Wir beschäftigen uns derzeit mit den prophetischen Hinweisen aus dem Alten Testament auf das erste Kommen von Jesus Christus. Es gibt über dreihundert einzelne Aussagen dazu.
Im Moment betrachten wir weiterhin die Prophezeiungen aus der Tora, den fünf Büchern Mose. Beim letzten Mal sind wir bei 5. Mose 18 stehen geblieben.
Dort lesen wir erneut die Prophezeiung über den großen Propheten, und zwar 5. Mose 18,15-19.
Mose als Vorbild für den kommenden Propheten
Peter, bist du? Einen Propheten aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, gleich mir, wird der Herr, dein Gott, dir erwecken. Auf ihn sollst du hören, nach allem, was du vom Herrn, deinem Gott, am Mored begehrt hast, am Tage der Versammlung. Damals hast du gesagt: „Ich möchte nicht weiter die Stimme des Herrn, meines Gottes, hören, und dieses große Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe.“
Und der Herr sprach zu mir: „Gut ist, was sie geredet haben. Einen Propheten gleich mir will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erwecken. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen reden alles, was ich ihm gebieten werde. Und es wird geschehen: Der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich es fordern.“
Folgendes ist ganz wichtig und muss deshalb nochmals gesagt werden: Mose sagt, ein Prophet soll kommen, gleich mir, gleich wie Mose. Wir haben gesehen, dass Mose in einem gewissen Sinn wie ein König über Israel war. Gleichzeitig war er auch Priester, denn er hatte den Zugang ins Allerheiligste frei offen. Er stand sogar in seiner Position über dem Hohen Priester Aaron. So etwas gab es danach nie mehr.
Mose als König, Priester und Prophet
Vielleicht sollten wir anhand der Bibel belegen, dass Mose einen so freien Zugang zu Gott hatte. Das haben wir beim letzten Mal nicht näher betrachtet, oder?
Dort steht, dass ein Prophet wie ... Nein, da geht es einfach um den Propheten, der der Messias sein soll. Aber dass Mose so einen freien Zugang zum Allerheiligsten hatte, wird nicht direkt gesagt.
Hat Mose mit Gott gesprochen wie ein Freund? Ja, das schon einmal. Und dann noch klar in 4. Mose 7. Jemand liest gleich Vers 89 vor:
„Und wenn Mose in das Zelt der Begegnung hineinging, um mit ihm zu reden, dann hörte er die Stimme, die zu ihm von der Deckplatte herabredete, die auf der Lade des Zeugnisses war, zwischen den beiden Cherubim hervor. Und er redete zu ihm.“
Also Mose ging ins Allerheiligste und hörte dort die Stimme Gottes. Er bekam direkte göttliche Offenbarungen von der Bundeslade her.
Auch im 4. Buch Mose 12 steht etwas dazu. Ich wollte das gerade aufschlagen. Wunderbar! Aber so steht es nicht: „Mit Mose ist mein ganzes Haus anvertraut.“ Moment, wir müssen das Buch aufschlagen.
Schlagen wir das alle auf, und dann liest jemand es nochmals vor, wenn ich bitten darf: 4. Mose 12, Vers 6 und 7. Dann wird der Gegensatz noch deutlicher.
Gott spricht hier:
„Hört meine Worte: Ist jemand unter euch ein Prophet des Herrn? Dem will ich meinen Bund machen in Gesicht oder will mit ihm reden in Träumen. Aber so steht es nicht mit meinem Knecht Mose; ihm ist mein ganzes Haus anvertraut. Von Mund zu Mund rede ich mit ihm, nicht durch dunkle Worte oder Gleichnisse.“
Und es steht weiter:
„Und es steht dem Herrn in seiner Gestalt.“ Warum habt ihr euch denn nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht Mose zu reden?
Am Schluss von Vers 8 heißt es noch:
„Und das Bild des Herrn schaut er.“
Das zeigt einen ganz direkten Kontakt, der über das Maß eines normalen Propheten hinausging.
Jemand hat schon angedeutet: „Wie ein Freund.“ Dort wird nochmals gesagt, dass Mose treu war.
Mose im Hebräerbrief und sein besonderer Status
Hebräer 3 spielt auf 4. Mose 12 an. Wer Hebräer 3,1-3 liest, findet dort folgende Worte: „Herr, heilige Brüder, Teilhaber der himmlischen Berufung, betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses Jesus, der treu ist dem, der ihn bestellt hat, wie auch Mose in seinem ganzen Hause. Denn er ist größerer Herrlichkeit gewürdigt worden als Mose, insofern größere Ehre als das Haus der hat, der es erbaut hat.“
Hier wird die Treue von Mose, die in 4. Mose 12 erwähnt wird, nochmals betont. Gleichzeitig wird damit auch die Größe und Bedeutung hervorgehoben, die Mose hatte.
Um dies weiter zu verstehen, müssen wir noch 2. Mose 33,11 betrachten. Dort heißt es: „Und der Herr redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet. Dann kehrte er zu Mose ins Lager zurück. Sein Diener Josua aber, der Sohn des Nun, ein junger Mann, wich nicht aus dem Inneren des Zeltes.“
Gott spricht hier von Angesicht zu Angesicht mit Mose, so wie ein Mann mit seinem Freund redet. Dies zeigt die besondere Nähe Gottes zu Mose. Es ist vergleichbar damit, wie Gott von der Bundeslade her mit ihm spricht.
Das bestätigt auch, was wir bereits in 4. Mose 7 gelesen haben. Dort wird die Bundeslade beschrieben (vgl. 2. Mose 25). In Vers 22 sagt Gott zu Mose: „Wenn das Gesetz zwischen den beiden Cherubim ist, will ich mit dir alles reden, was ich dir gebieten will für die Israeliten.“
Mose hatte also freien Zugang ins Allerheiligste, was sonst im Alten Testament unmöglich war. Er war gewissermaßen König über Israel und gleichzeitig ein Prophet Gottes auf eine ganz ungewöhnliche Weise.
Die Trennung der Ämter im Alten Testament und die Ausnahme Mose
Das heißt, alle drei Ämter, die im Alten Testament für Israel klar voneinander getrennt waren – König, Priester und Prophet – konnten nicht in einer Person vereint sein.
Es war zwar möglich, Priester und Prophet zugleich zu sein, aber König konnte man nicht gleichzeitig sein. Die Könige stammten aus dem Stamm Juda, aus der Familie Davids, während die Priester aus dem Stamm Levi und der Familie Aarons kamen. Somit konnten alle drei Ämter nicht in einer Person zusammenkommen.
Ich habe das auch schon mehrfach betont: Die Gewaltentrennung ist keine Erfindung der Aufklärungszeit, sondern ein göttliches Prinzip. Der Mensch soll nicht zu viel Macht in einer Person vereinen, weil unser verdorbenes Herz schnell zu Machtmissbrauch neigen kann.
Mit dem Herrn Jesus jedoch sollten alle drei Ämter in einer Person zusammenkommen. Ausnahmsweise war das auch bei Mose so. Deshalb sagt Gott von einem Propheten, der wie Mose sein wird – also ein Prophet, der König, Priester und Prophet zugleich sein würde.
Das bedeutet jedoch nicht, dass er in allem auf derselben Stufe steht. Das sehen wir im Hebräerbrief Kapitel 3, wo der Sohn Gottes Mose gegenübergestellt wird. Dort heißt es, Mose war nur ein Diener Gottes im Heiligtum. Wenn wir jedoch weiter lesen, Hebräer 3,1-5, erfahren wir, dass der Herr Jesus als Sohn Gottes über dem Haus Gottes steht.
Die Gleichheit meint also die Analogie, dass König, Priester und Prophet in einer Person vereint sind.
Das Gebot an Israel im Zusammenhang mit dem kommenden Propheten
Dieses Gebot oder der Hinweis auf den Propheten in 5. Mose 18 ist mit einem Gebot verbunden. Wie lautet dieses Gebot für Israel? Mose kündigt diesen Propheten an, den Messias, und gibt im Zusammenhang mit dem Kommen dieses Propheten ein Gebot.
Wie heißt das Gebot an Israel? Es ist zugleich ein Versprechen. Doch in diesem Text finden wir auch ein Gebot, das wir gelesen haben. Ja, bitte? Er wird in meinem Namen reden, und von ihm will ich Rechenschaft fordern. Das heißt, ihn dafür zur Verantwortung ziehen.
Ganz Israel muss auf diesen Propheten hören. Das ist das göttliche Gebot.
Bekanntlich ist das fünfte Buch Mose eine Sammlung von acht Reden, die Mose am Ende der Wüstenwanderung gehalten hat. Diese Reden hielt er in den Ebenen Moabs, dem heutigen Jordanien, auf der anderen Seite des Jordans gegenüber von Jericho. Dort fasste Mose die Gebote, die Gott schon früher in der Wüste gegeben hatte – ab der Lagerung am Sinai und auch während der weiteren Wüstenwanderung – nochmals zusammen.
Deshalb heißt dieses Buch in manchen Bibelausgaben Deuteronomium, was so viel wie „Wiederholung des Gesetzes“ bedeutet. Es ist jedoch keine reine Wiederholung, sondern die Gebote werden auf die neue Situation angewandt, die vor Israel stand.
Die Frage war: Wie soll die Situation in der Wüste auf die Situation im verheißenden Land übertragen werden? Mose kündigt an, dass, wenn Israel im Land ist, der Messias kommen wird – im Land!
So steht das Gebot „Auf ihn sollt ihr hören“ ganz zentral im fünften Buch Mose. Das Buch umfasst insgesamt 34 Kapitel. Etwa in der Mitte finden sich diese Prophetie und das Gebot im Zusammenhang mit den Propheten.
Segnungen und Flüche in 5. Mose 28
Und das ist nun wichtig, wenn wir weitergehen und 5. Mose 28 aufschlagen. Dort finden wir Gottes Ankündigung, wie er Israel segnen wird, wenn sie auf seine Gebote hören. Das ist beschrieben in den Versen 1 bis 14.
Und dann liest jemand Vers 15 vor? Wer liest vor? 28,15: „Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, täuschst und nicht alle seine Gebote und Rechte hältst und tust, die ich dir heute gebiete, so werden alle diese Flüche über dich kommen.“ Jawohl, also jetzt kommen die Flüche bei Ungehorsam.
Stellen wir das Verhältnis vor Augen: Die Segnung umfasst wie viele Verse? Vierzehn. Und der Fluch umfasst? Ja, die Verse 15 bis 68. Gott wusste, dass Israel nicht hören würde, und darum konnte er den Segen relativ knapp fassen.
Und wenn es nun heißt, „wenn du hörst auf seine Gebote“, lesen wir mal Vers 1 noch dazu: 28,1: „Und es wird geschehen, wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, genau gehorchst und darauf achtest, all seine Gebote zu tun, die ich dir heute befehle, dann wird der Herr, dein Gott, dich erhöhen über alle Nationen der Erde.“
Jawohl, also Israel sollte die Weltherrschaft schließlich bekommen, aber nur bei Gehorsam gegenüber allen Geboten.
Im Zusammenhang von 5. Mose 28 spielt natürlich das Gebot im Blick auf den großen Propheten eine ganz zentrale Rolle – und damit eben auch die Flüche.
Es ist so: Alle diese Flüche von Vers 15 bis zum Ende haben sich in der Geschichte Israels erfüllt, aber nicht alles zur gleichen Zeit.
Wir können eigentlich diese ganzen Flüche in verschiedene Zeitabschnitte einteilen. Und zwar wird hier in diesem Kapitel dreimal über einen Landverlust gesprochen.
Man muss sich vorstellen, Israel stand am Eingang zum verheißenden Land, ja, noch auf der anderen Seite des Jordan.
Und jetzt wird erklärt: Ihr kommt ins Land, Gott wird euch segnen, wenn ihr die Gebote befolgt. Und wenn dann der Prophet kommt, der Messias, dann müsst ihr auf seine Stimme hören und alles tun, was er sagt. Sonst kommen die Flüche über euch, und ihr werdet das Land verlieren.
Die drei Landverlustflüche und ihre Erfüllung
Nun, der erste Landverlust-Fluch findet sich in Vers 25, 28 und 25. Wer liest? Der Herr wird dich schlagen vor deinen Feinden und dich dahingeben. Auf einem Weg wirst du gegen sie ausziehen, doch auf sieben Wegen wirst du vor ihnen fliehen. Du wirst zum Schreckbild für alle Königreiche der Erde werden. Jawohl, oder du wirst umhergetrieben werden in allen Königreichen der Erde.
Wobei übrigens das Wort „alles“ im Hebräischen, Kol, auch „alles im vollständigen Sinn“ bedeuten kann. Manchmal heißt es auch „alles Mögliche“. Es muss also nicht unbedingt ganz absolut im letzten mathematischen Sinn „allen“ bedeuten, sondern allgemein „herumgetrieben“ in den Königreichen der Erde.
Nun, das hat sich erfüllt mit der Wegführung der zehn Stämme Israels. Die zehn Stämme hatten sich ja nach dem Tod Salomos von den Südstämmen abgetrennt. Sie verfielen völlig dem Götzendienst. Es gab keinen einzigen König, der jemals eine Umkehr erlebt hatte, keine Reformation, nichts. So kamen die Assyrer, die aus dem Nordirak stammen, und sie schlugen im Jahr 722 die Hauptstadt Samaria ein. Die zehn Stämme wurden deportiert. So wurden sie im Nahen Osten zerstreut, und in der weiteren Geschichte verliert sich dann die Spur der zehn Stämme.
Sie wurden natürlich immer weiter zerstreut. Heute findet man zum Beispiel Spuren: Es gibt in Nordindien, nahe Bangladesch, einen indischen Stamm, der sich traditionell als Manasse betrachtet. Übrigens sind in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe solcher indischen Israeliten nach Israel eingewandert. Oder dann gibt es die schwarzen Juden, die Falascha aus Äthiopien. Von ihnen sind jahrzehntelang Tausende aus Äthiopien und dem Sudan mit einer fantastischen Luftbrücke nach Israel eingeflogen worden. Sie bringen sich traditionell in Verbindung mit dem Stamm Dan, einem der zehn Stämme.
Wenn man nur dieses Gebiet anschaut, von Indien bis Äthiopien, sieht man, dass diese Zerstreuung tatsächlich stattgefunden hat.
Dann finden wir einen weiteren Fluch bezüglich Landverlust in Vers 36. Der Herr wird dich und deinen König, den du über dich gesetzt hast, unter ein Volk treiben, das du nicht kennst, noch deine Väter. Du wirst dort anderen Rätern dienen, Holz und Stein.
Hier ist also von einer Deportation zu einem anderen Volk die Rede, nicht von einer Zerstreuung unter viele Völker, sondern zu einer anderen Nation. Es wird auch gesagt, dass Israel zu der Zeit einen König haben wird. Der Herr wird dich und deinen König, den du über dich setzen wirst, zu einer anderen Nation führen, die du nicht gekannt hast.
Das hat sich erfüllt mit der Deportation nach Babel, also in den Jahren 606 bis 586 vor Christus. Das endete mit der Zerstörung Jerusalems und des Salomontempels. Sie wurden deportiert aus Israel nach Babylonien, zu einer anderen Nation. Damals nahm das Königtum in Judäa ein Ende.
Der letzte König aus der Linie von David über Salomo war Jechonia, auch Joachim genannt. Er kam lange Zeit in den Kerker in Babylon. Nach Jahren wurde er von Evilmerodach, einem Nachfolger Nebukadnezars, begnadigt und erhielt eine Versorgung bis zu seinem Lebensende.
Übrigens hat man diese Versorgung dokumentiert gefunden. Es handelt sich um Bruchstücke einer Tontafel, auf denen vermerkt ist, welche Nahrungsmittel Joachim vom König von Babel befohlen wurde, ständig zu erhalten. Darüber wird berichtet am Schluss von 2. Könige 25 und Jeremia 52.
Ist das nicht der König, dessen Kinder vor seinen Augen geblendet wurden? Nein, das war Zedekia. Zedekia war eine Seitenlinie; er war ein Verwandter, aber nicht direkt aus der legalen Königslinie.
In 2. Könige 25 wird Joachim immer noch als König bezeichnet, auch als er ins Gefängnis kommt. Das ist bedeutsam, denn auch auf der babylonischen Keilschrifttafel wird er als König Joachin genannt, mit dem Titel. Sogar die Babylonier bezeichneten ihn als König in der Gefangenschaft.
Das zeigt, dass das Staatsgebilde trotz der Deportation und der babylonischen Gefangenschaft nicht zerstört war. Darum ist es wichtig: Wir haben vor einiger Zeit die Prophetie in 1. Mose 49,10 angeschaut: „Nicht wird das Zepter von Juda weichen, bis Schilo kommt, der Friedebringer, und ihm werden die Völker gehorchen.“
Das Zepter, also die Herrschaft, blieb dem jüdischen Volk erhalten, auch durch die babylonische Gefangenschaft hindurch. Dann kam der Herr Jesus. Vierzig Jahre später schlugen die Römer den Judenstaat zusammen. Da begann die lange Zeit der Staatenlosigkeit des jüdischen Volkes. Da wich das Zepter.
Aber das Zepter durfte nicht weichen, bis Schilo kommt. Das war ein kleiner Exkurs, eben weil hier gesagt wird, dass dich und deinen König zu einer anderen Nation weggeführt werden.
Das hat sich also erfüllt.
Jetzt haben wir noch einen dritten Landverlust-Fluch, und das ist Vers 64. Wer liest? „Und der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde. Du wirst dort anderen Göttern dienen, die du nicht gekannt hast, weder du noch deine Väter.“
Hier wird nun nicht mehr von einer Zerstreuung unter alle Königreiche gesprochen, auch nicht von einer Deportation zu einer Nation, sondern von einer Zerstreuung unter alle Völker, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde. Das Extremste wird hier betont.
Das ist die Wegführung, die sich ab dem Jahr 70 nach Christus erfüllt hat. Als die Römer Jerusalem zerstörten und den zweiten Tempel in Staub und Asche legten, wurde das jüdische Volk von da an in einem jahrhundertelangen Prozess auf alle fünf Kontinente der Welt zerstreut. Wörtlich auf alle fünf Kontinente, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende.
So kam der Fluch, weil sie nicht auf die Stimme des Propheten gehört hatten. Von dem werde ich es fordern.
Die Erfüllung der Flüche und die Reaktion des Judentums
Und der größere Zusammenhang
Dieser Vers 64 steht im Zusammenhang mit all den Ankündigungen ab Vers 49 oder eigentlich ab Vers 45. Liest man ab Vers 45, erkennt man einen in sich geschlossenen Block. All das hat sich ab dem Jahr 70 erfüllt. Auch textlich macht dieser Abschnitt den größten Teil aus.
Die Wegführung nach Assyrien, die zehn Stämme, war vor allem wegen welcher Sünde? Götzendienst. Die Wegführung nach Babylon erfolgte wegen Götzendienst und die Wegführung unter alle Völker wegen etwas, das noch schlimmer war.
Es ist schon schrecklich, wenn ein Mensch sich anderen Göttern zuwendet. Aber wenn er den wahren Gott mit Füßen tritt, ist das das Schrecklichste, was überhaupt möglich ist. Darum macht das auch den größten Teil aus.
Ja, gut. Ich habe eine Frage, Herr Liby: Wie sehen das die jüdischen Rabbiner, die ja doch in diesen Texten leben? Die müssten ja sagen, dass sie im Grunde genommen all das nach dem Jahr 70 erlebt haben beziehungsweise dass es dann geschrieben wurde. Gleichzeitig müssen sie aber verleugnen, dass Jesus der Messias war.
Das ist ein riesiges Problem, ein Riesenspagat, der bis zum Bruch führt. Im Judentum wird die ganze Bibel in der Synagoge nicht einfach nur vorgelesen, sondern vorgesungen. Der Chasan singt sie nach den Zeichen im hebräischen Text vor. Das ganze Alte Testament ist mit musikalischen Zeichen versehen, sodass man es singen kann.
Der Chasan darf 5. Mose 28 nie laut vorsingen, sondern nur mit gedämpfter Stimme. Das heißt, im Judentum ist man sich vollkommen klar, dass all diese Flüche sich erfüllt haben. Es ist ganz klar, dass sie sich ab dem Jahr 70 erfüllt haben.
Fragt man nun einen orthodoxen Rabbiner: Was war denn der Grund? Dann hört man, es gab viel Streitigkeit unter dem Volk Israel damals, und es war eine sehr geistlich schlechte Situation. Aber dann muss man weiter nachhaken.
Ja, aber dann folgen fast zweitausend Jahre Zerstreuung. Es war ja kein Götzendienst damals. Nein, damals gab es keine anderen Götter wie früher. Trotzdem gab es eine so schlimme Wegführung und Zerstreuung.
Wegen Götzendienst kam das jüdische Volk etwa siebzig Jahre nach Babel ins Exil. Aber ab dem Jahr 70 war es nur wegen Streit und Uneinigkeit, und sie kamen fast zweitausend Jahre ins Exil. Da muss doch etwas gewesen sein, das noch viel schlimmer ist als Götzendienst oder Streit.
Ja, genau. Und da ist man in der Klemme. Da kann man keine vernünftige Antwort geben. Entweder akzeptiert man das, oder man muss einfach die Augen schließen.
Aber das ist nicht nur bei orthodoxen Juden so, sondern auch bei ganz normalen Deutschen und Schweizern. Man kann einen Menschen an den Punkt bringen, an dem er sieht: Die Bibel stimmt. Aber dann ist er nicht bekehrt. Mehr können wir nicht machen.
Wir können jemanden bis dahin führen, dass es völlig klar ist. Aber dann muss er sich bekehren wollen, sonst geht es nicht.
Die Flüche als Warnung und Vorbild
Ja, schauen wir uns die Verse doch kurz an. Wir können ziemlich zügig vorangehen, da ich das Thema im Prinzip bereits damals mit der PowerPoint-Präsentation in der Pauluskirche behandelt habe. Wir wollen das aber nicht einfach doppelt machen, sondern nur kurz durchgehen. Außerdem habe ich jetzt einige Punkte angesprochen, die ich damals nicht erwähnt habe und die auch hier wichtig sind.
Vers 45: Wer liest? „Und all diese Flüche werden über dich kommen, dich verfolgen und dich erreichen, bis du vernichtet bist, weil du der Stimme des Herrn, deines Gottes, nicht gehorcht hast, seine Gebote und seine Ordnungen zu bewahren, die er dir befohlen hat.“
Weiter bis Vers 48: „Und sie werden zum Zeichen und zum Wunder sein an dir und an deinen Nachkommen für ewig, dafür, dass du dem Herrn, deinem Gott, nicht mit Freude und mit fröhlichem Herzen gedient hast wegen des Überflusses an allem. Du wirst deinen Feinden, die der Herr gegen dich senden wird, dienen in Hunger und Durst, in Blöße und in Wange, in allem, und er wird ein eisernes Joch auf deinen Hals legen, bis er dich vernichtet hat.“
Was ich hier noch betonen möchte, ist Vers 46: „Diese Flüche werden Zeichen und Wunder an dir sein.“ Im Hebräischen heißt es „Ot“ und „Mophet“. Diese Wörter bedeuten neben „Zeichen“ und „Wunder“ auch „Warnung“ und „Vorbild“.
In der Bibel wird oft von Zeichen und Wundern gesprochen, auch im Neuen Testament. Die Wunder, die getan werden, sind Zeichen und Wunder. Dabei steckt immer der Gedanke von Warnung und Vorbild dahinter. Das heißt, in jedem Wunder möchte Gott auch eine Botschaft vermitteln.
Zum Beispiel, wenn der Herr Jesus einen Blindgeborenen heilte, erklärte er in jedem Zusammenhang: „Ich bin das Licht der Welt.“ Die geistliche Botschaft ist: Wir sind alle in geistlicher Hinsicht blind, wie der Blindgeborene. Nur durch die Begegnung mit dem Sohn Gottes können wir sehend werden und die Wahrheit erkennen.
Der Herr Jesus hat Brot vermehrt, und in diesem Zusammenhang erklärte er: „Ich bin das Brot aus dem Himmel, das wahrhaftige Brot aus dem Himmel, das der Welt das Leben gibt.“ Das eigentliche Ziel war nicht, dass die Leute damals nicht mit einem hungrigen Bauch nach Hause gingen. Vielmehr wollte er zeigen, was die eigentliche Nahrung ist, die wir brauchen. Das ist der Sohn Gottes, der allein unseren inneren geistlichen Hunger stillen kann.
So gilt das für alle Zeichen und Wunder: Darin steckt eine bestimmte geistliche Botschaft. Die Zeichen und Wunder sind nicht das Wesentliche, sondern der Herr hat sie getan, um diese geistliche Botschaft weiterzugeben.
Hier wird gesagt, dass all diese Flüche eine Warnung und ein Vorbild sind. Eine Warnung für wen? Ich höre es schon: für alle Menschen und auch für alle nichtjüdischen Völker.
Gott hat ein Volk auserwählt, gewissermaßen als Prototyp. Anhand dieses Volkes wollte Gott zeigen, was geschieht, wenn ein Volk Gottes Wort hat und es befolgt. Dann kommt Segen. Das geschah unter Josua, unter David und Salomo. Es kam großer Segen über Israel.
Was geschieht aber, wenn ein Volk nicht auf Gott hört und nicht gehorcht? Dann kommt Gottes Gericht über sie. So ist es also eine Warnung für alle anderen Völker.
Es gibt oft Leute, die erzürnt sind, wenn man vom auserwählten Volk spricht. Sie sind eifersüchtig und fragen: Wie kann man denn sagen, die Juden sind das auserwählte Volk? Ja, das sind sie. Aber damit hatten sie auch viel mehr Verantwortung, und das hatte im Fall von Ungehorsam schreckliche Konsequenzen.
Es ist also eine Warnung für alle anderen und auch ein Vorbild. Das Gericht, das Israel oder das jüdische Volk hier auf Erden erlebt hat, ist ein Vorbild für das ewige Gericht in der Hölle.
Das Neue Testament sagt, dass das Evangelium allen Völkern verkündigt werden soll (Matthäus 28). In Johannes 3, Vers 36 steht die Kurzzusammenfassung des Evangeliums: „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“
Wer also dem Sohn Gottes nicht gehorcht, so wie Israel dem Messias nicht gehorcht hatte, auf dem bleibt der Zorn Gottes. Das ist die ewige Verdammnis, dieser bleibende Zorn.
Israels Gericht war irdisch und zeitlich beschränkt. Es gilt nicht für die Ewigkeit. Aber in Verbindung mit der Evangeliumsverkündigung müssen wir sagen: Es wartet ein ewiges Gericht auf den, der den Sohn Gottes ablehnt und ihm nicht gehorcht.
So sind diese schrecklichen Dinge eine Warnung und ein Vorbild für alle Menschen.
Niemand von uns war jemals in der Hölle. Darum ist es für Kritiker natürlich möglich zu sagen: Wenn man von der Hölle spricht, gehört das ins Mittelalter. Aber sie denken dabei nicht daran, dass die Bibel vor dem Mittelalter geschrieben wurde, nämlich in der Antike. Sie müssten also eher sagen: Gehen wir zurück in die Antike. Das wäre schon richtiger.
Gott hat die Hölle angekündigt, obwohl niemand von uns sie je gesehen hat. Deshalb kann der Zweifler sagen: „Die gibt es nicht.“ Was wir aber zeigen können, ist, wie sich Gottes Wort in seinem Gericht über Israel auf dieser Erde erfüllt hat.
Wir können argumentieren: Wenn das so wortwörtlich in Erfüllung gegangen ist, dann können wir garantiert überzeugt und sicher sein, dass sich das Gericht in der Ewigkeit ebenfalls erfüllen wird.
Das ist eine Garantie, ein Unterpfand für die ewige Verdammnis.
Das Gericht beginnt im Haus Gottes
Im Ersten Petrusbrief lesen wir, dass das Gericht beim Hause Gottes anfängt. Wie verstehen wir das zeitlich? Dort, in 1. Petrus 4,13 und den folgenden Versen, geht es darum, dass das Haus Gottes die Gemeinde ist, also die wahren Gläubigen.
Die wahren Gläubigen kommen unter die Zucht Gottes hier auf Erden, wenn sie sich nicht an Gottes Wort halten. Diese Zucht Gottes lässt sich durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch nachweisen. Es wird gewarnt: Wenn schon der Gerechte mit Not errettet wird, wo wird dann der Gottlose erscheinen?
Lesen wir weiter, Vers 49: Hier unterbreche ich den Lesenden immer wieder mit kurzen Kommentaren, bevor wir fortfahren. „Der Herr wird ein Volk über die Schippen von Ferne, vom Ende der Erde, wie ein Adler fliegen.“
Es wird also eine Nation vom Ende der Erde herkommen. Israel ist als Festland verbunden mit Europa, Afrika und Asien. Die Römer kamen vom europäischen Festland her, das sich übrigens von Spanien und Frankreich im Westen bis nach England erstreckte – das war quasi das Ende des Festlandes. Von dort kamen sie. Sogar der General Vespasian, der im Jahr 66 mit den Legionen nach Israel kam, stammte ursprünglich aus England.
Vom Ende der Erde her wird also eine Nation gegen dich herbeigeführt, gleich wie der Adler fliegt. Das habe ich damals in einer PowerPoint-Präsentation erklärt: Das typische Zeichen der römischen Legion war der Legionsadler. So kamen sie mit dem Adlerzeichen gegen das jüdische Volk.
Weiter heißt es: „Ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehst.“ Sie sprachen Latein, das damals in Israel praktisch nicht gebräuchlich war. Die Weltsprache im östlichen Teil des Römischen Reiches war Griechisch. Mit Griechisch konnte man die Volksmenge in Israel ansprechen, damit die Leute es verstanden. Latein hingegen war kaum verbreitet, wie die wenigen lateinischen Inschriften aus jener Zeit zeigen – griechische hingegen gibt es viele.
Weiter: „Ein freches Volk, das nicht Rücksicht nimmt auf die Alten und die Jungen nicht schont. Es wird verzehren die Jungtiere deines Viehs und den Ertrag deines Ackers, bis du vertilgt bist. Und wird dir nichts übriglassen vom Korn, Wein und Öl und vom Jungvieh deiner Rinder und Schafe, bis es dich umgebracht hat.“
Es gibt einen Augenzeugenbericht vom Untergang Jerusalems im Jahr 70. Josephus Flavius, ein jüdischer Geschichtsschreiber, hat das alles miterlebt. Er wurde sehr früh in den Kämpfen in Galiläa verhaftet. Josephus Flavius war Priester aus levitischem Geschlecht und führte ab dem Jahr 66 eine Truppe in Galiläa gegen die Römer. Er war sehr erfolgreich, wurde aber gefangen genommen.
Danach bekam er die Möglichkeit, als Vermittler zwischen Römern und Juden zu fungieren. Während der Belagerung Jerusalems im Jahr 70 war er mit Titus, dem Feldherrn der Römer, zusammen und musste zwischendurch Appelle an die Juden richten. Er sagte, sie sollten doch aufgeben, da es ohnehin nicht gelingen würde. Die Propheten hatten längst vorausgesagt, dass Jerusalem zerstört werden würde.
Josephus war somit Augenzeuge des gesamten Krieges, der 140 Tage dauerte, und hat alles in seinem Buch „Der jüdische Krieg“ festgehalten. Dort beschreibt er, wie die Legionäre rücksichtslos alte Leute und Kinder abschlachteten – alles, was ihnen in den Weg kam, genau wie es hier steht.
Sie begnügten sich nicht damit, alles zu zerstören, sondern versuchten auch, das Land ökologisch zugrunde zu richten. Sie zerstörten bewusst die Natur, genau wie es hier beschrieben wird.
Weiter, Vers 52: „Es wird dich ängstigen in allen deinen Städten, bis es niedergeworfen hat deine hohen und festen Mauern, auf die du dich verlässt, in deinem ganzen Land. Und du wirst geängstigt werden in allen deinen Städten, in deinem ganzen Land, das dir der Herr, dein Gott, gegeben hat.“
Nicht nur Jerusalem sollte fallen, sondern alle Festungen und hohen, festen Mauern. Antike römische Geschichtsschreiber berichten, dass 985 Städte und Festungen in Israel in den beiden Kriegen von 66-73 und 132-135 zerstört wurden. Wie es hier heißt, in allen deinen Toren, die dir der Herr, dein Gott, gegeben hat.
„Essen in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird.“ Auch das beschreibt Josephus Flavius. Während der Belagerung gab es eine Hungersnot in Jerusalem, die bis zum Kannibalismus führte.
Ein Mann unter euch, der zuvor verwöhnt und in Üppigkeit gelebt hat, wird seinem Bruder und der Frau in seinen Armen sowie dem Sohn, der noch übrig ist von seinen Söhnen, nichts gönnen. Vom Fleisch seiner Söhne, das er isst, bleibt nichts übrig. All dies geschieht in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird, in allen deinen Städten.
Eine Frau unter euch, die zuvor so verwöhnt und in Üppigkeit gelebt hat, dass sie nicht einmal versuchte, ihre Fußsohle auf die Erde zu setzen, wird vor Verwöhnung und Verlust dem Mann in ihren Armen sowie ihrem Sohn und ihrer Tochter nicht die Nachgeburt gönnen, die von ihr ausgegangen ist.
Sie wird sowohl die Nachgeburt als auch ihr Kind, das sie geboren hat, heimlich essen, aus Mangel an allem, in Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird, in deinen Städten.
„Wenn du nicht darauf hältst, dass du alle Worte dieses Gesetzes tust, die in diesem Buch geschrieben sind, und nicht fürchtest diesen herrlichen und heiligen Namen, den Herrn, deinen Gott, so wird der Herr schrecklich mit dir umgehen und dich und deine Nachkommen schlagen mit großen und anhaltenden Plagen, mit bösen und anhaltenden Krankheiten.“
Er wird auch alle Seuchen Ägyptens über dich bringen, vor denen du dich fürchtest, und sie werden dich nicht loslassen. Das begann bereits in der Belagerung Jerusalems im Jahr 70, als die Pest, die verderbliche Pest, ausbrach.
Dazu wird der Herr alle Krankheiten und alle Plagen, die nicht im Buch dieses Gesetzes geschrieben sind, über dich kommen lassen, bis du vertilgt bist. In den fünf Büchern Mose werden viele Krankheiten behandelt und beschrieben, wie man sie diagnostiziert, zum Beispiel Lepra in 3. Mose 13 und 14.
Hier sagt Mose, es gibt noch andere Krankheiten, deren Namen nicht im Gesetz Mose geschrieben sind, die ebenfalls über euch kommen werden. Nur wenige werden übrig bleiben von euch, die ihr zuvor zahlreich gewesen seid wie die Sterne am Himmel, weil ihr nicht der Stimme des Herrn, eures Gottes, gehorcht habt.
Wie sich der Herr zuvor freute, euch Gutes zu tun und euch zu schützen, so wird er sich nun freuen, euch umzubringen und zu vertilgen. Ihr werdet herausgerissen werden aus dem Land, in das du jetzt ziehst, es einzunehmen.
Denn der Herr wird dich zerstreuen unter alle Völker, von einem Ende der Erde bis ans andere. Du wirst dort anderen Göttern dienen, die du nicht kennst, noch deine Väter – Holz und Steine.
Dazu wirst du unter jenen Völkern keine Ruhe haben, und deine Füße werden keine Ruhe finden. Denn der Herr wird dir dort ein bebendes Herz geben, erlöschende Augen und eine verzagende Seele.
Dein Leben wird immer in Gefahr schweben. Nacht und Tag wirst du dich fürchten und deines Lebens nicht sicher sein. Morgens wirst du sagen: „Ach, dass es Abend wäre!“ Und abends wirst du sagen: „Ach, dass es Morgen wäre!“ – vor Furcht deines Herzens, die dich schrecken wird, und vor dem, was du mit deinen Augen sehen wirst.
Man meint oft, der Schreiber dieser Zeilen wäre im Ghetto gewesen, in Osteuropa oder in den Konzentrationslagern. Doch Mose hat das vor etwa 3.600 Jahren geschrieben. Die Erfüllung ist nicht nur im 20. Jahrhundert durch die Nazis und ihre Kollaborateure zu sehen, sondern vielmehr wurde das jüdische Volk durch alle Jahrhunderte hindurch unter den Völkern geplagt, verfolgt und abgeschlachtet, wie es hier steht.
Nun noch Vers 68: „Und der Herr wird dich mit Schiffen wieder nach Ägypten führen, auf dem Weg, von dem ich dir gesagt habe, du sollst ihn nicht mehr sehen. Ihr werdet dort euren Feinden als Knechte und Mägde verkauft werden, aber es wird kein Käufer da sein.“
Unzählige Kriegsgefangene im Jahr 70 wurden von den Römern auf Schiffen nach Ägypten verfrachtet. Ägypten und Nordafrika gehörten ja auch zum Römischen Reich.
Durch dieses große Angebot an Sklaven brachen die Sklavenpreise im Römischen Reich zusammen. Schließlich wollte man nicht mehr kaufen – so hat sich das auch erfüllt.
Es ist wichtig, dass man das so kennt. In der liberalen Theologie geht man davon aus, dass es kein Übernatürliches gibt. Deshalb kann die Bibel auch nicht inspiriert sein von Gott. Die Bibel sei einfach ein Zeugnis, ein Glaubenszeugnis früherer Menschen, das heute noch nützlich ist.
Man könne daraus viele Übertragungen machen, ähnlich wie man aus Märchen Übertragungen in der Psychologie von Freud und Jung ziehen kann. Aber es gebe keine echte Prophetie.
Wenn man dann sagt, die Bibel enthalte viele Prophetien, handle es sich um sogenannte „Vaticinium ex eventu“ – also Prophetie aus dem Nachhinein. Das ist ein lateinischer Ausdruck für gefälschte Prophetie, die erst nach den Ereignissen geschrieben wurde.
Man schreibt also auf, was schon erfüllt ist, und tut es dann als Prophetie aus. Deshalb wird beispielsweise gesagt, das Buch Daniel sei kein prophetisches Buch, sondern im zweiten Jahrhundert geschrieben worden, aber so, als wäre es ein prophetisches Buch.
Das gab den Gläubigen viel Mut und Zuversicht. Ebenso geben prophetische Bücher Hoffnung und Perspektive für die Zukunft – das sind wichtige Dinge, die man lernen kann.
Dann muss man fragen: Wann wurde das fünfte Buch Mose verfasst? Nicht von Mose? Wann dann? Die offizielle Theorie besagt, dass es als Fälschung in der Zeit von König Josia verfasst wurde.
In der Geschichte, in 2. Könige, heißt es, Josia habe den Tempel renovieren wollen. Dabei fand man bei den Renovationsarbeiten das fünfte Buch Mose, das Original von Mose, ungefähr im Jahr 622 v. Chr.
Die liberale Theologie behauptet, dass das fünfte Buch Mose damals geschrieben wurde – also die gefundene Schrift eine Fälschung aus dieser Zeit sei. Aber alle Liberalen erkennen an, dass das fünfte Buch Mose vor der christlichen Geburt geschrieben wurde. Auch die Qumran-Handschriften belegen das eindeutig; man kann nicht behaupten, dass gewisse Teile später hinzugefügt wurden.
Das ist für alle klar. Gut, aber all das hat sich ab dem Jahr 70 erfüllt. Der Schreiber des fünften Buches Mose müsste in den Konzentrationslagern gewesen sein, um das zu schreiben, was wir in den Versen 65, 66 und 67 gelesen haben. Aber nein, es ist vorher geschrieben worden.
Also gibt es echte Prophetie. Damit kann man die gesamte liberale Theologie vom Tisch wischen. Alles ist auf Sand gebaut – reiner Unglaube, der aber unvernünftig ist.
Jetzt ist Zeit für Kuchen.
Gerichtsankündigungen in 3. Mose 26
Nun sollten wir noch etwas nachholen, das gerade dazugehört, nämlich Dritte Mose Kapitel 26. Das Dritte Buch Mose hatte Mose ganz am Anfang der Wüstenwanderung geschrieben – und zwar das ganze Buch in einem Monat, im Monat Nisan. Schon zu Beginn der Wüstenwanderung hat Mose aufgeschrieben, welche Gerichte über Israel kommen würden, falls sie in der Zukunft nicht auf Gott hören würden.
Das beginnt in Vers 14 mit einer ersten Gerichtsphase (Verse 14-17). Dann steht in Vers 18: „Und wenn ihr auf dieses hin mir nicht gehorcht, so werde ich euch siebenmal mehr züchtigen.“ Darauf folgt eine zweite Gerichtsphase, dann eine dritte in Vers 21: „Und wenn ihr mir entgegenwandelt und mir nicht gehorchen wollt, so werde ich euch noch siebenmal mehr schlagen.“ Vers 23 bringt nochmals eine Steigerung – das wäre die vierte Steigerung. Schließlich kommt Vers 27, das ist dann das Definitive.
Das ist auch interessant, denn in diesen Versen finden wir das Gericht, das in den vergangenen zweitausend Jahren gekommen ist. Wir haben das Gericht in 5. Mose 28,64: die Zerstreuung unter allen Völkern. Das war das Letzte, einen weiteren Fluch gibt es nicht mehr.
Es gibt ja manchmal Leute, die sagen: „Ja gut, die Juden sind jetzt zurückgekehrt – übrigens drei Millionen aus allen fünf Kontinenten, also über hundert Ländern. Aber wer weiß, vielleicht werden sie wieder zerstreut.“ Nun, in Amos, den letzten zwei Versen (Amos 9,14-15), sagt Gott, er werde sie in der Endzeit ins Land zurückführen, und sie werden nie mehr aus diesem Land herausgerissen werden.
Dann sagt jemand: „Ja, wer sagt, dass wir jetzt in dieser Zeit sind? Wer kann beweisen, dass wir wirklich in der Zeit sind, wo das definitiv ist? Vielleicht werden sie wieder zerstreut.“ Nun, Dritte Mose 28 hat drei Landverlustflüche, alle sind erfüllt, einen vierten gibt es nicht. Das ist die definitive Rückkehr heute, die endgültige Rückkehr.
Auch hier, in Dritte Mose 26, ab Vers 27, kommt die fünfte Gerichtsphase, und diese ist definitiv. Wer liest bitte ab Vers 31? Dort steht:
„Und ich werde eure Städte zur Trümmerstätte machen und eure Heiligtümer öde machen, und ich werde euren wohlgefälligen Geruch nicht riechen, und ich werde das Land öde machen, und ich werde, dass eure Feinde, die darin wohnen, sich darüber entsetzen sollen. Euch aber werde ich unter die Nationen zerstreuen, und ich werde das Schwert euch ziehen. Euer Land wird eine Öde, und eure Städte werden eine Trümmerstätte sein.“
Dann endlich wird das Land seine Sabbate ersetzt bekommen, all die Tage seiner Verödung, während ihr im Land eurer Feinde seid. Dann endlich wird das Land ruhen und seine Sabbate ersetzt bekommen.
Auch hier haben wir also parallel diese Zerstreuung unter die Nationen (Vers 33) und ständige Verfolgung. „Ich werde das Schwert ziehen hinter euch her.“ Das hat sich erfüllt – durch alle Jahrhunderte. Es begann nicht nur im Jahr 70, aber dann im zweiten Jahrhundert wurden Hunderttausende getötet. Allein im Krieg von 132 bis 135 kam nochmals eine Million um. Und dann ging das so weiter durch die Jahrhunderte hindurch bis in unsere Zeit.
Das Schwert zog hinter ihnen her, und weiter: „Euer Land wird eine Wüste sein und eure Städte eine Öde.“ Nun, das Land, das ein besonders gesegnetes Land war, ein Land, das von Milch und Honig floss – das habe ich erklärt – wurde von den Römern ganz bewusst ökologisch zerstört in den beiden Kriegen 66 bis 73 und 132 bis 135.
Später kamen im siebten Jahrhundert die Muslime ins Land. Muhammad starb im Jahr 632. 638 wurde bereits Jerusalem durch die Muslime erobert, die aus der saudischen Wüste kamen und dann ein Gebiet nach dem anderen eroberten. Von daher kommt die arabische Besetzung des Landes Israel.
Sie bauten im gleichen Jahrhundert, um 682, den Felsendom und 705 dann die Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelplatz. In Vers 32 lesen wir am Schluss: „Und ich werde das Land verwüsten, dass eure Feinde, die darin wohnen oder die darin wohnen werden, sich darüber entsetzen sollen.“ Die Feinde kamen ins Land und begannen dort zu wohnen.
Das hat sich erfüllt, mit Bedeutung bis heute in den Ostkonflikt hinein. Denn seither beanspruchen sie das Land für sich und für den Islam. Die Araber aus der saudischen Wüste liebten den Ackerbau nicht. Sie waren Schaf- und Ziegenzüchter. Anstatt den Boden zu bebauen, ließen sie ihre Schaf- und Ziegenherden darüber hinweggehen. So kann man in kurzer Zeit fruchtbares Land in Wüste verwandeln.
Ganze Landstriche wurden komplett zerstört. Das jüdische Volk hatte diese beiden Bereiche strikt getrennt. Die jüdische Wüste heißt auf Hebräisch mitbar. Das bedeutet nicht einfach ein Trockenland oder ein Land des Entsetzens (das wäre shemama). Es gibt verschiedene Wörter für Wüste, aber mitbar heißt ein Ort, an dem man Kleinvieh aufzieht. Das kommt von „hidwir“, füttern.
Diese Wüste ist eine lebendige Wüste. In der Regenzeit von Oktober bis April lebt sie richtig auf. Dort kann man wunderbare Blumenteppiche bewundern. Das ist ein ideales Land für Kleinviehzucht – Schafe und Ziegen.
Zum Beispiel Galiläa, die Scharon-Ebene am Mittelmeer und ganz besonders die Ebene von Megiddo oder Jezreel sind außerordentlich fruchtbar. Das ist heute die Kornkammer Israels, die Jezreel-Ebene. Dort darf man natürlich kein Kleinvieh halten, aber Israel betrieb dort Ackerbau. In der Wüste, wenn David von Bethlehem ausging, hatte er einen kurzen Weg in die jüdische Wüste, wo man das Kleinvieh halten musste.
Das ist übrigens die Erklärung für den Ausdruck „Gott führt sein Volk in ein Land, das von Milch und Honig fließt“ (Eretz Zvad Chalaw und Dwash). Chalaw, die Milch, fließt in der jüdischen Wüste in Ziegen und Schafen. Mit Dwash ist nicht unbedingt nur Bienenhonig gemeint – also nicht ein Land, in dem man ständig von Bienen gestochen wird – sondern ein Land mit Fruchthonig. Aus Datteln und allen möglichen anderen Früchten. Das ist das Land des Ackerbaus, eben wie Galiläa, Scharon-Ebene usw.
So war das strikt getrennt, und so geht das im Nahen Osten. Ökologisch ist das das einzig Richtige. Aber die Muslime haben das alles kaputtgemacht.
Die Geschichte geht weiter: Später herrschten die Türken jahrhundertelang, ab der Reformation von 1517 bis in den Ersten Weltkrieg. Die Türken, wieder ein islamisches Regime, forderten Baumsteuern. Wer Bäume auf seinem Grundstück hatte, musste dafür bezahlen. Jeder, der schlau war oder es wenigstens zu sein meinte, schlug die Bäume um, um keine Steuern zahlen zu müssen. So wurde das Land weiter zur Wüste gemacht.
Im 19. Jahrhundert, mit der Industriellen Revolution und der Erfindung der Dampflokomotive, bauten die Türken eine großartige Eisenbahn im Nahen Osten. Das brauchte natürlich Nahrung und Feuerholz. Dabei wurden die letzten Reste der fruchtbaren Scharon-Ebene am Mittelmeer abgeholzt und zerstört.
Der Höhepunkt der Verwüstung war dann im 19. Jahrhundert erreicht, kurz bevor die ersten jüdischen Siedler kamen und das kaputte Land wieder aufbauten.
So wie Mose vorausgesagt hat, ist das ganze Land, wie in Vers 33 am Schluss steht: „Euer Land wird eine Wüste sein und eure Städte eine Öde.“ Von den Städten habe ich schon gesagt, dass die Römer etwa tausend Städte und Festungen verwüstet haben.
Noch ein Punkt: Mose sagt in Vers 32, eure Heiligtümer werden verwüstet – also der Tempel soll zerstört werden. Heiligtümer hier in der Mehrzahl bezeichnen all die verschiedenen Gebäude, die zum Tempel in Jerusalem gehörten. Die Römer haben den ganzen Tempelbezirk verwüstet und zerstört.
Noch etwas: „Ich werde euren lieblichen Geruch nicht mehr riechen.“ Das heißt, der Opferdienst in Israel hat mit dem Jahr 70 ein Ende gefunden. Von Jahr 70 bis heute gibt es im Judentum keine Opfer mehr.
Das war so fatal für das jüdische Volk, dass die ganze Religion des Judentums eine grundlegende Änderung erfuhr. Ein Drittel aller Gebote in der Tora sind mit dem Tempel in Jerusalem verknüpft. Wenn man den Tempel nicht mehr hat, was will man dann machen? Von vornherein kann man ein Drittel aller Gebote seit zweitausend Jahren nicht mehr praktizieren.
Die Rabbiner machten sich Gedanken: Was sollen wir tun? Es war, als wäre das Herz herausoperiert worden. Sie sagten, wir müssen das einfach ändern. Die Opfer werden jetzt durch Gebet ersetzt.
So entstand das Judentum, wie wir es heute kennen, mit den Gebetshäusern, den Synagogen, wo man keine Opfer mehr bringt. Man brachte das Gebet quasi als geistlichen Ersatz für die Opfer.
Hier haben wir also: „Ich werde den lieblichen Geruch eurer Opfer nicht mehr riechen.“ Fertig, keine Opfer mehr. Auch das hat sich Punkt für Punkt so eindrücklich erfüllt.
Jetzt sind wir fertig mit den fünf Büchern Mose. Bevor wir in der biblischen Geschichte weitergehen, um die weiteren prophetischen Ankündigungen des Erlösers zu suchen, wollen wir jetzt zum Buch Hiob gehen. Und das nicht ohne guten Grund.
Der Talmud sagt im Traktat Baba Batra, dass Mose das Buch Hiob geschrieben habe. Das bedeutet aber nicht, dass Mose ohne Vorlagen geschrieben hätte – genauso wie es sehr eindrückliche Hinweise im Bibeltext gibt, dass Mose das erste Buch Mose aufgrund von Quellen der Patriarchen unter Inspiration abgefasst hat.
So muss es auch beim Buch Hiob gewesen sein. Mose hatte eine Vorlage und hat das biblische Buch Hiob aufgrund dieser Vorlage geschrieben.
Die zeitliche Einordnung und Bedeutung des Buches Hiob
Wann lebte Hiob? Gibt es eine Antwort darauf? Ganz früh? Ja, das hilft schon weiter, denn liberale Theologen sagen, das Buch Hiob sei sehr spät entstanden. Das ist auch ehrlich gesagt ungewiss.
Hiob kannte jedoch die Dinosaurier. In Hiob 40 wird ein Tier beschrieben, dessen Schwanz sich wie eine Zeder biegt. Einige Bibelübersetzungen übersetzen Behemot als Nilpferd, aber wer schon einmal im Zoo war, weiß, dass es Unterschiede gibt – besonders beim Schwanz. Das Nilpferd hat nur einen kleinen Schwanz, während der Behemot seinen Schwanz wie eine Zeder biegt.
Die Beschreibung passt wunderbar zu einem Prontosaurus oder Diplodocus. Das sind riesige Tiere, die bis zu fünfzig Tonnen schwer werden können und wegen ihres Eigengewichts am liebsten in Flüssen lebten. Genau so wird Behemot beschrieben: Er lebt im Fluss, hat vor nichts Angst und frisst Gras wie ein Rind. Die Zähne dieser Saurier sind eindeutig von Pflanzenfressern, nicht von Fleischfressern. Das passt also sehr gut.
Auch die folgende Beschreibung von Leviathan ist interessant. Das Wort bedeutet einfach „der Gewundene“ und beschreibt einen Wassersaurier. Zum Beispiel könnte es gut zu einer Art Thylosaurus passen, die etwa 15 Meter lang wurde. Ihr Kopf war krokodilähnlich und etwa eineinhalb Meter lang – ein beeindruckendes und furchterregendes Wesen.
Leviathan wird als völlig unbesiegbar beschrieben. Einige übersetzen das Wort mit Krokodil, aber Leviathan ist kein Krokodil. Krokodile wurden schon in der Antike gejagt – manche Damen wollten sogar Taschen daraus. Gott sagt ironisch zu Hiob, er solle doch einmal gegen Leviathan kämpfen. Dann sagt er: „Gedenke des Kampfes, tu es nicht mehr.“ Keiner kann gegen Leviathan kämpfen – so wird es beschrieben.
Gab es also noch Saurier? Ja, aber wann sind sie tatsächlich ausgestorben? In der Sintflut. Hiob lebte jedoch nach der Sintflut, denn die Sintflut wird im Buch Hiob erwähnt. Es gab Menschen, die die Sintflut überlebten – und auch Saurier.
Übrigens war es kein Platzproblem, dass Saurier überlebten. Oder zumindest die frisch geschlüpften. Wenn die Eier groß waren, schlüpften kleine Tiere. Reptilien wachsen ihr ganzes Leben lang. Die Saurier lebten also lange weiter, ebenso wie Menschen früher nach der Bibel recht alt wurden und auch groß wurden.
Hiob lebte eindeutig nach der Sintflut, denn er erwähnt sie mehrfach im Buch Hiob. Doch wie lässt sich das datieren? Das Volk Israel wird im Buch Hiob nie erwähnt, obwohl Hiob in der Nähe des Landes Israel wohnte – nämlich im Land Uz (Hiob 1, Vers 1).
Wo liegt Uz? In Südjordanien. Im Buch der Klagelieder wird das Land Uz zum Beispiel zusammen mit Edom genannt, einer weiteren Bezeichnung für Südjordanien. Das Volk Israel wird also nicht erwähnt.
Wie alt wurde Hiob? Haben Sie es gehört? Über hundertvierzig Jahre. Nach seiner Krankheit, als Gott ihm alles doppelt zurückgab – alle Esel, alle Kamele und alles, was er hatte –, bekam er zwar nur zehn Kinder, aber die ersten waren gestorben. Das ist länger als 150 oder 170 Jahre.
Wegen seines Alters: Ja, ich bin einverstanden, dass Hiob ziemlich alt wurde. Aber warum bekam er nicht doppelt so viele Kinder wie früher? Alles bekam er doppelt, aber nur zehn Kinder. Zehn waren im Himmel und zehn auf der Erde – sie waren nicht verloren. Das ist ein Trost für Eltern, die Kinder verloren haben. Sie wissen, dass ein Kind im Himmel ist und nicht verloren geht.
Gott zählt diese Kinder weiterhin als seine Kinder. Darum gab er Hiob nicht zwanzig, sondern eindrücklich zehn Kinder zurück. Aber was bekam er noch? Ein Lebensalter von hundertvierzig Jahren danach. Das muss das Doppelte von dem sein, was er vorher hatte.
Also gilt: x plus 2x gleich 210 Jahre. Dann ist x siebzig Jahre. Zweihundertzehn Jahre sind das Alter von Abrahams Vater Tera – eine ähnliche Größenordnung.
Ab der Sintflut wurden die Menschen immer weniger alt. Das Alter nahm ab (1. Mose 11). Abraham wurde 175 Jahre alt, sein Vater sogar über 200. Hiob muss also in die Zeit nach der Sintflut gesetzt werden, ungefähr vor Abraham.
Abraham wurde im Jahr 2211 v. Chr. in Ur geboren. So kann Hiob etwa im 22. Jahrhundert vor Christus angesiedelt werden.
Es gibt noch andere Argumente, aber wir wollen Hiob nicht im Detail behandeln, sondern nur den zeitlichen Rahmen betrachten.
Hiob hatte keinen Zusammenhang mit dem Volk Israel, denn das Volk Israel gab es noch nicht. Darum wird es auch nicht erwähnt. Seine Freunde kamen aus verschiedenen Orten. Besonders interessant ist Elihu, der aus Bus stammte (Hiob 32, Vers 1).
Bus ist ein Ort im heutigen Saudi-Arabien. Warum erwähne ich das? Es ist interessant, denn Hiobs Freunde kamen aus dem Gebiet von Jordanien und Saudi-Arabien und kannten alle den wahren Gott. Sie hatten eine beeindruckende Kenntnis von Gottes Macht und Souveränität in der Natur und der Schöpfung. Das wird im Buch Hiob sehr eindrücklich dargestellt.
Hiobs Glaubensgewissheit auf den Erlöser
Und nun, was wusste Hiob über den Erlöser, den kommenden Erlöser? Nun, die berühmteste Stelle ist welche? Ja, wo steht das? Wunderbar, Hiob 19,25. Das hat ja Händel so wunderbar vertont im Messias: "I know that my Redeemer liveth."
Wer liest uns vor? "Doch ich weiß, mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub stehen. Und nachdem man meine Haut so zerschunden hat, werde ich doch aus meinem Fleisch Gott schauen. Ja, ich werde ihn für mich sehen, und meine Augen werden ihn sehen, aber nicht als Fremden. Meine Nieren verschmachten in meinem Innern, wenn ihr sagt: Wie wollen wir ihn nachjagen?"
Ja, das reicht? Also, es ist so: Hiob versinkt in tiefste Depressionen. Und alles wird noch viel schlimmer durch diese hitzigen Diskussionen mit seinen Freunden, die überzeugt sind, Hiob muss ein schwerer Sünder sein, der immer geheuchelt hat. Darum geht er durch solche Nöte hindurch.
Hiob beginnt, sich so zu rechtfertigen, dass er schließlich auch Gott anklagt. Das bringt ihn in tiefste Depression hinein. Aber plötzlich sehen wir wieder, wie aus dieser Dunkelheit eine Aufhellung kommt. Das ist so ein Moment, wo Hiob dann plötzlich zu solchen Aussagen kommt: "Ich, ich weiß", das "ich" ist betont, nicht nur "ich weiß", sondern "ich, ich weiß, dass mein Erlöser lebt."
Also, der Erlöser war nicht jemand, der einfach mal später kommen wird, sondern er existierte auch damals. Ja, er ist der ewige Sohn Gottes. Und er wusste das, das ist die Glaubensgewissheit. Er nahm es nicht einfach an, er glaubte es nicht nur irgendwie, sondern es war eine Glaubensgewissheit: "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt."
Und er wusste auch, dass er das letzte Wort über diesem Planeten sprechen wird. Als der Letzte wird er auf dieser Erde stehen. Und da haben wir bereits einen prophetischen Blick bis auf das tausendjährige Reich, wo der Herr Jesus einmal König sein wird und das letzte Wort über diese ganze Welt sprechen wird.
Die UNO wird es dann nicht mehr geben, sie wird abdanken, ja, so wie früher der Völkerbund abgedankt hat. Der Völkerbund hat abgedankt nach dem Zweiten Weltkrieg, weil man ihn ja nach dem Ersten Weltkrieg gegründet hatte, um einen weiteren Weltkrieg zu verhindern. Also ein Verein, der das nicht konnte, der hat ausgedient. Dann gründete man die UNO, und die sollte besser sein. Aber es ist nicht besser geworden.
Aber der Letzte, als der Letzte, wird Jesus auf dieser Erde stehen. Und jetzt ist man nochmals überwältigt. Was sagt Hiob im Vers 26? Jawohl, hier geht die Gewissheit so weit, dass er sagt: Auch wenn mein Körper kaputt geht, werde ich einmal Gott anschauen. Aber nicht als ein Geist, sagt er hier, sondern ich werde Gott anschauen aus meinem Fleisch.
Jetzt könnte man denken, ja, vielleicht bedeutet das "aus meinem Fleisch heraus." Ja, aber von der hebräischen Grammatik her kann man zeigen, dass hier örtlich gemeint ist: Aus meinem Fleisch heraus. Das heißt, mein Körper geht zugrunde, und trotzdem werde ich aus meinem Körper heraus einmal Gott sehen. Das schließt auch die Gewissheit der Auferstehung mit ein. Die Gewissheit, dass der Leib, der zerstört wird, wieder aufersteht und herrlich gemacht wird. Dies derselbe Leib, nicht ein anderer.
Ja, also ganz gewaltig diese Aussagen, die Hiob da schon machen kann.
Hiobs Klage und der Wunsch nach einem Mittler
Und eine Aussage in der Verzweiflung klingt ganz anders, und zwar in Kapitel 9. Hiob sagt gewissermaßen: Gott ist zu stark, ich kann ja sowieso nichts tun, nichts gegen Gott ausrichten, nichts sagen.
In Hiob 9,3 heißt es: „Wenn der Mensch ungerecht ist und Lust hat, mit ihm zu rechten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten.“ Wenn wir einmal vor Gott stehen, werden wir auf tausend Fragen keine einzige Antwort geben können.
Aus dieser Erkenntnis heraus sagt Hiob in Vers 32: „Jetzt kommt es, was ich will.“ Denn er ist nicht ein Mensch wie ich, dem ich antworten könnte, dass wir miteinander vor Gericht gingen. Und in Vers 33 heißt es: „Dass es doch zwischen uns einen Schiedsmann gäbe, der seine Hand auf uns beigelegte.“
Hiob sagt also, ich kann ja nichts gegen Gott tun, Gott ist Gott, Gott ist nicht ein Mensch. Was soll ich als Mensch vor Gott? Ich kann nicht vor eine Entscheidungsinstanz mit Gott treten. Er klagt Gott an: Warum hast du mich in solche Leiden fallen lassen, obwohl ich gerecht bin? Ich habe ja nichts Kriminelles verschuldet. Und dann kommt dieser Wunsch nach einem Schiedsmann in Vers 33.
Interessant ist, dass dieses Wort in der ältesten Bibelübersetzung, der Septuaginta, die um 282 v. Chr. in Alexandria entstand, verwendet wurde. Die Apostel haben diese Übersetzung oft im Neuen Testament zitiert, das ja griechisch ist.
In der griechischen Übersetzung verwendet man hier den Ausdruck, den wir auch in 1. Timotheus 2,4 finden. Dort heißt es: „Von Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“
Lesen wir kurz 1. Timotheus 2,4-5: „Welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zu der Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn einer ist Gott, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus.“
Dieses Wort „Mittler“ wurde verwendet, um „Schiedsrichter“ oder „Schiedsmann“ in Hiob 9,33 zu übersetzen – der Mensch Christus Jesus. Hier haben wir also den alttestamentlichen Wunsch nach einem Mittler zwischen Gott und Menschen.
Noch mehr sagt Hiob: Gott ist nicht ein Mann oder ein Mensch wie ich, dass ich ihm antworten könnte, dass wir zusammen vor Gericht gehen könnten. Es gibt zwischen uns keinen Schiedsmann, der seine Hand auf uns beigelegte.
Hiob sehnt sich nach einem Mittler, der die Hand auf ihn und auf Gott legen kann. Aber das ist ja unerhört: Die Hand auf Gott legen zu können, sich mit Gott zu identifizieren, kann nur jemand, der Gott selbst ist.
Die Hand auf den Menschen legen bedeutet, sich mit dem Menschen zu identifizieren. Denn die Hand auflegen, schon bei den Opfern, bedeutet immer Identifikation. Das hebräische Wort „samach“ für „aufstützen“ heißt nicht nur „auflegen“, sondern auch „aufstützen“.
Der Sünder überträgt das ganze Gewicht seiner Person gewissermaßen auf das unschuldige Tier. So wurde das Tier an seiner Stelle geschlachtet. Das war Identifikation.
Die Hände auflegen auf den Menschen, die Hand auflegen auf Gott – das muss also ein Mittler sein, der Mensch und Gott in einer Person ist. Ein Mittler zwischen Gott und Menschen: der Mensch Jesus Christus. Aber dieser Mensch ist gleichzeitig Gott.
Elihu als Sprecher der göttlichen Botschaft
Und dann noch eine Stelle, in der nicht Hiob spricht, sondern Elihu, der jüngste der Freunde. Er hat mit dem Reden gewartet und zuerst die älteren Leute sprechen lassen. Das wissen Kinder manchmal nicht, aber Elihu wusste es. In Hiob 32, als die Freunde Hiobs und Hiob selbst am Ende waren und nichts mehr zu sagen hatten, beginnt er zu reden.
Dort sagt er, wie Gott sich dem Menschen mitteilt. In Hiob 33, Vers 23 – wobei wir des Zusammenhangs wegen ab Vers 19 lesen müssen – wird darüber gesprochen, wie Gott zum Menschen sprechen kann, zum Beispiel durch schwere Krankheit.
„Auch wird er gezüchtigt durch Schmerzen auf seinem Lager, und ununterbrochen wehrt der Streit in seinen Gebeinen. Sein Leben verabscheut das Brot, und seine Seele die Lieblingsspeise. Sein Fleisch vergeht, ist unansehnlich, und fleischlos sind seine Knochen, die sonst nicht zu sehen waren. Seine Seele nähert sich der Grube, und sein Leben den Todesboden.“
Jetzt kommt es: „Wenn er da einen Engel bei sich hat, einen Mittler, einen von den Tausend, der dem Menschen seine Pflicht mitteilen soll, so wird der sich über ihn erbarmen und sprechen: Befreie ihn, damit er nicht in die Grube hinabfährt. Ich habe Lösegeld für ihn gefunden. Sein Fleisch wird frischer sein als in der Jugendkraft, er wird zurückkehren zu den Tagen seiner Jugend. Er wird zu Gott flehen, und der wird ihn gnädig annehmen, und er darf sein Angesicht schauen mit Jubel. Und Gott wird dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgeben. Er wird vor den Menschen singen und sagen: Ich hatte gesündigt und das Rechte verkehrt, und er hat mir nicht vergolten. Er hat meine Seele erlöst vor dem Abstieg in die Grube, und mein Leben darf das Licht schauen.“
„Siehe, das alles tut Gott zweimal, dreimal mit dem Mann, um seine Seele von der Grube zurückzuholen, damit er vom Licht des Lebens erleuchtet werde.“ (Hiob 33,19-23,29)
In der Alten Elberfelder Übersetzung heißt es: „Wenn es nun für ihn einen Gesandten gibt.“ Ich würde da nicht mit „Engel“ übersetzen. Im Hebräischen steht „Malach“. Malach bedeutet „jemand, der gesandt ist“. Das kann ein Engel sein, dann übersetzt man mit Engel. Aber es können auch Boten eines Königs sein, die ebenfalls Malach genannt werden, zum Beispiel in 2. Könige 1. Diese Boten sind keine Engel, sondern menschliche Boten.
Der Sohn Gottes wird an verschiedenen Stellen in der Bibel „Malach Adonai“ genannt – der Gesandte des Herrn, nicht ein Engel. Wenn es nun für den Menschen einen Gesandten gibt, einen Ausleger, also jemanden, der uns erklären kann, wer Gott ist, dann ist das gerade im Johannesevangelium wichtig. Dort sagt Herr Jesus mehr als vierzigmal, dass er vom Vater gesandt worden ist.
In Johannes 1, Vers 18 heißt es: „Niemand hat Gott jemals gesehen. Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns kundgemacht.“ Das Wort für „kundgemacht“ heißt wörtlich „ausgelegt“. Damit man es versteht, wurde es mit „kundgemacht“ übersetzt. Er ist also der Ausleger, denn er hat erklärt, wer Gott ist, wer der Vater ist.
Wenn es einen Gesandten gibt, einen Ausleger, einen aus Tausend, also einen ganz Einzigartigen, um den Menschen seine Gerechtigkeit kundzutun, so wird er sich über ihn erbarmen und sprechen: „Erlöse ihn, dass er nicht in die Grube hinabfahre, ich habe eine Sühnung gefunden.“
Das erinnert direkt an Hebräer 9, wo es heißt, dass der Herr Jesus am Kreuz eine ewige Erlösung „erfunden“ hat – wörtlich „bewirkt“ oder „herbeigeführt“. Ich habe eine Sühnung gefunden. Das Wort „Kopher“ bedeutet Lösegeld oder eben Sühnung.
Sühnung bedeutet in der Bibel, dass der schuldige Mensch vor dem Zorn Gottes zugedeckt wird. Derjenige, der zudeckt, wird vom Zorn getroffen. So geschah es am großen Versöhnungstag: Israel wurde zugedeckt, aber dafür wurde der Sündenbock in die Wüste gejagt und musste sterben. Ihn traf das Todesurteil.
Das bedeutet Sühnung. Hier sagt Elihu: „Ich habe eine Sühnung gefunden oder gemacht.“ Im Vers 29 wird erklärt, dass Gott mit jedem Menschen dreimal spricht.
Vielleicht können viele von uns sagen, dass Gott vor ihrer Bekehrung mehr als dreimal ganz deutlich gesprochen hat. Sie wussten: Jetzt spricht Gott, und er will, dass ich mich bekehre. Es gibt auch Leute, die sagen, dass sie damals genau wussten: Wenn ich mich jetzt nicht bekehre, dann ist es das letzte Mal. Die letzte Möglichkeit.
So kann es sein, dass Gott mehrmals ruft. Aber „dreimal“ heißt hier: zweimal, ja, dreimal in dem Sinn, dass Gott mit jedem Menschen so handelt. Der Ausweg ist eben dieser eine, der Gesandte, der Ausleger, der eine, der eine Sühnung gefunden hat.
So finden wir in diesem alten Buch Hiob schon sehr klare Hinweise auf den Erlöser, auf das, was seit dem Kommen des Herrn Jesus für uns so klar geworden ist. Schon damals war es erstaunlich klar.
Wir sollten zum Schluss kommen oder gibt es noch eine ganz wichtige Frage dazu? Wir wollen doch beten zusammen!
