
Ich beschäftige mich mit dem Thema des Briefes an die Kolosser und frage: Wer hat noch kein Skript bekommen? Bitte melden Sie sich, wenn Sie eines benötigen. An alle, bei denen die Hand hochgegangen ist, bitte ich darum, noch ein Skript zu verteilen.
Für diejenigen, die über den Livestream zugeschaltet sind, möchte ich erklären, dass sich unter dem Bild, also links vom Betrachter, die Beschreibung des Videos befindet. Dort gibt es auch einen Link, über den man das Skript herunterladen kann. Es ist sehr wichtig, das Skript zu haben, denn damit kann man viel besser folgen.
Zu Beginn werde ich gleich etwas vorlesen. Ich habe versucht, den Kolosserbrief in einigen Sätzen zusammenzufassen: Der Kolosserbrief ist eine Antwort auf die Gefahr der Verführung durch eine mystische Irrlehre, die griechische und jüdische Elemente verbindet.
Er zeigt die überragende Herrlichkeit der Person Jesu Christi auf, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Wer den Sohn Gottes kennt und die Stellung des Christen in ihm versteht, kann klar erkennen, dass all die verführerischen Angebote mystischer und judaisierender Bewegungen völlig wertlos sind im Vergleich zu dem, was ein Gläubiger in Christus als reines Geschenk besitzt.
Das Wichtigste an diesem Nachmittag ist das Wort Gottes selbst. Deshalb lese ich zuerst Kolosser 1 vor.
Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Timotheus, der Bruder,
schreiben an die heiligen und treuen Brüder in Christus, die in Kolossä sind.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus allezeit, indem wir für euch beten.
Nachdem wir von eurem Glauben an Christus Jesus und der Liebe gehört haben, die ihr allen Heiligen entgegenbringt,
wegen der Hoffnung, die für euch im Himmel aufbewahrt ist.
Von dieser Hoffnung habt ihr zuvor im Wort der Wahrheit, dem Evangelium, gehört, das zu euch gekommen ist.
Es wirkt in der ganzen Welt fruchtbar und wächst, ebenso auch unter euch.
Seit dem Tag an, an dem ihr es gehört habt und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt habt,
so wie ihr es von Epaphras gelernt habt, unserem geliebten Mitknecht,
der ein treuer Diener Christi für euch ist.
Er hat uns auch von eurer Liebe im Geist berichtet.
Deshalb hören auch wir nicht auf, von dem Tag an, an dem wir davon gehört haben, für euch zu beten und zu bitten,
dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht.
So sollt ihr würdig des Herrn wandeln, zu seinem Wohlgefallen, in jedem guten Werk fruchtbar und wachsend durch die Erkenntnis Gottes.
Seid gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freude.
Danket dem Vater, der uns fähig gemacht hat, Anteil am Erbe der Heiligen im Licht zu haben.
Er hat uns errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes,
in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.
Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung. Durch ihn sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und auf der Erde sind, die sichtbaren und die unsichtbaren. Es seien Throne, Herrschaften, Fürstentümer oder Gewalten – alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen.
Er ist vor allen Dingen, und alle Dinge bestehen zusammen durch ihn. Er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang habe.
Denn es war das Wohlgefallen Gottes, in ihm die ganze Fülle wohnen zu lassen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen. Dies geschah durch den Frieden, den er durch das Blut seines Kreuzes gemacht hat – durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln.
Euch aber, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in bösen Werken, hat er nun versöhnt. Dies geschah im Leib seines Fleisches durch den Tod, um euch heilig, untadelig und unsträflich vor sich hinzustellen.
Voraussetzung dafür ist, dass ihr im Glauben gegründet und festbleibt und nicht abgebracht werdet von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt. Dieses Evangelium ist in der ganzen Schöpfung unter dem Himmel gepredigt worden, dessen Diener ich, Paulus, geworden bin.
Jetzt freue ich mich, in den Leiden für euch zu sein und ergänze in meinem Fleisch, was noch fehlt an den Drangsalungen Christi für seinen Leib. Dieser Leib ist die Gemeinde, deren Diener ich geworden bin, nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden.
Das Geheimnis, das von den Zeitaltern und den Geschlechtern verborgen war, ist jetzt seinen Heiligen offenbart worden. Gott wollte es kundtun. Dieses Geheimnis ist der Reichtum der Herrlichkeit unter den Nationen: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.
Diesen verkünden wir, indem wir jeden Menschen ermahnen und lehren in aller Weisheit. Unser Ziel ist es, jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen. Dazu bemühe ich mich mit aller Kraft und kämpfend, gemäß der Wirksamkeit, die in mir wirkt.
Es ist natürlich nicht so einfach, was ich jetzt vorgelesen habe. Auch für die ursprünglichen Leser, die Griechisch fließend sprachen, war es nicht leicht, als sie den Kolosserbrief erhielten.
Der Apostel Petrus schreibt ja in 2. Petrus 3, am Schluss des Kapitels, über die Briefe des Apostels Paulus und sagt, dass diese schwierig zu verstehen sind. Wenn also sogar der Apostel Petrus sagen darf, dass die Briefe von Paulus schwierig sind, dann brauchen wir uns nicht zu schämen, wenn wir den Eindruck hatten, dass das, was wir eben gehört haben, schon ein bisschen schwierig war.
Deshalb gehen wir ja Vers für Vers durch. Immer wenn man an ein neues Bibelbuch herangeht, wie jetzt an den Brief an die Kolosser, ist es wichtig, den Hintergrund zu betrachten. Man sollte sich Fragen stellen, die auf dem ersten Blatt beantwortet werden sollen: Wer ist der Autor? Wer sind die Adressaten? Was können wir über Zeit und Ort der Abfassung sagen? Wie ist der Brief aufgebaut, also wie ist seine Struktur?
Erst dann können wir Vers für Vers durchgehen.
Die Frage nach dem Autor ist sehr einfach zu beantworten. Das erste Wort lautet: Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen. Es ist einer der 14 Paulusbriefe, und dazu zähle ich den Hebräerbrief, was gut begründet ist.
Dieser Paulus hieß ursprünglich aber nicht so. Er hatte offensichtlich sehr ehrgeizige Eltern. Er wurde in der heutigen Türkei geboren und wuchs dort in Tarsus auf, also in der Südtürkei am Mittelmeer. Man nannte ihn Saul, hebräisch Shaul. Für die griechischsprachigen Nachbarn wurde die Form Saulus benutzt, damit sie seinen Namen gut aussprechen konnten. Deshalb finden wir im Neuen Testament beide Formen.
Wenn man die Apostelgeschichte liest, zum Beispiel ab Kapitel 9, wird von Saulus gesprochen. Bei der Bekehrungsgeschichte, als Saulus vor Damaskus war, rief der Herr Jesus ihn vom Himmel her mit den Worten: „Saul, Saul!“ Dabei sprach er natürlich in der Sprache der Juden, also „Shaul, Shaul!“ Die Eltern hatten ihn so genannt, und Saulus war einfach die Form für die Heiden in der Umgebung.
Shaul bedeutet „der Begehrte, der Gefragte“. Die Eltern stammten aus dem Stamm Benjamin, wie Paulus später im Philipperbrief, Kapitel 3, schreibt. Für sie war das große Vorbild König Saul, König Shaul, der im ersten Buch Samuel beschrieben wird als ein Mann, der „ein Kopf größer als die anderen“ war. Das war der Mann, den Israel sich wünschte. Sie wollten einen König haben, und sie bekamen diesen Begehrten, Shaul, einen Kopf größer, einen Mann, der sie führen sollte, ohne dass sie viel nachdenken mussten. Das war seine Aufgabe.
Diesen Mann hatten die Eltern des kleinen Babys in Tarsus vor Augen: „Unser Junge soll mal etwas ganz Besonderes werden, aus dem Stamm Benjamin.“ Und dann heißt es sogar, Paulus sagt in Philipper 3, er sei nicht nur aus dem Stamm Benjamin, sondern auch Sohn von Hebräern, „Hebräer von Hebräern“. So bezeichnet man Juden, die eine wirklich hebräische Kultur hatten, also besonders die Juden im Land Israel, die noch Hebräisch sprechen konnten und auch Aramäisch. Beides wurde nebeneinander verwendet.
Diese Juden, die mit dem Alten Testament im hebräischen Original wirklich vertraut waren, nannte man Hebräer. Wir sehen also, dass Paulus zwar nicht im Land Israel aufwuchs, aber seine Eltern beide Hebräer waren. Das heißt, zu Hause wurde Hebräisch gesprochen. Dieser kleine Junge wuchs also zu Hause mit Hebräisch auf, und Griechisch konnte er draußen lernen.
Das ist übrigens das Beste, wenn man Kinder mehrsprachig aufwachsen lässt. Nicht so, dass sie mal diese Sprache und mal jene hören, oder die Mutter mal so und mal so spricht, denn dann bringen die Kinder das durcheinander. Die Quelle muss ganz klar benannt sein: Zum Beispiel zu Hause diese Sprache, draußen mit den Kindern jene. Dann funktioniert das Gehirn richtig, und die Kinder können jeden Schlüssel oder jedes Schloss mit einem Dietrich, den Gott uns gegeben hat, öffnen. Bis zehn können sie das knacken und die Sprache perfekt lernen.
So hat Paulus Hebräisch nicht nebenbei als zweite Sprache gelernt, sondern von Anfang an. Ebenso auch Griechisch von Anfang an. Das sollte ihm später alles einmal zunutze kommen. Aber eben, die Eltern waren so ehrgeizig, dass aus diesem Jungen etwas ganz Großes werden sollte.
Und darum haben sie nach der Ausbildung zu Hause gelernt. Das war damals so: Wenn man vielleicht fünf oder sechs Jahre alt war, ging man nicht in den Kindergarten. Den gab es damals noch nicht. Er wurde erst viel später erfunden – übrigens von einem Christen. Der Kindergarten ist eigentlich eine christliche Erfindung, das muss man ihm lassen.
Damals ging man eben in die Lehre, normalerweise beim Vater. Der Vater von Paulus war offensichtlich Zeltmacher. Deshalb lernte Paulus, damals Saulus oder Saulus genannt, einen richtigen Beruf – Zeltmacher.
Das Ziegenhaar in Zilizien, so hieß die Provinz von Tarsus, war damals bekannt als sehr dick und kräftig. Deshalb entwickelte sich dort eine Berufsgattung: die des Zeltmachers. Sonst machten das Laien, diese Zeltbahnen. Aber in dieser Region entstand dieser Beruf, und genau diesen Beruf hat Paulus, damals Saulus, erlernt.
Nach der Lehre schickten ihn die Eltern nach Jerusalem. Und zwar nicht zu irgendeinem Rabbiner, sondern zu Gamaliel. Gamaliel war eine der großen Autoritäten des Judentums damals. Er wird übrigens auch im Talmud erwähnt. Der Talmud ist das wichtigste theologische Werk nach der Bibel, danach folgen alle anderen rabbinischen Schriften und Kommentare.
Paulus sagt in der Apostelgeschichte in seinem Zeugnis – die Bekehrung wird ja in Kapitel 9, 22 und 26 beschrieben –, dass er zu den Füßen von Gamaliel erzogen wurde. Er sollte also eine Top-Karriere machen.
Das ist ganz ähnlich wie in manchen jüdischen Familien bis heute: Eine jüdische Mutter sagt zum Beispiel: „Das ist der Fünfjährige, das ist Michael, und der Achtjährige, das ist Schmuel. Michael wird unser Arzt, Schmuel unser Rechtsanwalt.“ Die Mutter weiß also schon, was aus den Kindern wird. Sie hat alles schon beschlossen – Karriere.
So war das auch bei Saulus, der Gefragte, der nach dem Vorbild einen Kopf größer war als das gemeine Volk. Er sollte Karriere machen – und das tat er auch. Das schreibt er in Galater 1, dass er über seine Altersgenossen hinausging und sie übertraf.
Dann kam diese Begegnung vor Damaskus. Der Mann fiel zu Boden und war innerlich so zerbrochen, dass er drei Tage lang nichts aß. Das war keine Magersucht, sondern eine innere Erschütterung.
Später nennt sich der Mann Paulus, was auf Lateinisch „der Kleine“ bedeutet. Saulus ist eine Kombination aus einem hebräischen Wort mit einer griechischen Endung. Im Neuen Testament steht „Saulos“, und daraus macht er „Paulos“. Im griechischen Neuen Testament steht also nicht die lateinische, sondern die griechische Endung „Paulos“.
„Saulos“ und „Paulos“ sind ein Wortspiel: Der Begehrte, der Große, und dann sieht er sich nur noch als der Kleine. Vom hohen Ross, wie man so sagt, ist er auf den Boden gefallen. Er hat eine vollkommene Umkehr erlebt, sein Leben wurde völlig neu ausgerichtet.
Darum liebt er es, in diesem Brief als erstes Wort zu schreiben: Paulus, der Kleine.
Aber dann Apostel Christi Jesu – das heißt, er wurde vom Messias auserwählt. Warum wird eigentlich nicht gesagt „Jesus Christus“, sondern „Christus Jesus“? Christus ist eben kein Name. Das ist ein Problem, denn im Deutschen klingt „Christus“ wie ein Familienname. Jesus Christus. Dabei ist Jesus der Vorname und Christus der Titel. Christos auf Griechisch ist einfach die Übersetzung des hebräischen Maschiach, Messias.
Dieser Begriff bezeichnet den im Alten Testament verheißenden Erlöser, der kommen sollte – und er ist gekommen. Wenn man also sagt „Christus Jesus“, dann heißt das „der Messias Jesus“. Er wurde als Apostel von dem Messias selbst eingesetzt. Ganz wichtig: Apostel heißt einfach Gesandter. Das wird nachweislich im Neuen Testament auch für jemanden im Sinn von Missionar verwendet. Missionar bedeutet auf Lateinisch Gesandter, Apostel heißt eben Gesandter auf Griechisch.
Die Kombination „Apostel Christi Jesu“ oder „Apostel Jesu Christi“ ist ein Ausdruck, der nur für die zwölf auserwählten Jünger des Herrn benutzt wird – also speziell für die auserwählten Jünger aus einer Vielzahl – und für den Apostel Paulus. Das bedeutet, dass sie vom Messias quasi seine Autorität erhalten haben.
In Matthäus 10 sagt der Herr Jesus zu den Zwölf: „Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf.“ Sie sollten wirklich Vertreter des Messias sein, mit einer ganz besonderen Autorität. Die Zwölf waren für die Zwölf Stämme Israels bestimmt. Sie hatten einen ganz besonderen Dienst für das Volk, das auserwählte irdische Volk Israel.
Der Apostel Paulus wurde dagegen ganz speziell für die Heidenvölker auserwählt. Das stellt er hier vor: Paulus, Apostel Christi Jesu. Er sagt: „Ich bin ein ganz kleiner, aber der Herr hat mich als Werkzeug eingesetzt.“ Das war nicht sein eigener Entschluss, sondern geschah durch Gottes Willen. So stellt er sich vor – durch Gottes Willen.
Und jetzt sehen wir, was er in seinem Werdegang erlebt hat: wie er in Thasos geboren wurde, wie er von ehrgeizigen Eltern großgezogen und in seiner Ausbildung gefördert wurde. Dabei hat er etwas Vernünftiges gelernt, ein Handwerk. Viele Akademiker heute können hingegen nichts mit den Händen anfangen. Ja, Klavierspielen ist übrigens auch ein Handwerk. Ich musste mir in meiner Jugend oft sagen lassen, dass ich quasi nichts Vernünftiges lerne, wenn ich Musik studiere. Aber ich sagte mir: Das ist doch ein Handwerk.
Dann erhielt er noch eine Bildung in Jerusalem. Dort wurde er natürlich in den hebräischen Schriften des Alten Testaments unterwiesen, in den Kommentaren, in den Targumim – also in den aramäischen Übersetzungen – und so weiter. Das konnte Gott später nach seiner Bekehrung gut gebrauchen.
Darum ist es so schön zu sehen, was der Apostel Paulus in Galater 1 über sich sagt. Er schreibt: „Ich schlage auf“ – in Kapitel 1. Dort sagt er, dass er von Mutterleib an abgesondert worden war. Ich lese ab Kapitel 1, Vers 10:
„Suche ich jetzt, Menschen zufriedenzustellen, oder Gott? Oder suche ich, Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht. Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist. Denn ich habe es weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi. Denn ihr habt von meinem ehemaligen Wandel im Judentum gehört, dass ich die Gemeinde Gottes über die Maßen verfolgte und zerstörte. Und im Judentum nahm ich über viele Altersgenossen in meinem Geschlecht übermäßig Eifer für meine väterlichen Überlieferungen. Als aber Gott, der mich von meiner Mutterleib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, ging ich sogleich nicht mit Fleisch und Blut zu Rate.“
Er sagt also, er hat Karriere gemacht, aber er war von Gott schon von Mutterleib an abgesondert. Das heißt: Lange bevor er sich überhaupt bekehrte, hatte Gott mit ihm schon einen Plan. Die ganze Entwicklung hatte Gott geführt. Das ist auch für uns wichtig zu bedenken.
Das Leben begann nicht erst mit dem Tag der Bekehrung – das war zwar das Grundlegendste, die Bekehrung ist gewissermaßen der Einstieg in die ewige Herrlichkeit. Aber das Leben davor war ebenfalls in Gottes Hand geführt, und zwar so souverän, dass wir rückblickend sagen können: Menschlich hätte man sagen können, das war ein Zufall, dass ich mit den Leuten dort zusammenkam oder an jenem Ort war. Doch das war alles von Gott geführt.
Paulus wurde als Werkzeug so geformt, dass Gott ab der Bekehrung all den Rucksack, den er sich da gepackt hatte, heiligen und für sein Werk einsetzen konnte. Ab der Bekehrung wollte der Apostel Paulus all das, was er sich angesammelt hatte, ganz in den Dienst Gottes stellen – ohne den Stolz und Hochmut, den er früher kannte.
Er musste wirklich von oben kommen. Darum ist es so wichtig, dass er bei der Bekehrung zu Boden fiel. Er musste gedemütigt werden. Im Schweizerdeutschen, im Berndeutsch sagt man so schön: „Boddige“ – das heißt, jemanden wirklich auf den Boden bringen. Erst dann konnte Gott ihn gebrauchen.
Aber Menschen, die immer noch „da oben“ sind, kann Gott nicht gebrauchen. Sie müssen zuerst am Boden angekommen sein.
So steckt alles hinter dem „Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen“.
Und dann sagt Paulus, dass er diesen Brief quasi nicht alleine schreibt, sondern dass auch noch Timotheus, der Bruder, dabei ist. Timotheus war ein junger Mann, der offensichtlich auf der ersten Missionsreise des Paulus zum Glauben gekommen war (Apostelgeschichte 13 und 14).
Als Paulus auf die zweite Missionsreise gehen wollte (Apostelgeschichte 16), nahm er diesen jungen Mann mit, der damals bereits einige Zeit nach seiner Bekehrung ein gutes Zeugnis bei den Gläubigen hatte. So nahm Paulus ihn mit auf die zweite Missionsreise. Hier haben wir ein wunderbares Beispiel, wie zwei Generationen zusammenarbeiten.
In Philipper 2 sagt Paulus, dass Timotheus ihm gedient hat wie ein Kind seinem Vater. Sie hatten also ein sehr enges Verhältnis. Wenn man bedenkt, wie oft die Generationen durch Blockaden voneinander getrennt werden, ist das etwas ganz Wunderschönes: Die beiden sind so vereint und tun den Dienst miteinander.
Wenn man an die Prophetie in Maleachi 3 ganz am Schluss des Alten Testaments denkt, wird dort in Bezug auf Johannes den Täufer ein prophetischer Name genannt: Elija. Dort heißt es: „Siehe, ich sende euch Elija, ehe der Tag des Herrn kommt.“
Jesus sagt später im Matthäusevangelium (Matthäus 17), dass Johannes der Täufer Elija war und dass er kommen sollte, um alle Dinge wiederherzustellen. Wo steht das in der Bibel, dass Johannes alle Dinge wiederherstellen sollte? Nirgends. Man kann das ganze Alte Testament durchlesen und findet diesen Satz nicht.
Was dort steht, ist in Maleachi 3, am Ende des Alten Testaments, dass Johannes das Herz der Väter zu den Kindern und das Herz der Kinder zu den Vätern bringen wird. Er würde durch seine Verkündigung Blockaden beseitigen, sodass die Generationen zusammengeführt werden. Übrigens geht zuerst die ältere Generation auf die jüngere zu – das Herz der Väter zu den Kindern – und dann die Kinder zu den Vätern.
Das braucht Großmütigkeit von der älteren Generation, nicht zu sagen: „Die sollen mal zuerst kommen.“ Nein, es braucht Demut, um auf die jüngere Generation zuzugehen.
Man muss sagen: Wenn das geschieht, wenn die Herzen der Generationen zusammengeführt werden, sind ja nicht automatisch alle Probleme gelöst. Dann ist alles nur noch unter ferner Liefen.
Und das meint der Herr, wenn er sagt, dass er alle Dinge wiederherstellen wird. Er wird durch seine Verkündigung den Aufruf zur Buße bringen, um die Sünde, die Blockaden bildet, wegzuräumen. So wird das wunderbar verwirklicht.
Und Timotheus, der Bruder, ist Teil davon.
Und jetzt sind die Adressaten die Kolosser, die heiligen und treuen Brüder in Christus, die in Kolosse leben. Sie mussten also nicht warten, bis ein Papst sie heilig sprechen würde. Sie sind alle heilig.
Was bedeutet heilig? Das griechische Wort für heilig bedeutet eigentlich „absondern“, also vom Bösen wegnehmen und zu Gott hin in die Nähe bringen. Das ist die Bedeutung von heiligen.
Eine Heiligsprechung gibt es in der Bibel nicht durch Menschen. Menschen, die sich bekehren, werden gewissermaßen von dieser Welt und von der Sünde abgesondert und ganz für Gott reserviert. Das meint „den heiligen und treuen Brüdern in Christus“.
Auch hier hilft es, die Bibel auf Deutsch zu lesen und „Christus“ durch „Messias“ zu ersetzen. Dann klingt es in unseren deutschen Ohren so, wie es wirklich ist: nämlich als ein Titel. Also „den heiligen und treuen Brüdern in dem Messias, die in Kolosse sind“.
Kolosse beantwortet die Frage, wohin dieser Brief geschrieben wurde. Kolosse war eine Stadt in der heutigen Türkei, in der Westtürkei, in der Provinz Asia. Diese Provinz war etwa so groß wie die Schweiz, sodass man einen gewissen Bezug hat.
Im ersten Jahrhundert entstanden dort diese Gemeinden, die auch in Offenbarung Kapitel 2 und 3 erwähnt werden: Ephesus, die Hauptstadt der Provinz, Smyrna, Pergamos, Kertira, Sardes, Philadelphia, Laodizea, aber noch mehr auch Hierapolis.
Wir können das kurz aufschlagen, Kolosser 4, Vers 13. Dort sagt Paulus: „Denn ich gebe ihm Zeugnis, es geht um Epaphras, dass er viel Mühe hat um euch und die in Laodizea und die in Hierapolis.“
Hierapolis war eine Nachbargemeinde von Kolosse, im gleichen Tal. Übrigens auch Laodizea. So haben wir schon mal neun Gemeinden, nur mit Offenbarung 2 und 3 und dem Kolosserbrief in dieser Provinz.
Und bei Kolosse gibt es kolossale Felsen, also imposante Felsformationen. Offensichtlich kommt daher der Name Kolosse – die Stadt bei den kolossalen Felsen.
In der Bibel ist der Fels immer wieder ein Bild für Jesus Christus, zum Beispiel 1. Korinther 10, Vers 4: „Der Fels aber war der Christus.“
Kolossale Felsen – und genau im Kolosserbrief wird auch Größe, Gottheit und Schöpferkraft von Jesus Christus vorgestellt. Das passt genau zum Thema des Briefes, der an Kolosse gerichtet ist.
Wir haben ja gelesen, dass Paulus davon gehört hat, wie sie zum Glauben gekommen sind. Von diesem Moment an begann er auch für die Kolosser zu beten. Wir kommen noch auf die Verse 3 bis 7 zurück, dort steht es. Aber das schauen wir uns später noch an.
Nun möchte ich auf Vers 7 hinweisen. Dort sagt Paulus: „So wie ihr gelernt habt von Epaphras, unserem geliebten Mitknecht, der ein treuer Diener des Christus für euch ist, der uns auch eure Liebe im Geist kundgetan hat.“
Sie haben also von Epaphras gelernt. Das heißt, dieser Epaphras hat offensichtlich dort evangelisiert. Durch ihn ist die Gemeinde entstanden. Aber er war kein Apostel.
Das ist wichtig, denn es zeigt, dass man nicht Apostel sein muss, um eine Gemeinde zu gründen. Was wir hier sehen, ist ein geliebter Mitknecht. Das ist kein eifersüchtiger Mitknecht. Es gibt auch eifersüchtige Mitknechte, aber Epaphras war ein treuer Diener.
In Kolosser 4 lesen wir noch mehr von ihm. Ich lese aus Vers 12: „Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist, ein Knecht Christi Jesus, der allezeit für euch ringt in den Gebeten, damit ihr vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes steht.“
Paulus gibt ihm Zeugnis, dass er viel Mühe hat um die in Kolosse, die in Laodizea und die in Hierapolis. Er hat sich also nicht nur in Kolosse eingesetzt, sondern auch überörtlich in Laodizea und Hierapolis.
Ihm waren diese Gläubigen wichtig. In der Einleitung haben wir gelesen, dass diese Kolosser in Gefahr waren, eine Irrlehre zu akzeptieren. Nun können wir eins und eins zusammenzählen: Woher wusste Paulus, dass sie dieses Problem hatten?
Weil Epaphras dort in Kontakt mit dem Apostel Paulus kam und ihm die ganze Situation erzählte. Das führte dazu, dass Paulus aus der Gefangenschaft in Italien den Kolosserbrief schrieb, um diese Gemeinde vor einem Abdriften in eine völlig falsche Richtung zu retten.
Das zeigt uns den Hintergrund, wie der Kolosserbrief entstanden ist, wie die Gemeinde von Kolosse entstanden ist und wie dieser Epaphras, der kein Apostel war, als treuer Diener der Gemeinde eine große Hilfe war.
So konnte diese Gemeinde in einer schwierigen Zeit bewahrt bleiben und vor einem Abdriften in den Irrtum geschützt werden.
Jetzt haben wir uns mit den Adressaten im Lykustal beschäftigt. Nun noch etwas zur Zeit und zum Ort der Abfassung: 62 nach Christus in Rom. Paulus kam am Ende der vierten Missionsreise in der Apostelgeschichte als Gefangener nach Rom. Dort musste er auf die Ankläger aus Israel warten, denn die führenden Priester des Sanhedrins in Jerusalem hatten ihn bei den Römern angeklagt.
Paulus berief sich auf das oberste Gericht, nämlich auf den Kaiser, und wurde deshalb als Gefangener bis nach Italien gebracht. Von den führenden Priestern und dem Sanhedrin hätten nun Leute nach Italien kommen müssen, um ihn dort anzuklagen. Es gab jedoch ein Gesetz im römischen Recht, das besagte: Wenn man zwei volle Jahre auf die Ankläger wartet und diese nicht erscheinen, wird der Angeklagte freigesprochen.
Schauen wir uns die letzten Verse aus Apostelgeschichte 28 an. Dort fällt auf, wie Lukas, der Verfasser, die Dinge beschreibt: Apostelgeschichte 28,30: „Er aber blieb zwei ganze Jahre in seinem eigenen gemieteten Haus und nahm alle auf, die zu ihm kamen, und predigte das Reich Gottes und lehrte mit aller Freimütigkeit ungehindert über Jesus Christus.“
Zwei Jahre als Gefangener in Rom, zwei volle Jahre, schreibt Lukas. Die Ankläger sind nicht gekommen. Nach diesen zwei Jahren wurde Paulus wieder freigelassen.
Am Ende dieser Gefangenschaft schrieb Paulus den Brief, den ich hier auf dem Blatt aufgeführt habe. Zuerst müssen wir Kolosser 4,3 betrachten: „Er muss reden, um dessen Willen ich auch gebunden bin.“ Hier sehen wir, dass Paulus in Gefangenschaft war, als er diesen Brief schrieb. Doch er schrieb nicht nur diesen Brief aus der Gefangenschaft, sondern auch den Epheserbrief, den Philipperbrief und den Kolosserbrief.
Das erklärt übrigens auch, warum im Epheser- und im Kolosserbrief so wunderbare Parallelen bestehen, allerdings mit unterschiedlichen Betonungen. Es ist sehr wichtig, beim Vergleich der Briefe auf diese unterschiedlichen Betonungen zu achten.
Außerdem schrieb Paulus den Hebräerbrief ebenfalls aus Italien. Dort erwähnt er, dass Timotheus frei geworden ist (Hebräer 13). Im Kolosserbrief wird erwähnt, dass Lukas und Aristarchus bei Paulus waren (Kolosser 4). Diese Begleiter hatten ihn nach Apostelgeschichte 27,1-2 bis nach Rom begleitet.
Man merkt, wie all diese Puzzlestücke wunderbar zusammenpassen. Am Ende entsteht ein ganzes Bild, das zeigt, wer Paulus in dieser schweren Zeit beistand. Markus, der das Evangelium geschrieben hat, wird ebenso erwähnt wie Dema (Kolosser 4,14) und Epaphras, der auch im Philemonbrief genannt wird und im Kolosserbrief vorkommt.
Damit ist klar, dass Paulus in Rom war, in einer schwierigen Situation. Doch die Zeit lief ab, und deshalb schreibt er im Philemonbrief und auch im Philipperbrief, dass er bald frei sein werde. Es sollte wirklich dazu kommen, dass ihm die Freiheit wieder geschenkt würde.
Weiterwirken und Herumreisen
Ich habe das noch aufgeführt, da Paulus bei seiner Freilassung und in der Zeit danach nach Spanien reiste. In Römer 15,24 sagt er Jahre zuvor, dass sein Wunsch sei, einmal nach Rom zu kommen. Von dort aus wollte er weiterreisen bis nach Spanien.
Nun gibt es einen historischen Bericht, der etwa hundert Jahre nach Christus verfasst wurde oder sogar etwas früher, also ungefähr in dieser Zeit. Es handelt sich um den ersten Clemensbrief, Kapitel 5, Verse 5 bis 7. Dieser Brief wurde von der Gemeinde in Rom an die Gemeinde in Korinth geschrieben. Er ist nicht inspiriert, denn die Verfasser hatten nicht den Eindruck, einen inspirierten Brief zu schreiben. Dennoch verfassten sie diesen Brief als Gemeinde an Gemeinde, um bei Problemen zu helfen. Die Gemeinde in Korinth hatte immer noch Schwierigkeiten – und nicht nur aus dem ersten Korintherbrief von Paulus Jahre zuvor.
In diesem Brief wird erwähnt, dass Paulus in den äußersten Westen gegangen ist, bis nach Spanien. Außerdem ging er nach Kreta, was in Titus 1,5 erwähnt wird. Der Titusbrief wurde nach der Gefangenschaft geschrieben. Paulus überwinterte auch in Nikopolis, wie in Titus 3,12 beschrieben. Diese Aufenthalte kommen in der Apostelgeschichte bei den vier Missionsreisen nicht vor, aber sie fanden in der Zeit nach der Gefangenschaft statt.
Er hatte seinen Mantel und wichtige Manuskripte in Troas zurückgelassen, was in 2. Timotheus 4,13 erwähnt wird. Dies schreibt Paulus in seinem letzten Brief. Er wurde nämlich erneut verhaftet und kam dann wieder nach Rom – diesmal in die Todeszelle, in das berüchtigte, schreckliche Gefängnis, das man heute noch besuchen kann. Aus diesem Gefängnis sind nur sehr wenige Menschen lebendig herausgekommen.
Dort schrieb Paulus seinen zweiten Timotheusbrief. Darin schreibt er, dass die Zeit seines Abschieds gekommen sei und dass der Siegeskranz der Gerechtigkeit auf ihn warte. Er sagt: „Ich habe meinen Lauf vollendet.“ Diese zweite Gefangenschaft fand um 66 oder 67 nach Christus statt. Danach wurde Paulus von Kaiser Nero hingerichtet und ging in die Herrlichkeit; sein Dienst war vollendet.
Mit dem Kolosserbrief sind wir jedoch noch nicht so weit. Wir befinden uns noch in der Zeit, in der Paulus so wichtig war, um den Gemeinden zu helfen. Es war wichtig, dass er vieles schriftlich festhielt, inspiriert durch den Heiligen Geist. So blieb seine Hilfe auch nach seinem Abschied erhalten – durch zweitausend Jahre Kirchengeschichte bis heute. Denn die Probleme von damals begegnen uns immer wieder; es sind die gleichen, die wir noch heute haben.
Paulus schreibt in Kolosser 1,2 seinen Gruß: „Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ Das ist ein ungewöhnlicher Gruß. Er entspricht nicht dem üblichen Gruß, den man in griechischen Schriften jener Zeit findet. Ja, dieser Gruß ist speziell, weil er eigentlich jüdisch ist, da er „Friede“ sagt.
So grüßt man auf Hebräisch: Shalom! Hebräisch ist in dieser Hinsicht sehr einfach. Wenn man jemanden am Morgen trifft, muss man nicht unbedingt „Guten Morgen“ sagen, sondern kann einfach „Shalom“ sagen. Und wenn man wieder nach Hause geht, sagt man „Shalom“, ebenso am Mittag, beim Weggehen oder am Abend. Man kann immer „Shalom“ sagen, weil die Menschen immer Frieden brauchen.
Auf Aramäisch sagte man damals „Schlama“. Dieses „a“ wurde in anderen Dialekten zu „o“, und deshalb sagt man „Shlomo“, zum Beispiel „Shlomo kulchum“ – „Friede euch!“ Das ist der jüdische Gruß.
Die alten Griechen kannten Gnade nicht so sehr, aber sie sagten „Chaire“ als üblichen Gruß. Das bedeutet „freudig“, was ebenfalls ein schöner Gruß ist. Zum Beispiel in Matthäus 26, dort, wo Judas in den Garten Gethsemane kommt, sagt er: „Sei gegrüßt, Rabbi!“ Im griechischen Text steht „Chaire, Rabbi!“ Angesichts von Golgatha klingt das schrecklich, denn er sagt: „Freue dich, Rabbi!“ – und verrät ihn. Das war der Judasgruß.
Positiv ist der Gruß in Jakobus 1,2. Dort schreibt Jakobus, der Knecht Gottes, seinen Gruß an die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung sind. Wörtlich steht dort bei seinem Gruß „chairein“, also „freut euch“. Das war der griechische Gruß.
Paulus hat diesen Gruß etwas abgeändert. Anstatt „chaire“ – das „ch“, das „chi“, wurde als „k“ ausgesprochen – sagt er „charis“. Ein bisschen abgeändert, und dann kommt das Wort „Gnade“ hinzu. So kann man sagen, dass Paulus den griechischen und den hebräischen Gruß verbindet.
Die Gemeinde ist eben zusammengesetzt aus einem Leib aus bekehrten Juden und bekehrten Nichtjuden. In 1. Korinther 12,13 heißt es: „Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie.“ Das bedeutet, Juden haben keine Sonderstellung mehr in der Gemeinde. Sie sind mit den Nichtjuden, hier Griechen genannt, zu einem Leib vereinigt.
Das ist etwas Besonderes. Im Tempel in Jerusalem gab es die Zwischenwand der Umzäunung, die in Epheser 2 erwähnt wird. Diese Mauer trennte die Heiden, die nur bis dorthin kommen durften, von den inneren Vorhöfen, die nur Juden betreten durften. Die Bereiche waren getrennt.
In der Gemeinde hingegen sagt Paulus in Epheser 2, dass Christus die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen hat. So sind Juden und Nichtjuden zu etwas ganz Neuem zusammengefügt worden: einem himmlischen Volk. Israel ist das irdische Volk, die Gemeinde das himmlische Volk. Dabei spielt es keine Rolle, ob man jüdischer Abstammung ist oder nicht. Vor Gott zählt das nicht.
Paulus fügt hinzu, dass auch die soziale Stellung keine Rolle spielt. Wir haben gelesen: Sklaven oder Freie. Im Kolosserbrief wird das noch weiter ausgeführt. In Kolosser 3,11 heißt es im Zusammenhang mit unserer Rettung: „Hier ist nicht Grieche und Jude, Beschneidung und Vorhaut, Barbar, Skyt, Sklave, Freier.“ Es kommt also nicht darauf an, ob man aus den Nationen kommt oder aus dem irdischen Volk Israel, ob man als Jude religiös erzogen wurde mit all den Vorschriften der Beschneidung oder nicht. Auch soziale Schichten spielen überhaupt keine Rolle.
Darum können wir Gemeinschaft haben. Es geht nicht darum, ob jemand einen Bachelor hat oder nicht. Das ist kein Thema. Jesus macht alles aus, deshalb heißt es: „Sondern Christus alles und in allen.“
Übrigens, wenn man schon nicht fragt: „Hast du einen Bachelor?“, dann fragt man auch nicht: „Kannst du etwas mit deinen Händen?“ Das ist ein anderer Punkt. Manche können vielleicht nichts, andere sind Genies und können alles. Ich selbst bin froh, wenn mir jemand die Lampen hochmacht.
Paulus nennt auch „Barbar“. Das war das Wort, das im griechisch-römischen Reich für Eingeborene verwendet wurde, die keine griechisch-römische Kultur hatten. Man hatte damals den Eindruck, diese Menschen hätten keine richtige Sprache, sondern machten nur Laute wie „bar bar bar“. Daher entstand das Wort „Barbar“. Auf Griechisch heißt es „Barbaros“. Das sind die ohne Kultur, die nicht dazugehören.
Dann nennt Paulus noch die Skythen. Weißt du, wer die Skythen sind? Das war ein barbarisches Volk, das sehr gut auf Pferden war und nördlich vom Schwarzen Meer lebte – das Gebiet der heutigen Ukraine. Die Ukrainer werden also sogar speziell erwähnt. Das ist wunderbar, nicht wahr? Die Skythen waren bekannt als ein kriegerisches Volk, und sie gehören auch dazu.
Wie werden diese Menschen verbunden? Jedes Mal durch den Gruß in den Paulusbriefen: „Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ Dieser Gruß beinhaltet das große Werk Gottes, wie in der Gemeinde Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen und verschiedenen Hintergründen zusammengefügt und vereinigt sind.
Ja, jetzt wäre Zeit für eine zehnminütige Pause.
Ich erkläre ganz kurz: Wir können nicht die langen Pausen machen, wie das normalerweise bei solchen Veranstaltungen üblich war. Das liegt daran, dass die Corona-Vorschriften etwas anders sind, als wir es gewohnt waren. Deshalb lüften wir jetzt durch, damit die Aerosole mit den Viren vertrieben werden.
Für die, die heute Nachmittag neu dazugekommen sind, muss ich noch erklären: Wir sitzen immer mit einem Stuhl Abstand zueinander. Manche sind vielleicht erstaunt, dass keine Maske getragen wird. Wir sind keine Rebellen, sondern handeln genau nach den Vorgaben der Regierung und nach Römer 13.
Wenn der Staat sagt, dass wir keine Masken tragen müssen, und wir keine besondere Notwendigkeit dafür sehen, dann machen wir das auch nicht. Viele Gemeinden tragen Masken, aber sie wissen oft nicht genau, was gilt. Wir hätten es auch nicht gewusst, wenn wir nicht beim Juristen des BAG nachgefragt hätten. Wir haben es schriftlich, dass wir maskenbefreit sind.
Dafür sind wir dankbar, wie der Staat das handhabt. Masken haben schon eine Funktion. Wir haben doch schon als Kinder gelernt, dass man beim Husten unbedingt die Hände vors Maul tun soll. Warum? Weil das vor dem Maul etwas nützt. So verbreiten sich die Viren weniger. Natürlich fliegen die Viren auch bei einer Maske, aber weniger.
Manche sagen plötzlich, die Maske baue gar nichts ab. Natürlich braucht es sie. Sie bringt etwas, genauso wie die Armbeuge beim Niesen.
Noch etwas: In der Bibel, in 3. Mose 13, wird gesagt, dass, wenn der Aussätzige eindeutig diagnostiziert wurde, er außerhalb des Lagers für sich alleine wohnen musste. Das nennen wir heute Social Distancing.
Er musste das unterstreichen, indem er rief, sobald jemand kam: „Unrein, unrein“, damit sie nicht zu nahe kommen. Abstand kann also schon etwas nützen – das ist ein biblisches Prinzip. Dann heißt es, er muss seinen Bart verhüllen. Das ist die Maske, als Schutz. Das sind biblische Prinzipien.
Jetzt ist die Situation entspannt, und darum sind auch wir entspannt.
Gute Pause!
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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