
Guten Abend, ich begrüße alle herzlich. Beim letzten Mal haben wir mit der ersten Folge der Josefsgeschichte begonnen. Wir haben 1. Mose 37,1-11 gelesen und uns diese Verse genau angeschaut. Dabei haben wir viele Parallelen entdeckt zwischen Josef und dem Messias, dem Herrn Jesus.
Nachträglich habe ich ein Blatt erstellt, das ich nach jeder Folge in ähnlicher Form anfertigen werde. Es enthält eine Zusammenfassung all dieser Parallelen zwischen Josef und dem Messias Jesus. Diejenigen, die über den Livestream zugeschaltet sind, können das Skript mit zwei Seiten ganz einfach unterhalb des Bildes herunterladen.
In diesen elf Versen beginnt die Josefsgeschichte, wie wir gesehen haben. Ab Vers 2 bis Vers 11 gibt es mindestens siebzehn Parallelen. So wird es auch in den kommenden Kapiteln weitergehen.
Ich werde nun kurz die wichtigsten Punkte durchgehen und dann eine kleine Zusammenfassung geben. Dabei sprechen wir nur von den Parallelen, die heilsgeschichtlich von Bedeutung sind und auf den Messias hinweisen. Praktische Anwendungen, die wir ebenfalls besprochen haben, lassen wir jetzt außen vor.
Erster Punkt: Joseph, der Hirte, in Vers 2. Er entspricht dem Herrn Jesus, dem guten Hirten, wie es in Johannes 10,11 heißt.
Wir haben gesehen, wie Joseph gegen das Böse Zeugnis abgelegt hat. Johannes 7,7 macht deutlich, dass auch der Herr Jesus gegen das Böse dieser Welt gezeugt hat.
Joseph war der geliebte Sohn des Vaters. Dies entspricht dem Hinweis auf den Herrn Jesus als den geliebten Sohn des Vaters, wie in Matthäus 3,17 zu lesen ist: „Dieser ist mein geliebter Sohn.“
Auch in Johannes 3,35 heißt es: „Der Vater liebt den Sohn.“ Übrigens wird im Johannesevangelium siebenmal bezeugt, dass der Vater den Sohn liebt.
Vierter Punkt: Joseph trug ein besonderes Kleid, das ihn in seiner Einzigartigkeit hervorhob.
In Johannes 19,23 lesen wir, dass der Herr Jesus ein ganz besonderes Unterkleid trug. Dieses Unterkleid war das Hauptkleid und wurde von oben her ohne Naht durchgewebt. Ein solches Gewand trugen typischerweise die Priester im Tempel zu Jerusalem. Es war ein durchgewebtes Gewand ohne Naht. Dies weist auf die Besonderheit des Herrn Jesus hin, der sich selbst als Priester zum Opfer am Kreuz geben würde.
Fünfter Punkt: Joseph war der Erstgeborene, und zwar von Rahel (1. Mose 30,22-24). Im Psalm 89,28 wird der Messias als der Erstgeborene bezeichnet. Das bedeutet, dass er den ersten Rang einnimmt.
Man konnte nämlich Erstgeborener sein, auch wenn man nicht der erstgeborene Sohn war. Wo finden wir Beispiele, in denen Zweitgeborene das Erstgeburtsrecht erhielten? Zum Beispiel bei Esau und Jakob. Ein weiteres Beispiel ist Ruben. Er war der Erstgeborene von allen Söhnen Jakobs, verlor aber durch seine Sünde das Erstgeburtsrecht. Deshalb wurde es Joseph gegeben, der der elfte Sohn war, aber der Erstgeborene von Rahel.
Kann man das auch bei Abraham sagen? Isak war ja der zweitgeborene Sohn Abrahams, nach Ismael. Ja, bei Abraham ist es ein ähnlicher Fall. Ismael wurde zuerst geboren, aber Isaak wurde als Erstgeborener gerechnet. So gibt es noch weitere solche Fälle.
Erstgeborener bedeutet also derjenige, der den ersten Rang einnimmt.
Sechstens zeichnete der Vater Joseph durch das besondere Untergewand als Erben aus. Dieses schöne Kleid von Joseph bedeutete damals verständlich, dass er derjenige war, der das Erstgeburtsrecht erhalten hatte.
In Hebräer 1,2 und Johannes 3,35 sehen wir, dass der Vater den Menschen Jesus Christus als Erben aller Dinge eingesetzt hat.
Siebtens wurde Joseph von seinen Feinden gehasst, weil er der geliebte Sohn war. Seine Feinde waren seine Brüder. Ebenso wurde Jesus als der geliebte Sohn des Vaters gehasst. Das wird ganz deutlich in Markus 12,6-7 gezeigt.
Josefs Feinde vermochten es nicht, ihn zu grüßen. Das Wort „grüßen“ heißt auf Hebräisch „levarech“ und bedeutet eigentlich „segnen“, weil man beim Gruß einen Segenswunsch ausdrückt.
Als der Herr Jesus am Palmsonntag vom Ölberg her nach Jerusalem einzog, rief die Volksmenge: „Baruch haba!“ Das heißt „Gesegnet sei, der da kommt!“ Dieser Ausdruck ist der normale hebräische Willkommensgruß.
In Lukas 19,38-39 sieht man, wie die Feinde des Messias, die jüdischen Führer, dem Herrn Jesus sagen, er solle die Leute anweisen, ihn nicht so zu begrüßen. Sie konnten ihn nicht grüßen, genauso wie die Brüder von Joseph ihm nicht einmal am Morgen „Schalom“ – Frieden – wünschen konnten.
Dann haben wir gesehen: Punkt neun – Joseph war ein Prophet. Er hatte prophetische Träume. Auch der Herr Jesus war ein Prophet. In Johannes 7, Vers 40 sieht man, wie Menschen erkannt haben, dass er der Prophet ist, nämlich der Messias, der der Prophet sein sollte, nach 5. Mose 18, Vers 15.
Joseph gab weiter, was ihm von Gott mitgeteilt wurde. Er erzählte es seinen Brüdern. So hat der Herr Jesus auch das weitergegeben, was ihm von Gott mitgeteilt wurde. Er hat es vom Vater aufgenommen und weitergegeben (Johannes 3, Vers 32).
Die Feinde sollten sich gemäß der Prophetie von Joseph dereinst vor Joseph als Herrscher verbeugen. Nun sagt Jesaja 45, Vers 23, und auch Philipper 2, Vers 10, dass die Feinde sich einst vor dem Herrn Jesus als Herrscher beugen müssen. Jedes Knie wird sich beugen und ihn als Herr bekennen müssen.
Punkt zwölf: Joseph wurde wegen seiner Worte gehasst, wie wir in Vers fünf gesehen haben. Das ist also nicht das Gleiche, wie der Hass, weil er der geliebte Sohn war. Er wurde auch wegen seiner Worte gehasst. In Johannes 8, Vers 37 sehen wir, dass der Herr Jesus genau wegen seiner Worte gehasst wurde.
Erstaunlich ist, dass Joseph, dieser Siebzehnjährige, sich nicht beirren ließ. Obwohl seine Brüder seine Worte, die er von Gott redete, ablehnten, machte er weiter und erzählte ihnen auch den zweiten Traum. So war es auch beim Herrn Jesus: Er sprach weiter, trotz Ablehnung seiner Worte.
Ich habe hier als Parallele Matthäus 12 und 13 hinzugefügt. Man könnte noch viele andere Stellen nehmen, aber dort ist es sehr deutlich. Matthäus 12 zeigt nämlich den Höhepunkt des ersten Teils des Matthäusevangeliums. Dort wird Jesus grundsätzlich als Messias abgelehnt. Die jüdischen Führer sagten, er tue das durch die Kraft des Teufels, was er an Wundern vollbrachte.
In Matthäus 13 geht es dann darum, dass der Herr Jesus nicht aufhörte in seinem Dienst. Er predigte weiter, ab diesem Zeitpunkt besonders in Gleichnissen.
Joseph wurde als Herrscher gehasst und abgelehnt. In 1. Mose 37,8 sehen wir, wie die Brüder sich an seiner Prophetie stoßen und sagen: „Meinst du eigentlich, du würdest einmal über uns regieren, herrschen können?“ Sie haben das ganz klar verworfen.
Genauso war es mit dem Herrn Jesus: Auch er wurde als Herrscher gehasst und abgelehnt. In Lukas 19,14 findet sich der Satz: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“
Ein weiterer Punkt ist Jakob, sein Vater, der schockiert war über Josefs Herrschaftsanspruch durch seine Prophetie. Ähnlich erging es dem Hohenpriester Kajaphas bei dem Prozess im Palast, wie in Matthäus 26,63-65 beschrieben. Dort erklärt Jesus, dass er der Messias sei und auf den Wolken des Himmels als Menschensohn kommen werde.
Als Jesus sagt: „Ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zu Rechten Gottes“, zerreißt der Hohepriester entsetzt seine Kleider. Er bezeichnet diese Aussage als Lästerung, als Gotteslästerung.
Sechzehnter Punkt: Josephs Feinde waren eifersüchtig auf ihn. Das wird ausdrücklich in Vers elf von 1. Mose 37 gesagt. Pilatus wusste das ebenfalls, wie uns Matthäus 27,18 erklärt. Auch die Parallelstelle in Lukas 23 zeigt, dass er wusste, dass die jüdischen Führer Jesus aus Neid überliefert hatten.
Schließlich, Punkt siebzehn: Obwohl Jakob über diese Worte der Prophetie schockiert war, heißt es dennoch in Vers elf, dass er die Worte in seinem Herzen bewahrte. Irgendwie spürte er, dass mehr dahintersteckte. Doch er konnte es nicht vollständig verstehen. Sein Herz verstand mehr als sein Denken.
Hier ist das Herz im Sinne von Empfinden gemeint. In der Bibel ist das Herz auch der Sitz des Denkens, aber gerade das Empfinden war näher an der Wahrheit, während der Verstand weiter entfernt war. Es kann auch umgekehrt sein.
Im Neuen Testament, in Lukas 2,19 und 2,51 sehen wir, wie Maria all diese unverständlichen Dinge im Zusammenhang mit der Geburt des Herrn Jesus bewahrte. Sie konnte nicht alles einordnen, was geschah, doch sie bewahrte es in ihrem Herzen. Auch sie erkannte, dass diese Dinge sie überstiegen, aber dennoch kostbar waren.
Jetzt fahren wir weiter und lesen 1. Mose 37 ab Vers 12 bis Vers 35.
Und seine Brüder gingen hin, um die Herde ihres Vaters bei Sichem zu weiden. Israel sprach zu Joseph: „Weiden nicht deine Brüder bei Sichem? Komm, ich sende dich zu ihnen.“ Und Joseph antwortete: „Hier bin ich!“
Er sprach zu ihm: „Geh hin, sieh nach dem Wohlergehen deiner Brüder und der Herde und bring mir Nachricht.“ So sandte er ihn aus dem Tal von Hebron, und Joseph kam nach Sichem.
Ein Mann fand ihn dort, und siehe, er irrte auf dem Feld umher. Der Mann fragte ihn: „Was suchst du?“ Joseph antwortete: „Ich suche meine Brüder. Teile mir doch mit, wo sie weiden.“
Der Mann sprach: „Sie sind von hier aufgebrochen. Ich hörte sie sagen: ‚Lasst uns nach Dothan ziehen.‘“ Da ging Joseph seinen Brüdern nach und fand sie in Dothan.
Als sie ihn von weitem sahen, bevor er ihnen nahekam, ersannen sie einen Anschlag gegen ihn, um ihn zu töten. Sie sprachen zueinander: „Siehe, da kommt jener Träumer! Kommt, lasst uns ihn erschlagen und in eine Grube werfen. Dann wollen wir sagen, ein böses Tier hat ihn gefressen. Wir werden sehen, was aus seinen Träumen wird.“
Reuben hörte es und rettete Joseph aus ihrer Hand. Er sprach: „Lasst uns ihn nicht töten.“ Reuben sagte zu ihnen: „Vergesst nicht das Blut! Werft ihn in diese Grube in der Wüste, und legt keine Hand an ihn. So kann ich ihn aus ihrer Hand erretten und zu seinem Vater zurückbringen.“
Als Joseph zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm sein langärmliges Gewand aus, das er trug. Dann nahmen sie ihn und warfen ihn in die Grube. Die Grube aber war leer; es war kein Wasser darin.
Sie setzten sich, um zu essen. Dabei erhoben sie ihre Augen und sahen, dass ein Zug Ismaeliter von Gilead herkam. Ihre Kamele trugen Tragen mit Balsamharz und Ladanum. Sie zogen nach Ägypten, um die Waren dort zu verkaufen.
Da sprach Juda zu seinen Brüdern: „Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder erschlagen und sein Blut verbergen? Kommt, lasst uns ihn an die Ismaeliter verkaufen, aber unsere Hand soll nicht an ihm sein, denn er ist unser Bruder, unser eigenes Fleisch!“ Seine Brüder hörten auf ihn.
Als die Midianiter, die Kaufleute, vorüberkamen, zogen sie Joseph aus der Grube heraus und verkauften ihn an Ismaeliter für zwanzig Silberstücke. Diese brachten Joseph nach Ägypten.
Als Reuben zur Grube zurückkehrte und sah, dass Joseph nicht in der Grube war, zerriss er seine Kleider und kehrte zu seinen Brüdern zurück. Er sprach: „Der Knabe ist nicht da! Wohin soll ich gehen?“
Sie nahmen das langärmlige Gewand Josefs, schlachteten einen Ziegenbock und tauchten das Gewand in das Blut. Dann schickten sie das Gewand zu ihrem Vater und ließen ihm sagen: „Dies haben wir gefunden. Erkenne doch, ob es das Gewand deines Sohnes ist oder nicht!“
Jakob erkannte es und sprach: „Das Gewand meines Sohnes! Ein böses Tier hat ihn gefressen; Joseph ist gewiss zerrissen worden!“
Jakob zerriss seine Kleider, legte einen Sacktuch um seine Lenden und trug viele Tage Leid um seinen Sohn. Alle seine Söhne und Töchter machten sich auf, um ihn zu trösten, doch er weigerte sich, sich trösten zu lassen.
Er sprach: „Denn ich werde trauernd zu meinem Sohn hinabfahren in den Scheol.“ Und sein Vater beweinte ihn.
Danke, bis hierhin.
Während wir in Kapitel 37, Verse 2 bis 11, gesehen haben, dass Joseph in Hebron ist, geht es jetzt ab Vers 12 bis 35 um das Thema Joseph in Dothan. Die Ortschaft Dothan wird in diesen Versen erwähnt und dort spielt das dramatische Geschehen, das wir gelesen haben, ab – die Verwerfung Josephs durch seine Brüder.
Wir schauen uns das ein bisschen auf der Karte an. Hier sieht man eine Karte von Israel mit den sogenannten besetzten Gebieten: Hier der Gazastreifen am Mittelmeer, hier das sogenannte besetzte Westjordanland und die Golanhöhen.
Nun ist es so: Hebron, von dort aus schickt Jakob seinen Sohn Joseph zu seinen Brüdern. In welchem Vers? In Vers 14, nicht wahr? Dort heißt es: „Und er sandte ihn aus dem Tal von Hebron.“ Seine Aufgabe war, nach dem Wohl der Brüder und ihrer Herde zu sehen, in Sichem.
Also, hier im südlichen Westjordanland befindet sich Hebron. Ganz im Norden des Westjordanlandes liegt Sichem. In Israel sagt man übrigens nicht Westjordanland, sondern wie lautet die normale Bezeichnung? West Bank ist die englische Ausdrucksweise für Westjordanland. West Bank heißt ja die westliche Seite des Ufers des Jordans, nicht wahr?
Hier ist der Jordan. Er kommt aus der Gegend von Tel Dan, fließt durch den See von Nazareth, dann den Jordan hinunter bis ins Tote Meer. An dem westlichen Ufer befindet sich die Westbank, das Westjordanland.
In Israel sagt man Jescha, das ist die Abkürzung für Jehuda und Shomron, also Juda und Samaria. Der südliche Teil ist in der Bibel Juda, das ist israelisches Kernland, das ist nichts Fremdes. Es ist sogar so, dass die hauptsächlichen biblischen Begebenheiten Israels in der Bibel gerade zu einem großen Teil in diesem Gebiet stattfinden. Man kann sogar sagen, Jescha ist das Herzstück des Landes Israel.
Also, hier unten Hebron, dort oben Sichem, das heißt heute Nablus. Nablus ist eine der größten palästinensischen Städte in diesem Gebiet. Genau, aber das ist das biblische Sichem.
Joseph sollte also diese Reise machen, von Hebron über das Gebiet von Jerusalem hinauf nach Norden – viele Kilometer, eine lange Reise bis nach Sichem zu Fuß.
Sichem heißt auf Deutsch „Schulter“, weil es zwischen den Bergabhängen des Garizim und des Ebal liegt. Einen solchen Bergabhang bezeichnet man im Hebräischen als Schchem, also Sichem, als Schulter, die dort so heruntergeht.
Wir haben aber in unserem Text gesehen, dass er in Sichem seine Brüder nicht findet. Er wandert hin und her, bis er Auskunft bekommt von jemandem, der gehört hat, dass sie gesagt haben: „Wir gehen nach Dothan.“
Dann sind sie also von Sichem – jetzt sehen wir da im westlichen Land diesen nördlichen Ausschnitt hier – nach Dothan gegangen. Etwas südlich davon liegt Sichem, hebräisch Sichem.
Dothan liegt ganz in der Nähe von Djenin, das ist eine der Hochburgen des Terrorismus. Joseph musste also weiter wandern, nach Dothan.
Das biblische Dothan, das man archäologisch gefunden hat, ist ein Tell. Tell bedeutet Zivilisationsschutzhügel. Man hat dort gebaut, nach einer Zerstörung wieder auf die Trümmer aufgebaut, und so ist der Hügel immer höher geworden, ein künstlicher Hügel, ein Tell eben – das ist Tell Dothan.
Was heißt Dothan? Hat das jemand nachgeschaut? Das ist eigentlich Aramäisch, ein bisschen gekürzt: Dotayin. Ayin ist in Aramäisch die Dualform. Ayin ist auf Hebräisch ebenfalls die Dualform, zum Beispiel Yadayin, das sind die zwei Hände, Enayin, die zwei Augen, Osnayin, die zwei Ohren, Raglayin, die zwei Füße. Aber auf Hebräisch endet das nicht auf M, sondern auf N, also Dotain. Das bedeutet zwei Brunnen.
Das wird noch wichtig sein, denn es gab dort nicht nur einen Brunnen, sondern mindestens zwei.
Hier nochmals ein Blick auf Tel Dothan. Jetzt stehen wir auf dem Bild oben auf dem Hügel, auf dem Zivilisationsschutthügel. Wir schauen nach Süden, das ist der Weg von Sichem. Das wird jetzt ganz wichtig, denn die Brüder von Joseph waren bei Dothan. Sie sahen von weitem plötzlich, wie Joseph kam. Da sagten sie: „Oh, da kommt der Träumer, jetzt werden wir sehen, was aus seinen Träumen wird.“ Sie verspotteten ihn als Propheten.
Noch während er auf diesem Weg unterwegs war, sahen sie ihn von weitem und beschlossen: „Den bringen wir um, den schaffen wir aus der Welt.“ Ja, eine ganz romantisch schöne Gegend, das ist das Tal von Dothan. Dort fassten sie ihren Entschluss.
Nun eine andere Sicht: Machen wir mal eine Rundsicht. Wir schauen nach Süden, da kommt Joseph von Sichem her. Wir gehen rüber und dann wieder zurück, da kommt er von Sichem her. Jetzt drehen wir uns wieder Richtung Tell, im Hintergrund Tell Dothan. Was sehen wir da? Einen Wasserbrunnen.
Wenn man nach Tell Dothan kommt, findet man diesen sehr schnell. Aber das ist nicht der einzige Brunnen. Gehen wir näher hin. Da ist er, gerade ein Baum wächst heraus. Schauen wir mal hinein – oh, ein tiefes Loch! Ein Feigenbaum wächst dort heraus.
Nochmal zurück: Hier wächst ein anderer Baum heraus, aber das ist ein anderer Brunnen. Nur ein paar Meter davon entfernt, aber ganz versteckt im Gebüsch. Man muss genau wissen, wo er ist, sonst findet man ihn nicht. Ein zweiter Brunnen!
Im Text lesen wir in Vers 20: „So kommt nun, lasst uns ihn erschlagen und ihn in eine der Gruben werfen.“ Bor ist das Wort für eine Wassergrube, eine Zisterne. Also gibt es dort mehr als eine.
Dotein sagt es ja schon: Es gibt zwei, und zwar ganz nah beieinander. Es gibt sogar noch eine dritte. Das ist sehr speziell, denn kilometerweit im Umfeld von Dothan gibt es keine Wasserbrunnen. Nirgendwo.
Und dort gibt es nicht nur zwei beieinander, sondern etwas weiter entfernt sogar eine dritte. Die haben wir auch besucht. Das Gebäude hier, das am Einstürzen ist, stammt noch aus der britischen Mandatszeit.
Nach dem Ersten Weltkrieg übertrug der Völkerbund England die Zuständigkeit für die Zukunft dieses Landes. England sollte das regeln im Blick auf die Juden und auf die Araber.
Dieses Haus stammt also noch aus der Mandatszeit. Es ist wirklich baufällig, also echt gefährlich. Das hätte ich mit einer Gruppe nie gemacht. Ich bin trotzdem hineingegangen, ich wollte unbedingt die Quelle sehen, das Wasser sehen.
Hier. Ich wollte auch richtig dokumentieren, wie es dort aussieht.
So viel zu Dothan als Streiflichter aus der Archäologie.
Jetzt gehen wir zum Text und betrachten ihn Vers für Vers. Vers zwölf: Die Brüder weiden die Herde ihres Vaters. Im Neuen Testament sehen wir, dass es viele Hirten in Israel gab. Dazu gehörten Pharisäer, Sadduzäer, Älteste, führende Priester und Schriftgelehrte. Sie waren die Hirten des Volkes Israel.
In Vers dreizehn sehen wir, dass Israel, beziehungsweise Jakob, der zwei Namen hat, zu Joseph, seinem Sohn, sagt: „Ich will dich zu ihnen senden.“ Was soll Joseph dort tun? Was ist sein Auftrag bei den Brüdern? Er soll nachsehen, ob es ihnen wohlgeht. Wem? Den Brüdern. Ist das der ganze Auftrag? Beides. In Vers 14 heißt es, er soll schauen, wie es diesen Hirten geht und wie es der Herde geht. Beides finden wir auch im Neuen Testament.
Zuerst: Der Vater hat seinen Sohn in die Welt gesandt. Wo steht das zum Beispiel ganz ausdrücklich? Im Johannes 3, Vers 16 steht, dass Gott den Sohn gegeben hat. Aber noch deutlicher ist es in 1. Johannes 4, Vers 9: „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbar worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten.“
Also, der Vater hat den Sohn zum Wohl der Verlorenen gesandt. Und hier sehen wir, der Vater sendet seinen Sohn, und der Sohn ist bereit zu gehen. Mir fiel noch eine andere Stelle ein, und zwar Johannes 3, Vers 17. Dort heißt es zwar etwas anders: Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um die Welt zu richten, sondern damit die Welt durch ihn errettet wird. Das ist eine Erweiterung von dem, was in Vers 16 steht.
Die Parallele ist also sehr deutlich. Dann haben wir gesehen, dass Jesus aus welchem Ort nochmals ausgegangen ist? Nein, Sichem ist erst eine Zwischenstation. Er geht aus dem Tal von Hebron, Vers 14. Hebron bedeutet Gemeinschaft. Der Sohn war in ewiger Gemeinschaft mit dem Vater.
In Johannes 17, Vers 5 sagt der Herr Jesus am Ende seines Lebens: „Vater, verherrliche mich mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Dort erfahren wir etwas von dieser ewigen Gemeinschaft, diesem himmlischen Hebron, in dem Jesus in Gemeinschaft mit dem Vater war. Er ist der geliebte Sohn, dessen Freude von Ewigkeit her die höchste Freude ist.
Von dort ist der Herr Jesus ausgegangen. Wir können lesen in Johannes 16, Vers 28: „Ich bin von deinem Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater.“ Er ist also von Hebron ausgegangen, man kann sagen vom Himmel.
Was noch interessant ist: Jesus sagt hier nicht „Ich bin von Gott ausgegangen“, was ebenfalls richtig wäre. Das sagt er auch im Vers davor. Aber hier sagt er: „Ich bin von dem Vater ausgegangen und in die Welt gekommen.“ Das ist wichtig, um zu sehen, dass der Herr Jesus der ewige Sohn ist.
In Psalm 2 wird der Messias Sohn Gottes genannt, weil er von Gott gezeugt war. Psalm 2, Vers 7: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ Gott war der Vater von Jesus Christus durch diese übernatürliche Zeugung.
Das darf uns aber nicht verleiten zu denken, der Herr Jesus sei erst seit seiner Menschwerdung Sohn Gottes. Als Mensch wurde er durch die Zeugung Sohn Gottes, aber in seiner Gottheit ist er von Ewigkeit her Sohn. Er ist darum vom Vater ausgegangen, nicht von Gott, der später sein Vater wurde bei der Menschwerdung, sondern er war beim Vater von Ewigkeit her.
In Johannes 17 beginnt das Gebet mit „Vater“ und in Vers 5 spricht Jesus von der Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ehe die Welt war. Er ist vom Vater als ewiger Sohn in die Welt gekommen.
So ist auch der Sohn Joseph von Hebron nach Sichem gegangen. Der Sohn hat sich senden lassen, so wie Josef bereit war. Josef war dem Vater gehorsam, nicht wahr? Vers dreizehn: Jakob sprach zu Josef: „Weiden dich deine Brüder bei Sichem? Komm, dass ich dich zu ihnen sende.“
Und nun spricht Josef zum Vater: „Hier bin ich.“ Auf Hebräisch ein Wort: Hineni. Das macht es noch viel eindrücklicher. Hineni ist ein Ausdruck, den wir immer wieder in der Bibel finden. Wenn Gott ruft, muss man antworten: „Hineni – hier bin ich.“
Das bedeutet: Ich bin bereit, ich will dir gehorsam sein, ich will dir dienen. Der Herr Jesus sagt in Philipper 2, Vers 5, hat es nicht für einen Raub gehalten, Gott gleich zu sein. Das musste er sich nicht anmaßen, denn er war gottgleich. Aber er war bereit, Knechtsgestalt anzunehmen und die Position des Gehorsams einzunehmen.
Darum steht auch in Hebräer 5, dass der Sohn den Gehorsam lernte. Das war nicht, weil der Herr Jesus, wie wir, etwas Rebellisches im Herzen hatte. Überhaupt nicht. Aber er musste in Ewigkeit nicht gehorchen, weil er gottgleich war.
In Sacharja 13, Vers 7 sagt Gott vom Herrn Jesus: „Schwert, erwache gegen den Hirten, gegen den Mann, der mein Genosse ist.“ Genosse (amiti) bedeutet im Hebräischen „mein Gleichgestellter“. Aber der Herr Jesus war bereit, sich zu erniedrigen und die Stellung eines Dieners einzunehmen.
Darum sagt er in Johannes 14: „Der Vater ist größer als ich.“ Als Mensch, weil er sich erniedrigt hat. Und darum steht in 1. Korinther 11, dass Gott das Haupt des Christus ist. Christus als Mensch hat diese Stellung des Gehorsams eingenommen.
Hineni – hier bin ich. Er war bereit, als Diener in diese Welt zu kommen. Josef ging mit dem doppelten Auftrag zu den Brüdern, den Hirten: nachzusehen, wie es ihnen geht, und wie es der ganzen Herde geht.
In den Evangelien sehen wir, wie der Herr Jesus in Sorge um das ganze Volk Israel war. Schlagen wir auf Matthäus 9, Vers 36 nach. Wenn er die Volksmengen sah, betrachtete er sie. Er hat sie angeschaut. Lesen wir Matthäus 9, Vers 36 als Beispiel: „Als er aber die Volksmenge sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und hingestreckt waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
Er sah die Menschenmengen, die zu Tausenden zu seinen Predigten unter freiem Himmel kamen, und das berührte ihn tief im Herzen. Wörtlich steht im Griechischen sogar, dass seine Eingeweide bewegt wurden. Das ist ein Bereich voller Nerven, besonders empfindlich, fast wie unser zweites Gehirn, und stark mit unseren Gefühlen verbunden.
Daher kommt das Bauchgefühl. Hier heißt es, dass die Eingeweide des Herrn Jesus bewegt wurden über sie. Er sah, dass sie erschöpft und hingestreckt waren wie Schafe ohne Hirten.
Aber sie hatten doch so viele Hirten: viele Schriftgelehrte, viele Pharisäer! Etwa sechstausend Pharisäer gab es, etwa viertausend Sadduzäer, und besonders die hohen Priester und die führende Priesterschaft – die Adelsschicht der Priester.
Doch das waren schlechte Hirten, wie es in Hesekiel 34 steht. Sie weideten sich selbst und liebten die Herde nicht. Darum sah der Herr Jesus, dass sie ohne Führung und Orientierung waren und nicht die Wahrheit des Wortes Gottes verkündeten. Das bewegte ihn sehr.
Aber der Herr Jesus kümmerte sich auch um die Führer. Eines Tages kam in Markus 10 ein Oberster zu ihm. Dieser Ausdruck bezeichnet ein Mitglied des Sanhedrins. Es war ein junger Mann, sehr ungewöhnlich. Er hatte eine Blitzkarriere gemacht, denn höher konnte er damals nicht aufsteigen, als Mitglied des Sanhedrins.
Er kam zu Jesus, und es heißt, Jesus liebte ihn und blickte ihn an. Jesus bemühte sich, ihm zu zeigen, dass er das Gesetz nicht erfüllen kann und die Gnade braucht. Schließlich ging der junge Mann traurig weg. Aber der Herr hatte sich um ihn bemüht und wollte ihn retten.
Wir sehen den Herrn Jesus auch in Diskussionen mit Mitgliedern des Sanhedrins und führenden Priestern. Wenn man Matthäus 21 liest, erkennt man, dass er sich um sie bemühte – eben um die Hirten wie um die Schafe.
Nun kehren wir zurück zu 1. Mose 37. Joseph kommt also nach Sichem, wie in Vers 14 beschrieben. In Vers 15 heißt es: „Und ein Mann fand ihn, und siehe, er irrte auf dem Feld umher.“ Das hebräische Wort „ta'a“ kann man mit „irren“ übersetzen. Es bedeutet aber auch „so hin und her wandern“. Es war also kein zielloses Irren, sondern eher ein Wandern hin und her. Joseph suchte seine Brüder in Sichem, zwischen den Bergen Garizim und Ebal.
Schließlich trifft er auf einen Mann, der ihn sieht. Joseph sucht etwas; er geht hinüber, dann wieder zurück. Der Mann stellt ihm die Frage: „Was suchst du?“ Joseph antwortet klar: „Ich suche meine Brüder.“
An dieser Stelle erinnert uns der Herr Jesus in Lukas 19, Vers 10 daran, dass er gekommen ist, um zu suchen und zu retten, was verloren ist. Jerry, kannst du bitte Lukas 19, Vers 10 vorlesen?
„Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Das ist wirklich der gute Hirte, nicht wie die bösen und falschen Hirten, von denen Hesekiel 34 spricht. Joseph sucht seine Brüder, und der Mann gibt ihm den Hinweis, dass sie offensichtlich nach Dothan gegangen sind. In Vers 17 heißt es: „Da ging Joseph seinen Brüdern nach.“
Das ist der gute Hirte, der das verlorene Schaf sucht und ihm nachgeht, so wie Jesus es im Gleichnis in Lukas 15 beschreibt. Schließlich findet er sie in Dothan – der Hirte, der das verlorene Schaf findet.
Allerdings ist es so: Wenn man ein verlorenes Schaf im Gestrüpp findet, das aber nicht dem Hirten folgen will, ist das nicht dasselbe wie das Schaf, das der Hirte auf die Schultern nehmen und glücklich heimführen kann, wie es Lukas beschreibt. Und hier liegt das Problem bei Josephs Brüdern – sie wollten sich nicht suchen lassen.
In Vers 18 steht: „Und sie sahen ihn von weitem.“ Von Dothan aus hat man einen Blick nach Süden, auf die direkte Straße von Sichem. Sie haben Joseph von weitem gesehen. Noch ehe er in ihre Nähe kam, ersannen sie einen Anschlag gegen ihn, um ihn zu töten.
Wann geschah der erste Mordanschlag auf den Herrn Jesus? In Markus 3, genau ein Jahr nach Beginn seines öffentlichen Dienstes. Dort lesen wir, nach der Heilung eines Menschen in der Synagoge am Sabbat, Markus 3, Vers 6. Jerry, kannst du das bitte vorlesen?
„Und die Pharisäer gingen sogleich hinaus und hielten mit den Herodianern Rat gegen ihn, wie sie ihn umbrächten.“
Die Parallele ist eindrücklich. Doch glücklicherweise gibt es hier einen Advokaten. In Vers 20 heißt es: „So kommt nun und lasst uns ihn erschlagen und in eine Grube werfen.“ Sie wollten sagen: Ein böses Tier hat ihn gefressen, und wir werden sehen, was aus seinen Träumen wird. Sie verspotten ihn als Propheten.
Aber dann gibt es einen Advokaten: Ruben. Das ist erstaunlich, denn Ruben war chronologisch gesehen der Erstgeborene. Wegen einer schweren Sünde hatte er jedoch das Erstgeburtsrecht verloren, das an Joseph ging – daher der schöne bunte Rock, das Unterkleid.
Trotzdem setzt sich Ruben für Joseph ein. Das ist bemerkenswert.
Wo finden wir im Neuen Testament einen Führer im jüdischen Volk, der sich für den Herrn Jesus einsetzte? Gamaliel, der sich positiv für die ersten Christen einsetzte, ist bekannt. Aber in Bezug auf den Herrn Jesus ist es Nikodemus.
Schlagen wir Johannes 7 auf, nach dem nächtlichen Gespräch in Johannes 3. Dort sehen wir, dass in Nikodemus ein Werk geschehen ist. Er war ein Oberster, ein Mitglied des Sanhedrins. Man wollte den Herrn Jesus verhaften, doch das gelang nicht.
Jerry, kannst du Johannes 7, Vers 45 vorlesen?
„Die Diener kamen nun zu den hohen Priestern und Pharisäern, und diese sprachen zu ihnen: ‚Warum habt ihr ihn nicht gebracht?‘“
Die Diener antworteten:
„Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“
Darauf fragten die Pharisäer:
„Seid ihr denn auch verführt? Hat wohl jemand von den Obersten an ihn geglaubt oder von den Pharisäern? Diese Volksmenge aber, die das Gesetz nicht kennt, sei verflucht.“
Da spricht Nikodemus zu ihnen, der einer von ihnen war:
„Richtet denn unser Gesetz den Menschen, ehe es zuvor von ihm selbst gehört und erkannt hat, was er tut?“
Sie antworteten ihm:
„Bist du etwa auch aus Galiläa? Forscht nach und sieh, dass aus Galiläa kein Prophet aufsteht.“
Dann gingen sie ein jeder in sein Haus.
Welch ein Mut von Nikodemus! Er wagt es, gegen die Hauptmeinung des Sanhedrins zugunsten des Herrn Jesus zu sprechen.
Übrigens: Die „Diener“ in Johannes 7 sind die Tempelpolizei. Das waren Leviten, die die Tempelwache an den Toren ausübten. Sie sollten den Herrn Jesus verhaften und waren mit Stöcken ausgerüstet. Deshalb kam bei der Verhaftung im Garten Gethsemane eine Volksmenge mit Stöcken, unter anderem die Tempelpolizisten mit ihren typischen Schlagstöcken.
Diese sollten den Herrn verhaften, taten es aber im Tempel nicht, wie Johannes 7 beschreibt. Sie kehrten unverrichteter Dinge zurück. Auf die Frage, warum sie ihn nicht verhaftet hätten, antworteten sie: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“
Ich wünschte, ich wäre bei diesen Reden des Herrn Jesus dabei gewesen. Seine Worte waren so eindrücklich, dass sogar seine Feinde sagten: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“ Er war das Wort, das Fleisch wurde (Johannes 1,1), und er sprach zu den Menschen. Das muss beeindruckend gewesen sein.
Nikodemus setzt sich also ein, ganz ähnlich wie Ruben sich für Joseph einsetzte.
Ein weiterer Punkt: Sie verspotteten Joseph als Propheten (Vers 20). „Und wir werden sehen, was aus seinen Träumen wird.“ Wo wurde der Herr Jesus ganz ausdrücklich als Prophet verspottet? Bereits zuvor wurde er als Prophet verspottet.
Am Kreuz wurde er verspottet, nicht wahr? Als König verspottet und als der, der Wunderwerke tat. Man forderte ihn auf, sich selbst zu retten. „Wer hat dich geschlagen?“ – diese Stelle.
Schlagen wir zusammen Matthäus 27 auf. Jerry, kannst du bitte Matthäus 27, Vers 43 vorlesen?
„Er vertraute auf Gott; er rette ihn jetzt, wenn er ihn begehrt; denn er sagte: Ich bin Gottes Sohn.“
Auf dieselbe Weise schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.
Dann sollten wir die Stelle anschauen, wo man ihm ins Gesicht schlägt und sagt: „Weissage uns, wer dich geschlagen hat.“ Jerry, hast du diese Stelle? Matthäus 26, Vers 67 und 68?
Danke. Bitte lies vor.
„Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihm ins Angesicht und sprachen: ‚Weissage uns, Christus, wer ist es, der dich schlägt?‘“
Sie verhüllten sein Gesicht und schlugen ihn, um ihn als Propheten zu verspotten. Ein Prophet sollte doch in der Lage sein, ohne zu sehen zu wissen, wer ihn schlägt.
Als der Herr Jesus das Leben der samaritischen Frau aufdeckte in Johannes 4, sagte er auf ihre Antwort „Ich habe keinen Mann“: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“ Sie lebte im Konkubinat, war nicht verheiratet, sondern zusammenlebend. Daraufhin sagte sie: „Ich sehe, dass du ein Prophet bist.“
Ein Prophet kann zukünftige Ereignisse voraussagen, aber auch das Verborgene enthüllen.
So haben wir hier erneut die Parallele: Verspotter nennen ihn Propheten, doch er offenbart die Wahrheit.
Jerry, kannst du noch einmal Matthäus 26, Vers 67 vorlesen?
„Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihm ins Angesicht und sprachen: ‚Weissage uns, Christus, wer ist es, der dich schlägt?‘“
In der Parallelstelle im Evangelium wird beschrieben, dass sie sein Gesicht verhüllten, um ihn als Propheten zu verspotten.
Auch hier zeigt sich wieder eine eindrückliche Parallele.
Und nun gehen wir zurück zu 1. Mose 37. Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob man das jetzt auch als Lästern und Sehenswürdiges in den Propheten nennen kann.
Im Jahr 1647 geht es um das Brot, nicht mehr um das Brot des Lebens. Und da spricht das Brot, das man essen soll, und das Blut, das man finden soll. Dann kam ein Murren, weil solche Dinge nie gehört wurden. Jünger sind ja immer solche, die nachgefunden und gehört haben. Klar, die Zwölf blieben träumig, genossen die Geister und Mühe unten drunter. Manche gingen sogar weg, als sie murrten. Ist es nicht hier auch eine Art Lästern, wenn man über einen Propheten murrt?
Gut, es war ein Murren über die Art und Weise, wie der Herr Jesus gesprochen hat, aber weniger darum, dass er etwas Prophetisches vorausgesagt hat und sie ihn deswegen als Propheten verspotten. Aber da war es wirklich ebenso. Wir werden sehen, was aus seinen Träumen wird.
Gehen wir zurück zu 1. Mose 37. Und dann lesen wir nochmals Vers 23: „Und es geschah, als Joseph zu seinen Brüdern kam, da zogen sie ihm sein Ärmelkleid aus, das lange Ärmelkleid, das er anhatte. Und sie nahmen ihn und warfen ihn in die Grube, die aber leer war; es war kein Wasser darin.“
Woran erinnert uns das? Sie zogen Joseph sein Ärmelkleid aus. Ja, die römischen Soldaten – können wir Johannes 19 aufschlagen? Johannes 19, Vers 23: „Die Soldaten nun nahmen, als sie Jesus gekreuzigt hatten, seine Kleider und machten vier Teile, jedem Soldaten ein Teil, und das Untergewand. Das Untergewand aber war ohne Naht, von oben an durchgewebt. Da sprachen sie zueinander: ‚Lasst uns dies nicht zerreißen, sondern darum losen, wem es gehören soll‘, damit die Schrift erfüllt würde, die spricht: ‚Sie haben meine Kleider unter sich verteilt, und über mein Gewand haben sie das Los geworfen.‘ Die Soldaten nun haben dies getan.“
Genau. Und gerade diesen besonderen Leibrock nehmen sie ihm weg. Und den besonderen Leibrock, den Joseph hatte, nahmen sie ihm weg und warfen ihn in eine der Gruben – die aber leer war, glücklicherweise ohne Wasser.
Diese Grube hat auch eine besondere Bedeutung. Sie weist hin auf das Grab. Wenn wir lesen in Psalm 88, einem der messianischen Psalmen, die von den Leiden des Messias am Kreuz sprechen – nicht nur Psalm 22, der besonders bekannt ist, sondern es gibt noch viel mehr solche Psalmen, so auch Psalm 88.
Dort hört man die tiefste Not in der Seele des Herrn Jesus am Kreuz. Er klagt zum Beispiel in Psalm 88, Vers 19: „Freund und Genossen hast du von mir entfernt, meine Bekannten sind Finsternis.“ Wir wissen, wie seine Jünger fernab standen vom Kreuz und die, die mit ihm verbunden waren.
Und dann in Vers 17 sagt er: „Deine Zorngluten sind über mich hingegangen, deine Schrecknisse haben mich vernichtet.“ Ganz parallel zu Jesaja 53,10: „Es gefiel dem Herrn, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen.“ Der Zorn Gottes gegen unsere Sünde traf ihn, als er der Sündenträger war.
In diesem Zusammenhang lesen wir Vers 7: „Du hast mich in die tiefste Grube gelegt, in Finsternisse, in Tiefen; auf mir liegt schwer dein Grimm. Und mit allen deinen Wellen hast du mich niedergedrückt. Selah.“
Also die Leiden des Herrn am Kreuz, die ihn schließlich in den Tod führten, werden hier verglichen mit der tiefsten Grube. Das hebräische Wort für Grube ist „Bor“, das gleiche Wort wie in 1. Mose 37 für eine der Gruben.
Und dann, als er da in der Grube ist, machen sie es sich gemütlich. Vers 25: „Und sie setzten sich, um zu essen, und sie erhoben ihre Augen und sahen, und siehe, ein Zug Ismaeliter kam von Gilead her, und ihre Kamele trugen Tragant und Balsamherz, Harz und Ladanum.“
Sie setzen sich also um zu essen. Was hatten die führenden Priester an diesem Freitag vor, als sie vor Pilatus waren? Sie wollten nicht ins Prätorium hineingehen. Das Prätorium war damals an dem Ort, wo heute das Jaffa-Tor der Altstadt von Jerusalem ist. Sie blieben draußen.
Sie gingen nicht hinein, weil sie Angst hatten, sie könnten rituell verunreinigt werden durch dieses heidnische Gebäude und den Kontakt dort. Sie blieben draußen, und dann heißt es in Johannes 18,28: „Damit sie das Passa essen könnten.“
Das Passa hat man ja am Vorabend gegessen, auch der Herr mit seinen Jüngern. Aber im Talmud und auch in der Bibel wird das besondere Friedensopfer, das führende Priester am Tag nach dem Sabbatmahl, nach dem Passamahl darbrachten, auch Pessach genannt. Auch in 5. Mose 16 wird von einem Stier gesprochen als Pessach.
Das Passalam war ein Lamm, aber eben dieses besondere Friedensopfer am Tag darauf war ebenfalls Pessach genannt, und das wollten sie unbedingt essen. Sie wollten also noch ein besonderes religiöses Festessen am gleichen Tag, an dem sie ihren Herrn in die Grube brachten.
Diese Parallele ist ganz eindrücklich. Sie sahen die Ismaeliter, diese Händler, die nach Ägypten gingen, und dachten: „Oh, das ist die Gelegenheit.“ Wer hat das gedacht? Juda.
Wie sagten vor zweitausend Jahren die, die Griechisch sprachen? „Judah“? Judas. Judas ist die griechische Aussprache von Juda beziehungsweise Jehuda. Man fügt im Griechischen oft ein „s“ am Schluss hinzu, weil „Judah“ für griechische Ohren weiblich klingt, aber mit dem „s“ wird es männlich.
Darum sagen sie im Griechischen nicht Mose, sondern Moses; nicht Jeremia, sondern Jeremias; nicht Jesaja, sondern Jesajas; nicht Jeschua oder Jesua, sondern Jesus und Judas.
Und dieser Judas hier macht den Vorschlag: Wir könnten ihn verkaufen für Silberlinge. Das ist wirklich der Hammer, wenn man all diese Parallelen sieht.
Ich warne: Das Neue Testament spricht über diese Vorbilder als Vorschattungen, als Schatten. Es ist nicht das Ebenbild, nicht eins zu eins. Wenn man zum Beispiel die Hand in die Sonne hält und dann den Schatten der Hand sieht, ist das nicht eins zu eins. Der Schatten ist zweidimensional, die Hand dreidimensional. Je nach Sonnenstand ist er auch etwas verzogen.
So sind diese Bilder zu sehen. Man erkennt Parallelen, die schattenumrissartig auf den Messias hinweisen.
Er wird verkauft für zwanzig Silberstücke, Jesus für dreißig. Warum haben die jüdischen Führer gedacht, sie geben Judas dreißig und nicht zwanzig?
Ist das der Pflichterlohn eines toten Sklaven? Ja, denn in der Tora steht, dass bei Haftpflicht, wenn zum Beispiel ein Sklave durch einen fremden Stier getötet wurde, der Besitzer des Stiers zwanzig Silberstücke an den Herrn des Sklaven zahlen musste.
Das war der Preis eines toten Sklaven nach Haftpflicht. Dreißig? Nein, zwanzig für den Sklaven. Joseph wurde für zwanzig verkauft, und die Führer gaben Judas nicht zwanzig. Das wäre quasi eine Ehrung gewesen, wie für den großen Patriarchen Joseph.
Aber sie wollten einen Preis zahlen, der daran erinnerte: Das ist der Preis eines toten Dieners. Schrecklich, nicht wahr?
Doch die Parallele ist da: Silberstücke, Silberstücke. Joseph wird aus dem Loch herausgeholt, aus Dothan. Aber einer hat es nicht mitbekommen: Ruben. Er geht zur leeren Grube und ist innerlich völlig aufgelöst.
Jetzt hätte ich fast gesagt: am leeren Grab, bei der leeren Grube. Im Neuen Testament – wer ist so aufgelöst am leeren Grab? Maria Magdalena. Sie denkt, man hat ihren Herrn weggenommen, keine Beziehung mehr zum Herrn, und sie liebt den Herrn so sehr.
Aber wo ist der Herr? Sie ist verzweifelt. Ab dann offenbart sich ihr der Herr. So war es auch bei Ruben: Der Knabe ist nicht da, und er fragt sich, wohin soll ich gehen? Für ihn brach irgendwie alles zusammen, die ganze Welt.
So war es auch bei Maria Magdalena. Sie war so mit dem Herrn verbunden, und an diesem Auferstehungsmorgen war sie am Boden, weil sie nichts mehr von der Beziehung zum Herrn spürte.
Dann sehen wir, dass ein Ziegenbock geschlachtet wurde. Das schöne Kleid von Joseph wurde mit Blut verschmiert, dem Vater geschickt, und er selbst zieht den Schluss: „Mein Sohn ist von einem bösen Tier gefressen worden.“
Jakob erlebte ein Trauma, wenn man seine Geschichte durchgeht. Es ist eine Geschichte von Traumata. Und irgendwie ist er doch nicht verrückt geworden. Das ist eindrücklich, was Menschen aushalten können.
Aber es hat ihn innerlich zerbrochen. Er wusste damals nicht, wie das einmal herauskommen würde. Dass er seinen Sohn in Ägypten erleben würde, als die Nummer zwei von Ägypten, als Retter der Familie und von Ägyptenland.
Jetzt war einfach alles für ihn am Boden. Aber die Parallele ist: Was war das für Gott, den Vater, als der Herr Jesus am Kreuz war und für unsere Sünden litt? Er musste ihn geben, weil es keinen anderen Weg zur Rettung gab.
Der Schmerz des Vaters hier erinnert uns an den Schmerz des Vaters, als der Herr Jesus am Kreuz war. Gott ist so dunkel gekommen, sagte der Herr: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Ob er gar nicht die Dunkelheit schon in Sünde getragen hat.
Gott muss Sünde loslassen, das heißt, er muss seinen Sohn loslassen – in diesem Punkt. Man kann sagen, das ist parallel: Er musste den Sohn loslassen. Das ist dieser Schmerz, als der Vater den Sohn so alleine leiden lassen musste. Unfasslich.
Wenn wir an Josef denken: Er hat ja seinen Vater mit einem Ziegenbock belogen. Und hier wird er belogen mit einem Ziegenbock. So eindrücklich, nicht wahr?
Dann heißt es in Vers 35: „Und alle seine Söhne und alle seine Töchter machten sich auf, um ihn zu trösten, aber er weigerte sich, sich trösten zu lassen.“
Ein Schmerz kann so groß sein, dass man Trost in dem Moment gar nicht mehr will. Aber dass der Trost der Söhne wirklich eine Katastrophe war, ist klar. Sie wussten, dass alles ein Betrug war, und sollen den Vater trösten – das ist unglaublich.
Was war da gewissensmäßig in ihren Herzen geschehen? Das waren wirklich üble Kerle. Aber das macht alles so eindrücklich, wenn wir sehen, wie spät in der Geschichte diese üblen Kerle eine solche Wendung erleben und am Schluss innerlich zusammenbrechen und wirklich zur Umkehr kommen.
Das ist möglich. Das kann Gott in harten Herzen bewirken. Es wird ja manchmal vorgeworfen, warum Joseph sich zuerst in Ägypten so als harter Herr erwies und sich seinen Brüdern überhaupt nicht öffnete.
Das ging ja lange so, und sie litten. Er war hart. Warum? Das war ganz wichtig. Wenn er zu früh gesagt hätte: „Ich bin Joseph, euer Bruder, alles ist okay“, wäre es nicht okay gewesen – überhaupt nicht.
Durch die Leiden, die sie in Ägypten erlebten, veränderte sich etwas. Joseph konnte genau beobachten: „Ah, jetzt bei Benjamin würden sie nicht nochmals dasselbe ihrem Vater antun, wie sie es bei mir getan haben. Da ist etwas geschehen.“
So brauchte es ein Werk in ihren Herzen. Erst als die Sache reif war, konnte Joseph sagen, dass er sie alle hinaus schickt.
Er, der immer mit Übersetzern gesprochen hatte, sprach Ägyptisch und verstand natürlich alles, was seine Brüder untereinander auf Hebräisch sagten. Das hat uns damals betroffen gemacht, weil wir diese Seelenangst von Joseph gesehen haben. Er hat alles mitbekommen und konnte sich nicht mehr zurückhalten.
Dann sagte er: „Ani Yossef, Achichem.“ Der ägyptische harte Mann spricht Hebräisch ohne Akzent. Und sie brachen zusammen.
Das zeigt, wenn er zu früh entgegengekommen wäre, wäre das Werk nicht vollendet worden. Es war genau der richtige Moment.
Wir wollen hier für heute aufhören und fahren dann ab Vers 36 nächstes Mal weiter. Ich bringe dann wieder ein Blatt mit der Zusammenfassung der Parallelen.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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