Einführung und Gebet zum Epheserbrief
Haben alle ein Skript? Bitte melden Sie sich, wenn Sie keines haben. Es gibt noch einige Skripte vorne.
Bevor wir beginnen, wollen wir gemeinsam beten.
Unser Gott und Vater, wir danken dir, dass du uns diesen Nachmittag schenkst, um den Epheserbrief zu betrachten. Wir bitten dich um deine Gnade, damit wir deine Ratschlüsse, Gedanken und Pläne mit unseren Herzen erfassen dürfen. Wir bitten auch, dass dies Auswirkungen auf unser Leben hat und es verändert – hin zu dem Bild deines Sohnes, Jesus Christus, unseres Messias. Amen.
Ich möchte alle begrüßen, die heute Nachmittag neu dazugekommen sind. Heute haben wir den dritten Teil des Epheserbriefes vor uns. Die Kapitel eins und zwei haben wir in der Vergangenheit bereits gemeinsam genauer angeschaut.
Ich möchte nochmals wiederholen, was ich damals jeweils am Anfang als kurze Zusammenfassung des Epheserbriefes erläutert habe. Auf dem Skript findet man dies gleich am Anfang unter dem Titel „Der ewige Ratschluss Gottes und seine Verwirklichung in Raum und Zeit“.
Die himmlische Stellung der Gemeinde und ihre praktische Bedeutung
Der Epheserbrief beschreibt in den Kapiteln eins bis drei die einzigartige Stellung der Christen als ein neues Volk. Dieses Volk ist weder jüdisch noch heidnisch, sondern vielmehr ein himmlisches Volk mit himmlischen Segnungen. Im Gegensatz dazu steht Israel als irdisches Volk Gottes mit speziell irdischen Segnungen.
Dieses himmlische Volk hat Gott von Ewigkeit her in seinem Ratschluss eingeplant. Daher trägt der Brief auch den Titel „Der ewige Ratschluss Gottes“.
Der Brief zeigt aber auch, wie sich dieser himmlische und hoch erhabene Charakter der Erlösten, die zur Gemeinde, zur Ekklesia Gottes gehören, in den alltäglichen Beziehungen auf Erden konkret und praktisch auswirken muss. Dies betrifft die örtliche Gemeinde, die Gesellschaft, die Ehe, die Familie und die tägliche Arbeit.
Wir sehen also, dass der Brief aus zwei Teilen besteht. Das führt uns zum nächsten Abschnitt, der Struktur. Nach der Begrüßung behandeln die Kapitel 1 bis 3 die Lehre von der himmlischen Stellung der Gemeinde. Die ersten zwei Kapitel haben wir bereits betrachtet, jetzt folgt Kapitel 3, das diesen ersten Teil der Lehre abschließt.
Anschließend folgen die praktischen Konsequenzen der Lehre, also wie sich diese im täglichen Leben auswirkt. Das sind die Kapitel vier bis sechs.
Beginn der Betrachtung von Kapitel 3: Paulus’ Auftrag und das Geheimnis Gottes
Nun wenden wir uns direkt Kapitel drei zu und lesen ab Vers eins.
Nachdem Paulus in den vorangegangenen Versen eindrücklich beschrieben hat, wie Gott gläubige Menschen aus den heidnischen Völkern und Gläubige aus dem jüdischen Volk zu einem neuen Menschen, dem Leib Christi, zusammengefügt hat, führt Paulus nun weiter aus, was dieses Neue bedeutet. Dieses Neue hat ab Pfingsten (Apostelgeschichte 2) seinen Anfang genommen und wird bei der Entrückung der Gemeinde hier auf Erden zu Ende gehen.
In Kapitel 3, Vers 1 schreibt Paulus: „Ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen, wenn ihr nämlich gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden ist, wie ich es zuvor in kurzem beschrieben habe, woran ihr beim Lesen mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus wahrnehmen könnt, dass in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt geoffenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist, dass die aus den Nationen Miterben seien und mit einverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus, durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin, nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, nach der Wirksamkeit seiner Kraft.“
Zunächst bis hierhin.
Auf dem Skript habe ich bei der Struktur von Teil Erläutert, wie dieser Hauptteil, die Lehre von der himmlischen Stellung der Gemeinde, unterteilt ist. Zuerst hatten wir den Reichtum der Erlösten in Epheser 1,3-22. Dort geht es darum, dass die Gläubigen der Gemeinde mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet sind (Epheser 1,3).
Dann kam der nächste Abschnitt, „Der Heilsweg für Juden und Heiden“. Hier erklärt Paulus, wie Menschen, die zur Gemeinde gehören, gerettet worden sind, und zwar aus den Juden und aus den heidnischen Völkern (Kapitel 2,1-22). Diesen Abschnitt haben wir bisher betrachtet.
Jetzt folgt ein weiterer Unterabschnitt: die Erklärung über das Geheimnis Gottes. Dieser Abschnitt ist wiederum unterteilt in „Die erhabene Offenbarung des Geheimnisses“ (Kapitel 3,1-12) und anschließend ein Gebet, das dritte Gebet im Epheserbrief, eine Bitte um Erkenntnis, damit die Gläubigen dieses Geheimnis verstehen, aufnehmen und begreifen können (Kapitel 3,13-21).
Danach werden wir zu Kapitel 4 weitergehen, wo es grundsätzlich um die praktischen Konsequenzen der Lehre geht. Dort wird der würdige Wandel beschrieben. Auch dieser Abschnitt ist wieder in verschiedene Abschnitte unterteilt.
Zuerst geht es um die Einheit und den Dienst in der Gemeinde (Kapitel 4,1-16). Danach folgt das Thema Heiligung, der alte und der neue Mensch (Kapitel 4,17-32).
Was danach kommt, werden wir wohl erst beim nächsten Mal behandeln können. Es betrifft Kapitel 5, das vom Wandel in der Liebe, im Licht und in der Weisheit handelt. Dann folgt die Beziehung in der Ehe, aber nicht einfach so, sondern gemäß Christus und seiner Gemeinde.
Dabei wird in den praktischen Belehrungen gleich wieder die Lehre eingebaut. Man sieht, dass man nicht einfach zwischen Lehre und Praxis trennen kann. Beides geht so ineinander über, dass wir auch im praktischen Teil sehr viel Lehre finden. Der Unterschied besteht darin, dass in den ersten drei Kapiteln die Lehre vorgestellt wird, während ab Kapitel 4 gezeigt wird, was das praktisch bedeutet.
So wird zum Beispiel über das praktische Eheleben gesprochen, und gleichzeitig wird erklärt, warum das so ist – eben weil die Lehre es so vorgibt. Einmal kommen wir von der Lehre zur Praxis, und einmal von der Praxis wieder zurück zur Lehre.
Kapitel 5 behandelt weiterhin die Beziehungen zwischen Kindern und Eltern, dann zwischen Knechten und Herren, also Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Als Anhang folgt der geistliche Kampf. Schließlich kommen Schlusswort und Grüße.
Paulus’ Selbstbezeichnung und seine Gefangenschaft
Nun, Kapitel 3, Vers 1: Paulus sagt: „Ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen.“ Er nennt sich Paulus, was „der Kleine“ bedeutet. Ursprünglich hieß er Saulus, was „der Begehrte“ bedeutet. Dieser Name erinnerte an den großen König Saul, der ein Kopf größer war als das normale Volk (1. Samuel).
Nach seiner Bekehrung nimmt Saulus, der von seinen Eltern diesen sehr karrierebewussten Namen erhalten hatte, den Namen Paulus an. Seine Eltern hatten ihn von Tarsus nach Jerusalem geschickt, zu einem der besten Rabbiner damals, Gamaliel. Sie hatten große Pläne mit Saulus, dem Begehrten, dessen Name an den König erinnerte, der größer war als alle anderen.
Doch nach der Bekehrung wählt Saulus den Namen Paulus, was „der Kleine“ bedeutet. Dies ist ein Ausdruck der Demut angesichts der Größe des Geheimnisses, das in den weiteren Versen entfaltet wird.
Schauen wir nochmals in Kapitel 3, Vers 8: Paulus sagt dort: „Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unergründlichen Reichtum des Christus zu verkündigen und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat.“
Er nennt sich hier nicht nur klein, sondern „der allergeringste von allen Heiligen“. Das unterstreicht nochmals seinen Namen Paulus.
In Vers 1 sagt er: „Ich, Paulus, der Kleine, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen.“ Warum war er als Gefangener in Rom? Es geht hier um seine Gefangenschaft von zwei vollen Jahren in Rom, die am Ende der Apostelgeschichte beschrieben wird.
All diese Leiden kamen über ihn, weil er bereit war, das Evangelium den Heiden zu bringen. Das wäre für das Judentum an sich kein Anstoß gewesen. Das Problem war jedoch, dass Paulus das Evangelium den Heiden verkündigte, ohne sie aufzufordern, ins Judentum überzutreten.
Im Judentum war es damals sehr verbreitet, dass Nichtjuden zu Proselyten wurden. Diese mussten eine Proselytentaufe empfangen, durch die sie sich von ihren eigenen Völkern trennten. Danach wurden sie Juden und unter das Gesetz gestellt. Sie mussten die Gesetze der Tora einhalten.
Es gab verschiedene Abstufungen: Es gab Proselyten, die nur den ersten Schritt machten und verpflichtet waren, die Gebote von Noah einzuhalten (1. Mose 9). Diese nennt man noachitische Gesetze. Dann gab es solche Proselyten, die ganz ins Judentum übertraten und alle 613 Gebote der Tora einhalten mussten.
Paulus jedoch verkündigte das Evangelium und forderte die Nichtjuden, die an Jesus Christus als Messias glaubten, nicht auf, ins Judentum überzutreten. Selbst dort, wo sie es wollten, wie bei den Galatern, schrieb er einen der schärfsten Briefe und warnte sie eindringlich. Sie begannen, jüdische Feste zu feiern und sich beschneiden zu lassen. Paulus machte ihnen klar, dass das nicht ging.
Dafür wurde er vom Judentum verfolgt. Wie konnte es sein, dass dieser Mann die Heiden nicht ins Judentum führte? Der Grund ist folgender: Die Gemeinde im Neuen Testament, im Griechischen „Ekklesia“ genannt, ist nicht ein Teil des Judentums. Sie ist aber auch keine heidnische Einrichtung.
Die Gemeinde ist etwas völlig Neues und etwas anderes als das irdische Volk Israel. Sie ist das himmlische Volk Gottes. Das soll nicht miteinander verwechselt oder vermischt werden.
Darum achtete Paulus darauf, dass die Gläubigen nicht zuerst Juden werden oder auch nur halb Juden. Das zeigt, wie aktuell das Thema heute ist. Es gibt wieder Leute weltweit, die versuchen, Nichtjuden ins Judentum zu bringen. Sie glauben, sie hätten die jüdischen Wurzeln neu entdeckt. Dabei verbreiten sie eine falsche Lehre.
Sie haben nicht verstanden, was die Gemeinde wirklich ist. Deshalb ist der Epheserbrief so aktuell, ebenso der Galaterbrief. Diese Briefe müssen verkündet werden, damit klar wird, was die Gemeinde überhaupt ist.
Paulus achtete sehr darauf, dass man nicht halb ins Judentum übertritt, denn das würde Gottes Ratschluss über die Gemeinde verwischen und verdecken. Das soll völlig klar hervortreten! Deshalb die Schärfe im Galaterbrief und die Klarheit im Epheserbrief.
Paulus’ Leiden und die Bedeutung seiner Gefangenschaft
Paulus hat für seinen Glauben gelitten. Deshalb wurde er verfolgt, schließlich im Tempel zu Jerusalem verhaftet und in die Burg Antonia gebracht. Dort wurde er dem Hohen Rat vorgeführt. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde er von vielen Soldaten nach Caesarea gebracht, wo er längere Zeit im Gefängnis blieb.
Schließlich berief er sich auf das höchste Gericht der Römer, den Kaiser. Der Landpfleger sagte daraufhin: „Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du gehen.“ Nach dieser spannenden und dramatischen Reise, die sogar einen Schiffbruch einschloss, kam Paulus nach Rom (Apostelgeschichte 28). Dort musste er zwei Jahre auf seinen Prozess vor Kaiser Nero warten.
Während dieser zwei Jahre, am Ende dieser Zeit, schrieb Paulus unter anderem den Epheserbrief. Darin sagt er: „Ich, Paulus, der Kleine, der Gefangene Christi Jesu, leide für euch, die Nationen, weil ich mich für diese Lehre eingesetzt habe.“ Diese Lehre besagt, dass Gott aus den Gläubigen der Nationen etwas ganz Neues gemacht hat – zusammen mit den Gläubigen aus den Juden – nämlich die Gemeinde.
Hätte Paulus einfach nur das Judentum gepredigt und die Gläubigen aus den Heiden ins Judentum überführt, wäre das nicht so schlimm gewesen. Dann hätte man es als eine Sekte innerhalb des Judentums angesehen. Viele hätten gesagt: „Das sind Juden, die an einen falschen Messias glauben.“ So wie es heute viele Tausende von Juden gibt, die glauben, Menachem Mendel Schneerson aus New York, der in den 1990er Jahren gestorben ist, sei der Messias. Die anderen Orthodoxen sagen, dass sie an einen falschen Messias glauben, aber sie werden als Juden anerkannt und nicht verfolgt.
Wie war das damals, im Jahr 132 nach Christus, als Bar Kochba, der „Sternensohn“, kam? Er sagte, er sei der Messias und werde die Juden von den Römern befreien. Es folgte ein grauenhafter Krieg von drei Jahren, bei dem mehr als eine Million Juden ums Leben kamen und Jerusalem erneut zerstört wurde. Danach erkannte man klar, dass Bar Kochba ein Lügner war. Man nannte ihn Bar Kozba, was nicht „Sohn des Sternes“ (Sternensohn), sondern „Sohn der Lüge“ (Lügensohn) bedeutet.
Einer der größten Rabbiner im Judentum war Rabbi Akiva, der überzeugt war, Bar Kochba sei der Messias. Trotzdem wird Rabbi Akiva bis heute als einer der bedeutendsten Lehrer im Talmud anerkannt. Man sagt einfach, er habe sich geirrt und an einen falschen Messias geglaubt. Das gilt als weniger schlimm.
Paulus jedoch lehrte, dass die Heiden nicht ins Judentum übertreten müssten – sie dürften es nicht einmal tun. Das brachte ihm Leiden ein, Leiden für die Nationen.
Er sagt in Klammern: „Wenn ihr nämlich gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden ist.“ Damit meint er, dass er von Gott einen ganz besonderen Auftrag erhalten hat. Dieser Auftrag besteht darin, das Geheimnis Gottes zu erklären und bekannt zu machen. Dafür hat er spezielle, direkte Eingebungen und Offenbarungen bekommen.
Das Geheimnis Gottes und seine Offenbarung an die Apostel
Dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden ist, wie ich es zuvor in Kürze beschrieben habe. Er meint damit das, was wir letztes Mal angeschaut haben, Kapitel 2, Verse 11-22. Dort hat er dieses Geheimnis kurz beschrieben: Wie also die Heiden, die ohne Hoffnung waren, ohne Messias, ohne wahren Gott in der Welt, und Juden, die den Messias erkannt haben, von Gott zusammengeführt wurden und aus beiden eines gemacht wurden.
Ich lese nochmals Kapitel 2, Vers 12: „Dass ihr zu jener Zeit ohne Christus, also ohne den Messias wart, entfremdet dem Bürgerrecht Israels und Fremdlinge hinsichtlich der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt. Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden. Denn er, Christus, der Messias, ist unser Friede, der aus beiden – gläubigen Juden und gläubigen Heiden – eins gemacht und die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen hat.“
Im Tempel gab es die Zwischenwand der Umzäunung, die trennte. Bis dorthin durften Nichtjuden kommen, um im Tempel anzubeten. Aber über die Zwischenwand der Umzäunung durften sie nicht gehen. Das hätte sofort den Tod bedeutet, ohne Gerichtsverhandlung. Das haben die Römer auch so erlaubt.
Jetzt aber sagt er, in der Gemeinde ist es so, dass diese Zwischenwand der Umzäunung, die im Tempel zwischen Juden und Nichtjuden trennt, durch Jesus Christus abgebrochen ist. Nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, weggetan hatte, schuf er die zwei – Juden und Nichtjuden – friedenstiftend in sich selbst zu einem neuen Menschen. So versöhnte er die beiden in einem Leib mit Gott durch das Kreuz.
Also bilden zusammen einen neuen Menschen den Leib Christi. Jeder Gläubige ist ein Glied daran. Es gibt keine Trennung mehr zwischen Juden und Nichtjuden. Die Zwischenwand der Umzäunung ist abgebrochen.
Damals war sie im Tempel noch voll in Gebrauch, denn der Epheserbrief wurde ja 62 nach Christus geschrieben. Erst acht Jahre später wurde der Tempel von den Römern zerstört, ebenso die Zwischenwand der Umzäunung. Diese Zwischenwand wurde bis heute nicht wieder aufgebaut.
Das ist genau die Zeit, in der das Evangelium zu allen Nationen ging – auf allen fünf Kontinenten. Überall bekehrten sich Menschen zu Jesus Christus, dem Messias für Israel und die Heiden. Sie wurden mit all den messiasgläubigen Juden aller vergangenen Jahrhunderte zu einer Gemeinde verbunden, dem Leib Christi.
Das ist das Geheimnis. Darum sagt Paulus: „Also habe ich das in Kürze vorher beschrieben“ (Vers 3) und fügt hinzu (Vers 4), woran ihr beim Lesen mein Verständnis des Geheimnisses des Christus wahrnehmen könnt. Wenn ihr diese Verse nochmals lest, könnt ihr die Tiefe des Verständnisses des Apostels Paulus für diese Dinge erkennen.
Jetzt erklärt er von diesem Geheimnis (Vers 5), dass es in anderen Geschlechtern, also anderen Generationen, den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt offenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist oder in der Kraft des Geistes.
Hier wird ganz klar gesagt: Das, was er in Epheser 2,11-22 beschrieben hat, kann man nirgends im Alten Testament nachlesen. Gott hat das den Menschen, den „Söhnen der Menschen“, wie er sie nennt, nie mitgeteilt.
Adam wusste nichts davon, Abel wusste nichts, ebenso Enos, Kenan, Mahalalel und alle Generationen bis auf Noah. Sie wussten nichts. Auch alle Generationen von Noah bis Abraham wussten nichts von diesem Geheimnis. Nach Abraham wusste keiner der Nachkommen, weder Isaak noch Jakob, etwas davon. Keiner der Propheten im Alten Testament, auch nicht Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel oder die zwölf kleinen Propheten, wusste etwas davon. Es war verborgen.
Jetzt aber haben wir den Gegensatz: Wie es jetzt offenbart worden ist. Dieses „Jetzt“ habe ich in meiner Bibel speziell angemerkt als Kontrast zu den alttestamentlichen Zeiten.
Jetzt ist es bekannt und offenbart worden seinen heiligen Aposteln – also den Aposteln Jesu Christi, den Zwölfen entsprechend den zwölf Stämmen Israels, und dem Apostel Paulus, dem Apostel für die Heidenvölker. Ihnen wurde das mitgeteilt.
Hier wird also klar geoffenbart seinen heiligen Aposteln in der Mehrzahl. Nicht nur Paulus hat das geoffenbart bekommen, sondern auch die anderen Apostel und Propheten. Mit „Propheten“ sind hier die neutestamentlichen Propheten gemeint. Das ist ganz wichtig.
Die Reihenfolge Apostel und Propheten ist bedeutsam. Petrus benutzt diesen Ausdruck in 2. Petrus 3 umgekehrt: Propheten und Apostel. Dort meint er mit Propheten die alttestamentlichen Propheten und mit Aposteln die neutestamentlichen Apostel.
Wir können das kurz aufschlagen: 2. Petrus 3 Vers 1: „Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch bereits, in welchem ich eure lautere Gesinnung durch Erinnerung aufwecke, damit ihr euch erinnert an die von den heiligen Propheten zuvor gesprochenen Worte.“ Das sind die alttestamentlichen Propheten, die früher gesprochen hatten.
Und an das Gebot des Herrn und Heilandes durch eure Apostel – das ist jetzt die Lehre, die Jesus Christus seinen Aposteln weitergegeben hat, den Zwölfen für Israel und Paulus für die Heiden.
Die heiligen Propheten sind also die alttestamentlichen Propheten, aber hier, wenn es heißt „seinen Aposteln und Propheten“, sind die neutestamentlichen Propheten gemeint.
Wir haben letztes Mal gesehen, dass die Gemeinde als ein geistlicher Tempel dargestellt wird. In Kapitel 2, Vers 20 heißt es: „Dieser Tempel sei aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Christus Jesus selbst Eckstein ist, in welchem der ganze Bau wohl zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“
Die Gemeinde wird hier nicht nur als Leib, sondern als ein Tempel dargestellt, der am Wachsen ist. Dieser Tempel umfasst alle wahren Gläubigen ab Pfingsten. Er wächst über die Generationen hinweg. Jeder, der sich neu bekehrt und zur Gemeinde kommt, wird eingefügt.
Dieser Tempel wächst und wächst, und erst wenn die Gemeinde vollendet ist, geschieht die Entrückung. Es ist also ein wachsender Tempel.
Hier sehen wir, dass die Gemeinde im Epheserbrief umfassend von Pfingsten bis zur Entrückung betrachtet wird. Durch alle Generationen und weltweit gehören alle Gläubigen auf der ganzen Erde zu dieser Gemeinde.
Das ist sehr wichtig. Erst im Korintherbrief liegt die Betonung auf der örtlichen Gemeinde als Zeugnis Gottes an einem bestimmten Ort. Aber im Epheserbrief geht es um die weltweite Gemeinde, heilsgeschichtlich umfassend von Pfingsten bis zur Entrückung.
Diese Gemeinde hat ein Fundament, aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten. Damit sind die Apostel und neutestamentlichen Propheten gemeint. Sie sind die Basis für die Gemeinde. Ihre Lehre wurde vom Heiligen Geist inspiriert verfasst.
Das ist auch der Grund, warum beim Neuen Testament nur Bücher akzeptiert wurden, die von einem Apostel oder von einem Propheten, also einem neutestamentlichen Propheten, geschrieben wurden. Diese Schreiber waren inspiriert und von den Aposteln anerkannt.
Zum Beispiel Markus, der das Markus-Evangelium verfasst hat. Er war kein Apostel, aber ein Mitarbeiter des Apostels Petrus und von ihm anerkannt. Sein Evangelium wurde ausdrücklich von Petrus anerkannt, was uns außerbiblisch überliefert ist.
Dann war Lukas auch kein Prophet, aber er wurde vom Apostel Paulus ausdrücklich als Prophet anerkannt. In 1. Timotheus 5 zitiert Paulus das Lukasevangelium als Heilige Schrift auf der gleichen Höhe wie das fünfte Buch Mose, die Tora. So wird Lukas als neutestamentlicher Schriftprophet bestätigt.
Auch Jakobus, der den Jakobusbrief schrieb, war kein Apostel. Er war Jakobus, der Bruder des Herrn, und als Schriftprophet von den Aposteln anerkannt. Ebenso Judas, der Halbbruder des Herrn, der den Judasbrief schrieb.
So ist die Gemeinde auf dieses Fundament aufgebaut, das die Apostel und neutestamentlichen Propheten gelegt haben. Sie haben das Fundament gelegt, hatten aber keine Nachfolger unter den Aposteln und Propheten.
Der letzte Prophet im Neuen Testament ist Johannes, der die Offenbarung schrieb. Am Schluss schreibt er: „Wehe dem, der zu diesem Buch, zu diesem prophetischen Buch, das die Bibel abschließt, noch etwas hinzufügt als Prophetie! Dem wird Gott die Plagen in diesem Buch hinzufügen.“
Das ist ein deutlicher Hinweis gegen alle neue Prophetie nach der Offenbarung, die im Jahr 95 geschrieben wurde.
Die Apostel und Propheten haben also das Fundament gelegt. Johannes war damals der letzte lebende Apostel. Als er heimging, war die apostolische Zeit vorbei.
Die Grundlage ist aber da. Auf dieser Basis wird weltweit evangelisiert. Jeder, der sich bekehrt, wird diesem Tempel hinzugefügt. Dieser Tempel wächst zu einer Behausung Gottes im Geist.
Inhalt des Geheimnisses: Einheit von Juden und Heiden in Christus
2, Vers 22: Paulus sagt nun, dass dieses Geheimnis erst jetzt offenbart wurde – und zwar seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Heiligen Geist. Aus Vers 3 wissen wir, dass Paulus ganz spezielle Offenbarungen über dieses Geheimnis erhalten hatte. Doch dafür musste er leiden.
In Vers 6 wird erklärt, worin der Inhalt dieses Geheimnisses besteht: Die aus den Nationen sind Miterben, Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium. Das Besondere daran ist, dass jetzt die Nationen – also die Völker, die nicht jüdisch sind – dazugehören. Andere Bibelübersetzungen, wie die von Luther früher, verwenden das Wort „Heiden“. „Heiden“ und „Nationen“ bedeuten hier das Gleiche: Völker, die nicht zum auserwählten Volk Israel gehören.
Interessanterweise ist bekannt, wie das Wort „Heide“ im Deutschen entstanden ist. Es hängt mit dem Wort „Heide“ zusammen. Das Evangelium wurde anfangs vor allem in den Großstädten durch den Apostel Paulus verkündet. In der Apostelgeschichte kann man sehen, wie Paulus von einem Ballungszentrum zum nächsten zog. Oft blieb er nur kurze Zeit an einem Ort, bevor er weiterzog. So bekehrten sich Menschen in den Ballungszentren, die dann wiederum im Hinterland evangelisierten.
Im ersten Jahrhundert war die Christenheit besonders in den großen Ballungszentren rund um das Mittelmeer präsent – in Nordafrika, Asien und Europa bis nach Spanien. Die Christen begannen dann, das Hinterland zu evangelisieren. Die Menschen im Hinterland, die noch nichts vom Evangelium gehört hatten, wurden „auf der Heide“ genannt. So nannte man diejenigen, die noch unbelehrt waren, während viele andere bereits vom Evangelium wussten. Diese Menschen wurden „Heiden“ genannt – sie waren „draußen“. Der lateinische Ausdruck dafür ist „Paganus“. „Paganus“ bedeutet eben „der, der auf der Heide ist“, also genau das Gleiche. Im Französischen heißt das „Le Bayen“; „Bayen“ ist dasselbe wie „Paganus“, der Heide. Andere Sprachen haben das ebenfalls übernommen. Man weiß also, dass es sich einfach um diejenigen handelt, die nichts vom Evangelium wissen. Wörtlich übersetzt steht hier „Nationen“, griechisch „Ethnos“, im Gegensatz zum Volk Israel.
Nun sagt Paulus, dass diejenigen, die zu diesen Völkern gehören – die keine besondere Auserwählung wie Israel hatten – jetzt voll dazugehören. Sie sind Miterben und Miteinverleibte. Das heißt, sie sind in den Leib Christi zusammen mit den gläubigen Juden eingefügt worden. Sie sind auch Mitteilhaber an den Verheißungen in Christus Jesus, dem Messias, durch das Evangelium. Sie haben Anteil an allem, was die gläubigen Juden erhalten haben.
Jetzt muss noch erklärt werden, warum dieses Geheimnis in Vers 4 „das Geheimnis des Christus“ genannt wird. Der Christus, griechisch für Messias, war im Alten Testament kein Geheimnis. Das Alte Testament kündigte ja an, dass der Messias kommen wird. Das kann einen neuen Blick eröffnen, wenn man 1. Korinther 12 aufschlägt, wo es um den Leib Christi geht. Alle Gläubigen gehören heute zum Leib Christi und sind Glieder dieses Leibes.
Der Apostel Paulus schreibt in 1. Korinther 12,12: „Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind, so auch der Christus.“ Wie bitte? Weiter erklärt er, dass ein Gläubiger wie eine Hand ist, ein anderer wie ein Auge oder ein Fuß an diesem Leib. Dieser Leib, der alle Gläubigen umfasst und mit Christus als dem Haupt verbunden ist, wird hier „der Christus“ genannt.
Das war im Alten Testament nie vorausgesagt worden. Christus vereint und fügt alle Gläubigen zu einem Leib zusammen. Das wird jetzt „der Messias, der Christus“ genannt. Das war überhaupt nicht bekannt und findet sich nirgends im Alten Testament. Man wusste nur, dass der Messias kommen würde. Dass er sich jedoch mit den Gläubigen aus den Heiden und den Gläubigen aus den Juden zu einem Leib verbinden und das Haupt dieses Leibes sein würde, war unbekannt.
Das ist das Geheimnis des Christus: Dass die aus den Heiden jetzt so zusammengefügt werden. Und noch etwas: Sie werden so zusammengefügt, dass es vor Gott keine Rolle spielt, ob man Jude oder Nicht-Jude ist. In Galater 3,27 heißt es: „Denn so viele ihr auf Christus getauft worden seid, habt Christus angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“
Vor Gott spielt es also keine Rolle, ob man jüdischer oder heidnischer Herkunft ist. Auch in unserer Stellung vor Gott ist es unerheblich, ob man Mann oder Frau ist. Man wird nicht eher als Mann angenommen, noch eher von Gott angenommen, weil man eine Frau ist. Natürlich spielt das im Leben eine Rolle, ob man Mann oder Frau ist. Aber hier geht es um die Stellung vor Gott – und da spielt das keine Rolle.
Natürlich hat es Auswirkungen, wenn jemand Jude ist und bereits von Kindheit an viel Hintergrundwissen im Judentum mitbekommen hat, wie Paulus. Das konnte er später nutzen. Aber das verschaffte ihm keine besondere Stellung vor Gott. Das spielt überhaupt keine Rolle.
So ist es auch in der Gemeinde: Es gibt keine höhere Stellung, nur weil man jüdischer Herkunft ist. Die Gläubigen sind wirklich vereinigt, unabhängig davon, ob sie jüdischer oder nicht jüdischer Herkunft sind.
Paulus’ Dienst und seine Demut
Und jetzt Vers 7, Epheser 3, Vers 7:
Durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin, nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, nach der Wirksamkeit seiner Kraft.
Der Apostel Paulus hat eine ganz besondere Begabung erhalten, das Evangelium zu verkündigen. Bei dieser Verkündigung spielt es eine wichtige Rolle, dass er den Gläubigen erklärt, was das Geheimnis Gottes ist. Das gehört also zusammen.
Oft versteht man Evangeliumsverkündigung nur als die Grundlage, wie man sich bekehrt. Aber das geht weiter. Paulus hat zunächst die Basis verkündigt, wie man sich bekehrt und errettet wird. Danach erklärte er, was man jetzt in Christus ist, was die Gemeinde ist und was das Geheimnis ist.
Nun kommen wir schon zu Vers 8:
Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen.
Er betont nochmals, wie klein er sich selbst sieht. Ganz wichtig ist dabei dieser Ausdruck „alle Heiligen“. Ich habe ihn das erste Mal erklärt, als wir den Epheserbrief behandelt haben. „Alle Heiligen“ ist ein Ausdruck, der immer wieder vorkommt. Schon in Kapitel 1, Vers 15 steht: „Die Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt.“ Und hier wieder: „der allergeringste von allen Heiligen.“
Diesen Ausdruck findet man auch in Kapitel 6, Vers 18:
„Hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen.“
Das ist sehr charakteristisch für den Epheserbrief, weil es hier um alle Gläubigen weltweit geht. Es sind nicht nur die örtlichen Gemeinden, wie im Korintherbrief, sondern weltweit alle Heiligen.
Ich möchte noch Kapitel 3, Vers 18 ergänzen:
„Damit ihr völlig zu erfassen vermögt, mit allen Heiligen.“
Alle Heiligen sind alle wahren Erlösten, die zu dem Geheimnis Christi gehören, zu diesem Leib, zu diesem geistlichen Tempel. Paulus sieht sich als den geringsten von all diesen, aber er hat die Gnade bekommen, unter den nichtjüdischen Völkern, also unter den Nationen, den unergründlichen Reichtum Christi zu verkündigen.
Damit meint er dieses Geheimnis: Christus verbunden mit der Gemeinde. Das nennt er einen unergründlichen Reichtum. Und er darf dieses Geheimnis verkündigen.
Was steht im Griechischen für „verkündigen“ hier?
Euangelizo, Euangelizomai. Das bedeutet, das Evangelium zu verkündigen, die frohe Botschaft zu verkünden. Evangelisieren heißt wörtlich auf Deutsch, das Evangelium zu verkündigen. Es bedeutet mehr als nur die Grundlage des Evangeliums. Es bedeutet, das ganze Geheimnis Gottes zu verkündigen.
Paulus hat das Vorrecht bekommen, alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei. Er hat den Auftrag, dass alle Gläubigen das begreifen und erleuchtet werden.
Das zeigt: Es ist zwar schwere Kost, was wir im Epheserbrief behandeln, aber das ist kein Steckenpferd für ein paar Christen. Es ist wirklich gemeint, dass alle Gläubigen das begreifen sollen. Und dafür braucht es Erleuchtung.
Hier ist nicht die Erleuchtung gemeint, wie sie Buddha lehrt, das ist eine dämonisierte Erleuchtung. Wir haben schon in Kapitel 1, Vers 17 gesehen, dass der Apostel Paulus betet. Es geht um den Ratschluss Gottes. In Vers 18 betet er, damit „er leuchtet an den Augen eures Herzens, dass ihr wisst, welches die Hoffnung seiner Berufung ist“ und so weiter.
Er spricht hier von den Augen des Herzens. Das ist die innere Wahrnehmungskraft des Menschen. Das Herz ist das Zentrum der Persönlichkeit. Sprüche 4 sagt: Man muss das Herz am meisten bewahren von allem, denn von ihm gehen die Ausgänge des Lebens aus.
Das Herz ist das Zentrum unserer Person, wo alle Fäden unseres Seins zusammenlaufen und wo wir Entschlüsse fassen. Dieses Herz hat Augen, aber diese Augen sind von Natur aus blind. Sie müssen erleuchtet werden.
Paulus betet für Gläubige, denn auch Gläubige können verschlossene Augen am Herzen haben. Diese Augen müssen erleuchtet werden. Dazu muss man beten, damit das geschieht, damit sie das begreifen und verstehen.
Darum auch hier in Vers 9:
„Um alle zu erleuchten.“
Das geschieht durch seine Verkündigung und durch das Beten, dass die Hörer es auch begreifen. Das Erklären und Verkündigen ist eine Sache, aber das bedeutet nicht automatisch, dass die Hörer es verstehen. Man muss wirklich beten, dass die Augen erleuchtet werden und sie verstehen können.
Paulus sagt: „Um alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei.“
Das heißt, wie man mit diesem Geheimnis umgeht, wie man es verkündigt und wie man es umsetzt. Das gehört alles zur Verwaltung des Geheimnisses.
Das Geheimnis war von Ewigkeit verborgen und wird jetzt offenbart
Und jetzt sagt er, dass dieses Geheimnis von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat.
Im Alten Testament gab es bereits verschiedene Heilszeitalter, die Heilszeitalter der Bibel. Diese beginnen immer mit einem Bund und mit Segen. Danach folgt ein Abwärtsgang, und am Schluss endet das Zeitalter mit Gericht und Fluch. Doch gleich danach macht Gott wieder einen neuen Bund, gibt Segen, und dann beginnt eine neue Geschichte, in der es wieder abwärts geht. Der Mensch ist untreu, und das Zeitalter endet erneut mit Gericht und Fluch. Dann macht Gott wieder einen Bund – so geht es weiter.
Das beginnt bei Adam. Gott macht einen Bund mit Adam, segnet Adam und Eva. Doch dann kommt der Sündenfall, und die Menschen verderben sich, bis es mit der Sintflut endet. Das ist das erste Zeitalter. Gleich danach macht Gott einen Bund mit Noah, segnet ihn und seine Söhne. Doch wieder geht es abwärts, und schließlich verderben sich die Nachkommen so sehr, dass sie den Turm von Babel bauen – einen Turm der Abgötterei. Gott greift mit Gericht ein, verwirrt die Sprache und zerstreut die Völker weltweit als Strafe.
Dann beruft Gott Abraham, macht mit ihm einen Bund und segnet ihn. Doch auch hier geht es mit seinen Nachkommen abwärts. Sie werden Götzendiener in Ägypten, und Gott bestraft sie, indem die Ägypter sie versklaven und furchtbar plagen. Doch dann führt Gott dieses Volk aus Ägypten heraus, macht einen Bund am Sinai und segnet sie. So geht es weiter bis zum Bund mit David, dann bis zum Bund mit Zedekia und so fort.
Ich möchte einfach sagen: Das Alte Testament besteht aus verschiedenen Zeitaltern. In Vers 5 lesen wir, dass in den frühen Generationen das Geheimnis nicht offenbart wurde. Hier wird es anders ausgedrückt: Dieses Geheimnis war von den Zeitaltern her verborgen in Gott, der alle Dinge geschaffen hat. Darum wussten die Propheten nichts davon. Adam wusste nichts, Noah wusste nichts, Abraham wusste nichts, Mose wusste nichts – keiner der Propheten wusste etwas davon.
Das wurde den Menschenkindern nicht kundgetan, wie schon in Vers 5 gesagt wurde. Aber man könnte fragen: Vielleicht wussten die Engel mehr? Die Engel wissen manchmal mehr, wie wir im Buch Hiob sehen. Die Engel wussten, dass Hiob bald all seinen Besitz verlieren würde, während Hiob selbst und seine Freunde nichts davon wussten. Deshalb haben sie nachher so falsch diskutiert. Die Engel wussten mehr.
Auch im Buch Daniel, Kapitel 10, kommt ein Engel und sagt zu Daniel, er müsse ihm jetzt sagen, was im Buch der Wahrheit verzeichnet sei. Dann erklärt er ihm alles, was Daniel in Kapitel 11 prophetisch aufschreibt. Die Engel haben also manchmal einen Wissensvorsprung.
Aber hier wird gesagt: Dieses Geheimnis war von den Zeitaltern her verborgen in Gott. Das heißt, es war in der Gottheit versteckt. Auch die Engelwelt wusste nichts davon.
Die Bibel geht noch weiter zurück. Schauen wir mal in Römer 16, die letzten Verse. Paulus sagt in Vers 25: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, entsprechend der Offenbarung des Geheimnisses – jetzt haben wir wieder das Geheimnis –, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften nach Befehl des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsam aller Nationen kundgetan worden ist, dem alleinweisenden Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Hier sehen wir, dass Paulus sagt, dieses Geheimnis sei ewige Zeiten hindurch verschwiegen gewesen. Und jetzt, das Wort „jetzt“ ist wichtig – ich habe es schon im Epheserbrief angestrichen –, jetzt offenbart Gott seinen heiligen Aposteln und Propheten. Jetzt, in der neutestamentlichen Zeit, wird es offenbart und durch prophetische Schriften an alle Nationen kundgetan.
Was sind diese prophetischen Schriften? Das sind die Schriften des Neuen Testaments, zum Beispiel der Römerbrief. Dort finden wir das Geheimnis der Vollzahl der Nationen (Römer 11). Im Epheserbrief haben wir in Kapitel 1 das Geheimnis seines Willens, in Kapitel 2 und 3 das Geheimnis des Christus, und in Kapitel 5 das Geheimnis der Braut Christi. In 1. Timotheus 3 finden wir das Geheimnis der Gottseligkeit, in 2. Thessalonicher 2 das Geheimnis der Gesetzlosigkeit. Insgesamt gibt es acht Geheimnisse in den Paulusbriefen, und alle haben sie mit der Gemeinde zu tun – diesem Gegenstand des Ratschlusses Gottes. Das war von Ewigkeit her festgelegt.
Die Gemeinde ist also nicht eine zweite Wahl oder eine „second choice“. Im Leben von Jakob sehen wir viele zweite Wahlen. Es war nicht Gottes Plan, dass Jakob die falsche Frau heiratet und schließlich vier Frauen hat. Es war nicht Gottes Plan, dass er aus der Familie fliehen muss und von seinem Onkel Laban so brutal belogen wird. Das alles waren Folgen seines Ungehorsams. Natürlich hat Gott über diese Umwege Jakob schließlich dorthin geführt, wo er ihn haben wollte. Am Ende von Jakobs Leben sehen wir den alten Mann auf seinem Stab gestützt, der betet. Das ist erhaben, aber es waren schlimme, traurige Umwege.
Diese Umwege können wir als die Regierungswege Gottes bezeichnen, im Gegensatz zum Ratschluss Gottes. Der Ratschluss Gottes ist seine erste Wahl. Weil Gott dem Menschen einen wirklichen Willen gegeben hat und die Möglichkeit, sich auch falsch zu entscheiden, gibt es Dinge, die Gott tut, weil er weiß, dass der Mensch so handeln wird. Doch in seinen Regierungswegen führt Gott alle seine Gedanken aus.
Die Gemeinde ist kein Umweg, weil etwas mit dem Menschen falsch gelaufen ist. Sie war von Ewigkeit her Gottes erste Wahl, sein Plan – so sollte es kommen.
Auch in 2. Timotheus 1, Vers 9 wird wieder davon gesprochen, wie diese Gnade im Zusammenhang mit dem Geheimnis uns vor ewigen Zeiten gegeben wurde. Schauen wir uns das an: 2. Timotheus 1, Vers 9 heißt es: „Von Gott, der uns errettet hat und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz – ein anderer wichtiger Ausdruck für Ratschluss –, unter Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben, jetzt aber offenbart worden ist durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus.“
Auch hier wird die Gnade mit dem Ratschluss und Vorsatz Gottes verbunden, der vor ewigen Zeiten gegeben wurde. Das war von Ewigkeit her Gottes Gedanke: die Gemeinde. Völlig unabhängig davon, ob der Mensch einen Sündenfall auslösen würde. Der Sündenfall war nicht Gottes Ratschluss, aber trotz der Regierungswege, die Gott mit den Menschen gehen musste, hat er seinen Ratschluss erfüllt.
Noch eine Stelle in Titus 1, Vers 1: Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, vor ewigen Zeiten verheißen hat.
Gott hat das ewige Leben vor ewigen Zeiten verheißen. Wem hat er das verheißen? Damals gab es ja noch keine Menschen, die gibt es erst seit einigen Jahrtausenden. Auch Engel gibt es nicht von Ewigkeit her. Gott hat sie erschaffen, und zwar da, wo er auch die Welt erschaffen hat. Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde (1. Mose 1,1). Das wird in 1. Mose 1 nicht ausdrücklich gesagt, aber wir erfahren es aus anderen Stellen, die die Engelwelt betreffen.
Hier heißt es: Gott hat vor ewigen Zeiten verheißen. Er hat das jemandem versprochen, der von Ewigkeit her schon da war. Natürlich hat der ewige Vater dem ewigen Sohn verheißen, dass er den Menschen, die einmal zur Gemeinde gehören werden, das ewige Leben geben wird – und zwar in seiner höchsten Form. So sagt der Herr Jesus in Johannes 10, dass er gekommen ist, damit seine Schafe das Leben haben und es in Überfluss haben. Das ewige Leben in seiner höchsten Form bedeutet, dass der Heilige Geist in den Gläubigen lebt und dieses ewige Leben zur Entfaltung bringt, zum Überfluss.
Das hat Gott vor ewigen Zeiten seinem Sohn verheißen. So können wir einen Einblick in den Ratschluss Gottes gewinnen, dass von Ewigkeit her eine Gemeinschaft bestand zwischen dem ewigen Vater und dem ewigen Sohn. Und der Vater hat es seinem Sohn verheißen.
Die Offenbarung der mannigfaltigen Weisheit Gottes an die Engelwelt
Und nun gehen wir zurück zu Epheser 3. Es war also verborgen in Gott, der alle Dinge erschaffen hat. In Vers 10 heißt es: "Damit jetzt" – und das Wort "jetzt" ist ganz wichtig und sollte unbedingt hervorgehoben werden – "nicht im Alten Testament, sondern jetzt neutestamentlich, jetzt, wo es die Gemeinde gibt, damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Gemeinde kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes, gemäß dem ewigen Vorsatz, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn."
Die Fürstentümer und die Gewalten sind ein Ausdruck, der in den Briefen im Neuen Testament immer wieder vorkommt, um die Engelmächte zu bezeichnen. Hier wird gesagt, dass die Engel nichts von diesem Geheimnis wussten. Deshalb muss dieses Geheimnis jetzt durch die Gemeinde der Engelwelt mitgeteilt werden. Das ist beeindruckend!
Nun einige Stellen dazu: In 1. Petrus 1, Vers 10 heißt es, dass die alttestamentlichen Propheten studiert haben, was genau gemeint ist, als Gott ihnen Prophezeiungen über den Messias, über Christus, mitgeteilt hat. In Vers 12 wird weiter ausgeführt, dass es den Propheten offenbart wurde, dass sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge verkündigten, die euch jetzt durch diejenigen, welche euch das Evangelium gepredigt haben, durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist, also seit Pfingsten, mitgeteilt worden sind.
Dann heißt es: "In welche Dinge Engel hineinzuschauen begehren." Der Ausdruck im Griechischen für "hineinzuschauen begehren" bedeutet wörtlich "lange Hälse machen". Die Engel sind also erstaunt über dieses Erlösungswerk im Zusammenhang mit der Gemeinde, überhaupt im Zusammenhang mit der Erlösung, hier in 1. Petrus, aber auch im Zusammenhang mit diesem Geheimnis Gottes. Sie begehren, hineinzuschauen.
Man muss sich im Klaren sein, dass es in der Engelwelt keine Möglichkeit der Umkehr gibt. Die Engel, die mit Luzifer gefallen sind, können definitiv nicht mehr zurück. Der Sündenfall in der Engelwelt war endgültig. Das hängt auch damit zusammen, dass die Engel an Kraft und Einsicht, wie 2. Petrus 2 sagt, viel mächtiger sind als Menschen. Ihr Verständnis dessen, was es bedeutet, sich gegen Gott aufzulehnen, war ihnen von Anfang an so klar, dass ihre Entscheidung endgültig war – es gibt kein Zurück.
Bei der Menschheit war das bei Adam nicht in gleicher Weise der Fall. Wir alle hatten uns ja nicht entschieden, als Sünder geboren zu werden. Wir sind mit der sündigen Natur geboren worden, vererbt von Adam. Deshalb gibt Gott jeder Generation der Menschheit die Möglichkeit zur Entscheidung, zur Bekehrung und zur Reue. Das kennt man in der Engelwelt nicht. In Hebräer 2 heißt es, Gott ergreift die Engel nicht, um sie herauszuführen, aber den Samen Abrahams nimmt er sich an – jene, die wie Abraham glauben, ans Evangelium.
So gibt es in der Engelwelt keine Erlösung. Ein weiterer Unterschied ist, dass jeder Engel eine direkte Schöpfung Gottes ist. Sie sind nicht über Generationen entstanden, sondern jeder Engel wurde als direkte Schöpfung ins Dasein gerufen und hatte die Möglichkeit zur Entscheidung. Ein Drittel ist gefallen. Die anderen, die nicht gefallen sind, werden in den Timotheusbriefen die auserwählten Engel genannt (1. Timotheus 5). Das sind die, die sich entschieden haben, nicht zu rebellieren.
Diese Engel staunen also darüber, was Gott mit den Menschen tut, und deshalb machen sie "lange Hälse". In 1. Korinther 4, Vers 9 lesen wir: "Jawohl, denn ich denke", sagt Paulus, "dass Gott uns, die Apostel, als die Letzten dargestellt hat, wie zum Tod bestimmt; denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, also wie ein Theater, sowohl Engeln als auch Menschen." Man muss sich das so vorstellen: Die Engel sitzen im Theater in den Sitzreihen, ebenso die Welt. Und die Akteure da unten sind die Gläubigen der Gemeinde, in 1. Korinther 4 ganz speziell die Apostel. Ein Schauspiel für die Engel.
Und jetzt eben Epheser 3, Vers 10: "Damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Gemeinde kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes nach dem ewigen Vorsatz." In diesem Zusammenhang wird dann auch 1. Korinther 11 verständlich. Der Apostel Paulus sagt, dass in der Gemeinde, obwohl wir ein himmlisches Volk sind und vor Gott gilt: Da ist nicht Jude noch Heide oder Grieche, da ist nicht Mann noch Frau. Dennoch gilt die Schöpfungsordnung in der Gemeinde.
Er sagt, wenn ein Mann betet oder weissagt mit einer Kopfbedeckung, dann verunehrt er Christus. Aber eine Frau, die betet oder weissagt – das heißt, etwas durch den Geist geleitet weitergibt – wenn sie sich nicht bedeckt, verunehrt sie ihr Haupt, den Mann. In 1. Korinther 11 erklärt Paulus also, dass es wichtig ist, beim Beten und Weissagen als Frau auszudrücken, dass man die Schöpfungsordnung akzeptiert.
Obwohl wir ein himmlisches Volk sind, gilt, dass Gott möchte, dass die Männer führen. Mit der Bedeckung erkennt die Frau an, dass es eine Autorität über ihr gibt. Ähnlich wie im Judentum die Kippa bei den Männern bedeutet, dass Gott über ihnen ist. Es geht also nicht um eine Verhüllung im Sinne von Verstecken, sondern um eine Bedeckung, einen Schleier. Das lange Haar ist etwas anderes.
Die Bedeckung bedeutet, dass die Frau die Rangordnung anerkennt – nicht Wertordnung, sondern Rangordnung. Sie anerkennt, dass der Mann führt, und bedeckt sich deshalb. Weiter heißt es in 1. Korinther 11, dass sie das um der Engel willen tun soll. Die Engelwelt beobachtet uns, ob im Hauskreis, in der Gemeinde oder wo auch immer. Die Engel sind sehr sensibel für das Thema Autorität, weil genau das bei ihnen zum Sturz Luzifers geführt hatte. Er wollte die Autorität Gottes über sich nicht anerkennen und hat sich aufgelehnt.
Nun fragen sich die Engel: Wie ist das bei den Erlösten der Gemeinde? Anerkennen sie solche Einrichtungen Gottes in der Schöpfungsordnung? Darum ist es "um der Engel willen". Sie beobachten uns. Das ist etwas Erhabenes: Durch die Gemeinde wird der Engelwelt die mannigfaltige Weisheit Gottes mitgeteilt.
Das Wort "mannigfaltig" heißt im Griechischen eigentlich "vielfarbig" – die vielfarbige Weisheit Gottes. Für diejenigen, die die Stiftshütte und ihre Symbolik kennen, ist bekannt, dass all diese Decken über der Stiftshütte auf Christus und seine Gemeinde hinweisen. Die unterste Decke ist die wunderbarste überhaupt: die Cherubimdecke, die in 2. Mose genannt wird.
Diese Wohnung besteht aus blauem Purpur, rotem Purpur, Karmesin und weißem Leinen. Alles hat eine Symbolik in Bezug auf die Herrlichkeit von Christus und der Gemeinde. Blauer Purpur und roter Purpur sind viel wertvoller als Gold. Es war eine gigantische Decke. Heute verkauft eine Firma in Deutschland, Cremer Pigmente, ein Gramm blauen Purpur für etwa 2400 Euro. Gold ist dagegen nicht vergleichbar.
Diese Farben symbolisieren die Herrlichkeit von Christus und seiner Gemeinde. Der blaue Purpur spricht von ihm als dem, der vom Himmel gekommen ist. Die Gemeinde ist ein himmlisches Volk Gottes. Das ist interessant, weil hier von der vielfarbigen Weisheit Gottes gesprochen wird. Diese wird in der vierfarbigen, unbezahlbaren Cherubimdecke der Stiftshütte symbolisch ausgedrückt, verbunden mit Goldklammern – also eigentlich fünf Farben.
Weiter heißt es: "Nach dem ewigen Vorsatz, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn." Es geht hier um den Plan Gottes, der kein Plan B war, sondern Plan A und wurde umgesetzt trotz des Sündenfalls. Nicht, weil der Sündenfall eingesetzt war oder Israel den Messias als Nation verworfen hatte, sondern es war Plan A von Ewigkeit her. Natürlich kam der Sündenfall, und Christus wurde von der Mehrheit seines Volkes verworfen, aber es war von Ewigkeit her Plan A.
Dann wird weiter gesagt: "In welchem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn." Das heißt, wir haben einen ganz freien Zugang zu Gott, dem Vater. Dieser Zugang in Zuversicht drückt sich darin aus, dass der Scheidevorhang seit dem Kreuz zerrissen ist.
Im Judentum ist Gott immer der verborgene Gott hinter dem Scheidevorhang. In der Gemeinde ist Gott der Gott, der sich durch den zerrissenen Scheidevorhang offenbart hat. Wir haben den Zugang, wie in Hebräer 10, Vers 19 beschrieben, jetzt ins Allerheiligste, also in die unmittelbare Gegenwart Gottes, und wir kennen Gott als Abba, Vater.
Man muss wissen, dass in keinem jüdischen Gebetsbuch der Name Abba für Gott zu finden ist. Dort heißt es "Avinu, Shemaba Shamaim" – unser Vater, der du bist in den Himmeln – verstanden im Sinn von Schöpfer. Oder "Elohenu Melech Olam" – unser Gott, König der Welt – und viele andere schöne Namen. Aber Abba findet man nie. Das ist das Vertraulichste.
Ich glaube, das ist vertraulicher, als wenn man sagt "mein Vater" oder im Deutschen "Papa". Im Neuen Testament steht nicht "Papa", sondern "Abba", was aramäisch ist. In Römer 8 und Galater 4 wird das so gesagt: "Abba". Es entspricht nicht dem vertrauten "Väterchen" der Römer. Es ist sowieso nicht würdig für Gott, aber die Gläubigen haben das Vorrecht, Gott Abba zu nennen.
Es ist anders als "Daddy", aber es drückt eine ganz tiefe, intime Beziehung zum Vater aus. Das haben wir im Neuen Testament. Wir dürfen durch den Geist Gottes, wie in Galater 4 und Römer 8 beschrieben, Gott Vater nennen.
Das ist die Freimütigkeit. Das Wort "Freimütigkeit" im Griechischen bedeutet eigentlich "Freiheit zu reden". Wenn man sich in einer Gesellschaft nicht wohlfühlt, wird man wortkarg – das ist normal. Aber in der Gegenwart Gottes zu sprechen, braucht etwas.
Wir haben diese Freiheit, weil wir wissen, dass der Herr Jesus durch sein Werk uns völlig passend gemacht hat für die Gegenwart Gottes. So dürfen wir uns völlig aussprechen in der Gegenwart Gottes, des Vaters. Durch den Herrn Jesus haben wir Zugang in Zuversicht.
Jetzt sagt der Vers 13: "Deshalb, das ist eine Schlussfolgerung, deshalb bitte ich, nicht mutlos zu werden durch meine Drangsaale für euch, die eure Ehre sind." Paulus ist im Gefängnis, immer noch in Rom. Die Epheser hätten sagen können: "Das ist schon traurig, dieser Mann, der ist doch von Gott so auserwählt und ist einfach blockiert in Rom. Wieso eigentlich?"
Er sagt: "Wer nicht mutlos wird." Eigentlich ist das, was ich hier in Rom erleide, eure Ehre. Denn ich erleide das, weil ich gerade dieses Geheimnis verkündigt habe. Hätte ich ein Evangelium verkündigt, wie viele es heute tun, die versuchen, Nichtjuden ins Judentum einzuladen und hineinzuführen, dann würde man akzeptiert und gut angesehen. Dann wird man nicht verfolgt.
Aber wenn man ganz klar sagt: "Nein, das ist so und das ist so", dann wird man verfolgt. Und er sagt: "Das ist eure Ehre."
Gebet für Erkenntnis und geistliche Stärkung
Vers 14: Hier haben wir wieder ein Gebet. Im Epheserbrief gab es bereits in Kapitel 1 zwei Gebete. Jetzt folgt erneut eines.
Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, unseres Herrn Jesus Christus, von dem jede Familie in den Himmeln und auf der Erde benannt wird. Paulus betet also, geht auf die Knie. Im Skript habe ich dazu eine Notiz gemacht, weil in Vers 14 Paulus für die Gläubigen betet. Er bittet, dass sie den vollen Segen empfangen, der durch die Kenntnis der Geheimnisse entsteht. Dabei sollen sie diese Geheimnisse auch verstehen, begreifen und auffassen können.
Weiter sagt Paulus: „...von dem Vater, unseres Herrn Jesus Christus, von dem jede Familie in den Himmeln und auf der Erde benannt wird.“ Für „Familie“ steht im Griechischen hier „Patria“. Das Wort „Pater“ steckt darin, was „Vater“ bedeutet. Griechisch „Pater“ heißt Vater, im Lateinischen ist es „Pater“ – die Betonung ist anders, aber der Klang ähnlich.
„Patria“ bedeutet also Vaterschaft und zugleich Vater, Haus, Familie. Die Griechen verwendeten es auch für den Clan, also die Großfamilie, sogar für Stamm, Volk und Nation. Das drückt aus, dass, wenn er, der Vater, unser Herr Jesus Christus, jede Familie und jeden Stamm sowie jedes Volk leitet, diese sich von ihm herleiten. Sie werden nach ihm benannt. Das heißt, Gott ist der Urheber aller Dinge – nicht nur der verschiedenen Völker der Menschen, sondern auch der verschiedenen Engelheere.
Das „Patriarchat“ ist also ganz umfassend gemeint. Es umfasst die menschlichen Vaterhäuser, Stämme, Völker und Nationen sowie die Engelheere. Alles ist nach Gott, dem Urheber aller Dinge, benannt.
Weiter heißt es: „Damit er euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, in dem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid.“ Das macht klar, dass das Geheimnis innere geistliche Stärkung vermittelt. Dadurch wird man gestärkt (Vers 16).
In Vers 17 erfährt man, dass Christus auf diese Weise im Herzen zu Hause ist, also nicht nur einfach im Herzen ist, sondern dort wohnt. Das bedeutet, dass er wirklich zu Hause ist. Dadurch wird man selbst im Glauben verwurzelt, wie ein Baum mit Wurzeln im Boden, und gegründet wie ein Haus, das auf einem guten Fundament gebaut ist.
Dann kommt Vers 18: „Damit ihr völlig zu erfassen vermögt – mit allen Heiligen – welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe sei.“ Man sieht, das ist kein Steckenpferd für ein paar Gläubige und schon gar nicht etwas, das nur für Theologen gedacht ist.
Vielleicht ist es auch schon aufgefallen: In meinen Vorträgen spreche ich nie über Theologie und wie man das theologisch sehen müsste. Ich vermeide das ganz bewusst, weil der Ausdruck „Theologie“ sofort suggeriert, es gäbe zwei Gruppen von Gläubigen: Spezialisten, die es wissen, und Laien, die es nicht wissen. Oft sind die sogenannten Spezialisten allerdings gar keine echten Fachleute. Das ist tragisch zu sagen, aber ich habe dort viel Unverständnis erlebt.
Gerade vor kurzem hat mich ein ehemaliger Abgeordneter im EU-Parlament zum Flughafen gefahren. Er erzählte mir, dass er zu Hause eine große theologische Bibliothek hat und oft an theologischen Aussprachen teilnimmt. Ich dachte mir: Das musst du mir gar nicht erzählen. Für mich ist das keine Frage, dass jemand die Bibel gut kennen und die biblischen Zusammenhänge verstehen kann. Dafür ist kein Theologiestudium nötig.
Es geht darum, dass alle Heiligen das völlig erfassen sollen. Paulus nennt die Breite, Länge, Höhe und Tiefe. Wie kann man sich das vorstellen? Vielleicht haben wir es in der Schule gelernt: Höhe, Breite und Länge ergeben den Raum. Die Tiefe ist dann noch die Dimension nach unten. Damit hat man alle Richtungen im Raum abgedeckt.
Diese vier Dimensionen haben eine Bedeutung: Die Breite bedeutet, dass das Evangelium im Zusammenhang mit der Gemeinde zu allen Nationen ausgehen soll. Jeder aus jedem Stamm, Volk und jeder Nation ist eingeladen zu kommen. Wer sich bekehrt, wird Teil der Gemeinde. So breit ist das.
Die Länge zeigt, dass Gottes Vorsatz von Ewigkeit her besteht. Er war verborgen in Gott, wurde aber jetzt offenbart. Dieser Plan Gottes mit der Gemeinde wird für alle Ewigkeit Bestand haben und nicht abgebrochen. Das ist die Länge.
Die Höhe bedeutet, dass der Herr Jesus aus der höchsten Höhe des Himmels vom Thron Gottes herabkam in diese Welt. In Kapernaum, das etwa 212 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, wirkte er. Er ging auch hinunter zum Jordan, beim Toten Meer, wo Johannes taufte. Dort sagte er zu Petrus: „Du wirst Kephas heißen.“ Dieser Ort liegt etwa 400 Meter unter dem Meeresspiegel. Er wird in Hesekiel 38 als „Nabel der Erde“ bezeichnet – der tiefste Ort der Welt.
Jesus war schließlich bereit, sogar in den Tod zu gehen und ins Grab gelegt zu werden. Das ist die Tiefe dieses Ratschlusses. Damit Gott diesen erhabenen Plan in seiner ganzen Breite, Länge und Höhe ausüben konnte, musste der Herr Jesus auch in die Tiefen hinabsteigen.
Nach der Pause geht es weiter mit Kapitel 4. Dort werden wir in Vers 9 sehen: „Er ist hinaufgestiegen.“ Was ist das anderes, als dass er auch hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde? Der Hinabgestiegene ist derselbe, der hinaufgestiegen ist über alle Himmel.
Jesus ging in die Tiefe des Todes und des Grabes und kehrte schließlich zurück in die Höhe des Himmels. All das ist in diesem Vers enthalten. So erfassen wir die Breite, Länge, Höhe und Tiefe.
Nach der Pause gibt es noch eine halbe Stunde Kuchen.