Wir wollen uns heute Morgen mit der Konfrontation zwischen Israel und der Religion der Ägypter beschäftigen. Zunächst betrachten wir den Ursprung der Ägypter und ihrer Religion.
Die Bibel gibt uns darüber Auskunft in der Völkertafel, 1. Mose 10. Dort werden siebzig Namen aufgeführt, um die Abkunft von Noah darzustellen. Die Völker der Welt gehen demnach alle auf Noah und seine Söhne Sem, Ham und Japheth zurück.
In 1. Mose 10, Vers 6 finden wir den Hinweis auf Ham und seine Söhne: Kusch, Mitzraim, Put und Kanaan. Kusch bedeutet „schwarz“. Von ihm stammen die Schwarzafrikaner ab. In späteren Bibelbüchern ist Kusch der übliche Name für Sudan, Äthiopien und Eritrea.
Ein zweiter Sohn Hams ist Mitzraim. Dieses Wort steht später in der Bibel für Ägypten auf Hebräisch. Mitzraim, der Sohn Hams, ist somit der Stammvater des ägyptischen Volkes. Heute heißt Ägypten auf Arabisch „Misr“. Man erkennt sofort den Zusammenhang mit Mitzraim.
Die Ägypter sind also keine Semiten wie die Israeliten, sondern Hamiten – wie auch die Schwarzen.
Ursprung und Verbreitung der Ägypter
In 1. Mose 11 wird beschrieben, wie sich die Nachkommenschaft Noahs zunächst in Babel im Südirak vereinigte. Dort kam es zur Rebellion beim Städtebau von Babel und dem Turmbau. Gott verwirrte daraufhin die Sprachen und zerstreute die Menschen von dort aus.
1. Mose 10 greift zeitlich Kapitel 11 voraus. Kapitel 11 zeigt, wie die Zerstreuung der Nachkommenschaft Noahs, die bereits in Kapitel 10 beschrieben wird, zustande gekommen ist.
Die Nachkommen Hams über Mitzrayim wurden später die Ägypter. Man kann sagen, dass sie vom Südirak in das Gebiet des heutigen Ägypten ausgewandert sind.
Warum wählten sie dieses Gebiet als Endstation? Natürlich wegen des Nils, dieses lebendigen Stroms inmitten einer Wüste. Ägypten besteht heute zu etwa 95 Prozent aus Wüste. Leben und Fruchtbarkeit sind dort nur entlang des Nils möglich. Besonders fruchtbar ist das große Delta des Nils bei der Mündung ins Mittelmeer.
Abwendung vom wahren Gott und die Entstehung der Götterverehrung
Über den Ursprung der Religionen erfahren wir viel in Römer 1, ab Vers 18. Dort wird beschrieben, wie auch die Heidenvölker ursprünglich den wahren Gott genau gekannt haben, sich aber von ihm abgewandt haben.
Ich lese Römer 1, Vers 18, und das zeigt auch die Entwicklung Ägyptens weg von dem einen Gott, was aber schon in Babel natürlich begonnen hat. Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen.
Weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen geoffenbart. Denn das Unsichtbare von ihm, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen, wörtlich im Griechischen mit dem Verstand erfasst werden, wird geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien.
Weil sie Gott kennend ihn weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständliches Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in die Gleichheit eines Bildes von einem verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren.
Darum hat Gott sie auch dahingegeben, in den Gelüsten ihrer Herzen, in Unreinigkeit ihrer Leiber untereinander zu schänden, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf mehr Verehrung und Dienst dargebracht haben als dem Schöpfer, welcher gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.
Also sehen wir: Die Menschen, die Menschheit, kannte ursprünglich den einen wahren Gott und konnte ihn dauernd wieder neu erkennen, und zwar durch den Verstand, wenn man die Schöpfung anschaut. Die Ordnung in der Schöpfung weist darauf hin, dass es hinter dieser Ordnung unbedingt einen Ordner geben muss.
Aber der Apostel Paulus erklärt hier, dass die Menschheit allgemein, obwohl sie Gott kannte, ihn nicht verherrlichen wollte, sondern sich in philosophischen Gedanken, religionsphilosophischen Gedanken, verstiegen hat. So wurde die Herrlichkeit des einen wahren Gottes verwandelt in ein Geschöpf.
Die Tierköpfe der ägyptischen Götter als Ausdruck der Schöpfungsverherrlichung
Das Typische an diesen Religionen allgemein ist die Verehrung der Schöpfung anstatt des Schöpfers. Genau das finden wir in Ägypten besonders ausgeprägt.
Unter Punkt 1,3 sehen wir die meisten Götter. In Ägypten wurden Menschen oft mit Tierköpfen dargestellt, zum Beispiel als Falke, Stier, Kuh, Kobra, Geier, Löwin, Witter, Käfer, Katze, Krokodil, Nilpferd, Frosch, Ibis, Pavian und so weiter. Das entspricht genau dem, was wir in Römer 1,23 finden: „Und haben die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in die Gleichheit eines Bildes von einem verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren.“
Götter wie Min, Ptah, Isis und Osiris wurden immer als Menschen dargestellt – also nicht nur mit Menschenkörper, sondern auch mit Menschenkopf. Das entspricht ebenfalls Römer 1,23, wo es heißt, dass die Herrlichkeit Gottes in die Gleichheit eines Bildes von einem verweslichen Menschen verwandelt wurde.
Das Grundsätzliche hierbei ist, dass die Natur, die Schöpfung, verehrt wird anstatt des Schöpfers. Wie wir in Vers 25 lesen: „Und haben dem Geschöpf mehr Verehrung und Gottesdienst dargebracht als dem Schöpfer, welcher gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“
Parallelen zur modernen Evolutionslehre und ethische Folgen
Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zum modernen Evolutionsglauben in unserer Gesellschaft. In der Evolutionslehre wird der Schöpfung der Natur zugeschrieben, dass sie all diese Ordnung selbst im Lauf langer Zeiträume entwickelt hat – ohne dass dahinter ein Planer oder Konstrukteur steht.
Das ist im Grunde nichts anderes als die Vergöttlichung der Schöpfung. Die Schöpferkräfte Gottes werden der Natur selbst zugeschrieben, und so wird die Natur verherrlicht anstatt des Schöpfers.
In den üblichen Ausdrucksweisen in der Schule, wenn man über die Natur spricht, heißt es zum Beispiel: „Seht ihr, wie die Natur die Schmetterlinge so wunderbar ausgestattet hat?“ oder „Wie die Natur die Kamele so wunderbar befähigt hat?“ Das ist nichts anderes als das, was die alten Ägypter schon getan haben: Die Schöpfung wird zum Gott gemacht.
Wichtig sind hier die Ausdrücke in Römer 1, besonders in den Versen 23, 25 und am Ende in Vers 26. Diese Aussagen haben auch eine Verwandlung auf ethischem Gebiet zur Folge.
Die Bibel gibt uns eine sehr klare Religionskritik. In 1. Korinther 10,20 sagt der Apostel Paulus im Klartext: „Was sage ich nun? Dass das einem Götzen Geopferte etwas sei oder dass ein Götzenbild etwas sei? Nein, sondern dass das, was die Heiden opfern, sie den Dämonen opfern und nicht Gott. Ich will aber nicht, dass ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen.“
Hier wird deutlich gemacht, dass in Religionen, in denen die Natur verehrt wird und verschiedene Götter angebetet werden, in Wirklichkeit Dämonen verehrt werden. Diese verbergen sich hinter den Masken der Götterbilder und lassen sich so verehren.
Das zeigt, dass auch die Religion Ägyptens nicht einfach nur ein reines menschliches Fantasiegebilde ist, sondern dass sich dahinter effektive dämonische Mächte verbergen. Dies erklärt auch die starke Anziehungskraft dieser Religion bis heute.
Die ägyptische Religion besitzt eine unglaublich esoterische Ausstrahlung. Noch vor nicht allzu langer Zeit gab es eine Ägypten-Ausstellung in Basel. Im Vorfeld hätte man sich fragen können, ob viele Leute hingehen würden. Doch der Andrang war so groß, dass es sehr schwierig war, überhaupt hineinzukommen. Man musste auf der Straße anstehen.
Warum zieht Ägypten so? Das hängt mit der esoterischen Ausstrahlung der Religion der alten Ägypter zusammen.
Die Vielgestaltigkeit der ägyptischen Götterwelt
Nun sehen wir unter Punkt zwei einige Aspekte der ägyptischen Götterwelt. Die meisten Götter waren ursprünglich Lokalgötter. In Ägypten selbst wurden an verschiedenen Orten unterschiedliche Götter im Lauf der Geschichte verehrt. Jede Stadt besaß ihren eigenen Gott oder ihre eigene Göttin.
So wurden zum Beispiel Krokodilgötter speziell am Nil verehrt, Löwengötter in Tälern, die in die Wüste münden. In Buto wurde besonders der Schlangengott verehrt. Interessant ist, dass die Schlange in 1. Mose 3 als eine Erscheinungsform des Satans vorgestellt wird. Der Satan benutzte eine Schlange als Medium.
Diese Dinge wussten die alten Ägypter anfangs noch, denn sie stammten von Noah ab und hatten auch das Wissen von Noah über die Ereignisse in 1. Mose 1 bis 11 mitgenommen – bis zur Sprachenverwirrung. Hier sehen wir eine sehr direkte Verbindung zur Dämonenverehrung.
In Buto wurde der Schlangengott verehrt, in Mendes ein Ziegenbockgott, in Heliopolis – dem heutigen Kairo – der Sonnengott Re. In Atfi wurde eine Liebesgöttin, eine Frau mit Kuhohren, angebetet. In Herakleopolis wurde ein Gott mit dem Namen Harsaphes verehrt, in Hermopolis der ibisköpfige Mondgott Tod.
In Edfu verehrte man Horus, den falkenköpfigen Gott. In Esne war Chnum der Schöpfergott; er wurde als Widder dargestellt, der auf einer Töpferscheibe die Menschen formt. In Theben wiederum wurde der Urgott Amun, ebenfalls ein Sonnengott, verehrt. In Memphis war Ptah der Schöpfergott.
Wir sehen also, dass die ägyptische Religion ursprünglich keine Einheit war, sondern aus vielen verschiedenen Lokalreligionen bestand. Im Lauf der Geschichte gab es jedoch eine religionspolitische Entwicklung. So konnte ein Lokalgott mit der Zeit landesweite Anerkennung erlangen.
Beispiele aus dem Mittleren Reich zeigen, dass Amun von Theben, ein Sonnengott, mit der Zeit ein allgemein in Ägypten verehrter Gott wurde. Ptah von Memphis wurde schließlich als Gott der Handwerker in ganz Ägypten anerkannt.
Daran sehen wir, wie sich die Religion der Ägypter entwickeln konnte. Sie war nicht feststehend, sondern veränderte sich im Laufe der Zeit. Dies werden wir später noch deutlicher erkennen.
Unveränderlichkeit des biblischen Glaubens im Gegensatz zur ägyptischen Religion
Das ist nun ein ganz deutlicher Gegensatz zum biblischen Glauben. Wenn wir im zweiten Johannesbrief nachschlagen, sehen wir, wie wichtig diese Gegensätze sind, besonders wenn man heute mit Menschen über Religion diskutiert – etwa über die Religion der Ägypter. Dabei muss man zeigen, wie völlig anders der biblische Glaube ist. Es gibt keine Veränderung.
Wir lesen im 2. Johannes 9: „Jeder, der weitergeht und nicht bleibt in der Lehre des Christus, hat Gott nicht. Wer in der Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn.“ Schon zur Zeit von Johannes gab es Irrlehrer, die ständig von neuen Offenbarungen sprachen und immer wieder neue Dinge wussten. In ihren Augen konnte sich die Religion verändern. Man konnte plötzlich etwas neu sagen, das die Apostel anders gelehrt hatten.
So erklärt der Apostel Johannes: Jeder, der weitergeht und die Religion weiterentwickelt oder verändert, hat Gott nicht. Nur wer in dem bleibt, was die Bibel uns ein für allemal gegeben hat, der hat Gott.
Auch im Judasbrief lesen wir in Vers 3: „Geliebter, indem ich allen Fleiß anwandte, euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben, war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen, für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen.“ Dieser Glauben ist einmal überliefert. Die Bibel als göttliche Offenbarung an uns Menschen ist mit dem Buch der Offenbarung abgeschlossen.
Wer jetzt noch etwas hinzufügt oder das irgendwie weiterentwickeln will, verfehlt den biblischen Glauben. Das war jedoch in Ägypten ganz normal. Die Religion entwickelte sich ständig, und man empfand das nicht als Widerspruch. Dieses Merkmal der Entwicklungsfähigkeit sieht man in vielen verschiedenen Religionen.
Allgemeine Anerkennung bestimmter ägyptischer Götter und Triadenbildung
Nun zurück zu den ägyptischen Göttern. Gewisse Götter besaßen allerdings von alters her allgemeine Anerkennung, so zum Beispiel die Himmelsgöttin Hathor, dann auch der Gott der Weisheit, Thot, sowie der Sonnengott. Das ist auch verständlich, denn es ist ja die gleiche Sonne, ob nun im Delta oder in Unter- oder Oberägypten. Ebenso ist Happ der Nil, was ebenfalls klar ist, da der Nil das ganze Land Ägypten durchzieht.
Gewisse Götter wurden zu Triaden, also zu Dreiergruppen, zusammengefasst. Dabei erfolgte eine Unterscheidung in Vater, Mutter und Kind. So zum Beispiel der Schöpfergott Ptah, dann seine Frau Sechmet und schließlich Nefertem. Eine weitere Dreieinheit war Amun, Mut und Chonsu, wie sie in Theben verehrt wurde. Das erinnert an die koranische Trinität.
Im Koran wird gesagt, die Christen seien schlimme Verführer, weil sie an drei Götter glauben. Dort heißt es in Sure 5,16: Sie glauben an Gottvater, Maria und Jesus. Eine solche Dreieinheit gibt es jedoch nicht im Christentum. Es gibt keine christliche Kirche auf der ganzen Welt, die so etwas glauben würde.
Die Bibel lehrt uns, dass es einen einzigen Gott gibt, der aber in der Gottheit drei verschiedene Personen umfasst. Diese sind nicht Vater, Mutter und Kind, sondern der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Das ist eine klare biblische Lehre.
Die Dreiergruppen in der Religion der Ägypter sind jedoch eine satanische Perversion der Wahrheit der Dreieinheit. Diese Dreieinheit ist nicht erst seit dem Neuen Testament bekannt, sondern findet sich bereits im Alten Testament. Dort wird der Heilige Geist bereits als eine Person vorgestellt. Ebenso wird der Sohn Gottes erwähnt, zum Beispiel in Sprüche 30,4: „Was ist der Name Gottes und was ist der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“
An vielen Stellen, etwa in Sacharja 2,2, wird gesagt, dass Gott, der Ewige, Gott den Ewigen zum Volk Israel gesandt hat. Wie kann Gott Gott senden? Auch das weist darauf hin, dass es mehr als eine Person in der Gottheit gibt.
Diese Triaden in der ägyptischen Religion – man findet sie übrigens auch im Hinduismus – sind satanische Perversionen einer göttlichen Wahrheit.
Synkretismus und Entwicklungsfähigkeit der ägyptischen Religion
Und denken wir an das Wort „verwandeln“ in Römer 1. Sie haben verwandelt, obwohl ursprünglich richtiges Wissen vorhanden war. Da dieses Wissen jedoch umgewandelt wurde, sieht man als allgemeine Tendenz in Ägypten, dass alte Vorstellungen im Prinzip erhalten bleiben. Gleichzeitig kommen immer neue Vorstellungen hinzu.
Man erkennt allgemein keine Bemühung um einen gedanklichen Ausgleich. Die widersprüchlichsten Dinge können einfach nebeneinander bestehen. Das erinnert an das Paradebeispiel auf diesem Gebiet: den Hinduismus.
Der Hinduismus wurde zu Recht schon als Religionsmuseum bezeichnet, denn er hat sich ständig weiterentwickelt. In den ältesten Schriften, den Veden, die auf etwa 1500 vor Christus zurückgehen, werden etwa dreißig Götter erwähnt. Heute sind es mehrere hundert Millionen. Man hat also ständig neue Götter hinzugefügt – kein Problem.
Der Hinduismus kann alles verschlingen. Nur dürfen die Grundgedanken des Hinduismus nicht abgelehnt werden, wie zum Beispiel Reinkarnation, Karma – also das Vergeltungsgesetz – und auch das Prinzip der Kasten. Aber sonst kann alles dazukommen. Man kann eben auch Jesus im Hinduismus verehren, das ist kein Problem.
Ein Problem entsteht erst, wenn man sagt, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (Johannes 14,6). Man kann also sagen: Wie im Hinduismus ist auch die ägyptische Religion kein geschlossenes System, sondern vielmehr ein Konglomerat. Sie enthält starke synkretistische Elemente.
Synkretismus – dieses Fremdwort bedeutet Religionsvermischung. Das entspricht auch dem Zeitgeist heute. Man ist heute daran interessiert, letztlich alle Religionen miteinander zusammenzuführen und zu vermischen. Unterschiede sollen nicht stören, sondern man muss die Einheit in allem sehen.
Das ist natürlich auch ein Grund, warum die ägyptische Religion so anziehend wirken kann. Denn sie entspricht dem heutigen Zeitgeist. Aber da muss man fragen: Wie kann man da noch von Wahrheit sprechen? Wenn die Religion so verwandelbar ist, dann ist sie keine Wahrheit.
Hier haben wir einen krassen Gegensatz zum Evangelium. Herr Jesus sagt in Johannes 14,6: „Ich bin der Weg“ – mit bestimmtem Artikel – „der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Also nicht eine Wahrheit, sondern die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.
Zentrale Elemente der ägyptischen Religion: Sonnenverehrung und Osiris
Die wichtigsten Grundkomponenten der ägyptischen Religion sind die Verehrung der Sonne und die Verehrung des Gottes Osiris. Viele Dinge können nebensächlich sein, doch es gibt Aspekte, die ganz zentral sind.
Unter dem nächsten Punkt kommen wir zur Verehrung der Sonne, also zum Thema Sonnengott. Die Sonne ist täglich zu beobachten, sie hat einen regelmäßigen Lauf und besitzt lebensspendende Kraft. Im Ägyptischen wird die Sonne als Himmelskörper Re genannt. Dieser Name gab auch dem Sonnengott Re seinen Namen. Das gleiche Wort steht sowohl für das Gestirn als auch für den dahinter verehrten Gott.
Die Ägypter verehrten die Sonne unter verschiedenen Aspekten. Zum Beispiel wurde die aufgehende Sonne speziell verehrt und trug den Namen Chepri. Dieses Wort stammt vom ägyptischen Cheper, das „entstehen“ bedeutet. Cheper klingt ähnlich wie Cheperer, was im Ägyptischen „Mistkäfer“ oder Skarabäus heißt.
Nun versteht man, warum der Sonnengott oft unter dem Bild eines Skarabäus, eines Mistkäfers, verehrt wurde. Das Typische am Skarabäus ist, dass er eine Mistkugel, eine Dungkugel, vor sich herschiebt. Die Ägypter stellten fest, dass aus dieser Mistkugel wieder ein Skarabäus entsteht. So glaubten sie, dass aus dem Mist ständig neues Leben entsteht. Tatsächlich wussten sie nicht, dass der Skarabäus dort seine Eier ablegt. Diese Eiablage ist von Mist umwickelt, und der Käfer schiebt die Kugel dauernd vor sich her.
Für die Ägypter war dies gewissermaßen das Symbol für den Gott, der sich selbst zum Entstehen bringt.
Weiter wurde die Sonne auch unter dem Namen Atum als Schöpfergott verehrt. Atum bedeutet im Ägyptischen „Nichts“ oder auch „Alles“. Wie gesagt, die Sonne wurde ganz speziell in Heliopolis, dem heutigen Kairo, verehrt und hatte bereits im Alten Reich allgemeine Geltung.
Bereits aus der Frühzeit Ägyptens, also ab der fünften Dynastie im dritten Jahrtausend vor Christus, wurde der Pharao als Sohn des Re bezeichnet oder als Inkarnation, als Fleischwerdung des Sonnengottes angesehen. Die Verehrung des Königs spielt somit eine ganz zentrale Rolle in der ägyptischen Religion.
Selbstvergottung des Pharao und ihre biblische Kritik
Von der Selbstvergottung des Pharao spricht übrigens Hesekiel 29,3. Dort finden wir eine sehr interessante und ausführliche biblische Prophetie über Ägypten.
Der Pharao wird ab Vers 1 angesprochen. In Vers 3 heißt es: „So spricht der Herr, der Ewige: Siehe, ich will an dich, Pharao, König der Ägypter, du großes Seeungeheuer, das in seinen Strömen liegt.“ Damit sind die vielen Arme und Kanäle des Nils gemeint. Weiter heißt es: „Das in seinen Strömen liegt, spricht: Mein Strom gehört mir, und ich habe ihn mir gemacht.“
Der Pharao betrachtet sich also als Schöpfer des Nils oder überhaupt als Schöpfergott. Diese Selbstvergottung eines Menschen wird hier durch den Propheten scharf kritisiert. Die Ägypter glaubten, dass der Pharao durch die Thronbesteigung zum Gott wurde.
Er hatte ganz besondere Ansprüche, die man mit drei ägyptischen Begriffen ausdrücken kann: Sia bedeutet Überverstand. Der Pharao hatte also einen Überverstand. Hu steht für Machtanspruch, und Hekka bedeutet Zauber. In ihm war gewissermaßen all das konzentriert.
Er wurde als Erhalter von Ägypten angesehen. Trotzdem glaubte man nicht, dass er absolut und vollständig allmächtig war. Für Allmacht brauchte es nach ägyptischer Ansicht das Kraftfeld aller Götter zusammen. Das ist logisch, denn in der Vielgötterei hatte nicht ein Gott alle Macht. Die Allmacht wurde auf viele Götter aufgesplittert, aber dennoch annähernd Allmacht. Das ist sehr wichtig für das weitere Verständnis, was wir noch sehen werden. Es ist eine Vorbereitung für die Konfrontation Israels mit Ägypten.
Weiter glaubten die Ägypter, dass der Pharao nach seinem Tod zum Osiris wurde, also mit dem Gott Osiris identifiziert wurde. Sein Sohn, der Nachfolger auf dem Thron, war der Gott Horus, der ebenfalls ein Sonnengott war. Man sieht, die Sonne wurde in verschiedene Götter aufgespalten, die aber eng miteinander verbunden waren.
Man glaubte, der Pharao stelle als Gott die Beziehung zwischen der irdischen Welt und den Göttern her. Das erklärt, warum der Pharao in Ägypten ein selbstherrlicher Regent war. Man glaubte, nichts geschehe ohne ihn auf Erden. Das wird sehr wichtig sein, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Plagen von Ägypten.
Er war die Garantie für die jährliche Nilüberflutung. Das wird auch noch wichtig, wenn Joseph die Hungersnot über Ägypten ankündigt. Man glaubte, ohne sein Ka – das ist eine esoterische Lebenskraft – werde in Ägypten kein Kind geboren.
Diesen Gedanken von Lebenskraft und Lebensstrom findet man in vielen Religionen, auch in Ägypten. Interessanterweise konnte der Pharao in Ägypten die große Kindergeburt unter den Israeliten nicht aufhalten. Das ist natürlich ein Spott und eine Ironie über diese Religion, aber dazu später mehr.
Verschiedene Lokalgötter wurden allmählich mit dem Sonnengott identifiziert. Das zeigt, wie entwicklungsfähig die Religion war. Verschiedene Götter konnten später als ein und derselbe Gott angesehen werden. So interpretierte man verschiedene Götter als verschiedene Offenbarungsformen eines einzigen Gottes.
Zum Beispiel konnte sich Re, der Sonnengott, auf ganz verschiedene Weise zeigen. So war es möglich, von Chnum oder von Mont Rey zu sprechen, ursprünglich verschiedene Götter, oder von Sobek, einem Krokodilgott, der ebenfalls mit Re verbunden war.
Pharao Echnaton und der Versuch der Monotheismus-Einführung
Wenn man über die ägyptische Religion spricht, muss man unbedingt auch die Zeit von Pharao Echnaton berücksichtigen. Er lebte etwa von 1370 bis 1322 vor Christus.
Pharao Echnaton war ein besonderer Verehrer des Sonnengottes Aton, dessen Name auch in seinem eigenen Namen vorkommt. Aton war die Sonnenscheibe, also ein spezieller Aspekt der Sonne, der besonders verehrt wurde. Echnaton wollte die Sonnenscheibe als einzigen Gott erheben und versuchte, alle anderen ägyptischen Götter zum Verschwinden zu bringen.
In seiner Zeit durfte man nur noch Aton verehren. Die Anhänger anderer Götter, wie zum Beispiel Amun, der ebenfalls als Sonnengott galt, wurden unter seiner Herrschaft verfolgt.
In vielen Büchern oder Artikeln über Ägypten liest man, dass sich hier ein Monotheismus entwickelt habe. Das heißt, die Verehrung eines einzigen Gottes sei nicht erst später bei den Juden, Christen oder im Islam entstanden, sondern bereits in Ägypten zu finden gewesen.
Dabei wird jedoch nicht betont, dass Aton nach wie vor als Geschöpf, nämlich als Sonnenscheibe, angesehen wurde. Man sollte daher eher von der Verehrung eines Götzen sprechen und nicht von der eines Gottes.
Es handelte sich quasi um eine Monoidolatrie, also die Verehrung eines einzigen Götzen. Man spricht auch von Monolatrie, was die besondere Verehrung eines Gottes bedeutet, während andere Götter an Bedeutung verlieren.
Später werden wir noch näher auf einzelne Götter eingehen, wie sie hier auf dem Blatt aufgeführt sind.
Schöpfungsmythen in der ägyptischen Literatur
Wir kommen nun zu Punkt drei, den Schöpfungsmythen. In der ägyptischen Literatur, die aus unzähligen Inschriften und Papyri besteht, findet man keine zusammenhängenden Schöpfungsmythen. Stattdessen gibt es mal ausführlichere und mal sehr kurze Beschreibungen.
Insgesamt lassen sich drei Haupttypen von Kosmogonie unterscheiden. Kosmogonie bedeutet die Vorstellung davon, wie die Welt entstanden ist, man kann auch von Schöpfungsmythen sprechen.
In Heliopolis bei Kairo, wo der Sonnengott besonders verehrt wurde, beginnt der Schöpfungsbericht folgendermaßen: Atum, der Sonnengott, erscheint am Anfang auf einem Urhügel, der sich aus dem Urozean erhob. Dieser Urozean wurde ebenfalls als Gott verehrt, nämlich als Nun. Danach erzeugt Atum – je nach Inschrift in zwei verschiedenen Versionen – ein Geschwisterpaar: die Gottheiten Shu, die Luft, und Tefnut, die Feuchtigkeit. Es gibt aber auch eine andere Version.
Im weiteren Verlauf entstehen die Gottheiten Geb, der Gott der Erde, den ich bereits in der Götterliste unter Punkt zwei aufgeführt, aber noch nicht näher erwähnt habe, und Nut, eine Himmelsgottheit. Später werden Geb und Nut durch Shu, die Luft, voneinander getrennt.
Hier erkennt man noch Erinnerungen an den biblischen Schöpfungsbericht, den man aus der Geschichte von Noah kannte. Von Adam bis Noah gab es eine direkte Überlieferungslinie durch die zehn Generationen, die in 1. Mose 5 erwähnt werden. Dieses Wissen war auch nach der Sintflut noch in Babel vorhanden. Die Völker nahmen vieles von diesem Wissen bei ihrer Zerstreuung in alle Welt mit, auch hier.
Der Sonnengott erscheint also über dem Urozean – das entspricht dem ersten Schöpfungstag. Alles war von Wasser eingehüllt (1. Mose 1,2), und die Erde war wüst und leer. Der Geist Gottes schwebte über der Tiefe, dem aufgewühlten Meer, dem Urozean. Am ersten Schöpfungstag heißt es: „Und Gott sprach: Es werde Licht.“ Dieses Licht, das über dem Urozean aufgeht, ist wichtig. Es war aber nicht die Sonne, denn die Sonne wurde erst am vierten Tag erschaffen. Das ist ganz entscheidend.
Viele haben sich gefragt, warum Gott das so gemacht hat und warum er zuerst ein anderes Licht brachte. Es sollte zeigen, dass nicht der Lichtträger, also die Sonne, etwas Besonderes ist. Gott war nicht auf die Sonne angewiesen, um der Erde Leben zu geben. Die Sonne ist gewissermaßen wie eine Lampe, die er erst am vierten Tag erschaffen hat. Gott war also nicht abhängig von ihr.
Die Ägypter verehrten jedoch die Sonne, und deshalb war dieses Licht für sie gleichbedeutend mit dem Sonnengott. Danach entsteht die Luft, die Gottheit Shu, und das entspricht dem zweiten Schöpfungstag. An diesem Tag schafft Gott eine Ausdehnung zwischen dem Wasser unterhalb der Ausdehnung und dem Wasser oberhalb der Ausdehnung, das er wohl in Form einer Dunsthülle in etwa drei Kilometern Höhe platziert.
Diese Dunsthülle regnete während der Sintflut ab und führte dazu, dass die Erde überhaupt so überschwemmt werden konnte. Heute ist das nicht mehr möglich; heutzutage sind nur noch lokale Fluten denkbar.
Am zweiten Schöpfungstag entsteht also die Luft, die Ausdehnung. Das hebräische Wort „Rakia“ bezeichnet etwas hauchdünnes und weit ausgedehntes. Gott nennt die Rakia dann „Himmel“, also den Lufthimmel.
Weiter sehen wir, dass Himmel und Erde ursprünglich vereint waren, aber durch Shu getrennt wurden. Das erinnert an die Trennung am zweiten Schöpfungstag zwischen dem Wasser oberhalb und dem Wasser unterhalb. Es wird ausdrücklich betont, dass die Atmosphäre, die Ausdehnung, zwischen dem himmlischen Wasser oben und dem irdischen Wasser unten trennen soll.
Nun kommen wir zum Schöpfungsbericht in Memphis. Dort wurde der Gott Ptah verehrt. Man sagte von ihm, dass er durch sein schöpferisches Wort erschaffen habe. Was er denkt und danach ausspricht, wird Wirklichkeit. Das ist eine klare Parallele zu 1. Mose 1, wo Gott spricht: „Es werde …“ und es entsteht.
In diesem Bericht geht es jedoch um eine Vielzahl von Göttern, die als Teile dieses Gottes verstanden werden. Sie werden symbolisiert als Zähne und Lippen dieses Gottes, die ihm als Hilfsmittel dienen.
Weiter zum Schöpfungsbericht in Theben: Dort wurde gelehrt, dass es am Anfang acht Götter gab, vier männliche und vier weibliche. Sie wurden als Frösche oder Schlangen dargestellt. Zuerst befanden sie sich auf der Flammeninsel, der Geburtsstätte des Sonnengottes.
Die acht Götter waren Nun und Naunet, der Urozean (männlich und weiblich), Hu und Hauhet, die Unendlichkeit, Kuk und Kauket, die Finsternis, und dann ist nicht ganz klar, ob es Amun und Amaunet, das Unsichtbare, oder Niao und Niaut, das Nichts, waren.
Auch hier sehen wir Parallelen zum biblischen Schöpfungsbericht: wieder zuerst die Flammeninsel ganz am Anfang, wo quasi das Licht entsteht, dann die Idee eines Urozeans, und der Gedanke der Finsternis am Anfang entspricht dem, was wir in 1. Mose 1,2 lesen: „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war da.“
Der Gedanke des Unsichtbaren oder des Nichts erinnert daran, dass Gott eigentlich aus dem Nichts geschaffen hat. Wie es im Hebräerbrief Kapitel 11 heißt, hat er erschaffen aus dem, was nicht sichtbar ist, aus dem, was gar nicht da ist.
Diese Parallelen lassen sich durch die Abstammung der Ägypter von Mitzraim, von Ham bis zurück zu Noah erklären.
Vorbereitung auf die Konfrontation Israels mit Ägypten
Frau Präsidentin! Als Nächstes kommen wir zu Punkt 10 auf dem Blatt. Wir haben hier viel mehr Material, als ich in der verfügbaren Zeit behandeln kann. Im vergangenen Jahr habe ich zwei Semester lang Vorlesungen an der STH über altorientalische Religionen gehalten, also über die Religionen der Ägypter, Kanaaniter, Babylonier, Assyrer und Sumerer. Das vorliegende Material stammt aus diesen Unterrichtsstunden.
Wir gehen jetzt zu Punkt 10: Israel und die ägyptische Religion. Eine erste Berührung finden wir bereits in der Geschichte von Abraham, 1. Mose 12,9-20. Abraham wurde von Gott aus Ur in Chaldäa im Südirak herausgerufen, um ins Land Kanaan zu ziehen. Doch im Land Kanaan herrschte eine Hungersnot (1. Mose 12). Um dieser Hungersnot zu entkommen, ging Abraham nach Ägypten hinunter.
Das war jedoch nicht Gottes Plan. Gott wollte, dass Abraham im verheißenden Land Kanaan bleibt, nicht in Ägypten. Die Hungersnot hatte auch ihren Grund: Gott wollte Abraham etwas zeigen, das in seinem Leben nicht stimmte. Abraham hatte nämlich Lot mitgenommen, obwohl Gott ihm in 1. Mose 12,1-3 gesagt hatte, er solle seine Verwandtschaft verlassen. Er war also nicht ganz gehorsam und nahm seine Verwandtschaft mit. Durch die Hungersnot wollte Gott ihm etwas zeigen, doch Abraham wollte dieser Zucht entgehen und ging deshalb nach Ägypten.
Warum konnte man in Ägypten Nahrung finden, wenn in Kanaan Hungersnot herrschte? Kanaan ist ein Wüstenland, während Ägypten nicht vom Regen abhängig ist, sondern vom Wasser des Nils. Auch in Abessinien, in Schwarzafrika, regnet es reichlich, obwohl im Nahen Osten eine allgemeine Hungersnot und Dürre herrschten. So gab es in Ägypten Nahrung, selbst in Zeiten, in denen man im fruchtbaren Halbmond hätte hungern müssen.
Wir verstehen, dass die Ägypter den Nil besonders verehrten – als den Nilgott Happi. Er wurde auch als Stier verehrt, man spricht dann vom Apis-Stier. Apis ist die griechische Form von Happi, dem ägyptischen Namen. So wurde Abraham mit der Religion der alten Ägypter konfrontiert. Er erwartete Nahrung vom Nil, aber eben von diesem Nil, den die Ägypter selbst als Gott verehrten, nicht Abraham.
Hier finden wir also eine früheste Konfrontation mit dieser Religion. Es ist nun elf Uhr, wir machen eine Viertelstunde Pause.
