Einführung und Kontext der Erscheinung in Galiläa
Wir stehen in Johannes 21. Wir haben letztes Mal damit begonnen, dennoch lesen wir des Zusammenhangs wegen noch einmal das ganze Kapitel 21 von Anfang an.
Für diejenigen, die letztes Mal nicht da waren, einige Punkte zur Wiederholung: Diese Erscheinung des Auferstandenen in Kapitel 21 fand in Galiläa statt. Wir lesen in Vers 1 vom See von Tiberias. Das ist der gleiche See wie der See Genezareth, nur mit einem anderen Namen.
Der Name See Tiberias leitet sich von Kaiser Tiberius her. Die Stadt wurde zu seiner Ehre am Ufer des Sees Genezareth gebaut, daher der Name. Der Name Genezareth ist viel älter. Wir finden ihn schon im Buch Josua.
Auf Hebräisch heißt der See Yam Kineret. Weiß jemand, was das bedeutet? Kineret ist abgeleitet von Kinnor, der Harfe. Dieses Instrument spielte David, wie wir in 1. Samuel 16 lesen, wo es Kinnor genannt wird. Die alttestamentliche Kinnor, also die Harfe, hatte die Form des Sees Genezareth. So bekam der See seinen Namen aufgrund seiner Form.
Wir sind also hier in Galiläa, im Gegensatz zu den Erscheinungen des Auferstandenen in Kapitel 20, die in Jerusalem stattfanden. Dort erschienen Jesus zuerst Maria Magdalena ab Vers 11 beim Grab außerhalb Jerusalems, dann die anderen Jünger am ersten Tag der Woche, noch am Auferstehungstag (Vers 19), und eine Woche später (Verse 24 und 26). Diese Ereignisse fanden ebenfalls in Jerusalem statt.
Doch jetzt sind wir hier in Galiläa, im Norden. Ganz kurz noch einmal die Frage, die wir schon letztes Mal beantwortet hatten: Warum gingen die Jünger nach der Auferstehung nach Galiläa? Was war ihre Motivation?
Jesus hatte gesagt, dass sie ihm nach Galiläa folgen sollten. Genau, wir können das kurz noch einmal nachschlagen. Das finden wir in Matthäus 26, wo der Herr am Vorabend der Kreuzigung, beim letzten Passah, bereits davon gesprochen hatte.
Die Verheißung der Erscheinung in Galiläa und die Reaktion der Jünger
Er spricht über sein Sterben in Matthäus 26,31. Darin sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ihr werdet euch alle in dieser Nacht an mir ärgern, denn es steht geschrieben: ‚Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden.‘“
Dieses Zitat stammt aus Sacharja 13,7. Weiter sagt Jesus: „Nachdem ich aber auferweckt sein werde, werde ich vor euch hingehen nach Galiläa.“
In diesem Zusammenhang ließ sich Petrus zu einem besonderen Wort hinreißen. Das lesen wir gleich noch, denn es wird wichtig sein für Johannes 21. Petrus antwortete und sprach zu Jesus: „Wenn sich alle an dir ärgern werden, werde ich mich niemals ärgern.“
Jesus erwiderte: „Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, mich dreimal verleugnen wirst.“ (Vers 35)
Petrus entgegnete: „Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen.“ Ebenso sprachen auch alle Jünger.
Das wird noch wichtig sein. Bereits an diesem Vorabend hat der Herr seine Auferweckung angekündigt und auch seine Erscheinung in Galiläa vorausgesagt.
Am leeren Grab unterstreicht Matthäus 28 dies nochmals. Dort heißt es in den Versen 5 bis 7:
„Der Engel aber begann und sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht, denn ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her, seht die Stätte, wo er gelegen hat, und geht nach ihm hin und sagt seinen Jüngern, dass er von den Toten auferweckt worden ist. Siehe, er geht vor euch hin nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.“
Auch hier ist ganz klar die Anweisung zu erkennen: Jesus wird in Galiläa erscheinen.
Johannes 21 zeigt, dass die Jünger gehorsam waren und nach Galiläa gingen. Dort offenbarte sich der Herr ihnen auf überraschende Art und Weise und zeigte sich ihnen.
Die Jünger am See und der Fangwunder
Wie viele Personen sind dort zusammen? Simon Petrus, Thomas, Nathanael, Nathana, Draken, die Söhne Zebedäus – ich gehe mal davon aus, dass es zwei waren – und dann noch zwei weitere. Insgesamt sind es also sieben Personen.
Petrus hat den Wunsch, wieder zu fischen (Vers 3). Das war sein alter Beruf. Er geht also zurück zu dem, was er eigentlich vor seiner Berufung zum Menschenfischer gemacht hat. Der Herr hatte ihn ja vom Fischen weg berufen, damit er ein Menschenfischer wird (Matthäus 4). Aber jetzt, in dieser Situation nach der Auferstehung, wo der Herr nicht mehr da ist, kommt die Idee: Ich gehe wieder zum Alten zurück.
Der Herr erscheint ihnen in dieser Situation und macht durch dieses Wunder deutlich, dass er nicht auf die alte Arbeit von Petrus angewiesen ist. Sie fangen ja schließlich nichts in dieser Nacht. Durch ein Wunder bewirkt der auferstandene Herr dann ein Fangwunder – diese 153 großen Fische.
Als sie ans Land kamen, was finden sie dort? Fisch und Brot. In Vers 9 heißt es: „Als sie nun ans Land ausstiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer liegen und darauf Fisch und Brot.“ Es sind kleine Fische, das griechische Wort „Opsarion“ bezeichnet eine andere Fischart als die, die Petrus gefangen hat.
Der Herr hat das bereit, was sie brauchen. Die Kleinfische, Opsarion, bezeichnen ganz speziell die Galiläa-Sardinen. Das war übrigens die Ernährungsweise der Leute rund um den See in Nazareth. Das war das tägliche Essen: Sardinen und Brot. Das galt zu allen Zeiten, denn Sardinen wurden in großen Mengen gesalzen und gelagert.
Davon zeugt übrigens auch der Name Maria Magdalena. Maria Magdalena kam von der Stadt Magdala. Magdala heißt auf Aramäisch – kann sich jemand erinnern? Ich habe das letztes Mal erklärt, aber vielleicht nicht ausführlich – Migdol heißt auf Hebräisch „Turm“ und Magdala im Aramäischen bedeutet ebenfalls „Turm“. Diese Fische wurden in solchen Türmen gelagert, und daher kommt der Name Magdala, eine Ortschaft ganz nah am See Genezareth, wo man solche Sardinen aufbewahrte.
So finden wir hier die Beschreibung der ganz üblichen Lebensart am See Genezareth. Übrigens auch schon im Vermehrungswunder in Johannes 6, das ebenfalls am See Genezareth stattfand. Dort hatte die Volksmenge nichts zu essen, es war schon spät.
Simon Petrus kann darauf hinweisen (Vers 9): „Wer liest?“ Ein kleiner Junge hier hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das schon unter so vielen? Das Wort für Fische hier ist auch wieder Opsarion, also Fischlein, und bezeichnet speziell die Sardine – das übliche Essen rund um den See Genezareth: Brot und Sardinen.
Der Herr hat also bereits das Essen parat, als die Jünger ans Ufer kommen. Er macht deutlich: Petrus, ich bin nicht darauf angewiesen, dass du in deinen alten Beruf zurückgehst. Der Dienst soll weitergehen.
Die Fischerei als Bild für den Dienst und die Methoden der Fischerei
Aber wir können bei Petrus... Entschuldigung, eine Frage: Da steht Kohle vor, ja. Woran kommt die Kohle her, Kind? Holzkohle. Ja, Holzkohle kann man überall bekommen. Das Wort sagt einfach „Kohle“, aber Kohle kann theoretisch Steinkohle sein, es kann aber auch Holzkohle sein. Das war das Übliche, ja.
Das war ja auch bei der Verleugnung des Herrn so: Es gab außerhalb des Hauses in Jerusalem auch das Kohlefeuer, genau. Gut, wir können natürlich die ganze Frustration bei Petrus besonders gut verstehen. Er sagt: „Ich gehe hin fischen“, Vers 3. Denn er hat ja seinen Herrn verleugnet. Zu dem Zeitpunkt wusste er bereits, dass der Herr auferstanden ist, aber er war nicht mehr bei ihnen. Petrus musste sich die Frage stellen: Wie soll ein Dienst überhaupt weitergehen?
Der Herr hat mich zwar als Menschenfischer berufen. Wir wollen das vielleicht noch einmal aufschlagen, weil das ganz wichtig ist. Matthäus 4,18-19: Als Jesus aber am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und dessen Bruder Andreas, die warfen das Netz in den See, denn sie waren Fischer. Er spricht zu ihnen: „Folgt mir nach, und ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Da verließen sie sogleich die Netze und folgten ihm nach.
Als er von dort weiterging, sah er in einem Schiff zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und dessen Bruder Johannes mit ihrem Vater Zebedäus, ihre Netze flicken. Und er berief sie. Da verließen sie sogleich das Schiff von ihrem Vater und folgten ihm nach.
Jawohl, also der Herr beruft sie hier in seiner Nachfolge und gibt ihnen eine ganz neue Lebensaufgabe: eben nicht mehr Fischer am See Genezareth zu sein, sondern Menschenfischer, das heißt Evangelisten zu werden. Aber nun hat Petrus seinen Herrn so verleugnet, und da verstehen wir, dass dann der Gedanke aufkommt: Ich gehe zurück in den alten Beruf, weil ich in der geistlichen Aufgabe versagt habe.
So gibt es eine wunderbare Vorbereitung. Der Herr zeigt ihm auf ganz feine Weise: Ich brauche deine Betätigung im alten Beruf nicht. Fische sind bereits vorhanden, unabhängig davon, was die Jünger gefangen hatten oder eben die ganze Nacht nicht fangen konnten.
Wir haben letztes Mal schon kurz angedeutet: Welche Fangmethode haben sie da angewendet? Mag sich jemand erinnern? Ja, mit Netzen. Aber es gibt verschiedene Arten von Netzen, die im See Genezareth eingesetzt wurden.
Zogen sie das Netz mit den Fischen nach? Ich hatte den Eindruck, dass es Stellnetze waren. Nein, von der Methode her sind ja zwei Schiffe beteiligt. Also Wurfnetze. Sehen wir, wo ist das? „Sie warfen die Netze aus“ – das ist in der zweiten Hälfte, Vers 21, Kapitel 6. Jawohl, genau. Aber sie werfen das aus dem Schiff, ja? Ja.
Das eine Schiff wird hier schon in Vers 3 erwähnt: Sie gehen hinaus und steigen in das Schiff. Aber dann sehen wir, dass sie effektiv in zwei Gruppen organisiert waren. In Vers 8 kommen die anderen Jünger in einem kleinen Schiff, einem Schifflein. Und das ist ein anderer Ausdruck: Schiff und Schifflein.
Treiben die Fische? Nein, das Netz fischte zwischen zwei Booten. Ja, also beim ganzen Fischfang sind zwei Schiffe beteiligt, und das ist ein Hinweis auf die typische Art des Fischens mit dem Spiegelnetz. Dabei hat man zwei Schiffe verwendet.
Beim Wurfnetz konnte ein einzelner Fischer das Netz anwenden, entweder von einem Boot aus oder indem er direkt ins Wasser ging. Aber bei dieser Fangmethode sind zwei Schiffe beteiligt. Und von der Zahl her, sieben Personen, reicht das genau, um die beiden Fischerschiffe zu besetzen. Das weist auf die Methode des Spiegelnetzes hin.
Das Spiegelnetz war eigentlich ein dreifaches Netz: ein äußeres Netz mit sehr weiten Maschen, dann ein weiteres Netz mit ganz engen Maschen und wieder ein drittes mit weiten Maschen. Das hat man ausgeworfen, nicht weit vom Ufer weg, so dass man etwa eine Tiefe von 1,80 Metern hatte. Denn das Spiegelnetz war etwa 1,80 Meter breit. So hat man quasi eine richtige Mauer im See aufgestellt.
Das Netz ging mit Gewichten auf den Grund, und die Fische gingen durch das erste Netz hindurch, das weitmaschig war. Beim nächsten Netz verfingen sie sich mit den Schuppen und den Flossen. Wenn man das Netz dann ans Ufer zieht, kann man die Fische in mühsamer Arbeit herausnehmen.
Bei dieser Methode gehen natürlich die Netze immer wieder kaputt, und sie müssen ausgebessert und repariert werden. Das war dann die typische Arbeit tagsüber. Nachts hat man die Spiegelnetz-Methode besonders angewendet. Das haben wir in Matthäus 4 gerade vorhin gelesen, nämlich von Johannes und Jakobus. Bei ihrer Berufung waren sie gerade dabei, die Netze auszubessern (Matthäus 4,21). Und das waren offensichtlich Spiegelnetze.
Übrigens das, was die anderen Brüder, Petrus und Andreas, gerade anwendeten: Sie warfen ein Netz in den See. Das Wort für Netz hier ist im Griechischen „Amphiblestron“, das heißt wörtlich „das Herumgeworfene“. Das ist der Fachausdruck für das Wurfnetz, das eine Person benutzte.
Also Petrus und Andreas arbeiteten gerade so, während Jakobus und Johannes damit beschäftigt waren, das Spiegelnetz vom vergangenen nächtlichen Fang auszubessern.
Wenn wir schon bei verschiedenen Netzen sind: Ein dritter Fachausdruck kommt noch vor in Matthäus 13. Dort haben wir das Schleppnetz. Im Gleichnis Matthäus 13,47-50 heißt es:
„Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Netz, das ins Meer geworfen wurde und Fische von jeder Art zusammenbrachte. Als es voll war, zogen sie es ans Ufer herauf. Dann setzten sie sich nieder und sammelten die guten Fische in Gefäße, aber die schlechten warfen sie hinaus. So wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: Die Engel werden hinausgehen, die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussortieren und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“
Habt ihr das verstanden? Sie sagten zu ihm: Ja.
Also hier haben wir wieder ein Wort, das im Deutschen mit Netz übersetzt wird. Ist das bei allen so? Ja, ja, aber das ist nun eben ein anderes Wort: „Sargäne“ im Griechischen. Das ist das Schleppnetz, das von einem Schiff gezogen wird. Dabei wird einfach alles eingesammelt, alle Arten von Fischen.
Und da haben wir übrigens noch zwischendurch ein Problem: „ins Meer geworfen“ heißt es hier. Aber das Wort „Meer“ wird in der Bibel, im Neuen Testament, auch für den See Genezareth verwendet. Es gibt also eine Differenzierung zwischen See und Meer.
Im Deutschen haben wir eine genaue Definition: Ein Meer hat keinen Abfluss. Im Griechischen wird das Wort „Thalassa“ weiter gebraucht, eben auch für den See Genezareth. Zum Beispiel in Matthäus 4: Der Bodensee wird auch das Schwäbische Meer genannt.
Ach so, ja gut, im Deutschen kann es je nach Kontext auch enger definiert sein. Wenn es im Arabischen aufgebläht wird, heißt es eben Schwäbisches Meer. Es gibt auch das Steinhuder Meer, nicht wahr? Natürlich!
Ah ja, also ist das eigentlich eine modernere Definition, wenn man sagt, das Meer darf keinen Abfluss haben. Und so nennt also das Neue Testament auch den See Genezareth „das Meer“.
Ich habe noch eine Frage zu den Booten: Bei mir steht in dem Text, den wir gerade besprochen haben, immer nur „Boot“, während teilweise vorgelesen wird „Schiff und Schifflein“. Ja, das sind also zwei verschiedene Ausdrücke. Während „Schiff“ in Vers 6 ein normales, größeres Fischerboot meint, ist das in Vers 8 genannte „Schifflein“ ein kleineres Boot.
Übrigens wird die Distanz zum Ufer genannt: 200 Ellen. Die kleine Elle ist etwa 45 Zentimeter, also nicht einmal hundert Meter. Das stimmt auch mit der Spiegelnetz-Methode überein: zwei Schiffe und nicht zu nahe am Ufer. Es durfte ja nicht zu tief sein, nur bis etwa 1,80 Meter.
Man kann sogar sagen, dass dieser Bericht hier in Johannes 21 eigentlich der einzige Bericht aus der Antike über die Anwendung der Spiegelnetz-Methode ist. Und noch eine Stelle im Neuen Testament, wo genau die gleiche Methode erwähnt wird, ist Lukas 5. Dort, beim großen Fischfang des Petrus, der ihn zu dem Bekenntnis geführt hat: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch.“ Ja, dort war es dasselbe.
Die Bedeutung der Fischarten und Speisegesetze
Jetzt kommen wir nochmals kurz zurück auf Matthäus 13. Dort wird das Schleppnetz erwähnt, mit dem alle Fischarten zusammengebracht werden. Dann heißt es, die Guten werden gesammelt und die Faulen ausgeworfen.
Das passt genau zum See Genezareth, denn dort gibt es Welse. Die Welse sind schuppenlos und dürfen von Juden nicht gegessen werden. Sie gelten als unrein. In 3. Mose 11 finden wir den von Gott für Israel aufgestellten Speisezettel, wenn es um Fleisch geht. Dort wird genau erklärt, welche Säugetiere gegessen werden durften, nämlich nur Spalthufer und Wiederkäuer.
Auch bei den Tieren im Wasser steht in 3. Mose 11, Vers 9: "Dieses dürft ihr essen von allem, was im Wasser ist: alles, was Flossen und Schuppen hat, in den Meeren und in den Flüssen, das dürft ihr essen." In den Versen 10 und 11 heißt es weiter: "Aber alles, was keine Flossen und Schuppen hat, in den Meeren und in den Flüssen, von allem Gewimmel des Wassers und von jedem Lebewesen, das im Wasser ist, soll euch etwas Abscheuliches sein."
Das reicht, um zu verstehen, warum die Welse unter dieses Urteil fallen und nicht gegessen werden durften. Sie waren also diese faulen, nicht koscheren Fische, die zurückgeworfen werden mussten.
Im See Genezareth werden die Welse sehr groß, weit über einen Meter lang und viele Kilo schwer. Es wäre also eigentlich eine große Menge Fleisch verfügbar gewesen. Trotzdem hatten sie keine wirtschaftliche Bedeutung im See Genezareth. Heute gibt es sie dort nicht mehr.
Für Juden ist das sowieso keine Frage: Auch heute wird der Wels von Juden, die sich an die Speisegesetze der Bibel halten, nicht gegessen.
Im See Genezareth sind die Sardinen nach wie vor sehr wichtig. Die Ausbeute ist enorm – es werden unglaubliche Mengen mit dem Schleppnetz gefangen.
Ein weiterer sehr wichtiger Fisch ist der Muscht, auch Petrusfisch genannt. Das ist eigentlich eine exotische Fischart, aber ich habe beim letzten Mal erklärt, warum sie im See Genezareth lebt: Dort gibt es sieben heiße Quellen ganz nahe bei Kapernaum, dem Ort, wo Petrus herkommt. Diese heißen Quellen münden in den See Genezareth, sodass der Muscht sich gerade in der Winterzeit in diesem Bereich wohlfühlen kann.
Die 153 Fische, von denen wir gleich in Johannes 21 lesen werden, sind eindeutig Muscht. Das können wir ganz klar sagen, denn der Muscht ist der einzige große Fisch im See Genezareth, der in Schwärmen lebt. Die Zahl 153 bezieht sich also eindeutig auf den Muscht.
Damit haben wir schon drei der bedeutendsten Fische im See Genezareth genannt: die Sardinen, den Muscht und den Wels, der nicht gegessen werden durfte.
Außerdem gibt es noch eine vierte Fangmethode, die wir bisher noch nicht erwähnt haben.
Die Angel und weitere Fischfangmethoden im Neuen Testament
Die Angel – wo kommt sie im Neuen Testament vor? Jesus sagt doch: Werft die Angel aus, und dann kommt ein Fisch. Ja, ja, ja, im Matthäusevangelium ist das interessant. Wer hat das Matthäusevangelium geschrieben? Matthäus. Er war zwar kein Fischer, sondern Zöllner. Aus welcher Stadt kam er? Wahrscheinlich auch aus Kapernaum.
In Matthäus 9,9 wird eine Bekehrungsgeschichte vor dem Zollhaus in Kapernaum berichtet. Auch wenn Matthäus kein Fischer war, gehörte das Fischessen zur Welt der Leute am See Genezareth. Zölle wurden vermutlich auch darauf erhoben – das käme noch dazu. Aber ich meine, das gehört zu seiner Welt.
Im Matthäusevangelium finden wir den Fachausdruck für das Wurfnetz, dann die Netze, die ausgebessert werden (Matthäus 4), das Spiegelnetz, und das Schleppnetz, das wir in Matthäus 13 finden. Nun kommt noch Matthäus 17, Vers 24 hinzu. Wir sind wieder eindeutig in vertrauter Gegend am See Genezareth.
Liest jemand vor? „Als sie aber nach Kapernaum kamen, traten die Einnehmer der Doppeltrachmen zu Petrus und sprachen: Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeltrachmen?“ Er sagt doch. Und als er in das Haus eintrat, kam Jesus ihm zuvor und sprach: „Was meinst du, Simon, von wem erheben die Könige der Erde Zoll oder Steuer, von ihren Söhnen oder von den Fremden?“ Da er sagte: „Von den Fremden“, sprach Jesus zu ihm: „Demnach sind die Söhne frei. Damit wir ihnen aber kein Ärgernis geben, geh an den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt. Öffne seinen Maul, und du wirst einen Stater finden. Den nimm und gib ihnen für mich und dich.“
Jawohl. Also da haben wir die Angel. Wir sind hier bei Kapernaum, und die Doppeltrachme ist die jährliche Steuer, die die Juden zugunsten des Tempels und des Tempeldienstes in Jerusalem abgeben mussten. Eine Drachme entspricht übrigens einem Denar, und eine Doppeltrachme, also zwei Denare, waren damals zwei Tageslöhne. Das war also nicht wenig.
Der Herr erklärt, dass er als Messias diese Tempelsteuer natürlich nicht unterstellt, und Matthäus als einer der engen Nachfolger des Messias auch nicht. Aber der Herr sagt, wir wollen ihnen kein Ärgernis geben, das sie zu Fall bringt. Darum soll Petrus fischen gehen. Da kommt natürlich nicht der Petrusfisch in Frage, denn der hat nur einen ganz kleinen Mund.
Übrigens habe ich hier Programme für eine Israelreise vom 29. September bis 6. Oktober. Dort gehen wir auch an den See Genezareth, und im Programm ist ein Muschtessen enthalten. Diese Fische bekommt man ganz schön auf den Teller. Da sieht man, der kleine Mund kann natürlich keinen Doppeltrachmen verschlucken. Überhaupt ernährt sich der Muscht von Plankton.
Hier kommt jedoch die Barbe in Frage, ein Raubfisch im See Genezareth. Das passt mit der Doppeltrachme gut zusammen. Wir sehen also, wie detailliert gerade in den Evangelien von Matthäus, Johannes und auch Lukas die Lebensweise am See Genezareth beschrieben wird. Das macht deutlich, dass die Autoren dieser Bücher Leute aus der Gegend waren. Das kann man nur schreiben, wenn man die Dinge wirklich kennt.
Wie schnell man reinfällt, wenn man nicht von dort ist, sieht man in Tabgha. Tabgha liegt direkt neben Kapernaum. Der Name ist arabisch und leitet sich vom Griechischen für „sieben Quellen“ ab – dort, wo die sieben Quellen sind. In Tabgha gibt es eine Kirche, und um 400 nach Christus wurde dort ein wunderschönes Mosaik mit Broten und zwei Fischen geschaffen, um das Wunder aus Johannes 6 künstlerisch darzustellen.
Wenn man die Fische anschaut, schön gemacht von großen Künstlern, haben sie zwei Flossen auf dem Rücken. Dummerweise gibt es das nicht im See Genezareth. Da ist sofort klar, der Künstler war nicht von Ort. Oft wurden bei solchen Kunstwerken Künstler von weit hergeholt und bezahlt. Dabei verrät der Künstler seine Unkenntnis über die Situation am See Genezareth.
In den Evangelien hingegen finden wir sehr detaillierte Angaben, die genau zur Situation und den Besonderheiten mit diesem tropischen Fisch passen. Wer erwartet den im See Genezareth? Alles stimmt genau überein. Wenn nun die bibelkritischen Theorien stimmen würden, wären die Evangelien nicht authentisch von Augenzeugen verfasst. Das funktioniert nicht. Allein mit der Fischerei kann man das schon widerlegen. Das sind authentische Berichte von Leuten, die dort gelebt haben und die Dinge aus erster Hand kennen.
Kehren wir zurück zu Johannes 21. Das ist ein ganz interessanter Schlag gegen die Bibelkritik, und zwar mit der Fischerei. Der See Genezareth ist bedeutend für die Evangelien, denn das ist die Welt der Jünger. Die meisten Jünger kamen eben aus dieser Gegend.
Die Kombination der Fangmethoden und Petrus’ Bereitschaft
Sie wollten noch erläutern, was es mit der Zahl 153 auf sich hat. Ja, ganz genau. Übrigens wurde auch die Kombination von Spiegelnetz und Wurfnetz angewandt. Dabei war es so, dass einer der Fischer mit dem Wurfnetz ins Wasser sprang.
Genau das sehen wir hier bei Petrus. Er hatte das Oberkleid nicht an (Vers 7). Sobald er merkte, dass es der Herr war, zog er das Oberkleid an. Es heißt hier, dass er nackt war. Man muss wissen, dass „naktgymnos“ damals die Bezeichnung für jemanden war, der kein Oberkleid trug. Das bedeutet nicht, dass Petrus unbekleidet war, sondern nur ohne Oberkleid. Das war die normale Kleidung im Haus. Im Haushalt fühlte man sich so wohl, aber wenn man hinausging, zog man das Oberkleid an.
Jetzt, da Petrus ins Wasser sprang – und das war natürlich Ende Winter in Israel, wir sind ja im April, also noch ziemlich kalt – ging er als Schwimmer ins Wasser. Deshalb hatte er das Oberkleid nicht an. Sobald er jedoch merkte, dass es der Herr war, zog er es aus Respekt trotzdem an und zog die volle Kleidung an, inklusive Oberkleid.
Nachher sehen wir Petrus, der dann alleine handelt. In Vers 11 heißt es: „Da ging Simon Petrus hinauf und zog das Netz voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig, auf das Land. Und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“
Hier haben wir also das große Netz, aber mit Petrus, der bereit ist, ins Wasser zu springen. Wir sehen den Fischer, der die Spiegelnetzmethode mit dem Wurfnetz kombiniert. Das passt genau zur damaligen Situation und kann nur verstanden werden, wenn man, wie Johannes, tatsächlich ein Fischer vom See Genezareth war.
Nun zur Zahl 153. Man kann sie aufsplittern in zwölf mal zwölf, also 144, und dann bleiben noch neun übrig, was drei mal drei ist. Die Zahl zwölf wird also betont – zwölf mal zwölf – und auch die Zahl drei wird betont – drei mal drei.
Welche Bedeutung hat die Zahl zwölf in der Bibel? Sie steht für die Jünger. Warum waren es zwölf Apostel? Weil sie einen speziellen Auftrag für Israel hatten. Im Gegensatz dazu war Paulus Apostel für die Heidenvölker. Dass es im Neuen Testament dreizehn Apostel Jesu Christi gibt, ist von der Zahl her nicht verwunderlich. Zwölf stehen für Israel, und der eine ist für die Heidenvölker.
So ist die Zahl zwölf die Zahl für Israel, und die Zahl drei ist die Zahl Gottes – ein Gott in drei Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Die Auferstehungsberichte und die Bedeutung für Israel und die Gemeinde
Nun, in den Auferstehungsberichten haben wir eigentlich eine zusammenhängende Darstellung. In Kapitel 20 begegnen wir zuerst Maria Magdalena, die vom Herrn angewiesen wird: „Rühre mich nicht länger an.“ Das ist der genaue Sinn von Vers 17. Sie hatte ihn bereits berührt, doch der Herr sagt: „Hör auf, mich zu berühren, denn ich bin noch nicht aufgefahren.“
Der Herr erklärt also, dass er jetzt von der Erde weggehen muss. Es kommt die Zeit, in der er nicht mehr hier sein wird, während sie weiterhin auf der Erde bleiben. Er geht zu seinem Vater, der nun auch unser Vater ist, zu meinem Gott und auch zu eurem Gott. Hier wird eine ganz neue Beziehung gezeigt. Der Herr nennt zum ersten Mal die Jünger seine Brüder und sagt: „Ich gehe hin zu meinen Brüdern.“
Obwohl eine enge Beziehung mit dem Herrn besteht, nennt er die Gläubigen Brüder. Trotzdem geht der Herr weg in den Himmel. Man kann ihn nicht länger berühren oder sehen. Das ist genau die Situation der Christenheit, der Zeit der Gemeinde Gottes. Diese Zeit ist geprägt dadurch, dass Jesus Christus im Himmel ist. Die Gemeinde ist also von ihrem Herrn getrennt, aber dennoch besteht eine enge Beziehung zu ihm, eine so enge, wie sie die Gläubigen im Alten Testament nicht hatten. Diese wurden nicht als Brüder oder als Kinder Gottes bezeichnet.
Dann folgt die Geschichte mit Thomas, der erst glaubt, als er den Herrn gesehen hat. Das ist ein Hinweis auf Israel. Wenn der Herr Jesus in der Zukunft wiederkommen wird, werden sie, nach Sacharja 12,10, auf ihn blicken, den sie durchbohrt haben, und über ihn wehklagen. Israel hat die Verheißung, den Messias in der Zukunft zu sehen, den Auferstandenen mit seinen Wunden.
In Sacharja 12,10 heißt es: „Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben.“ Und in Sacharja 13,6 steht: „Wenn jemand zu ihm spricht: Was sind das für Wunden in deinen Händen? So wird er ihnen sagen: Das sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Haus derer, die mich lieben.“ Das ist Israels Hoffnung. Sie werden den Messias sehen. Wir sehen ihn nicht, sind aber eng mit ihm verbunden als seine Brüder.
Dann folgt der große Fischfang im Meer von Tiberias. Das Meer ist in der Bibel immer wieder ein Bild für die Völker. Eine klassische Stelle, die das noch klarer macht, finden wir in der Offenbarung, wo das Tier aus dem Meer kommt. Dort wird deutlich, dass das Meer die Völker meint. Auch Jesaja 17,12 beschreibt das Meer als Symbol für die Völker. Dort heißt es in den Versen 12 und 13:
„Wehe, ein Turm vieler Völker, und sie tobt wie das Meer, und ein Rauschen von Völkern, die wie mächtige Wasser rauschen. Die Völker rauschen gleich dem großen Wasser; wenn er sie aber scheucht, so fliehen sie weit davon und werden davongejagt, dahin gejagt wie die Spreu auf den Bergen vor dem Wind und wie die Wüste, die unterschritten wird.“
Das Getümmel vieler Völker wird also mit dem Brausen der Meere verglichen. So werden Völker durch das Bild des Meeres dargestellt.
Die biblische Prophetie verheißt uns, dass es in der Zeit der Wiederkunft Christi, also nach der Entrückung der Gemeinde, noch eine große Frucht aus allen Völkern geben wird. Diese finden wir in Offenbarung 7. Dort sehen wir zuerst die zwölf Gläubigen aus den zwölf Stämmen Israels, die 144.000 Versiegelten – zwölf mal zwölftausend. Diese werden nach der Entrückung der Gemeinde evangelisieren.
Dann lesen wir von einer riesigen Frucht aus den Völkern. In Vers 9 heißt es:
„Nach diesem sah ich, und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen. Sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern, und Palmen waren in ihren Händen.“
Dann wird gefragt, wer diese Menschen sind, und die Erklärung folgt in Vers 14:
„Dies sind die, welche aus der großen Drangsal kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und weiß gemacht im Blut des Lammes.“
Es sind also Menschen aus allen Völkern, Stämmen und Sprachen, die durch die Drangsal hindurchgehen. Die Gemeinde wird vor der Drangsal entrückt. Der Überrest aus Israel, der sich bekehren wird, sind zunächst die 144.000 in der ersten Zeit. Während der Drangsal selbst wird sich ein Drittel der Bevölkerung bekehren (Sacharja 13,8). Aus den Völkern wird eine unzählbare Schar gerettet werden.
Diese Menschen sind jedoch nicht diejenigen, die das Evangelium bis zur Entrückung gehört haben. Denn in 2. Thessalonicher 2,8-12 wird deutlich, dass diejenigen, die die Wahrheit gehört und abgelehnt haben, sich verhärten und vom Antichristen verführt werden. Gott sendet eine wirksame Kraft des Irrwahns, sodass sie der Lüge glauben.
Heute gibt es noch immer zwei Milliarden Menschen, die das Evangelium noch nie gehört haben, und weitere zwei Milliarden, die es noch nie richtig gehört haben. Aus diesen Menschen wird noch eine riesige Ernte eingebracht werden. Um die Sprache von Johannes 21 zu benutzen: Es wird ein riesiger Fischfang sein.
Die Erweckung wird nicht in Europa und Nordamerika stattfinden, wie es in den vergangenen Jahren von Charismatikern prophezeit wurde. Heute spricht man kaum noch darüber. Die Ernüchterung ist längst eingetreten. Es funktioniert einfach nicht. Bis zum Jahr 2000 hätte die größte Erweckung kommen sollen, so sagten es die Propheten voraus. Damit haben sie gezeigt, dass sie falsche Propheten waren. Es ist nicht gekommen.
Paulus sagt in 2. Thessalonicher 2, dass vor der Wiederkunft Christi der große Abfall kommen wird. Abfallen kann man nur dort, wo das Christentum bekannt war. So erleben wir gerade in den klassischen oder einst christlichen Gebieten den großen Abfall. Unter den anderen Völkern hingegen wird noch die große Ernte kommen.
Der Fischfang, den der Herr in Johannes 21 bewirkt, ist eine Vorschattung auf diesen großen Fischfang aus dem Völkermeer, diese unzählbare Schar. Israel wird daran beteiligt sein, und Gottes Wirken wird sich in gewaltiger Weise entfalten. Das wird durch die Zahl 153 symbolisiert – zwölf mal zwölf und drei mal drei.
Die Wiederherstellung des Petrus und die Bedeutung der Liebe
Ja, jetzt ist Zeit für eine Pause – zwanzig Minuten Kuchen essen. Ich habe hier leider nicht viele Programme, die man sich anschauen könnte. Wir könnten uns bedienen; vielleicht überlegen es sich einige ernsthaft. Wer sonst noch ein Exemplar braucht, kann sich eintragen, dann kann man es nachschicken.
Wir fahren jetzt weiter und kommen zum letzten Abschnitt des Johannesevangeliums. Der Herr hatte also die Galileasardinen und das Brot bereit. Ab Vers 15 folgt eine ganz bewegende Szene nach dem Frühstück. Der Herr stellt Petrus eine Frage, und zwar welche? Genau: „Liebst du mich mehr als diese?“ Bedeutet das wirklich genau das? Oder könnte es auch heißen: „Liebst du mich nicht mehr als die anderen Jünger?“ Aha, auf Deutsch: Ja. Theoretisch denkbar, ja, aber der Sinn ist folgender: Petrus sagte damals am Vorabend der Kreuzigung, was? „Wenn sich alle ärgern, ich werde mich nicht ärgern. Ich bin bereit, in den Tod zu gehen.“ Er war überzeugt, dass seine Liebe zum Herrn die Liebe aller anderen übertrifft. Darum ist diese Frage sehr berechtigt.
Und wie oft wird ihm die Frage gestellt? Dreimal! Auf diese dreimalige Befragung gibt es eine Anspielung auf das dreimalige Verleugnen des Herrn, das wir heute aus Matthäus 26 gelesen haben. Darum müssen wir das nicht nochmals nachlesen.
Die Antwort von Petrus steht so bei Ihnen? Wer hat die alte Elberfelder? „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe“, steht hier. Jawohl. Während die Frage in der gleichen Übersetzung so formuliert ist: „Liebst du mich mehr als diese?“ Also nicht „Hast du mich lieber als diese?“, sondern „Liebst du mich?“ Der Unterschied ist tatsächlich im Grundtext zu sehen.
Das griechische Wort, das Johannes verwendet, wenn der Herr fragt, ist agapao, und Petrus verwendet dann das Wort phileo. Phileo ist übrigens verwandt mit philos, Freund. Das ist also die übliche Liebe zu solchen, zu denen man eine Nähe hat, die quasi zur gleichen Gruppe gehören. Das Wort agapao hängt zusammen mit dem Hauptwort agape. Dieses Wort kannte man auch im Altgriechischen, aber es wurde fast nicht verwendet. Darum hat man lange in der gelehrten Welt früher gemeint, es sei eine Neukreierung dieses Wortes.
Man findet es bereits in der Septuaginta, der ältesten Bibelübersetzung auf Griechisch aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Im Neuen Testament wird es zu einem ganz wichtigen Hauptwort. So hat man lange gedacht, es sei im Altgriechischen sonst nicht bekannt gewesen, aber inzwischen hat man verschiedene Inschriften gefunden, die zeigen, dass das Wort bekannt, aber sehr selten verwendet wurde.
Das ist klar, denn das, was man in der Literatur schriftlich hat aus der alten Welt, ist nicht alles, was je in der Umgangssprache verwendet wurde. Es ist nur ein kleiner Ausschnitt. Aber statistisch zeigt es, dass dieses Wort offensichtlich nicht üblich war. Genau dieses unübliche Wort wird im Neuen Testament so gebräuchlich.
Der Heilige Geist hat also dieses Wort agape gebraucht, um ganz besonders die Liebe Gottes darzustellen. Wenn wir aufschlagen in 1. Korinther 13, wird gezeigt, wie die Liebe ist, die Gott wirkt. Dort haben wir ständig das Wort agape.
Lesen wir zuerst einmal Vers 1: „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel.“ Hier ist die Liebe agape.
Auch in den weiteren Versen wird diese agape, diese von Gott gewirkte Liebe, die von Gott kommt, in Vers 4 umschrieben: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, sie neidet nicht, sie tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit. Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals.“
Seien es aber Weissagungen, bis die Hirnmacht, und dann noch Vers 13: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.“ Jedes Mal agape.
So wirkt sich die Liebe Gottes im Leben der Erlösten aus, wenn Gott durch sie wirken kann. In 1. Johannes 4 wird agape verwendet, um das Wesen Gottes zu beschreiben, wie Gott ist. Lesen wir 1. Johannes 4, Verse 7 und 8:
„Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.“
Hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.
Jawohl, also Gott ist Liebe, nicht Gott hat Liebe, sondern Gott ist Liebe – und das ist agape. Übrigens ist hier noch ganz wichtig: Es heißt nicht „Gott ist die Liebe“, sondern „Gott ist Liebe“. Das ist ein wichtiger Unterschied, nämlich was darin enthalten ist.
Wenn es heißen würde „Gott ist die Liebe“, wäre das eine Irrlehre, weil es nur eine Eigenschaft wäre. Ein Hindu würde sagen „Gott ist Liebe“. Gott ist die Liebe. Aber es ist nicht alles, was irgendwie mit Liebe zu tun hat, das ist Gott. Das Wesen Gottes ist Liebe.
Versteht man, was ich meine? Nicht irgendwie die Liebe zwischen zwei Menschen, die auch mit agapao umschrieben werden kann. „Ihr Männer, liebt eure Frauen“, ich will es erfüllen, ich will es auch agapao nennen, die von Gott gewirkte Liebe, auch in der Ehe. Aber wenn man sagen würde „Gott ist die Liebe“, wäre das, was zwischen Mann und Frau in einer christlichen Ehe an Liebe da ist, nicht Gott. Aber eben: Gott ist in seinem Wesen Liebe.
Man muss natürlich kein Problem haben, wenn ein Lied falsch formuliert ist mit „Gott ist die Liebe“. Man muss nur das Richtige denken. Aber das macht ja sowieso jeder, der das Lied singt. Niemand meint das so, dass Gott die Liebe sei. Aber ganz korrekt ausgedrückt müsste man sagen: „Gott ist Liebe.“
Nun, was hat das Wort bei den Griechen bedeutet? Irgendwie Liebe, so wie eben philia, Liebe für Freunde, für Nahestehende. Aber bei agape ist es nicht so ganz klar, was die Bedeutung ist. Gerade deswegen hat der Heilige Geist dieses Wort genommen, weil es nicht mit irgendwelchen Nebenbedeutungen belastet war.
Das Wort war ganz unbelastet und konnte darum ganz neu gefüllt werden mit diesem Inhalt, wer Gott ist und wie diese Liebe Gottes sich darin geoffenbart hat, dass Gott seinen Sohn gegeben hat. Da haben wir eben das Wort agapao oder agape: „Hierin ist die Liebe, die agape Gottes zu uns geoffenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat.“
Darum war das also ganz ideal. Das Griechische kennt verschiedene Wörter für Liebe, wir haben schon zwei erwähnt. Weiß jemand noch ein drittes Wort? Eros.
Eros, dann die Grundform „eran“, lieben. Was bedeutet Eros? Erotik. Nur. Also die körperliche Liebe natürlich. Ja, aber nicht nur. Eran konnte bei den alten Griechen auch für eine ganz normale zwischenmenschliche Liebe gebraucht werden, die mit Sexualität nichts zu tun hatte. Das Wort wurde sehr breit verwendet im Alltag, aber es war ganz besonders mit der Bedeutung einer egoistischen, lüsternen Liebe gefüllt.
Dieses Wort hat der Heilige Geist nie verwendet im Neuen Testament. Man hätte es benutzen können, denn das Wort wurde nicht nur negativ gebraucht, sondern auch im positiven Sinn. Trotzdem hat der Heilige Geist es nie verwendet, weil es eben ein belastetes Wort war.
Das hilft uns übrigens auch, klarzusehen: Wie ist das eigentlich mit der Sprache? Welche Wörter soll man benutzen und welche nicht? Gerade in der Jugendsprache, selbst unter Christen, ist die Ansicht verbreitet, Wörter wie „geil“ seien kein Problem, weil niemand heute das versteht, was man ursprünglich verstanden hat.
Das stimmt gar nicht, denn das Wort wird parallel benutzt für etwas Tolles, aber auch mit sexueller Bedeutung. Es wird immer noch beides benutzt. Das Wort ist so von verwerflichem Inhalt, dass Worte wie Titus 2 hochaktuell sind. Das sind nicht nur Empfehlungen, sondern ein Gebot.
Titus 2, Verse 6 bis 8, kann jemand lesen? „Gleicherweise ermahnt die jungen Männer, dass sie besonnen sein sollen. In allem mache dich selbst zu einem Vorbild guter Werke, in der Lehre erweise Unverfälschtheit, würdigen Ernst, Unverderbtheit, gesunde, untadelige Rede, damit der Gegner beschämt wird, weil er nichts Schlechtes über euch sagen kann.“
Jawohl, da wird Titus aufgefordert, für junge Leute ein Vorbild zu sein, gerade auch in der Art und Weise, wie er spricht. Da heißt es: „Gesunde, nicht zu verurteilende Rede.“ Gesund ist ein Wort, das Paulus in den späteren Briefen oft verwendet, in den Timotheusbriefen und dem Titusbrief. Ihr könnt übrigens davon ausgehen, dass er das Wort später so oft benutzt, weil er in der letzten Zeit sehr eng mit Lukas zusammen war, dem Arzt.
Gesund ist das Gegenteil von krank, also das, was nicht irgendwie infiziert ist: gesunde, nicht zu verurteilende Rede.
Noch etwas aus Epheser 5, Vers 3. Wer liest? „Unzucht aber und alle Unreinheit oder Habsucht sollen nicht einmal unter euch genannt werden, wie es Heiligen geziemt; auf Unanständigkeit und albernes Geschwätz, Witzelei, die sich nicht geziemt, stattdessen aber Danksagung.“
Jawohl, das ist eine ganz klare Aussage und ein Befehl: Hurerei und alle Unreinigkeit oder Habsucht sollen nicht einmal unter euch genannt werden.
Aber jetzt hat Paulus ja gerade das Wort verwendet. Was sagt man dazu? Und an vielen anderen Stellen spricht er über Hurerei, weil das eindeutig war, da konnte sich jeder etwas darunter vorstellen.
Ja klar, aber wenn er sagt, das werde und solle nicht einmal genannt werden, gleich wie es Heiligen geziemt, geht es darum, dass in Zusammenhängen, in denen diese Dinge erwähnt werden mussten, um eine gesunde Belehrung zu geben, Paulus dieses Wort verwenden musste.
Hier geht es aber um das Schwatzen über diese Dinge. Er nennt das zusammen mit albernem Geschwätz und Witzelei, also anzüglichen Witzen und Anspielungen. Das wird ganz klar verurteilt.
Wenn es nötig ist, über diese Dinge zu sprechen, müssen wir darüber sprechen, so klar wie die Bibel spricht. Aber nicht einfach, weil es ein spannendes Unterhaltungsthema ist. Das ist keine Unterhaltung für Gläubige.
In der jetzigen Zeit hat das eine ganz besondere Aktualität. Wenn man an diese Volksbibel denkt, die jetzt herausgekommen ist: Es ist ja gar keine Bibel, sondern reine Gotteslästerung. Die Bibel in der Gossensprache, so übel und so ein bewusster oder eindeutiger Bruch von klaren Geboten der Bibel.
Wenn wir also sehen, wie der Heilige Geist in der Bibel spricht, ist es auffällig, dass er das Wort eros, davon sind wir ausgegangen, nicht verwendet. Obwohl das Wort hätte in einem positiven Sinn gebraucht werden können, war es belastet.
Es gibt noch ein drittes Wort für Liebe, das im Neuen Testament verwendet wird: storge. In 2. Timotheus 3 kommt es nur zweimal vor, noch einmal in Römer 1 am Schluss. Dort werden die Menschen in der Endzeit beschrieben.
In 2. Timotheus 3, Vers 3, liest man unter den achtzehn Kennzeichen: „Das Gute nicht liebend“ oder „lieblos“, „ohne natürliche Liebe“, also zuerst „den Eltern ungehorsam“ (Vers 2), „undankbar“, „unheilig“ (Vers 2). Jetzt kommt das Nächste: „Lieblos“, „unversöhnlich“, „lieblos“. Ja, lieblos, lieblos.
Das ist eben a-storge, ohne natürliche Liebe. Storge bezeichnet die natürliche Liebe, die Eltern für ihre Kinder haben und Kinder für ihre Eltern. Das, was einfach ins natürliche Wesen des Menschen gegeben ist.
Der endzeitliche Mensch erlebt hier sogar einen Bruch in der familiären Liebe. Darum ist das Wort a-storge, die Verneinung, ohne natürliche Liebe, und das passt besonders zu unserer Zeit der zerbrochenen Familien.
Wenn man bedenkt, dass eine Frau sieben Kinder umbringt, die sie selbst geboren hat, und dann die ganze Abtreibung, die gehört ja auch mit hinein. Tausende Millionen werden abgetrieben. Das ist dieses Wort storge, das nochmals eine besondere Nuance hat.
Eros wird eben nicht verwendet.
Nun zurück zu Johannes 21: Der Herr braucht agapao. Das ist das Wort, das im Neuen Testament insbesondere diese von Gott gewirkte Liebe bezeichnet.
Petrus schwächt ab: „Du weißt, dass ich dich lieb habe“, phileo. Damit macht er deutlich, dass er den Herrn lieb hat, aber sich nicht zutraut zu sagen: „Ich liebe den Herrn.“ Diese ganze Erfahrung der Verleugnung hat bei ihm eine echte Demut bewirkt.
Er sagt nicht: „Ich habe dich lieber als die anderen“, sondern: „Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.“ Von den anderen spricht er gar nicht mehr, er macht keinen Vergleich mehr.
Dann fragt der Herr zum zweiten Mal, Vers 16. Wer liest? „Wiederum spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Jonas, liebst du mich?“ Er antwortet: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.“ Genau das Gleiche.
Der Herr benutzt agapao und Petrus phileo. Nun die dritte Frage des Herrn lautet: …
Aber er schwächt schon ein bisschen ab, der Herr, also in der zweiten Frage.
Ja, ganz genau, sehr gut. Er macht nicht mehr den Vergleich „mehr als diese“, sondern fragt: „Hast du diese göttliche Liebe?“ Die Antwort Petrus’ ist wieder die abgeschwächte Form: „Ich habe dich lieb.“
Die dritte Frage des Herrn ist nochmals anders. Er spricht zum dritten Mal zu ihm: „Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?“ Petrus wurde traurig, dass er zum dritten Mal gefragt wurde: „Hast du mich lieb?“
Jawohl, der Herr benutzt jetzt das gleiche Wort wie Petrus. Also: „Simon, Sohn Jonas, hast du mich lieb?“ Nicht mehr „Liebst du mich?“ und schon gar nicht mehr „Liebst du mich mehr als diese?“
Petrus gibt die verstärkte Antwort: „Herr, du weißt alles.“ Vorher hatte er nur gesagt: „Herr, du weißt.“ „Du weißt doch alles, du erkennst, dass ich diese schwache Liebe zu dir habe.“ Aber es macht ihn traurig, dass die Frage nun ein drittes Mal kommt. Das musste aber so sein, eben in Anspielung auf die dreifache Verleugnung.
Dreimal bekennt er sich auf schlichte, demütige Weise zu seiner Liebe zum Herrn.
Es ist in keinem einzigen Fall eine pure Wiederholung. Der Herr stellt die Frage jedes Mal ein bisschen anders. Nach jeder Antwort gibt der Herr ihm einen Auftrag.
Das erste Mal lautet der Auftrag: „Weide meine Lämmer.“ Hier bekommt Petrus eine neue Aufgabe. Nicht nur Menschenfischer zu sein, Evangelist, sondern Hirte.
Hirte zu sein ist eine geistliche Gabe, so wie auch der Evangelist. In Epheser 4 sehen wir, wie der Herr die Gaben der Gemeinde gegeben hat. Schlagen wir kurz auf, Epheser 4, Vers 11:
„Und er hat die einen als Apostel gegeben, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi.“
Jawohl, nebst den Gaben Apostel, Propheten, Evangelisten und Lehrern wird hier der Hirte erwähnt.
Petrus bekam hier den Auftrag: „Weide meine Lämmlein.“
Nach der zweiten Frage und der Antwort darauf gibt der Herr wieder einen Auftrag: „Hüte meine Schafe!“ (Vers 16 am Schluss). Das ist nicht dasselbe.
Was ist der Unterschied? Das eine sind die Lämmer, die jungen Schafe, und das andere sind die Erwachsenen, also die jungen Gläubigen in der Gemeinde. Die müssen geweidet werden, die Alten müssen gehütet werden.
Das ist ein interessanter Unterschied. Lämmlein, die frisch zum Glauben gekommen sind und eine brennende Liebe zum Herrn haben, brauchen nicht dauernd gewarnt zu werden. Man kann ihnen einfach Nahrung geben. Der Herr kann ihnen vorgestellt werden in seinen Worten. Das erfüllt sie. Das ist Weiden: positive, gesunde Nahrung geben.
Wenn die erste Liebe zum Herrn abnimmt, werden die Gefahren größer. Darum müssen die Schafe gehütet werden.
Der dritte Auftrag lautet dann: …
Das ist ganz wichtig. Wenn man sich bewusst ist, dass die Schafe in vielen Gefahren sind, können gewisse Brüder zu Spezialisten für Gefahren werden. Sie sprechen dauernd nur über Gefahren. Das ist nicht gut.
Es ist wichtig, dass man aufklärt und auf Gefahren hinweist. Aber wenn dabei das Nahrunggeben, das, was wirklich im Glauben weiterführt und das Wachstum fördert, zu kurz kommt, ist das problematisch.
Das ist letztlich der Herr, den Herrn in seinem Wort vorzustellen, seine Herrlichkeit, seine Größe, seine Erhabenheit wie auch seine Erniedrigung hier auf der Erde. Das ganze Wort Gottes macht den Herrn aus, vom Anfang bis zum Schluss.
Nach dem Johannesevangelium werden wir das Thema messianische Prophetie im Alten Testament neu beginnen. Wir fangen dann mit 1. Mose an und gehen durch die Bibelbücher hindurch. Schon im ganzen Alten Testament findet man den Herrn wie einen roten Faden. Das bringt Nahrung.
So ist es wichtig, dass die Schafe gehütet und geweidet werden.
Nirgends ist das eine pure Wiederholung. Jedes Mal sagt der Herr etwas anderes aus. Trotzdem ist es dreimal, um an die dreifache Verleugnung zu erinnern.
Die geheime Begegnung des Auferstandenen mit Petrus und die öffentliche Wiederherstellung
Nun war das das erste Mal, dass der Herr mit Simon Petrus gesprochen hat nach der Auferstehung. Nein, es gab eine frühere Begegnung – und zwar nur mit Petrus allein. Wo wird diese erwähnt? In 1. Korinther 15, dort werden die Zeugen der Auferstehung aufgelistet.
Ab Vers 3 heißt es: „Denn ich habe euch zuallererst das überliefert, was ich auch empfangen habe, nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften, und dass er begraben worden ist, und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften, und dass er dem Kephas erschienen ist, danach den Zwölfen. Danach ist er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal erschienen, von denen die meisten noch leben, etliche aber auch entschlafen sind. Danach erschien er dem Jakobus, hierauf sämtlichen Aposteln, zuletzt aber vor allen erschien er mir, der ich gleichsam eine unzeitige Geburt bin.“
Ja, also diese Erscheinung nur für Petrus wird nirgends im Neuen Testament beschrieben. Wir haben ja verschiedene Erscheinungen, die in den Evangelien beschrieben werden, aber diese eine Begegnung wird nur genannt, nie aber beschrieben. Was hat der Herr dort mit ihm gesprochen? Niemand weiß es. Das war also eine Besprechung mit Petrus, in die niemand anders hineinschauen durfte. Und da hat der Herr mit Petrus sprechen können.
Wo genau steht das eben? Ich habe den Namen Petrus nicht erwähnt, sondern Kephas. Das ist ein aramäischer Name – ach, dass es derselbe ist. Der aramäische Name Kephas wird in Johannes 1 erwähnt, dort gibt der Herr eben diesen Namen Kephas.
Ich habe eine Frage: Ein paarmal steht da immer „jetzt danach“ und „danach“. Ist das dann wirklich eine zeitliche Abfolge? Denn da heißt es ja, dass er den fünfhundert Brüdern auf einmal erschien, dann wieder einmal dem Jakobus und den Aposteln. Man bekommt es in der zeitlichen Reihenfolge an. Das ist schon eine zeitliche Reihenfolge, denn er sagt ja schließlich: „Und zuletzt dann mir.“ Und da meint er die Begegnung vor Damaskus. Und das war auch zeitlich das Letzte.
Also Paulus erwähnt hier ganz bestimmte Erscheinungen, aber nicht alle, sondern ganz bestimmte Ereignisse, die so in dieser Reihenfolge stattgefunden hatten. Aber zum Beispiel die Begegnung mit den 500 findet man auch nicht in den Evangelien, die erwähnt nur Paulus hier. Also, der Herr ist so dem Petrus erschienen, hat mit jemandem eine Unterredung gehabt – niemand weiß, was der Herr mit ihm gesprochen hat, auch was seine Verleugnung anbetrifft.
Aber jetzt hier spricht der Herr im Dasein all dieser anderen Jünger, die erlebt hatten, wie Petrus sich über sie gestellt hatte. Wenn sich alle ärgern, ich werde mich nicht ärgern. Und darum war das nun wichtig: In der ersten Begegnung hat der Herr eine Wiederherstellung gewirkt, ganz persönlich für Petrus vor Gott.
Aber jetzt geht es um eine Wiederherstellung auch im Kreis der anderen Gläubigen. Weil Petrus eine führende Funktion hatte, musste er eben auch öffentlich wiederhergestellt werden, denn sein Fall war auch öffentlich. Das war bekannt, und so musste der Herr ihn auch öffentlich wiederherstellen.
Wir haben gemerkt: Petrus war sowieso frustriert, „Ich gehe fischen.“ Und nun setzt der Herr ihn wieder ein in den Dienst – und zwar so, dass nicht die anderen dann sagen könnten: „Petrus, du hast so versagt, und jetzt willst du plötzlich Hirten-Dienst machen?“ Nein, sondern ihm, bei sein all den anderen Jüngern, die haben gehört: „Nein, der Petrus ist anders, der spricht nicht mehr so die Sprache von vorhin. Er sagt: ‚Du weißt, dass ich dich lieb habe‘“ – und von den anderen spricht er schon gar nicht mehr.
Der Herr gibt ihm diesen Auftrag des Hirten-Dienstes. Und so konnte eben Petrus wieder völlig hergestellt werden. Am Pfingsttag sehen wir einen Mann, der mit Autorität auch in der Öffentlichkeit auftreten konnte. Und in Apostelgeschichte 3 konnte er der Masse sagen: „Ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet!“ Sie hätten sagen können: „Ja, und du, Petrus, bist völlig wiederhergestellt.“
Und weil die Wiederherstellung so völlig wahr vor Gott im Privaten, im Verborgenen und auch im Kreis, im Jüngerkreis war, konnte Petrus mit einer ganz neuen Freimütigkeit hinstehen und sagen: „Ihr habt verleugnet.“
Aber woher wusste Paulus das denn? Spirituelle Eingebung der Mission? Nein, wir finden das auch in Lukas erwähnt. Petrus hat natürlich auch von den Augenzeugen so Informationen bekommen, das war ja ganz normal.
Dann habe ich noch eine Frage zu Vers 14 hier bei 21: „Das war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte.“ Ja, das bezieht sich auf die Beschreibungen, die Johannes gibt. Da wird ganz eindeutig ausgeschlossen die Begegnung mit den beiden Wanderern. Thomas? Nein, nein, nein. Und es gibt ja noch mehr Begegnungen. Nein, es sind die drei, die Johannes hier erwähnt in seinem Evangelium.
Und die waren eben ganz speziell ausgewählt, um dieses Panorama zu geben: die neue Beziehung der Gläubigen in der Gemeindezeit, dann die Beziehung des Überrestes aus Israel, wenn sie den Herrn sehen werden mit seinen Wunden, und die große Ernte, also der große Fischfang aus dem Völkermeer.
Der Herr stellt Petrus her und zeigt ihm aber auch, dass er in seinem Dienst schließlich als Märtyrer doch sterben wird. Petrus sagte: „Ich bin bereit zu sterben.“ Und jetzt hat er diesen Hochmut abgelegt, aber der Herr zeigt ihm: Tatsächlich wirst du sterben, und der Moment wird kommen, wo du deine Hände ausbreiten wirst und man wird dich führen, wohin du nicht willst.
Johannes erklärt, das war eine Andeutung seines Todes. Und so wird auch aus der frühchristlichen Überlieferung berichtet, dass Petrus gekreuzigt worden ist – mit dem Kopf nach unten, unter Kaiser Nero in Rom, nach der Überlieferung.
Etwa in der gleichen Zeit wurde Paulus nicht gekreuzigt, sondern geköpft, weil er römisches Bürgerrecht hatte. Einen römischen Bürger durfte man nicht kreuzigen. Petrus hatte nicht das römische Bürgerrecht, und darum konnte er gekreuzigt werden.
Aber kurz darauf, im Jahr 68, hat dann Nero Selbstmord begangen. Das war Gottes Gericht über den Mord an dem Führenden der zwölf Apostel und dem Apostel für die Heiden.
Das hat dann, wie ich ja schon früher erzählt habe, den jüdischen Christen das Leben gerettet. Denn um 68 war ja bereits der Krieg der Römer gegen die Juden voll im Gang, seit 66. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen, aber 68 mit dem Selbstmord kam es zu einem Stopp des Krieges.
Dann konnten alle jüdischen Christen fliehen, hinüber über den Jordan nach Pella, und wurden von allen weiteren Kriegsverhandlungen verschont.
Hat es bei Nero, dem Selbstmord, im Allgemeinen nach der Bibel eine Bedeutung? Ist es unmöglich, dass man gerettet wird? Nein, es hat nichts damit zu tun. Aber Selbstmord ist bei diesem gottlosen Menschen ein Gericht Gottes.
So wie wir das... Könnte ein Gläubiger sich Selbstmord begehen? Das ist durchaus denkbar, ja. Aber Römer 8 zeigt ja, dass weder Leben noch Tod – kann jemand, der wirklich errettet ist – es gibt ja auch die Meinung, sie seien bekehrt – aber da gibt es nichts, was trennen kann von der Liebe Gottes, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges.
Gut, es gibt diese Fälle, wo jemand in einer völligen Verdunklung ist, zum Beispiel in einer geistigen Verdunklung. Aber was jedenfalls bleibt: Mord ist Mord. Wir haben kein Recht, unser Leben anzutasten, denn das Leben gehört Gott, nicht uns.
Ja, aber wir müssen noch zum Schluss kommen. Also Petrus wird hier angekündigt, dass sein Dienst enden wird mit dem Sterben für den Herrn. Und dann kommt die Sache mit Johannes. Petrus möchte wissen: „Ja, was ist dann mit diesem?“ Und der Herr weist ihn zu Recht darauf hin, dass er sich nicht so sehr auf die Frage richten soll.
Ja, „wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht das dich an? Folge du mir nach.“ Hier lernen wir das Prinzip: Im Dienst für den Herrn stehen wir zunächst einmal ganz persönlich vor dem Herrn. Also das ist eine ganz persönliche Sache.
Darum muss man aufpassen, dass man nicht so leichtfertig in den Dienst anderer hineinredet – nur dann, wenn ein Dienst wirklich eindeutig im Widerspruch mit dem Wort Gottes steht, dann natürlich schon.
Aber auch Römer 14 macht ganz deutlich: „Was richtest du den Dienstknecht eines anderen? Er steht und fällt seinem Herrn.“ Dort wird also deutlich gemacht, dass es nicht richtig ist, wenn man sich in den Dienst anderer einmischt.
„Was geht es dich an? Folge du mir nach.“ Also im Dienst stehen wir ganz persönlich vor dem Herrn.
Und daraus hat sich dann eine falsche Schlussfolgerung ergeben. Der Herr hat gesagt: „Wenn ich will, dass er bleibe, bis ich komme“ – bis zur Wiederkunft Christi – „was geht es dich an?“ Und daraus hat man abgeleitet, Johannes werde nicht sterben.
Und tatsächlich ist ein Apostel nach dem anderen gestorben. Am Schluss war nur noch einer da: Johannes. Aber der hat dann um 95 herum, ungefähr zwischen 95 und 98, das Johannesevangelium geschrieben, und da hat er schon die Antwort gegeben.
Johannes ist dann am Anfang der Regierung von Kaiser Trajan gestorben. Trajan begann 98.
Ja, alle haben für den Herrn gelitten. Johannes war auf Patmos als leidender Zeuge, aber er ist offensichtlich nicht getötet worden. So um 100 nach Christus ist er dann heimgegangen, als letzter aller Apostel.
Aber wir sehen hier, wie man aus einer Aussage des Herrn eine falsche Ableitung machen kann. Darum müssen wir aufpassen, dass man Ableitungen aus dem Wort Gottes nicht dieselbe Kraft zuschreibt wie ganz direkten Bibelworten.
Wir sehen, wie gut wir aufpassen müssen, wenn man aus einem Wort der Bibel eine Ableitung macht – denn diese Ableitung war falsch: „Er wird nicht sterben.“
Ja, und schließlich endet Johannes seinen Bericht mit der Feststellung, dass es noch viele Dinge gäbe zu berichten. Aber wenn man alles wirklich einzeln niederschreiben würde, so könnte die Welt, griechisch Kosmos, die Bücher nicht fassen.
Im ersten Moment denkt man, das ist so eine bildliche, übertriebene Beschreibung. Aber wenn wir denken, Paulus sagt in 2. Korinther 9, Vers 15: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe“, dann hat das mehr zu bedeuten.
Herr Jesus ist der ewige Gott, und es ist so unbegreiflich, was Johannes 1, Vers 14 beschreibt: Das Wort, der Logos, wurde Fleisch und wohnte unter uns. Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit – also der ewige Gott, den das ganze Welt dann nicht fassen kann.
Salomo sagt in 1. Könige 8, Vers 27: „Der Himmel und der Himmel der Himmel können dich nicht fassen, wie viel weniger dieses Haus, das ich dir gebaut habe.“ Der Himmel, die Atmosphäre, der Lufthimmel – der ganze Kosmos kann Gott nicht fassen. Und trotzdem ist Gott Mensch geworden.
Aber in seinem Leben, in diesen 33 Jahren, hat der Herr Jesus eine solche Herrlichkeit Gottes geoffenbart, so dass Johannes sagen muss: Wenn man alles aufschreiben würde, könnte die Welt die Bücher nicht fassen.
Er ist die unaussprechliche Gabe Gottes, und darum werden wir in Ewigkeit den Herrn Jesus immer besser kennenlernen und werden nie zum Ende kommen, denn er ist unfassbar.
Aber durch den Glauben an diese unaussprechliche Gabe Gottes dürfen wir das kennen, was Petrus nennt: die unaussprechliche Freude.
Schließen wir damit: 1. Petrus 1, Vers 8, es geht um Jesus Christus: „Obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt ihr ihn.“ Er sagt übrigens nicht „habt ihr ihn lieb“, da ist Petrus erschüttert Jahre später.
Ja, liebt ihn mit welchem Glauben! Obgleich ihr ihn jetzt nicht seht – die Gläubigen, die ihr jetzt seid, sehen den Herrn nicht, aber sind eng mit ihm verbunden – obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, frohlockt ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude.
Also die unaussprechliche Gabe bewirkt unaussprechliche Freude. Und diese Freude, die ein Gläubiger erlebt, erfährt, wenn er überwältigt wird von der Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus, so wie wir ihm begegnen in seinem Wort, das ist eine Freude, die mit nichts im Leben verglichen werden kann.
Es gibt natürliche Freude, und Paulus sagt ja in Apostelgeschichte 14, als er da bei den Heiden war: „Gott hat euch fruchtbare Zeiten gegeben und Speise und hat eure Herzen mit Fröhlichkeit gefüllt.“
Gott gibt auch den Gottlosen, den Heiden – also Gottlosen, die ohne Gott leben – natürliche Freude, eben gerade um sie auf sich aufmerksam zu machen.
Aber diese Freude, auch die natürliche Freude, die es im Leben gibt, ist nicht zu vergleichen mit dieser unaussprechlichen Freude, die wir in Christus kennen dürfen.
Übrigens war gerade heute Morgen bei uns in der Gemeinde ein Missionar, der in Thailand arbeitet. Thai bedeutet ja „frei“. Es ist das freie Land, ein Land, das nicht von Kriegen gekennzeichnet ist, auch nicht von Kolonialherrschaft.
Es ist ein buddhistisches Land, der König ist Buddhist, und 97 Prozent der Untertanen sind Buddhisten. Wer nicht Buddhist ist, gilt eigentlich im Prinzip als Verräter.
Ein Land, das Wohlstand kennt und viel Fruchtbarkeit in der Natur hat, genügend Regen und nicht so viele Katastrophen.
Und darum glauben die Thais im Allgemeinen, sie brauchen Gott nicht, weil es ihnen so gut geht. Aber Paulus sagt: Gott gibt Fröhlichkeit.
Aber diese Freude, die wir in Christus kennen, diese unaussprechliche Freude, gibt es auch – und sie ist nicht zu vergleichen mit natürlicher Freude.
Ja, wir wollen noch beten zum Schluss.
Abschluss: Die unaussprechliche Gabe und die Freude der Gläubigen
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