Einführung in den Aufbau des Buches Hesekiel
Wir stehen bei Hesekiel 23. Ich hoffe, wir können heute Hesekiel 23 und 24 gemeinsam durchnehmen. Damit schließen wir den ersten Teil des Buches Hesekiel ab.
Der erste Teil zeigt den Untergang Jerusalems und den Weggang der Herrlichkeit Gottes aus Jerusalem. Es ist also ein trauriger Abschnitt, der hier zu Ende geht.
Dann folgt der zweite Teil, der eine Art Einschub bis Kapitel 32 darstellt. Dort wird das Gericht über sieben heidnische Völker und Städte vorgestellt. Das ist hochinteressant, wie wir sehen werden, mit ganz aktuellen Bezügen zu uns. Außerdem enthält es eindrückliche Prophezeiungen, die sich nachweislich in der Weltgeschichte erfüllt haben.
Anschließend kommt der Schlussteil, von Kapitel 33 bis 48. Dort finden wir Gottes tröstende Antwort auf den ersten Teil. Die Herrlichkeit des Herrn kehrt zurück. Gott richtet sein Volk wieder neu auf und verspricht ihm eine herrliche Zukunft.
So können wir die Kapitel 23 und 24 besser einordnen: Sie krönen und schließen den traurigen Teil von Hesekiel ab, das Gericht Gottes über sein Volk.
Die Schockierende Sprache des Gerichtes
Lesen wir mal Kapitel 23 durch. Bruno, kannst du bitte den ersten Teil bis Vers 35 vorlesen?
Es ist ein schockierendes Kapitel, bei dem man überrascht ist, dass es in der Bibel steht. Doch genau deshalb hat Gott es in die Bibel aufgenommen – um uns zu schockieren und deutlich zu machen, dass es hier um Unzucht und Hurerei geht. Im geistlichen Sinn bedeutet das den Abfall von Gott. Diese Sünde ist so schlimm in Gottes Augen, dass er sie in so offener Sprache geißelt.
Um den neutestamentlichen Bezug gleich herzustellen, schlagen wir Jakobus 4 auf, Vers 4. Wer möchte lesen?
Dort steht: „Ihr Ehebrecher, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes.“
Hier geht es also um die Freundschaft mit der Welt. Es ist wichtig, daran zu denken, dass „Welt“ in der Bibel nicht immer dasselbe bedeutet. Wenn Gott die Welt geschaffen hat – das Universum –, dann hat er etwas Gutes geschaffen. Alles war sehr gut.
Aber das Wort „Welt“ bezeichnet an manchen Stellen in der Bibel etwas anderes. Nämlich dieses System unter den Menschen, das Satan beherrscht. Satan ist gewissermaßen der Fürst dieser Welt. In 2. Korinther 4,4 wird er sogar als „Gott dieser Welt“ bezeichnet.
Dieses System wird ebenfalls „Welt“ genannt. Es ist ein etwas schwieriger Ausdruck. Wenn man über Weltlichkeit unter Christen spricht, wird das oft auf eine Liste von zehn Punkten eingeschränkt. Damit hat man aber das Wesen der Welt überhaupt nicht erfasst.
Die Drei Aspekte der Weltlichkeit und ihre biblische Bedeutung
Ja, Reinhard? Nach Esther ist es, wie Johannes sagt, die Lust der Augen und die Lust des Fleisches. Wir können die Stelle gleich dazu noch aufschlagen. Lassen wir Jakobus offen, und Reinhold schlägt uns vor, 1. Johannes 2,15-17 vorzulesen. Du nimmst eine ganz andere Übersetzung. Ach so, ja gut, dann... Aber das schockiert uns nicht, wenn du eine andere Übersetzung hast. Natürlich, ich komme im Arten an die Kladern. Gut, also jemand anders, bitte.
Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm, denn alles, was in der Welt ist – die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens – ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.
In Johannes 3,16 hat derselbe Johannes geschrieben: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ Hier steht jedoch: „Liebe nicht die Welt, noch was in der Welt ist.“ Es ist dasselbe Wort mit zwei ganz verschiedenen Bedeutungen.
In Johannes 3,16 bedeutet Kosmos „Welt“ als die ganze Menschheit. Gott hat die Menschheit geliebt. Wenn Johannes hier sagt „Liebe nicht die Welt“, dann meint er nicht „Liebe nicht die Menschheit“, sondern er meint: Liebt nicht dieses System, in dem Satan der Fürst ist, unter den Menschen.
Wie bereits angedeutet, haben wir hier ein Drei-Punkte-Programm: die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens. Grundsätzlich findet man das bereits in der Versuchungsgeschichte im Paradies. Als Eva die verbotene Frucht ansah, sah sie, dass sie gut zur Speise wäre – die Lust des Fleisches. Sie war lieblich anzusehen – die Lust der Augen. Und sie war beeindruckt, dass diese Frucht ihr höhere Einsicht geben könnte – der Hochmut des Lebens.
Dieses Drei-Punkte-Programm ist gewiss die Regierung Satans. Es war von Anfang an erfolgreich bis heute. Und als der Herr Jesus ans Kreuz genagelt wurde, hat eigentlich dieses System, diese Welt unter der Leitung Satans, den Messias gekreuzigt.
Die Vielschichtigkeit der Welt in der Kreuzigung Jesu
Die Überschrift war in drei Sprachen: Hebräisch, Griechisch und Lateinisch. Diese Sprachen drücken sehr schön die verschiedenen Facetten der Welt aus.
Hebräisch war die religiöse Sprache. Damals ging es jedoch um eine pervertierte, verdrehte Religion, die bereit war, den Erlöser zu töten. Es handelte sich also um ein religiöses System.
Lateinisch war die Sprache der Besatzer und damit die politische Sprache. Satan ist auch führend in einer widergöttlichen Politik, und in dieser drückt sich die Welt ebenfalls aus.
Griechisch war die Sprache der Kultur. Damals waren Philosophie und Naturwissenschaft eng miteinander verbunden. Das Griechische charakterisierte diese Bereiche als Sprache der Philosophie und Wissenschaft.
Alle diese Bereiche sind am Kampf gegen Gott beteiligt. Das bedeutet natürlich nicht, dass Glaube an sich nicht etwas Gutes wäre, wenn es um die perverse Religion in Hebräisch geht. Ebenso ist es nicht so, dass die Staatsführung an sich schlecht wäre.
Es geht vielmehr um die Perversion der Politik unter der Leitung Satans. Dadurch ist unsere Welt weitgehend gekennzeichnet. Wo sind die Politiker, die wirklich göttliche Wahrheit und Gerechtigkeit bringen?
Auch in Bezug auf Philosophie und Naturwissenschaft ist wissenschaftliche Arbeit an sich nicht negativ. Doch wir sollten betrachten, wie wissenschaftliche Arbeit im Kampf gegen Gott benutzt wird.
Hinter all diesen Facetten steht Satan als Fürst dieser Welt.
Die Bedeutung von Feindschaft gegen Gott
Und nun, wenn wir lesen in Jakobus 4: „Ihr Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun irgendein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.“
Also, wenn wir in allen möglichen Bereichen, die die Bibel als Welt bezeichnet, liebäugeln, flirten oder kokettieren, dann ist das Feindschaft gegen Gott. Es geht darum, dass wir uns ganz klare Feindbilder schaffen.
Es ist übrigens ganz wichtig, Feindbilder zu haben. Auch eine Gemeinde muss Feindbilder haben, das ist sehr motivierend. Aber es dürfen keine falschen Feindbilder sein. Es gibt viele Feindbilder, die falsch sind und die man nicht haben sollte. Nicht andere Christen sind unsere Feinde. Es geht um die Welt, das, wo Satan regiert. Das sind unsere Feinde, und da müssen wir ein Feindbild entwickeln.
Wenn wir uns stattdessen eher von der Welt anziehen lassen und versuchen, das irgendwie zu kombinieren, dann bezeichnet Gott das als Ehebruch. Israel hat das vorgelebt, und es war für Gott so schlimm, dass es dieses schockierende Kapitel Hesekiel 23 gibt, in dem Gott die ganze Scheußlichkeit des Abfalls von ihm aufzeigt.
Ganz zentral ist Hesekiel 23,35: „Darum so spricht der Herr, der Ewige: Weil du mich vergessen und mich hinter deinen Rücken geworfen hast, so trage du auch deine Schandtaten und deine Hurereien.“
Das können wir direkt auf das einst christliche Abendland übertragen. Dort haben wir genau das neu erlebt, besonders im zwanzigsten Jahrhundert: Die großen Massen haben ganz bewusst und deutlich den einen Gott der Bibel verworfen und damit auch die moralischen Maßstäbe hinter sich gelassen.
Interessanterweise ist mit diesem Abfall im christlichen Abendland auch die sexuelle Perversion an die Tagesordnung gekommen. Diese Dinge sind eng verbunden und gehören zusammen. Dazwischen besteht ein direkter Zusammenhang.
Auch damals war Götzendienst oft oder ganz gewöhnlich mit sexueller Perversion verbunden. Das ist so eng miteinander verwandt, dass es zusammengehört.
Gut, das hilft, den Bezug zu heute besser zu sehen.
Der vorausgesagte Abfall und seine Bedeutung
Übrigens, was diesen Abfall betrifft: Paulus hatte ihn vorausgesagt. Im 2. Thessalonicherbrief, Kapitel 2, können wir das noch kurz nachlesen. Die Thessalonicher damals hatten Besuch von Irrlehrern, die behaupteten, sie seien bereits in der Gerichtszeit, quasi in der Zeit der Wiederkunft Jesu Christi.
Paulus widerspricht dem jedoch deutlich und erklärt Folgendes: 2. Thessalonicher 2,3: „Lasst euch von niemand verführen, auf keine Weise! Denn es wird nicht geschehen, es sei denn, dass zuvor der Abfall kommt und der Mensch der Sünde offenbart wird, der Sohn des Verderbens, der Widersacher.“
Das reicht schon aus! Paulus sagt also: Nein, ihr befindet euch noch nicht in der Zeit der Wiederkunft Christi, dem sogenannten Tag des Herrn. Dieser Tag ist die Zeit der Wiederkunft Christi. Zuvor muss jedoch zuerst der große Abfall kommen, der Abfall.
Dann muss der Antichrist offenbar werden, und erst danach kommt Jesus Christus als König. Paulus kündigt also an: Es sei denn, dass zuerst der Abfall komme, die Apostasie. Das ist die breite Loslösung von Gott.
Diese Aussage kann man natürlich nicht auf die Heidenwelt beziehen, denn die Heidenwelt war damals bereits von Gott losgelöst. Das zeigt vielmehr den Abfall der Christenheit.
Und genau diesen Abfall haben wir im 20. Jahrhundert auf eine phänomenale, fast sensationelle Weise erlebt. So etwas hat es in der gesamten Geschichte der Christenheit bisher nicht gegeben.
Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dass ein Gläubiger, der wiedergeboren ist, verloren geht. Nein, ich spreche hier vom Abfall der Christenheit. Viele, die sich Christen nennen, werden als Antichristen bezeichnet. Ja, viele Christen gehen verloren, aber nicht die Wiedergeborenen.
Symbolik von Ohola und Oholiba – Die geteilte Nation Israel
Gut, jetzt gehen wir zurück zu Hesekiel 23. Hier werden zwei Töchter vorgestellt: Ohola und Oholiva. In Hesekiel 16 hatten wir etwas Ähnliches. Gott sprach dort über Jerusalem als eine Frau, die er geheiratet hat – die Stadt Jerusalem, die Hauptstadt Israels.
Jetzt aber wird über zwei Frauen gesprochen. Eine dieser Frauen stellt die zehn Stämme dar, das Nordreich der zehn Stämme. Die andere, Oholiva, repräsentiert das südliche Königreich Juda, das die Stämme Juda und Benjamin umfasst.
Das zwölfstämmige Volk wurde von Gott aus Ägypten herausgeführt. Schon in der Frühzeit, bereits in der Richterzeit, gab es Risse zwischen Nord und Süd. Dieser Bruch wurde endgültig und total nach dem Tod Salomos. Unter seinem Sohn Rehabeam wurde das zwölfstämmige Volk in zwei Nationen geteilt.
Dieses Ereignis ähnelt dem, was in Europa in den vergangenen Jahren mehrfach erlebt wurde: eine Nation spaltet sich in zwei oder sogar mehrere Teile, wie bei der Tschechoslowakei oder anderen Staaten. Israel erlebte eine solche Spaltung in ein Nordreich der zehn Stämme und ein Südreich.
Im Nordreich, das vor allem vom Stamm Ephraim geprägt war, zeigte sich eine gewisse Eifersucht gegenüber dem Stamm Juda. Von Gott her hatte Juda das Königtum erhalten. Um die zehn Stämme herum hatte besonders Ephraim die Führung inne. Deshalb wird in anderen Propheten, zum Beispiel im Buch Hosea, oft einfach von Ephraim gesprochen – gemeint ist das Zehnstämme-Reich.
So wie die Bibel häufig von Juda spricht und damit das südliche Reich meint, das die Stämme Juda und Benjamin umfasst.
Die Namen der beiden Frauen sind symbolisch und haben eine tiefere Bedeutung. Ohola bedeutet „ihr Zelt“. Vielleicht kennt man das Wort „Ohel“, das „Zelt“ heißt. Ohola heißt also „ihr Zelt“. Oholi bedeutet „mein Zelt“ oder „mein Zelt ist in ihr“.
Was ist mit diesem „Zelt“ gemeint? Was bedeutet „mein Zelt in ihr“ und „ihr Zelt“? „Ohel“ bezeichnet in den Büchern Mose über 140 Mal die Stiftshütte, das Zelt der Zusammenkunft. Über 140 Mal wird von „Ohel Moed“, dem Zelt der Begegnung, gesprochen.
Die Stiftshütte war der Tempel Gottes in Israel in der Frühzeit – ein transportabler Elementbau. Interessant ist, dass es diesen Elementbau schon vor etwa 3500 Jahren gab, und zwar nach göttlicher Anweisung. Gott lebte mitten unter Israel, wohnte in der Stiftshütte bis zur Zeit Salomos.
Dann wurde der erste Tempel auf dem Berg Zion gebaut. Aber was geschah mit der Stiftshütte? Man brachte sie nach Jerusalem. Dort war sie eine Zeitlang. Die Stiftshütte hatte verschiedene Wanderungen hinter sich, unter anderem war sie lange in Silo.
Als Salomo den Tempel baute, wurde die Stiftshütte nach Jerusalem gebracht. Doch in der Bibel steht nichts Weiteres darüber, was Salomo damit gemacht hat.
In der rabbinischen Tradition wird überliefert, dass Salomo die Stiftshütte auf dem Tempelberg untergebracht hat, nämlich in unterirdischen Räumen. Die heiligen Gegenstände stellte er in den Tempel, zum Beispiel den siebenarmigen Leuchter.
So ging die Stiftshütte im ersten Tempel auf. Es gibt mehrere Stellen in der Bibel, die den Tempel später weiterhin als Zelt bezeichnen, zum Beispiel Psalm 27. Dieser Psalm stammt noch von David, als der Tempel noch nicht gebaut war. David hatte jedoch alles für den Tempel vorbereitet.
Was singt David in Psalm 27, Verse 4 bis 5? „Nach diesem will ich trachten: zu wohnen im Haus des Herrn alle Tage meines Lebens, um die Lieblichkeit des Herrn anzuschauen und nach ihm zu forschen in seinem Tempel. Denn er wird mich bergen in seiner Hütte am Tage des Übels, er wird mich verbergen in dem Verborgenen seines Zeltes. Auf einem Felsen wird er mich erhöhen.“
Hier spricht David vom Tempel und gleichzeitig vom Zelt, von der Hütte, seinem Zelt.
Oholiva bedeutet „mein Zelt in ihr“, aus Gottes Sicht gesehen. David sagt außerdem: „Auf einem Felsen wird er mich erhöhen.“ Das hat eine sehr direkte Bedeutung in Bezug auf den Salomonstempel.
Das Allerheiligste war auf einem Felsen gebaut, der heute noch in der Al-Aqsa-Moschee zu sehen ist. Es war mehr als drei Meter höher als der Bereich des Heiligen. Der Hohepriester ging vom Heiligtum über den Vorhang drei Meter hinauf ins Allerheiligste.
David spricht davon, auf einem Felsen erhöht zu werden. Das ist der Zugang zur unmittelbaren Gegenwart Gottes. Damit wird deutlich, was zählt.
Die Stiftshütte im Neuen Testament und ihre Bedeutung
Und noch hilft uns das weiter. Es scheint, wir kommen jetzt recht weit weg von Hesekiel 23, aber um die Linie zu zeigen: Im Neuen Testament, im Hebräerbrief, wird doch über den Tempel und den Opferdienst damals gesprochen. Es wird erklärt, wie nun Jesus Christus durch sein Opfer diese Opfer erfüllt hat.
Der Hebräerbrief spricht über den damaligen Tempel und bezeichnet ihn immer als die Stiftshütte. Für viele Bibelleser war das immer eine Überraschung: Warum spricht der Hebräerbrief, wenn er vom zweiten Tempel spricht, von einer Hütte, von einer Stiftshütte?
Nun, die Stiftshütte ist eigentlich im Tempel aufgegangen. Das muss als eine Einheit gesehen werden, dieses Zelt. Wie gesagt wurde, wurden die Tempelgeräte von der Stiftshütte in den Tempel gebracht. Die Stiftshütte selbst wurde nicht zerstört, sondern in die Untergeschosse des Tempelbergs gebracht. So ging sie gewissermaßen organisch in den Tempel über.
Darum nennt Hesekiel am Ende der ersten Tempelperiode das Südreich Oholiba, mein Zelt in ihr. Das hat also Bezug auf den Tempel Gottes. Schauen wir noch Vers 38 an: Peter, liest du noch einmal? „Noch dieses haben sie mir getan: Sie haben mein Heiligtum verunreinigt, an selbigem Tage meine Sabbate entweiht.“
Jawohl, Gott beklagt sich ganz speziell darüber, wie das Königreich Juda sein Heiligtum beschmutzt und verunreinigt hatte. „Mein Heiligtum“ entspricht also „meinem Zelt in ihr“.
Und nochmals Vers 39: „Denn wenn sie ihre Kinder ihren Götzen schlachteten, so kamen sie am selben Tag in mein Heiligtum, um es zu entweihen.“ Und siehe, so haben sie es inmitten meines Hauses getan.
Dann wäre es mein Heiligtum, mein Haus und mein Zelt – aber das ist alles dasselbe.
Das Nordreich hieß hingegen Ohola, ihr Zelt, weil das Nordreich abgöttische Tempel in Samaria, in Bethel und in Dan errichtet hat. Damit hat Gott nichts zu tun. Das ist ihr Zelt, nicht mein Zelt.
Obwohl zum Beispiel das Höhenheiligtum von Dan in den vergangenen Jahren ausgegraben wurde. Dort ist ein Altar gefunden worden, der dem in Jerusalem entspricht. Es wurde auch eine große Plattform gebaut, die praktisch quadratisch ist. Dort stand dann das goldene Kalb oben. Die Plattform kann man heute sehen.
Aber warum quadratisch? Natürlich, weil der salomonische Tempel ebenfalls ein Quadrat von 50 mal 51 Metern war.
Allerdings ist das alles pervertiert, verdreht und ein Synkretismus. Es ist noch etwas von der ursprünglichen Religion da, aber vermischt mit anderen heidnischen Elementen.
Das ist heute eben Religionsvermischung. Wenn man Hans Küng heißt und alle Religionen toll findet, dann ist man in einer Zeit vor einigen Jahrzehnten noch als Außenseiter betrachtet worden. Alles, was mit Religion zu tun hatte, wurde damals anders gesehen.
Heute ist es modern, allen Religionen ein Recht zuzuerkennen und zu versuchen, sie zu vereinigen. Aber das wurde eben im Zehnstämmereich praktiziert, und Gott bezeichnet das als Hurerei – in dieser schockierenden Art und Weise.
Auch hier können wir ganz direkt den Bezug zu heutiger Religionsvermischung, Esoterik und New Age herstellen. Das ist hochaktuell, was wir da beschrieben finden.
Der Bund mit Israel als Eheverhältnis
Es geht nicht darum, dass Ezechiel 23 die Polygamie rechtfertigen würde. Vielmehr handelt es sich um eine symbolische Beschreibung. Gott sieht Israel als ein Volk, mit dem er sich verheiratet hat.
Wo und wann hat Gott sich mit Israel verheiratet? Wo steht das? Steht dort tatsächlich etwas von „heiraten“? Von einem Bund schließen ja, und da können wir eine Parallele zum Ehebund ziehen. Aber es ist mir noch nicht ausdrücklich genug.
Im Buch Jeremia, Kapitel 31, Verse 31-32, spricht Gott über den Neuen Bund und auch über den Alten. Dort finden wir es. Dort heißt es: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde.“ Haus Israel ist eine Bezeichnung für die zehn Stämme, also Ephraim, Haus Israel ist das Gleiche, und Haus Juda bezeichnet Juda und Benjamin.
Weiter heißt es: „Nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern gemacht habe, an dem Tag, da ich sie bei der Hand fasste, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen, welchen Bund sie gebrochen haben, obwohl ich mich mit ihnen vermählt hatte, spricht Jehova.“ Hier haben wir es ausdrücklich: Vermählung.
In der revidierten Übersetzung steht das Wort „Vermählung“ nicht. Wie steht es dort? Es heißt dort: „Obwohl ich doch ihr Herr war.“ „Ihr Herr“ ist das hebräische Wort „Ba'al“, was „Ehemann“ bedeutet. Dabei geht etwas verloren. Es handelt sich um eine Verbform, die bedeutet: „Obwohl ich ihr Ehemann geworden bin.“ „Ba'al“ ist die normale Bezeichnung für Ehemann. Im modernen Hebräisch sagt man „Ba'ali“ für „mein Ehemann“. Gleichzeitig bedeutet „Ba'al“ aber auch „mein Herr“. In der Sprache selbst ist also die Stellung von Mann und Frau ausgedrückt.
Auch in der heutigen Zeit der Emanzipation ist das im Hebräischen so geblieben – bis ins 21. Jahrhundert. Das kann man nicht ändern. Das ist auch gut so, wenn man es richtig versteht. So wird deutlich: Der Bund am Sinai war ein Ehebund mit Israel.
Aber wir sehen bereits, dass Gott in der Zukunft wieder mit Israel einen Bund schließen wird. Das heißt, Israel wird auch in der Zukunft wieder Gottes Frau werden. Durch diesen Ehebruch wurde Israel auf die Seite gestellt. Doch mit dem neuen Bund gibt es wieder eine neue Vermählung.
Es gibt Fälle, in denen eine Ehe geschieden wurde und die Partner später wieder zusammenkamen. Dann musste aber eine neue Heirat vollzogen werden. So macht Gott es mit Israel. Das ist ganz eindrücklich.
Unter dem Gesetz Mose war das verboten. Wenn eine Frau geschieden wurde und dann mit einem anderen Mann zusammenlebte, durfte sie nicht wieder die Frau des ersten Mannes werden. Dadurch sollte eine oberflächliche, schnelle Scheidung gebremst werden.
Gott sagt jedoch: Ich mache mit euch etwas, das unter dem Gesetz Mose eigentlich nicht möglich war. Ich werde euch wieder annehmen. Darum der neue Bund und der alte Bund.
Gott hat diesen Bund mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda geschlossen. Es ist ein Volk, doch der Riss zwischen diesen beiden Gruppen war sehr früh da. Das wird hier bildlich dargestellt als Aufspaltung in Ohola und Oholibah.
Die verschiedenen Bündnisse in der Bibel
War die allererste Bundesschließung nicht dort, wo Abraham diese Tiere zerteilen musste? War das nicht das Kalb und diese Tauben?
Ja, aber das war der Abrahamsbund. Es gibt eine ganze Reihe von Bündnissen, die sich durch die Bibel ziehen. Der erste Bund war im Paradies, der Bund mit Adam. Denn in Hosea 6,7 heißt es ausdrücklich: „Adam hat den Bund Gottes gebrochen.“ Die Abmachung dort war ein Bund, ein echter Bund.
Später haben wir bei Noah nach der Sintflut den noachidischen Bund. Dieser wurde mit allen Menschen und der ganzen Erde geschlossen und gilt, solange die Erde existiert. Dieser Bund gilt zum Beispiel auch heute noch für uns alle. Er kann von Menschen eigentlich nicht gebrochen werden, denn Gott hat bestimmt, dass dieser Bund so lange gelten soll, wie die Erde besteht.
Der Regenbogen ist das Zeichen dieses Bundes. Das ist also der noachidische Bund, der zum Beispiel auch das Recht auf Todesstrafe beinhaltet. Denn Gott sagt im noachidischen Bund: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden.“ Damit hat Gott der Obrigkeit das Schwert in die Hand gegeben, also das Mandat für militärische Gewalt. Natürlich nicht, um Gewalt anzutun, sondern damit ein Staat das Recht hat, sich zu verteidigen. Darum trägt die Obrigkeit das Schwert, und das wird im Neuen Testament, in Römer 13, wieder aufgenommen. Dort heißt es, dass die Obrigkeit das Schwert nicht umsonst trägt.
Das geht zurück auf den noachidischen Bund und wird durch spätere Bündnisse nicht aufgehoben.
Dann kommen wir zum Bund Abrahams. Dieser Bund hat verschiedene Phasen. Das, was Sie gerade erwähnt haben, 1. Mose 15, war der einseitige Bund mit Abraham. Abraham schlief, und Gott schloss den Bund mit ihm. Es ist ein Segensbund, in dem Gott durch den Messias schließlich Segen geben wird. Auch dieser Bund ist gültig.
Später kam der Bund am Sinai, der zweiseitig war. Aber der Bund vom Sinai hat den abrahamitischen Bund nicht aufgelöst – glücklicherweise, sonst hätte Israel keine Chance mehr. Denn die Tatsache, dass Israel heute wieder im Land ist, beruht allein auf dem Bund mit Abraham.
Gott hat gesagt: „Ich werde deiner Nachkommenschaft dieses ganze Land geben, vom Strom Ägyptens bis zum Euphrat.“ Das war einseitig. Unabhängig von Abrahams Verantwortung hat Gott das versprochen. Darum ist Israel heute im Land, nicht weil sie 2000 Jahre lang besser waren als andere Völker, sondern weil Gott sein Versprechen an Abraham wahrmacht.
Durch den Sinai-Bund haben sie nämlich alles verloren. Gott sagt: „Wenn ihr nicht an meinem Wort festhaltet, wenn ihr diesen Bund nicht einhaltet, dann werde ich euch aus dem Land hinauswerfen.“ Und das ist geschehen. Der Sinai-Bund hat sie verworfen.
Doch durch den abrahamitischen Bund, der in Gottes weiser Voraussicht vor dem Bund am Sinai geschlossen wurde, war bereits Gnade und Rückführung inbegriffen.
Das Hohelied und die prophetische Bedeutung der Ehe mit Israel
Herr Rosche, ich habe eine Frage zu diesem Eheverhältnis zu Israel. Sehen wir das im Lied der Lieder in der Sulamit? Ja klar, und wie schön! Rückläufig ja, aber jetzt wieder in Bezug auf die Offenbarung hin auf die 144. Beides, beides – das Hohelied hat verschiedene Ebenen.
Im Hohen Lied sieht man ganz schön die ganze Geschichte von Israel, vom Auszug aus Ägypten an bis zum Ende. Das Hohelied hat auch gesamthaft eine prophetische Bedeutung, die eben auf das zukünftige Israel hinweist, auf den Überrest Israels, der dann wieder mit Gott vermählt wird – Salomo und Sulamit.
Der ersten Ehe? Nein, eine neue Ehe. Und bei Hosea 2 haben wir sogar die neue Verlobung. In dieser neuen Ehe geht Gottes Verlobung. Lies du gerade Hosea 2, Vers 19?
Also: „Ich werde dich nicht mehr in Verlegenheit bringen.“ Jemand anders? Wenn du Geduld hast, ich bin... Nein, nein, ich habe keine Geduld. Kapitel 2, hast du es?
Ja, gut, also dann. Vers 19?
„Denn ich will die Namen der Baale von ihrem Munde austilgen.“ Du hast eine andere Zählung? Dich darf ich lassen. Ja gut, also wer die gleiche Zählung hat wie ich: „Ich will dich mir verloben. Ich will dich mir verloben in Ewigkeit, in Gerechtigkeit und in Gericht, in Güte und in Barmherzigkeit. Ich will dich mir verloben in Treue, und du wirst Jehova erkennen.“
Jawohl, schön, oder?
Im Vers 18 steht: „Da wirst du mich nicht mehr mein Baal nennen, und ich werde dich nicht mehr meine Bosheit nennen.“ Es kommt also der Tag, an dem du mich nicht mehr mein Baal nennst. Und sie sagten doch vorhin, das Wort bedeutet Ehemann, oder?
Ja, ganz klar. Aber gibt es einen Unterschied? Das Problem ist, dass das Wort Baal den kanaanitischen Blitz- und Regengott bezeichnet. Dadurch, dass Gott im Hebräischen auch Ba'ali genannt werden konnte, haben die Leute durch das gleiche Wort die Verehrung Gottes, des wahren Gottes, mit dem Baalskult verbunden.
Dann sagt Gott: Nein, du wirst mich nicht mehr so nennen, damit keine Anklänge an Götzendienst entstehen. Im normalen Sprachgebrauch war Baal aber ganz normal der Ausdruck für Ehemann, für „mein Ehemann“. Und das wurde in Israel eben verdreht.
Etwas Ähnliches haben wir mit dem Problem des Namens Allah. Als die Bibel auf Arabisch übersetzt wurde, musste man sich fragen: Wie soll Gott auf Arabisch genannt werden? Man entschied sich, den gleichen Namen zu verwenden, den die alten arabischen Stämme schon für einen ihrer Götter kannten – Allah.
Dadurch entsteht natürlich eine Doppeldeutigkeit. Wenn ein arabischer Christ mit einem arabischen Moslem spricht, dann sprechen beide über „Allah“. Das gleiche Wort, aber jeder meint einen anderen Gott.
Das ist nicht ganz klar und führt zu Diskussionen. Oder ich meine auch: Wenn ein Araber mich fragt: „Wie geht es dir?“ und ich antworte: „Hamdullahi“ – Gott sei Dank, also Allah sei Dank –, dann meine ich den Gott der Bibel, und er meint den Gott des Korans.
Das ist ein echtes Problem. Manche bedauern, dass man den gleichen Namen benutzt hat, andere finden: Nein, es ist gut so. So kann man erst einmal über Gott reden und dann am Schluss erklären, was man unter diesem Wort „Gott“ versteht.
Aber das ist das gleiche Problem eben mit dem Wort Baal, das so und so verwendet werden konnte. Darum heißt es in Hosea 2: „Du wirst mich nicht mehr nennen mein Baal“ – also mein Ehemann, oder eben es kann gleichzeitig bedeuten: „Mein Götze.“
Gut, jetzt sollten wir Pause machen. Viertelstunde, oder?
Das reicht.
Die Bedeutung des Götzendienstes und die Folgen für Israel
Der zweite Buch Mose ist an dieser Stelle nicht ganz klar. Der Götzendienst Israels in Ägypten wird dort nicht deutlich beschrieben. Dort geht es hauptsächlich um ihre Unterdrückung und Sklaverei. In Vers 3 wird zwar erwähnt: „Und sie hurten in Ägypten“, und dieser Ausdruck zieht sich durch das Kapitel mehrfach hindurch.
Doch wir sehen deutliche Spuren im zweiten Buch Mose, besonders nach dem Bundesschluss. Der Bund wurde ja zuerst mündlich geschlossen und dann schriftlich festgehalten. Gott verkündigte die Zehn Gebote hörbar auf dem Horeb. Israel sagte dreimal: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun.“ Noch bevor die schriftliche Urkunde kam, die in doppelter Ausführung vorlag – denn es handelte sich um einen Vertrag und deshalb gab es zwei Tafeln –, hat Israel das goldene Kalb gemacht.
Dabei handelte es sich um eine Übernahme des Abyss-Stierkults aus Ägypten, einen Fruchtbarkeitskult. Das zeigt, was sie von Ägypten her bereits mitgebracht hatten. Das war Ehebruch, noch bevor es schriftlich dokumentiert war. Ich kenne zwar nicht das deutsche Recht genau, aber in der Schweiz ist es so, dass das mündliche „Ja“ vor dem Standesamt gesetzlich bindend ist. Nicht die Unterschrift, die ist nur noch die Bestätigung. Die Ehe gilt als geschlossen mit dem mündlichen „Ja“.
Das ist interessant, denn wenn jemand „Ja“ gesagt hat, aber noch nicht unterschrieben hat, kann er nicht mehr zurück. Die Ehe ist bereits geschlossen. Genau so war die Situation beim Volk Israel: Sie hatten bereits „Ja“ gesagt. Noch bevor die schriftliche Urkunde als Bestätigung kam – also die beiden Tafeln – errichteten sie das goldene Kalb.
Dabei handelt es sich wieder um Synkretismus, denn sie sagten: „Das ist Yahweh, der uns aus Ägypten heraufgeführt hat.“ Sie vermischten also den Abyss-Stierkult mit dem Yahweh-Gottesdienst. Das zeigt, dass ein mündliches „Ja“ biblisch gilt, auch ohne Unterschrift. Verträge gelten generell mündlich. Ein ganz normaler Vertrag bedarf meist keiner Schriftform, sondern gilt mündlich.
Wenn zwei Kaufleute miteinander einen Vertrag schließen, gilt dieser mündlich. Ein Handschlag oder eine mündliche Abmachung reichen aus. Das Problem entsteht nur, wenn eine Partei bestreitet, jemals ein Versprechen gegeben zu haben. Deshalb ist das Schriftliche als Nachweis wichtig. Das gilt sicher auch für Eheverträge.
Wir sehen dann, wie die Hurerei Israels mit Assur und Babylon geschah. Israel suchte in der Zeit der Könige bei der Großmacht Assyrien Zuflucht, schloss Abkommen, zahlte Tribut. Sie trieben auch mit Ägypten wieder Unzucht, wie wir gelesen haben. Interessant ist, dass dies mit Ägypten begründet wird, weil die Beziehung dort bereits in ihrer Jugend begonnen hatte.
In Vers 21 heißt es: „Und du schaust dich um nach der Schandtat deiner Jugend, als die von Ägypten deinen Busen betasteten um deiner jugendlichen Brüste willen.“ Die Bindung an Ägypten war also geblieben. Das ist eine psychologische Tatsache: Die erste sexuelle Beziehung im Leben hinterlässt eine tiefe Bindung. Auch wenn diese überwunden wird, bleibt eine besondere Prägung zurück.
Deshalb ist es klar, warum Sexualität niemals vor der Ehe stattfinden darf und in Gottes Augen eine schwere Sünde ist. Gott will, dass die erste Beziehung wirklich in die Ehe gehört. Dort entsteht eine lebenslange Bindung und Prägung. Partnerwechsel destabilisieren diese Bindung bis hin zur Unfähigkeit, Treue zu leben.
Gott hat es so eingerichtet, dass bei der ersten Beziehung eine Prägung entsteht. Das sehen wir hier: Die Prägung entstand in Ägypten und deshalb sehnte sich Israel immer wieder nach Ägypten zurück. In der Zeit der Könige suchten sie neben Assyrien auch wieder Zuflucht bei der Großmacht Ägypten. Ebenso gab es Beziehungen zu Babylon.
Mit der Politik war auch immer das Interesse an der Religion verbunden. So sehen wir, wie eng Religion und Politik miteinander verknüpft sind. Das wurde Israel zum Verhängnis, weil sie nicht allein auf den Herrn vertrauten, sondern durch Abkommen und Zuflucht bei anderen Mächten Sicherheit suchten. Das wurde ihnen religiös immer wieder zum Fallstrick und führte sie zur Hurerei.
Erwähnenswert ist auch Vers 14 und 15: „Aber sie trieb ihre Hoarei noch weiter, denn sie sah Männer in Zeichnung an der Wand, Bilder von Chaldäern mit roter Farbe eingezeichnet, gegürtelt mit einem Gurt an den Hüften, herabhängenden Turbanen auf den Köpfen, siehe alle vom Aussehen hervorragende Kämpfer – ein Abbild der Söhne Babels, deren Geburtsland Chaldäa ist.“
In Vers 16 heißt es: „Und als ihre Augen sie sahen, bekam sie Verlangen nach ihnen, und sie sandte Boten zu ihnen nach Chaldäa.“ Interessant ist diese Szene mit den Bildern, die ihre Begierde auslösten. Vergleicht man das mit heute und der Erfindung der Fotografie, so ist ein Faktor entstanden, der das frühere Bild völlig verblassen lässt.
Welche Rolle spielten Bilder in der Antike? Eine sehr untergeordnete. Ein Bild war immer etwas ganz Besonderes. Hier aber sehen wir ein Bild, das Oholiba sah und das sie letztlich in sexueller Hinsicht zu Fall brachte. Heute wird die Fotografie in einer derart aggressiven Weise auf uns losgelassen, dass die Warnung Gottes vor mehr als zweitausendsechshundert Jahren höchste Aktualität besitzt.
Das Zeitalter der Fotografie ist im Vergleich zu früher eine Revolution, besonders in sexueller Hinsicht. Man sagt oft, die sexuelle Revolution sei in den 1960er Jahren gewesen, doch eigentlich war die Erfindung der Fotografie ein ganz großer Auslöser.
Gut, wir wollen nun noch zu Kapitel 24 kommen, das ist etwas kürzer. Bruno.
Beginn der Belagerung Jerusalems und das Gleichnis des kochenden Topfes
Und das Wort Jehovas geschah zu dir im neunten Jahr, im zehnten Monat, am zehnten Tag des Monats. Also, Menschensohn, schreibe dir den Namen dieses Tages auf, dieses selbigen Tages. An diesem Tag rückt der König von Babel gegen Jerusalem heran.
Ja, stopp mal, wir gehen gerade Schritt für Schritt vor. Der zehnte Zehnte wird hier besonders hervorgehoben. Das entspricht im neunten Jahr von Hesekiels Zählung etwa dem 15. Januar 588 v. Chr. Die jüdische Zeitrechnung ist gegenüber unserer verschoben, deshalb fällt der zehnte Monat auf Januar. Das war der Moment, an dem die endgültige Belagerung Jerusalems durch die Babylonier begann.
Gott sagt, dass dies der ganz entscheidende Tag ist. Alles, was wir bisher in Hesekiel hatten, geschah noch vor der Zerstörung Jerusalems. Wir haben gesehen: Die erste Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar war im Jahr 605 v. Chr., damals wurde Daniel weggeführt (Daniel 1,1). Die nächste Wegführung war 597 v. Chr., da wurde Hesekiel weggeführt (Hesekiel 1,1 und folgende). Die dritte Wegführung erfolgte im Jahr 586 v. Chr., als Jerusalem nach eineinhalb Jahren Krieg geschlagen wurde.
Aber jetzt beginnt die letzte dramatische Phase. Und dieser zehnte Zehnte wurde sogleich in der Folge zum jährlichen Trauertag.
In Sacharja 8 werden verschiedene Fastentage erwähnt. Schon zur Zeit des zweiten Tempels fragten sie Gott, ob sie diese verschiedenen Fastentage, die sie eingeführt hatten, weiterhin einhalten sollten. Liest man Sacharja 7,3: „Um den Priester des Hauses Jehovas, der Herrscherin und den Propheten zu sagen: Soll ich im fünften Monat weinen und mich enthalten, wie ich es schon so viele Jahre getan habe?“
Gott antwortet dem ganzen Volk des Landes und den Priestern: „Wenn ihr im fünften und im siebten Monat gefastet und geweint habt, und zwar schon siebzig Jahre, habt ihr damit in mir gefastet?“ Jawohl, schon in der Zeit der Gefangenschaft haben sie also dieses Fasten im fünften und siebten Monat angenommen.
Diese Fastentage erinnern an wichtige Ereignisse des Untergangs von Jerusalem. Im fünften Monat wurde der Tempel zerstört, am neunten Av. Dieser Tag wird auch heute noch gefeiert, denn der zweite Tempel wurde im Jahr 70 n. Chr. genau am gleichen Tag, dem neunten Av, verwüstet. So ist der Fastentag bis heute für den verlorenen Tempel geblieben.
Es wird hier auch der siebte Monat erwähnt. Das erinnert an die Ermordung Gedaljas, ein einschneidendes Ereignis beim Untergang Jerusalems. Weiter heißt es in Sacharja 8,19: „So spricht der Herr, der Herrscher: Das Fasten des vierten, das Fasten des fünften, das Fasten des siebten und das Fasten des zehnten Monats wird dem Hause Juda zur Wonne und zur Freude und zu fröhlichen Festzeiten werden.“
Da haben wir also das Fasten im zehnten Monat. Dieses Fasten wurde mit Beginn der Belagerung eingeführt. Wir hatten auch den vierten Monat, der an die Zerstörung der Stadtmauer erinnert. So haben wir hier die ganz entscheidenden Ereignisse des Untergangs von Jerusalem.
Gott sagt: „Schreibe dir den Namen des Tages auf, dieses selbigen Tages, der zehnte Zehnte.“ Dieser Tag sollte später zum Fastentag für Israel werden, weil er so dramatisch war.
Weiter, Vers 3: „Und rede ein Gleichnis zu dem widerspenstigen Haus und sprich zu ihnen: So spricht der Herr Jehova: Setze den Topf auf, setze ihn auf und gieße auch Wasser darein. Tue seine Stücke zusammen hinein, alle guten Stücke, Lende und Schulter, fülle ihn mit den besten Knochen, nimm das beste Kleinvieh und auch einen Holzstoß für die Knochen darunter. Lass es tüchtig sieden, dass auch seine Knochen darin kochen.“
Darum spricht der Herr Jehova: „Wehe, statt der Blutschuld, Topf, an welchem sein Rost ist und dessen Rost nicht von ihm abgeht. Stück für Stück hole sie heraus, denn das Los ist über sie gefallen.“
Bis hierhin. Hier haben wir wieder ein Gleichnis. Wir hatten ja schon viele Gleichnisse in Hesekiel. Ein Topf mit Wasser, Fleisch und Knochen darin. Der Topf wird aufs Feuer gesetzt und zum Kochen gebracht. Die Symbolik kennen wir von früher her.
In Hesekiel 11 hatten die Leute gesagt, es werde sowieso keine Katastrophe geben. Es werde alles noch gut kommen, Jerusalem werde nicht untergehen. Dort lesen wir Hesekiel 11,3: „Es ist nicht Zeit, Häuser zu bauen. Sie ist der Topf, und wir sind das Fleisch.“ Also, „sie“ ist der Topf, und „wir“ sind das Fleisch, sagten die Leute. „Sie“, Jerusalem, ist der Topf, also die Wände des Kessels, entsprechend den Stadtmauern. Und das Fleisch sind die Bewohner Jerusalems.
Das war für sie ein bekanntes Bild, für uns als Abendländer sehr weit entfernt. Hier wird dieses Bild übernommen. Gott sagt: „Setze den Topf auf.“ Die Leute wussten sofort, was das bedeutet – das ist Jerusalem. Aber Gott sagt, es ist nicht so, wie sie meinten, dass die Pfanne gewissermaßen das Fleisch vor dem Feuer schützt und es nicht verbrannt wird. Stattdessen soll alles so durchgekocht werden, dass alles darin vollständig verkocht.
Jerusalem wird zum verkochenden Topf für alle Bewohner. Darum heißt es: „Wehe der Stadt der Blutschuld, Topf, an welchem sein Rost ist und dessen Rost nicht von ihm abgeht.“ Der Rost ist das Bild ihrer Sünde. Er ist so fest verhaftet am Metall, am Eisen, dass man diesen Rost gar nicht wegmachen kann.
Dann heißt es: „Stück für Stück hole sie heraus“, also gewissermaßen, dass niemand als Einzelner einfach so verschont wird. Jeder kommt dran.
Das Blut auf dem kahlen Felsen – Gericht und Erlösung
Und jetzt lesen wir weiter, Vers sieben:
Denn ihr Blut ist in ihrer Mitte, sie hat es auf einem kahlen Felsen getan. Sie hat es nicht auf die Erde gegossen, sodass man es mit Staub bedecken könnte.
Um Grimm heraufzuführen, um Rache zu üben, habe ich ihr Blut auf einem kahlen Felsen getan, damit es nicht bedeckt würde.
Darum, so spricht der Herr Jehova: Wehe! Statt der Blutschuld werde auch ich den Holzstoß groß machen, häufe das Holz, zünde das Feuer an, mache das Fleisch gar und lasse die Brühe auskochen. Die Knochen sollen verbrennen.
Ich stelle ihn leer auf seine Kohlen, damit sein Erz heiß und blühen werde und seine Uneinigkeit in ihm schmelze, sein Rost vergehe.
Die Bemühungen hat er erschöpft, und sein vieler Rost geht nicht von ihm ab. Ins Feuer mit seinem Rost!
In deiner Unreinigkeit ist Schandtat. Weil ich dich gereinigt habe und du nicht rein geworden bist, wirst du von deiner Unreinigkeit nicht mehr rein werden, bis ich meinen Grimm an dir schiele.
Ich, Jehova, habe geredet. Es kommt, und ich werde es tun. Ich werde nicht nachlassen, kein Mitleid haben und mich nicht gereuen lassen.
Nach deinen Wegen und nach deinen Handlungen werden sie dich richten, spricht der Herr Jehova.
Jetzt geht das Bild weiter mit dem Kochtopf. Wir können es jetzt auf Anhieb verstehen, nehme ich an.
Also, alles soll vollständig verbrennen, glühend heiß werden, und der Rost – der ja nicht zu entfernen war – wird durch das Gericht, durch das Feuer, abgehen.
Das heißt, Gott zeigt: Wenn ich das Gericht über Jerusalem so vollständig ausübe, wird das schlussendlich dazu führen, dass Menschen Buße tun und ich dann die Sünde wegnehmen kann.
Das hat auch dazu geführt, dass in der Verbannung Menschen wie Daniel Buße taten: „Wir haben gegen dich gesündigt, wir haben übel gehandelt“ – das hat Buße ausgelöst.
Aber ohne das Gericht über Jerusalem, sagt Gott, war der Rost nicht mehr abzubringen von diesem Topf.
Nun, statt der Blutschuld hat das zum Untergang Jerusalems geführt.
Wenn wir bedenken, dass Jerusalem später im Jahr siebzig erneut unterging – warum? Weil es die Stadt der Blutschuld war, Mord in dieser Stadt.
Aber schauen wir: Hier wird speziell gesagt, dass ihr Blut, Vers 7, in ihrer Mitte ist. Sie hat es auf einen kahlen Felsen getan. Sie hat es nicht auf die Erde gegossen, sodass man es mit Staub bedecken könnte.
Nach einem Mord versucht man ja oft, die Spuren zu verwischen. Aber Gott sagt, hier hat man ganz offenbar gemordet, und man war nicht mehr bemüht, die Spuren zu verbergen.
Wie ist das geschehen bei dem Herrn Jesus? Wo wurde er gekreuzigt? An der Schädelstätte, ja, der Schädelstätte außerhalb, gerade vor dem Gartentor, draußen.
Das war in einem ausgedienten Steinbruch. Golgatha war ein ausgedienter Steinbruch, und dort führten die Römer Kreuzigungen durch.
Der Herr Jesus wurde also effektiv auf einem Felsen gekreuzigt, und sein Blut floss auf einen Felsen, nicht auf Erde oder so, dass die Spuren schnell verschwunden wären.
Darum hat diese Stelle natürlich einen doppelten, ganz tiefen Sinn.
Das ist auch schlussendlich der Grund für den Untergang Jerusalems im Jahr siebzig: das Blut Jesu auf dem Felsen.
Aber es hat eine wunderbare Bedeutung: Das Blut ist auf dem Felsen geflossen.
Man hat sich gar nicht bemüht, dies zu verdecken, denn man argumentierte, das sei ein falscher Messias, und er müsse sterben.
Doch Gott wird im Psalm 89 als „der Fels“ genannt – und zwar als „der Fels meines Heils“, Psalm 89, Vers 26:
„Er wird mir zurufen: Mein Vater, bist du mein Gott und der Fels meiner Rettung.“
Ja, der Fels meiner Rettung oder der Fels meines Heils – das ist ein Name für Gott.
So ist der Herr Jesus effektiv zum Fels unserer Rettung geworden, indem sein Blut auf den Felsen geflossen ist.
Diese Parallele muss man auch zum Allerheiligsten sehen: Der Hohepriester, der am Versöhnungstag das Blut des Opfers siebenmal vor die Bundeslade sprengte, tat dies immer auf den Felsen – das Blut auf dem Felsen, das Blut des Erlösers.
Aber hier in Hesekiel 24 sehen wir die Seite der Verantwortung: Jerusalem, die Stadt des Blutes, muss gerichtet werden.
Andererseits sehen wir gerade dadurch, dass das geflossene Blut auf dem kahlen Felsen ist, dass uns das Heil geworden ist.
Das Zeichen des Schweigens und der Trauer Hesekiels
Ja, fahren wir weiter, Vers fünfzehn. Und das Wort Jehovas geschah zu mir also: Menschensohn, siehe, ich nehme die Lust deiner Augen von dir weg durch einen Schlag. Und du sollst nicht klagen und nicht weinen, und keine Träne soll dir kommen. Seufze schweigend, Totenklage stehe nicht an. Binde dir deinen Kopfbund um und ziehe deine Schuhe an deine Füße, und deinen Bart sollst du nicht verhüllen und Brot der Leute nicht essen.
Und am Abend starb meine Frau, und ich tat am Morgen, wie mir geboten war. Da sprach das Volk zu mir: Willst du uns nicht kundtun, was dies uns bedeuten soll, dass du so tust? Und ich sprach zu ihnen: Das Wort Jehovas ist zu mir geschehen, also: Sprich zum Hause Israel, so spricht der Herr Jehova: Siehe, ich werde mein Heiligtum entweihen, den Stolz eurer Stärke, die Lust eurer Augen und das Verlangen eurer Seele. Eure Söhne und eure Töchter, die ihr zurückgelassen habt, werden durch Schwert fallen.
Dann werdet ihr tun, wie ich getan habe: Den Bart werdet ihr nicht verhüllen und Brot der Leute nicht essen, und eure Kopfbunde werden auch euren Haltern sein und ihre Schuhe an euren Füßen. Ihr werdet nicht klagen und nicht weinen, sondern inschwinden in euren Missetaten und seufzen einer gegen den anderen. Und so wird euch Ezekiel zu einem Wahrzeichen sein. Nach allem, was er getan hat, werdet ihr tun. Wenn es hochkommt, dann werdet ihr wissen, dass ich der Herr Jehova bin.
Und du, Menschensohn, siehe, an dem Tage, da ich von ihnen wegnehmen werde ihre Stärke, die Freude ihrer Pracht, die Lust ihrer Augen und die Sehnsucht ihrer Seelen, ihrer Söhne und ihrer Töchter: An jedem Tag wird ein Entronnener zu dir kommen, um es deinen Ohren vernehmen zu lassen. An jedem Tag wird dein Mund aufgeteilt werden gegen den Entronnenen, und du wirst reden und nicht mehr verstummen. Und so sollst du ihnen zu einem Wahrzeichen sein, und sie werden wissen, dass ich ihr Hofer bin.
Also, diese Zeit wird jetzt ganz schlimm für Ezekiel. Dieser zehnte Zehnte war der Beginn der endgültigen Belagerung. Die falschen Propheten haben ihm gesagt: Friede, Friede, es kommt schon gut. Und der unangenehme Jeremia in Jerusalem hat dann gesagt: Es wird untergehen. Und Ezekiel, tausend Kilometer entfernt, sagt jetzt: Jetzt, das ist der entscheidende Tag, es kommt.
Ja, und dann sagt Gott: Jetzt wird deine Frau sterben, und du darfst keine laute Wehklage halten über sie. Und zwar nennt Gott Hesekiels Frau die Lust oder die Freude deiner Augen in Vers sechzehn und in Vers einundzwanzig. Ein schöner Ausdruck. Das zeigt, Ezekiel hatte Freude an seiner Frau. Ganz wichtige Sache: Gott nennt seine Ehefrau die Freude deiner Augen. Es ist wichtig, dass ein Mann Freude hat, wenn er seine Frau sieht. Und Gott sagt, ich nehme sie dir weg.
Und das hat Bezug auf was? Wofür soll das ein Symbol sein? Für die Juden in Babylon: Der Tempel, also Frau Hesekiel symbolisiert den Tempel. Vers 21: Siehe, ich werde mein Heiligtum entweihen, den Stolz eurer Stärke, die Lust eurer Augen. Und Vers 25 nochmals: Die Freude ihrer Pracht, die Lust ihrer Augen – eben in Bezug auf die Frau. Es heißt, ich nehme die Lust deiner Augen von dir weg.
Also will Gott Hesekiel deutlich machen, wie schlimm es für ihn ist, dass der erste Tempel untergehen sollte, der salomonische Tempel. Das war für Gott so, wie der Verlust für Hesekiel, seine Frau sterben musste – so plötzlich, durch einen Schlag. Das heißt, ohne lange Krankheit, plötzlich aus dem Leben gerissen. Und das ist ja neutestamentliche Sprache: Ein Mensch, eine Frau wird verglichen mit dem Tempel.
1. Korinther 6,19: Wer liest? Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass er nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden. Verherrlicht nun Gott mit eurem Leib.
Ja, Gott betrachtet jeden von uns als Tempel Gottes, der Körper als Tempel des Heiligen Geistes. Das hat natürlich Auswirkungen auf unser ganzes Verhältnis zum Körper. Wenn wir wissen, dass Gott uns als Tempel sieht, dann kann man sich beim Waschen wieder an solche Stellen erinnern: Wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist? Eine ganz andere Beziehung zu sich selbst.
Und da sehen wir auch, dass im Pietismus, wo der Körper je nach Richtung eben so als etwas Minderwertiges betrachtet wurde, das absolut nicht biblisch war. Und das kam ja aus den mystischen Tendenzen. Der Pietismus hatte viel Mystik drin. Das kommt eigentlich aus dem Heidentum. Nebst all dem Guten im Pietismus muss man ganz klar sagen: Es hat ganz viele schlechte Dinge gehabt, die eigentlich heidnisch sind.
Gottes Wort gibt uns eine ganz andere Beziehung zu unserem Körper, also dem Tempel des Heiligen Geistes. Und Hesekiels Frau musste den salomonischen Tempel in seiner ganzen Pracht und in seinem ganzen Wert für Gott darstellen.
Warum durfte Hesekiel nicht laut klagen? Weil an dem Tag, an dem der salomonische Tempel zerstört werden sollte, die Juden auch nicht laut klagen würden. Warum eigentlich nicht? Ganz einfacher Grund: Sie wurden ja dann nach Babylon deportiert. Wenn die Besatzer damals, die Babylonier, gesehen hätten, wie sie laut klagen, hätte das ihnen nur wohlgetan.
Also gerade gegenüber ihren Feinden, um ihnen nicht diese Freude zu machen, sollten sie eben nur ganz leise klagen. Und Hesekiel musste das quasi vorspielen und schon an dem Tag, am Abend, nur leise klagen.
Mit seinem Riesenstand hatte das nichts zu tun, dass er nicht klagen sollte um seine Frau. Nein, nein, gar nicht. Wieso denken manche das?
Ja, weil als Aaron, sein Sohn, gestorben ist, zum Beispiel, durfte er auch nicht klagen. Und ich habe das also... Gut, aber dort ging es ja sowieso um ein Gericht über die Söhne.
Aber ist nicht irgendwo auch geschrieben, dass Priester, die im Dienst stehen, sich in gewissen Dingen anders verhalten müssen, dass sie zum Beispiel nicht trauern dürfen wie andere? Nein, sie sollten nicht unnötigerweise zu Toten hingehen. Es durfte niemand können. Ja gut, man durfte schon, aber dann war man verunreinigt, musste das Reinigungsprozedere durchmachen. Priester waren da zu mehr verpflichtet, aber das hat mit der Trauer überhaupt nichts zu tun.
Und es ist ja auch so: Die Priester waren ja nicht irgendwie, da hatte die Ehe nicht weniger Bedeutung als bei den anderen. Das ist ja ganz interessant zu sehen: Die ganze Idee vom Zölibat kennt man in der Bibel überhaupt nicht – im Alten oder Neuen Testament. Dass die Ehe etwas Minderwertiges wäre, so war es ganz normal, dass die Priester heirateten.
Zum Beispiel wird gesagt, ein Priester sollte eine Jungfrau heiraten, also niemals jemand, die nicht mehr Jungfrau war. In dieser Hinsicht gab es gewisse Einschränkungen, aber nie die Auffassung, dass die Ehe abgewertet wäre.
Im Christentum kam diese ganze Eheabwertung aus dem Heidentum. Denn aus der griechischen Philosophie findet man den Gedanken der Minderwertigkeit der Materie und damit des Körpers.
Ja gut, die Ehelosigkeit wird im Neuen Testament schon erwähnt, zum Beispiel in 1. Korinther 7, als eine persönliche Entscheidung, um mehr Zeit für die Arbeit des Herrn zu haben. Aber es wird ganz deutlich gesagt, das ist nur für die, die diese Gabe von Gott haben. Und das heißt, es sind solche, die nicht brennen.
Wer aber die Sexualität als ein Brennen empfindet, dem wird gesagt: Nein, dann soll man nicht auf die Ehe verzichten.
Also es wird gesprochen von einer Gabe des Heiratens und einer Gabe des Nichtheiratens, aber kein Gedanke, dass die Ehe minderwertiger wäre.
Das kam erst später immer mehr auf. Im zweiten Jahrhundert war das so, man sagte: Wenn ein… Da kam schon der Gedanke vom Priester auf – auch das war unbiblisch –, gewisse sind Priester und andere nicht. Die Bibel sagt, alle sind Priester. Aber da hatte man schon gewisse Priester, die das Abendmahl ausgeteilt haben.
Wenn diese in der Nacht vorher mit ihrer Frau sexuelle Gemeinschaft hatten, dann waren sie gewissermaßen unrein, um das Abendmahl auszuteilen. Darum durften sie in der Nacht vorher keinen Verkehr haben.
Dann hat man das weiter ausgedehnt: Nein, nicht nur dann, sondern eigentlich immer. Und das führte quasi zu sogenannten platonischen Ehen, also dass Priester in einer Ehe waren, aber überhaupt keinen Verkehr mehr hatten. Und dann entstand das Zölibat, da sollten sie auch gar nicht heiraten.
Aber das kommt alles aus dem Heidentum und hat mit der Bibel überhaupt nichts zu tun.
Solche Stellen helfen eben, diese positive Haltung zur Ehe und zur ehelichen Gemeinschaft zu haben. Das brauchen wir in einer Zeit, in der die Sexualität pervertiert wird.
Denn das Positive müssen wir sehen, damit wir diesem zerstörerischen Verhalten den Rücken zukehren können. Und auch unsere Kinder müssen von uns eine positive Sicht des Guten vermittelt bekommen. Dann kriegen sie die Kraft, das Negative, das Üble auch wirklich als Übles zu sehen.
Aber das ist eben das göttliche biblische Gegengewicht.
Ja, also da haben wir gesehen: Hesekiel durfte nicht laut weinen. Es war üblich damals, an verschiedenen Bibelstellen, die Totenklage, dann ein Kopfbund umbinden und die Schuhe abziehen, den Bart verhüllen – also bis dahin als Zeichen der Trauer – und das Brot der Leute nicht essen. Das heißt, man ging zu den Trauernden nach Hause und aß mit ihnen Brot. Das war ein Ausdruck des Beileids.
Auf all das sollte Ezekiel verzichten.
Interessant ist die Parallele zum Abendmahl auch da, denn Brot essen als Zeichen der Trauer um einen Verstorbenen war etwas ganz Normales in Israel.
Aber mit dem, dass der Herr Jesus das Abendmahl beim Passah eingesetzt hat, ist es ein Gedächtnismal an seinen Tod. Wir verkündigen seinen Tod.
Also auch da besteht mit dieser alten Sitte ein gewisser Zusammenhang.
Das Ende der Belagerung und das Ende des Schweigens Hesekiels
Jetzt kommen wir noch zu den letzten Versen. Gott sagt, es wird der Tag kommen, an dem ein Entronnener aus Israel kommen wird und vom Untergang Jerusalams berichten wird. Wenn du das dann hörst, wird in diesem Moment dein Mund aufgetan werden, und du wirst reden und nicht mehr stumm sein.
Wie sollen wir das verstehen? War Hesekiel wirklich stumm? Er hat doch ständig verkündet. Ja, aber wie genau war das? Das haben wir schon vor langer Zeit betrachtet. Es ist genau der erste Punkt. Hesekiel 3, der letzte Abschnitt, Verse 24 bis 27, berichtet davon. Hesekiel durfte nur sprechen, wenn er seine Botschaft weitergab, ansonsten war er stumm.
Das war natürlich sehr ungewöhnlich. Mit ihm konnte man nicht einmal über das Wetter reden. Nur die Botschaft durfte er verkünden, und sonst war er jahrelang, nämlich sieben Jahre, stumm. Warum hat Gott das so gewählt? Er wollte auf ganz unkonventionelle Weise zu diesem Volk sprechen, um ihre Herzen zu gewinnen. Darum auch diese vielen Gleichnisse und seine Kurztheater. Das waren zwar keine Theaterstücke im eigentlichen Sinn, aber kurze Darstellungsinszenierungen, die die Aufmerksamkeit eines Volkes wecken sollten, das normalerweise gar nicht bereit war, überhaupt auf Gottes Wort zu hören.
Es ist also Gottes Herablassung. Sein Verhalten war so ungewöhnlich, um die Leute zu schockieren. Was ist das für ein Mann, der nur über geistliche Dinge spricht und dann plötzlich stumm ist? Mit dem Tag, an dem der Entronnene kam, konnte Hesekiel wieder sprechen. Es war nämlich nicht so, dass er sich Mühe gab, sonst zu schweigen, sondern Gott hatte ihm gesagt: „Ich binde dich, du wirst gebunden sein und kannst nicht sprechen, außer das, was ich dir auftrage.“
An diesem Punkt nahm Gott ihm gewissermaßen diesen Mutismus, diese Unfähigkeit zu sprechen, weg, sodass er auch wieder über das Wetter sprechen konnte. Aber warum? Der letzte Vers sagt es: „So sollst du ihnen zu einem Wahrzeichen sein, und sie werden wissen, dass ich der Herr bin.“
Dieser Mutismus von sieben Jahren, diese Stummheit, und dann plötzlich die Fähigkeit, wieder zu sprechen, sollten ein aufrüttelndes Zeichen sein, damit die Menschen seines Volkes den Herrn erkennen. Es zeigt, wie Gott manchmal ganz unkonventionell zu uns sprechen will, wenn wir sonst nicht mehr hören. Wenn solche Mittel nötig sind, ist das kein Zeichen von hoher Geistlichkeit, sondern ein Zeichen dafür, dass Gott sieht, wie verbohrt und verstockt die Menschen sind. Sie hören ja nicht einmal auf das Wort schlechthin.
Damit wären wir am Ende des ersten Teils von Hesekiel. Gibt es noch eine wichtige Frage? Ja? Irgendein Entronnener, der die Zerstörung Jerusalams überleben würde, will dann nach Babylonien flüchten und dort erzählen, was geschehen ist. Das ist natürlich eine interessante Frage, vor allem, wenn man bedenkt, dass der Tempelberg lagert.
Der Tempelberg konnte in den vergangenen zweitausend Jahren nie systematisch untersucht werden – außer im 19. Jahrhundert. Damals herrschten die Türken über das Osmanische Reich. Die Wasserversorgung Jerusalems war so katastrophal, dass sie die Engländer baten, die Wasserversorgung zu renovieren. Die Royal Engineers sagten zu und schickten einen englischen Ingenieur, der zuerst alles in Jerusalem genau anschauen wollte – oben und unten, um alles festzuhalten, bevor sie mit der Arbeit begannen.
Zum ersten Mal seit der Zerstörung des Tempels vor 2000 Jahren untersuchte jemand systematisch die Untergrundstrukturen des Tempelbergs. Das waren Warren und Wilson, die alles wunderbar dokumentierten. Ihre Werke aus dem 19. Jahrhundert sind eine unschätzbare Quelle für Wissen über den Tempelberg. Sie untersuchten 37 Untergrundstrukturen.
Wir zeigen ein Bild von einer ihrer Darstellungen, damit man einen Eindruck bekommt, wie der Tempelberg aussieht. Es gibt natürlich noch viel mehr Strukturen, aber seitdem hat niemand mehr Forschungen machen können. Die israelische Regierung tut das auch nicht, weil es sofort zu Konflikten führen würde. Schon wenn ein Politiker den Tempelberg betritt, gibt es Krieg. Das war beispielsweise im Herbst letzten Jahres bei Ariel Sharon der Fall.
Der Tempelberg ist also noch zu sehr unerforscht. Es könnten noch viele bedeutende Funde ans Licht kommen, wie zum Beispiel die Stiftshütte, die Bundeslade, der goldene Leuchter von Mose und vieles mehr. Die Engländer haben allerdings nichts davon gefunden. Sie haben nur Strukturen direkt unter dem Tempelberg untersucht, nicht in weiteren, tieferen Stockwerken.
Gibt es dort Zugänge und Stockwerke? Ja, aber darüber weiß man zu wenig. Was sie entdeckten, ist dennoch sensationell. Zum Beispiel fanden sie den Untergrund unter dem Haus der Priester, wo diese im Tempel schliefen, gewissermaßen die Wohnung des Hauses des Vaters. Der Talmud berichtet, dass es unten im Tempelberg eine Mikwe, ein Ritualbad, gab.
Wenn ein Priester nachts im Schlaf einen Erguss hatte, war er rituell unrein. Dann musste er sofort in das Ritualbad im Tempelberg hinabsteigen, sich dort waschen und den Tempelberg verlassen. Diese Untergrundstruktur wurde genau an der Stelle gefunden, an der das Priesterhaus war. Das ist schon sehr beeindruckend.
Was man bisher kennt, ist also schon bemerkenswert, aber was man noch entdecken könnte, wäre großartig. Kürzlich wurde im Fernsehen in einer Forscher-Sendung ein Filmbericht gezeigt, in dem berichtet wurde, dass dort heimlich gegraben werden sollte. Ein Araber entdeckte die Grabung.
Die Grabungen fanden nicht unter dem Felsen statt, sondern am Warrantor, vom rabbinischen Tunnel aus. Dort wollten sie eindringen, aber sie kamen nicht weit. Sie wollten die Bundeslade holen. Die Dokumentation stellte dar, dass ein englischer Archäologe dort tätig war, der heimlich nachts mit Pickeln arbeitete. Der Lärm lockte einen Araber an, der dachte, er sehe Geister, weil das Ganze im Schein der Nacht stattfand.
Ach ja, jetzt erinnere ich mich: Das geschah noch einmal spät, aber in der Nähe der Via Dolorosa, also auch nicht unter dem Felsen. Der Name der Sendung war „Das Geheimnis der Bundeslade“. Wurde der Name dieses Engländers genannt? Nein, es wurde kein Name genannt. Er wurde auch nicht als Riedmayr erwähnt. Jedenfalls war er nicht derjenige, der die geheime Grabung durchführte.
Die Priester nahmen täglich ein rituelles Tauchbad, Sommer wie Winter, egal ob sie das Eis aufschlagen mussten. Sie tauchten vollständig dreimal unter. Ist das womöglich der historische Bezug zu diesem rituellen Bad? Ja, das geht auf die Bibel zurück. Die Tauchbäder werden in 3. Mose 15 und 4. Mose 19 gelehrt. Sie gehörten zum Alltagsleben.
Unzählige solcher Bäder wurden auch in Israel ausgegraben, aus der Zeit des Zweiten Tempels. Das war eine vollständige Untertauchen, dreimal. Der Hebräerbrief sagt, dass zum ABC des Judentums die Lehre von den Waschungen gehörte. Das ist in Hebräer 6, Vers 1 gemeint – diese Tauchbäder.
Gut, wir sollten zum Schluss kommen.