Die Herkunft und frühe Prägung Eliezer Ben Yehudas
Wir fahren weiter und kommen nun zum Leben von Eliezer Ben Yehuda sowie zur Geschichte der Wiederbelebung des Hebräischen.
1858 wurde Eliezer Jitzchak Perlmann, so hieß er ursprünglich, in Luschki, Litauen, geboren. Er war Sohn jiddisch sprechender Eltern. Sein Umfeld war die Welt der Reppen – so sagt man auf Jiddisch für Rabbiner –, die Welt der Reppen, der Betäuser und der Jeschiwen. Eine Jeschiwa ist eine jüdische Bibelschule, auf Jiddisch eben Jeschiwen. Kaftane sind diese großen Hüte Osteuropas, die Seitenlocken gehören ebenfalls dazu. Es ist die Welt des ausgegrenzten osteuropäischen Judentums, kurz die Welt des Stettl – jiddisch für Städtchen –, das typische jüdische osteuropäische Städtchen. Das ist das Stettl, in dem Eliezer aufgewachsen ist.
Noch zum Jiddischen: Ich habe hier das jiddische Neue Testament aufgelegt. Ganz kurz aus dem ersten Korintherbrief, dem ersten Brief an die Korinther: Paulus, berufen zu sein ein Schliach von Jeschua Hamashiach, durch den Razon von Gott und Sostenes, unser Bruder, an die Kehilla, die Versammlung, die Gemeinde Gottes in Korinth, zu dir und so weiter und so fort. Dann kommt der Gruß in Vers 3: „Chesed zu euch un Shalom, von Gott unser Vater und dem Herrn Jeshua Hamashiach.“
Ja, das ist die Welt, in der Eliezer gelebt hat. Als Fünfjähriger starb bereits sein Vater. Er war ein Chassid – so nennt man die jüdischen Pietisten –, das sind die Chassidim, also orthodoxe Juden, die sehr viel Wert auf ein frommes Leben legen. Eliezer wurde dann nach Polotzk zu einem Onkel geschickt. Dort konnte er die Jeschiwa, die jüdische Schule, besuchen.
Der Leiter dieser Jeschiwa war jedoch ein versteckter Anhänger der Haskalah. Die Haskalah ist hebräisch für die Aufklärungszeit. Er war also bereits vom gottlosen Denken der Aufklärung beeinflusst und gab Eliezer das Buch Robinson Crusoe zum Lesen. Eliezer las es auf Hebräisch. Als sein Onkel davon erfuhr, war das ein Schock. Mit solch weltlichem Tand sollte man sich nicht beschäftigen. Das führte dazu, dass Eliezer weggeschickt wurde.
Bildung, Nationalismus und erste Impulse für eine eigene Sprache
Er kam nach Globokoje, und ein Rabbi dort ermöglichte ihm, das Gymnasium in Dünaburg zu besuchen. Dort schloss er 1877 seine Schulausbildung ab. Das war die Zeit des Nationalismus auf dem Balkan.
Der junge Gymnasiast erlebte damals lebhaft die Aufstände gegen die zaristischen Russen und die Habsburger mit. Durch diese Ereignisse kam er auf die Idee, dass auch die Juden eine eigene Heimat und ebenso eine eigene Sprache haben müssten.
1878 ging er nach Paris. Er überlegte, dass er, wenn er im Land seiner Vorfahren nützlich sein wollte, um die Idee einer eigenen Sprache im Land der Väter zu fördern, vielleicht Medizin studieren sollte. So begann er sein Studium an der Sorbonne in Paris, einer der besten Universitäten der Welt.
1879 veröffentlichte er zum ersten Mal einen Artikel in einer Zeitung. Man kann sich vorstellen, dass es ein leidenschaftlicher Text war: Ein junger Mann von 21 Jahren schrieb den Artikel She'ella Lohada – eine brennende Frage. Dieser Artikel erschien in Haschachar, einer jüdischen Zeitung in Wien, deren Name „Die Morgenröte“ bedeutet.
Er unterzeichnete den Artikel mit E. Ben Yehuda, Eliezer Ben Yehuda. Von diesem Zeitpunkt an nannte er sich nicht mehr Eliezer Perlmann, sondern Eliezer Ben Yehuda, was „Sohn Judas“ bedeutet.
Das Thema des Artikels war: Die Wiedergeburt des jüdischen Volkes braucht auch die Wiedergeburt der Sprache. Diese Idee vertrat er leidenschaftlich.
Er schrieb zwei weitere Artikel, die ebenfalls veröffentlicht wurden. Darin setzte er sich für Hebräisch als Unterrichtssprache im Land Israel ein. Das war eine revolutionäre Idee, denn so etwas gab es schlichtweg nicht.
Krankheit, Auswanderung und die Umsetzung der Sprachidee in Palästina
Während seines Medizinstudiums erkrankte er an Tuberkulose (TB). Die Ärzte machten ihm keine großen Hoffnungen und gaben ihm nur noch einige Jahre zu leben. Diese Diagnose veranlasste ihn, das Studium abzubrechen. Bereits 1881 brach er dann nach Palästina auf, das damals unter osmanischer Herrschaft stand.
Die Reise war sehr ereignisreich. Zunächst ging er nach Wien, wo er eine alte Bekannte aus seiner Jugendzeit traf: Deborah Jonas. Sie hatte ihm schon früher Sprachunterricht gegeben, als er noch ein kleiner Junge namens Eliezer war. Zwischen den beiden entflammte nun eine Liebesbeziehung, und sie beschlossen zu heiraten. Deborah war übrigens vier Jahre älter als er.
Die Heirat zu arrangieren war jedoch schwierig, doch schließlich gelang es ihnen, in Kairo zu heiraten. Von Ägypten aus setzten sie ihre Reise mit dem Dampfer nach Jaffa fort, das heute südlich von Tel Aviv liegt. Tel Aviv selbst gab es damals noch nicht; die Stadt wurde erst 1909 auf den Sanddünen gegründet.
Etwas später kamen sie in Jerusalem an, das ihr neuer Wohnsitz werden sollte. Man darf sich das Jerusalem von damals nicht mit dem heutigen vergleichen. Es war eine schmutzige Stadt im osmanischen Weltreich, eine völlig heruntergekommene Stadt.
In Jerusalem gab es eine jüdische Kolonie, aber unter diesen Juden sprach niemand Hebräisch. Stattdessen hörte man Französisch, Englisch, Russisch, Polnisch, Türkisch, Jiddisch, Deutsch und Arabisch – alles mögliche, nur kein Hebräisch.
Und genau dort wollte er seine Idee verwirklichen.
Die Vision der Wiedergeburt Israels und die Widerstände
Ich blende ein bisschen zurück: Diese Lebensidee, die ihm als Gymnasiast gekommen ist, hat er später schön formuliert – und zwar im Vorwort seines Wörterbuchs. Ich zitiere dort wörtlich: Damals war es mir, als wäre plötzlich über mir der Himmel aufgegangen und ein blendend klares Licht vor meinen Augen aufgeblitzt, während eine gewaltige innere Stimme in meinen Ohren hallte.
Die Wiedergeburt Israels auf dem angestammten väterlichen Boden war seine Idee, die ihn in den folgenden Jahren begleiten sollte. Er konnte Schulunterricht an der Allianz Israelit in Jerusalem geben und begann dort, den Unterricht auf Hebräisch zu halten. Das brachte ihm natürlich eine tiefe Feindschaft der Orthodoxen in Jerusalem ein. Auf seinem Weg zur Schule wurden Steine nach ihm geworfen.
Es war überhaupt nicht in ihrem Sinn, dass die heilige Sprache für alltägliche Belange benutzt wird. Die jüdische Gemeinschaft war damals keineswegs offen für diese Idee – vielmehr war es ein Skandal. Das muss man sich ganz klar vor Augen halten. Die Orthodoxen, die eigentlich aus der Bibel hätten wissen sollen, dass die Sprache in der Endzeit gesprochen wird, waren das deutlichste Hindernis.
Der Begriff „Wiederbelebung“ oder „Auferstehung“ Israels spielt hier eine zentrale Rolle. Man denke an die wunderbare Prophetie in Hesekiel 37. Dort wird das jüdische Volk beschrieben, zerstreut unter den Völkern wie Totengebeine, die völlig verdorrt in einer großen, breiten Ebene liegen. Sie sagen: „Unsere Hoffnung ist dahin.“
Doch dann geschieht in der Prophetie ein Wunder: Ein großer, furchtbarer Lärm ertönt, und die Knochen beginnen zusammenzurücken – Knochen an Knochen. Darauf kommen Sehnen, dann Fleisch und Muskeln, schließlich Haut darüber. In einer späteren Phase kommt der Lebensatem von Gott in sie, und sie stehen auf und leben.
In diesem Kapitel wird erklärt, dass Gott dem Volk Israel, das zerstreut ist und meint, es gäbe keine Hoffnung auf Wiederherstellung, zeigt, dass dieser Plan in der Endzeit zustande kommen soll. Diesen Bezug zur Wiederbelebung Israels sollte man mit Hesekiel 37 verbinden.
Die Gründungsidee eines jüdischen Nationalstaates und die Rolle der hebräischen Sprache
Das Ziel dieser Gesellschaft war die Schaffung eines jüdischen Nationalstaates. Man muss sich das im Kontext vorstellen: Zu dieser Zeit herrschten die Osmanen, die Türken, über den gesamten Nahen Osten. Es war ein islamisches Reich. Und genau auf diesem islamischen Boden entwickelte er die Idee, einen jüdischen Nationalstaat zu schaffen.
Diese Gesellschaft sollte außerdem hebräische Literatur und Wissenschaft im nationalen Geist fördern. Deborah wurde schwanger, und damals musste die Frau ihm ein Versprechen ablegen. „Deborah, unser Kind“, sagte er, „wird das erste Kind in der Weltgeschichte sein, das nur Hebräisch spricht und keine andere Sprache hört.“ Deshalb musste sie versprechen, mit dem Kind niemals ein Wort in einer anderen Sprache zu sprechen.
Die arme Deborah musste also während der Schwangerschaft in allen ruhigen Stunden Hebräisch büffeln. Er meinte es wirklich ernst. Er sagte auch, dass im Haus Benihudas keine andere Sprache gesprochen werden dürfe. Wenn Besucher kämen, dürften sie weder Jiddisch noch Russisch sprechen – nur Hebräisch.
Sogar die Frauen, die bei der Geburt helfen sollten, mussten alles auf Hebräisch sagen. Falls sie das nicht konnten, sollten sie schweigen. Er war wirklich sehr konsequent und hat das über Jahre durchgezogen. Man kann sagen, es war eine große Sturheit in diesem Mann. Deborah nannte sie liebevoll eine „heilige Sturheit“.
So kam es dann 1882 zur Geburt von Ben Zion, Sohn Zions. Bei der Geburt wurde nichts anderes gesprochen als Hebräisch. Er wurde tatsächlich das erste Kind der Weltgeschichte, dessen Muttersprache rein Hebräisch war.
Aufbau einer hebräischen Kultur und Institutionen
Im Jahr 1884 gab er eine eigene hebräische Wochenzeitschrift heraus. Sie hieß „Hatzwi, die Vierde“. Dieser Name ist eine Bezeichnung für das Land Israel, wie sie in Daniel 8, Vers 9 zu finden ist.
Im selben Jahr kam es zur Gründung des Komitees der hebräischen Sprache, wa'at halashon ha-ivrit. Dieses Komitee entwickelte sich später, im Jahr 1953, zur von der Knesset gegründeten Akademie der hebräischen Sprache. Die Akademie wacht über die hebräische Sprache und trifft auch sprachliche Entscheidungen. Sie entscheidet, ob bestimmte Wörter oder Ausdrücke in die Sprache aufgenommen werden dürfen oder nicht.
Diese Funktion ist vergleichbar mit einer ähnlichen Einrichtung im Französischen. Die Akademie für französische Sprache bestimmt klar, was französisch ist und was nicht. Sie legt fest, was in der französischen Sprache richtig oder falsch ist.
Ab 1890 begann er mit der Arbeit an einem modernen hebräischen Lexikon. Doch bereits 1891 starb Deborah. Daraufhin heiratete er ihre Schwester Chemda, die vierzehn Jahre jünger war. Der Kosename für Chemda war stets Bitti. Er nannte sie immer so. Bitti bedeutet „meine Tochter“ und ist ein Kosename aus dem Buch Ruth. Dort nennt Boas Ruth „meine Tochter“. Auch seine Kosenamen holte er also aus der Bibel. Dies zeigt, wie tief die Beeinflussung durch die Bibel reichen kann.
Im Jahr 1894 kam er für ein Jahr ins Gefängnis. Die orthodoxen Gegner versuchten ihm ständig Fallen zu stellen. In seiner Zeitung schrieb er einmal den Satz: „Lasst uns sammeln und vorangehen!“ Dies wurde ihm zum Vorwurf gemacht. Man deutete es so, als wolle er sagen: „Lasst uns Waffen sammeln und nach Osten voranschreiten.“ Denn das hebräische Wort „Kadima“ ist verwandt mit „Kede“, was Osten bedeutet. Man unterstellte ihm, er wolle einen Aufstand gegen die türkischen Herrscher beginnen.
Daraufhin sperrten die Türken ihn für ein Jahr ein. Übrigens wurde er auch mehr als einmal aus der Synagoge ausgeschlossen und unter Bann gestellt. Doch gerade diese Sturheit half ihm, weiterzumachen.
Im Jahr 1908 wurde seine Wochenzeitschrift zu einer Art Tageszeitung. Das war eine sehr wichtige Arbeit, denn die Zeitung erschien auf Hebräisch. Er führte ständig neue hebräische Wörter ein, die er selbst erfand. So erklärte er den Menschen, wie sie Dinge des alltäglichen Lebens benennen sollten. Dadurch trainierte er die Bewohner Jerusalems im Hebräischen, besonders auch in der Umgangssprache.
Bis 1914 schaffte er es, fünf Bände seines Wörterbuchs fertigzustellen. Doch es war schwierig, einen Verlag für die Veröffentlichung zu finden. Schließlich wagte es Langenscheidt, das Werk herauszugeben. Das war ein Verdienst für Langenscheidt.
Politische Umbrüche und offizielle Anerkennung des Hebräischen
1914 kam es zum Ersten Weltkrieg – das hatte niemand erwartet. Während des Krieges stellten sich die Türken, die Osmanen, auf die Seite Deutschlands. Dadurch wurden die Alliierten, also die Franzosen und Engländer, herausgefordert, und schließlich wurde das Osmanische Reich zerstört.
Sir Alan B. of Harmagedon marschierte in Jerusalem ein, und so kam Palästina unter englische Oberherrschaft. Man kann sich kaum vorstellen, was das für die Juden damals in Palästina bedeutete, denn niemand hatte mit dieser Wendung gerechnet. Palästina war seit 1517 Teil des islamischen Osmanischen Reiches. Der Islam hatte aus ideologischen Gründen keinerlei Interesse – und auch keine Möglichkeit –, einen Judenstaat auf islamisiertem Boden zu erlauben.
Diese Entwicklung löste unter den Siedlern in Palästina eine enorme Euphorie aus. 1917, während des Ersten Weltkrieges, gab Lord Balfour seine Erklärung heraus. Darin erklärte die königliche Regierung Englands, dass sie sich für die Schaffung eines Judenstaates in Palästina einsetzen werde. Das war für die Menschen damals unglaublich bedeutend.
Ben Yehuda, der als Gymnasiast die Idee eines Nationalstaates im Land der Väter und die Wiederbelebung der hebräischen Sprache hatte, erlebte ausgerechnet in diesen Jahren einen Weltkrieg. Bisher hatte es in der Menschheitsgeschichte noch keinen Weltkrieg gegeben. Deshalb lernten wir in der Schule, dass dies der erste Weltkrieg war – ein Phänomen, das es in der Weltgeschichte so noch nie gegeben hatte.
Ein Weltkrieg machte Palästina für die Juden frei. 1921, nach dem Krieg, konnte Ben Yehuda den britischen High Commissioner Herbert Samuel dazu bewegen, Hebräisch zur dritten offiziellen Sprache in Palästina zu erheben – neben Arabisch und Englisch. Nun war Hebräisch offiziell als gesprochene Sprache anerkannt.
In dieser Zeit begann man in den Kindergärten, Hebräisch als Unterrichtssprache einzuführen. Kinder lernen Sprachen sehr schnell, viel schneller als Erwachsene, und ohne eine Grammatik büffeln zu müssen. Über die Kinder wurden auch die Eltern beeinflusst, die das Hebräische aus dem Kindergarten mit nach Hause brachten. So wurde Hebräisch nach und nach zu einer lebendigen, gesprochenen Sprache.
Am 15. Dezember 1922 starb Eliezer Ben Yehuda. Dreißig Menschen kamen zu seiner Abdankung, und es wurde eine dreitägige offizielle Staatstrauer in Palästina angeordnet. Er hatte sein Ziel erreicht und erlebte es noch selbst: Die Gassen Jerusalems erschallten wieder von der warmen, lebendigen Sprache der alten hebräischen Propheten.
Nach seinem Tod wurden seine unzähligen Notizen für sein Wörterbuch veröffentlicht. So entstanden die Bände sechs bis siebzehn – sechshundert Seiten zum Modernhebräischen, das er das Lexikon der gesamten Hebraizität nannte. Dieses Lexikon umfasste das Bibelhebräisch, das Mittelhebräisch und alle Perioden des Hebräischen bis hin zum modernen Hebräisch.
Ben Yehuda trug nicht nur Wörter ein, sondern gab zu jedem Wort auch die verwandten Wörter an, die zum gleichen Bedeutungsumfeld gehörten. Das war eine sehr moderne Methode, die später in der Linguistik viel stärker aufgenommen wurde – und die er bereits damals anwandte.
Die Realisierung dieses Wunders legte auch die Grundlage dafür, dass Jesaja 19,18 in Erfüllung gehen konnte: Die Sprache Kanaans wird wieder gesprochen werden.
Grundzüge der hebräischen Sprache und ihre Besonderheiten
Nun möchte ich noch einige Erklärungen zum Aufbau des Hebräischen geben. Also keine Angst: Es ist nicht so, dass man danach sofort Hebräisch sprechen kann. Aber man sollte doch eine gewisse Ahnung davon bekommen, was Hebräisch überhaupt ist und wie es funktioniert.
Den Klang haben Sie bereits gehört, aber man kann das nicht einfach vom Hören her merken. Die Basis dieser Sprache sind dreikonsonantige Wurzeln. Das heißt, fast alle Wörter lassen sich auf Wurzeln zurückführen, die aus drei Konsonanten bestehen.
Ein Beispiel, das nicht gerade ein schönes Wort ist, aber ein praktisches Beispiel aus linguistischen, also sprachwissenschaftlichen Gründen, ist die Wurzel Qtl, Katal. Diese Wurzel hat etwas mit „töten“ zu tun. Durch die Änderung der Vokale und durch Zusätze entstehen Bedeutungsnuancen.
Im Hebräischen spielen hauptsächlich sieben Verbalstämme eine Rolle: Kal, Nifal, Piel, Pu'al, Hif'il, Hof'al und Hitpa'el.
Ich möchte das jetzt an einem Beispiel durchgehen. Wir nehmen die Wurzel Qtl. Im Kal-Stamm, also im ersten Verbalstamm, heißt das Katal, ausgesprochen mit einem a-a als Vokale, und bedeutet „er tötete“.
Im Nifal-Stamm wird das verändert: Man setzt ein N davor und spricht es nicht mehr als Katal, sondern als Niktal aus. Die Vokale werden ja nicht geschrieben, nur die Konsonanten, also N-Q-T-L. Das bedeutet „er wurde getötet“ – das passt gut.
Nun gibt es einen dritten Stamm, den Piel-Stamm. Dort werden die Vokale i-e eingesetzt, und der mittlere Konsonant, das T, wird verstärkt, also doppelt ausgesprochen: Kittel. Dadurch wird die Handlungsweise intensiver, und man müsste das mit „er mordete“ übersetzen, nicht nur mit „er tötete“.
Dazu gibt es wieder ein Passiv, den Passivstamm Pu'al. Dort setzt man die Vokale u-a ein, und Kuttal heißt dann „er wurde ermordet“. Das T wird nicht doppelt geschrieben, sondern nur intensiver ausgesprochen. Auf Hebräisch schreibt man immer noch Q-T-L, ganz genau gleich, aber man spricht Kuttal aus.
Dann setzt man ein H vor die drei Konsonanten und schiebt noch ein J vor das L hinein. So spricht man das Ganze als Hiktil aus, und das heißt „er veranlasste zu morden“. Das bedeutet, jemand veranlasst jemand anderen, etwas zu tun.
Zum Beispiel im Königebuch, das vielleicht bekannt ist: Dort heißt es von König Erobeam, er machte das Volk sündigen mit dem goldenen Kalb in Dan und Bethel. „Er machte das Volk sündigen“ – das ist überhaupt nicht deutsch, oder? Aber wir verstehen es.
Das ist die wörtliche Übersetzung des Hif'il-Stamms. „Sündigen“ im Hif'il-Stamm bedeutet, dass er es veranlasst. Oder zum Beispiel in Psalm 23 heißt es in der King-James-Version so schön: „He causeth me to lay down in green pastures.“ Er veranlasst mich, mich hinzulegen auf grünen Auen. Auf Deutsch heißt das „er lagert mich“. Aber es ist wieder die Hif'il-Form: „Er veranlasst mich, dass ich mich hinlege.“
Das hat natürlich keine schöne praktische Bedeutung, aber es gibt Leute, die sind so hyperaktiv, dass der Herr sie manchmal zur Ruhe veranlassen muss. „He causeth me to lay down in green pastures.“
Dann gibt es noch ein Passiv dazu: Man schreibt einfach ein H vor die drei Konsonanten Q-T-L, und schon ist das Hocktal, was bedeutet „er wurde veranlasst zu morden“. Und wenn man noch ein H und ein T davor schreibt, gibt es Hidkatel, was heißt „er tötete sich selbst“. Die Handlung wird also reflexiv an sich selbst vollzogen.
Das sind die sieben hauptsächlichen Verbalstämme im Hebräischen. Man merkt, das ist etwas völlig anderes als im Deutschen. So etwas kennen wir nicht.
Man kann es vielleicht so erklären: Es gibt das Wort „schneiden“, das Wort „schnitzen“ und das Wort „schnitteln“. Durch kleine Änderungen lösen wir verschiedene Aktionsarten aus. Das ist bei gewissen Wörtern so, aber im Hebräischen ist das konsequent der Fall.
Schneiden, schnitzen, schnitteln und so weiter – das sind diese Stämme.
Aus diesen Wurzeln lassen sich natürlich auch Hauptwörter ableiten. Zum Beispiel, indem man die Vokale i und a einfügt und am Schluss ein H anhängt. Dann gibt es Ketillar, das Hauptwort für „Töten“, also Haketillar, was „das Töten“ bedeutet.
Jetzt möchte ich kurz zeigen, wie man die Wörter verändert. Zum Beispiel haben wir gerade gelernt: Katal heißt „er tötete“ – das ist die Kal-Form.
Für verschiedene Personen gibt es, ähnlich wie im Deutschen, Abwandlungen. Katal heißt „er tötete“, Katalah heißt „sie tötete“. Also für die Frauen gibt es eine spezielle Form. Ladies first! Das kennen wir im Deutschen nicht.
Im Deutschen sagt man immer „alle Schüler, Schülerinnen und Schüler“, um kein Geschlecht zu vergessen. Im Hebräischen gehört das zur normalen Grammatik, dass man zwischen „er“ und „sie“ im Verbal-System unterscheidet.
Auch Katalat heißt „du tötetest“, wenn du eine Frau bist. Katalta heißt „du tötetest“, wenn du ein Mann bist. Katalti heißt „ich tötete“. Katlu heißt „sie töteten“. Kataltem heißt „ihr tötetet“, wenn es Männer oder Männer und Frauen gemischt sind. Katalten heißt „ihr tötetet“, wenn es nur Frauen sind. Und Katalnu heißt „wir töteten“.
Man sieht, dass durch kleine Änderungen am Stamm verschiedene Formen hergestellt werden.
Jetzt wird uns vielleicht klar, dass dadurch eine enorme Durchsichtigkeit der Wortherkunft entsteht. Wenn man die Wörter immer auf diese Wurzel zurückführen kann, ist es zum Beispiel einfach herauszufinden, warum der Stier „Stier“ heißt.
Niemand von uns würde auf Anhieb erklären können, woher das Wort „Stier“ kommt oder warum es so heißt. Im Hebräischen heißt Stier „Par“, und das kommt von der Wurzel Parar, P-R-R, die „niedertreten“ oder „niederstampfen“ bedeutet. Der Par ist also der Niedertreter oder Abschaffer.
Interessant ist, dass in Hebräer 9 Paulus oder der Schreiber des Hebräerbriefes vom großen Versöhnungstag spricht, bei dem der Hohepriester unter anderem einen Stier für seine Familie opferte. Dort finden wir den schönen Vers, dass Christus gekommen ist zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer.
Der Stier, der Parar, ist der Abschaffer. Dadurch werden die Wörter so durchsichtig.
Zum Beispiel heißt das Wort „Brandopfer“ auf Hebräisch „Olah“. Man erkennt sofort, dass es von der Wurzel Allah kommt, die „aufsteigen“ bedeutet. Olah ist schlicht das Aufsteigende, das Opfer, das zur Freude und Ehre Gottes aufsteigt.
Oder „Adama“, das haben wir heute schon mal gehabt, heißt „Erdboden“ (1. Mose 2,17). Dieses Wort kommt von der Wurzel „Adam“ – nicht der Name Adam, sondern ein etwas anders ausgesprochenes Wort, das aber gleich geschrieben wird. Adam bedeutet „rot sein“. Adama ist also die rote Ackererde, die eisenhaltige Terra rossa, die „rote Erde“.
Das ist sofort einsichtig, weil die Struktur der Sprache durchsichtig ist.
Zeitliche Aspekte und die poetische Sprache des Hebräischen
Im biblischen Hebräisch, nicht zu verwechseln mit dem modernen Hebräisch, gibt es die Möglichkeit, Handlungen ohne einen festen Zeitbezug auszudrücken. Besonders die Form Katall drückt eine punktuelle Handlung aus. Zum Beispiel bedeutet sie: „Er tötet“ als eine momentane Handlung. Diese Form kann im Bibeltext für eine vergangene Handlung verwendet werden, dann übersetzt man „er tötete“. Oder für etwas Gegenwärtiges, dann heißt es „er tötet“.
Besonders in der Prophetie kann diese Form auch für eine zukünftige Handlung stehen, also „er wird töten“. Dabei wird nicht die Zeitstufe ausgedrückt, sondern die Art und Weise, dass es sich um eine momentane Handlung handelt.
Dagegen gibt es die Form „Jigtol“. Man sieht, sie ist ebenfalls von der Wurzel Q-T-L abgeleitet, aber mit einem „J“ davor. Diese Form drückt aus, dass die Handlung dauerhaft geschieht oder sich wiederholt. Das heißt im Sinne von: „Er tötete dauernd“, „er tötet dauernd“ oder „er wird dauernd töten“.
Hier erklärt sich manchmal das Erstaunen, wenn man die Psalmen liest und verschiedene Übersetzungen vergleicht. In einer Übersetzung steht: „Ich habe auf den Herrn vertraut“, in einer anderen dagegen: „Ich vertraue auf den Herrn“. Was haben die Übersetzer hier angerichtet? Warum beschreibt der eine das als vergangen, der andere als gegenwärtig?
Das liegt daran, dass die hebräische Verbform nicht die Zeitstufe ausdrückt, sondern nur die Art und Weise der Handlung. Darum kann man sie als vergangen, gegenwärtig oder unter Umständen sogar als zukünftig übersetzen. Und das hat seine Bedeutung.
Dadurch ist diese Sprache ideal, um zeitlos gültige Wahrheiten auszudrücken. Ich kann viele Psalmen lesen als Erfahrungen, die David gemacht hat, als er in der Wüste von Saul verfolgt wurde. Je nachdem, wie er zurückblickt auf das, was er erlebt hat, und wie er auf den Herrn vertraut hat, kann man die gleichen Worte so verstehen, dass sie uns direkt ansprechen. Wir können sie für unsere eigenen Situationen nehmen, die Davids Not gleichen, und sie in der Gegenwartsform ausdrücken.
Das macht gerade die poetischen Texte so zeitlos. Sie sind gültig für die Gläubigen im Alten Testament, sie sind gültig für die Gläubigen heute und durch all die Jahrhunderte der Kirchengeschichte hindurch. Sie werden auch gültig sein für die gläubigen Juden, die in der Zukunft durch die große Drangsal gehen werden.
Das könnte man mit Deutsch nicht so machen. Das ist eine Erklärung, warum Gott eben Hebräisch gebraucht hat, um den größten Teil seiner schriftlichen Offenbarung an uns Menschen mitzuteilen.
Gerade durch diese Durchsichtigkeit der Wortherkunft ist Hebräisch eine ideale Sprache, um bildliche, symbolische und typologische Botschaften zu überliefern. Wenn man zum Beispiel die Opfer in 3. Mose 1-7 liest, fällt das auf.
Dort muss man die Nieren speziell abtrennen, und es wird auch über den Leberlappen gesprochen. Verschiedene Teile, auch die Schenkel, haben eine besondere Bedeutung bei der priesterlichen Darbringung.
Das Wort für Nieren kommt im Hebräischen von einer Wurzel, die Vollkommenheit bedeutet. Der Leberlappen ist sprachlich verwandt mit Herrlichkeit, und die Schenkel sind verwandt mit Vertrauen.
Wenn wir wissen, dass die Opfer in all ihren Details Hinweise auf Jesus Christus sind, dann sehen wir die Vollkommenheit Christi in seinem Opfer, seine Herrlichkeit darin und sein Vertrauen auf Gott bis in den Tod hinein. Diese Bedeutungen kommen durch die Durchsichtigkeit der Sprache erst richtig zum Tragen.
Die Wahl der Sprachen in der Bibel und ihre Bedeutung
Es wäre an der Zeit, ein anderes Thema zu erklären: Warum hat Gott für das Neue Testament das Griechische verwendet? Auch das ist ganz eindeutig. Die Struktur des Griechischen ist vollkommen anders als die des Hebräischen, doch sie ist ideal, um die Realität im Neuen Testament zu beschreiben.
Griechisch ist eine Sprache, mit der man sich unglaublich präzise und genau ausdrücken kann. So war es wirklich Gottes Vorsehung, dass diese Sprache beim Neuen Testament zur Anwendung kommen sollte.
Dies geschah jedoch auch durch den Lauf der Weltgeschichte. Alexander der Große hatte die ganze Welt bis nach Indien erobert und seine Sprache zur Weltsprache erhoben. Dadurch wurde Griechisch zum Englisch der Zeit Jesu und der Apostel.
So konnte man in Griechisch am besten missionieren. Deshalb wurde das Neue Testament in Griechisch geschrieben. Es ist genau die Sprache, die ideal war, um die Wahrheiten des Neuen Testaments zu erfüllen.
Verständnis des modernen Hebräisch im Vergleich zum Althebräischen
Ja, wir sind am Ende und haben noch ein paar Minuten Zeit für Fragen. Das kommt ja nicht oft vor, meistens brauche ich bis zur letzten Minute, um durchzukommen.
Ja, bitte. Ich wiederhole die Frage, damit alle sie gut verstehen: Versteht jemand, der Modernhebräisch spricht, auch das Alte Hebräisch?
Es ist so, dass fast alle Wörter des Alten Testaments in der modernen Sprache vorkommen. Das heißt, sie sind also verständlich. Aber manchmal haben sich die Bedeutungen gewandelt. Zum Beispiel musste man ja ein Wort für Violine haben. Das gab es zur Zeit des Alten Testaments noch nicht. Man hat dafür das Wort „kinor“ genommen, die Harfe oder Laute, die David spielte. Und das Wort „kinor“ ist nun das Wort für die Violine.
Oder für Klavier musste man ja auch ein Wort haben, das gab es ja auch noch nicht. Im aramäischen Text von Daniel 3 wird ein Saiteninstrument erwähnt, das heißt Pesantere. So hat man dieses Wort gewählt für Klavier, Pesantere. Und der Pianist ist der Psanthran. Ja, da hat man einfach die Endung angehängt, für jemanden, der das als Beruf ausübt. So gibt es den Psanthran.
Man muss also ein bisschen aufpassen, dass man, wenn man als Modernsprachiger das Alte Testament liest, nicht meint, David hätte Violine gespielt und am Hof von Nebukadnezar hätte ein Pianist gearbeitet. Im Prinzip sind die Wörter aber in der neuen Sprache aufgenommen, und die Formen der Wörter sind genau gleich.
Also, was ich da vorhin erklärt habe, wie man konjugiert: Katal, Katla, Katalt, Katalta, Katalti, Katlu, Kataltem, Kataltem, Katalnu – das ist genau gleich im Althebräischen wie im Neuhebräischen. Was sich geändert hat, ist eher die Grammatik. Das ist aber bereits im Mittelhebräischen passiert. Das sieht man schon in der Mischna, dass die Zeitstufen etwas einfacher geworden sind, also dieses Zeitlose.
Was ich vorhin erwähnt habe, spielt in der modernen Sprache keine Rolle mehr. So heißt zum Beispiel „Katal“ im Modernhebräischen immer Vergangenheit: „Er hat getötet“ oder „Er tötete“. Das, was das Durative ausdrückt, „Jigtol“, heißt immer Zukunft: „Er wird töten“. Und für die Gegenwart nimmt man ganz einfach das Partizip, also „ich“ plus Partizip: „Anikotel“ – ich töte, „hukotel“ – er tötet.
So hat man also diese drei absoluten Zeitstufen in der modernen Sprache. Grammatikalisch ist die Sprache also einfacher geworden gegenüber dem Bibelhebräischen. Aber es ist so: Wenn man Modernhebräisch kann, ist es ein Leichtes, große Teile des Alten Testaments zu verstehen. Die poetischen Texte sind für Modernsprachige schwierig, aber gerade die erzählenden Texte, wie Abrahams Geschichte, sind kein Problem.
Was Theologen erleben, ist natürlich Frust. Sie lernen biblisches Hebräisch, gehen nach Israel und verstehen überhaupt nichts. Die Wörter, die man im modernen Leben braucht, haben sie gar nicht gelernt. Und manchmal sind Wörter, die im Alten Testament nur einmal vorkommen, plötzlich in der modernen Sprache ganz übliche Wörter, die jedes Kind kennt.
Im Alten Testament gibt es etwa 1500 Wörter, die nur ein einziges Mal vorkommen, sogenannte Hapax-Wörter. Das sind die ganz schwierigen Wörter. Plötzlich sind solche Wörter ganz übliche Wörter in der modernen Sprache.
Man hat es also viel schwieriger, vom Althebräischen herkommend zur neuen Sprache hinüberzugehen, als wenn man von der neuen Sprache her zum Alten kommt. Mit Modernhebräisch kommt man sehr schnell ins Bibelhebräische hinein, auch ins Mittelhebräische, sodass man den Talmud lesen kann und auch die mittelalterlichen Kommentare. Das geht einfach, und Theologen können das normalerweise nicht.
Entwicklung der Schrift und ihre Bedeutung für das Hebräische
Weitere Fragen?
Ich habe vor langer Zeit einmal einen Bildschirmtag gemacht, das war noch in Aarau, über die Entwicklung der Schrift und ganz kurz über die Zeit vor Mose. Es gab damals die Hieroglyphenschrift und die Keilschrift in Babylon, also die Hieroglyphenschriften in Ägypten.
Für beide Schriften musste man etwa 800 Zeichen kennen, um Texte lesen zu können. Das war also nur für Berufsschreiber möglich. Im Ägyptischen gibt es Zeichen, die ganze Wörter, Silben oder einzelne Konsonanten bezeichnen. Im Text sind diese verschiedenen Zeichen gemischt. In der babylonischen Keilschrift hingegen hat man pro Silbe ein Zeichen.
Das macht das Ganze sehr schwierig. Genau in der Zeit von Mose herum ist für die Archäologie ein Alphabet greifbar, das etwas mehr als zwanzig Zeichen umfasst. Dabei bekommt jeder Konsonantenlaut ein eigenes Zeichen.
Zum Beispiel steht für den Laut Aleph, einen Knacklaut, ein Rinderkopf. Das liegt daran, dass Aleph „Rind“ bedeutet, und der erste Konsonant dieses Wortes, eben dieser Knacklaut, wird durch den Rinderkopf dargestellt.
Das Wort für Haus heißt Bayit, also hat man ein Häuschen gezeichnet. Das war das Zeichen für den Laut W, und so weiter.
Mit etwas mehr als zwanzig Zeichen kann man plötzlich alles schreiben. Das war eine Revolution, vergleichbar mit der Erfindung der Buchdruckkunst. Plötzlich war es auch für einfache Leute möglich, schreiben zu können.
Im Buch der Richter sieht man, dass Gideon einen Jungen auf dem Feld trifft, der sagt: „Schreib uns die Namen der Ältesten in der Stadt auf.“ Der Junge hat alles aufgeschrieben.
So wurde das Schreiben auf Hebräisch plötzlich auch für ungebildete Leute möglich. Diese Schrift hat Mose verwendet. In der Archäologie nennt man sie die protokanaanäische Schrift, die älteste bekannte Schrift dieser Art.
Die älteste Inschrift, die man gefunden hat, stammt aus der Zeit um etwa 1700 vor Christus. Das könnte etwas vor Mose sein oder auch genau in seine Zeit fallen. Man kann sie lesen, es sind nur drei Buchstaben darauf, die man als „Kaleb“ entziffern kann. Das ist der sogenannte Geser-Schaber.
Außerdem gibt es Inschriften im Sinai, in der Wüste, sogenannte protokanaanäische Inschriften von Serabit el-Chadim.
Diese zeigen, dass in der Zeit von Mose diese Erfindung aufkam. Dieses Alphabet hat Mose verwendet. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Schrift immer mehr verändert. Die früher ganz deutlich bildlichen Zeichen wurden immer abstrakter.
Dennoch wurde in dieser Schrift die Bibel weiterhin überliefert. Die moderne hebräische Schrift geht auf diese zurück.
Übrigens auch das griechische Alphabet stammt von dieser Schrift ab. Denn aus dem Nahen Osten wurde dieses Alphabet, diese Erfindung, den Griechen weitergegeben. Sie passten es ein wenig an ihre Sprache an, weil sie auch Vokale schreiben wollten. Daraus entstand das Griechische Alphabet.
Die Griechen gaben das Alphabet an die Römer weiter, und die Römer wiederum an uns.
Auch die arabische Schrift geht auf diese zurück. Praktisch alle Alphabetschriften der Welt haben ihren Ursprung in der urhebräischen Alphabetschrift.
Fragen zur Entstehung der Bücher Mose und zur Aussprache
Ja, noch eine Frage? Ja, bitte. Also, wie hat Mose geschrieben? Ach so, hier hatte Mose seine Informationen. Das ist die Frage, oder? Über die Schöpfung, über Noah, über Abraham. Die Frage ist, wie ist das erste Buch Mose entstanden?
Es gibt ein interessantes Buch von einem Archäologen namens Weismann, mit dem Titel "Die Entstehung der Genesis". Er war Spezialist für assyrische Inschriften, also Keilschrifttafeln. Er hat festgestellt, dass es im ersten Buch Mose gewisse Schreibmethoden gibt, die genau mit denen auf den Tafeln übereinstimmen. Aufgrund dieser Angaben, zum Beispiel der Formulierungen wie "Dies ist die Geschichte von...", die gewissermaßen solchen Angaben am Schluss einer Tafel entsprechen, und aufgrund von Stichwortverbindungen vom vorherigen zum nächsten Text, hat er das erste Buch Mose in verschiedene Tafeln eingeteilt.
Es ist also wunderbar aufgegangen, sodass er die Theorie aufstellte, dass bereits die Patriarchen selbst geschrieben haben, sogar schon Adam. Diese Schriften wurden wohl als Tafeln weitergegeben an Noah, und Noah wiederum weiter an Abraham und dessen Nachkommen. So konnte Mose schließlich diese Vorlagen verwenden und sie unter der Inspiration des Heiligen Geistes zum ersten Buch Mose verarbeiten.
Übrigens noch etwas: Die Aussprache hat sich im Laufe der Zeit verändert. Mose hat ganz anders ausgesprochen als wir heute. Man muss davon ausgehen, dass er zum Beispiel noch Fälle hatte. Wir sagen im Modernhebräischen nur "Eretz" für Erde, ohne dass klar ist, ob es Nominativ, Genitiv, Dativ oder Akkusativ ist – es ist immer "Erez". Aber im Hebräisch zur Zeit von Mose gab es noch Fälle. So war die Erde "Arzu", der Erde "Arzi", die Erde im Akkusativ "Arza". Mose hat das also anders ausgesprochen.
Diese Endungen hat man aber nicht geschrieben, weil man nur die Konsonanten schrieb. Die kurzen Vokale am Schluss wurden nicht notiert. So hat sich die Schrift sehr einheitlich durch die Jahrhunderte gehalten, aber die Aussprache hat sich geändert. Darum war es zur Zeit von Maleachi kein Problem, das 1100 Jahre ältere Buch, die Bücher Mose, zu lesen. Auch heute noch, nach 3500 Jahren, ist es kein Problem, die Bücher Mose zu lesen. Die Aussprache ist moderner, aber die Schrift hat sich sehr einheitlich gehalten durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch.
Auch hier zeigt sich wieder die Weisheit Gottes, dass er eine solche Sprache gewählt hat, die über so lange Zeit verständlich geblieben ist. Wenn wir die ältesten deutschen Texte nehmen, wie das Nibelungenlied um 700 nach Christus, haben wir große Mühe, diese Sprache zu verstehen. Beim Hebräischen ist es einfacher, weil durch die Schreibweise die Verständlichkeit trotz der ändernden Aussprache erhalten blieb.
Und wie gesagt, für die moderne Sprache hat man neue Wörter kreiert, möglichst aus dem Hebräischen heraus, ausgehend von den Wurzeln neue Bildungen gemacht. Wenn das nicht möglich war, hat man Lehnübersetzungen gemacht. Zum Beispiel das Wort "Orange": Auf Jiddisch sagt man "Pomeranze", was nichts anderes ist als das lateinische "Poma Aurantia", Goldapfel.
Yehuda hat dann "Tabuach" gebildet, hebräisch für Apfel, und "Sahav" für Gold – also "Goldäpfel". Wenn man in Jerusalem auf dem Markt Orangen bestellen will, sagt man "Hayit Yerotze Tabuchei Sahav" – Goldäpfel.
Oder wie sollte man "telefonieren" oder "galvanisieren" sagen? Für "Telefon" hat man die Wurzel T, L, P oder F, N genommen und daraus eine Pi-El-Form gebildet: "Tilpen", "er telefonierte". Für "galvanisieren" hat man die Konsonanten G, G, L, V, N als vierkonsonantige Wurzel verwendet und daraus "Gilwen" in der Pi-El-Form gemacht, was so viel bedeutet wie "galvanisierte".
So konnte man moderne Wörter einfach übernehmen und sie richtig in die hebräische Struktur eingießen.
Sprachen im Land Israel zur Zeit Jesu
Ja, wir müssen bald zum Schluss kommen. Der Herr Jesus sprach drei Sprachen im Land: Hebräisch, Aramäisch und Griechisch. Das war für die Bevölkerung damals sehr üblich.
Gut, dann kommen wir jetzt zum Mittagessen. Wir hören noch ein paar Instruktionen.
