage zu ihnen: Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, und ihr seine Ernte erntet, dann sollt ihr die Gabe der Erstlinge eurer Ernte zum Priester bringen. Er soll die Gabe vor dem Herrn schwingen, zum Wohlgefallen für den Herrn. Am anderen Tag nach dem Sabbat soll der Priester sie schwingen, und an dem Tag, an dem ihr die Gabe schwingt, sollt ihr ein einjähriges Lamm ohne Fehler als Brandopfer für den Herrn opfern.“
Dieses Fest ist also nicht auf einen bestimmten Monatstag festgelegt, sondern wird gerade im Anschluss an das Passa erklärt. Die Gabe der Erstlinge soll am Tag nach dem Sabbat jeweils dargebracht werden. Dadurch verschiebt sich das Datum immer ein wenig, aber es fällt stets genau in die Passawoche und wird am Sonntag, dem Tag nach dem Sabbat, dargebracht.
So hat dieses Fest mit der Erstlingsgabe der Gerstenernte die allgemeine Ernte eröffnet. Vor diesem Ereignis durfte man nichts ernten. Die Erstlinge mussten zuerst dargebracht werden, danach durfte geerntet werden. Die Passawoche markiert also die Gerstenernte.
Daher ist es nicht zufällig, dass in Johannes 6, Vers 9 ein kleiner Knabe erwähnt wird, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat. In Vers 13 wird berichtet, dass sie zwölf Handkörbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten sammelten.
Alttestamentlich ist auch der enge Zusammenhang zwischen Passa und Manna zu sehen. In 2. Mose 12 wird das Passa in Ägypten und der Auszug beschrieben. Kapitel 14 berichtet vom Durchzug durch das Rote Meer, Kapitel 15 ebenfalls. In Kapitel 16 erscheint zum ersten Mal das Manna, das Brot vom Himmel.
So sind in der biblischen Geschichte Passa und das Brot vom Himmel eng miteinander verknüpft. Diesen Zusammenhang finden wir auch hier wieder.
Es wird uns auch gesagt, dass diese lange Predigt, die uns überliefert ist, an einem bestimmten Ort stattgefunden hat, nämlich in Kapernaum. Aber in welcher Synagoge genau? Wo steht das?
Zum Beispiel in Vers 24, ja, und auch in Vers 17, aber ganz ausdrücklich in Vers 59. Wer liest? Dort steht: „Diese sprach er in der Synagoge Lehren zu Kapernaum.“ Jawohl, Kapernaum ist die Stadt des Herrn Jesus. Wo wird sie so genannt? Irgendwo steht, dass es seine Stadt ist. Ja, ja, wo genau? Im Matthäus-Evangelium, dort wird sie so bezeichnet.
Liest du gleich, Alfred? Vers 1: „Und er stieg in das Schiff, setzte über und kam in seine eigene Stadt.“ Jawohl, warum heißt sie seine eigene Stadt? Es heißt auch irgendwo vorher, dass er dort wohnte, wahrscheinlich im Jahr genau. Ja, genau, vor seinem öffentlichen Dienst. Mit dreißig Jahren ist der Herr von Nazareth nach Kapernaum umgezogen und nahm dort seinen Wohnsitz. Das steht in Matthäus 4, Verse 12 und 13. Kann das jemand vorlesen? Alfred, vielleicht noch einmal du?
„Als er aber gehört hatte, dass Johannes überliefert worden war, entwich er nach Galiläa, und er verließ Nazareth und kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt.“ Ja, genau.
Also, es sind drei Städte, die ganz wichtig sind: Der Herr ist geboren in Bethlehem, dann aufgewachsen in Nazareth und schließlich war Kapernaum die Stadt seines Dienstes. Auch die Namen dieser Städte haben eine wichtige Bedeutung.
Was bedeutet Kapernaum? Das Dorf des Trösters. Ja, auf Hebräisch? Kwa Nachum. Kwa bedeutet Dorf, Kapernaum ist einfach die griechische Aussprache von Kwa Nachum, dem Dorf des Trösters. Von dort aus begann der Herr seinen öffentlichen Predigdienst, einen prophetischen Dienst des Trostes.
Bethlehem, die Geburtsstadt des Herrn – welche Bedeutung hat Bethlehem? Aus Gottes… Wie? Aus Gottes? Nein, das wäre Bet-el. Bethlehem bedeutet Brothaus oder Brothausen. Ja, Brothausen. Bet heißt Haus und Lechem bedeutet Brot. Dort ist der geboren worden, der schließlich sagen konnte: „Ich bin das Brot aus dem Himmel“ (Johannes 6, Vers 32). Das ist sehr eindrücklich.
Übrigens, wie kam Bethlehem wohl zu diesem Namen? Durch die Getreidefelder, die dort angebaut wurden. Ja, die Getreidefelder rund um Bethlehem. Und das ist umso eindrücklicher, weil Bethlehem genau am Rande der jüdischen Wüste liegt. Wenn man Bethlehem von oben sieht, sind dort diese fruchtbaren Felder gerade um Bethlehem, und dann beginnt die unfruchtbare Wüste. Darum wird dort die Fruchtbarkeit umso akzentuierter und anschaulicher.
Vielleicht noch ganz kurz zu Nazareth: Was bedeutet der Name Nazareth? Er kommt von Nezer. Nezer bedeutet Spross oder Zweig. Man könnte es mit Zweiglingen oder Sprosslingen übersetzen. Von ihm wurde gesagt, er werde Spross heißen. Wo steht das? Ja, zum Beispiel ganz ausdrücklich in Sacharja. Sacharja 3, Vers 8 am Schluss verheißt den kommenden Messias: „Denn siehe, ich will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen.“ Jawohl, dort wird das hebräische Wort Zähmach gebraucht. Das Wortspiel war für jüdische Ohren klar, wenn man überall von Jesus dem Nazaräer, Jesus von Nazareth sprach. Er wurde eben Spross genannt.
Das betont auch Matthäus am Schluss von Kapitel 1, dass der Herr in Nazareth aufgewachsen sei, damit erfüllt werde, was durch die Propheten gesagt ist: „Er wird Nazaräer genannt werden.“ Matthäus 2, Vers 23.
Gut, jetzt haben wir die Bedeutung dieser drei Städte: Kapernaum ist gewissermaßen die Stadt des prophetischen Dienstes des Herrn. Dort hat er erklärt, dass er, der Mann aus Bethlehem, das Brot aus dem Himmel ist – eine Trostpredigt aus Kapernaum, dem Dorf des Trösters.
Jetzt haben wir in unserem Text noch ein zweites Zeichen eingeschlossen, außer der Brotvermehrung, nämlich das Laufen auf dem See. Ja, genau. Oder das Nichtbenutzen eines Schiffes. Dieses Zeichen wird jetzt irgendwie nicht so ausgelegt. Aber was hat das wohl zu bedeuten?
Die Gegenwart Jesu in Schwierigkeiten – in allen Schwierigkeiten –, dass er einfach da ist. Ja, gut, das kommt aber mehr zum Ausdruck, zum Beispiel in Matthäus 14. Dort wird berichtet, wie die Jünger in Not gerieten und Angst hatten. Plötzlich erscheint der Herr auf dem Wasser und befreit sie aus der Not. Das wird hier weniger betont als in Matthäus. Aber Jesus kann überall sein. Ja, genau, das ist der Sinn dieser Geschichte.
Wenn Johannes das so erwähnt, eben gerade im Zusammenhang, also richtig eingebettet zwischen dem Zeichen der Brotvermehrung und der geistlichen Deutung der Brotvermehrung, dann wird jetzt noch diese Geschichte eingefügt. Wir fragen uns, was das bedeutet und was der Heilige Geist damit sagen will, dass Johannes das hier so einschieben musste.
Hat da jemand einen Gedanken? Ich denke, ein Mensch kann eben nicht überall sein. Das kann nur Gott. Und vorher war das Wunder ja auch ein göttliches Zeichen. So ist das eigentlich noch eine Bekräftigung: Jesus will damit sagen, ich bin eben nicht Mensch, sondern Gott. Die Leute haben sich ja gewundert: Wie ist das möglich? Er ist ja nicht mit dem Schiff über den See gegangen, und dann ist er doch plötzlich in Kapernaum. Sie fragen sich, welchen ungewöhnlichen Weg dieser Mensch gegangen ist.
Es geht um den Weg Jesu, der überhaupt nicht mit menschlichen Maßstäben gemessen werden kann. Der Herr erklärt dann in seiner Predigt in Kapernaum, dass er das Brot aus dem Himmel ist. Er ist vom Himmel herabgekommen. Das ärgert die Leute, vor allem die führenden Juden. In Vers 41 heißt es: "Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist." Und sie sagten: "Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie sagt denn dieser, ich bin aus dem Himmel herabgekommen?"
Sie fragen sich also über seine Herkunft. Er ist doch ein ganz gewöhnlicher Jude wie alle anderen. Wir wissen genau, wie seine Eltern heißen. Und er sagt, er sei vom Himmel gekommen. Das entspricht genau dieser Verwunderung: Er ist da in Kapernaum. Wie ist er dorthin gekommen? Alle normalen Leute, wenn sie über den See kommen, haben wenigstens ein Schiff, auch die von Tiberias hier, alle mit Schiff.
Das ist wohl die besondere Bedeutung: Der ungewöhnliche Weg des Herrn wird mit diesem Zeichen ausgedrückt, um zu verdeutlichen, dass er ganz anders ist. Er ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Er ist einen Weg gegangen, den kein Mensch je gegangen ist und auch überhaupt gehen könnte.
In dieser Geschichte wird also der Akzent auf etwas ganz anderes gesetzt. Wenn wir in Matthäus 14 lesen, liegt der Schwerpunkt darauf, dass die Jünger allein auf dem See Genezareth sind. Es kommt ein Sturm, ein berühmter Sturm, wie er oft im See Genezareth vorkommt. Plötzlich peitscht der Wind über die Golanhöhen auf die Fläche des Sees herab. Da kann es ganz plötzlich zu einem schrecklichen Sturm kommen. Dann erscheint der Herr und rettet sie.
Vorher wird betont, dass der Herr für sie gebetet hat, nämlich auf dem Berg. So illustriert Matthäus 14 eigentlich die Geschichte, wie der Herr weggehen sollte, um im Himmel für die Seinen zu beten. Heute ist der Herr im Himmel als Mensch und betet für sein Volk. Aber wir müssen als Gläubige durch die Schwierigkeiten und Gefahren des Lebens dieser Welt hindurchgehen – in diesem Schiff.
Wir können in größter Not geraten, aber plötzlich erscheint der Herr. Das ist ein Hinweis auf die Wiederkunft Christi. Der Herr wird wiederkommen auf ganz ungewöhnliche Weise. Es ist ein ungewöhnlicher Weg auf dem Wasser, und er bringt die Jünger dann gleich zum Ziel, an das sichere Ufer. Das ist der heilsgeschichtliche Aspekt.
Ganz genau: Der heilsgeschichtliche Aspekt steht hier in Verbindung mit der Wiederkunft Christi. Während wir hier den heilsgeschichtlichen Aspekt in Verbindung mit dem ersten Kommen Christi haben.
Jetzt kann man das ja auch für sich ganz persönlich in Anspruch nehmen. In den Schwierigkeiten des Lebens kann ich damit rechnen, dass der Herr das sieht und eingreift. Oder dass er erst später eingreift. Eine Geschichte kann ganz verschiedene Aspekte haben und geistliche Belehrungen enthalten.
So werden wir ermutigt, wie wir mit den Geschichten in den Evangelien umgehen müssen. Zuerst müssen wir ihre wörtliche, historische Bedeutung sehen. Die steht fest. Dann kommt die geistliche Bedeutung hinzu, bei der wir die Geschichten von ganz verschiedenen Aspekten her beleuchten können. Das macht das Lesen der Evangelien so reichhaltig und gewinnbringend.
Gut, jetzt machen wir ein bisschen weiter in Johannes 6,22. Da kommt eben die Volksmenge, sie suchen Jesus. Der Herr fordert sie heraus und sagt: Ja, euch interessiert einfach nur, dass ihr da Brot essen konntet. Aber ihr solltet eigentlich über dieses nur gerade momentane Gesättigtwerden durch Brot hinauskommen.
Wichtig ist, dass ihr die Speise kennt, die bleibt ins ewige Leben (Johannes 6,27). Sie reagieren dann, dass sie quasi zu dem Volk gehören, das von Mose damals das Manna bekommen hat. Das nimmt dann der Herr auf, diesen Gedanken vom Manna aus dem Himmel, und erklärt, dass auch dieses Brot damals, das Gott nach dem Passa aus Ägypten gegeben hat, eben auf ihn hinweist.
Dieses Brot ist nun wirklich damals vom Himmel her gekommen, aber auch das war nicht das Eigentliche. In seiner geistlichen Bedeutung weist es eben auf ihn hin.
Wo wird das gesagt? Ist das Vers 32? Ja, ja, lies gerade: Da sprach Jesus zu ihnen: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, nicht Moses hat euch das Brot aus dem Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahrhaftige Brot aus dem Himmel. Denn das Brot Gottes ist der, welcher aus dem Himmel herniederkommt und der Welt das Leben gibt" (Johannes 6,32-33).
Jawohl, also das eigentliche Brot aus dem Himmel war nicht das Passa, war nicht das Manna. Das war nur quasi ein bildlicher Hinweis auf dieses wirkliche Brot aus dem Himmel.
Übrigens, wenn es da heißt „das wahrhaftige Brot“ (Vers 32 am Schluss), aus dem Himmel – was bedeutet „wahrhaftig“? Was wäre der Gegensatz zu wahrhaftigem Brot? Schein. Wie? Schein. Nein, bildlich. Das, was nicht wirklich ist. Wir würden doch sagen, wahrhaftig ist das Gegenteil von verlogen, oder? Aber es ist tatsächlich so: Wahrhaftig hat hier den Sinn von „eigentlich“, im Gegensatz zum Bildlichen.
Wie können wir das noch besser beweisen aus dem Johannesevangelium? Wieso aus dem Johannesevangelium? Aus dem Hebräerbrief? Ja, besser aus dem Johannesevangelium, denn das ist derselbe Autor, oder? Aber mit Johannes 4? Ja, was? Das Wasser am Jakobsbrunnen? Ja, aber es steht von wahrhaftigem Wasser. Ja, schon in Johannes 4, Vers 23. Es geht da um die Frage des Gottesdienstes im Tempel zu Jerusalem – wahrhaftige Anbeter.
Lesen Sie Vers 23: „Es kommt aber die Stunde und ist schon jetzt da, da die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn in Geist und Wahrheit anbeten.“
Jawohl, die wahrhaftigen Anbeter stehen nicht im Gegensatz zu den verlogenen Anbetern, sondern das sind die eigentlichen Anbeter – im Gegensatz zu dem bildlichen Gottesdienst in Jerusalem mit den Opfern. Der eigentliche, nicht mehr der bildliche, sondern der eigentliche. Darum die wahrhaftigen Anbeter, das wahrhaftige Brot.
Wir haben noch mehr: Wahrhaftige Speise und Trank? Ja, wo? Du hast immer 50 Grad? Sechs fünf und fünfzig, lies noch mal vor: „Denn mein Fleisch ist wahrhaftig Speise und mein Blut ist wahrhaftig Trank.“
Jawohl. Noch mehr? Der wahre Weinstock, Johannes 15. Johannes 15, Vers 1: „Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner.“
Jawohl, was ist der Gegensatz zum wahren Weinstock? Nach Psalm 80, Vers 8 hat Gott Israel aus Ägypten geholt als einen Weinstock, der Frucht bringen sollte. Aber dieser Weinstock hat nur gewuchert und keine Frucht gebracht.
Und so kommt der Herr Jesus, der alte Messias, der nun wirklich für Gott Frucht brachte. Darum konnte er sagen: Ich bin der wahre Weinstock, der Eigentliche, der nun die Frucht bringt, die Israel nicht gebracht hatte.
Also können wir aus dem Johannesevangelium selbst sehen, was „wahrhaftig“ da zu bedeuten hat: das Eigentliche, auf das es Männer eben nur bildlich hinwies.
Übrigens, noch zur Bezeichnung dieser Speise, Manna: Was bedeutet dieses Wort? Was ist das? Wie kommt man darauf? Das hat Mose erklärt.
Im 2. Mose 16, als das Manna zum ersten Mal vom Himmel kam, kündigt Gott dies an. Wir können vielleicht lesen: 2. Mose 16,4: „Da sprach der Herr zu Mose: Siehe, ich werde euch Brot vom Himmel regnen lassen, und das Volk soll hinausgehen und den täglichen Bedarf an seinen Tagen sammeln.“
In Vers 14 heißt es: „Und die Tau-Schicht stieg auf, und siehe, da lag es auf der Fläche der Wüste, fein, körnig, fein wie der Reif der Erde.“ Die Kinder Israel sahen es und sprachen einer zum anderen: „Was ist das?“ Denn sie wussten nicht, was es war. Mose sprach zu ihnen: „Dies ist das Brot, das der Herr euch zur Nahrung gegeben hat.“
Dieser Satz „Was ist das?“ heißt auf Hebräisch im Grundtext „Man hu“. So gab man dieser Speise den Namen „Man“. Eine Frage: „Was?“ Und dann eine etwas abgeleitete Form dieses Namens ist im Neuen Testament „Manna“. Es ist also die Frage: „Was, was, was ist das?“
Wenn wir im Wort Gottes lesen und den Herrn Jesus suchen, können wir das ähnlich sehen. Von den Menschen heißt es ja in Johannes 6,24: „Sie stiegen in die Schiffe und kamen nach Kapernaum, Jesus suchend.“ Wenn wir die Heilige Schrift so lesen und nach ihm suchen, dann können wir auf jeder Seite fragen: „Man hu? Was ist das? Was hat uns das über die Herrlichkeit und die Pracht des Erlösers zu sagen?“
Wenn wir die Bibel so lesen, finden wir Christus schon auf der ersten Seite. Zum Beispiel im Licht, das in die Finsternis scheint. Das wird dann neutestamentlich in 2. Korinther 4 auf den Lichtglanz des Evangeliums im Angesicht Christi gedeutet.
Ganz wichtig ist auch ein Rückbezug zum letzten Mal Johannes 5,39. Was sagte der Herr zu den Pharisäern, den Schriftgelehrten? Dass die Schriften ihn bezeugen. Lesen wir den ganzen Vers: „Ihr erforscht die Schriften, denn ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen.“
In Vers 46 heißt es: „Denn wenn ihr Mose glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie wollt ihr meinen Worten glauben?“
So finden wir ihn schon in den fünf Büchern Mose. Auch hier haben wir wieder einen ganz klaren Hinweis, dass wir bereits in den fünf Büchern Mose den Herrn suchen sollen – auch dort, wo das im Neuen Testament nicht so deutlich gedeutet wird.
Es ist vier Uhr, und wir machen zwanzig Minuten Pause.
Wir haben bereits gesehen, dass in Vers 59 erklärt wird, dass diese Rede über das Brot aus dem Himmel vom Herrn in der Synagoge zu Kapernaum gehalten wurde.
Interessant ist, dass diese Synagoge Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Damsege-Nezareth von den Franziskanern ausgegraben wurde. Dabei kam ein ziemlich umfangreicher Überrest einer Synagoge aus Kalkstein ans Licht. Man datiert sie im Allgemeinen auf das dritte oder vierte Jahrhundert nach Christus.
Besonders bemerkenswert sind die Fundamente, in denen die Überreste einer Basaltsynagoge aus Basaltgestein zu erkennen sind. Die Gegend um Sege Nezareth ist sehr reich an vulkanischem Basaltgestein. Diese Überreste stammen von der Synagoge aus dem ersten Jahrhundert.
Offensichtlich erlebte Kapernaum später einen wirtschaftlichen Aufschwung. So konnten die Juden im dritten oder vierten Jahrhundert den teuren Kalkstein von anderswo herbringen. Die schlichte Synagoge aus dem ersten Jahrhundert befand sich genau darunter. Es war üblich, solche Gottesdiensthäuser immer wieder am gleichen Ort aufzubauen. Deshalb sind die Fundamente an genau der Stelle erhalten geblieben, an der die Synagoge stand, in der der Herr gepredigt hat.
Es ist also sehr eindrücklich, dass man ganz konkret sagen kann: Hier hat der Herr diese Worte gesprochen.
Jetzt fällt allerdings auf, wenn wir diese Rede anschauen, dass es darin ständig einen Dialog gibt. Zum Beispiel in Vers 29: "Jesus antwortete und sprach zu ihnen." Das ist eine Antwort auf Vers 28, wo es heißt: "Da sprachen sie zu ihm." Dann in Vers 30 wieder: "Da sprachen sie zu ihm." Und der Herr gibt eine Antwort. In Vers 32 heißt es: "Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch."
In Vers 34, nachdem er über das Brot vom Himmel gesprochen hat, sagen sie zu ihm: "Herr, gib uns allezeit dieses Brot!" Oder in Vers 41: "Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte, ich bin das Brot!" So geht es weiter, zum Beispiel auch in Vers 52: "Die Juden stritten nun untereinander und sagten: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?"
Wie soll man sich das vorstellen? Auf keinen Fall als Kannibalismus. Ich weiß nicht warum, aber wenn das eine Predigt ist und da inzwischen auch gesprochen wird – das war eine Bibelklasse.
Schlagen wir mal auf in Apostelgeschichte zwanzig. Dort wird ein Gottesdienst in Troas beschrieben, am Sonntag. Apostelgeschichte 20,7: "Wer liest?" – "Unterredete sich Paulus mit ihnen, indem er am folgenden Tage abreisen wollte; er verzog aber das Wort bis Mitternacht." Jawohl, "unterredete sich." Was haben andere Übersetzungen? Zwanzig, Vers 7. Hat jemand eine andere Übersetzung als "unterreden"? Dann vielleicht noch Vers 9: "Ein gewisser Jüngling aber mit Namen Eutychus saß im Fenster und wurde von einem tiefen Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiter redete."
Hat jemand das anders übersetzt in seiner Bibel? "Während Paulus noch weiter redete" oder "sich unterredete"? Ja, genau. Im Griechischen steht Dialegomai, also "einen Dialog führen". Das finden wir noch anderswo, nur zwei Beispiele. Es war also nicht ungewöhnlich, dass man auch bei der Predigt in der Gemeinde einen Dialog führte. Das belebt natürlich.
Das erklärt zum Beispiel auch 1. Korinther 14,34: "Wer liest?" – "Eure Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern unterwürfig zu sein, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen, denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden."
Noch ein bisschen weiter: "Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen, oder ist es zu euch allein gelangt? Wenn jemand sich dünkt, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, was ich euch schreibe, dass es ein Gebot des Herrn ist. Wenn aber jemand unwissend ist, so sei er unwissend."
Hier geht es um die Ordnung in den Versammlungen, also bei den Zusammenkünften als Gemeinde. Nicht jede Zusammenkunft von Christen ist eine Gemeindezusammenkunft. Ein Hauskreis ist keine Gemeindezusammenkunft, und eine Hausandacht schon gar nicht. Eine Bibelklasse ist auch keine Gemeindezusammenkunft. Aber dort, wo man als Gemeinde zusammenkommt, wird diese Einschränkung gemacht: Die Frauen sollen schweigen.
Vers 35 sagt nun nicht: Wenn sie aber etwas lehren wollen, sollen sie in der Gemeinde nichts lernen. Es geht darum, dass wenn in den Gemeindezusammenkünften durch Zwischenfragen ein Dialog geführt wird, das in der Gemeinde nicht so geschehen soll. Dann sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen.
Es wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass auch in den Gemeindezusammenkünften, auch während der Predigt, ein Dialog möglich ist. Das wurde bereits in der Synagoge so praktiziert. Im Talmud heißt es, die Frauen sollen nicht in die Synagoge gehen, um zu lernen, sondern um zu hören. Das ist komisch, oder?
Der Ausdruck "in die Synagoge gehen, um zu lernen" bedeutet "Lernen durch öffentliches Fragen". In der Synagoge haben die Frauen nicht aktiv teilgenommen, sie haben zugehört, aber die Männer haben Fragen gestellt. So war das auch in der Synagoge in Kapernaum ganz normal. Der Herr hat zwar die Predigt gehalten, aber da wurde dann im Dialog gesprochen.
Diesen Satz kann man also nicht dafür hernehmen, um zu sagen, Frauen dürften in öffentlichen Gottesdiensten gar nicht das Wort ergreifen, so wie das heute oft verstanden wird, zum Beispiel Einleitungen machen und so weiter. Nein, in den Gemeindezusammenkünften ist das nicht möglich.
Aber wenn der Herr draußen gepredigt hat, war das nicht im Rahmen eines Synagogengottesdienstes. Dann sind wir in den Evangelien wieder plötzlich bei einer Frau mit einem Zwischenruf: "Glückselig die Frau, die dich gestillt hat!" Und der Herr geht darauf ein und sagt: "Ja, glückselig sind die, die das Wort Gottes hören und tun!"
Vielleicht habe ich das nicht ganz richtig verstanden, wie ich es meinte, denn dieser Satz wird doch oft genommen, um zu sagen, Frauen haben im öffentlichen Gottesdienst keine öffentlichen Funktionen auszuführen, wie zum Beispiel Einleitungen machen. Kann man diesen Satz dazu hernehmen? Ja, klar. Aber hier ist doch gemeint, dass sie während der Predigt keine Fragen stellen sollen, oder?
Prinzipiell wird in Vers 34 gesagt: "Eure Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden." Würden Sie das heute genau so sehen? Ja, aber nur für den Gottesdienst, also die Zusammenkunft als Gemeinde.
Man kann es überziehen, indem man daraus ein allgemeines Schweigeverbot macht, dass Frauen überhaupt nichts sagen dürfen. Das ist nicht so. Andere ziehen es in die andere Richtung und sagen, sie können überall sprechen. Wichtig ist, hier steht nicht einfach, die Frauen sollen schweigen, sondern sie sollen schweigen in den Versammlungen.
Das ist kein Widerspruch zu 1. Korinther 11, wo es heißt, in Vers 5: "Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt." Da wird davon ausgegangen, dass eine Frau betet oder weissagt.
In manchen Bibelübersetzungen heißt es dann im Titel über das Verhalten im Gottesdienst, aber das ist ein völlig falscher Titel. Hier in 1. Korinther 11 geht es überhaupt nicht um die Frage von Gottesdienst oder Nicht-Gottesdienst, sondern es werden prinzipielle Dinge über die Stellung von Mann und Frau behandelt.
Eine Frau kann weissagen und beten, aber nicht überall. 1. Korinther 14 macht eine Einschränkung für die Gemeindezusammenkünfte. Das wird sogar in Vers 35 verdeutlicht. Es geht da nicht nur ums Lehren oder einen Beitrag geben, sondern sogar ums Fragenstellen.
Hat Paulus irgendwann auch mal eine Begründung dafür abgegeben? Ja, gleich hier. Interessant ist, er sagt nicht: "So ist es ja auch in der Synagoge." Das bringt er nicht als Begründung, sondern seine Begründung ist Vers 35b: "Denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden." Also wiederholt er, dass es nicht erlaubt ist, in der Versammlung zu reden.
Dann wird in Vers 36 ironisch gefragt: "Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen, oder ist es zu euch allein gelangt?" Er sagt damit, alle anderen Gemeinden machen es so, dass die Frauen schweigen.
Übrigens sollte man die Satzeinteilung so machen, dass Vers 33 am Schluss noch zu Vers 34 gehört: "Wie in Gemeinden der Heiligen sollen eure Frauen schweigen in den Versammlungen." Das ist nicht in allen Übersetzungen gleich, aber eigentlich sollte das zum nächsten Vers gehören.
Das erklärt dann Vers 36: "Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Ihr in Korinth macht das anders. Ist es vielleicht so, dass in Korinth Gott gesprochen, eine Offenbarung gegeben hat, und wir wissen einfach noch nichts davon? Oder zweite Möglichkeit: Ist es zu euch allein gelangt? Vielleicht hat Gott es irgendwo anders gesagt, dass die Frauen im Gottesdienst sprechen dürfen, aber es ist nur nach Korinth gekommen, und alle anderen Christen wissen nichts davon."
Dann sagt er weiter in Vers 37: "Wenn jemand sich dünkt, ein Prophet zu sein oder geistlich, das heißt durch den Heiligen Geist geleitet, so erkenne er, was ich euch schreibe, dass es ein Gebot des Herrn ist." Also ein ausdrückliches Gebot des Herrn. Er sagt, wenn jemand durch den Geist geleitet wird, dann realisiert er, dass es ein Gebot des Herrn ist.
Kann man das umdrehen? Wer das nicht realisiert, der ist nicht geistlich. Das ist ziemlich hart, oder?
Noch eine Frage zum Inhalt: Wenn man den Text liest, ab Vers 34 – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Zusammenhang liest, in dem es vorher geht, zum Beispiel ab Vers 26, da geht es letztlich um das, was wir heute Predigt nennen.
Wenn von euch jemand spricht, hat der eine eine Lehre, der andere einen Psalm zum Beispiel. Dann heißt es in der Mitte, Vers 29: "Propheten, aber lasst zwei oder drei reden, die anderen lassen urteilen." Das würde ich heute als Predigt bezeichnen.
Gut, es geht eigentlich über die Predigt hinaus, denn es kann auch ein viel kleiner Beitrag sein, zum Beispiel Vers 26: "So hat ein jeder von euch einen Psalm." Das wäre quasi ein Lied. Also das ist überhaupt keine Predigt.
Gut, aber das letzte Thema, um das sich dieser Abschnitt handelt, ab Vers 29, ist zumindest Predigt. Jetzt muss man aber sagen, okay, und dann sagt er im Folgenden, die Frauen aber sollen nicht predigen, also schweigen in Bezug auf die Predigt.
Das sollte dann ja synchron sein zu dem, was im Timotheusbrief heißt, wo es heißt, "Ich möchte aber nicht, dass die Frauen lehren." Wenn er jetzt auch nicht wollte, dass die Frauen beten, würde man nicht dort erwarten, dass dann steht: "Nicht lehren und auch nicht beten"?
Ja gut, aber 1. Korinther 14 ist ja ein Abschnitt über den Gebrauch der Gaben in der Gemeinde. Dort geht es sehr oft ums Beten, zum Beispiel Vers 13: "Wer in einer Sprache redet", Vers 15: "Was ist es nun? Ich will beten mit dem Geist, aber ich will auch beten mit dem Verstand. Ich will Loblieder singen mit dem Geist, aber ich will Loblieder singen mit dem Verstand."
Es geht ganz umfassend über alle möglichen Beiträge wie Gebet, Lied oder sogar, er sagt, ein so kurzer Beitrag: "Ich möchte lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand, auf dass ich auch andere unterweise, als zehntausend Worte in einer Sprache."
Der Beitrag kann so kurz sein, fünf Worte, das ist wirklich keine Predigt. "Der Herr ist mein Hirte." Aber im richtigen Moment als Beitrag kann das unter die Haut gehen.
Darum umfasst die ganze Linie alles: Gebet, ein Kurzbeitrag von fünf Worten, Lied, eine Weissagung. Und dann wird hier angefügt: "Nun, was die Frauen anbetrifft, sollen sie nicht reden." Ja gut, sollen sie schweigen.
Wenn jemand nicht weiß, was "schweigen" heißt, dann sagt er noch: "Nicht erlaubt zu reden." Dann könnte man sich sagen, ja gut, aber wenigstens eine Frage stellen, das ist ja wirklich das Untertänigste, was es gibt.
Dann sagt er: "Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim fragen." Also das ist schon sehr stark. Und dann eben: "Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen, darum ist es bei euch ein bisschen anders, oder nur zu euch gekommen?"
Übrigens, wenn jemand ein Prophet zu sein meint oder geistlich ist, dann erkennt er, dass es ein Gebot des Herrn ist. Und dann Vers 38: "Wenn aber jemand unwissend ist, so sei er unwissend."
Der Ausdruck "Gebot des Herrn" – worauf spielt er da wohl an? Weil ein konkretes Gebot in den Evangelien findet man, denke ich, nicht, oder?
Nein, aber das wurde offensichtlich durch die Apostel in allen Gemeinden gelehrt. Darum muss er ihnen ja sagen, bei euch ist es anders als überall. Das war auch in der mündlichen Verkündigung der Apostel, die das als Offenbarung vom Herrn bekommen hatten, als Gebot gelehrt worden.
Und jetzt hier haben wir es schriftlich im Neuen Testament niedergelegt.
Ich habe aber immer noch eine Frage: Gibt Paulus irgendwo eine Begründung dafür, weshalb Frauen sich zurückhalten sollen?
Ja, eine Begründung gibt es. Man kann sagen, der Herr hat es so befohlen. Es hängt damit zusammen, dass Gott offenbar festlegen wollte, dass sich darin zeigt, dass der Mann die Führung im Volk Gottes haben soll.
Ich habe das schon einmal ganz konkret erlebt: Ein Ehepaar mit Kindern in unserer Gemeinde. Er ist ein sehr zurückhaltender Mann. Er hätte nie irgendwo in einer Gemeinde begonnen, Beiträge zu machen, weil das normalerweise gar nicht möglich ist. Doch bei uns begann er, ganz kurze Beiträge zu halten. Er hätte richtig angefangen aufzublühen, weil es diese Möglichkeit überhaupt gab. Sonst wäre er in einer Gemeinde, in der es nur eine Predigt gibt, über Jahrzehnte einfach ein Stummer geblieben.
Die Frau konnte sehr gut reden und war ihm völlig überlegen. Sie konnte sich damit nicht abfinden. Aber in diesem Fall war es wirklich schön, einen Mann zu erleben, der der Frau völlig unterlegen war und nun einen Bereich hatte, in dem er wirken durfte, während sie dort nicht tätig sein konnte.
Ich meine, die geistlichen Betätigungsmöglichkeiten sind ja ohne Grenzen. Der Gottesdienst dauert vielleicht zwei Stunden pro Woche, aber insgesamt haben wir sieben mal vierundzwanzig Stunden. Frauen haben so viele Möglichkeiten, etwas vom Herrn und vom Wort weiterzugeben, und das sollen sie auch tun.
Gott wollte einfach eine Einschränkung festlegen. Das steht im Einklang mit der Praxis in der Synagoge. Paulus begründet das aber nicht mit der Synagoge, was ganz wichtig ist, sondern als Offenbarung von Gott.
Wir sehen, dass der Herr auch in der Öffentlichkeit predigte. Dort konnten Frauen dazwischen sprechen, was in der Synagoge nie möglich gewesen wäre. Zum Beispiel wurde die Frau, die vom Blutfluss geheilt wurde, vom Herrn vor einer großen Volksmenge gezwungen, Zeugnis abzulegen. Sie wollte das gar nicht, aber der Herr fragte: „Wer hat mich angerührt?“ Ein Jünger sagte: „Herr, du wirst so von der Volksmenge gedrückt, und dann fragst du, wer dich angerührt hat?“ Schließlich kam sie heraus und legte vor allen Leuten Zeugnis ab.
Das war möglich, aber in der Synagoge wäre das nicht möglich gewesen.
Ich frage Sie: Kann man die Begründung, dass Frauen nicht lehren sollen, mit dem Bezug auf Adam und Eva erklären? Kann man das heute noch so anwenden?
Nein, denn beim Lehren geht es in einem Atemzug auch darum, dass die Frau nicht über den Mann herrschen soll. Dort ist der Aspekt, der über den Gottesdienst hinausgeht: Die Frau hat zum Beispiel nicht die Aufgabe, in lehrmäßigen Fragen das Schlusswort zu sprechen.
Lehren bedeutet, in männlicher Autorität zu erklären, wie etwas gemeint ist. Darum hat Lehren etwas mit Führung zu tun, mit geistlicher Führung im Volk Gottes, und das soll nicht die Frau übernehmen.
Aber eigentlich sind wir ja in Johannes 6 von dem Punkt ausgegangen, dass bei der Predigt ein Dialog stattfand. Offenbar war das auch nach 1. Korinther so in der Gemeinde üblich. Es würde sich lohnen, wenn man diese Freiheit auch heute hätte, denn das könnte den Gottesdienst sehr beleben.
Manchmal können auch scheinbar dumme Fragen Dinge klären, die man bei der Predigt einfach übergeht, weil man denkt, alle verstehen es sowieso. Das stimmt aber nicht. Solche Fragen können manchmal Punkte provozieren, die sonst nicht geklärt worden wären.
So war es auch hier in Kapernaum. Dort kommen solche Fragen auf, und der Herr geht darauf ein. Er erklärt wunderbar, was es bedeutet, das Brot des Lebens zu sein. Dieses Brot muss man essen, also in sich aufnehmen.
Jetzt Vers 51, liest das jemand? Johannes 6,51: Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel hergekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, so wird er leben in Ewigkeit.
Das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot, das Brot.
Es geht mir jetzt um diesen Satz: „Wenn jemand von diesem Brot isst, so wird er leben in Ewigkeit.“
Und nun noch Vers 54: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben.“
Im griechischen Text gibt es hier einen wichtigen Unterschied. Das Wort „isst“ ist auf Deutsch in beiden Versen gleich. Doch im Griechischen stehen zwei verschiedene Zeitformen dahinter.
In Vers 51 ist es der Aorist. Der Aorist bezeichnet eine punktuelle Handlung. Das heißt, die Handlung wird als ein einmaliger, abgeschlossener Akt gesehen.
In Vers 54 ist die Verbform ein Durativ. Das bedeutet, die Handlung wird als fortdauernd oder sich wiederholend beschrieben.
Zur Veranschaulichung: Beim Aorist zeichnet man einen Punkt, beim Durativ eine Wellenlinie.
Im griechischen Verbalsystem drückt jede Form aus, ob die Handlung in der Vergangenheit oder Gegenwart stattfindet und ob sie punktuell oder dauerhaft gesehen wird. Es gibt sogar noch eine dritte Form, den Resultativ. Dabei wird die Handlung als ein Punkt in der Vergangenheit gesehen, dem aber eine fortdauernde Wirkung folgt.
Ein Beispiel dafür findet sich in 1. Korinther 15: Wenn dort steht „Christus ist auferstanden“ (Christos egegertai), ist das der Resultativ. Das heißt, Christus ist am dritten Tag nach seinem Sterben auferstanden und lebt jetzt.
In anderen Sprachen ist diese Unterscheidung oft nicht so klar. Bei einem französischen Kinderlager fragte ein Kind einmal: „Warum sagt ihr eigentlich immer ‚Jesus Christ est mort‘, Jesus Christus ist gestorben, er lebt doch jetzt?“ Denn „Jesus Christ est mort“ kann im Französischen auch bedeuten: Er ist tot und bleibt tot.
Im Griechischen hingegen gibt es feine Möglichkeiten, solche Bedeutungen genau auszudrücken.
Darum, wenn es in Vers 51 heißt: „Wenn jemand von diesem Brot isst“ – im Sinne einer punktuellen Handlung –, dann bedeutet das: Wenn jemand sich bekehrt und den Herrn Jesus Christus als das Brot des Lebens wirklich nicht nur schmeckt, sondern isst, also in sich aufnimmt als Erlöser, so wird er leben in Ewigkeit.
Das gibt Heilsgewissheit. Das ewige Heil hängt ab von der punktuell vollzogenen Bekehrung.
Eine halbe Bekehrung ist, wenn man das Brot nur in den Mund nimmt und es schmeckt. Zum Beispiel wird in Hebräer 6 von solchen gesprochen, die das Wort Gottes geschmeckt haben und dann wieder abfallen. Das ist nicht dasselbe wie wirklich gegessen zu haben.
Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit.
Vers 54: „Wer mein Fleisch immer wieder isst und mein Blut immer wieder trinkt, hat ewiges Leben.“
Hier geht es nicht darum, wie jemand errettet wird, sondern um jemanden, der bereits ewiges Leben als gegenwärtigen Besitz hat. Das ist jemand, der sich tagtäglich geistlich von seinem Erlöser ernährt.
Diese Nuancen sind sehr wichtig. Sie werden erst durch genaues Beachten des Grundtextes deutlich.
Im Englischen gibt es eine Bibel, das Neue Testament, herausgegeben von Gleason Archer, genannt „Discovery Bible“. Dort ist bei jedem Verb im gesamten Neuen Testament ein Zeichen angegeben. So weiß man, ohne den Grundtext lesen zu können, ob die Handlung punktuell, durativ oder resultativ ist.
Deshalb heißt sie „Discovery Bible“, also Entdeckerbibel. Man kann so viele geistliche Schätze und Perlen entdecken, allein durch das Verbalsystem im neutestamentlichen Griechisch.
„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm.“ Das entspricht Vers 54. Wer immer wieder isst und immer wieder trinkt, bleibt fortdauernd in mir. Genau so ist es.
Jetzt habe ich noch eine Frage dazu. In der katholischen Kirche wird ja das Abendmahl als die tatsächliche Umwandlung in Fleisch und Blut verstanden. Bei den Protestanten hingegen ist das Abendmahl eher ein Gedächtnismahl.
Wie hat Jesus das gemeint mit den Worten: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt“? Wichtig ist, dass diese Aussage damals in Kapernaum gefallen ist, noch bevor Jesus später beim letzten Passa das Abendmahl eingesetzt hat. Hier macht er überhaupt keine Anspielung auf das Abendmahl, denn das gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Er erklärt vielmehr, dass er das Brot ist, das wahrhaftige Brot aus dem Himmel. Man muss ihn geistlich bei der Bekehrung in sich aufnehmen, um ewiges Leben zu erhalten. In Vers 54 heißt es, dass der Erlöste, der ewiges Leben hat, sich immer wieder neu, tagtäglich geistlich von dem Herrn nährt. Das geschieht, indem man sich mit dem Herrn und seinem Opfer beschäftigt.
Die Lehre von der Umwandlung wird in der katholischen Kirche damit begründet, dass der Herr bei der Einsetzung des Abendmahls gesagt hat: „Dieses Brot ist mein Leib“ und „Dies ist das Blut des neuen Bundes“. Wenn das wörtlich zu verstehen wäre, müsste man auch sagen, dass Abraham mit dem Berg Sinai verheiratet war.
In Galater 4,22-25 wird nämlich erklärt, dass Hagar der Berg Sinai in Arabien ist. Dort heißt es, dass diese Aussage einen bildlichen Sinn hat. Es geht um zwei Bündnisse: eines vom Berg Sinai, das zur Knechtschaft führt, und eines anderes. Hagar steht symbolisch für den Berg Sinai, also war Abraham bildlich mit einem Berg verheiratet.
Das war der Streit zwischen Luther und Zwingli. Luther sagte: „Dies ist mein Leib“, während Zwingli meinte, das bedeute „Dies bedeutet mein Leib“. Zwingli hat Recht. Wenn es heißt, Hagar sei der Berg Sinai in Arabien, dann ist das symbolisch gemeint. So gibt es viele weitere Beispiele.
Zum Beispiel wird im Hebräerbrief 10 erklärt, dass wir durch den Vorhang hindurchgehen, der den neuen Weg symbolisiert. Der Vorhang steht für den Körper des Herrn Jesus, denn er wurde beim Tod am Kreuz zerrissen. Oder in Offenbarung 2 wird erklärt, dass die sieben Leuchter sieben Versammlungen darstellen. Der Leuchter ist also ein Symbol für die örtliche Gemeinde, zum Beispiel die Gemeinde von Ephesus.
Ähnlich ist es, wenn ich ein Foto von meiner Familie zeige und sage: „Das ist meine Familie.“ Das Bild ist nur ein Abbild, kein Ersatz für die Familie selbst. So ist es sprachlich eine klare Sache, dass das Brot nicht wörtlich den Leib des Herrn bedeutet.
Durch dieses falsche Verständnis wurde ein ganzer Götzendienst errichtet. In der katholischen Kirche wird die Hostie bei der Messe erhoben und angebetet. Man kniet vor der Hostie nieder und sagt: „Das ist Christus.“ So wird ein Stück Brot angebetet. Das ist ein Bruch mit dem ersten und zweiten Gebot des Gesetzes und stellt Götzendienst dar.
Es wäre ein Verstoß gegen das Gesetz gewesen, wenn Jesus tatsächlich aufgefordert hätte, Blut zu trinken. Natürlich spricht er über das Brot und dann plötzlich über Fleisch. Aber in den semitischen Sprachen ist das so: „Lechem“ auf Hebräisch bedeutet Brot, wie in Bet Lechem. Die Araber in Bethlehem sagen jedoch „Beit Lachm“. Was heißt „Lachm“? „Lachm“ bedeutet Fleisch.
Das zeigt, wie im Semitischen die Begriffe für Brot und Fleisch eng beieinanderliegen. So spricht der Herr über das Brot aus dem Himmel und sagt dann, wer sein Fleisch isst. Die Beziehung ist sehr eng und nahe.
In Vers 63 sagt der Herr: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.“ Manche haben sich über diese Rede geärgert, denn Blut zu trinken war für jüdische Ohren besonders schockierend. Blutgenuss ist im Judentum klar verboten. Es ist eigentlich für alle Menschen verboten, denn bereits in den noachitischen Geboten in 1. Mose 9 wird Blutgenuss untersagt.
Für Juden ist das besonders streng. Deshalb war das Reden vom Blut trinken schockierend, und manche sagten in Vers 60: „Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?“ Man konnte diese Worte einfach nicht verdauen.
Der Herr erklärt aber in Vers 63, dass seine Worte geistlich zu verstehen sind. Sie sind Geist und Leben, nicht wörtlich zu nehmen. Genauso hat auch das Brot im Abendmahl eine geistliche Bedeutung.
Bei der Frage um das Abendmahl ist noch wichtig zu erwähnen, dass Calvin das etwas anders sah als Zwingli. Zwingli behauptete sehr nüchtern, dass es nur ein Symbol sei. Calvin sagte: Ja, es ist ein Symbol, aber wenn wir das Abendmahl feiern, drücken wir damit eine echte Herzensbeziehung zum Herrn aus.
Wir nehmen das Brot geistlich in unseren Herzen auf und verbinden uns mit dem Herrn. Calvin hat sehr schön beschrieben, was der geistliche Gehalt des Abendmahls ist. Es ist nicht einfach nur ein Symbol, sondern das Herz ist wirklich beteiligt.
Darum kann man sagen, dass die Auffassung in den evangelikalen Kirchen im Wesentlichen auf Calvin zurückgeht. Seine Sichtweise hat sich glücklicherweise später überall durchgesetzt.
Luther war in dieser Frage noch halb katholisch. Er hat zwar nicht die Transsubstantiation, also die Umwandlung des Brotes in den Leib, gelehrt, wie die Katholiken, aber er drückte es ähnlich aus. Er konnte sich vom Katholischen in dieser Frage nicht vollständig lösen. In dieser Hinsicht war er der katholischste aller Reformatoren.
Calvin hingegen verstand das Abendmahl auf die geistlichste Weise. Damit habe ich aber noch nichts über seine Prädestinationslehre gesagt – das ist ein anderes Thema.
Gut, und jetzt sehen wir: Manche Jünger haben sich an dieser Rede so sehr geärgert, dass sie sich von da an von dem Herrn abgewandt haben. Vers 66, wer liest? „Von daher gingen viele seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit ihm.“
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: „Wollt auch ihr weggehen?“ Simon Petrus antwortete ihm: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“
Hier wird deutlich, dass manche dem Herrn nachgefolgt sind, ohne eine wirkliche Bekehrung erlebt zu haben. Sie waren zwar für eine gewisse Zeit Jünger, aber diese Jüngerschaft endete wieder. Es wird betont in Vers 64b: „Denn Jesus wusste von Anfang an, welche es seien, die nicht glaubten, und wer es sei, der ihn überliefern würde.“
Er sprach weiter: „Darum habe ich euch gesagt, dass niemand zu mir kommen kann, es sei denn, es sei ihm von dem Vater gegeben.“ Damit machte er den Rückbezug zu Vers 44: „Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass der Vater, der mich gesandt hat, ihn ziehe; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.“
Also diejenigen, die weggegangen sind, waren solche, die nicht wirklich zur Rettung gelangt waren. Dann stellt Jesus die Frage an die Zwölf: „Wollt ihr auch weggehen?“ Simon antwortet in Vers 68: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist.“
Petrus hatte also einen lebendigen Glauben und erkannte wirklich, wer der Herr Jesus Christus ist. Judas hingegen ging nicht weg, sondern blieb weiterhin dabei. Die anderen Apostel waren überzeugt, dass er ein echter Gläubiger sei, doch das war er nie.
Darum lesen wir später in Johannes 17, im sogenannten Hohenpriesterlichen Gebet, Vers 11 und 12. Kann das jemand vorlesen? „Und ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich komme zu dir, heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, gleich wie wir. Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren, als nur der Sohn des Verderbens, auf dass die Schrift erfüllt werde.“
Dabei bekommt Judas den schrecklichen Namen „Sohn des Verderbens“. Ein Name, der sonst nur noch einer anderen Person in der Schrift bekannt ist: dem Zauberer Elimas? Nein, dem Antichristen in 2. Thessalonicher 2.
2. Thessalonicher 2, Vers 3: „Lasst euch von niemandem auf irgendeine Weise verführen; denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, offenbar werde, welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott oder Gegenstand der Verehrung ist.“
Die Wiederkunft Christi als Richter der Welt wird also nicht vor dem großen Abfall – der großen Apostasie – in der Christenheit stattfinden. Dieser Abfall hat bereits stattgefunden, besonders im 20. Jahrhundert, vor allem seit den 1960er Jahren. Damals kam es zu einem Bruch, bei dem Millionen im christlichen Abendland dem Christentum bewusst den Rücken kehrten.
Dr. Francis Schaeffer bezeichnet diese Zeit als postchristliche Ära, eine nachchristliche Zeit. Das Phänomen des großen Abfalls hat es in all den Jahrhunderten zuvor nicht gegeben. Das Christentum hat sich immer ausgebreitet, auf welche Weise auch immer. Doch dass sich christianisierte Gebiete wie das Abendland entchristianisieren, ist ein neues Phänomen des 20. Jahrhunderts.
So muss also zuerst der Abfall kommen, der schließlich durch das Kommen des Antichristen gekrönt wird. Dieser wird „Sohn des Verderbens“ genannt. Am Anfang der christlichen Ära haben wir einen Sohn des Verderbens, Judas, der den Herrn verriet, und am Ende der Ära des Christentums den Sohn des Verderbens, den Antichristen.
Der Tempel in Jerusalem spielt dabei eine Rolle, denn der Antichrist wird sich in diesen Tempel setzen. Seit einigen Jahrzehnten wird konkret auf einen neuen Tempel hingearbeitet.
Wir befinden uns also in der Zeit des Abfalls, in der Zeit des dritten Tempels, in der Zeit, in der dieser Sohn des Verderbens schließlich kommen wird.
Herr Ruschet-Röchner, wir warten jetzt nicht auf den Tempel, sondern auf die Wiederkunft des Herrn. Das heißt, der Herr wird zuerst kommen, die Gläubigen entrücken, und danach wird der Tempel gebaut, oder?
Es ist so: Der Antichrist wird nach der Entrückung offenbar werden und dann diesen Tempel verunreinigen. Ob der Tempel schon vor der Entrückung gebaut wird, ist möglich. Denn die Tempelgeräte sind bereits hergestellt worden. Ich habe zum Beispiel den Schaubrotisch, den originalen aus Gold, gesehen, den Räucheraltar, den goldenen Esspireit und den siebenarmigen Leuchter – alles ist schon bereit, also schon vor der Entrückung.
Gut, damit sind wir am Ende mit Johannes 6 und fahren im nächsten Kapitel im Februar weiter. Zum Schluss wollen wir noch beten.
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