Eine verwechselte Zugfahrt als Bild für Selbsttäuschung
Es war noch während meiner Studentenzeit. Zusammen mit einem Studienkollegen war ich auf dem Weg zu einer Tagung. Mit dem Zug ging es nach Borhave. In Neumünster hatte uns noch jemand den Zug rausgesucht. Wir saßen ganz vergnügt im Abteil. Dann kam irgendwo ein einsamer Bahnhof, das Schild Borhave. Mein Freund und ich stiegen aus und machten uns dort auf die Suche nach dem Tagungsort.
Aber der war weit und breit nicht zu sehen. Schließlich landeten wir in einer Kneipe und lösten dort ein ziemliches Jolen aus, weil wahrscheinlich selten Leute wie wir dort hinkamen. Wir erkundigten uns beim Wirt. Keiner wusste etwas von einem Tagungsort, bis einer schließlich die Lösung fand: Es gibt nämlich noch ein anderes Borhave, knapp hundert Kilometer entfernt. Samstagnachmittag kommt man da mit dem Zug natürlich nicht mehr hin. Wir hatten uns also völlig getäuscht.
Nun, in diesem Fall war es nicht so schlimm, denn wir hatten die Telefonnummer vom richtigen Borhave ja in der Tasche. Dann riefen wir dort an und wurden am Abend mit dem Auto abgeholt. Die Täuschung war noch rechtzeitig korrigierbar, sie war rückgängig zu machen, und wir kamen schlussendlich zu unserem Ziel.
In unserem Predigttext heute Morgen spricht Jesus eine Situation an, bei der es auch um eine Täuschung geht – um eine Selbsttäuschung. Aber diese Situation ist unendlich viel ernster, weil man sie nämlich nicht mehr korrigieren kann. Es gibt nicht die Möglichkeit, noch irgendeine Telefonnummer aus der Tasche zu ziehen und sich rausfahren zu lassen. Nein, wenn diese Täuschung, von der Jesus spricht, einmal auffliegt, wenn sie entlarvt wird, dann wird es zu spät sein, noch irgendetwas zu ändern.
Jesus nennt auch den Zeitpunkt, wann das sein wird, in unserem Predigttext. Er sagt: „an jenem Tag“ in Vers 22. Dieser Ausdruck taucht häufig in der Bibel auf: jener Tag oder der Tag Gottes, der Tag Jesu Christi. Er meint die Zeit, wenn Gott als Richter in diese Welt eingreifen wird und das letzte Urteil sprechen wird.
Wir haben ja in der Bergpredigt immer wieder gesehen, welches Gewicht Jesus auf dieses zukünftige Ereignis legt. Weite Teile von Kapitel sieben nähern sich immer wieder aus verschiedenen Perspektiven diesem Gericht Gottes an. Die Bergpredigt steht ja in dem Ruf, sich vor allem auf innerweltliche Fragen zu konzentrieren. Viele, die Jesus nur für einen menschlichen Sozialapostel halten, berufen sich immer wieder auf die Bergpredigt.
Aber wir wissen mittlerweile: Wer die Bergpredigt ganz und gründlich liest, merkt, dass es sehr konkrete Hinweise für das Leben jetzt gibt – für die Ehe, für unseren Umgang mit der Wahrheit, wie wir uns gegenüber unseren Feinden verhalten sollen usw. Das Hauptaugenmerk der Bergpredigt liegt auf der Zukunft. Heute für morgen die Weichen stellen. Das ist nicht nur ein Werbeslogan für Kreditinstitute, sondern auch ein Motto für die Bergpredigt: Heute für morgen die Weichen stellen.
Jesus sagt uns heute, was an jenem Tag passieren könnte und möglichst nicht passieren soll. An jenem Tag werden nämlich zwei Gruppen von Menschen – zwei Gruppen, die sich ganz selbstverständlich für Christen hielten – feststellen, dass sie keine Christen sind und niemals Christen waren. Sie werden merken: Wir haben uns selbst getäuscht. Wir haben unser Christsein an Dingen festgemacht, die dafür nicht taugten.
Zwei Gruppen also. Und in unserem Predigttext beschreibt Jesus nun diese beiden Gruppen mit wenigen Worten, aber doch ganz scharf umrissen. Warum beschreibt er sie? Damit wir uns überprüfen können, ob wir möglicherweise zu der einen oder der anderen Gruppe gehören. Und damit wir uns gegebenenfalls rechtzeitig aus dieser Situation entfernen können, um uns auf jenen Tag, der kommen wird, einstellen und vorbereiten zu können – damit wir nicht kalt erwischt werden.
Das ist so wie mit einer Klassenarbeit, zum Beispiel in Mathe: Wenn einem die Lücken vor der Klassenarbeit noch bewusst wurden, dann konnte man noch etwas nachholen. Also, da befindet sich jemand in der groben Selbsttäuschung, er würde die gesamte Prozentrechnung wunderbar beherrschen. Und plötzlich merkt der Mensch, da ist noch ein Fall, den kann ich nicht lösen. Wenn man es vorher merkt, kann man nochmal nachgucken in einem Buch, kann einen Freund anrufen, kann sich das klar machen.
Aber wenn man schon in der Klassenarbeit sitzt, die Zettel schon ausgeteilt sind, der Lehrer da sitzt, die Zeit läuft, und einem dann plötzlich auffällt: Mensch, mit der Aufgabe hast du nicht gerechnet – dann ist es zu spät. Je eher also unsere Selbsttäuschung auffliegt, umso besser ist es. Deshalb mutet Jesus uns diese schwere Passage der Bergpredigt zu. Diese Sätze haben einige Ausleger als wahrscheinlich eine der ernstesten Stellen der Bibel überhaupt bezeichnet (Matthäus 7,21-23).
In den Versen vorher lässt Jesus seinen Leuten deutlich werden: Lasst euch nicht täuschen von anderen Leuten, lasst euch nicht aufs Glatteis führen durch falsche Propheten. In unserem Text heute Morgen geht er noch einen Schritt weiter und sagt: Täuscht euch nicht selbst!
Wir wollen diese drei Verse jetzt miteinander hören und dann genau studieren. Ich bitte Sie, sich zu erheben vor dem Wort Gottes. Da sagt Jesus:
„Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tag: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt. Weicht von mir, ihr Übeltäter!“
Wir beten: Herr Jesus Christus, hilf uns bitte, diese Verse nicht nur zu fürchten, sondern an ihnen zu erkennen, wo jeder von uns persönlich steht. Herr, sei uns nahe und leite uns jetzt beim Hören und Reden. Gib uns Ruhe, um Acht zu geben auf dein Wort. Amen.
Nehmen Sie bitte wieder Platz.
Zwei verschiedene Fälle spricht Jesus an, zwei Möglichkeiten, sich selbst zu täuschen. Wir wollen fragen: Was war der Fehler dieser Leute? Worin liegt ihr Irrtum, und wovor sollen wir uns logischerweise hüten?
Auf den ersten Blick könnte man denken: Wenn man Vers 21 anguckt – „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in den Himmel kommen, sondern die den Willen meines Vaters tun“ –, könnte man meinen, es komme nicht darauf an, was wir sagen oder glauben, sondern darauf, was wir tun. Egal welche Lehre wir haben, Hauptsache, wir tun etwas Gutes für die Gemeinde oder für die Welt.
Aber dann lesen wir weiter und stellen fest: Die nächste Gruppe, die Leute von Vers 22, haben ja etwas getan und nicht zu wenig. Sie haben sogar Wunder getan. Trotzdem werden sie am Ende von Jesus ebenfalls weggeschickt. Also kann es nicht nur darum gehen, dass Reden Silber und Handeln Gold ist. Wir müssen genauer hinschauen.
Welche Art von Selbsttäuschung meint Jesus hier? Warum bleiben bestimmte Menschen, die überzeugt waren, im Himmel anzukommen, am Ende außen vor?
Die erste Täuschung in Vers 21 nenne ich „Worte ohne Folgen“. Da sagt Jesus: Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen meines Vaters im Himmel tun.
Nun müssen wir genau hinsehen: Diese Leute benutzen bestimmte Worte, und sie meinen das auf ihre Weise auch ernst. Das sind keine absichtlichen Heuchler, sonst würden sie ja am Ende im Gericht nicht so erschrecken, wie sie es tun. Nein, sie sind religiös ernsthaft interessiert. Aber ihre Worte bleiben ohne Folgen für ihr sonstiges Leben, und da liegt der Haken.
Die Worte, die sie benutzen, sind gut und angemessen. Sie sagen zu Jesus: „Herr, Herr!“ Das ist nicht einfach nur eine höfliche Anrede wie „Sir“ oder so, sondern betont die Autorität von Jesus, ja mehr noch, es betont seine Gottheit.
Vielleicht wissen Sie, dass Gottes besonderer Eigenname, den viele Juden aus Ehrfurcht gar nicht aussprechen, auf Hebräisch „Yahweh“ heißt. Die griechische Übersetzung für Yahweh ist Kyrios, also Herr. Und genau dieser Titel wird hier für Jesus benutzt.
Die Leute sagen also, dass Jesus gleich Kyrios, gleich Yahweh, also Gott ist. Sie haben etwas Entscheidendes begriffen und meinen das auch offenkundig so. Sie sagen das sogar mit einem gewissen Nachdruck: Herr, Herr! Kyrie, Kyrie! So wie wir es eben gesungen haben: Kyrie eleison, Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!
Wohlgemerkt: Es ist richtig, das zu sagen, es ist nötig, das zu sagen. Wer das nicht sagt und nicht glaubt, dass Jesus Gott ist, der kann sowieso nicht in den Himmel kommen. Also müssen wir festhalten: Jeder, der ins Himmelreich kommt, sagt das, was diese Leute sagen. Aber nicht jeder, der das sagt, kommt dadurch auch automatisch ins Himmelreich.
Jesus sagt: Es werden nicht alle, die das sagen, in den Himmel kommen. Etliche schon, aber eben nicht alle. Und was fehlt den Leuten? Was ist ihr Problem? Jesus sagt: „sondern nur die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun.“ Genau das tun diese Leute nicht. Ihre Worte haben keine Folgen.
Sie bilden sich ein, sie meinen es ernst. Aber wenn sie es wirklich ernst gemeint hätten, dass Jesus Gott ist, dann müsste ihr Leben anders aussehen. Sie verhalten sich so, wie es im Lübecker Dom auf einem Gemälde aus dem 17. Jahrhundert geschrieben steht.
Dort zeigt Jesus mit dem Finger auf die Bibel und sagt:
„Ich bin das Licht, aber man sucht mich, man sieht mich nicht. Ich bin der Weg, ihr geht mich nicht. Ich bin die Wahrheit, aber ihr glaubt mir nicht. Ich bin das Leben, aber ihr sucht mich nicht. Ich bin reich, aber man bittet mich nicht. Ich bin ehrwürdig, aber man dient mir nicht. Ich bin barmherzig, aber man vertraut mir nicht. Ich bin allmächtig, aber man fürchtet mich nicht. Ich bin der Lehrer, aber man folgt mir nicht.“
Dann kommt ein Abschnitt, in dem Jesus sagt: „Werdet ihr verdammt, so beschwert euch nicht.“
Das kann ganz schnell passieren, dass man sich so verhält wie die hier beschriebenen Leute.
Zum Beispiel: Ein junges Paar tritt vor den Traualtar, nicht nur aus Tradition, nicht nur aus Gründen der Folklore – so weiß und schwarz und Orgel –, sondern weil sie diesen wichtigen Schritt auch religiös begehen wollen. Dann geloben sie die richtigen Worte, und es ist ihnen richtig feierlich zumute:
„Ich will die Ehe führen nach Gottes Gebot und Verheißung, ich will mich nach seinem Wort richten, ich will mich an seine Zusage klammern.“
Dann singen sie vielleicht „Jesu, geh voran auf der Lebensbahn, Herr, Herr, sei Du der Herr!“ Und sie denken: Wir sind christliche Eheleute. Wir haben im Gegensatz zur Mehrheit Gott nicht vergessen, wir haben kirchlich geheiratet, wir haben die richtigen Worte gehört und gesagt.
Und dann kommt die Hochzeitsreise, und danach müssen sie wieder arbeiten. Sie freuen sich ab und zu noch mal an einem Video von der Trauung, sonst läuft ihr Leben ganz normal weiter. Nach fünf Wochen geht man vielleicht noch mal zum Gottesdienst aus Anhänglichkeit zum netten Pastor. Dann ist wieder Weihnachten. Die Traubibel wird gut geschont. Im Alltag kommt Gott kaum vor. Man fragt nicht nach seinem Willen, man trifft seine eigenen Entscheidungen, man hat seine eigenen Maßstäbe. Gebetet wird so gut wie nie.
Aber da ist die beruhigende Erinnerung an den Anfang, an die Worte von Jesus, an das christliche Eheversprechen. Und man glaubt, eine christliche Ehe zu führen.
Jesus deckt das auf und sagt: Das ist Selbsttäuschung, das sind Worte ohne Folgen.
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel: Da sitzt einer bei einer Evangelisation, draußen im Zelt vielleicht. Dann wird gesagt: Wer mit Gott leben will, soll die Hand heben oder eine Karte unterschreiben. Er hebt die Hand, unterschreibt die Karte und spricht vielleicht noch mit jemandem ein Gebet, weil er das ja irgendwie will, mit Gott leben.
Dann geht er zurück in seinen Alltag und ist sich sicher: Mit Gott ist alles geregelt. Ich habe die Hand gehoben, ich habe die Karte unterschrieben, ich habe das Gebet gesprochen, jetzt ist es gut.
Aber eines geschieht nicht: Er geht nicht durch die enge Pforte, wie wir vor einigen Wochen gesehen haben. Er erlebt ein religiöses Leben, aber es geschieht nie, dass die Maßstäbe Gottes mal so richtig auf sein Leben prallen. Es geschieht nie, dass sein Leben von den Worten der Bergpredigt berührt wird. Es geschieht nie, dass er seine Verlorenheit vor Gott wirklich sieht und seine riesengroße Schuld.
Es geschieht nie, dass er den breiten Weg verlässt. Es geschieht nie, dass er wirklich bricht mit seinem alten Leben. Es geschieht nie, dass er sein trotziges, selbstsüchtiges Ich Jesus zu Füßen legt und dann auf den schmalen Weg geht.
Das geschieht nicht.
Er lebt in einer gigantischen Selbsttäuschung. Er denkt, es ist alles in Ordnung, weil er bestimmte Worte gesagt, seine Hand gehoben, eine Karte ausgefüllt hat. Doch sein Leben bleibt seltsam unverändert im Vergleich zu vorher.
Die Bibel bedeutet ihm wenig. In ethischen Fragen entscheidet er eher so wie die gesellschaftliche Mehrheit. Gottesdienst ab und zu ist ganz schön, aber es ändert sich nicht viel.
Im ersten Johannesbrief steht Gottes Kommentar zu diesem Menschen (1. Johannes 2): Wer sagt, er kennt Gott, also er gehört zu Gott, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in ihm ist nicht die Wahrheit.
Wir könnten hinzufügen: Er täuscht sich selbst.
Dieser Mensch verlässt sich darauf, dass er mal die richtigen Worte gesagt hat, vielleicht ab und zu noch sagt. Aber Jesus entlarvt es als eine Selbsttäuschung: Selbsttäuschung durch Worte, die zwar ernst gemeint waren, aber nicht ernsthaft gelebt wurden. Denn sie blieben ohne Folgen.
Diese Täuschung führt zu einer trügerischen Sicherheit, zu einem falschen Frieden, zu einem stumpfen Gewissen und schließlich an jenem Tag zu einem furchtbaren Erschrecken.
Das ist die erste Täuschung.
Dann richtet Jesus unseren Blick noch auf die zweite Täuschung, und die ist fast noch tückischer als die erste (Vers 22). Da sagt er:
„Es werden viele zu mir sagen an jenem Tag: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt.“
Das ist also die zweite Täuschung: Taten ohne Jesus.
Sehen Sie, das sind nicht irgendwelche Taten, die sie vollbracht haben. Nicht nur soziale Leistungen im Namen der Menschheit – das wäre auch schon ganz gut. Nein, das sind Taten, die ausdrücklich unter Berufung auf Jesus geschehen.
Es sind Taten, die unter dem Dach der Kirche vollbracht wurden. Taten, die als Mitarbeiter der Gemeinde getan wurden.
Deshalb bringt Jesus hier sehr auffällige Beispiele: Die Leute sagen, haben wir nicht geweissagt, prophetisch geredet? Das heißt erst mal, eine Botschaft von Gott gebracht. Seit dem Abschluss der Bibel heißt es: Prophetisch reden, Gottes Wort ausrichten, die Bibel erklären, sie weitersagen.
Nun stellen Sie sich die Szene vor: An jenem Tag werden Menschen stehen, die Andachten, Predigten und Vorträge gehalten haben, die christliche Bücher geschrieben und Seelsorge geübt haben. Sie haben vielen Menschen geholfen, sie hatten in der Kirche vielleicht hohe Ämter inne oder genossen großen Respekt in der Gemeinde. Und sie dachten, es sei alles in Ordnung.
Aber Jesus wird ihnen sagen müssen: „Ich habe euch nie gekannt.“
Und wieder andere werden in ihrem Leben erstaunliche Wunder und Krafttaten vollbringen, vielleicht außergewöhnliche Krankenheilungen. Sie werden sagen: Im Namen Jesu lege ich meine Hände auf deine Gürtelrose, und es wird besser werden. Möglicherweise wird Unerklärliches geschehen.
Manche werden diese Leute bewundern und denken, sie seien von Gott besonders bevollmächtigt.
Aber an jenem Tag wird Jesus vielen sagen müssen: „Ich habe euch nie gekannt. Weicht von mir!“ Das heißt: Geht in die Verlorenheit!
Daran sehen wir: Selbsttaten. Selbst wenn etwas passiert, ist das kein Ausweis dafür, dass hier wirklich Gott handelt.
Selbsttaten können zur Selbsttäuschung führen – wann? Wenn es Taten sind, die ohne persönliche Bindung an Jesus geschehen.
Halten wir also fest: Es ist möglich, dass Leute unter Berufung auf Jesus scheinbar großartige Dinge tun und trotzdem nicht wirklich zu ihm gehören.
Wie kann das sein?
Das sehen wir schon im Alten Testament. Denken Sie daran, als Mose vor dem Pharao die Wunder tut. Da lässt der Pharao seine Zauberer auftreten, und die können eine ganze Menge von dem nachmachen, was Mose kann.
Die Bibel sagt, dass auch der Teufel in der Lage ist, erstaunliche Kraftwirkungen hervorzubringen. Sie sagt weiter, dass diese Wunder viele Menschen zu der Annahme verleiten werden, hier sei Gott am Werk.
In Matthäus 24 können Sie das zum Beispiel nachlesen: Falsche Propheten werden große Zeichen und Wunder tun.
So gibt es heute auch ein Heer von Geistheilern, die unter anderem im Namen Jesu auftreten und behaupten, in seinem Namen zu heilen. Viele Menschen vertrauen sich ihnen an und erfahren vordergründig auch hin und wieder Hilfe. Tatsächlich aber werden sie umso fester an die Mächte der Finsternis gebunden.
Oft sind diese Menschen nicht nur Verführer, sondern selbst Verführte. Sie tun erstaunliche Dinge, und das verleitet sie zu dem Schluss, sie seien Gottes Kinder.
Ich denke, das ist eine starke Tendenz bis in unsere Tage hinein: Wo irgendwas Erstaunliches passiert, spektakulär, und dabei der Name Gottes angerufen wird, da muss es ja von Gott sein.
Jesus sagt: Dem ist nicht so. Es werden viele kommen an jenem Tag und sagen: Haben wir das nicht alles getan?
Wo liegt das Problem? Diese Menschen haben keine persönliche Verbindung zu Jesus.
Jesus sagt: Ich habe euch nie gekannt. Das heißt, ihr seid niemals wirklich Christen gewesen. Euer Herz hat mir nie gehört. Ihr seid durch die enge Pforte niemals durchgegangen.
Sie stehen da, weisen ihre Taten vor – religiöse Taten, erstaunliche Taten – und denken: Wenn wir etwas tun im Namen Jesu, wenn etwas durch uns geschieht, dann ist ja alles okay, dann müssen wir Christen sein.
Und genau darin liegt die Selbsttäuschung.
Sie können Taten vorweisen, aber es sind Taten ohne Jesus.
Das gilt nicht nur für außergewöhnliche Taten, sondern genauso für die ganz normalen Dienste, die wir alle in der Gemeinde tun.
Die Tatsache, dass ich Taten vorweisen kann, dass ich mich einsetze für die Gemeinde und für das Reich Gottes, ist noch kein Beweis dafür, dass mein Leben Jesus gehört.
Die Frage heißt immer: Sind es Taten mit Jesus oder ohne Jesus?
Und wenn Letzteres stimmt, dann könnten gerade meine Aktivitäten zu einer Stolperfalle werden, zur Selbsttäuschung, weil ich denke, ich mache ja mit, es ist ja alles gut.
Da sagt einer: Ich halte doch Andachten, ich predige, ich leite Bibelarbeiten, also muss ich doch Gottes Kind sein.
Ein anderer sagt: Ich mache doch Krankenbesuche und opfere dafür meine Zeit, also bin ich doch wohl Christ.
Der Nächste sagt: Ich trage doch die Kirchenzeitung aus.
Und wenn irgendwo ein Einsatz erforderlich ist, dann schneide ich mir die Zeit aus den Rippen. Ich bin doch wohl auf geistlich gutem Kurs.
Dann kann eine ganze Gemeinde sagen: Bei uns ist doch ständig was los, das Gemeindehaus ist die ganze Woche voll belegt, wir planen schon wieder die nächste Aktion, also wird Jesus doch mit uns zufrieden sein.
Jesus fordert uns auf, uns selbst zu prüfen: Bist du echt? Oder dienen deine Taten der Selbsttäuschung? Verschleiere ich mit meinen Aktivitäten nur, dass ich persönlich ohne Jesus lebe und mein eigener Herr bin?
Sind es Taten mit Jesus oder ohne ihn?
Das Gleiche gilt für meine Worte: Sind es Lippenbekenntnisse ohne Folgen? Sage ich nur zu Jesus: Du bist Gott, oder lasse ich ihn auch Gott sein über mein tagtägliches Leben?
Es kann also passieren, dass jemand in falscher Sicherheit auf sein Ende zugeht, im guten Glauben, er sei ein wirklicher Christ, und dennoch an jenem Tag wird Jesus ihm aufzeigen müssen – und er wird es mit großer Traurigkeit und tiefem Ernst tun:
Du hast dich getäuscht. Deine Worte waren ohne Folgen, deine Taten geschahen ohne mich. Du bist nie zu mir gekommen durch die enge Pforte. Weiche von mir, du Übeltäter!
Zwei mögliche Täuschungen malt Jesus uns in diesen Versen vor Augen. Zweimal hat diese Täuschung die gleiche katastrophale Konsequenz.
Damit fordert Jesus uns auf, unser Christsein zu prüfen, ob es echt ist oder ob wir uns in Selbsttäuschung gefangen haben.
Das heißt zum Schluss: Wir brauchen ein Testverfahren. Das ist unser letztes Stichwort für heute Morgen.
Nach der ersten und zweiten Täuschung nun zuletzt der Test.
Jetzt lautet die interessante Frage: Woran kann ich erkennen, ob ich auf dem richtigen Weg bin oder nicht? Woran kann ich sehen, ob ich berechtigte Gewissheit habe oder einer gigantischen Selbsttäuschung erlegen bin?
Angenommen, ich würde heute Nacht sterben und in meinem jetzigen Zustand vor den Richterstuhl Christi treten – wie wird sein Urteil lauten?
Jesus weiß, was er uns mit diesen Versen gegeben hat. Er weiß, was sie bei uns auslösen. Deshalb hat er uns noch in diesen Versen zwei Prüfsteine mitgegeben, an denen wir uns testen können, weil er nicht will, dass wir im Ungewissen bleiben.
Wir wollen Gott bitten, dass er unsere Gedanken lenkt, wenn wir uns jetzt prüfen.
Der eine Prüfstein steht am Ende von Vers 21, da sagt Jesus: Es kommen nur die in den Himmel, die den Willen tun meines Vaters im Himmel.
Das zieht sich durch die ganze Bibel. Johannes 14 oder Johannes 8, Vers 31 zum Beispiel, da sagt Jesus: Wenn ihr an meinem Wort bleibt, dann seid ihr meine rechten Jünger.
Wer den Willen des Vaters im Himmel tut – und dieser Wille ist eindeutig aufgeschrieben, schwarz auf weiß hier in dieser Bibel – und zusammengefasst hat Jesus diesen Willen besonders pointiert in der Bergpredigt.
Wollen Sie das?
Vielleicht sagen Sie: Mensch, ich kenne die Bibel noch nicht gut genug.
Dann ist die Frage: Sind Sie bereit, das, was Sie schon kennen, zu tun? Wollen Sie den Willen Gottes besser kennenlernen? Oder sagen Sie: Na ja, so brauche ich es auch nicht, so soll man es nicht übertreiben?
Vielleicht sagen Sie doch: Ich will das! Ich will von Herzen den Willen Gottes tun. Aber ich stolpere noch so oft.
Dann hören Sie: Paulus hatte das gleiche Problem wie Sie, und ich denke, die allermeisten von uns haben es genauso. Wir wollen oft, und es geht uns noch so viel schief.
Jesus fordert von Ihnen nicht, dass Sie perfekt sind. Aber er verlangt von Ihnen, dass Sie das, was falsch läuft in Ihrem Leben, als Sünde erkennen, dass Sie es zugeben, wenn Sie es in der Bibel finden, und dass Sie bereit werden, völlig zu gehorchen.
Jemand hat gesagt: Wir müssen nicht vollkommen sein. Das schaffen wir sowieso nicht auf der Erde. Aber völlig – das heißt, völlig hingegeben an Gottes Willen, so wie Jesus es am Anfang der Bergpredigt gesagt hat: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit Gottes“, die diese Sehnsucht haben: Herr, ich will dir gehorchen, ich will dir dienen.
Kennen Sie das?
Das ist der erste Prüfstein, den Jesus in diese aufrüttelnden Verse eingebaut hat, damit wir uns an diesem Stein stoßen oder an diesem Stein Ruhe und Halt finden.
Dieser erste Prüfstein heißt: Habe ich Verlangen danach, gegen alle meine Bequemlichkeit, die immer wieder durch die Ritzen kommt, den Willen Gottes zu tun, Jesus zu gehorchen? Dann ist es keine Selbsttäuschung, wenn ich Jesus mit meinen Worten Herr nenne, dann ist das wirklich.
Und dann, zu guter Letzt, der zweite Prüfstein, den Jesus eingebaut hat.
Der zweite Prüfstein, an dem wir uns entweder stoßen oder an dem wir Halt und Frieden finden, heißt: Lebe ich in einer persönlichen Verbindung mit Jesus?
Das steht ganz am Ende in Vers 23, da sagt Jesus denen: Ich habe euch nie gekannt.
Das hat nichts damit zu tun, dass er sagt, ich hätte nichts von eurer Existenz gewusst. Natürlich hat er von deren Existenz gewusst, Jesus weiß alles.
Aber das Wort „kennen“ in der Bibel beschreibt eine persönliche Beziehung.
Jesus sagt damit: Ihr habt nie wirklich persönlich zu mir gehört.
Jesus nennt sich ja den Hirten, der für die Schafe sorgt.
Das heißt hier: Ihr habt nie zu meiner Herde dazugehört. Ihr habt äußerlich alles mitgemacht, aber ihr habt euer Leben nie wirklich an mich gebunden.
Leben ohne persönliche Verbindung mit Jesus – und darum waren die Taten dieser Leute Taten ohne Jesus.
Weil ihr Leben ein Leben ohne Jesus war.
Das hat man den Taten nicht auf den ersten Blick angesehen, das hat man den Leuten nicht angesehen, aber Jesus hat es gesehen, und er deckt es auf an jenem Tag.
Der zweite Prüfstein heißt also: Lebe ich in einer persönlichen Beziehung mit Jesus Christus? Gehört ihm mein Leben?
Das ist der entscheidende Prüfstein.
Vielleicht sagen Sie: Wie kann ich das wissen? Muss ich da irgendeine innere Stimme hören?
Nein, das müssen Sie nicht.
Woran können Sie das erkennen?
Fragen Sie sich: Bin ich hindurchgegangen durch die enge Pforte? Habe ich mein stolzes Leben einmal Jesus ausgeliefert? Verlasse ich mich auf sein Wort? Bete ich zu ihm? Will ich Jesus bedingungslos gehorchen, bei aller Schwachheit?
Diesen Willen hat doch keiner von Natur aus, Jesus zu gehorchen.
Aber wer sich Jesus einmal unterwirft, der wird von Jesus dann schrittweise immer mehr in die Richtung hin verändert, dass er ihm immer mehr gehorchen will.
Und daran sehen Sie, wie eng der erste und der zweite Prüfstein zusammenhängen.
Wer mit Jesus lebt – zweiter Prüfstein –, bei dem wächst das Bedürfnis, ihm zu gehorchen – erster Prüfstein.
So gehört beides zusammen.
Und wenn ich trotzdem sündige, dann treibt mich das um, dann lässt mich das nicht kalt, dann will ich bei Jesus wieder Vergebung haben, und dann will ich, dass er diesen Punkt in meinem Leben verändert.
Und wenn die Verbindung zu ihm getrübt wird, dann möchte ich, dass das möglichst schnell wieder bereinigt wird, dass es wieder in Ordnung kommt.
So wie in einer guten Ehe: Wenn ich meine Frau mal geärgert habe, dann will ich mich möglichst schnell mit ihr wieder versöhnen und es gut machen. Glücklicherweise ist sie nie nachtragend.
So ist es auch Jesus gegenüber.
Wenn wir merken, da ist Schuld, und wenn wir zu ihm gehören, dann können wir darüber nicht ruhig schlafen. Dann soll es wieder gut werden.
Wer wirklich zu Jesus gehört, der kommt nicht mehr von ihm los, auch wenn er noch so geschüttelt wird.
Darum will ich Ihnen das jetzt noch schließlich am Beispiel von Hannes deutlich machen.
Hannes, von dem Pastor Kemmer aus Krelingen berichtet hat, war ein Findelkind, mit achtzehn Jahren schon Zuhälter, völlig dem Alkohol verfallen.
Dann wurde er körperlich und seelisch fertig von einer Christin aus Hamburg nach Krelingen gebracht.
Dort hörte er das Wort Gottes, etwas in ihm begann sich wieder zu regen, und er merkte: Das ist es, ihn brauche ich.
Eines Tages kam er zu Pastor Kemmer, um ihm zu beichten, um durchzugehen durch die enge Pforte und zu sagen: Ich will mich beugen vor Jesus, und mein Leben soll von jetzt an ihm gehören.
Dann wurde es besser mit dem Alkohol, aber seine Leber war fast kaputt und brauchte ständig medizinische Betreuung.
Plötzlich wurde er rückfällig. Als ihm das klar wurde, tat es ihm leid, er bereute es.
Er kam wieder und sagte: Mensch, es soll nicht wieder passieren.
In der Rehabilitation gab es eine Ordnung, die nötig und sinnvoll war: Wenn einer zweimal rückfällig wird, muss er gehen, und dann rückt der Nächste in der Warteliste nach.
So war es mit Hannes.
Er fasste wieder Fuß, dann wurde er wieder rückfällig, und dann mussten sie ihn entlassen.
Aber es ließ ihm keine Ruhe.
Pastor Kemmer schreibt: Eines Morgens, als ich meine Haustür öffnete, da saß Hannes mit Sack und Pack vor der Tür und sagte: Ich werde so lange hier schlafen, bis sie mich wieder aufnehmen, so lange werde ich vor ihrer Tür schlafen.
Dann nahmen sie ihn wieder auf, und es ging wieder eine ganze Weile gut.
Dann kamen wieder Manöversoldaten in diesen kleinen Ort Krelingen, und einer hat ihn wieder herumgekriegt und zum Trinken animiert.
Dann kam er wieder in den Rausch.
Als er ihn ausgeschlafen hatte, kam er bei Kemmer wieder an, warf sich zu Boden, umklammerte seine Knie und sagte: Bitte vergib mir.
Kemmer schreibt: Als ich sein gelbes Gesicht sah, war mir die ärztliche Diagnose klar.
Ich antwortete: Ja, ich vergebe dir, aber du musst sterben. Deshalb bring deine Sache bei Jesus in Ordnung.
Wir beteten noch zusammen, dann ging er in sein Zimmer.
Dort nahm er ein großes Blatt Papier, malte einen Rahmen und schrieb darauf:
„Wer den Namen des Herrn anruft, der wird errettet werden.“
So steht es in der Bibel: Wer den Namen des Herrn anruft, der wird errettet werden.
Auf dem Weg zum Arzt starb er.
Aber dieses Bibelwort, das sie dann auf seinem Tisch fanden, wurde sein Begräbnisvers.
Wer den Namen des Herrn anruft, der wird errettet werden.
Sehen Sie, dieser Hannes kam sehr spät zu Jesus. Da war in seinem Leben schon viel kaputt.
Aber er hat die Verbindung zu Jesus noch gesucht und gefunden.
Bei allen Rückfällen wollte er den Willen Gottes ja immer wieder tun. Er kam immer wieder zurück.
Und am Ende, als sein Körper kaputt war, da ist er nicht in Verzweiflung gestorben.
Nicht mit einer billigen Entschuldigung, sondern er hat sich persönlich an den Herrn geklammert, der für seine Schuld gestorben war, an den Herrn, den er so spät in seinem Leben kennengelernt hatte und dem er doch so gern gehorchen wollte.
Deshalb war es keine Selbsttäuschung, was Hannes in den letzten Minuten auf dieses Blatt kritzelte.
„Wer den Namen des Herrn anruft, der wird gerettet werden.“
Das war nicht ein allgemeines Herr, Herr, sondern der getrostete Hilfeschrei nach seinem guten Hirten, den er bereits persönlich kannte und der ihn jetzt sicher nach Hause trug, weil er diesem Hirten gehörte.
Wem gehören Sie?
Zwei Prüfsteine hat Jesus uns heute Morgen vorgelegt, damit jeder für sich den Test machen kann. Jeder, der sich für einen Christen hält, jeder, der davon ausgeht, am Ende von Jesus angenommen zu werden.
Der Test heißt nicht: Bin ich perfekt? Sondern: Gehört mein Leben Jesus, und will ich ihm gehorchen?
Wenn Sie ein ehrliches Ergebnis haben wollen, dann bitten Sie Jesus, dass er Sie erkennen lässt, wie es um Sie steht, und prüfen Sie sich selbst.
Stehen Sie diesseits oder jenseits der engen Pforte? Sind Sie schon durch oder stehen Sie noch davor? Leben Sie auf dem schmalen Weg oder auf dem breiten? Beruht Ihre Gewissheit auf einer persönlichen Verbindung mit Jesus oder ist es nur eine Selbsttäuschung?
Wenn diese Fragen Sie erschrecken, dann ist es besser, Sie erschrecken jetzt, wo noch nicht alles gelaufen ist, als dass es Ihnen geht wie jenen, die an jenem Tag dann entsetzt fragen werden:
Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen große Taten getan? Haben wir nicht, haben wir nicht?
Und die dann nur noch zu hören bekommen: Ich habe euch nie gekannt.
Dann wird die enge Pforte endgültig verschlossen sein, die Jesus jetzt noch offen hält.
Geh du rein!
Warnung vor Täuschung und Selbsttäuschung
In den Versen davor macht Jesus seinen Zuhörern deutlich: Lasst euch nicht täuschen von anderen Menschen. Lasst euch nicht aufs Glatteis führen durch falsche Propheten.
In unserem heutigen Text geht er noch einen Schritt weiter und sagt: Täuscht euch nicht selbst!
Wir wollen diese drei Verse jetzt zunächst gemeinsam hören und dann genau studieren. Ich lade dazu ein, sich vor dem Wort Gottes zu erheben.
Jesus sagt: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr, in das Himmelreich kommen, sondern nur die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun.
Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan?
Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt. Weicht von mir, ihr Übeltäter!“
Wir beten: Herr Jesus Christus, hilf uns bitte, dass uns diese Verse nicht nur erschrecken, sondern dass wir an ihnen erkennen, wo jeder von uns persönlich steht.
Sei uns nahe und leite uns jetzt beim Hören und Reden. Gib uns Ruhe, um aufmerksam auf dein Wort zu achten. Amen.
Bitte nehmen Sie wieder Platz.
Zwei Arten der Selbsttäuschung und ihr Fehler
Jesus spricht zwei verschiedene Fälle an, zwei Möglichkeiten, sich selbst zu täuschen. Dabei wollen wir fragen: Was war der Fehler dieser Leute? Worin liegt ihr Irrtum, und wovor sollen wir uns logischerweise hüten?
Auf den ersten Blick könnte man bei Vers 21 denken: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr, in den Himmel kommen, sondern nur die, die den Willen meines Vaters tun.“ Man könnte also meinen, es komme nicht darauf an, was wir sagen oder glauben, sondern darauf, was wir tun. Egal welche Lehre wir haben – Hauptsache, wir tun etwas Gutes für die Gemeinde oder die Welt.
Doch wenn wir weiterlesen, stellen wir fest: Die nächste Gruppe, die Menschen aus Vers 22, haben ja auch etwas getan – und nicht zu wenig. Sie haben sogar Wunder vollbracht. Trotzdem werden sie am Ende von Jesus ebenfalls weggeschickt. Also kann es nicht einfach heißen: Reden ist Silber, Handeln ist Gold. Wir müssen genauer hinschauen.
Welche Art von Selbsttäuschung meint Jesus hier? Warum bleiben bestimmte Menschen, die überzeugt waren, im Himmel anzukommen, am Ende außen vor?
Die erste Täuschung: Worte ohne Folgen
Die erste Täuschung in Vers 21 nenne ich „Worte ohne Folgen“. Jesus sagt dort, dass nicht alle, die zu ihm sagen: „Herr, Herr“, in das Himmelreich kommen, sondern nur diejenigen, die den Willen seines Vaters im Himmel tun.
Nun müssen wir genau hinsehen. Diese Leute benutzen bestimmte Worte, die zeigen, dass sie es auf ihre Weise ernst meinen. Es sind keine absichtlichen Heuchler, denn sonst würden sie am Ende im Gericht nicht so erschrecken, wie sie es tun. Nein, sie sind religiös ernsthaft interessiert. Doch ihre Worte bleiben ohne Folgen für ihr sonstiges Leben – und genau darin liegt der Haken.
Die Worte, die sie benutzen, sind gut und angemessen. Sie rufen zu Jesus „Herr, Herr!“. Das ist nicht nur eine höfliche Anrede wie „Sir“ oder so, sondern betont die Autorität von Jesus – ja, mehr noch, es betont seine Gottheit. Vielleicht wissen Sie, dass Gottes besonderer Eigenname, den viele Juden aus Ehrfurcht gar nicht aussprechen, auf Hebräisch „Yahweh“ lautet. Die griechische Übersetzung für „Yahweh“ ist „Kyrios“, also „Herr“. Genau dieser Titel wird hier für Jesus benutzt.
Die Leute sagen also, dass Jesus gleich „Kyrios“ ist, gleich „Yahweh“, also Gott. Sie haben etwas Entscheidendes begriffen, und sie meinen es offenkundig auch so. Sie sagen es sogar mit Nachdruck: „Herr, Herr“, „Kyrie, Kyrie“. So wie wir es eben gesungen haben: „Kyrie eleison, Kyrie eleison“ – Herr, erbarme dich!
Wohlgemerkt: Es ist richtig und notwendig, das zu sagen. Wer das nicht sagt und nicht glaubt, dass Jesus Gott ist, der kann sowieso nicht in den Himmel kommen. Wir müssen also festhalten: Jeder, der ins Himmelreich kommt, sagt das, was diese Leute sagen. Aber nicht jeder, der es sagt, kommt dadurch automatisch ins Himmelreich. Jesus sagt ausdrücklich: Es werden nicht alle, die das sagen, in den Himmel kommen.
Was fehlt diesen Leuten? Was ist ihr Problem? Jesus sagt: Nur die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun, kommen hinein. Genau das tun diese Leute nicht. Ihre Worte haben keine Folgen. Sie bilden sich ein, dass sie es ernst meinen. Aber wenn sie es wirklich ernst gemeint hätten, dass Jesus Gott ist, dann müsste ihr Leben anders aussehen.
Sie verhalten sich so, wie es auf einem Gemälde im Lübecker Dom aus dem 17. Jahrhundert geschrieben steht. Dort zeigt Jesus mit dem Finger auf die Bibel und sagt:
„Ich bin das Licht, aber man sucht mich, man sieht mich nicht.
Ich bin der Weg, ihr geht mich nicht.
Ich bin die Wahrheit, aber ihr glaubt mir nicht.
Ich bin das Leben, aber ihr sucht mich nicht.
Ich bin reich, aber man bittet mich nicht.
Ich bin ehrwürdig, aber man dient mir nicht.
Ich bin barmherzig, aber man vertraut mir nicht.
Ich bin allmächtig, aber man fürchtet mich nicht.
Ich bin der Lehrer, aber man folgt mir nicht.“
Dann folgt ein Abschnitt, in dem Jesus sagt: „Werdet ihr verdammt, so beschwert euch nicht.“ Es kann ganz schnell passieren, dass man sich so verhält wie die hier beschriebenen Leute.
Beispiele für Worte ohne Folgen
Zum Beispiel tritt ein junges Paar vor den Traualtar – nicht nur aus Tradition oder wegen der Folklore, mit weißem Kleid, schwarzem Anzug und Orgelmusik, sondern weil sie diesen wichtigen Schritt auch religiös begehen wollen.
Dann geloben sie die richtigen Worte, und es ist ihnen richtig feierlich zumute: „Ich will die Ehe führen nach Gottes Gebot und Verheißung, ich will mich nach seinem Wort richten, ich will mich an seine Zusage klammern.“ Vielleicht singen sie dann „Jesu, geh voran auf der Lebensbahn, Herr, Herr, sei Du der Herr!“ Und sie denken: Wir sind christliche Eheleute. Im Gegensatz zur Mehrheit haben wir Gott nicht vergessen, wir haben kirchlich geheiratet, die richtigen Worte gehört und gesagt.
Dann folgt die Hochzeitsreise, und danach müssen sie wieder arbeiten. Ab und zu freuen sie sich noch an einem Video von der Trauung, ansonsten läuft ihr Leben ganz normal weiter. Nach fünf Wochen gehen sie vielleicht noch einmal zum Gottesdienst, aus Anhänglichkeit zum netten Pastor. Dann ist wieder Weihnachten, die Traubibel wird gut geschont, und im Alltag kommt Gott kaum vor.
Man fragt nicht nach seinem Willen, trifft eigene Entscheidungen und hat eigene Maßstäbe. Gebetet wird so gut wie nie, aber da ist die beruhigende Erinnerung an den Anfang, an die Worte von Jesus, an das christliche Eheversprechen. Deshalb glaubt man, eine christliche Ehe zu führen.
Jesus deckt das auf und sagt: Das ist Selbsttäuschung, Worte ohne Folgen.
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel: Da sitzt jemand bei einer Evangelisation, draußen im Zelt vielleicht. Es wird gesagt: Wer mit Gott leben will, soll die Hand heben oder eine Karte unterschreiben. Er hebt die Hand, unterschreibt die Karte und spricht vielleicht noch mit jemandem ein Gebet, weil er das ja irgendwie will – mit Gott leben.
Dann geht er zurück in seinen Alltag und ist sicher, mit Gott ist alles geregelt. „Ich habe die Hand gehoben, die Karte unterschrieben, das Gebet gesprochen – jetzt ist alles gut.“
Aber eines geschieht nicht: Er geht nicht durch die enge Pforte, wie wir vor einigen Wochen gesehen haben. Er erlebt ein religiöses Leben, aber es geschieht nie, dass die Maßstäbe Gottes wirklich auf sein Leben prallen. Es geschieht nie, dass sein Leben von den Worten der Bergpredigt geprägt wird. Es geschieht nie, dass er seine Verlorenheit vor Gott wirklich sieht und seine riesengroße Schuld erkennt.
Es geschieht nie, dass er den breiten Weg verlässt. Es geschieht nie, dass er wirklich bricht mit seinem alten Leben. Es geschieht nie, dass er sein trotziges, selbstsüchtiges Ich Jesus zu Füßen legt und dann auf den schmalen Weg geht. Das geschieht nicht.
Er lebt in einer gigantischen Selbsttäuschung. Er denkt, es sei alles in Ordnung, weil er bestimmte Worte gesagt, seine Hand gehoben und eine Karte ausgefüllt hat. Doch sein Leben bleibt seltsam unverändert im Vergleich zu vorher. Die Bibel bedeutet ihm wenig, in ethischen Fragen entscheidet er eher wie die gesellschaftliche Mehrheit. Gottesdienst ab und zu ist ganz schön, aber es ändert sich nicht viel.
Im ersten Johannesbrief steht Gottes Kommentar zu diesem Menschen, Kapitel 2: „Wer sagt, er kennt Gott und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in ihm ist nicht die Wahrheit.“
Wir könnten hinzufügen: Er täuscht sich selbst. Dieser Mensch verlässt sich darauf, dass er mal die richtigen Worte gesagt hat, vielleicht ab und zu noch sagt. Aber Jesus entlarvt es als Selbsttäuschung – Selbsttäuschung durch Worte, die zwar ernst gemeint waren, aber nicht ernsthaft gelebt wurden. Denn sie blieben ohne Folgen.
Diese Täuschung führt zu einer trügerischen Sicherheit, zu einem falschen Frieden, zu einem stumpfen Gewissen und schließlich an jenem Tag zu einem furchtbaren Erschrecken. Das ist die erste Täuschung.
Die zweite Täuschung: Taten ohne Jesus
Und dann richtet Jesus unseren Blick noch auf die zweite Täuschung, die fast noch tückischer ist als die erste (Vers 22). Da sagt er: „Es werden viele zu mir sagen an jenem Tag: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan?“ Dann werde ich ihnen bekennen: „Ich habe euch nie gekannt.“
Das ist also die zweite Täuschung: Taten ohne Jesus.
Und sehen Sie, das sind nicht irgendwelche Taten, die sie vollbracht haben. Es sind nicht nur soziale Leistungen im Namen der Menschheit – das wäre schon gut. Nein, es sind Taten, die ausdrücklich unter Berufung auf Jesus geschehen sind. Es sind Taten, die unter dem Dach der Kirche vollbracht werden. Taten, die als Mitarbeiter der Gemeinde getan werden.
Deshalb bringt Jesus hier sehr auffällige Beispiele: Die Leute sagen, sie hätten geweissagt, also prophetisch geredet. Das bedeutet zunächst, eine Botschaft von Gott zu bringen. Seit dem Abschluss der Bibel heißt prophetisches Reden, Gottes Wort auszurichten, die Bibel zu erklären und weiterzusagen.
Nun stellen Sie sich die Szene vor: An jenem Tag werden Menschen stehen, die Andachten, Predigten und Vorträge gehalten haben. Sie haben christliche Bücher geschrieben und Seelsorge geübt. Sie haben vielen Menschen geholfen, hatten vielleicht hohe Ämter in der Kirche oder genossen großen Respekt in der Gemeinde. Sie dachten, es sei alles in Ordnung.
Aber Jesus wird ihnen sagen müssen: „Ich habe euch nie gekannt.“
Und wieder andere, sagt Jesus, werden in ihrem Leben erstaunliche Wunder und Krafttaten vollbringen, vielleicht außergewöhnliche Krankenheilungen. Sie werden sagen: „Im Namen Jesu lege ich meine Hände auf deine Gürtelrose, und es wird besser werden.“ Möglicherweise wird Unerklärliches geschehen. Manche werden diese Menschen bewundern und denken, sie seien von Gott besonders bevollmächtigt.
Doch an jenem Tag wird Jesus vielen sagen müssen: „Ich habe euch nie gekannt. Weicht von mir!“ Das heißt: Geht in die Verlorenheit!
Daran sehen wir Selbsttaten. Selbst wenn etwas passiert, ist das kein Beweis dafür, dass hier wirklich Gott handelt. Selbsttaten können zur Selbsttäuschung führen. Wann? Wenn es Taten sind, die ohne persönliche Bindung an Jesus geschehen.
Also halten wir fest: Es ist möglich, dass Leute unter Berufung auf Jesus scheinbar großartige Dinge tun und trotzdem nicht wirklich zu ihm gehören.
Die Gefahr von Selbsttäuschung durch äußere Zeichen
Wie kann das sein? Das sehen wir bereits im Alten Testament. Denken Sie daran, als Mose vor dem Pharao die Wunder vollbringt. Da lässt der Pharao seine Zauberer auftreten, und sie können viele der Wunder nachahmen, die Mose tut.
Die Bibel sagt, dass auch der Teufel in der Lage ist, erstaunliche Kraftwirkungen hervorzubringen. Sie erklärt weiter, dass diese Wunder viele Menschen dazu verleiten werden, anzunehmen, hier sei Gott am Werk. In Matthäus 24 können Sie zum Beispiel nachlesen, dass falsche Propheten große Zeichen und Wunder tun werden.
So gibt es heute auch zahlreiche Geistheiler, die unter anderem im Namen Jesu auftreten und behaupten, in seinem Namen zu heilen. Viele Menschen vertrauen sich ihnen an und erfahren vordergründig hin und wieder Hilfe. Tatsächlich aber werden sie umso fester an die Mächte der Finsternis gebunden.
Oft sind diese Menschen nicht nur Verführer, sondern selbst Verführte. Sie tun erstaunliche Dinge, und das verleitet sie zu dem Schluss, sie seien Gottes Kinder. Ich denke, das ist eine starke Tendenz bis in unsere Tage hinein: Wo etwas Erstaunliches und Spektakuläres passiert und der Name Gottes angerufen wird, da muss es ja von Gott sein.
Jesus sagt jedoch, dem ist nicht so. Viele werden an jenem Tag kommen und sagen: Haben wir das nicht alles getan? Wo liegt das Problem? Diese Menschen haben keine persönliche Verbindung zu Jesus. Jesus sagt: Ich habe euch nie gekannt. Das heißt, ihr seid niemals wirklich Christen gewesen. Euer Herz hat mir nie gehört, ihr seid durch die enge Pforte niemals hindurchgegangen.
Sie stehen da und weisen ihre Taten vor – religiöse, erstaunliche Taten. Sie denken: Wenn wir etwas im Namen Jesu tun und durch uns etwas geschieht, dann ist alles in Ordnung und wir müssen Christen sein. Genau darin liegt die Selbsttäuschung. Sie können Taten vorweisen, aber es sind Taten ohne Jesus.
Das gilt nicht nur für außergewöhnliche Taten, sondern ebenso für die ganz normalen Dienste, die wir alle in der Gemeinde tun. Die Tatsache, dass ich Taten vorweisen kann, dass ich mich für die Gemeinde und das Reich Gottes einsetze, ist noch kein Beweis dafür, dass mein Leben Jesus gehört.
Die Frage lautet immer: Sind es Taten mit Jesus oder ohne Jesus? Und wenn Letzteres zutrifft, dann können gerade meine Aktivitäten zu einer Stolperfalle werden, zur Selbsttäuschung, weil ich denke, ich mache ja mit, es ist ja alles gut.
Da sagt einer: Ich halte Andachten, ich predige, ich leite Bibelarbeiten – also muss ich doch Gottes Kind sein. Ein anderer sagt: Ich mache Krankenbesuche und opfere dafür meine Zeit – also bin ich wohl Christ. Ein Nächster sagt: Ich trage die Kirchenzeitung aus, und wenn irgendwo ein Einsatz erforderlich ist, dann schneide ich mir die Zeit aus den Rippen. Ich bin doch wohl auf geistlich gutem Kurs.
Dann kann eine ganze Gemeinde sagen: Bei uns ist ständig etwas los, das Gemeindehaus ist die ganze Woche voll belegt, wir planen schon wieder die nächste Aktion – also wird Jesus doch mit uns zufrieden sein.
Jesus fordert uns jedoch auf, uns selbst zu prüfen: Bist du echt? Oder dienen deine Taten der Selbsttäuschung? Verschleierst du mit deinen Aktivitäten nur, dass du persönlich ohne Jesus lebst und dein eigener Herr bist? Sind es Taten mit Jesus oder ohne ihn?
Dasselbe gilt für meine Worte: Sind es Lippenbekenntnisse ohne Folgen? Sage ich nur zu Jesus: Du bist Gott, oder lasse ich ihn auch Gott sein über mein tägliches Leben?
Die Konsequenz falscher Sicherheit und der Aufruf zur Prüfung
Es kann also passieren, dass jemand in falscher Sicherheit seinem Ende entgegensieht – im guten Glauben, ein echter Christ zu sein. Doch an jenem Tag wird Jesus ihm dies deutlich machen müssen. Er wird es mit großer Traurigkeit und tiefem Ernst tun: „Du hast dich getäuscht. Deine Worte blieben ohne Folgen, deine Taten geschahen ohne mich. Du bist nie durch die enge Pforte zu mir gekommen. Weiche von mir, du Übeltäter!“
Jesus zeigt uns in diesen Versen zwei mögliche Täuschungen auf. Beide Täuschungen führen zur gleichen katastrophalen Konsequenz. Damit fordert Jesus uns auf, unser Christsein zu prüfen: Ist es echt, oder leben wir in Selbsttäuschung?
Das bedeutet am Ende, dass wir ein Testverfahren brauchen. Dies ist unser letztes Stichwort für heute Morgen: Nach der ersten und zweiten Täuschung folgt nun der Test.
Der Prüfstein für echtes Christsein
Jetzt stellt sich eine interessante Frage: Woran kann ich erkennen, ob ich auf dem richtigen Weg bin oder nicht? Woran sehe ich, ob ich berechtigte Gewissheit habe oder ob ich einer gigantischen Selbsttäuschung erlegen bin? Angenommen, ich würde heute Nacht sterben und in meinem jetzigen Zustand vor den Richterstuhl Christi treten – wie würde sein Urteil lauten?
Jesus weiß, was er uns mit diesen Versen gegeben hat. Er weiß, was sie in uns auslösen. Deshalb hat er uns in diesen Versen zwei Prüfsteine mitgegeben, an denen wir uns testen können. Er will nicht, dass wir im Ungewissen bleiben.
Wir wollen Gott bitten, dass er unsere Gedanken lenkt, wenn wir uns jetzt prüfen.
Der erste Prüfstein steht am Ende von Vers 21. Dort sagt Jesus: Es kommen nur die in den Himmel, die den Willen meines Vaters im Himmel tun. Dieses Prinzip zieht sich durch die ganze Bibel. Zum Beispiel in Johannes 14 oder Johannes 8, Vers 31, sagt Jesus: Wenn ihr an meinem Wort bleibt, dann seid ihr meine rechten Jünger.
Wer den Willen des Vaters im Himmel tut, der tut das, was Gott von uns erwartet. Dieser Wille ist eindeutig aufgeschrieben, schwarz auf weiß, hier in der Bibel. Besonders pointiert hat Jesus diesen Willen in der Bergpredigt zusammengefasst.
Wollen Sie das? Vielleicht sagen Sie: „Mensch, ich kenne die Bibel noch nicht gut genug.“ Dann ist die Frage: Sind Sie bereit, das, was Sie schon kennen, zu tun? Wollen Sie den Willen Gottes besser kennenlernen? Oder sagen Sie: „Na ja, so brauche ich es auch nicht, so soll man es nicht übertreiben.“
Vielleicht sagen Sie auch: „Ich will das, ich will von Herzen den Willen Gottes tun, aber ich stolpere noch so oft.“ Dann hören Sie: Paulus hatte das gleiche Problem wie Sie. Und ich denke, die allermeisten von uns haben es genauso – wir wollen oft, und doch läuft noch so viel schief.
Jesus fordert von Ihnen nicht, dass Sie perfekt sind. Aber er verlangt, dass Sie das, was falsch läuft in Ihrem Leben, als Sünde erkennen. Dass Sie es zugeben, wenn Sie es in der Bibel finden. Und dass Sie bereit werden, völlig zu gehorchen.
Jemand hat gesagt: Wir müssen nicht vollkommen sein – das schaffen wir sowieso nicht auf der Erde. Aber wir müssen völlig hingegeben sein an Gottes Willen. So wie Jesus es am Anfang der Bergpredigt gesagt hat: „Selig sind, die hungern und dürsten nach Gottes Gerechtigkeit.“ Das sind die, die die Sehnsucht haben: „Herr, ich will dir gehorchen, ich will dir dienen.“
Kennen Sie das? Das ist der erste Prüfstein, den Jesus in diese aufrüttelnden Verse hineingebaut hat, damit wir uns an diesem Stein stoßen oder an diesem Stein Ruhe und Halt finden.
Dieser erste Prüfstein heißt: Habe ich Verlangen danach, Gottes Willen zu tun? Gegen alle meine Bequemlichkeit, die immer wieder durch die Ritzen kommt – habe ich dieses Verlangen, Jesus zu gehorchen?
Wenn ja, dann ist es keine Selbsttäuschung, wenn ich Jesus mit meinen Worten „Herr“ nenne. Dann ist das wirklich.
Der zweite Prüfstein: Persönliche Beziehung zu Jesus
Und dann, zu guter Letzt, der zweite Prüfstein, den Jesus eingebaut hat: Der zweite Prüfstein, an dem wir uns entweder stoßen oder an dem wir Halt und Frieden finden, heißt: Lebe ich in einer persönlichen Verbindung mit Jesus?
Das steht ganz am Ende in Vers 23. Dort sagt Jesus zu den Menschen: „Ich habe euch nie gekannt.“ Das bedeutet nicht, dass er nichts von ihrer Existenz wusste. Natürlich wusste Jesus von ihrer Existenz, denn er weiß alles.
Aber das Wort „kennen“ in der Bibel beschreibt eine persönliche Beziehung. Jesus sagt damit, dass sie nie wirklich persönlich zu ihm gehört haben. Er nennt sich ja den Hirten, der für die Schafe sorgt. Das heißt hier: Ihr habt nie zu seiner Herde dazugehört. Ihr habt äußerlich alles mitgemacht, aber euer Leben nie wirklich an ihn gebunden.
Ein Leben ohne persönliche Verbindung mit Jesus – und darum waren die Taten dieser Leute Taten ohne Jesus, weil ihr Leben ein Leben ohne Jesus war. Das sah man den Taten nicht auf den ersten Blick an, man sah es den Leuten nicht an, aber Jesus sah es und deckt es an jenem Tag auf.
Der zweite Prüfstein heißt also: Lebe ich in einer persönlichen Beziehung mit Jesus Christus? Gehört ihm mein Leben? Das ist der entscheidende Prüfstein.
Vielleicht fragen Sie sich: Wie kann ich das wissen? Muss ich da eine innere Stimme hören? Nein, das müssen Sie nicht. Woran können Sie es erkennen? Fragen Sie sich: Bin ich hindurchgegangen durch die enge Pforte? Habe ich mein stolzes Leben einmal Jesus ausgeliefert? Verlasse ich mich auf sein Wort? Bete ich zu ihm? Will ich Jesus bedingungslos gehorchen – trotz aller Schwachheit?
Diesen Willen hat doch keiner von Natur aus, Jesus zu gehorchen. Aber wer sich Jesus einmal unterwirft, der wird von Jesus schrittweise immer mehr in die Richtung verändert, dass er ihm immer mehr gehorchen will.
Und daran sehen Sie, wie eng der erste und der zweite Prüfstein zusammenhängen. Wer mit Jesus lebt – zweiter Prüfstein – bei dem wächst das Bedürfnis, ihm zu gehorchen – erster Prüfstein. So gehört beides zusammen.
Und wenn ich trotzdem sündige, dann treibt mich das um, dann lässt mich das nicht kalt. Dann will ich bei Jesus wieder Vergebung haben. Ich will, dass er diesen Punkt in meinem Leben verändert.
Wenn die Verbindung zu ihm getrübt wird, dann möchte ich, dass das möglichst schnell wieder bereinigt wird, dass es wieder in Ordnung kommt. So wie in einer guten Ehe: Wenn ich meine Frau mal geärgert habe, dann will ich mich möglichst schnell mit ihr versöhnen und es wieder gut machen. Glücklicherweise ist sie nie nachtragend.
Und so ist es doch auch Jesus gegenüber. Wenn wir merken, da ist Schuld, und wenn wir zu ihm gehören, dann können wir darüber nicht ruhig schlafen. Dann soll es wieder gut werden.
Wer wirklich zu Jesus gehört, der kommt nicht mehr von ihm los – und zwar auch dann nicht, wenn er noch so geschüttelt wird.
Das Beispiel von Hannes: Ein Leben mit Rückfällen und echter Verbindung
Darum will ich Ihnen das jetzt noch einmal am Beispiel von Hannes deutlich machen. Hannes war ein Findelkind, von dem Pastor Kemmer aus Krelingen berichtet hat. Mit achtzehn Jahren war er bereits Zuhälter und völlig dem Alkohol verfallen. Körperlich und seelisch war er am Ende, als ihn eine Christin aus Hamburg nach Krelingen brachte.
Dort hörte er das Wort Gottes, und etwas in ihm begann sich wieder zu regen. Er merkte: Das ist es, ihn brauche ich. Eines Tages kam er zu Pastor Kemmer, um ihm zu beichten, um durch die enge Pforte zu gehen und zu sagen: Ich will mich vor Jesus beugen und mein Leben soll von jetzt an ihm gehören.
Es wurde besser mit dem Alkohol, doch seine Leber war fast kaputt und brauchte ständig medizinische Betreuung. Plötzlich wurde er rückfällig. Als ihm das klar wurde, tat es ihm leid, und er bereute es. Er kam wieder und sagte: Mensch, es soll nicht wieder passieren.
In der Rehabilitation gab es eine Ordnung, die nötig und sinnvoll war: Wenn jemand zweimal rückfällig wird, muss er gehen, und der Nächste auf der Warteliste rückt nach. So war es auch mit Hannes. Er fasste wieder Fuß, wurde dann aber erneut rückfällig, und so mussten sie ihn entlassen.
Doch es ließ ihm keine Ruhe. Pastor Kemmer erzählt: Eines Morgens, als ich meine Haustür öffnete, saß Hannes mit Sack und Pack davor und sagte: Ich werde so lange hier schlafen, bis sie mich wieder aufnehmen. So lange werde ich vor ihrer Tür schlafen.
Daraufhin nahmen sie ihn wieder auf, und es ging eine ganze Weile gut. Doch dann kamen wieder Manöversoldaten in den kleinen Ort Krelingen, und einer von ihnen brachte Hannes wieder zum Trinken. Er fiel erneut in den Rausch.
Nachdem er diesen ausgeschlafen hatte, kam er zu Pastor Kemmer, warf sich zu Boden, umklammerte seine Knie und sagte: Bitte vergeben Sie mir. Kemmer schreibt: Als ich sein gelbes Gesicht sah, war mir die ärztliche Diagnose klar. Ich antwortete: Ja, ich vergebe dir, aber du musst sterben. Deshalb bring deine Sache bei Jesus in Ordnung.
Wir beteten noch zusammen, dann ging er in sein Zimmer. Dort nahm er ein großes Blatt Papier, malte einen Rahmen und schrieb darauf: Wer den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden. So steht es in der Bibel: Wer den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.
Auf dem Weg zum Arzt starb er. Doch dieses Bibelwort, das sie auf seinem Tisch fanden, wurde sein Begräbnisvers: Wer den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.
Sehen Sie, dieser Hannes kam sehr spät zu Jesus. In seinem Leben war schon viel kaputt. Aber er suchte und fand die Verbindung zu Jesus noch. Bei allen Rückfällen wollte er immer wieder den Willen Gottes tun. Er kam immer wieder zurück.
Am Ende, als sein Körper kaputt war, starb er nicht in Verzweiflung. Nicht mit einer billigen Entschuldigung, sondern er klammerte sich persönlich an den Herrn, der für seine Schuld gestorben war. An den Herrn, den er so spät in seinem Leben kennengelernt hatte und dem er doch so gern gehorchen wollte.
Deshalb war es keine Selbsttäuschung, was Hannes in den letzten Minuten auf dieses Blatt kritzelte: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden. Das war kein allgemeines „Herrherr“, sondern der getrostete Hilfeschrei nach seinem guten Hirten, den er bereits persönlich kannte. Dieser Hirte trug ihn jetzt sicher nach Hause, weil er ihm gehörte.
Die Aufforderung zur Selbstprüfung
Wem gehören sie? Zwei Prüfsteine hat Jesus uns heute Morgen vorgelegt, damit jeder für sich den Test machen kann. Jeder, der sich für einen Christen hält, jeder, der davon ausgeht, am Ende von Jesus angenommen zu werden.
Der Test heißt nicht: Bin ich perfekt? Sondern: Gehört mein Leben Jesus, und will ich ihm gehorchen?
Wenn Sie ein ehrliches Ergebnis haben wollen, dann bitten Sie Jesus, dass er Ihnen zeigt, wie es um Sie steht. Prüfen Sie sich selbst: Stehen Sie diesseits oder jenseits der engen Pforte? Sind Sie schon durch oder stehen Sie noch davor? Leben Sie auf dem schmalen Weg oder auf dem breiten?
Beruht Ihre Gewissheit auf einer persönlichen Verbindung mit Jesus, oder ist es nur eine Selbsttäuschung?
Wenn diese Fragen Sie erschrecken, dann ist es besser, dass Sie jetzt erschrecken, wo noch nicht alles gelaufen ist. Besser, als wenn es Ihnen geht wie jenen, die an jenem Tage entsetzt fragen werden: „Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen große Taten getan? Haben wir nicht, haben wir nicht?“
Und die dann nur noch zu hören bekommen: „Ich habe euch nie gekannt.“ Dann wird die enge Pforte endgültig verschlossen sein, die Jesus jetzt noch offen hält.
Geh du rein!