Einführung in die prophetische Vision und das Gericht über Jerusalem
Letztes Mal hatten wir Kapitel 8 unter die Lupe genommen. Dort haben wir einen Abschnitt begonnen, der eine Einheit bildet bis einschließlich Kapitel 11. Jetzt lesen wir zunächst Kapitel 9, als Hinweis für diejenigen, die beim letzten Mal nicht dabei waren.
In Kapitel 8 fanden wir Hesekiel, der in einer Vision aus dem Irak, aus Babylonien, nach Jerusalem gebracht wurde – zum Tempel. In mehreren Visionsabschnitten wurde ihm gezeigt, welche gottlosen Gräuel an verschiedenen Orten im Tempelbezirk in Jerusalem ausgeübt wurden. Gott beweist gewissermaßen dem Propheten, dass Jerusalem gerichtsreif ist. Das führt uns nun zu Kapitel 9.
Bruno, fängst du mal an?
Also, jetzt sieht Hesekiel, wie Engel kommen und das Gericht über Jerusalem bringen. Diese Vision wurde gegeben, wie wir im letzten Mal gesehen haben, in Kapitel 8, Vers 1. Die Umsetzung dieser Datumsangaben ergibt September 592 vor Christus. Jerusalem fiel aber erst im Jahr 586. Das heißt, es waren noch einige Jahre vor der Erfüllung. Dennoch sieht der Prophet bereits, wie das Gericht durchgeführt wird, wie die Babylonier es einmal tun werden.
Er zeigt uns die Situation hier so, wie Weltgeschichte normalerweise nicht gesehen wird. Weltgeschichte im Geschichtsunterricht ist wie ein normales Schachbrett. Aber Weltgeschichte aus der Sicht der Bibel ist viel komplizierter. Dort haben wir ein dreidimensionales Schachspiel – also über dem Schachbrett noch ein weiteres Schachbrett. In der geistlichen, unsichtbaren Welt läuft einiges ab, was dann Auswirkungen auf die sichtbare Welt hat.
Da sieht Hesekiel Engel mit Zerstörungswerkzeugen, die das Gericht an Jerusalem ausüben. Wir erkennen also, dass die unsichtbare Welt am Wirken ist und das Konsequenzen in der sichtbaren Welt hat.
Wie viele Engel sah Hesekiel in diesem Kapitel? Sechs plus eins, also sieben – die Zahl der Vollkommenheit. Jetzt aber nicht die vollkommene Gnade, sondern das vollkommene Gericht.
Woran erinnern uns die sieben Engel? Wo finden wir noch einmal sieben Engel – ausgerechnet sieben? Die Zornesschalen! Jawohl, das ist in der Offenbarung 15. Wir können das gerade aufschlagen und vielleicht Offenbarung 15, Verse 5 bis 8 lesen.
Parallelen zwischen Hesekiel und der Offenbarung
Es geht hier um das zukünftige Gericht, das nach der Entrückung der Gemeinde über die Welt kommen wird.
In Offenbarung 15 wird beschrieben: „Und nach diesem sah ich, und der Tempel des Zeltes des Zeugnisses im Himmel wurde geöffnet, und die sieben Engel, welche die sieben Plagen hatten, gingen aus dem Tempel hervor, begleitet von reinen, glänzenden Leinen und um die Brust gegürtet mit goldenen Gürteln. Eines der vier lebendigen Wesen gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen voll des Zorns Gottes, der lebt in alle Ewigkeit. Und der Tempel wurde mit Rauch gefüllt von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Macht, und niemand konnte in den Tempel eintreten, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet waren.“
Hier sehen wir also erneut sieben Engel, die in der unsichtbaren Welt wirken. Dieses Gericht wird dann über die Erde kommen. Auch hier zeigt sich ein „dreidimensionales Schachspiel“.
Welche Parallelen finden wir noch, zum Beispiel bei der Kleidung? Ist das aufgefallen? Auch hier tragen sie Leinen. Hesekiel 9,2 beschreibt einen mittleren Mann, der ausdrücklich in Leinen gekleidet ist. Leinen bedeutet, dass es Engel in Priestergewändern sind. Diese sieben Engel kommen aus dem himmlischen Tempel heraus, wie in der Offenbarung beschrieben.
Was bedeuten die sieben goldenen Schalen? Sie symbolisieren das Gericht. Aber was sind das für Schalen? Sind es etwa Eierschalen? Nein, das könnte man denken. Im Hebräischen nennt man sie „Misrak“. Das sind die Schalen, mit denen man das Blut der Opfertiere auffängt. Sind diese Schalen aus Bronze? Nein, es gibt verschiedene Materialien. Sie waren aus Gold oder Silber. Auch Amelie und Natan? Ja, genau, aus Gold.
Diese goldenen Schalen wurden verwendet, um das Blut der geschlachteten Tiere aufzufangen und zum Altar zu bringen. Um den Zusammenhang noch deutlicher zu machen, bleiben wir in der Offenbarung: Kapitel 16, Vers 3 lautet: „Der Zweite goss seine Schale aus auf das Meer, und es wurde zu Blut eines Toten.“ Hier sehen wir einen direkten Bezug zu den Opferschalen.
Weiter heißt es in Vers 4: „Und der Dritte goss seine Schale aus auf die Ströme und die Wasserquellen, und sie wurden zu Blut.“ Auch hier ist die Verbindung klar ersichtlich.
Noch eine weitere Parallele: In Offenbarung 15, Vers 8 lesen wir, dass der Tempel mit Rauch gefüllt wurde von der Herrlichkeit Gottes. Was bedeutet das? Die Herrlichkeit Gottes zeigt sich darin, dass Gott zurückkommt in den Tempel.
Wir müssen uns jedoch fragen, welcher Tempel in Offenbarung 15 gemeint ist. Es kann nur der neue sein – der himmlische Tempel. Johannes befindet sich hier im Himmel, wie in Vers 15,5 beschrieben: „Und nach diesem sah ich, und der Tempel der Hütte des Zeugnisses im Himmel wurde geöffnet.“
Was wir hier sehen, ist die Schechina, die Wolkenherrlichkeit Gottes, die auch als Feuersäule in der Nacht sichtbar war. Diese finden wir in Hesekiel 9,3 beschrieben: „Und die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich von dem Cherub.“ Diese Herrlichkeit verlässt den salomonischen Tempel, erscheint aber im himmlischen Tempel wieder, wie in der Offenbarung beschrieben.
Ein weiterer eindrücklicher Punkt ist, dass die sieben Zornesschalen die letzten und schwersten Gerichte sind, die vor der Wiederkunft Christi über die Welt kommen. In Kapitel 19 erscheint Christus dann in Herrlichkeit.
Der Tempel wird mit der Schechina so erfüllt, dass niemand mehr hineingehen kann. Dies zeigt, dass Gottes Herrlichkeit sich nicht nur in der Gnade offenbart, wenn er dem Sünder vergibt, sondern auch, wenn Gott sein gerechtes Gericht ausübt. Auch das dient letztlich zu Gottes Herrlichkeit.
Deshalb wird gesagt, der Tempel sei gefüllt von Gottes Herrlichkeit und von seiner Macht. Das Gericht muss also auch zu Gottes Ehre dienen. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt.
Leider entgeht uns das oft, denn es widerspricht dem heutigen Zeitgeist. Unsere Justiz zeigt kaum noch Härte. Selbst Mörder erhalten in Gefängnissen Annehmlichkeiten wie Fernseher. Besonders in der Schweiz gibt es Berichte über kriminelle Banden aus Rumänien, für die das Gefängnis keine Abschreckung ist, weil sie dort mehr Geld bekommen als außerhalb.
Das ist wirklich krass, doch es zeigt, wie der Zeitgeist heute das Empfinden für das Gericht Gottes verdrängt.
Wir müssen uns daher wieder von der Bibel her korrigieren lassen und erkennen, dass Gottes Herrlichkeit sich gerade auch im letzten Gericht offenbart.
Symbolik des geöffneten Tempels und der Opferschalen
Gut, also das zu den sieben Engeln. Ich habe noch eine Frage. Dieses Ereignis beginnt ja damit, dass sich der Tempel öffnet. War der Tempel bis dahin geschlossen? Und welche Symbolik steckt dahinter?
Das wird ja angedeutet: Durch das Öffnen des Tempels im Himmel kommen erst diese Engel heraus, und dann beginnt das Ereignis, diese Schallkirche. Erst wird erklärt, dass diese sieben Engel herauskommen, und dann in Kapitel 16 kommen diese Gerichte. War der Tempel bis dahin geschlossen?
Es ist so: Die Tempeltür wurde im Tempel in Jerusalem jeweils dann geöffnet, wenn das Opfer geschlachtet wurde, nämlich das Morgenbrandopfer. Also um neun Uhr morgens gingen die Tempeltüren auf. Das Öffnen steht also in Verbindung mit der Symbolik, dass das Opfer geschlachtet ist.
Nun, die Menschen, die das Opfer des Herrn Jesus nicht annehmen, denen nützt das nichts. Und für sie wird das zum Gericht, denn wenn wir das Opfer des Herrn Jesus nicht annehmen, bleibt nur noch das Gericht Gottes.
Die Symbolik ist sehr, sehr vielsagend. Der Tempel wird geöffnet, das zeigt noch einmal: Das Opfer ist vollbracht. Aber wer das Opfer nicht annimmt, wird selbst zum Opfer. Darum bekommen diese Opferschalen noch mehr ihre Bedeutung.
Hier geht es darum, dass das Opferlamm, also der Herr Jesus, nicht das Blut gibt, sondern die Menschen selbst müssen ihr Blut geben. Zum Beispiel heißt es in Offenbarung 16,3: „Der Zweite goss eine Schale aus auf das Meer, und es wurde zu Blut wie von einem Toten, und jede lebendige Seele starb.“ Auch weiter wird deutlich: Die Menschen selbst müssen sterben und ihr Blut geben.
Wer das Blut des Erlösers nicht für sich in Anspruch nimmt, der muss sein eigenes Blut im Gericht hergeben. Also das hat alles schon seine tiefe Bedeutung.
Ich habe noch eine Frage, Roger: Wie weiß man, dass es Opferschalen waren und nicht irgendwelche anderen Gefäße? Kommt das aus dem Urtext?
Ja, also ich habe das extra verglichen. Das Wort im Urtext wird in der Septuaginta im Alten Testament in Verbindung mit Opferschalen verwendet.
Es ist nicht so, dass man sagen könnte, das Wort sei nur für Opferschalen möglich. Aber genau dieses Wort wird für Opferschalen gebraucht. Und dann ist es auch naheliegend, wenn man den ganzen Zusammenhang mit dem Tempel im Himmel, den Priesterengeln und dem Ausgießen betrachtet, das zu Blut führt. Das sind verschiedene Elemente, die zusammen das vollständige Bild ergeben.
Gut, aber es gibt noch einmal sieben Engel. Offenbarung 8, Vers 2: Bruno, kannst du das mal lesen?
„Und ich sah die sieben Engel, welche vor Gott stehen, und es wurden ihnen sieben Posaunen gegeben.“
Ja, und dann in Kapitel 8, Vers 6, da beginnen die Engel zu posaunen, und Gerichte kommen über die Erde.
Es ist auch so: Die Offenbarungsgerichte sind so aufgebaut, sie sind alle aufgeschrieben in dem Buch mit den sieben Siegeln, Offenbarung 5. Das siebte Siegel besteht aber aus sieben Posaunengerichten, und die siebte Posaune besteht aus sieben Schalengerichten. Danach kommt die Wiederkunft Christi.
Aber jetzt haben wir also wieder sieben Engel, die im himmlischen Tempel die Priesterposaunen blasen, die silbernen Posaunen, und dann geschieht auf der Erde etwas. Auch hier gibt es eine deutliche Parallele.
Übrigens wird hier gesagt: „Die sieben Engel, die vor Gott stehen.“ Interessant ist, dass Gabriel in Lukas 1, als er beim Räucheraltar des Zacharias erscheint, sagt: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht.“
Also könnte es ein Hinweis sein, dass einer dieser sieben Engel Gabriel ist. Das nur nebenbei.
Gut, jetzt gehen wir zurück zu Ezechiel 9.
Das Zeichen des Kreuzes und die Markierung der Gerechten
Entschuldigung, noch eine kleine Frage: Diese sieben Engel – sind das die sieben Engel der sieben Versammlungen?
Nein, das hat mit dem nichts zu tun. Es gibt zwar offensichtlich auch sieben Engel, aber dort sind die Engel … Dieser Ausdruck bezeichnet eigentlich die sieben Versammlungen selbst oder weitgehend die sieben Gemeinden. Denn „Engel“ bedeutet ja einfach „Gesandter“. Da die Gemeinden gewissermaßen von Gott gesandt sind, um in dieser Welt das Licht zu verbreiten, wird auch von den sieben Engeln der Gemeinden gesprochen. Hier haben wir also denselben Ausdruck.
Gut, jetzt zu … Wir werden ja in Hesekiel sechs und eins genannt. Könnte dieser eine Engel Jesus sein? Und könnte er auch in Offenbarung 8, dem Kapitel, das man gerade gelesen hat, vorkommen?
Nein, in Offenbarung 8 wird er ganz deutlich von den sieben Engeln unterschieden. Ich hoffe, es wird nicht zu kompliziert, wenn wir uns auf Details einlassen. In Offenbarung 8, Vers 2 steht, dass sieben Engel mit sieben Posaunen bereitstehen.
Und dann heißt es in Vers 3 – liest du gerade, Helmut?
Vers 3: „Und ein anderer Engel kam und stellte sich an den Altar, und er hatte ein goldenes Räucherfass. Und es wurde ihm viel Räucherwerk gegeben, zusammen mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar, der vor dem Thron ist.“
Da steht also ein anderer Engel, der jetzt am goldenen Altar räuchert.
Wir können hier nicht ausführlich darlegen, dass dieser Engel der Herr Jesus sein muss. Er kommt viermal in der Offenbarung unter der Bezeichnung „ein anderer Engel“ vor. „Engel“ bedeutet auf Griechisch einfach „Bote“ oder „Gesandter“. Der Sohn Gottes, der ja Gott selbst ist, ist von Gott in diese Welt gesandt worden – so nennt er es selbst, das sagte der Herr Jesus über vierzig Mal im Johannesevangelium. Darum wird er auch so genannt, also „ein anderer Bote“.
Er wird als Priester gesehen. In Kapitel 10 wird dieser andere Engel als Herrscher und König beschrieben, und in Kapitel 18 wird er als Prophet dargestellt. So haben wir ihn als König, Priester und Prophet.
Um deine Frage zu beantworten: Der Herr Jesus wird von den sieben Engeln, die Gerichte ausüben, unterschieden.
Dieser mittlere Engel ist besonders interessant, weil er im Moment noch kein Gericht ausübt. Im Kapitel 10 tut er es allerdings auch. Es sind also alles Gerichtsengel.
Hier hat er aber eine ganz besondere Aufgabe: Er ist ein Priester, der ein Tintenfass am Gürtel trägt.
Wofür hat er dieses Tintenfass? Er malt Zeichen an die gerechten Anleiter, also die verbleibenden Juden in Jerusalem, die über die Gräuel betrübt sind.
Es gibt Menschen, die traurig sind über diesen Abfall in Israel, in Jerusalem. Das sind die, die umgekehrt sind, die sich zu Gott bekehrt haben. Diese werden mit einem Zeichen markiert.
Interessant ist, dass dieses Zeichen nicht überall gleich übersetzt wird. In Vers 4 steht das hebräische Wort „Taw“. Das ist der letzte Buchstabe im Hebräischen. Die hebräische Schrift hat sich im Laufe der Zeit geändert. Zur Zeit von Hesekiel wurde das Taw als Kreuz geschrieben.
Die Aufforderung „Mache ihnen ein Taw“ heißt also tatsächlich, wie die Gutenachricht hier ganz korrekt übersetzt, „ein Kreuz an die Stirn“. Das ist vielsagend, denn diese Menschen werden vor dem Gericht verschont.
Alttestamentlich finden wir bereits das Kreuz als Zeichen der Verschonung.
Übrigens ist es auch interessant, dass sich diese sieben Engel am Ende von Vers 2 im Salomontempel aufstellen – und zwar am nördlichen Tempelvorhof.
Dort kommen sie herein und stellen sich auf, Ende von Vers 2, neben dem bronzenen Altar.
Beim Altar haben wir wieder das Symbol des Kreuzes, denn auf dem Altar wurden die stellvertretenden Opfer dargebracht.
Die Engel stellen sich dorthin und üben das Gericht aus – nämlich über die Menschen, die das stellvertretende Opfer nicht in Anspruch genommen haben.
Über diese kommt das Gericht. Über die, die es angenommen haben, also die, die über die Sünde in Jerusalem jammern, wird ein Kreuz zur Rettung gesetzt.
Gerade als man ihn offenbart hat, habe ich gelesen: Der Altar sprach. Da habe ich gedacht: Ja, nun muss das ja Jesus Christus sein.
Er wird manchmal als Opfer und Altar gleichzeitig dargestellt. Ist es nicht manchmal dasselbe, Altar und Opfer?
Das sind schon zwei Aspekte. Der Altar, der ja aus Feuer besteht und nachher immer noch steht, spricht vom Herrn Jesus, der durch das Gericht Gottes hindurchgehen konnte und am dritten Tag auferstanden ist.
Das Gericht Gottes, das für uns ein ewiges Gericht gewesen wäre, war für ihn ein zeitlich begrenztes Gericht – aber es war dasselbe, das in den drei Stunden der Finsternis stattfand.
Was wir nun besonders vor uns haben: Die Engel stehen eben beim Altar, und von dort aus wird das Gericht über die Gottlosen ausgeübt, die ihre Sünde nicht bereut haben und das Opfer nicht angenommen haben.
Und ein Kreuz wird an die Stirn derer gemacht, die seufzen und über die Sünde jammern.
Bedeutung des Kreuzes und biblische Alphabetik
Übrigens gibt es verschiedene Abschnitte in der Bibel, die alphabetisch geordnet sind. Das bekannteste Beispiel ist Psalm 119. Er besteht aus 22 Strophen mit jeweils acht Versen, also insgesamt 176 Verse. Jede Strophe beginnt in der Reihenfolge des Alphabets, wobei jeder Vers mit demselben Buchstaben anfängt. Die erste Strophe beginnt achtmal mit Alef, die nächste mit Bet, dann folgt Gimel, bis schließlich die letzte Strophe mit Taf beginnt.
Ursprünglich war das Taf ein Kreuz. Nun lesen wir mal in Psalm 119 einige Verse. Wer liest Psalm 119, Vers 174? „Ich sehne mich nach deiner Hilfe, Herr; dein Gesetz ist meine Lust.“ Hier steht also die Sehnsucht nach Hilfe oder Rettung. Jeshua, der Name Jesu, bedeutet Rettung. In diesem Abschnitt, der mit dem Kreuz beginnt, wird genau diese Sehnsucht nach Rettung ausgedrückt. Schon eindrücklich.
Lesen wir noch mehr. Vers 176: „Ich bin umhergeirrt wie ein verloren gegangenes Schaf; suche deinen Knecht, denn ich habe deine Gebote nicht vergessen.“ Hier haben wir das verlorene Schaf, das gesucht werden muss, und die Sehnsucht nach der Rettung – alles in der Kreuzesstrophe. Schade, dass dies in den Übersetzungen oft nicht deutlich wird. Es gibt Übersetzungen, die das andeuten, zum Beispiel die englische Scofield-Bibel. Für solche Details machen wir auch Bibelklassen.
Ich habe hier die Abschnitte Taf, davor Sinn und Esch. Ja, und Sie haben ja die Scofield-Bibel – dort ist es enthalten. Was man vielleicht nicht sieht, ist, dass zur Zeit vor dem Exil das Hebräische das Taf als Kreuz schrieb. Das heutige oder spätere Taf sieht ganz anders aus. Übrigens stammt unser Alphabet vom althebräischen Alphabet ab. Unser T ist also noch als Kreuz zu erkennen, besonders beim kleinen t. Das kommt daher.
Wir haben das noch etwas unterstrichen, aber wir sollten uns auch Gedanken machen, warum das Kreuz an die Stirn gezeichnet wird – immer sichtbar, gut sichtbar. Es liegt genau ein paar Millimeter zurück, dort befindet sich der Teil unseres Bewusstseins. Vom Gehirn her wird dort unser Denken getragen. Dabei denke ich gerne an 2. Timotheus 2, Vers 8: „Halte im Gedächtnis Jesu Christum, auferweckt aus den Toten, aus den Psalmen Davids nach meinem Evangelium.“ Jesus Christus im Gedächtnis halten, sein Kreuz, sein Werk im Gedächtnis bewahren – eben der, der auferweckt ist aus den Toten.
Nun machen wir vielleicht noch eine Verbindung. Finden wir die Stirn nicht auch in der Offenbarung? Ja, schlagen wir doch gerade mal auf: Offenbarung 13 beschreibt die kommende Diktatur des neuen Europas. Das Zahlungssystem wird geändert. Man muss einen Code an der rechten Hand oder an der Stirn annehmen. Das wird heute vorbereitet und ist bereits im Gang. Es ersetzt die Kreditkarte, die man leichter verliert als die Stirn oder die Hand.
Lesen wir Offenbarung 13, Verse 16 bis 18: „Und es bringt alle dazu, die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Knechte, dass sie ein Malzeichen annehmen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn. Und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, außer derjenige, der das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist Weisheit: Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres; denn es ist eine Menschenzahl, und seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig.“
Man muss also bei diesem Malzeichen, um kaufen oder verkaufen zu können – denn es gibt dann kein Bargeld mehr – diesen Code haben. In diesem Code müssen die drei Zahlen 666 oder die Buchstabenkombination des Namens des kommenden Diktators enthalten sein. Ich erkläre: Im Hebräischen haben die Buchstaben zugleich Zahlenwerte. Aleph ist 1, Bet ist 2, Gimel ist 3 und so weiter. Taw ist 400. Die Zahlen gehen von 1 bis 10, dann in Zehnerschritten bis 100, 200, 300, 400, wobei Taf 400 ist.
Man kann ein Wort oder einen Namen in Buchstaben lesen und die einzelnen Zahlen zusammenzählen. So erhält man die Quersumme des Namens – die Zahl des Namens. Der Name des kommenden Führers wird also eine Quersumme von 666 haben. So kann man in diesem Code entweder die Zahlenkombination oder die Buchstabenkombination haben. Das kennen wir heute von PIN-Codes. Man kann Zahlen, Buchstaben oder eine Mischung aus beidem verwenden. Das ist kein Problem.
Dieses Malzeichen kann man an der Stirn tragen. Wer es akzeptiert, akzeptiert damit auch die göttliche Verehrung des kommenden Führers. Darum wird das als so schlimm dargestellt. Alle anderen Gläubigen in dieser Zeit nach der Entrückung, die es nicht akzeptieren, können nicht mehr kaufen oder verkaufen. Sie können nur noch beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Aber dieses Gebet sprechen sie dann nicht mehr, weil sie nicht einmal den Tiefkühler für die ganze nächste Woche voll haben.
Die Kirche, das heißt die Erlösten aus der jetzigen Zeit, ist in der Entrückung. Wir gehen nicht in diese Drangsalzeit. Nicht wir, aber in Israel gibt es die große Erweckung – den Überrest aus Israel. Unter den Völkern werden sich nach Offenbarung 7 unzählige Menschen bekehren, nämlich solche, die das Evangelium noch nie gehört haben. Die anderen haben keine Chance mehr.
Lesen wir noch einen Vers weiter: Offenbarung 14, Vers 1. Reinhold, kannst du bitte lesen? „Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berge Zion, und mit ihm hundertvierzigtausend, welche seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen.“ Die 144.000 tragen also auch etwas an der Stirn. Was? Den Namen des Lammes und den Namen seines Vaters.
Was ist der Name des Lammes? Christus ist der Titel, Jesus ist der Name des Lammes. Welchen Zahlenwert hat Jesus im Griechischen? Wir haben es gehört: 888. Iota (Jota) ist 10, Eta (das lange E) ist 8, Sigma ist 200, Omikron (das kurze O) ist 70, Ypsilon ist 400, und nochmals Sigma ist 200. Die Summe ergibt 888. Das ist beeindruckend.
Gerade nach dem Vers, der sagt, dass das Tier, der kommende Führer, die Zahl 666 hat, folgt der Name des Lammes mit 888. Es wird nicht gesagt, was das ist – wir müssen selbst darauf kommen. Die Zahl 888 steht für Übervollkommenheit, denn sieben ist die Zahl der Vollkommenheit. Acht steht für den Neuanfang.
Die Zahl acht ist in der Bibel die Zahl des Neuanfangs, denn der achte Tag der Woche ist der erste Tag, der Sonntag, der Tag der Auferstehung Christi. Der Sieg von Golgatha ist also mit dem achten Tag markiert, der zugleich der erste Tag ist.
In der Musik ist es ähnlich: Die diatonische Tonleiter geht von eins bis sieben, und der achte Ton, die Oktave, ist wieder der Neuanfang. Das ist kein Zufall, denn die Tonleiter wurde nicht erfunden, sondern ist in der Natur vorgegeben. In den Obertonreihen der natürlichen Töne sind die Dur- und Molltonleitern bereits enthalten. Der Prozess von eins bis sieben und dann der Neuanfang mit acht ist also grundlegend.
Jetzt habe ich noch eine Frage zum Namen des Vaters. Es werden ja beide Namen anstelle der Goldenen genannt. Wie lautet er? Auf Hebräisch ist es „Av“, und das entspricht der Zahl drei, der Zahl der Gottheit. Wenn es „Abba“ ist, dann ist es 1-2-2-1. Es steht „der Name seines Vaters“, das kann also „Av“ sein oder auch „Pater“. Das habe ich nicht berechnet, das könnte man auch mal versuchen, um die Zahl zu ermitteln.
Heißt der Vater auch „Ja“ im Psalm 110, also „Ja zu meinem Herrn“? Nein, es ist nicht „Ja“, sondern „Jahwe“ (YHWH). Die Zahl von Jahwe ist, glaube ich, 37. Ich muss aber noch einmal nachrechnen.
Ich finde es faszinierend, wie die Teufel sich schämen und danach einfach von Gott sprechen. Vom Zahlenprinzip her ist das absolut verblüffend. Also der Name des Lammes, Jesus, oder hier in Hesekiel 9 einfach ein Kreuz an den Stirnen. Halte fest: Jesus Christus, auferweckt aus den Toten.
Beginn des Gerichts und Verantwortung vor Gott
Gut, wir kommen zurück zu Hesekiel 9. Wo beginnt das Gericht? Vor dem Tempel. Ja, es gibt zwei Antworten. Wo steht es beim Haus Gottes? Sie fangen bei den Männern an, die vor dem Haus waren. Jawohl, und mit Haus ist dort das Tempelhaus gemeint, also die im Tempelbezirk. Prinzipiell fängt es an, gerade im Satz vorher: „Und bei meinem Heiligtum sollt ihr anfangen.“ Warum ausgerechnet dort?
Das ist etwas Grausames für Gott, wenn er sieht, dass in seinem Heiligtum, das er ausersehen hat als Stätte, wo er ist, gerade dort das Unrecht am meisten herrscht. Ja, ganz genau. Damit ist insbesondere die Priesterschaft gemeint. Als Erste sind diejenigen dran, die eigentlich am meisten über die Bibel wissen sollten. Klar, all die, die Gräuel im Tempel begangen haben. Aber gerade in Verbindung mit der Priesterschaft ist das besonders tragisch, denn sie trägt die größte Verantwortung.
Das heißt, je mehr wir die Bibel kennen, desto mehr macht Gott uns verantwortlich. Aber das soll nicht abschrecken, die Bibel zu studieren. Es zeigt nur, dass wir eine Verantwortung haben. Je mehr wir Gottes Willen kennen, desto mehr wird von uns verlangt. Nun, das ist ganz genau so.
In 1. Petrus 4 finden wir dieses Prinzip. Petrus schreibt an die verfolgte Gemeinde, die unter den Römern verfolgt wurde. Vers 17 lautet: „Denn die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Hause Gottes. Wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen?“ Zuvor, in 1. Petrus 4,12, heißt es: „Geliebte, lasst euch das Feuer der Verfolgung, das euch zur Versuchung geschieht, nicht als etwas Fremdes vorkommen.“
Die Christen hätten sagen können: Warum leiden wir so viel, während unseren gottlosen römischen Mitbürgern alles gut geht? Petrus erklärt aber, dass die Verfolgung der frühen Kirche gewissermaßen Gottes Zucht über Untreue unter den Gläubigen war. Den Römern ging es zur gleichen Zeit gut. Doch Petrus macht klar: Zuerst muss das Gericht beim Haus Gottes beginnen, also bei den wahren Gläubigen.
Wenn es dort schon so tragisch ist, was wird dann erst mit denen geschehen, die das Evangelium nicht akzeptieren? Dieses Grundprinzip finden wir auch in der Offenbarung. Die Offenbarung beginnt nicht mit den Gerichten der Siegel, Posaunen und Schalen über die Welt, sondern mit den Kapiteln 2 und 3, den sieben Sendschreiben an die sieben Gemeinden. Der Herr deckt alles auf, was in diesen Gemeinden nicht in Ordnung ist.
Dieses Prinzip lautet: Wir Christen sind mehr verantwortlich als die Welt. Darum beginnt das Gericht zuerst bei uns, danach kommt das Gericht für die anderen. Dieses Prinzip finden wir schon in Hesekiel 9: Es beginnt beim Haus Gottes, und bei welcher Gruppe von Menschen dort? Bei den Christen. Und es wird ausdrücklich gesagt, wo? Bei den alten Männern. Das sind diejenigen, die durch ihre Lebenserfahrung vor Gott am meisten verantwortlich sind.
Ältere Leute werden also mehr verantwortlich gesehen als junge. Ja, so ist es. So viele, die der Herr liebt, die züchtigt er, sonst wären wir ja nicht Söhne, sondern Bastarde. In diesem Sinne ist das Gericht nicht zum ewigen Verderben, sondern dient dazu, dass wir zurechtkommen. Ganz genau, damit wir im Glauben wachsen.
Denn der Herr züchtigt den, den er liebt, und lässt ihn nicht gerichtet werden. Das ist kein Widerspruch. Die Verfolgung durch die Römer war eine Zucht Gottes hier auf Erden und hat mit Verdammnis nichts zu tun. Darum wird aber gesagt: Was passiert erst mit denen, die dem Evangelium nicht gehorchen? Dort ist ewige Verdammnis gemeint, nicht ein zeitliches Gericht.
Sehr gut. Bei den alten Männern beginnt es, aber was auch auffällt, ist Vers 6: Das Gericht kommt über alle, nämlich ohne Unterschied von Alter und Geschlecht. Selbst Kinder. Ja, also Jünglinge, Jungfrauen, Kinder, Frauen – und dann auch die alten Männer. Bei denen fängt es an. Niemand kann sagen: Ich habe keine Verantwortung oder mein Mann bestimmt alles. Auch über die Frauen kommt das Gericht.
Die alten Männer haben die höchste Verantwortung. Aber warum die Kinder? Es wird uns nicht gesagt, wie alt diese Kinder sind. „Kinder“ ist ein weiter Begriff. Aber wir sehen, dass Gott auch Kinder verantwortlich machen kann. Ich sehe da ein Beispiel bei Elija, 2. Könige 3. Dort waren es Kinder, die ihm „Kahlkopf“ nachriefen. Daraufhin kamen Bären und töteten die Kinder.
Das ist sehr eindrücklich, weil man manchmal, besonders in unserer Gesellschaft, beeinflusst durch die moderne Psychologie, meint: Hansl hat schon recht, nur die Umwelt ist schlecht. So wird die Verantwortung besonders bei Kindern oft geschmälert. Aber diese Stelle zeigt, dass Gott das nicht einfach hinnimmt.
Im Fall von Elija bedeutet das nicht, dass man Kindern dauernd Angst machen sollte – das wäre eine fürchterliche Erziehung. Aber es soll das Bewusstsein schaffen, dass es nicht egal ist, wie man spricht. Kinder können anderen sagen, was ihnen nicht passt, aber sie sind trotzdem verantwortlich. Natürlich nicht in gleichem Maße wie Erwachsene.
Erwachsene akzeptieren das nicht, wenn man sagt, Schimpfwörter seien schlimm. Wenn Kinder das aber den Eltern sagen, finden die es oft nicht so schlimm. So kann man das Prinzip vermitteln, dass auch Kinder Verantwortung tragen – natürlich in unterschiedlichem Maß.
Es steckt auch eine gewisse Bedeutung in der Reihenfolge, die mich etwas wundert: Alte Männer, junge Männer, dann plötzlich die Jungfrauen, danach die Kinder und zum Schluss die erwachsenen Frauen. Die Aufzählung verwundert, aber sie wird ihren Grund haben.
Zuerst die Greise, also die alten Männer, die am verantwortungsvollsten sind. Dann die jüngeren Männer. Danach die jüngeren Frauen, die vielleicht noch weniger unter dem Einfluss eines Ehemannes stehen und daher individueller entscheiden können. Dann die Kinder, die eine eigene Kategorie bilden, natürlich mit weniger Verantwortung. Und zuletzt die Frauen.
Im Zusammenhang mit den Frauen können wir an Apostelgeschichte 5 denken, bei Ananias und Saphira. Beide Ehepartner begingen Betrug. Petrus gibt Ananias keine Chance mehr, und er fällt tot um. Bei der Ehefrau, die unter dem Zugzwang des Mannes stand, gibt er noch eine Chance und fragt: „Habt ihr wirklich das Feld für diesen Preis verkauft?“ Erst dann fällt sie um.
Der Mann hatte also keine Chance mehr, die Frau aber schon, weil sie durch den Mann als Haupt unter einem gewissen Zugzwang stand. Für eine Frau ist es sehr schwierig, wenn ein Mann sich nicht Gottes Wort unterordnet, zu wissen, bis zu welchem Punkt sie Kompromisse machen darf und wo es keine Kompromisse geben kann. Es ist kaum möglich, in solchen Situationen wirklich gottgemäß zu leben und zu handeln.
Darum fällt auf, dass die Ehefrauen in der Reihenfolge sogar zuletzt genannt werden.
Bei den Kindern habe ich noch den Gedanken: Jesus kam, um zu erretten, was verloren ist. Ihm geht es auch um Kinder, die Gut und Böse unterscheiden können. Sie tragen natürlich Verantwortung und sind deshalb in den Gerichten mitschuldig. Ja, eben. In unterschiedlichen Abstufungen, aber dennoch verantwortlich.
„Kinder“ ist ein weiter Begriff. Es gibt eine Stufe, in der noch keine Verantwortung da ist, aber die kommt – und zwar nicht erst, wenn sie erwachsen sind. Das wollte ich betonen: Kinder haben vor Gott ab einem gewissen Alter Verantwortung.
Im Spätjudentum, also im Judentum vor etwa 2000 Jahren, war das so. Bis zum Alter von zwölf Jahren hatten sie schon eine gewisse Verantwortung. Wann genau das begann, wissen wir nicht. Aber im Spätjudentum ist es geblieben bis heute: Mit 13 Jahren feiert man die Bar Mizwa, bei der ein Junge als erwachsen gilt.
Gut, jetzt müssen wir aber eine Pause machen.
Hesekiels Reaktion auf das Gericht und die Bedeutung des Gerichts
Wie reagierte Hesekiel auf dieses Gericht? Lesen wir dazu Vers 8 des Propheten: „Und sie schlugen zu und töteten; als ich allein übrig blieb, fiel ich auf mein Gesicht, schrie und sagte: Ach Herr, Herr! Willst du den ganzen Überrest Israels vernichten, indem du deinen Grimm über Jerusalem ausgießt?“
Da sprach er zu mir: „Die Schuld des Hauses Israel und Juda ist überaus groß, und das Land ist mit Gewalttat erfüllt. Die Stadt ist voller Beugung des Rechts, und sie sagen: Der Herr hat das Land verlassen und sieht uns nicht. So auch ich werde nicht betrübt sein und kein Mitleid haben. Ihren Weg bringe ich auf ihren Kopf.“
Wie reagiert also der Prophet? Er ist fassungslos und schockiert, obwohl er in Kapitel 8 bereits vorbereitet war und all die Gräuel gesehen hatte. Gott zeigt ihm, warum das Gericht notwendig ist. Doch als das Gericht kommt, kann er es kaum fassen. So muss auch unsere Reaktion sein.
Es wäre alarmierend, wenn wir das Gericht einfach so gerne sehen würden. Das muss uns schmerzen. Die Offenbarung ist nicht geschrieben, damit wir denken: „Aha, endlich, das kommt dann noch.“ Vielmehr wurde die Offenbarung gerade geschrieben, um die Weltmission anzukurbeln. Sie soll uns im Erbarmen über unsere Mitmenschen noch mehr motivieren, die frohe Botschaft zu verbreiten.
Sehr eindrücklich ist die Reaktion von Hesekiel, der trotz all der Gräuel mit Fürbitte für sein Volk eintritt. Doch Gott sagt: Das Maß ist voll, und wenn es voll ist, dann kommt ein Gericht. Dieses Prinzip zieht sich durch die ganze Bibel. Es gibt ein „zu spät“. Das wird hier nochmals illustriert.
Wir müssen aber immer bedenken, dass dieses Gericht ein zeitliches, irdisches Gericht ist. Es ist nicht dasselbe wie das ewige Gericht, das an anderen Stellen beschrieben wird. Das ewige Gericht wird durch solche zeitlichen Gerichte vorausgesagt. Doch bereits durch all diese zeitlichen Gerichte hindurch kann der Mensch erkennen: Es gibt ein „zu spät“. Der Tag kam, an dem die Arche geschlossen wurde, und so kam auch hier der Tag, an dem Jerusalems Gnadenfrist zu Ende war. Das ist sehr ernst.
Übrigens, noch etwas, das wir bisher nicht betrachtet haben: Woher kamen die sieben Engel? Vom Nordtor her. Das war die Schwachstelle Jerusalems.
Ursprünglich wurde Jerusalem zur Zeit Davids am Südabhang des Tempelbergs Zion gebaut. Der Südabhang erstreckt sich sehr weit hinunter, und auf diesem großen Südabhang war die Stadt errichtet. Später baute Salomo die Stadt bis auf die Bergspitze aus. Doch der Berg Zion ist also ein wenig übertrieben dargestellt.
Von Norden her hatte man am wenigsten Mühe, den Berg zu erreichen. Deshalb war die Nordseite die strategische Schwachstelle Jerusalems. Die Babylonier kamen von Norden her und eroberten die Stadt.
Ganz ähnlich war es im Jahr 70 nach Christus, als die Römer Jerusalem in einem brutalen, 140-tägigen Krieg völlig verwüsteten. Auch sie kamen von Norden her. Und im Sechstagekrieg 1967 drangen israelische Fallschirmspringer durch das Stephanstor im Norden in die Stadt ein.
Interessant ist, dass die Nordseite in der ganzen Geschichte immer wieder die Angriffsstelle für die Eroberung war.
Ich habe vor ein paar Tagen gelesen, dass diese römische Feldzug etwa 1,1 Millionen Juden das Leben kostete. Über eine Million, so berichten Augenzeugen wie Josephus Flavius, allein durch die Belagerung Jerusalems. Der Krieg dauerte zwar von 66 bis 73 im ganzen Land, aber im Jahr 70 fiel Jerusalem.
Man schätzt die jüdische Bevölkerung im Land damals auf etwa drei Millionen. Das bedeutet, dass ein gutes Drittel ums Leben kam. Unglaublich.
Man kann nicht genau feststellen, wer hier verschont wurde. Alle, die das Kreuz auf der Stirn hatten, wurden verschont – aber war das im übertragenen Sinne gemeint oder tatsächlich so? Wir können davon ausgehen, dass diese besonders geschont wurden.
Von Jeremia wissen wir, dass er von den Babyloniern verschont wurde. Er war bei ihnen bekannt für seine Haltung und wurde wohlwollend akzeptiert. Bei anderen können wir das nicht nachweisen, da es keine Quellen gibt. Doch es ist anzunehmen, dass es diesen bezeichnenden Überrest gab, der verschont wurde.
Damals gab es die Möglichkeit, sich zu ergeben und verschont zu werden. Die Babylonier boten das an. Die Überläufer wurden jedoch als Verräter angesehen.
Deshalb war Jeremia ein Dorn im Auge der politischen Führung, denn er forderte zur Ergebung auf und verkündete, dass die Stadt fallen werde und nicht zu verteidigen sei. So ermutigte er die wahren Gläubigen in Jerusalem, sich den Babyloniern zu ergeben, um Verschonung zu erhalten.
Ich habe noch eine Frage: Jeremia und Hesekiel lebten ja zeitgleich, und Hesekiel verkündete das, was auch in Jerusalem geschah. Nun sagen Sie, es seien sechs Jahre zwischen Kapitel 9 und der tatsächlichen Ausführung vergangen. Ist das bei Jeremia genauso zu lesen? Hat Jeremia die Zerstörung Jerusalems auch erst später verkündet?
Nein, Jeremia begann bereits früher. Er wirkte in den Schlussjahren des siebten Jahrhunderts vor Christus. Hesekiel setzt relativ spät ein, und seine Prophetie reicht zeitlich weiter hinab.
Ich habe noch eine Frage zum Norden: Ist das nicht grundsätzlich ein Bild?
Ja, das kommt daher, dass die Babylonier von Norden ins Land kamen. Man ging nicht durch die syrische Wüste vom Irak aus, sondern folgte dem Euphratlauf nach Norden und stach dann über den Libanon nach Israel ein. So kam die babylonische Armee von Norden her – das ist die Seite des Gerichts.
Ich denke auch grundsätzlich: Menschen fallen entweder nach Süden oder nach Norden. Ich denke an Prediger 11, wo steht, dass der Baum entweder nach Norden oder nach Süden fällt. So ist das auch ein Bild für das Gericht.
Ja, denn die Nordseite war immer wieder die Seite des Gerichts. In der Prophetie haben wir den König des Nordens, der Israel überrennen wird. Wir haben auch Rosch aus dem äußersten Norden, der eine Invasion starten wird. Die Nordseite ist immer wieder mit Gericht verbunden.
Hinzu kommt, dass bei der Eroberung Jerusalems im Jahr 70 kurz zuvor eine dritte Stadtmauer errichtet wurde, um den nördlichen Vorort Jerusalems gegen die Römer zu schützen.
Bei diesem Ausbau mit dem dritten Mauerring kam Golgatha, das außerhalb des zweiten Mauerrings lag, in die Stadt hinein. Mit dieser dritten Mauer wurde in den Jahren nach der Kreuzigung begonnen, in den 40er-Jahren.
Interessant ist, dass der nördliche Stadtteil zuerst den Römern in die Hände fiel – und das war der Stadtteil mit Golgatha. Das ist eindrücklich.
Jetzt habe ich noch eine Frage: Hesekiel sagte von sich, dass er allein übrig blieb. Kann man das in Bezug auf die Priesterschaft verstehen? Denn wir haben gehört, dass Jeremia und andere sowie bis zum heutigen Tag doch einige Juden oder Israeliten übrig geblieben sind.
Ja, man kann das auch auf das beziehen, was er in der Vision sieht. Dort sieht er, wie alle, die im Blickfeld sind, geschlagen werden, und er bleibt allein übrig. Er selbst wird in der Vision ja nicht geschlagen.
Übrigens, Vers 7 noch: „Verunreinigt das Haus und füllt die Vorhöfe mit Erschlagenen.“ Warum heißt es „verunreinigt das Haus“?
Da kam Tod hinein, und Tod ist immer eine Art von Verunreinigung. Wer einen Toten berührte, durfte nicht in den Tempel gehen. Er musste sich zuerst mit der Asche des Opfers der roten Kuh reinigen.
Wenn also Menschen im Tempel fallen, ist das besonders dramatisch, denn die Toten liegen im Tempel, und der Tempel wird unrein.
Warum wird das so im Alten Testament ausgedrückt? Totsein verunreinigt, weil der Tod für die Sünde steht. Das Ergebnis der Sünde ist der Tod, und Sünde macht den Menschen unrein.
Darum musste Israel diese Lektion lernen durch das Gebot: Sobald ich mit dem Tod in Berührung komme, bin ich rituell unrein.
Damit wollte Gott ein tiefes Bewusstsein in den Herzen seines Volkes wecken: Sünde macht uns Menschen unrein, und nur durch ein Opfer können wir vor Gott rein werden – durch sein Opfer.
Was auch die Chronistin in der Tempelweihe meinte.
Damit ist die rituelle Verunreinigung durch den Tod gemeint. Natürlich war der Mensch durch die Sünde und die Gräuel bereits unrein. Die rituelle Unreinheit ist eine symbolische Verunreinigung.
Gut, jetzt gehen wir zu Kapitel 10.
Vision der Cherubim und Gottes Thronwagen
Bruno? Die über dem Haupte der Cherubim war, sah aus wie ein Saphirstein, wie das Aussehen der Gestalt eines Thrones. Die Überiden erschienen, und er sprach zu dem in Linnen gekleideten Mann und sagte: „Geh hinein zwischen die Räderwirbel unterhalb des Cherubs und fülle deine Hände mit Feuerkohlen von dem Raum zwischen den Cherubim und streue sie über die Stadt hin.“ Und er ging vor meinen Augen hinein.
Die Cherubim aber standen zur rechten Seite des Hauses, als der Mann hineinging, und die Wolke erfüllte den inneren Vorhof. Die Herrlichkeit Jehovas hatte sich von dem Cherub auf die Schwelle des Hauses erhoben. Das Haus war von der Wolke erfüllt, und der Vorhof war voll von dem Glanze der Herrlichkeit Jehovas. Das Rauschen der Flügel der Cherubim wurde bis in den äußeren Vorhof gehört, wie die Stimme Gottes des Allmächtigen, wenn er redet.
Und es geschah, als er dem in Linnen gekleideten Mann gebot und sprach: „Nimm Feuer zwischen den Räderwirbeln, zwischen den Cherubim weg.“ Er ging hinein und trat zur Seite des Rades. Da streckte ein Cherub seine Hand zwischen den Cherubim hervor, zu dem Feuer hin, welches zwischen den Cherubim war. Er hob es ab und gab es in die Hände dessen, der in Linnen gekleidet war. Der nahm es und ging hinaus.
An den Cherubim erschien das Gebilde einer Menschenhand unter ihren Flügeln. Ich sah, und siehe, vier Räder waren neben den Cherubim, je ein Rad neben je einem Cherub. Das Aussehen der Räder war wie der Anblick eines Chysolithsteines, und ihr Aussehen war einheitlich. Die vier hatten dieselbe Gestalt, als wenn ein Rad inmitten eines Rades wäre. Wenn sie gingen, so gingen sie nach ihren vier Seiten hin. Sie wandten sich nicht, wenn sie gingen, denn nach dem Ort, wohin das Vorderteil gerichtet war, folgten sie demselben. Sie wandten sich nicht, wenn sie gingen.
Ihr ganzer Leib, ihr Rücken, ihre Hände und Flügel – die Räder waren voll Augen ringsum. Alle vier hatten ihre Räder. Die Räder wurden vor meinen Ohren Wirbel genannt. Jedes hatte vier Angesichter: das Angesicht des Ersten war das Angesicht eines Cherubs, das Angesicht des Zweiten das Angesicht eines Menschen, das des Dritten das Angesicht eines Löwen und das des Vierten das Angesicht eines Adlers.
Die Cherubim hoben sich empor – das war das lebendige Wesen, welches sich am Fluss Keba gezeigt hatte. Wenn die Cherubim gingen, so gingen die Räder neben ihnen. Wenn die Cherubim ihre Flügel erhoben, um sich von der Erde emporzuheben, wandten sich die Räder auch nicht von ihrer Seite. Wenn sie stehenblieben, blieben auch sie stehen, und wenn sie sich emporhoben, hoben sie sich mit ihnen empor. Denn der Geist des lebendigen Wesens war in ihnen.
Die Herrlichkeit Jehovas begab sich von der Schwelle des Hauses hinweg und stellte sich über die Cherubim. Die Cherubim erhoben ihre Flügel und hoben sich vor meinen Augen von der Erde empor, als sie sich hinwegbegaben, und die Räder waren neben ihnen. Sie stellten sich an den Eingang des östlichen Tores des Hauses Jehovas, und die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen.
Das war das lebendige Wesen, welches sich unter dem Gott Israels am Fluss Keba gezeigt hatte, und ich erkannte, dass es Cherubim waren. Jeder hatte vier Angesichter und jeder hatte vier Flügel, und das Gebilde von Menschenhänden war unter ihren Flügeln. Was die Gestalt ihrer Angesichter betraf, so waren es die Angesichter, die ich am Fluss Keba gesehen hatte, ihr Aussehen und sie selbst. Sie gingen an jeder Strangs vor sich hin.
Also, wer jetzt zum ersten Mal da ist und das Gefühl hat, er habe gar nichts verstanden, der kann sich sagen lassen: Das ist ganz normal. Wir haben hier etwas inhaltlich weit Übereinstimmendes mit Kapitel 1, und schon damals haben wir gesagt, dass Hesekiel 1 eines der schwierigsten Kapitel der Bibel ist. Aber das soll uns nicht abhalten, es trotzdem zu studieren. Es liest sich nicht flüssig wie ein Roman, aber die Bibel sagt: „Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht.“ Also müssen wir etwas investieren, und dann haben wir doch einen Gewinn davon.
Hesekiel hat ja in Kapitel 1 vier Cherubim gesehen, also vier Engel vom Typ der Cherube. Das sind die Thronwächter-Engel. Diese vier Engel trugen oben über ihnen den Thron Gottes. Diese Cherubim hatten auch Räder an den Seiten. Das war also Gottes Thronwagen, können wir sagen. Könige haben normalerweise einen statischen Thron an einem Ort, aber Gottes Thron bewegt sich. Gott ist ein dynamischer Gott, der in die Geschichte eingreift und auf ganz verschiedene Weise handelt. Seine Regierung in dieser Welt geht vorwärts, linear. Wir haben ja gelesen, dass dieser Wagen immer vorwärts geht.
In Vers elf heißt es: „Wenn sie gingen, so gingen sie nach ihren vier Seiten hin, sie wandten sich nicht, wenn sie gingen.“ Sie konnten in alle Richtungen gehen, aber jede Richtung war eigentlich Vorderseite. Sie haben sich nie umgedreht, um in eine bestimmte Richtung zu gehen, sondern sie haben sich nach allen vier Seiten bewegen können, ohne sich je zu drehen. Das heißt, Gottes Regierung mit dieser Welt ist so, dass Gott nie bereuen muss. Sein Handeln ist immer vorwärts, in welche Richtung er auch geht, Gott geht seinen Weg.
Von daher ist auch begründet, dass die biblische Heilsgeschichte linear ist. Wir haben einen Anfang, 1. Mose 1,1: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“ Wir haben eine Entwicklung der Heilsgeschichte bis zur Vollendung. Wir sind daran sehr gewohnt, dieses Denken, denn so sind wir auch im Geschichtsunterricht mit der Geschichte vertraut geworden. Die Geschichte sehen wir als eine Linie, die sich fortentwickelt.
Wären wir jedoch in Indien oder irgendwo in einem asiatischen Land auf die Welt gekommen, hätten wir gelernt, dass die Geschichte in diesen Religionen ein Kreislauf ist, ein ewiger Kreislauf, der eigentlich letztlich sinnlos ist. Aus diesem Kreislauf muss man ausbrechen. Aus der Bibel lernen wir: Natürlich gibt es Kreisläufe – es gibt den Tageskreislauf, Sonne geht auf, Sonne geht unter, es gibt den Jahreskreislauf der zwölf Monate, der Jahreszeiten. Aber das ist kein Drehen an Ort, sondern es geht auf Gottes Ziel und Vollendung der Geschichte zu.
Das ist Gottes Thronwagen mit vier Cherubimengeln. Sie sind aus dem Allerheiligsten herausgegangen und tragen dann über sich die Schechina, so geht das weg. Jetzt muss ich erklären, was eigentlich diese Cherubimengel im Allerheiligsten sollen. Im Allerheiligsten, was war dort so sichtbar, wenn man hineinging als Hohepriester? Die Bundeslade. Sie hatte einen Deckel, ein Stück mit zwei Cherubim.
Salomo hat noch mehr in das Allerheiligste gestellt. Er hat zwei riesige Cherubim aus Ölbaumholz hineingestellt. Da war also die Bundeslade mit den goldenen Cherubim, und darüber ganz gewaltige Cherubimengel aus Ölbaumholz. Das heißt, im salomonischen Tempel gab es nicht nur zwei Cherubim, sondern vier.
Wo steht das? In 2. Chronik, da haben wir die Beschreibung des Tempels, Kapitel 3, Vers 8. Dort heißt es: „Und er machte das Haus des Allerheiligsten. Seine Länge vor der Breite des Hauses her war zwanzig Ellen und zu der Breite zwanzig Ellen. Er bekleidete es mit gutem Gold, sechshundert Talente, und das Gewicht der Nägel war fünfzig Sekel Gold. Auch die Obergewänder bekleidete er mit Gold. Und er machte im Haus des Allerheiligsten zwei Cherubim, ein Werk von Bildhauerarbeit, und man überzog sie mit Gold. Die Flügel der Cherubim, ihre Länge war zwanzig Ellen. Der Flügel des einen von fünf Ellen rührte an die Wand des Hauses, und der andere Flügel von fünf Ellen rührte an den Flügel des anderen Cherubs. Der Flügel des anderen Cherubs von fünf Ellen rührte an die Wand des Hauses, und der andere Flügel von fünf Ellen stieß an den Flügel des einen Cherubs.“
Ja, also da haben wir diese zwei mit Gold überzogen. Die Parallelstelle, die das auch noch beschreibt, kann man daheim anschauen, das ist 1. Könige 6 und folgende, wo der salomonische Tempel beschrieben wird, parallel zu 2. Chronik 3 und folgende. So bekommen wir also diese vier Cherubim. Es waren nur Darstellungen. In der Bundeslade sind noch zwei, oder die Bundeslade wurde ja ins Allerheiligste gestellt.
Ach so, weil da in 2. Chronik steht, er machte im Haus des Allerheiligsten zwei Cherubim – das sind nicht die auf der Bundeslade. Nein, denn die auf der Bundeslade waren ja aus einem Stück gemacht mit dem Deckel, aus reinem Gold. Und so haben wir also zwei große Cherubim und zwei weitere.
Vielleicht steht in Kapitel 2, Vers 5 und 8, dass das für zwei Engel ist, die über der Bundeslade sind. In Vers 8 heißt es: „Denn die Cherubim breiten die Flügel aus über den Ort der Lade, und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her.“ Die Bundeslade wird ja nach Vers 7 in den Allerheiligsten hineingestellt. Der Priester steht aber da in Vers 10, er macht im Haus des Allerheiligsten die zwei Cherubim. Dort steht als Fußnote, dass es eine Bildhauerarbeit war, aus einem Guss. Nein, das ist nicht richtig, aus einem Stück war das bei der Bundeslade, in 2. Mose 25. Das ist eine Erklärung dazu. Aber das wäre dann nicht korrekt.
Dann kommt dazu, neben diesen Cherubim war effektiv ein Wagen drin, im Allerheiligsten. Das liest man in 1. Chronik 28, Vers 18. Da gibt es einige Überraschungen in diesen Kapiteln.
Ich hätte ein Dia dazu von Lane Rittmeier, eine Rekonstruktion des salomonischen Tempels, wo man diese großen Cherubim mit der Bundeslade zusammenfügt. Ich kann das vielleicht mal projizieren. Ja, gut, vielleicht kann man das so schnell noch einschieben.
Wer liest 1. Chronik 28, Vers 18? Vielleicht auch Vers 11 und 12?
„Und David gab seinem Sohn Salomo den Plan der Vorhalle des Tempels und seiner Gebäude und seiner Schatzkammern und seiner Obergemächer und seiner Innenräume und des Raumes der Deckplatte und den Plan vor allem, was durch den Geist in ihm war, für die Höfe des Hauses des Herrn und alle Zellen rundherum, für die Schatzkammern.“ So reicht es, um zu zeigen: David hatte einen Tempelplan, und der war inspiriert durch den Geist, also nicht irgendwie eine Fantasie, sondern durch den Geist inspiriert (Vers 12).
Jetzt Vers 18: „Und für den Rauchopferaltar aus geläutertem Gold gemäß seinem Gewicht und den Plan des Wagens der Cherubim von Gold, die die Flügel ausbreiten und die Lade des Bundes des Herrn beschirmen.“ Hier wird von einem Wagen der Cherubim gesprochen – ein Cherubimwagen, also mit Rädern. Wir haben vier Cherubim im Allerheiligsten.
Das macht die Brücke zu Hesekiel. Es wird alles verständlicher, woher diese ganze Bildersprache kommt. In Hesekiel sehen wir aber, das sind nicht Darstellungen von Cherubim, sondern wirklich Engel. Das heißt, wenn der Hohepriester ins Allerheiligste kam, sah er konkret diese vier Cherubimdarstellungen. Aber in Wirklichkeit waren bei diesen Cheruben, die dargestellt waren, echte Engel gegenwärtig im Allerheiligsten, so wie Gott im Allerheiligsten quasi thronte.
Die Bundeslade ist ja der Thron mit den Cheruben, über den Cheruben thronte Gott im Heiligtum. Jetzt geht gewissermaßen, Hesekiel sieht das in seiner Vision, diese wirklichen Cherubim, die aus dem Allerheiligsten mit der Schechina herausgehen.
Das heißt, es ist nicht plötzlich eine ganz neue Bildersprache, die da jetzt in Hesekiel auftaucht, sondern das ist tief verankert in der ganzen Symbolik des Salomontempels.
Was vielleicht jetzt auffällt: Wir haben das genau Gleiche schon in Kapitel 1 mit diesen vier Cherubim gesehen. Sie haben ja Gesichter. In Kapitel 1 haben wir folgende Gesichter gefunden: Stier, Löwe, Mensch, Adler. Und jetzt, was finden wir hier? Statt Stier Cherub (Vers 14). Lies nochmals Vers 14:
„Die vier Gesichter hatte jedes: das Gesicht des Ersten war das Gesicht eines Cherubs, das Gesicht des Zweiten war das Gesicht eines Menschen, das des Dritten das Gesicht eines Löwen und das des Vierten das Gesicht eines Adlers.“
Jetzt erstaunt uns das, umso mehr, als hier ausdrücklich betont wird, es sei genau das Gleiche gewesen, was er in Kapitel 1 gesehen hat. Denn Vers 15 sagt: „Das war das lebendige Wesen, welches ich am Fluss Keba gesehen hatte.“ Das war ja eben am Fluss Keba in Kapitel 1.
Wie lösen wir die Diskrepanz? Das typische Cherubgesicht ist ein Stiergesicht. Übrigens kennt ihr das sicher von assyrischen Darstellungen und auch bei anderen Völkern findet man Darstellungen, die eine Mischung von Adler und Löwe oder Stier und Mensch zeigen. Gerade bei den assyrischen Königen werden in den Thronsälen solche Wesen dargestellt, sogar mit dem Bau des Lebens. Bei den alten Assyrern war das keine Fantasie, sondern diese alten Völker hatten damit wirklich Engel dargestellt, natürlich gefallene Engel, denn diese heidnischen Völker stehen unter dem Einfluss gefallener Engel. Aber sie kannten diese ganze Realität und haben sie dargestellt.
Darum findet man bei den Assyrern und Babyloniern ganz übereinstimmende Darstellungen mit diesen Cherubimdarstellungen hier.
Woher kommt in diesem Zusammenhang, dass Europa, wenn es symbolisch dargestellt werden soll, die Gestalt eines Stiers bekommt? Das kommt aus der griechischen Mythologie. Es ist ein Stier mit einer Frau darauf. Das ist Zeus, der als Stier kam, weil er unbedingt die Europa wollte. Sie hatte keine Angst, er zeigte sich als Stier, dann schnappte er sie und ging mit ihr fort. Sie bekamen Kinder. Das ist die Europa, und darum hat man das auf dem Euro dargestellt, weil das die mythologische Erklärung für den Namen Europa ist.
Aber interessant ist: Was ist Zeus? Das ist ein Dämon nach der Bibel, und er kommt in Stiergestalt. Das ist nicht reine Fantasie, sondern dahinter steckt viel mehr.
Wir können vielleicht nochmals wiederholen, was die vier Gesichter bedeuten in Verbindung mit den Evangelien: Der Löwe, der König – im Matthäusevangelium wird der Herr Jesus speziell als der König dargestellt. Der Stier oder Ochse ist das Tier für Arbeit und Dienst. Das Markus-Evangelium betont, der Herr Jesus ist der treue, ausdauernde Diener. Das Lukasevangelium betont die Menschheit Christi, darum wird die Geburt auch am ausführlichsten beschrieben, wie ein Mensch. Und das Johannesevangelium ist der Adler – das Evangelium betont, dass der Herr Jesus vom Himmel hergekommen ist: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Der Adler kommt vom Himmel.
Hier steht das in Verbindung mit dem Gericht über Israel. So drückt es auch etwas aus, nicht nur in Bezug auf die Gnade wie bei den Evangelien, sondern in Bezug auf das Gericht. Das Gericht Gottes offenbart seine Majestät – Löwe. Aber hier ist die Darstellung dieser Cherubim mit den Rädern eine heilige Sache.
Und dann gibt es in der dämonischen Welt eine Imitation, denn sie sagen: Jeder Tempel hat das. Ja, ganz genau, natürlich reine Imitation. Satan selbst war ja ein Cherub. Darauf kommen wir noch in Hesekiel 28: „Du warst ein schirmender Cherub im himmlischen Tempel.“ Das ist natürlich nur Imitation. Wie das völlig üblich ist in der heidnischen Welt, findet man in der ganzen Welt bis nach Japan Tempeldarstellungen und Tempelgeräte, die dem biblischen Tempel entsprechen.
Bei den Hethitern gibt es sogar eine Inschrift, in der ein Gott einem Menschen in der Vision erscheint und ihm Anweisungen gibt, wie er Tempelgeräte herstellen soll. Das haben sie wirklich durch dämonische Inspiration bekommen. Es ist alles Nachahmung, wenn wir denken, wie der Herr Mose auf dem Sinai erschien und ihm erklärte, wie er die Stiftshütte, den transportablen Tempel, bauen soll.
Ich habe jetzt eine Frage zu den Angesichtern dieser Engel: Warum besitzen sie diese vier Angesichter?
Diese Angesichter haben symbolische Bedeutung. Sie weisen einerseits darauf hin, wie Gottes Regierung sich in der Gnade auswirkt – das sehen wir in den Evangelien – und andererseits, wie Gottes Regierung sich im Gericht erweist: Der Löwe steht für majestätisches und machtvolles Gericht. Der Stier oder Ochse für andauerndes Gericht, das bis zum Schluss durchgezogen wird. Der Mensch steht für ein Gericht, das von Weisheit und Einsicht geprägt ist. Der Adler ist charakterisiert durch Eile und Geschwindigkeit.
Alles hat also symbolische Bedeutung.
Zum Schluss sehen wir nochmals die Schechina, die Wolkenherrlichkeit. In Vers 4 erfüllt sie den inneren Vorhof. Vorher war sie auf der Schwelle, dann erfüllt sie den inneren Vorhof. Schließlich, in Vers 18, geht sie – in Vers 19 – bis zum Osttor, das ist da, wo heute das Goldene Tor ist.
In Vers 5 erfüllt sie auch den äußeren Vorhof des Tempels, so steht es in der fünften Nachricht. Das Rauschen der Flügel wurde bis zum äußeren Vorhof gehört. Der Klang kam aus dem inneren Vorhof, aber man hörte die Flügel bis zum äußeren Vorhof.
Dann geht es weiter bis zum Osttor, das ist im äußeren Vorhof, der Ausgang nach Osten. Die Fortsetzung kommt in Kapitel 11, das wir nächstes Mal durchnehmen. Vers 22 und 23, wer liest das noch schnell?
„Und die Cherubim erhoben ihre Flügel, und die Räder waren neben ihnen, und die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen. Die Herrlichkeit Jehovas erhob sich aus der Mitte der Stadt und stellte sich auf den Berg, welcher gegen Osten der Stadt ist.“
Das ist welcher Berg? Der Ölberg. Von da an geht die Wolkenherrlichkeit weg. Sie ist nie mehr zum Tempel zurückgekommen. Jesus konnte auch wieder auf den Berg hinaufgehen, und von dem Berg ist er auch gegangen. Wir werden das nächstes Mal noch in Verbindung mit Kapitel 11 anschauen, wie der Herr Jesus auch im Tempel war. In dem Tempel, der keine Wolke hatte, kam der Sohn Gottes als Mensch. Dort wurde er verworfen und aus dem Tempel hinausgeführt. Am Schluss ist er zum Ölberg hinübergegangen und weg. So wird er in der Zukunft wiederkommen auf dem Ölberg.
