Einführung in die Visionen Hesekiels und der Weggang der Herrlichkeit Gottes
Wir stehen bei Hesekiel. Letztes Mal sind wir bis Kapitel 10 gekommen, ist das richtig? Habe ich das falsch?
Wir haben gesehen, dass die Kapitel 8 bis 11 eine Einheit bilden. Wir befinden uns an einem ganz dramatischen Übergang: den letzten Tagen des salomonischen Tempels. Die Wolke der Herrlichkeit Gottes, die Schechina, war bis dahin noch im Tempel. Kurz bevor der Tempel jedoch durch Nebukadnezar und seine Armee aus Babylon zerstört wurde, wich die Wolke der Herrlichkeit vom Tempel.
Diese Entwicklung wird uns in den Visionen Hesekiels in den Kapiteln 8 bis 11 gezeigt. Wir haben also bereits gesehen, wie sich die Herrlichkeit Gottes in verschiedenen Phasen langsam entfernt. Die letzte Phase finden wir nun in Kapitel 11.
Lesen wir Kapitel 11 einmal durch. Bruno, möchtest du beginnen?
In Kapitel 11 erleben wir die letzte Phase mit der Herrlichkeit des Herrn, und zwar in den Versen 22 und 23. Hesekiel sieht nochmals die Herrlichkeit des Gottes Israels, die weggeht. Auf welchem Berg geschieht das?
Es ist der Ölberg, der Berg östlich vom Tempelberg, gerade außerhalb der Stadt. Von dort an ist diese Erscheinung Gottes verschwunden.
Wir haben, wie schon früher gesehen, die verschiedenen Phasen der Entfernung der Herrlichkeit Gottes. Diese lesen wir jetzt noch einmal, um das Gesamtbild zu verstehen.
Die schrittweise Entfernung der Schechina im Alten Testament
Peter, könntest du vielleicht Kapitel 8, Vers 4 lesen? Dort ist Hesekiel beim inneren Vorhof. Und jeder selbst war die Herrlichkeit des Gottes Israels, gleich dem Gesicht, welches ich im Tal gesehen hatte.
Also sah Hesekiel die Herrlichkeit Gottes. Das ist eben diese Wolke, diese geheimnisvolle Wolke, die nachts als Feuersäule sichtbar war – schon damals bei der Stiftshütte und eben hier beim Hesekieltempel. Normalerweise war diese Wolke über dem Allerheiligsten. Jetzt zieht sie hier eigentlich bereits in den Vorhof, aber in den inneren Vorhof.
Nächste Phase und nächste Stelle: Kapitel 9, Vers 2. Und siehe, sechs Männer kamen des Weges zum oberen Tor, welches gegen Norden zieht. Jeder hatte sein Werkzeug zum Zerschlagen in der Hand. Ein Mann war in ihrer Mitte, in Leinen gekleidet, mit einem Schreibzeug an seiner Hüfte. Sie kamen und stellten sich neben den Ehrenaltar.
Und die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich von dem Cherub, über welchem sie war, zur Schwelle des Hauses hin. Also sieht man hier die Tschechina bei der Schwelle des Tempelhauses.
Kapitel 10, Vers 4: Und die Herrlichkeit Jehovas hatte sich von dem Cherub auf der Schwelle des Hauses erhoben. Das Haus war von der Wolke erfüllt, und der Vorhof war voll von den Glanzen der Herrlichkeit Jehovas. Das Rauschen der Flügel der Cherubim wurde bis in den äußeren Vorhof gehört – wie die Stimme Gottes des Allmächtigen, wenn er redet.
Die Herrlichkeit des Herrn begab sich von der Schwelle des Hauses hinweg und stellte sich über die Cherubim. Die Cherubim erhoben ihre Flügel und hoben sich vor meinen Augen von der Erde empor.
Als sie sich hinweg begaben, waren die Räder neben ihnen. Sie stellten sich an den Eingang des östlichen Tors des Hauses Jehovas, und die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen.
Jawohl, da sind wir jetzt beim östlichen Tor.
Und nun die letzte Stelle, die wir gelesen haben: Kapitel 11, Vers 22, die Tschechina auf dem Ölberg. Von da an ist sie verschwunden. Sie ist nie mehr zum Tempel zurückgekehrt.
Die Bedeutung des zweiten Tempels ohne sichtbare Schechina
Als nach der babylonischen Gefangenschaft die Juden nach Israel, nach Zion, zurückgekehrt sind, bauten sie den zweiten Tempel. Dieser zweite Tempel war jedoch immer ohne die sichtbare Gegenwart Gottes, ohne die Schechina.
In Ezechiel wird der dritte Tempel beschrieben, der Tempel der Endzeit. Hier müssen wir in Kapitel 43 nachlesen. Dort sieht Ezechiel am Anfang des messianischen Reiches, am Beginn des tausendjährigen Reiches, wie die Schechina zurückkehrt.
Lies 43,1 und folgende:
„Und er führte mich zum Tor, dem Tor, das nach Osten blickte. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Osten her, und ihr Rauschen war wie das Rauschen großer Wasser, und die Erde leuchtete von seiner Herrlichkeit. Und das Ansehen des Gesichtes, das ich sah, war wie das Gesicht, welches ich gesehen hatte, als ich kam, um die Stadt zu verderben. Und es waren Gesichter wie das Gesicht, welches sich am Fluss Keba gezeigt hatte, und ich fiel nieder auf mein Angesicht. Und die Herrlichkeit des Herrn kam in das Haus, den Weg des Tores, das nach Osten gerichtet war. Und der Geist hob mich empor und brachte mich in den inneren Vorhof, und siehe, die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus.“
Die Schechina kehrt also genau auf dem gleichen Weg zurück, auf dem sie weggegangen ist: von Osten her, durch das Osttor. Dieses Tor befindet sich in Jerusalem. Es liegt genau an der Stelle, wo heute das Goldene Tor ist. Das ist das Osttor des Tempels.
Der heutige Bau des Tores stammt zwar aus einer späteren Zeit, wahrscheinlich aus byzantinischer Zeit. Doch im Torgebäude sind noch zwei originale Torpfosten erhalten. Der eine ist viereinhalb Meter, der andere dreieinhalb Meter hoch. Beide sind aus einem Stück Stein, einem Monolithen, gefertigt. Diese Monolithe stammen mindestens aus der Zeit von Nehemia.
Durch dieses Tor, von Osten her, wird die Schechina zurückkehren. Schließlich finden wir sie nicht nur im Vorhof, sondern im Tempelhaus selbst. In 43,5 heißt es:
„Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus.“
Das „Haus“ ist hier immer das eigentliche Tempelhaus gemeint, nicht der Tempelbezirk. Es ist das Tempelhaus.
Die Anerkennung des zweiten Tempels und seine Bedeutung
Ja, es ist interessant zu betrachten, welche Bedeutung der zweite Tempel überhaupt hatte, nachdem die Wolkensäule verschwunden war. War er vielleicht bedeutungslos? Für die Menschen sicherlich nicht, das sehen wir zum Beispiel in den Evangelien, wie sehr Israel an ihm hing. Aber wie war es mit Gott?
Ich denke, Gott hat den zweiten Tempel als sein Haus anerkannt. Der Herr selbst sagt, dass jemand, der aus dem Haus Gottes oder aus dem Hause seines Vaters eine Räuberhöhle macht, verurteilt wird. Wir können das an einer Stelle im Johannes-Evangelium sehen, die ein guter Beweis dafür ist.
In Johannes Kapitel 2, Vers 14 und Vers 16 lesen wir von der ersten Tempelreinigung. Es gab ja zwei Tempelreinigungen: eine zu Beginn und eine am Ende des dreijährigen Dienstes Jesu. Helmut, lies bitte Johannes 2, Vers 14 und dann Vers 16. Dort heißt es, dass Jesus die Händler hinaustrieb und zu den Verkäufern von Opfertieren sagte: „Weg von dir! Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus.“
Hier bezeichnet Jesus den zweiten Tempel ausdrücklich als „Haus meines Vaters“. Das zeigt, dass Gott ihn anerkannt hat. Interessant ist auch, dass Jesus genau den Ausdruck „Kaufhaus“ verwendet, der im Talmud für die Südhalle des Tempelbezirks gebraucht wird – die sogenannte königliche Säulenhalle, im Talmud „Chanujot“ oder „Chanut“ genannt, was Kaufhaus bedeutet.
Jesus verurteilt also den Missbrauch dieses Ortes, da die Händler die Preise stark überhöhten und aus dem Haus Gottes schändlichen Gewinn zogen. Dennoch hat der Herr den Tempel als Gottes Haus anerkannt.
Ein weiterer Beweis dafür, dass Gott den zweiten Tempel gewollt hat, findet sich im Buch Haggai. Dort wird berichtet, dass der Tempelbau begonnen, aber wegen politischer Schwierigkeiten unterbrochen wurde. Haggai ermahnt das Volk, den Tempel wieder aufzubauen, weil Gott es so will. Haggai ist der zweitletzte Prophet im Alten Testament.
In Haggai 1, Vers 4 und 5 heißt es: „Sprich zu Josua, dem Sohn Jozadaks, dem Hohenpriester, und sei stark! Und sei stark, alles Volk des Landes! Spricht der Herr der Heerscharen: Arbeitet, denn ich bin mit euch, spricht der Herr der Heerscharen. Das Wort, das ich mit euch eingegangen bin, als ihr aus Ägypten zogt, und mein Geist besteht in eurer Mitte. Fürchtet euch nicht!“
Hier geht es um den Tempelbau. Gott versichert, dass er mit seinem Volk ist. Besonders beeindruckend ist Vers 5: Obwohl das sichtbare Zeichen, die Wolkensäule, nicht mehr da war, war Gottes Geist im Tempel in Jerusalem gegenwärtig.
Außerdem betont Gott seine Zusage. Die „Gute Nachricht“-Übersetzung sagt, dass sie sich auf sein Wort verlassen können und nicht auf sich selbst handeln sollen, sondern auf Gottes Zusage. Die wörtliche Übersetzung lautet: „Das Wort, das ich mit euch eingegangen bin, als ihr aus Ägypten zogt, und mein Geist besteht in eurer Mitte.“
Das Wort, das Gott mit Israel am Sinai einging, ist das Gesetz, die Tora. Gott sagt also, sein Wort, also die Tora, und sein Geist sind zusammen in der Mitte des Volkes. Das ist sehr wichtig, denn im Tempel wurden auch die Torarollen aufbewahrt, und zwar die allerbesten, von höchster Qualität.
Diese Tatsache hat auch für die Textgeschichte der Bibel große Bedeutung. Wir kennen heute die Handschriften vom Toten Meer in Qumran, die über zweitausend Jahre alt sind. Dort wurden verschiedene Typen von Handschriften gefunden.
Ein Teil der biblischen Handschriften entspricht sehr genau den mittelalterlichen Handschriften, auf denen die heutigen Bibelübersetzungen basieren. Dieser Text wird der masoretische Text genannt. Bis 1947 hatte man praktisch nur mittelalterliche Handschriften.
In Qumran fand man nun auch Handschriften, die diesem mittelalterlichen Typ entsprechen. Daneben gibt es aber noch andere Texttypen, zum Beispiel einen, der der samaritanischen Bibel ähnelt, und einen, der der griechischen Übersetzung, der Septuaginta, ähnelt.
Liberale Forscher haben daraus geschlossen, dass nicht klar sei, welcher Texttyp der richtige sei. Doch es gibt weitere wichtige Funde: In den Höhlen des Wadi Murabbat, etwas südlicher von Qumran, wurden Handschriften gefunden, die aus dem ersten Jahrhundert stammen. Diese stammen nicht von der Qumran-Sekte, die sich vom Tempel abgesondert hatte, sondern von Juden des offiziellen Judentums.
Dort fand man kleine Fragmente der fünf Bücher Mose aus der Zeit vor 66 n. Chr. Diese Fragmente stimmen buchstabengetreu mit dem mittelalterlichen Text überein. Kein einziger Buchstabe weicht ab. Das ist absolut beeindruckend, da die mittelalterlichen Handschriften fast tausend Jahre jünger sind.
Was zeigt uns das? Das offizielle Judentum hatte stets Zugang zu den besten Handschriften im Tempel. Das war die Hauptlinie. Daneben gab es natürlich billigere Texttypen mit Abweichungen, aber diese geben nicht das eigentliche Wort Gottes wieder.
Darum ist diese Stelle so wichtig: Das Wort Gottes und der Geist Gottes waren im Tempel in Jerusalem gegenwärtig. Dort wurden die verbindlichen Bibelhandschriften aufbewahrt.
Das Wunderbare ist, dass die mittelalterlichen Handschriften, auf denen alle unsere Bibelübersetzungen basieren, dem Texttyp aus dem Tempel entsprechen. So zeigt sich die tiefe Bedeutung dieses Wortes im zweiten Tempel.
Allerdings war die Wolkensäule, die Tschechin, nicht mehr da.
Die zukünftige Herrlichkeit des dritten Tempels und die Rolle Christi
Nun ist Folgendes interessant: Haggai 2, Verse 7 bis 9. Dort heißt es: „Und ich werde alle Nationen erschüttern, und das Ersehnte aller Nationen wird kommen, und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen, spricht der Herr der Herrscher, meines das Silber und meines das Gold, spricht der Herr der Herrscher. Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, spricht der Herr der Herrscher, und an diesem Ort will ich Frieden geben, spricht der Herr der Herrscher.“
Es wird also gesagt, die letzte Herrlichkeit wird einmal viel größer sein als die erste, die vom salomonischen Tempel. Das haben wir jetzt auch in Ezechiel 43 gelesen: Wenn die Schechina in der Zukunft zurückkehren wird, wird dieses Haus wieder neu mit der Schechina erfüllt werden. Und dieser Tempel, beschrieben in Ezechiel 40 bis 48, wird viel, viel größer sein als der salomonische Tempel. Er wird auch größer sein als der zweite Tempel, der ja schon größer war als der salomonische, also noch viel größer und herrlicher.
Was wir hier außerdem sehen, steht in Vers 7: „Ich werde alle Nationen erschüttern, und das Ersehnte aller Nationen wird kommen, und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen.“ Wer ist das Ersehnte aller Nationen? Christus, der Messias. Er wird in diesen Tempel kommen.
Das wird in der Zukunft sein. Aber er ist schon zur Zeit des zweiten Tempels in dieses Haus gekommen. Das Ersehnte aller Nationen ist gekommen, und nun ist auch etwas ganz Besonderes daran: Der zweite Tempel, der zwar die Schechina nicht hatte, hatte aber den menschgewordenen Sohn Gottes. Viele haben das gar nicht realisiert.
Wenn man in den Evangelien all die Stellen liest, wo der Herr Jesus im Tempel ist, ist das beeindruckend. Das erste Mal kam er etwas mehr als einen Monat nach der Geburt hin, als Maria die Opfer zur Reinigung bringen musste (Lukas 2). Später finden wir ihn beschrieben in Lukas 2 am Schluss, als der zwölfjährige Jesus im Tempel mit den Lehrern Israels spricht, sie befragt und sie ihn befragen.
Immer wieder kam der Herr, doch schließlich wurde er in diesem Haus zum Tod verurteilt durch das Synedrium. Das Synedrium hatte übrigens seinen Sitz in diesem Kaufhaus, im Chanut. Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie der Herr noch zum letzten Mal zum Tempel kam und wie er dann weggegangen ist.
Wir können Markus 11 aufschlagen, dort ist Palmsonntag. Der Herr reitet vom Ölberg her nach Jerusalem zum Tempel (Markus 11,1-10). Nun lesen wir Vers 11: „Und er zog in Jerusalem ein und ging in den Tempel. Und als er über alles umhergeblickt hatte, ging er, da es schon später der Zeit war, mit den Zwölfen hinaus nach Bethanien.“
Dieser große triumphale Einzug in den Tempel wird also beschrieben. Und nur in Markus finden wir die Bemerkung, dass er „über alles umhergeblickt hatte“. Der Herr hat also noch einmal den Tempel in allen Details angeschaut, all die vielen verschiedenen Gebäude und Einrichtungen.
Merkt man da etwas, wie sein Herz an diesem Haus hing? Vorher hatte er gesagt: „Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus.“ Oder schon als Zwölfjähriger zu seinen Eltern: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ Das erinnert an die Schechina, die nicht plötzlich wegging (Ezechiel 8-11), sondern allmählich langsam, bis sie schließlich beim Osttor verblieb. Dann ging sie hinüber zum Ölberg, dort war sie noch sichtbar, und dann verschwand sie.
Gott ging nur schweren Herzens weg. So hat auch der Herr nur schweren Herzens Israel damals verlassen und den Tempel. Er hat alles angeschaut, ist dann später nochmals zurückgekommen und hat im Tempel gelehrt.
Wir können Markus 11, Vers 15 aufschlagen: „Und sie kommen nach Jerusalem, und als er in den Tempel eingetreten war, fing er an, auszutreiben, die im Tempel verkauften und kauften. Und die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer stieß er um, und er erlaubte nicht, dass jemand ein Gefäß durch den Tempel trug.“
Hier haben wir also die zweite Tempelreinigung ganz am Schluss seines Dienstes. Er ging nochmals in den Tempel, lehrte dort und sprach.
Nun Vers 27: „Und sie kommen wiederum nach Jerusalem, und als er im Tempel umherwandelte, kommen die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Ältesten zu ihm und sagen zu ihm: In welchem Recht tust du diese Dinge?“
Auch hier geht er nochmals in den Tempel, wandelt wieder umher, schaut sich alles an. Dann hat er diese Auseinandersetzung mit den Führern, sogar mit dem Hohenpriester. All das Weitere, alle Gleichnisse dort, finden im Tempel statt (Kapitel 12).
Lies mal noch Markus 12,35: „Und Jesus hob an und sprach, als er im Tempel lehrte: Wie sagen die Schriftgelehrten, dass er Christus, Davids Sohn, sei?“
So geht es weiter. Er ist wieder im Tempel und lehrt dort. Dann Vers 41: Die Geschichte mit der Witwe beim Schatzkasten, alles im Tempel.
Nun ganz kritisch Kapitel 13,1: „Und als er aus dem Tempel heraustrat, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Siehe, was für Steine und was für Gebäude! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Siehst du diese großen Gebäude? Es wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird.“
Als er auf dem Ölberg saß, dem Tempel gegenüber, fragten ihn Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas besonders: „Sage uns, wann wird dies sein, und was ist das Zeichen, wann dies alles vollendet werden soll?“
Auch die Jünger hängen an diesem Haus und sagen: „Schau mal diese gewaltigen Steine.“ Tatsächlich hat man ja Steine gefunden, der schwerste, den man bis jetzt gefunden hat, wiegt 578 Tonnen. Ein Stein ist dreieinhalb Meter lang, dreieinhalb Meter hoch und viereinhalb Meter breit. Da versteht man, warum sie sagen: „Siehe, welche Steine und welche Gebäude!“
Dann sagt der Herr: Jetzt ist aber Schluss, alles wird zerstört werden.
Er geht auf den Ölberg und blickt vom Ölberg aus, wie die Schechina damals. Er schaut nochmals auf den Tempel und kündigt die Zerstörung an. Danach wird der Herr in der Säulenhalle, wie gesagt, vom Synedrium verurteilt, aus der Stadt hinausgeführt und gekreuzigt. Aber am dritten Tag steht er wieder auf.
Die letzte Phase haben wir dann in Apostelgeschichte 1, Vers 9: „Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“
Nach Vers 12 lesen wir: „Da kehrten sie nach Jerusalem zurück vom Berg, der Ölberg heißt und nahe bei Jerusalem ist, einen Sabbatweg entfernt.“
Jetzt geht der Herr zum letzten Mal zum Ölberg hinaus und geht weg, um als Mensch für zweitausend Jahre wegzubleiben. Aber die Engel haben gesagt, gerade hier, Vers 11: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen in den Himmel.“
Der Jesus wird also wieder auf dem Ölberg zurückkehren, so wie er weggegangen ist. Und dann wird er auch in den dritten Tempel eintreten.
Die Rückkehr Christi als Richter und die endgültige Herrlichkeit
Es gibt eine Stelle, an der zukünftig beschrieben wird, wie der Herr Jesus in den dritten Tempel eintreten wird. Fällt jemand? Nach Sacharja 14,3 wird er auf dem Ölberg wiederkommen, als Richter. Schauen wir mal, was in Jesaja 66,6 steht. Wer liest? Bruno?
„Stimme eines Getöteten, nein, Stimme eines Getöteten von der Stadt her, Stimme aus dem Tempel, Stimme des Herrn, der Vergeltung an seinen Feinden übt.“
Ja, sehr klar: Stimme des Herrn aus dem Tempel. Auch dort wird er kämpfen, die Feinde vernichten und den dritten Tempel in Besitz nehmen.
Dann gibt es noch eine ganz besondere Stelle dazu, Offenbarung 14,1. Herr Friedrich, bitte noch einmal.
„Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Zionsberg, und mit ihm hundertvierzigtausend, die seinen Namen und den Namen seines Vaters auf ihren Stirnen geschrieben trugen.“
Das reicht schon. Das ist also der Berg Zion, der Tempelberg, derselbe wie der Berg Moria. Das Lamm steht auf dem Berg Zion, und die hundertvierzigtausend sind im Tempelbezirk. Übrigens ist der Tempelbezirk ein Kuriosum: Er hat exakt hundertvierzigtausend Quadratmeter Fläche.
In der Bibel ist zwar nicht der Meter das gebräuchliche Maß, sondern verschiedene Ellen, aber so lässt sich ungefähr die Größe des Platzes vorstellen. Das Lamm mit den 144.000 auf dem Zionsberg – hier haben wir eine Parallele. Genau wie die Schechina damals beim ersten Tempel zögernd wegging, so ging auch der Herr Jesus beim zweiten Tempel zögernd weg, weil er vollständig verworfen worden war.
Beim salomonischen Tempel, den wir in den vergangenen Malen betrachtet haben, wurde Götzendienst betrieben, man hat also Gott verworfen. Beim Herrn Jesus wurde er zum Tod verurteilt und so verworfen. Er ging auf den Ölberg und verschwand.
Doch im dritten Tempel wird die Schechina zurückkehren, von Osten in den Tempel kommen, und der Herr Jesus als Mensch wird zurückkehren auf den Ölberg und in den Tempel. So wird der letzte Tempel wirklich die größte Herrlichkeit umfassen. Denn er hat wie der erste Tempel die Schechina und wie der zweite Tempel den Mensch gewordenen Sohn Gottes. All das ist dann im letzten Tempel konzentriert vorhanden.
Gibt es bis dahin Fragen? Können Sie sich vorstellen, dass die Gegenwart der Schechina und des Herrn gleichzeitig vorhanden ist?
Die Schechina ist das Zeichen, ein symbolisches Zeichen der Gegenwart des allmächtigen, allgegenwärtigen Gottes. Im Alten Testament hat Gott nicht im Tempel gewohnt, als könnte man ihn auf ein paar Quadratmeter eingrenzen. Gott ist ja allgegenwärtig.
Gott sagt auch im Alten Testament: „Ich wohne in der Höhe.“ Gott wohnt im himmlischen Tempel. Aber wenn es heißt, sein Name wohnt in Jerusalem, bedeutet das, dass er sich an diesem Ort auf besondere Weise offenbaren wollte.
Die Gegenwart des allmächtigen Gottes, die Offenbarung des allgegenwärtigen Gottes an einem Ort, ist etwas anderes, als wenn der Mensch gewordene Sohn Gottes dort ist. Als Mensch ist der Herr Jesus nicht allgegenwärtig – das muss man unterscheiden.
Die Schechina vergegenwärtigt den allgegenwärtigen Gott, und der Mensch Jesus Christus – das ist das Wunder –, dass Gott Mensch werden konnte. Das ist ein sichtbares Zeichen, dass er da ist. Und das kann man vom Herrn genauso sagen.
Warum aber diese doppelte Anwesenheit? Man muss fast sagen: Selbst wenn der Herr jetzt in den Tempel geht, ist er sowohl die Schechina als auch der Herr. Das eine steht mehr in Verbindung mit der Allgegenwart Gottes, das andere mit der Menschheit Christi.
Das ist das Wunder, ein Geheimnis: Gottheit und Menschheit in einer Person.
Die Schechina im Neuen Testament und ihre symbolische Bedeutung
Ja, gut. Jetzt möchte ich noch auf etwas hinweisen, um dieses Thema ein wenig abzurunden. Im Neuen Testament gibt es einige Stellen, an denen die Schechina erscheint – allerdings nicht im Tempel. Wird dort etwas von der Wolke erwähnt?
Bei der Taufe Jesu wird keine Wolke erwähnt, sondern eine Taube. Die Taube, ja. Aber die Schechina, die Wolke, taucht dort nicht auf.
Es ist also richtig, was Helmut sagt: Auf dem Berg der Verklärung finden wir die Schechina. Schlagen wir dazu Lukas 9 auf. Lies mal die Verse 28 und 29: „Es geschah aber acht Tage nach diesen Worten, dass er Petrus und Johannes und Jakobus mitnahm und auf den Berg stieg und betete. Und als er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde strahlend weiß. Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, die Mose und Elia waren.“
Schauen wir auch auf die Verse 34 bis 36: „Als aber dies gesagt wurde, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie fürchteten sich, als sie in die Wolke eintraten. Und eine Stimme kam aus der Wolke: ‚Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; hört auf ihn!‘“
Hier haben wir also diese Wolke, eine lichte Wolke. Die drei Jünger traten in diese Schechina ein. Übrigens sehen wir hier wieder das gleiche Bild: der Mensch Jesus und die Schechina.
Noch etwas: Der Ausdruck „überschattete sie“ aus Vers 34 ist ein typischer Begriff aus der Septuaginta, der ältesten griechischen Übersetzung der Bibel, die oft im Neuen Testament zitiert wird. Dieser Ausdruck wird speziell für die Schechina verwendet, also die Wolke, die überschattet. Das ist der typische Begriff für die Schechina, die Wolke der Herrlichkeit Gottes.
Das hilft uns, eine Verbindung zu Lukas 1 herzustellen. Wenn etwas von Jesus sichtbar war, dann seine Menschheit. Nun, in Lukas 1, Vers 35, bei der Ankündigung an Maria, heißt es: „Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.“
Der Ausdruck „die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ ist wieder derselbe Begriff „überschatten“, im Griechischen „episkiazō“, der für die Schechina verwendet wird. Die Schechina sollte also über Maria kommen, damit sie schwanger wird.
Wer kennt noch eine weitere Stelle? Die Parallelstelle zum Berg der Verklärung, die wir mit Lukas 9 abhaken können, ist Apostelgeschichte 1. Lies noch einmal Vers 9: „Und als er dies gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“
Denkt auch an 1. Timotheus 3, Vers 16: „Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit.“ Das ist seine Aufnahme in Herrlichkeit, indem er in die Schechina aufgenommen wurde und in den Himmel entrückt wurde – aufgenommen in Herrlichkeit. „Herrlichkeit Gottes“ ist ja der Begriff für die Schechina. Das erklärt also diesen geheimnisvollen Ausdruck.
Gibt es noch weitere Stellen? Bei der Entrückung vielleicht, wobei dort die Mehrzahl verwendet wird, im 1. Thessalonicher 4. Lies mal 1. Thessalonicher 4, Vers 17: „Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft. Und so werden wir allezeit beim Herrn sein.“
Die Mehrzahl stört mich überhaupt nicht, denn sie drückt aus, dass das Gewaltige dieser Wolke, die aus vielen Teilen besteht, gemeint ist. Eine Wolke ist ja gewissermaßen ein Wolkenbündel. Darum die Mehrzahl. Die Schechina kann so gewaltig sein. Das sieht man zum Beispiel in Jesaja 4. Lies Jesaja 4, Vers 5: „Und Jehova wird über jede Wohnstätte auf dem Berg Zion und über seine Versammlung eine Wolke und einen Rauch schaffen bei Tage und den Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht. Denn über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein.“
Sieh mal, wie gewaltig die Schechina alles überschatten wird – den ganzen Berg Zion. Jede Versammlungsstätte wird am Tag von Rauch und nachts vom Glanz eines flammenden Feuers bedeckt sein. Über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein.
Darum überrascht es nicht, dass bei der Entrückung von „den Wolken“ gesprochen wird. Wenn alle Gläubigen entrückt werden, werden sie gewissermaßen wie Christus aufgenommen in Herrlichkeit, in die Schechina.
Noch eine weitere Stelle: Offenbarung 1,7. Dort heißt es: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, welche ihn durchstochen haben, und alle Stämme der Erde werden wegen ihm wehklagen.“
Hier haben wir auch Wolken in der Mehrzahl. Schauen wir dazu noch Offenbarung 14,14, wo dasselbe Ereignis, die Wiederkunft Christi, beschrieben wird: „Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer, der dem Sohn des Menschen gleich war, der eine goldene Krone auf seinem Haupt und eine scharfe Sichel in seiner Hand hatte.“
Hier ist es die Einzahl, die weiße Wolke, und der Menschensohn sitzt darauf. Aber mit den Wolken, denn es kommen nicht nur der Sohn des Menschen, sondern alle Engel und Heiligen mit ihm. Darum bleibt es bei der Mehrzahl „Wolken“. Er selbst ist auf einer weißen Wolke, und er kommt mit den Wolken. Das ist kein Widerspruch, das passt zusammen.
Noch eine weitere neutestamentliche Stelle über die Schechina: Die beiden Zeugen, die während der großen Drangsal dreieinhalb Jahre weissagen. Am Ende werden sie ermordet, nach dreieinhalb Tagen stehen sie wieder auf. Wer liest? „Sie stehen in den Himmel hinauf in der Wolke, und ihre Feinde sehen sie.“
Sie werden also auch entrückt, und zwar nicht nur in eine Wolke, sondern in die Wolke – die Schechina.
Nochmals Offenbarung 10, Vers 1: Dort wird Christus als der Gesandte gesehen, der die ganze Welt in Besitz nimmt. Engel heißt ja „Gesandter“. Lies: „Und ich sah einen anderen starken Engel aus dem Himmel herniederkommen, bekleidet mit einer Wolke; der Regenbogen war auf seinem Haupt, und sein Angesicht war wie die Sonne, seine Füße wie Feuersäulen.“
Hier stehen wir gerade vor den allerletzten Plagen der großen Drangsal, den sieben Zornesschalen. Diese werden in Offenbarung 15,5-8 beschrieben: „Die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, kamen aus dem Tempel hervor, angetan mit reinen, glänzenden Linnen und mit goldenen Gürteln um die Brust. Und eines der vier lebendigen Wesen gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen voll des Grimmes Gottes, der ewig lebt. Der Tempel wurde mit Rauch erfüllt von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Macht. Niemand konnte in den Tempel eintreten, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet waren.“
Hier breitet sich die Schechina im himmlischen Tempel so aus, dass niemand mehr hineintreten kann, nicht einmal ein Engel. Das erinnert an die Einweihung des salomonischen Tempels, als die Schechina das Haus erfüllte und niemand mehr eintreten konnte.
Das ist eine ganz hochinteressante Stelle: Die Schechina erfüllt den himmlischen Tempel, solange bis die sieben Plagen – die stärksten Gerichte Gottes der Endzeit – vollendet sind.
Was lernen wir daraus? Gottes Herrlichkeit offenbart sich nicht nur, wenn Gott dem Menschen Gnade erweist, sondern auch, wenn Gott den Menschen richtet. Alles dient der Herrlichkeit Gottes, sowohl Gnade als auch Gericht.
Das wird hier dramatisch beschrieben. Es ist nicht der irdische Tempel, sondern der himmlische Tempel, der mit der Schechina erfüllt wird. Gottes Majestät zeigt sich auch im Gericht.
Das wären also die Stellen im Neuen Testament zum Thema Schechina.
Beginn der Auslegung von Hesekiel Kapitel 11: Die Verführung durch die Fürsten Jerusalems
Machen wir Pause.
Mit Matthäus 24 – was bedeutet das? Ja, auch wieder mit den Wolken. Dabei müssen wir auch die Schechina sehen. All die Parallelstellen kann man natürlich zusammenpacken. Mir ging es einfach darum, die einzelnen Ereignisse, die wir im Neuen Testament sehen, aufzuzeigen. Denn man denkt sonst, das Thema Schechina sei nur alttestamentlich. Nein, es ist sehr neutestamentlich.
Nun haben wir in der vergangenen Stunde, ausgehend von den vier Schlussversen von Hesekiel, das Thema Schechina etwas behandelt. Jetzt haben wir noch den ganzen Rest von Kapitel elf. Wir beginnen vorne, ja?
In Vers 1 sehen wir fünfundzwanzig Männer beim Eingang des Osttors im Tempel: Jasania und Pelatja, also politische Führer Israels. Vers 2 stellt sie als solche vor, die das Volk verführen. Liest jemand nochmals Vers 2 und 3?
„Und er sprach zu mir: Menschensohn, das sind die Männer, welche Unheilssinnen und bösen Rat verteilen in dieser Stadt. Sie versprechen: ‚Es ist nicht an der Zeit, Häuser zu bauen; sie ist der Topf und wir sind das Fleisch.‘“ Das ist ihr Rat.
Damals verstand man das so wörtlich, denn so sprach man. Man wusste, was gemeint war: „Es ist nicht an der Zeit, Häuser zu bauen.“ Hier müssen wir eine Anspielung auf Jeremia 29 sehen. Jeremia war zu dieser Zeit, zur Zeit der Zerstörung Jerusalems, Prophet. Jerusalem war zerstört, Hesekiel war in Babylon. Jeremia 29,5-11 – Bruno, liest du mal? Oder schon Vers 4? Jeremia 29:
„So spricht Jehova, der Gott Israels: Sammelt euch zu allen Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel weggeführt habe. Baut Häuser und bewohnt sie; pflanzt Gärten und esst deren Frucht. Nehmt Frauen, zeugt Söhne und Töchter; nehmt Frauen für eure Söhne und gebt Männern für eure Töchter, damit sie Söhne und Töchter gewähren. Vermehrt euch dort und mindert euch nicht. Sucht den Frieden der Stadt, wohin ich euch weggeführt habe, und betet für sie zu Jehova; denn in ihrem Frieden werdet ihr Frieden haben.“
Vers 10: „Denn so spricht Jehova: Sobald siebzig Jahre für Babel voll sind, werde ich mich annehmen und mein gutes Wort erfüllen, euch zurückzubringen.“ Jawohl, so ist es.
Gott verlangt von den Juden, dass sie in Babylon im Exil Häuser bauen. Sie sollen nicht damit rechnen, bald zurückzukehren, sondern sich auf eine längere Gefangenschaft einstellen. Gott sagt, die Zeit Babels wird siebzig Jahre dauern, Vers 10, und erst dann kommt die Rückführung ins Land.
Die falschen Propheten damals sagten, ihr müsst euch keine Sorgen machen. Sie sprachen immer „Schalom, Friede, Friede“, doch es ist kein Friede, sagt das Buch Jeremia. Sie beruhigten das Volk und sagten, es sei nicht an der Zeit, Häuser zu bauen. Ihr müsst euch nicht in Babylon festsetzen, die Weggeführten kehren bald zurück, und Jerusalem wird nicht untergehen.
Es war Endzeit. Der wahre Prophet sagte: Jetzt kommt das Ende, es geht abwärts, nicht aufwärts. Die falschen Propheten sagen in der Endzeit: Jetzt geht es aufwärts. Merken wir das? Es ist auch heute so. Die falschen Propheten sagen heute, es gibt eine große Erweckung. Ein wahrer Prophet sagt: Wir müssen Buße tun, zu Gottes Wort zurückkehren.
Wir sind wirklich in der Endzeit, in der Zeit des Zerfalls und Abfalls. Aber damals war es genau so: Die falschen Propheten sagten, alles sei nicht so schlimm, man solle nicht so negativ sein. Jeremia galt als negativer Mensch. Ja, nur in der Bibel steht nirgends das Wort „negativ“.
Oschi: Aber Hesekiel war ja in Jerusalem, oder?
Nein, Hesekiel war in Babylon. Er sah Jerusalem in der Vision.
Ja, aber er spricht hier von Jerusalem.
Ja, in der Vision sieht er die Ereignisse in Jerusalem. Das sind alles visionäre Erscheinungen. Auch das, was wir mit den Schechinern gesehen haben, sah er in der Vision in Jerusalem. Er selbst war in Babylon.
Und wenn sie hier sagen, ihr sollt keine Häuser bauen, dann meinen sie auch die Männer.
Ja, genau. Die sagen quasi: Ihr müsst euch keine Sorgen machen, ihr werdet nicht nach Babylon weggeführt und müsst dort Häuser bauen, wie der negative Jeremia sagt.
Sie sagen: „Wir sind hier in Sicherheit.“ Er sagt weiter: „Sie ist der Topf, und wir sind das Fleisch.“ Das war ein Bild, das damals sofort verständlich war: Der Topf, ein Kochtopf aus Eisen, und darin das Fleisch. Ein Kochtopf schützt das Fleisch vor dem Verbrennen, vor dem Feuer, vor direkter Feuereinwirkung.
So ist Jerusalem mit ihren Mauern ein Kochtopf, und wir Menschen darin sind das Fleisch, das nicht schwarz gebrannt wird. Das war ihre Ansicht: Wir sind hier in Sicherheit hinter den Mauern Jerusalems.
Da ist noch ein Wortspiel, das uns entgeht: Basar, Fleisch im Hebräischen, bezeichnet einerseits das Fleisch von Tieren, auch von Menschen. Aber Basar ist auch eine Bezeichnung für Menschen allgemein. Wir kennen das aus der Sintflutgeschichte, wenn Gott sagt, das Ende alles Fleisches sei vor mich gekommen – also das Ende der Menschheit. Basar, das Fleisch, ist die Menschheit.
Wir sind Menschen, quasi sicher hinter den eisernen Mauern Jerusalems. Das war die Botschaft: Es ist nicht an der Zeit, Häuser zu bauen.
Damit meinen sie doch Jerusalem, oder?
Nein, das wird nicht gesagt. Sie sagen aber, es sei nicht jetzt die Zeit des Häuserbauens. Häuser gab es ja schon in Jerusalem. Jeremia sagt, jetzt müsst ihr euch neue Häuser in Babylon bauen, weil ihr euch dort festsetzen müsst. Ihr müsst euch auf eine lange Exilszeit einstellen.
Aber sie sagen den Weggeführten: Ihr müsst jetzt in Babylon keine Häuser bauen. Ist das der Gedanke?
Nein, sie sprechen zu den Juden in Jerusalem. Ihr müsst euch nicht darauf einstellen, in Babylon Häuser zu bauen. Ihr werdet nicht weggeführt, ihr bleibt hier in euren Häusern in Sicherheit.
Hesekiel sieht, was diese Fürsten in Jerusalem sagen, und sie sprechen zu den Jerusalemitern: Ihr könnt in euren Häusern bleiben, ihr müsst nicht in nächster Zeit in Babylon Häuser bauen. Es ist nicht Zeit für Häuserbau. Wir sind sicher hinter den Mauern Jerusalems.
Aber das war falsche Prophetie. In der Endzeit zu sagen: Friede, Friede, ist eine Lüge.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es heißt ja: „Sie ist der Topf.“ Worauf bezieht sich das?
Sie, das ist Jerusalem. Die Stadt ist im Hebräischen weiblich, Ha'ir ist eine Frau.
Aber dann wäre das Kochen von Fleisch im Topf eigentlich ein positives Bild.
Ja, hier wird die schützende Funktion des Topfs betont. Natürlich gibt es Feuer, die babylonische Armee hat schon 605 v. Chr. zum ersten Mal die Stadt belagert und eine kleine Elite weggeführt. Das war nur der Anfang.
Unter Hesekiel, 597 v. Chr., wurde erneut eine Gruppe deportiert. Die anderen sagen: „Schaut, es ist schon ein bisschen heiß, aber die Mauern reichen, wir sind sicher, wir gehen nicht nach Babylon, wir müssen dort keine neuen Häuser bauen.“
Klar, die Katastrophe kam 586 v. Chr. Die Mauern Jerusalems wurden abgerissen, der salomonische Tempel in Staub und Asche gelegt, und die große Masse wurde ins Exil geführt.
Darauf bezieht sich die Vision.
Ja, sie sagen vorher noch: „Ihr müsst euch keine Sorgen machen, der Totalzusammenbruch kommt nicht.“ Aber Gott hat Jeremia gesagt, siebzig Jahre, und tatsächlich ist interessant: Wann ist das assyrische Reich untergegangen? Die Babylonier wurden Weltmacht. 612 fiel Ninive, dann gab es weitere Kriegshandlungen. 609 war es endgültig vorbei. 609 hatte Babylon die Weltherrschaft.
538, also von 609 bis 538 im Herbst, fiel Babylon in die Hände der Perser. Genau siebzig Jahre sind das.
Man muss nicht ab der ersten Deportation rechnen, das wäre zu wenig. Auch nicht ab der Zerstörung Jerusalems 586, sondern die Zeit Babels ist die Zeit von Fall Assyriens bis Fall Babylons. Exakt siebzig Jahre.
Liberale Theologen haben gesagt, es stimmt nicht genau mit den siebzig Jahren bei Jeremia. Doch, es stimmt ganz genau. Das ist die Zeit Babels.
Jetzt ist mir durch die verschiedenen Fragen aufgefallen: Die Chronologie ist nicht immer ganz klar. Hesekiel sieht ja wahrscheinlich das Wegführen der Schechina aus Rückblick und die anderen Dinge im Vorblick. Oder kann man das so sagen? Oder sieht er das gemischt? Es ist nicht immer eindeutig, ob es schon geschehen ist oder noch in der Zukunft liegt.
Ja, er sieht gewisse Dinge gerade im Moment, wie es war. Er sieht in Babylon, was sich jetzt in Jerusalem abspielt, zum Beispiel diese Fürsten. Das sieht er ganz genau, wie durch ein Fernglas.
Etwa so, als wenn wir auf einem Planeten 3500 Lichtjahre entfernt wären und mit einem scharfen Fernrohr auf die Erde blickten. Würden wir die Sinai-Halbinsel einstellen, was würden wir sehen? Den Durchzug des Volkes Israel durch die Sinai-Wüste. So ist das.
Ein Gedankenspiel. Hesekiel als Prophet konnte in Babylon sehen, was in Jerusalem aktuell geschah. Das erzählte er besonders seinen Leuten in Babylon, um sie zu ermahnen und zur Einsicht zu bringen.
Er hatte gewissermaßen den Außenposten in Babylon bei den Weggeführten, so wie Jeremia den Innenposten in Jerusalem hatte. Jeder an seinem Ort.
Gut, schauen wir nun, was geschieht. Diese Fürsten, die Führer, verführen das Volk. Das ist auch heute so: Die, die große Verantwortung im Volk Gottes haben, sind die Rädelsführer, die Anführer. Viele im Volk Gottes laufen ihnen nach und werden verführt. Aber die große Schuld tragen die führenden Leute, die Parolen herausgeben und das Volk Gottes in die Irre führen.
Das war auch hier so. Pelatja und Jasania waren die Verführer.
Darum Vers 5, Bruno, liest du noch mal?
„Und der Geist Jehovas fiel auf mich und sprach zu mir: Sprich, so spricht Jehova, du Menschensohn, und sage ihnen, was in eurem Geist aufsteigt, das weiß ich. Gott weiß ganz genau, wie wir denken.
Weiter: Ihr habt viele Erschlagene in dieser Stadt und auf ihren Straßen mit erschlagenen Gefühlen gemacht. Darum spricht Herr Jehova: Eure Erschlagenen, die ihr in ihrer Mitte hingestreckt habt, sind das Fleisch, und sie ist der Topf. Ihr werdet aus ihrer Mitte hinausgeführt.“
Jetzt nimmt Gott den Spruch mit dem Topf und dem Fleisch auf. Er sagt: In Jerusalem ist so viel unschuldiges Blut vergossen worden. All diese ermordeten Menschen sind das Fleisch im Topf. Nicht ihr seid das Fleisch, das in der Stadt bleibt. Ihr selbst werdet exiliert, ihr werdet nach Babylon weggeführt.
Weiter: „Ihr fürchtet das Schwert, und das Schwert werde ich über euch bringen, spricht der Herr Jehova. Ich werde euch aus ihrer Mitte hinausführen und in die Hand der Fremden geben und Gerichte an euch üben. Durch das Schwert sollt ihr fallen. An der Grenze Israels werde ich euch richten, und ihr werdet wissen, dass ich Jehova bin.“
Jerusalem wird euch nicht mehr der Topf sein, und ihr werdet nicht das Fleisch in ihrer Mitte sein. Ihr werdet nicht in der Stadt bleiben, sondern hinausgehen, an der Grenze gerichtet werden.
Ist das eine Andeutung darauf, dass die Erschlagenen eigentlich leben, obwohl sie erschlagen sind?
Nein, die Erschlagenen bleiben in Jerusalem. Sie werden nicht deportiert. Das tote Fleisch bleibt in Jerusalem. Aber ihr, die große Masse, werdet hinausgeführt.
Die Pfanne, ihr bleibt nicht darin, ihr geht hinaus.
Weiter: Diese wurden weggeführt, wie zum Beispiel König Zedekia, der unterwegs hingerichtet wurde, indem man ihm die Augen ausstach. Seine Söhne wurden vor seinen Augen abgeschlachtet – genau so, wie der Prophet es vorausgesagt hat.
Weiter: „Ihr werdet wissen, dass ich Jehova bin, in dessen Satzungen ihr nicht gewandelt und dessen Rechte ihr nicht getan habt, sondern nach den Rechten der Nationen, die rings um euch leer sind.“
Das ist der Punkt. Die falschen Propheten heute sagen: Friede, Friede, es wird eine riesige Erweckung geben. Rick Joyner hat das vorausgesagt: Massen werden sich bekehren, ganze Nationen umkehren.
Wenn man die moralische Situation unter Evangelikalen in Amerika betrachtet, ist die Scheidungsrate dort höher als in der Welt. Das ist ein Wahn! Natürlich kommt das auch daher, dass viele in der Welt gar nicht mehr heiraten. Dadurch gibt es dieses eigenartige Zahlenverhältnis.
Man kann sagen: Die Ungläubigen, die heiraten, haben eine höhere Stabilität als die Evangelikalen. Es ist ein Abfall, greifbare Sünde.
Der Herr sagt hier: Ihr habt in seinen Satzungen nicht gewandelt und seine Rechte nicht getan, sondern nach den Rechten der Heiden, die rings um euch sind.
Solchen Leuten sagen die falschen Propheten: „Es kommt alles gut, Friede, Friede.“ Das ist eine Lüge.
Aber der Schriftsteller muss es biblisch begründen. Er hatte eine Vision.
Ein moderner Prophet, einer der großen in der Prophetenbewegung. Anstatt dem Volk Gottes zu sagen, wir müssen umkehren zum Wort Gottes, biblische Werte umsetzen, wird gesagt: Friede, Friede, die große Erweckung kommt. Zeichen und Wunder größer als in apostolischer Zeit.
Es wurde sogar gesagt von solchen Führern: Die Apostel werden stolz sein, uns zu begrüßen.
Nicht meine Meinung.
Rick Joyner – er erzählt oft solchen Quatsch.
Ich wüsste nicht, dass das jemals zurückgenommen worden ist.
Die Masse zieht daraus keine Konsequenzen.
Könnte es sein, dass er über die Zeit der Kirchengeschichte hinausblickt und an das Volk Israel denkt, wenn es wieder gesammelt wird? Wenn sich Gottes Volk Israel annimmt, wird ein mächtiger Segenstrom fließen. Das kann man wirklich gewaltig nennen.
Das wird kommen, aber nicht in Verbindung mit der Gemeinde. Diese Falschprophetie ist in Verbindung mit der Gemeinde.
Das Ganze wird mit der Geistesausgießung gesprochen. Es heißt schließlich in Joel: In den letzten Tagen werde ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, eure Töchter werden weissagen, eure Söhne Träume haben.
Für welche Zeit ist das? Für das tausendjährige Reich.
Am Anfang des Tausendjährigen Reiches wird Gott, nach jenen Tagen, nachdem in Joel 2 die große Drangsal beschrieben ist, seinen Geist ausgießen.
Die Entrückung wird vorher geschehen, vor der großen Drangsal. Da geht der Heilige Geist weg. Darum kann er nach der Drangsal wieder ausgegossen werden.
Heute ist der Heilige Geist in der Gemeinde, am Pfingsttag ist er gekommen.
Es ist eine Beleidigung Gottes, des Heiligen Geistes, wenn man heute betet: „Komm Heiliger Geist.“ Er ist ja da.
Es ist, wie Reinhold sagt, etwas Wahrheit daran: Es wird eine große Geistesausgießung geben, aber der Kalender ist völlig durcheinander. Das hat nichts mit der Gemeinde zu tun.
Ist das vergleichbar mit dem Spätregen der östlichen großen Welt?
Ja, ganz genau. Aber das hat mit der Zukunft Israels zu tun. Solche Dinge werden einfach auf die heutige Christenheit angewandt – das ist falsch, Falschprophetie.
Parallel zur Situation hier: Anstatt dem Volk zu sagen, ihr müsst umkehren – Jeremia hat das getan – sagen sie: Es ist alles okay, keine Angst, es kommt gut.
Aber Gott hat noch ein Zeichen gegeben. Lies mal Vers 13 weiter.
Bevor die Katastrophe für Jerusalem kam, hat Gott diesen Pelatja hingerichtet, um Israel die Augen zu öffnen: Seht, das war ein falscher Mann. Wenn ihr nicht umkehrt, kommt das Gericht Gottes.
Hesekiel ist nicht der, der sagt: „Ha, jetzt ist er dran.“ Er schreit auf: „Herr, willst du wirklich den Überrest Israel ausrotten?“ Das zeigt die Liebe zum Volk Gottes. Sie schlägt nicht einfach zu, obwohl sie es verdient hätten.
Könnte man die Zeitvergleiche heute mit Offenbarung 3,14 ziehen? Dort geht es um den Engel der Versammlung in Laodizea, der schreibt: „Ach, wärst du doch warm oder kalt.“
Ich denke, wir stehen heute in dieser Zeit fremd.
Ja, ganz genau. Die Zeit der Lauheit.
Laodizea hatte zwei Aquädukte, eines führte Wasser von einer heißen Quelle, eines von einer kalten Quelle.
Als das Wasser von der heißen Quelle in Laodizea ankam, war es lauwarm – zum Erbrechen. Das kalte Wasser war inzwischen auch lauwarm geworden.
Kaltes Wasser wäre erfrischend, heißes Wasser angenehm gewesen. Aber beides war so übel, eben lauwarm.
Das ist Mittelmäßigkeit – nichts Erfrischendes, nichts Nützliches mehr.
Wohin ging die Wasserleitung von Laodizea? Von zwei entfernten Quellen wurde Wasser nach Laodizea geführt.
Heißes Wasser ist nützlich, kaltes Wasser erfrischend. Laodizea war weder kalt noch heiß.
Man denkt manchmal, kalt sei negativ. Wieso kann der Herr sagen: „Wärst du doch kalt?“ Nein, das ist positiv gemeint: Wärst du eine erfrischende Quelle oder eine warme, nützliche Quelle. Aber ihr seid lau, und das ist übel.
Lauer Kaffee.
Zum Fortfahren, Bruno, lies weiter Vers 14:
„Und das Wort Jehovas geschah zu mir: Menschensohn, deine Brüder, die Männer deiner Verwandtschaft, das ganze Haus Israel insgesamt, zu welchem wir die Bewohner Jerusalems zählen, bleiben fern von Jehova. Uns ist das Land zum Besitz gegeben.“
Hier spricht der Prophet speziell die Juden an, die bereits in der Gefangenschaft in Babylon waren. Er macht ihnen Mut.
Sie könnten denken: Wir sind im Nachteil, die anderen sind in Jerusalem und vielleicht wird es dort noch gut.
Er sagt: Nein, ihr habt den Vorteil.
Die, die sagen: „Ihr seid weit weg vom Herrn, wir haben das Land Israel“, liegen falsch.
Jetzt wird Mut gemacht denen, die weggeführt sind.
Vers 16: „Darum spreche ich, so spricht der Herr Jehova: Obgleich ich sie unter die Nationen entfernt und in die Länder zerstreut habe, so bin ich ihnen doch ein wenig zum Heiligtum geworden in den Ländern, wohin sie gekommen sind.“
Das ist eine ganz wichtige Stelle, ein Schlüsselfvers.
Gott macht den zerstreuten Juden Mut: Ihr seid nicht einfach in einem Loch der Hoffnungslosigkeit. Ihr seid zwar weit weg vom Tempel, und die in Jerusalem waren hochmütig und sagten: „Bleibt fern von Jehova, wir sind ihm nahe, weil wir beim Tempel sind.“
Nein, der Tempel sollte zerstört werden, die Schechina weggehen.
Aber Gott sagt zu den Weggeführten: Obwohl ich euch verstreut habe, bin ich euch doch ein wenig zum Heiligtum geworden.
Im Judentum wird diese Stelle noch heute zur Bestätigung der Tradition der Synagogen genommen.
Die Juden haben in aller Welt Synagogen, aber den Tempel haben sie verloren.
Sie sagen: „Der Herr ist für uns zum kleinen Heiligtum geworden, wo wir noch etwas von Gottes Wort haben und zusammenkommen zum Gebet.“
Hier werden speziell die in Babylon angesprochen.
Ihr seid zwar weit weg, aber ich will mich euch offenbaren.
Der Tempel in Jerusalem konnte man nicht in ein paar Quadratmetern einfangen. Gott ist allgegenwärtig, aber an diesem Ort offenbarte er sich besonders Israel.
Die im Exil könnten sagen: Jetzt haben wir nichts mehr von Gott.
Er sagt: Nein, auch in der Zerstreuung bin ich euch zum kleinen Heiligtum geworden.
Das war auch in der weltweiten Zerstreuung der Juden eine Ermutigung: Man kann Gott trotzdem erleben.
Mit den Augen des Neuen Testaments müssen wir besonders an die vielen Juden im Ausland in den vergangenen zweitausend Jahren denken, die zum Glauben kamen.
Sie kehrten nicht zurück nach Israel, aber sie erlebten, was Gemeinde bedeutet.
Herr Jesus sagt in Matthäus 18,20: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“
Heute gibt es etwa 300.000 bekehrte Juden. Die meisten leben nicht in Israel, sondern im Ausland.
Für Juden in der Zerstreuung ist es heute viel einfacher, zum Glauben zu kommen als in Israel. Der gesellschaftliche Druck in Israel ist zehnmal höher als im Ausland.
So haben Hunderttausende von Juden, viele im 19. Jahrhundert, erlebt, was es heißt, in der Zerstreuung zu sein und Gottes Gegenwart trotzdem zu erfahren.
„So bin ich ihnen doch ein wenig zum Heiligtum geworden.“
Bruno, lies weiter Vers 17, die große Verheißung für die endzeitliche Rückführung:
„Darum sprich, so spricht der Herr Jehova: Ja, ich werde euch aus den Völkern sammeln und zusammenbringen aus den Ländern, in welche ihr zerstreut seid, und euch das Land Israel geben. Sie werden dorthin kommen und alle Scheußlichkeiten und Grauel daraus entfernen. Ich werde ihnen ein Herz geben und einen neuen Geist in ihr Inneres geben. Ich werde das steinerne Herz aus ihrem Fleisch wegnehmen und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Satzungen wandeln und meine Rechte bewahren und tun. Sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein. Wem aber ihr Herz nach den Scheußlichkeiten und Graueln wandelt, denen will ich ihren Weg auf ihren Kopf bringen, spricht der Herr Jehova.“
Gott spricht hier über die Rückführung der Juden aus den Völkern.
Das hat sich teilweise erfüllt, als viele 538 v. Chr. zurückkehrten, als Babylon in die Hände der Perser fiel.
Zehntausende gingen zurück und bauten den zweiten Tempel.
Aber die Masse war nicht bekehrt.
Im letzten Prophetenbuch Maleachi sehen wir das Volk moralisch auf einem Tiefpunkt. Die Zurückgekehrten aus Babylon, auch in Esra und Nehemia, zeigen das.
Manche haben schon erlebt, was es heißt, dass Gott ihnen einen neuen Geist und ein neues Herz gab.
Die volle Bedeutung dieser Stelle ist noch zukünftig.
Das neue Herz, der neue Geist, das Wandeln in Gottes Satzungen, das Volk sein und Gott sein – das ist die zukünftige vollständige Wiederherstellung Israels.
Hesekiel kündigt hier etwas an, was wir ausführlich in Hesekiel 34, 35, 36, 37 usw. finden.
Wir sehen, wie die Wegführung nach Babylon und dann die Wegführung im Jahr 70 n. Chr. weltweit zusammengehören.
Warum dürfen die Juden nach siebzig Jahren zurückkehren? Nicht, weil sie besser waren als die zehn Stämme, sondern weil sie dem Messias begegnen mussten, der aus dem Stamm Juda kommen sollte.
Der Messias kam, wurde von der Masse verworfen, und das jüdische Volk ging in die weltweite Zerstreuung.
Hier haben wir die Zusage: „Ich werde euch zusammenbringen, in euer Land zurückführen, und dann kommt eure Erweckung. Ihr werdet alle Scheußlichkeiten wegtun und eine nationale Wiedergeburt erleben.“
Es wird gesagt, sie werden alle Scheußlichkeiten des Landes wegtun, also aktiv.
Könnte man fragen, ob sie dann auch die Tempel in Jerusalem zerstören?
Nein, es geht um Scheußlichkeiten und Gräuel, also Götzenbilder.
Das hat sich bereits erfüllt, als sie aus Babylon zurückkamen. Das Problem des Götzendienstes war nicht mehr so offensichtlich.
Interessant: In den Evangelien ist das Problem nicht mehr der Götzendienst mit Götzenbildern, sondern subtiler im Pharisäismus, in widergöttlicher Gesetzlichkeit, und im Sadduzäismus, einer Auflehnung gegen Gott, in Liberalität.
Die Sadduzäer waren die Liberalen.
Der Götzendienst war nicht mehr sichtbar, sondern im Herzen verborgen.
Deshalb wird der Antichrist den Götzendienst wieder einführen.
Das war keine echte Reinigung, nur äußerlich.
Darum kommt das Schlimmste am Schluss.
Hier sagt die Prophetie: Ihr werdet all die Scheußlichkeiten wegtun, und dann kommt die Wiedergeburt Israels in der Zukunft.
Wichtig: Gott führt euch zurück ins Land, und erst dort werdet ihr erneuert.
Das jüdische Volk ist zum größten Teil gottlos.
80 % in Israel sind Agnostiker und Atheisten. Agnostiker können nicht sicher wissen.
Nur 20 % sind orthodox, aber orthodox heißt nicht fromm. Da kann man ein totaler Heuchler sein und trotzdem orthodox.
Manche Christen sagen: Vergesst Israel, das hat nichts mit der Bibel zu tun, das ist ein gottloses Volk.
Die Prophetie sagt: Ein unreines Volk kehrt zurück, und dann im Land wird Gott in der Zeit der Drangsal das große Werk tun, zur Wiedergeburt führen und am Ende der Drangsal eine Geistesausgießung über Israel senden.
Alles, was heute läuft, ist genau nach Gottes Programm.
Israel ist Gottes wichtiger Uhrzeiger an der Endzeituhr.
Gibt es noch Fragen?
Ja?
Der Hesekiel hat in Babylon diese Visionen bekommen, die Israel und das Volk dort betreffen. Sind die auch auf irgendeine Weise den Leuten in Jerusalem mitgeteilt worden? Oder hat er das nur denen in Babylon erzählt?
Er hat es denen in Babylon erzählt.
Erst mit der Rückkehr aus Babylon wurde das Buch Hesekiel nach Jerusalem gebracht.
Im Buch Hesekiel wird nicht gesagt, dass diese Prophezeiungen in der Zwischenzeit überbracht wurden.
Gott hat offensichtlich Jeremia und andere in der Stadt benutzt.
Die Weggeführten, die vielleicht dachten, sie seien die Ärmsten, wurden durch Hesekiel privilegiert und umfassend informiert.
Bei Jeremia sehen wir, dass gewisse Teile, zum Beispiel Kapitel 50 und 51, über den Untergang Babylons nach Babel gebracht wurden.
Das wurde hochoffiziell in Babylon vorgelesen.
Sehr eindrücklich.
Noch was?
Ja, Heidi.
In der Apostelgeschichte – also bei Joel – hat Paulus, also Petrus gesagt, die Leute seien nicht betrunken, sondern es werde geschehen, ab jener Zeit. Bezieht er sich auf die Joel-Stelle?
Ja, richtig.
Ich dachte, das sei praktisch da geschehen, an den Stufen.
Nein, er sagt, sie sind entsetzt. Als sie das Pfingstereignis erlebten, sagte er: Ihr müsst nicht entsetzt sein, das ist nicht unverständlich. Es ist genau das, was Joel gesagt hat: die Ausgießung des Heiligen Geistes.
Aber er sagt nicht, hiermit ist Joel erfüllt, sondern es ist genau das Gleiche, wie Joel beschreibt.
Er zitiert ausführlich: „Wunder im Himmel, Zeichen auf der Erde, Blut, Feuer, Rauch, Dampf, die Sonne wird verwandelt in Finsternis, der Mond in Blut.“ Das war am Pfingsttag nicht geschehen.
Er zitiert ausführlich und dokumentiert.
Es ist nicht die endgültige Erfüllung von Joel, aber es ist genau das gleiche.
Das kennt man aus der Prophetie.
Ihr müsst nicht überrascht sein über die Ereignisse, die hier geschehen.
Es ist das Ereignis einer Geistesausgießung, bekannt aus dem Alten Testament.
Mit der Einschränkung, die du vorher genannt hast: Nach der Entrückung geht der Heilige Geist weg und kommt dann wieder zurück.
Endgültig erfüllt, ja.
Gerade am Anfang, nach der großen Drangsal kommt die Ausgießung des Geistes.
Ein neues Zeitalter, in dem Gott auf besondere Weise wirkt.
Diejenigen, die Joel auf die heutige Zeit beziehen, sind völlig durcheinander mit dem Kalender.
Wenn man mit Menschen zu tun hat, muss man das erklären.
Ja, genau.
Das Problem liegt wesentlich bei den Führern.
Viele Christen sind dankbar, wenn man so argumentiert und sagt: Joel bezieht sich auf eine ganz andere Zeit.
Wenn wir das wissen, haben wir einen wichtigen Auftrag.
So viele Christen sind dankbar für diese Handreichung.
Habe ich das richtig verstanden, dass das geschehen wird nach der großen Drangsal?
Ich bin überzeugt, dass es vor der großen Drangsal geschieht, in der ersten Hälfte der Siebzigjahrwoche Daniels, wo das Evangelium des Reiches gepredigt wird, bis an alle Enden der Erde.
Nein, Joel 2 sagt es klar.
Je nach Bibel wird anders gezählt. Bei mir ist es Joel 2,28, bei anderen Joel 3,1.
Dort heißt es: „Und danach wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgießen werde über alles Fleisch.“
Was ist vorher?
Vorher wird die große Drangsal beschrieben, zum Beispiel in Kapitel 2 Vers 2:
„Ein Tag der Finsternis und Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und der Wolkennacht, wie die Morgendämmerung. Es ist ausgebreitet über die Berge ein großes und mächtiges Volk, desgleichen von Ewigkeit hier nicht gewesen ist und nach ihm nicht mehr sein wird bis in die Jahre der Geschlechter.
Vor ihm her verzehrt das Feuer, nach ihm lodert die Flamme.
Vor ihm ist das Land wie der Garten Eden, nach ihm eine öde Wüste.
Es lässt keine Entronnenen übrig.“
Das Land Israel wird wie der Garten Eden vollständig von einer Armee von Norden her überrannt und verbrannt.
Das ist Politik der verbrannten Erde.
Das wird im ganzen Kapitel 2 beschrieben.
Dann kommt 2,28 beziehungsweise 3,1:
„Und danach wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgießen werde.“
Die Versiegelten – woher kommt die große Fürstung in der Offenbarung 7?
Die 144.000 bekehren sich gerade nach der Entrückung und vor der großen Drangsal.
Aber sie haben keine Geistesausgießung.
Den Geist bekommen sie erst am Anfang des Tausendjährigen Reiches.
Sie hat mit der Siebzigjahrwoche zu tun.
Hier hat Beurer eine Empfehlung gegeben.
Das bezieht sich sicher auf die 25 Männer, die Führer des Volkes.
Aber das sind doch die Barim, die dort eingezogen sind und sie umgebracht haben.
Es geht darum, dass hier angeklagt wird, dass in Jerusalem viel unschuldiges Blut vergossen wurde.
Propheten wurden ermordet, die wahre Botschaft brachten, die nie populär war.
Das ging bis ans Blut.
Ihr habt viele Menschen ermordet; die bleiben das Fleisch im Topf, aber ihr werdet ausgewandert.
So ist die Argumentation.
Gut, machen wir nächstes Mal weiter.
