Meine Damen und Herren, ich möchte Sie alle ganz herzlich zu diesem Nachmittagsvortrag begrüßen. Das Thema lautet: „Von Ur nach Salem. Wir gehen auf Spurensuche im Leben von Israels Stammvater Abraham.“
Herkunft und historische Einordnung Abrahams
Wir lesen aus dem ersten Buch Mose in der Bibel, Kapitel 11, Vers 27: „Und dies sind die Geschlechter Taras. Tara zeugte Abram, Nahor und Haran, und Haran zeugte Lot. Haran starb vor dem Angesicht seines Vaters Tara in dem Land seiner Geburt, zu Ur in Chaldea.“
Hier erfahren wir etwas über die Herkunft Abrahams: Er stammte aus Ur in Chaldea. Nach strenger biblischer Chronologie war das im Jahr 2111 v. Chr. Sie sehen hier auf dem Satellitenbild, dass Ur im heutigen Südirak liegt, sogar noch einiges südlicher als Babylon. Babylon befindet sich hier, aber noch weiter südlich liegt die Stadt Ur.
Auf dieser Folie habe ich Ihnen die zehn Generationen nach Noah von Sem bis Abraham aufgelistet. Beachten Sie besonders die Generationen sieben, acht, neun und dann die zehnte Generation, zu der Abraham gehört: Seruk, Nahor, Tara, Abraham.
Ein paar archäologische Streiflichter möchte ich noch hinzufügen. Die Namen Seruk, Nahor, Tara und Abraham haben sich gemäß den Zeugnissen der altasyrischen und babylonischen Tontafeln als Namen erwiesen, die typisch für etwa 2000 v. Chr. waren.
Warum erwähne ich das? In der liberalen Theologie wird oft behauptet, Abraham sei nicht historisch. Diese Urgeschichten seien Erfindungen späterer Schreiber am Studiertisch. Nun, interessant ist: Wenn die fünf Bücher Mose nicht von Mose im zweiten Jahrtausend vor Christus geschrieben worden sein sollen, sondern erst viel später – ungefähr in der Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus, je nach Theologe –, dann würde das bedeuten, dass die Verfasser noch über tausend Jahre später genau gewusst hätten, welche Namen typisch für die Zeit um 2000 v. Chr. waren.
Wenn man also eine Geschichte erfindet, die um das Jahr 2000 v. Chr. spielen soll, müsste man die Namen wählen, die für diese Zeit typisch sind: Seruk, Nahor, Tara, Abraham. Das erscheint nicht ganz einleuchtend. Aber allein die Wahl der Namen ist perfekt.
Wie gesagt, Ur in Chaldea müssen wir heute im Südirak suchen, etwa 150 Kilometer westlich von Basra. Und warum heißt es in der Bibel „Ur in Chaldea“ und nicht einfach „Ur“? Durch die Ausgrabungen in Ebla, Nordsyrien, hat sich herausgestellt, dass es auch ein Ur bei Harran gab. Harran liegt in der heutigen Südtürkei, direkt an der syrischen Grenze.
Im Unterschied zu einem oder sogar mehreren anderen Städten mit dem Namen Ur nennt die Bibel das Ur, aus dem Abraham stammte, ausdrücklich „Ur in Chaldea“. Die Chalder waren ein wichtiger Stamm, der im Gebiet des heutigen Südiraks siedelte.
Archäologische Forschungen und Stadtbild von Ur
Einige Forscher haben sich um Ausgrabungen in der Herkunftsstadt von Abraham bemüht. So war beispielsweise von 1854 bis 1855 ein gewisser Taylor dort tätig. Im Jahr 1918, also kurz nach dem Ersten Weltkrieg, folgten Reginald Thompson und Hall. Doch der Mann, der sich am meisten engagierte, war Sir Leonard Woolley. Er wurde weltberühmt durch seine Ausgrabungen von 1922 bis 1934 in der Stadt Ur in Chaldäa. Dank seiner Arbeit wissen wir heute einiges über die Hintergründe von Abrahams Leben.
Eine weitere wichtige Feststellung betrifft den Fluss Euphrat. Zur Zeit Abrahams floss der Euphrat in der Nähe der Stadtmauern von Ur vorbei. Heute verläuft der Fluss deutlich anders. Damals jedoch gab der Euphrat der Stadt Ur einen Zugang zum Meer. Das war natürlich ideal für den Handel. Dies erklärt auch, warum Ur um 2100 v. Chr., also zur Zeit Abrahams, die reichste Stadt Mesopotamiens war.
Mesopotamien ist das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris im heutigen Irak. Ur war eine Stadt von Kunsthandwerkern und Kaufleuten. Aus den gefundenen Tafeln geht außerdem hervor, dass die Einwohner von Ur eine tiefe Verachtung für Nomaden hegten – jene Menschen, die in Zelten am Rand der Wüste lebten.
Das ist besonders interessant, denn wir werden gleich noch sehen, wie die Bibel berichtet, dass Abraham aus Ur ausziehen sollte, um eine Art Nomade zu werden und sein weiteres Leben tatsächlich in Zelten zu verbringen. Trotz der Abneigung gegenüber Nomaden war Abraham schließlich bereit, diesen Lebensstil anzunehmen.
Vor kurzem habe ich die Lebensgeschichte von Abraham in Afrika, genauer gesagt im Niger, behandelt. Dort freuten sich die Menschen sehr über das Thema. Ein alter Mann aus Niger, der als Beduine aufgewachsen ist, sagte mir, dass dies genau ihre Kultur widerspiegele. Das habe ihn tief berührt und war für ihn sehr bedeutsam.
Doch auch für Deutsche und Schweizer gibt es interessante Erkenntnisse. Man hat nämlich festgestellt, dass der Mittelstand in Ur in Häusern mit etwa zehn Zimmern lebte. Das ist ja nicht schlecht, oder? Abraham gehörte jedoch nicht zum Mittelstand. Wie wir noch sehen werden, stammte er aus der Oberschicht, er war ein Fürst. Dennoch war er schließlich bereit, auf Gottes Ruf hin Ur zu verlassen und eine Art Nomade zu werden.
Religiöse Bedeutung der Zikkurat und Götterverehrung in Ur
Hier sehen wir die Zikkurat, die in Ur ausgegraben wurde. Zikkurat ist der babylonische Name für einen Stufenturm, aber es handelt sich dabei nicht um einen Aussichtsturm. Ein Zikkurat ist ein religiöser Turm, der eigentlich eine Nachbildung des früheren Turmes von Babel ist. Er wurde gebaut, um Götter von den Gestirnen, vom Himmel, auf die Erde herabzuholen.
Was man hier sieht, ist lediglich die unterste Etage dieses Turms. Das gesamte Tempelgebiet in Ur wurde freigelegt, ebenso Teile der Wohn- und Gewerbeviertel der Stadt. Außerdem wurde der Königsfriedhof aus der Zeit Abrahams ausgegraben. Dort fand man Kunstschätze aus Gold, Silber, Bronze und Edelsteinen. Noch wichtiger und sehr informativ sind jedoch die Tausenden von Keilschrifttafeln, die dort entdeckt wurden.
Diese Tafeln können Verwaltungsaufzeichnungen enthalten, aber auch literarische Texte. Man fand solche Dokumente aus der Frühzeit Abrahams und sogar davor, bis zum vierten Jahrhundert vor Christus. Auf diesem Bild sieht man eine sumerische Inschrift aus Ur. Die Menschen von Ur waren Sumerer, aber Abraham war kein Sumerer. Dennoch lebte er in einer sumerischen Stadt.
Das bedeutet, dass zu Abrahams Zeit Sumerisch immer mehr zu einer toten Sprache wurde. Es wurde nur noch für besondere religiöse Zwecke verwendet. Die gesprochene Sprache war Akkadisch. Heute bezeichnet man damit die zwei Dialekte Babylonisch und Assyrisch. Man kann also sagen, dass Abraham Babylonisch sprach, nicht Hebräisch.
Hebräisch lernte er erst später, als er von Ur nach Kanaan zog. Im Land Kanaan lernte Abraham die Sprache der Kanaaniter, die dann seine Sprache wurde – ebenso die seiner Familie und Nachkommen. Tatsächlich ist Hebräisch ein kanaanitischer Dialekt.
Abrahams religiöser Hintergrund und Gottes Berufung
Viel später in der biblischen Geschichte lesen wir von einer Ansprache, die Josua gegenüber dem Volk Israel gehalten hat. Dabei erklärt er, dass Abraham damals in Ur in Chaldäa ein Verehrer der Götter dort war.
Josua 24,2: „Und Josua sprach zu dem ganzen Volk: So spricht der Herr, der Gott Israels: Eure Väter wohnten vor Alters jenseits des Stroms, des Euphrats; Terach, der Vater Abrahams und der Vater Nahors, und sie dienten anderen Göttern. Und ich nahm Abraham, euren Vater, von jenseits des Stroms und ließ ihn durch das ganze Land Kanaan wandern. Ich mehre seinen Samen und gab ihm Isaak.“
In derselben Rede, etwas später, sagt Josua 24,14: „Und nun fürchtet den Herrn und dient ihm in Vollkommenheit und Wahrheit und tut die fremden Götter hinweg, welchen eure Väter jenseits des Stroms und in Ägypten gedient haben. Dient dem Herrn!“
Wenn es euch aber übel ist, dem Herrn zu dienen – dem Gott der Bibel –, so erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt. Im hebräischen Text steht jeweils JHWH (Jod, He, Waw, He), Yahweh, der Ewigseiende. Das ist der Eigenname des Gottes der Bibel.
In den Übersetzungen wird dafür oft „Herr“ in Großbuchstaben gesetzt. Das liegt daran, dass man in der Synagoge beim Vorlesen aus Ehrfurcht nicht „Jahwe“ ausspricht, sondern „Adonai“, was „Herr“ bedeutet. Immer wenn das Wort „Adonai“ kommt, wissen alle in der Synagoge, dass es sich um den heiligen Namen Gottes handelt.
Josua fährt fort: „Wenn es euch übel ist, dem Herrn zu dienen, so erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, welchen eure Väter jenseits des Stroms gedient haben, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“
Hier werden drei Religionen als Alternativen zum biblischen Glauben erwähnt. Die Götter jenseits des Stroms in Ur waren sumerische Götter. Dann spricht er von den Vätern, das heißt von den Vorfahren, die in Ägypten waren. Später ist das Volk Israel in Ägypten zu einer Nation herangewachsen, und dort haben die Israeliten den ägyptischen Göttern gedient.
Schließlich nennt er die Götter der Amoriter. Die Amoriter waren Vertreter des größten Stammes unter den Kanaanitern, einem Volk, das aus mehreren Stämmen bestand. Das ist die Religion der Kanaaniter.
Drei Religionen werden also genannt, und Josua fordert das Volk auf, sich zu entscheiden: Wollt ihr diese Religionen weiterführen oder wollt ihr dem Gott der Bibel dienen?
Meine Entscheidung ist klar: Ich und meine Familie wollen dem Herrn, Adonai, dienen. Dabei wird deutlich, dass Abraham nach der Bibel ein Götzendiener war und sumerische Götter verehrte.
Der Mondgott Nanna und seine Verehrung in Ur
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der wichtigste Gott in Ur, nämlich der Stadtgott von Ur, der sumerische Mondgott Nanna war. Fast alle göttlichen Eigenschaften wurden ihm in Hymnen zugesprochen. Dieses Wissen stammt aus den Keilschrifttexten.
Dort erfährt man auch, dass Nanna sich insbesondere die Stadt Ur als seine Stadt auserwählt habe. Hier sehen Sie eine Rekonstruktionszeichnung der ausgegrabenen Zikkurat von Nanna aus der Zeit Abrahams. Es handelt sich um einen Stufenturm, der gleichzeitig ein Tempel war und ursprünglich drei Stockwerke hatte. Von diesen ist heute jedoch nur eines erhalten.
Man erkennt die Treppen, die hinaufführen, und ganz oben befindet sich ein kleines Häuschen. Dieses wurde als Allerheiligstes angesehen. Die Sumerer glaubten in Ur, dass der Mondgott, das heißt der Geist des Mondes, herabkäme und dort Wohnsitz nehme – in diesem kleinen Haus. Die Menschen würden über die Treppen immer höher hinaufsteigen.
Dieses Motiv ist typisch für alle Religionen: Der Mensch muss sich aus eigener Anstrengung dem Göttlichen nähern, durch Werke, Leistungen oder Ähnliches. Hier wird dies demonstriert, indem die Gläubigen hinaufsteigen und gleichzeitig die Begegnung mit dem Göttlichen von oben symbolisiert wird. Im Mittelpunkt stand dabei speziell der Mondgott.
Paulus über Götzendienst und Naturverehrung
In diesem Zusammenhang ein Text aus dem Römerbrief von Paulus. Paulus schreibt im Jahr 57 nach Christus über die Völker dieser Welt, die sich nach der Sintflut von dem Gott, den Noah noch als den einen Schöpfergott kannte – eben den Herrn – abgewendet haben.
Diese Völker sind ausgewandert und haben sich über die ganze Welt verstreut. Dabei haben sie sich vom Schöpfergott abgewandt und begonnen, die Natur zu verehren, anstatt den Schöpfer.
Paulus schreibt dazu in Römer 1,24: „Darum hat Gott sie, diese Völker, auch dahingegeben in den Gelüsten ihrer Herzen, in Unreinigkeit ihrer Leiber, untereinander zu schänden.“
Er fährt fort, dass diese Menschen die Wahrheit Gottes in Lüge verwandelt haben und dem Geschöpf mehr Verehrung und Dienst dargebracht haben als dem Schöpfer, „welcher gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“
Die Bibel lehrt also, dass die Verehrung der Schöpfung, der Natur, anstatt des Schöpfers Götzendienst ist – ein Abfall von Gott.
Praktische Illustration zur Naturverehrung
Eine praktische Anwendung: Ein Biologielehrer spricht über Schmetterlinge, stellt dabei wunderbare Exemplare vor und sagt zu den Schülern: Es ist einfach fantastisch, wie die Natur diese Tiere ausgestattet hat. Zuerst ist da eine Raupe, die sich verpuppt. Dann wird alles umgewandelt, und am Schluss kommt ein Schmetterling heraus. Es ist beeindruckend, was die Natur sich da ausgedacht hat.
Wie bitte? Wer hat das ausgedacht? Wer hat das gemacht? Die Natur? Die Natur ist doch tot in sich. Die Natur kann nicht denken und sich nicht selbst höher entwickeln. Vielmehr sehen wir als Naturgesetz, dass alles in der Natur von sich aus, sich selbst überlassen, zerfällt.
Man schreibt hier der Natur eigentlich etwas zu, was man nur dem Schöpfergott, dem ewigen Schöpfergott, zuschreiben darf. Deshalb nennt die Bibel die Verehrung der Natur anstelle des Schöpfers Götzendienst.
Genau das haben die Leute von Ur getan. Unter anderem haben sie den Mond angebetet und verehrt.
Familienverhältnisse Abrahams und die Unfruchtbarkeit Sarais
Mose schreibt in 1. Mose 11,29: Abram, so hieß Abraham früher, nahm sich eine Frau. Später bekam er einen neuen Namen, Abraham. Auch Nahor nahm sich eine Frau. Der Name der Frau Abrams war Sarai, später wird sie Sara heißen. Die Frau Nahors hieß Melka, sie war die Tochter Harans, des Vaters von Melka und Jeska.
Sarai war unfruchtbar, sie hatte kein Kind. So lesen wir das in der Bibel. Diese kleine Notiz von Mose, dass Sarai unfruchtbar war, ist sehr interessant. Wenn man nämlich die Keilschrifttafeln aus Ur zurate zieht, erfährt man, dass die Sumer lehrten, Nanna – der Mondgott – mache Menschen und Tiere zahlreich.
Das ist fast wie eine Ironie: Sarai war unfruchtbar. Der Mondgott hat in ihrem Fall also versagt. Sie konnte keine Kinder bekommen.
Interessant ist auch Folgendes: Abram, sein ursprünglicher Name, bedeutet „erhabener Vater“. „Ab“ heißt Vater, „ram“ bedeutet Höhe oder erhaben. Aber was ist ein Vater ohne Kinder? Das geht ja gar nicht!
Später wird der Herr, also der Gott der Bibel, ihm den Namen Abraham geben. Dieser bedeutet „Vater einer Menge“.
Der Mond als toter Stein und die wahre Schöpfung
Seit die Amerikaner zum ersten Mal auf dem Mond gelandet sind, seit der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond gesetzt hat – daran kann ich mich noch gut erinnern. Ich habe das damals mit großer Spannung verfolgt. Es war im Juli 1969, nicht wahr?
Damals haben die Amerikaner endgültig festgestellt, was man schon vorher wusste: Der Mond ist einfach ein kalter, toter Stein. Und er sieht nicht einmal lieblich aus. Seine Oberfläche ist nicht glatt, sondern voller Einschläge von Meteoriten. Es gibt keine Atmosphäre, in der die Meteore verglühen könnten. Alles ist brutal auf die Oberfläche eingeschlagen und liegt staubbedeckt da.
Daher ist es auch klar, dass der Mondgott Sîn kein Kind geben konnte – er ist eben nur ein toter Stein. Trotzdem haben die Sumerer diesen Mondgott angebetet, anstatt den lebendigen, ewigen Schöpfergott zu verehren. Dieser Schöpfergott ist nicht Teil der Natur, sondern der Urheber der Natur. So lehrt es die Bibel vom ersten Satz an: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“
Dafür braucht man nur Grundkenntnisse in Grammatik aus der Grundschule. Im Satz ist „Gott“ das Subjekt, und „Himmel und Erde“, also die Natur, sind das Objekt. Die Bibel unterscheidet also klar zwischen Gott und der Natur, so wie wir zwischen Subjekt und Objekt unterscheiden können.
Gott ist nicht Teil der Natur, keine Kraft oder kosmische Energie in der Natur. Nein, er ist Gott, der von Ewigkeit her existiert. Er hat die Natur ins Dasein gerufen – auch den Mond.
Die Berufung Abrahams und die Bedeutung von „Lech Lecha“
Nun kommen wir zu 1. Mose 12,1, der Berufung Abrahams. Der Herr hatte zu Abraham gesagt: „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen. Deinen Namen will ich groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. In dir sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden.“
Hier beginnt es im Hebräischen mit „Wajomer Adonai“. Manche Bibelübersetzungen geben das mit „Der Herr sprach zu Abraham“ wieder. Aber ich habe das Rot hier angestrichen: „Der Herr nun hatte zu Abraham gesagt.“ Diese Erzählform „Wajomer“, die sogenannte „Wajigdol-Form“, wird meistens verwendet, wenn man erzählt – so ein bisschen zurückgelehnt, wie: „Das ist geschehen, dann das, dann das.“ Im Deutschen geben wir das meist mit einem Präteritum wieder. Zum Beispiel: „Er ist in den Wald gegangen, hat einen Baum geschlagen“ wird zu „Er ging in den Wald, schlug einen Baum, trug ihn nach Hause.“ Das Präteritum wirkt zurückgelehnt, erzählt Fakten aneinandergereiht.
Die Wajiktol-Form im Hebräischen muss an manchen Stellen zwingend mit Plusquamperfekt übersetzt werden, also mit Vorzeitigkeit. Vor einigen Jahren, als wir die Schlachter 2000 Übersetzung für den Druck vorbereitet haben, habe ich im Übersetzerteam darauf bestanden, dass wir hier mit Vorzeitigkeit übersetzen müssen.
Als Begründung haben Sie in der Einleitung schon etwas von Apostelgeschichte 7 gehört. Wir machen den Sprung von zweitausend Jahren zurück. Stephanus, der erste christliche Märtyrer, steht vor dem Sanhedrin, dem obersten jüdischen Gerichtshof, in der königlichen Säulenhalle. Das ist übrigens, wenn Sie hier auf dem Bild sehen, beim Tempelplatz in der Südostecke. Hier sieht man den Felsendom und die El-Aksa-Moschee. In dieser Ecke war vor zweitausend Jahren der Sitz des Sanhedrins. Dort fand auch der Prozess Jesu statt, einige Zeit vor dem Prozess von Stephanus.
Stephanus musste sich verteidigen und beginnt, die ganze Geschichte Israels von Abraham an kurz zu skizzieren. Der Hohepriester sprach: „Ist denn dieses also?“ Er saß auf dem Thron, umgeben von siebzig weiteren Richtern, Stephanus im Halbkreis davor. Er sagte: „Brüder und Väter, hört: Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham, als er in Mesopotamien war, ehe er in Haran wohnte, und sprach zu ihm: Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und komm in das Land, das ich dir zeigen werde.“
Hier macht Stephanus klar, dass dieser Ruf in 1. Mose 12 nicht in Haran stattfand, sondern schon früher in Ur in Chaldäa. Er greift zeitlich zurück. Das ist sehr wichtig, wenn Sie in Ihrer Bibel nochmals nachlesen. In 1. Mose 11, den letzten Versen, wird die Geburt Abrahams erwähnt, Sarai war unfruchtbar, und dann liest man vom Auszug aus Ur nach Haran. Danach kommt die Berufung. Das ist zeitlich von Mose als Rückgriff dargestellt – daher die Plusquamperfekt-Form.
Jetzt noch ein Detail: Wir gehen zu Vers 4. Stephanus sagt, dass Abraham „da aus dem Land der Chaldäer ging und in Haran wohnte. Von dort zog er weiter, nachdem sein Vater gestorben war, in das Land, in dem er jetzt wohnt. Er erhielt dort kein Erbe, auch nicht einen Fußbreit, aber es wurde ihm zum Besitz gegeben und seinem Samen nach ihm, obwohl er kein Kind hatte.“
Interessant ist: Stephanus sagt, dass Abraham damals nicht nur die Stimme Gottes gehört habe – also nicht nur eine Audition, das heißt, die Stimme Gottes zu hören – sondern er hatte auch eine Vision. Das heißt, er sah etwas. Nämlich: „Der Gott der Herrlichkeit erschien ihm.“
Vergleich der Erscheinungen Gottes bei Abraham und Paulus
Wenn Sie die Apostelgeschichte lesen, gehen Sie weiter zu Kapitel 8 und Kapitel 9. Dort finden wir die Bekehrungsgeschichte von Saul, der später Paulus genannt wird. Diese Bekehrung war so dramatisch, dass sie in Apostelgeschichte 26,13 nochmals berichtet wird. Paulus beschreibt es dort so: Vom Himmel kam ein Licht, das den Glanz der Sonne übertraf und mich sowie die mit mir Reisenden umstrahlte.
Saul kam nach Damaskus, um die Christen zu verfolgen. Dann erschien diese Erscheinung – ein Licht vom Himmel. Es war um die Mittagszeit, sagt die Bibel, heller als die Sonne vor Damaskus. Das ist beeindruckend. Was ist schon das aschfahle Licht des Vollmondes oder der Mondsichel im Vergleich dazu? Die Sumerer bezeichneten den Nanner als die Herrlichkeit des Himmels. Doch dieses aschfahle Licht ist nichts im Vergleich zu diesem Licht, das heller als die Mittagssonne vor den Toren von Damaskus war. Das ist wirklich eindrücklich.
Schauen wir uns das noch etwas genauer an. Der Herr hatte zu Abraham gesagt: „Geh aus deinem Land und aus deinen Verwandtschaften, aus deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen werde.“ Im Deutschen übersetzen wir das einfach mit „geh“. Im hebräischen Grundtext steht jedoch „lech lecha“, was so viel bedeutet wie „geh für dich“. Das kann man im Deutschen nicht direkt übersetzen mit „geh für dich“. Deshalb ist es korrekt, in den deutschen Bibelübersetzungen „geh aus deinem Land“ zu schreiben. Es wäre aber sinnvoll, eine Fußnote hinzuzufügen: Wörtlich heißt es „Geh für dich“, also geh in deinem eigenen Interesse. Wenn du gehst, ist es gut für dich.
Daraus können wir etwas ableiten: Abraham bekam diesen Ruf, seinen ganzen Luxus und das gute Leben in Ur aufzugeben und ein Nomade zu werden. Er sollte der Götterwelt der Sumer den Rücken kehren und dem Herrn folgen. Er hätte sagen können: Das ist ein unglaublicher Verlust, das geht doch nicht. Aber „lech lecha“ macht klar: Wenn Gott uns ruft, ist es immer gut für uns. Es ist immer gut, die Gebote Gottes umzusetzen. Sie sind immer gut für uns, auch wenn wir im Moment den Eindruck haben, wir würden verlieren. Es scheint ein Verlust zu sein. Da muss man denken: „Lech lecha!“
Es gibt noch mehr Details. In Vers 2 sagte Gott in dieser Berufung: „Ich will dich zu einer großen Nation machen.“ Merkt man, was die Pointe ist? Sarai war unfruchtbar. Sie hatte nie ein eigenes Baby in den Armen gehalten. Und nun erscheint dieses Licht und diese Stimme: „Eine große Nation.“ Es geht also nicht nur darum, dass Gott Abraham und Sarai ein Baby schenken würde, sondern dass Abraham zu einer Nation werden sollte. Ein ganzes Volk sollte von ihm abstammen – und nicht nur ein Volk, sondern ein großes Volk.
Wir müssen sagen: Er sollte Stammvater des auserwählten Volkes Israel werden. Damit haben manche große Mühe. Ich habe einmal einen Mann getroffen, der richtig zornig wurde, wenn er den Ausdruck „Israel, das auserwählte Volk“ hörte. Ich stellte dann fest, dass er falsche Vorstellungen hatte. Er dachte, wenn die Bibel von Israel als dem auserwählten Volk spricht, bedeutet das, dass Gott die anderen Völker verworfen hat. Das sagt die Bibel aber nicht. Auserwählung bedeutet in der Bibel nicht automatisch, dass die anderen verworfen werden. Israel wurde erwählt, damit aus diesem Volk und aus keinem anderen der Messias, der Retter der Welt, kommen würde. Dieser sollte ein Segen für alle anderen Völker sein.
Die Auserwählung Israels sollte also eine Chance für alle anderen Völker sein. Das ist der Punkt. Abraham sollte Stammvater dieser großen Nation werden. So sagt Gott: „Und du sollst ein Segen sein.“ Und in Vers 3: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“ Also soll Israel zum Segen für die ganze Welt werden.
Warum steht hier nicht „alle Menschen der Erde“? Das hebräische Wort „mishpacha“ bedeutet Familie oder auch Stamm. Es heißt also „alle Stämme der Erde“ sollen gesegnet werden. Warum nicht „alle Menschen“? Was wir hier haben, ist eigentlich schon das Evangelium, die frohe Botschaft des Neuen Testaments, im Kern im Alten Testament vorbereitet.
Johannes 3,16 sagt nämlich: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Gott hat die ganze Welt geliebt und den Messias gegeben. Aber der Messias sollte ein Jude sein. Das ist natürlich für viele ein Ärgernis: Der Messias ist ein Jude. Ja, aber über ihn sollen alle Geschlechter gesegnet werden.
Wir haben es gerade in Johannes 3,16 gehört. Dort heißt es nicht, dass alle ewiges Leben haben, sondern „jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Der einzelne Mensch muss sich entscheiden. Er muss zu Gott umkehren, so wie Abraham sich von seinen Göttern, den Naturgöttern, abwandte und den Schöpfergott annahm. Wer an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben.
Der einzelne Mensch muss sich entscheiden. Wenn er das nicht tut, kommt er nicht unter diesen Segen. Die Bibel sagt aber, dass einmal Menschen aus allen Stämmen der Welt, aus allen Völkern – das ist eine größere Einheit – und aus allen Sprachen errettet werden. Das steht in Offenbarung 5 und auch in Offenbarung 7. Aber es steht nicht, dass alle Menschen gerettet werden.
Die Allversöhnungslehre, die behauptet, alle Menschen kämen in den Himmel, ist eine große Lüge. Es ist bekannt, dass bei Beerdigungen oft gelogen wird, und immer wieder wird diese Geschichte erzählt. Aber es stimmt einfach nicht. Jeder Mensch könnte gerettet werden, aber er muss die Entscheidung fällen.
Abraham musste dem Ruf folgen. Er hätte in Ur bleiben können, aber er entschied sich, zu gehen. So muss sich jeder entscheiden. Deshalb heißt es: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter, Stämme der Erde.“ Abraham verstand, dass das ein Hinweis auf den Messias war. Später im Johannes-Evangelium sagt Jesus im Neuen Testament in Johannes 8,56: „Abraham, euer Vater, freute sich, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.“
„Mein Tag“, sagt Jesus Christus, das ist der Yom Maschiach, der Tag des Messias. Die Erscheinung des Messias sollte Abraham einmal erleben. Er wartete auf den kommenden Retter – schon damals, vor viertausend Jahren.
Abrahams Glaubensgehorsam und die Bedeutung der sofortigen Reaktion
Im Hebräerbrief im Neuen Testament, Kapitel 11, Vers 8, wird kurz die Geschichte von Abraham beschrieben. Dort heißt es: „Durch Glauben war Abraham, als er gerufen wurde, gehorsam auszuziehen an den Ort, den er zum Erbteil empfangen sollte, und er zog aus, ohne zu wissen, wohin er komme.“
Interessant ist, dass Abraham zum Glauben kam. Doch sehen Sie, wie genau das hier übersetzt ist: „Durch Glauben war Abraham, als er gerufen wurde, gehorsam.“ Im Griechischen ist das Hauptverb im Satz im Aorist Indikativ, während das andere Verb ein Partizip Präsens ist. So drückt man im Altgriechischen aus, dass Handlungen gleichzeitig stattfinden.
Man kann Handlungen auch in ihrer zeitlichen Abfolge ausdrücken: Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit oder Nachzeitigkeit. Für Vorzeitigkeit müsste es nicht ein Partizip Präsens, sondern ein Aorist sein. Bei Nachzeitigkeit wäre es ein Partizip Futur. Deshalb wird hier nicht übersetzt: „Durch Glauben war Abraham, nachdem er gerufen worden war, gehorsam“, sondern: „Als er gerufen wurde, gehorsam auszuziehen.“ Das drückt die Gleichzeitigkeit aus.
Was ist der Sinn davon? Warum so viel Aufregung wegen der Grammatik? Es bedeutet, dass Abraham keine lange Bedenkzeit hatte. Er hat nicht erst sechs Monate überlegt: „Soll ich wirklich gehen und meinen ganzen Besitz aufgeben?“ Nein, er wurde gerufen, und er ging.
Das ist großartig. Es war wirklich sofortiger Gehorsam. Man kennt das von Kindern, die zum Tisch gerufen werden und dann sagen: „Gleich, gleich!“ Dabei bedeutet „gleich“ nicht sofort, sondern in fünf Minuten, wenn das Spiel noch zu Ende ist. Solche Kinder sind zwar gehorsam, aber nicht sofort gehorsam.
Das ist ein Unterschied. Man schätzt doch den Gehorsam von Kindern, die kommen, wenn man sie ruft, und nicht immer sagen: „Gleich, gleich, es ist doch nicht so weit.“ Bei Abraham war es anders. Er wurde von Gott gerufen, und er war bereit, sofort zu gehen.
Die Reise von Ur nach Haran und die Blockade im Glaubensleben
Aber jetzt kehren wir zurück ins Alte Testament und betrachten diese Beschreibung genauer. In 1. Mose 11,31 schreibt Mose: „Und Terach nahm seinen Sohn Abram, und Lot, den Sohn Harans, seines Sohnes, und Sarai, seine Schwiegertochter, die Frau seines Sohnes Abram. Sie zogen miteinander aus Ur in Chaldäa, um in das Land Kanaan zu gehen. Sie kamen bis Haran und wohnten dort. Die Tage Terachs waren zweihundertfünfundfünfzig Jahre, und Terach starb in Haran.“
Abraham verließ also Ur in Chaldäa, und die Reise führte nach Haran, das heute in der Südtürkei liegt. Man kann sich das auf einer Abbildung der NASA ansehen. Später sollte der Weg von Haran hinunter ins Land Kanaan führen, das spätere Land Israel. Das war damals die übliche Reiseroute nach Kanaan.
Der direkte Weg durch die Wüste wäre tödlich und sehr gefährlich gewesen. Deshalb nahm man den Umweg entlang des Euphratflusses durch den sogenannten fruchtbaren Halbmond. Das sieht man auf dem NASA-Bild als einen Halbmond – das fruchtbare Gebiet im Nahen Osten. Man reiste dort hinauf und dann wieder hinunter, durch Gebiete, die weniger gefährlich waren.
Doch es fällt noch mehr auf: Terach nahm seinen Sohn Abraham mit, der eigentlich der Vater und somit Reiseleiter hätte sein sollen. Aber Gott hatte gesagt: „Geh aus deines Vaters Haus.“ Terach hätte gar nicht mitkommen dürfen, geschweige denn die Führung übernehmen.
Noch ein weiterer Punkt: Auch Lot, der Neffe von Abraham, wurde mitgenommen. Doch Gott hatte gesagt: „Geh aus deiner Verwandtschaft.“ Lot hätte in Ur bleiben sollen. Das ist klarer Ungehorsam – aus der Verwandtschaft und aus des Vaters Haus zu gehen, wurde nicht befolgt.
Hier gibt es also zwei große Probleme. Abraham war nicht abgelöst. Die Bibel gibt klare Anweisungen, wie zum Beispiel in 1. Mose 2,24: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen.“ Das hebräische Wort für „anhangen“ bedeutet sogar „ankleben“. Schön ausgedrückt: Die beiden werden ein Fleisch.
Vor der Heirat muss man sich von den Eltern lösen, sich ablösen. Das ist sehr wichtig. Auch säkulare Psychologen bestätigen, dass viele Männer in unserer Gesellschaft nicht wirklich abgelöst sind. Dann entstehen Situationen wie: Die Schwiegermutter sagt, wo Vorhänge hingehören, oder sie weiß genau, wie die Kinder erzogen werden müssen. Das ist gefährlich und eine Ursache für viele Eheprobleme.
Man muss die biblischen Vorgaben einhalten, die als Gebrauchsanleitung des Schöpfers für die Ehe gelten. Abraham war nicht abgelöst, und deshalb blieb der Patriarch Terach immer noch der Führer. Das führte zu einer Blockade.
Im Bibeltext lesen wir: Sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen, doch sie kamen nur bis Haran und wohnten dort. Sie machten also nur die halbe Reise und blieben dann stehen. Es gab eine Blockade.
So ist das auch im Leben eines Menschen. Die Bibel zeigt: Das Leben ist nicht schwarz-weiß. Abraham war gehorsam, aber gleichzeitig auch ungehorsam. Er setzte nicht das ganze Wort Gottes um, und das führte zu einer Blockade.
Das gilt für jeden, der im Glauben vorangehen will: Wenn Dinge nicht geordnet sind, entstehen Blockaden. Es geht im Glaubensleben nicht weiter. Man bleibt in Haran blockiert.
Die Lösung des Problems war der Tod von Terach in Haran. Danach gab es neues Leben. Übrigens war die Zwischenstation Haran damals kein Ort, an dem man einfach so lebte. Um 2000 vor Christus wurde dort der Mondgott Nanna verehrt.
Moderne Archäologie zeigt uns, dass Haran ein Handelszentrum war – von 1800 bis 800 vor Christus. Danach wurde es verlassen. Nur nebenbei: Wenn die fünf Bücher Mose nicht von Mose selbst, sondern von späteren Autoren geschrieben worden wären, hätten diese Autoren diese genauen historischen Kenntnisse kaum haben können.
Doch der Bericht passt genau: Zur Zeit Abrahams, um 2000 vor Christus, war Haran noch ein blühendes Handelszentrum. Das Hindernis, Terach, musste in Haran sterben. Danach erlebte Abraham eine Art Auferstehung in seinem Leben.
Das Hindernis war weg, und Abraham brach auf und zog ins Land Kanaan. So ist das auch für gläubige Menschen: Man muss Dinge, die blockieren, in den Tod geben. Man muss aufräumen, diese Dinge als Sünde vor Gott bekennen und daran denken, dass Jesus Christus auch dafür sterben musste.
Dann gibt es einen Neuanfang, und es geht vorwärts.
Abraham kommt ins Land Kanaan. 1. Mose 12,4 berichtet: „Und Abraham ging hin, wie der Herr zu ihm geredet hatte, und Lot ging mit ihm. Abraham war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog. Abraham nahm Sarai, seine Frau, und Lot, des Bruders Sohn, und alle Habe, die sie erworben hatten, und die Seelen, die sie in Haran gewonnen hatten. Sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen, und sie kamen in das Land Kanaan.“
Mit der Beseitigung des Hindernisses – hier des Vaters – ging es vorwärts. Manchmal sind es wirklich Verwandte, die ein Hindernis für den Glauben darstellen.
Doch wir haben schon bemerkt, dass ein Problem noch besteht: Lot geht mit. Doch dazu später mehr.
Abrahams Leben als Nomade und die Erwartung des himmlischen Jerusalem
Zwischendurch ein Streiflicht aus dem Neuen Testament. In Hebräer 11,9 heißt es:
„Durch Glauben hielt sich Abraham im Land der Verheißung auf wie in einem Fremden. Er wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, denn er erwartete die Stadt, die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.“
Hier erfahren wir, dass Abraham das himmlische Jerusalem erwartete. Er wusste: Der wahre Gott, der Herr, hat mir eine Stadt bereitet im Himmel, das himmlische Jerusalem. Und wenn ich einmal hier auf Erden ablebe, nachdem ich in Zelten gewohnt habe, dann werde ich eingehen in diese herrliche, goldene Stadt im Himmel. Das ist der Kontrast zur irdischen Stadt des Mondgottes. Er bekam die Verheißung des himmlischen Jerusalems. Doch das war zeitlebens eine Erwartung, eine Hoffnung. Er konnte sie nicht mit Händen greifen.
Trotzdem war das in seinem Glauben so konkret und fest. Er wusste: Ich lebe jetzt in Zelten, ich bin hier ein Fremdling, aber einmal werde ich in diese Stadt eingehen.
Ich lese weiter:
„Und Abram durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zu Terebinthe-Mores. Die Kanaaniter waren damals im Land. Und der Herr erschien dem Abram und sprach: Deinem Samen, das heißt deiner Nachkommenschaft, will ich dieses Land geben.“
Er baute dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar.
Interessant ist, dass der erste geografische Ort, der in der Bibel erwähnt wird, nachdem Abraham ins Land Kanaan gekommen war, Sichem ist. Sichem ist heute Nablus. Wir sehen hier einen Ausschnitt aus dem Großraum Nablus heute. Das ist eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland.
Die UNO sagt, die Juden haben dort nichts zu suchen und sie sollen alle israelischen Siedlungen im Westjordanland räumen. Nur die Palästinenser hätten dort ein Anrecht. Die Amerikaner sind heute anderer Ansicht. Wenn ich von den Amerikanern spreche, meine ich das offizielle Amerika unter Trump. Dieses ist der Meinung, dass das internationale Recht von der Mehrheit falsch ausgelegt wird.
Sie sehen, das ist ein heißes Eisen, dieses Thema.
Aber jetzt lesen wir einfach die Bibel und sehen: Abraham kommt nach Sichem. Das ist heute das sogenannte besetzte Westjordanland, ein umstrittenes Gebiet. Die ganze Welt beschäftigt sich mit diesem Thema und erlässt immer wieder neue UNO-Resolutionen gegen Israel in diesem Zusammenhang.
Doch genau dort sagt die Bibel, erschien der Herr, der Herr wieder dem Abraham. Nicht in Ur, nicht in Haran, sondern als er am Ort des Gehorsams war. Der Herr erschien ihm und sagte: „Deiner Nachkommenschaft gebe ich dieses Land.“
Was Sie hier sehen, ist ein Ausschnitt aus Nablus. Das ist das Ausgrabungsgebiet des alten Sichem. Genau dort hat man den Ort gefunden, wo Abraham einen Altar baute, als Dank für die Zusage Gottes. Das ist grandios, mitten in den Häusern der Palästinenser.
Wenn ich dort jeweils mit Gruppen hingehe und erkläre, wo das genau war, muss man schon aufpassen, dass man das nicht zu laut sagt. Das ist wirklich ein heißer Ort. Aber dort ist es geschehen.
Vor vier Jahren, lange bevor die UNO auf die Welt kam, im zwanzigsten Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg, hat Gott gesagt: „So, deiner Nachkommenschaft, also dem Volk Israel, will ich dieses Land geben.“
Hungersnot in Kanaan und Abrahams Reise nach Ägypten
Ich möchte nicht, dass Sie einschlafen, und darum mache ich eine kurze musikalische Unterbrechung. Ich sage jetzt bewusst nicht Pause, aber wer auf die Toilette muss, kann ja leise rausgehen. Ich hoffe, dass Ihr Gehirn sich mit der Demol-Phantasie von Mozart wieder erholt.
Wir lesen jetzt in 1. Mose 12, Vers 10, also gleich danach: „Es entstand aber eine Hungersnot im Land, und Abraham zog nach Ägypten hinab, um sich dort aufzuhalten; denn die Hungersnot war schwer im Land.“
Es gibt plötzlich ein großes Problem. Abraham war gehorsam. Er ging an den Ort, wo Gott ihn haben wollte. Dafür hat er viel verzichtet. Und jetzt gibt es da Probleme.
Ein wichtiger Grundsatz ist der: Wenn jemand zum Glauben an Jesus Christus kommt, darf er nicht erwarten, dass jetzt ein Leben ohne Probleme beginnt. Es gibt die Erfahrung von manchen Leuten, dass die Probleme danach noch größer geworden sind. Das ist nicht bei allen so, aber ich sage, das kann vorkommen und ist gar nicht ungewöhnlich.
Also sind Probleme grundsätzlich im Leben noch kein Beweis dafür, dass man auf einem falschen Weg ist. Aber es gibt auch Beispiele in der Bibel, wo Menschen Probleme hatten, die sie gar nicht hätten haben müssen, wären sie nur Gott gehorsam gewesen.
Und jetzt ist hier die Frage: Warum diese große Hungersnot? Nun, Abraham stellt sich nicht die Frage: Herr, was ist der Grund? Stattdessen geht er einfach nach Ägypten hinab. Geografisch geht es also runter nach Ägypten, aber auch in seinem Leben geht es abwärts, nicht nur geografisch.
Es ist ja so: Das Problem Lott ist immer noch nicht gelöst. Abraham löst es nicht, sondern läuft den Problemen davon. Das kann man machen, aber es ist keine Lösung.
Warum aber nach Ägypten? Dort gab es ja auch Hungersnot? Nein. In Kanaan – man nennt das Gebiet Libanon, Syrien, Kanaan – nennt man die Levante. Dieses Gebiet ist grundsätzlich in großen Teilen fruchtbar, aber es ist abhängig vom Regen. Es hängt von der Regenzeit im Winter ab, von Oktober bis März. Wenn diese ausbleibt oder schlecht ist, gibt es Hungersnot.
In Ägypten gibt es fast keinen Regen, aber konstant. Es ist eines der ganz trockenen Länder der Erde. Die Ägypter brauchen den Regen nicht, sie haben den Nil. Der Nil bringt Wasser aus Schwarzafrika über eine riesige Strecke aus dem Herzen Afrikas. Dort regnet es in den tropischen Gebieten, auch dann, wenn es im Land Kanaan, in Syrien und Libanon, nicht regnet.
Darum waren die Ägypter einfach abhängig vom Nil. Das wusste Abraham, und deshalb ging er nach Ägypten hinab.
Abrahams List mit Sarai in Ägypten
Wir lesen weiter: Und es geschah, als er nahe daran war, nach Ägypten zu kommen, da sprach er zu Sarai, seiner Frau: „Siehe doch, ich weiß, dass du eine Frau schön von Ansehen bist. Und es wird geschehen, wenn die Ägypter dich sehen, so werden sie sagen: ‚Sie ist seine Frau‘, und sie werden mich erschlagen und dich leben lassen. Sage doch, du seist meine Schwester, auf dass es mir wohl gehe um deinetwillen und meine Seele am Leben bleibe deinet halben.“
Zunächst eine positive Bemerkung über Abraham: Er weiß, dass seine Frau schön ist. Zweitens sagt er es ihr auch – ebenfalls positiv – und das machen viele Männer viel zu wenig. Solche Komplimente sind ganz, ganz wichtig, immer wieder, denn Frauen haben im Allgemeinen zwar keinen Alzheimer, sind aber auf diesem Gebiet manchmal vergesslich.
Außerdem war Sarai damals fünfundsechzig Jahre alt, und Abraham wusste auch damals, dass sie schön war. Ihre Schönheit muss etwas ganz Ungewöhnliches gewesen sein. Auch die Rabbiner im Judentum sprechen viel über die Schönheit von Sarah. Das war wirklich ein Phänomen.
Abraham war sich dessen also voll bewusst. Er dachte: Wenn ich nach Ägypten gehe, werden sie mich umbringen, damit jemand meine Frau heiraten kann. Tatsächlich war Sarah seine Halbschwester. Das erfahren wir erst später im biblischen Text.
Ich muss erklären: Damals, vor etwa 4.000 Jahren, war das noch möglich. Aber 500 Jahre später, im biblischen Bericht ab dem Auszug aus Ägypten, werden alle diese nahen Verwandtschaftsbeziehungen für Ehebeziehungen vollständig ausgeschlossen. Das biblische Recht geht sogar noch etwas über das deutsche Recht hinaus. Es gibt Verwandtschaftsgrade, die im deutschen Recht erlaubt wären, die aber nach biblischem Recht nicht erlaubt sind. Das nur am Rande.
Also sagt Abraham: „Sage doch, du seist meine Schwester.“ Das ist vom Satz her die volle Wahrheit. Trotzdem ist es gelogen, denn sie sollte sagen: „Das ist mein Bruder, ich bin seine Schwester“, damit die Leute denken: „Aha, in dem Fall nicht, sie ist nicht seine Frau.“ Wenn man bewusst die Dinge so sagt, um in die Irre zu führen, ist es auch mit einem richtigen Satz eine Lüge.
Grundsätzlich sagt die Bibel aber nicht, wir müssten allen Leuten alles sagen. Das ist wirklich nicht nötig. Es gibt auch Situationen, in denen man Dinge diplomatisch nicht sagen soll. Das kann richtig sein. Aber eben die Dinge bewusst so zu sagen, um in die Irre zu führen, das ist Lügen.
Jetzt sehen wir, dass Abraham, anstatt das Problem des Ungehorsams – das Lott noch zu lösen hat – vom richtigen Weg abkommt und seine Frau anleitet zu lügen. Das ist ein echtes Problem, wenn ein Mann seine Frau zu etwas drängt, das sie vom Gewissen her gar nicht tun könnte.
Abrahams Aufenthalt in Ägypten und die Reaktion des Pharao
Nun, Vers 14 sagt: „Und es geschah, als Abraham in Ägypten ankam, da sahen die Ägypter, dass die Frau sehr schön war.“ Da haben wir es. Das war objektiv so. Die Ägypter hatten aber bessere Augen als Abraham. Er sagt: „Ich weiß, dass du schön bist“, und sie merken, dass sie sehr schön war.
Das ist ja schon traurig, wenn die besten Komplimente von anderen Leuten kommen und nicht vom eigenen Ehemann. Das geht gar nicht. Hier ist uns König Salomo ein Vorbild – nicht später, als er viele Frauen hatte, sondern die erste und einzig Richtige: Schulamit im Hohenlied. Er sagte immer wieder im Hohenlied: „Du Schönste unter den Frauen.“
Man könnte jetzt sagen: „Objektiv ist meine Frau nicht die Schönste auf der ganzen Welt.“ Aber schaut man sie genau an, gibt es nur Originale auf diesem Planeten. Jede Frau hat eine besondere Schönheit in ihrem Wesen, in ihrem Charakter, in ihrer Ausdruckskraft und auch in ihren Maßverhältnissen. Diese sind einzigartig, und dafür muss man den Blick entwickeln.
Im Hohenlied, dem hohen Lied der Liebe, spricht Salomo nicht einfach darüber, dass Schulamit die schönste von den Frauen ist. Er spricht über ihre Augen, ihre Schläfen, ihre Haare, ihre Nase, ihre Lippen, ihren Hals und vieles mehr. Er ist kein Großist, sondern ein Detailist. Ehemänner sollten Detailisten sein, die wirklich die Details sehen.
Das war jetzt so ein bisschen ein Exkurs, eine Ehekunde – aber biblische Ehekunde, nicht wahr? Und die Ägypter merkten es sehr schön. Die Fürsten des Pharao sahen sie und priesen sie dem Pharao. Die Frau wurde in das Haus des Pharao geholt. Nicht irgendein Ägypter wollte sie heiraten, sondern Pharao, die Nummer eins der damaligen Welt.
Er tat Abraham Gutes um ihretwillen. Jetzt bekam Abraham Hochzeitsgeschenke – der liebe Bruder! Er erhielt Kleinvieh, Rinder, Esel, Knechte, Mägde, Eselinnen und Kamele. Wunderbare Geschenke, großzügiger Pharao. Aber merkt man, was hier auf dem Spiel steht?
Der Schöpfergott hat Abraham aus Ur in Chaldäa gerufen, damit er Vater des auserwählten Volkes wird – Wirt und Vater des Messias, des Erlösers der Welt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie noch kein Kind. Jetzt will der Pharao Sarah heiraten, und Abraham wird nie ein Kind von Sarai haben. Aber der Messias sollte aus dieser Linie kommen.
Das war klar eine Attacke auf den Heilsplan Gottes mit dieser Welt. Johannes 3,16 stand auf dem Spiel. Nach der Bibel: Wer steckt dahinter? Der böse Geist, Satan, versucht das zu zerstören. Darum wird in der weiteren Geschichte immer wieder versucht, Israel zu vernichten. Da ist einer, der Israel hasst – dieses Volk, aus dem der Erlöser kommen sollte.
Auch nachdem der Erlöser aus Israel gekommen ist, hasst er dieses Volk weiter. Darum geht der Judenhass bis heute weiter. Da ist die Wurzel des Antisemitismus.
Wir lesen in der Bibel: „Und der Herr schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais Willen, der Frau Abrahams.“ Es kommt eine göttliche Plage über die Dynastie des Pharao, über seine Familie. Der Pharao selbst wird offensichtlich krank. Er kann Sarah nicht berühren, er konnte sie nicht ehelichen.
Da flog die ganze Sache auf. Der Pharao ließ Abraham rufen und sprach: „Was hast du mir getan?“ Die biblische Geschichte ist wie eine Strichzeichnung. Es werden nur die wesentlichen Linien gesagt, nie zu viel. Der Weise macht nicht viele Worte, sondern wenige.
Unsere deutsche Literatur ist dagegen oft überbordend, beschreibt Details, wo sie gar nicht nötig wären. Hier fällt alles ganz knapp auf: Der Pharao ruft Abraham und fragt, warum er nicht gesagt hat, dass Sarah seine Frau ist, sondern behauptete, sie sei seine Schwester.
Schlussendlich hat Abraham gelogen. Ob er das wollte oder nicht, das wird nicht im Detail gesagt, aber wir können es aus der feinen Strichzeichnung schließen. Warum hast du gesagt, sie sei deine Schwester, sodass ich sie mir zur Frau nahm? Es kam also schon zum Eheschluss, aber noch nicht zur Ehevollziehung.
Darum konnte die illegale Ehe sofort gelöst werden, weil Abraham ja schon verheiratet war. Deshalb ist es heute in unserem Recht so wichtig, vor der Eheschließung genau zu beweisen, dass man nicht bereits verheiratet ist. Wenn eine bestehende Ehe vorliegt, ist eine neue Ehe nicht möglich.
Das war auch dem Pharao damals klar. Die Ägypter verehrten bereits viele menschengestaltige Götter mit Tierköpfen. Ägypten war zutiefst im Götzendienst, in der Naturverehrung und Sonnenanbetung. Trotzdem war das moralische Niveau höher als in unserer heutigen europäischen Gesellschaft mit ihrer christlichen Vergangenheit von zweitausend Jahren.
Der Pharao wusste immer noch den Unterschied zwischen „mein“ und „dein“. Wenn das seine Frau ist, dann ist das garantiert nicht seine Frau, und er hat kein Recht an ihr. Und wir lesen: „Siehe da, da ist eine Frau, nimm sie und geh hin.“
Der Pharao entbot ihm Männer, und sie geleiteten Abraham und seine Frau und alles, was er hatte. Das hat mich auch in Indien beeindruckt, einem Land, das, wie Sie selbst sagen, Hunderte von Millionen Göttern verehrt. Im Laufe der Zeit sind es immer mehr geworden. Polytheismus hat die Tendenz zur Inflation.
Der Hinduismus begann mit etwa dreißig Göttern in den Veden vor dreieinhalbtausend Jahren, und dann kamen immer ein paar dazu. Trotzdem habe ich in Indien erfahren: Die ganz gewöhnlichen Leute dort sind schockiert, wie die Menschen in Europa leben und mit Sexualität umgehen, wie sie unverheiratet zusammenleben.
Sie sind keine Christen, haben keinen christlichen oder jüdischen Hintergrund, und trotzdem ist für sie klar: Das geht nicht. Treue zwischen einem Mann und einer Frau wird nach wie vor großgeschrieben. Natürlich kann man sagen, viele in Indien leben auch anders. Aber eine große Masse hält immer noch daran fest.
Woher sie das wissen? Sie lesen keine Bibel, kennen die Zehn Gebote nicht, wissen nicht, dass man nicht Ehe brechen soll – und trotzdem wissen sie es. Sie sind schockiert über Europa. Das war interessant, wenn man so herumreist, zu hören, wie die Leute an anderen Orten über uns denken und wie sie uns wahrnehmen.
Da musste ich eben daran denken: So war es mit Ägypten damals auch. Sie hatten viele Götter, aber sie wussten auf dem Gebiet von Ehe, Liebe und Sexualität, was richtig und was nicht richtig ist.
Dann lesen wir: „Und der Pharao entbot ihm Männer, und sie geleiteten ihn und seine Frau und alles, was er hatte.“ Diese Großzügigkeit hat ihn nicht veranlasst, Sarah als Frau zu nehmen, sondern er gab die Frau zurück. Er ließ Abraham sogar mit einer Delegation zurückkehren.
Man merkt, dieser Mann war nicht aus der Mittelschicht. Er wird später in der Bibel als ein Fürst Gottes genannt. So ging Abraham wieder zurück. 1. Mose 13,1: „Und Abraham zog herauf aus Ägypten, er und seine Frau und alles, was er hatte, und Lot mit ihm, nach dem Süden.“
Jetzt geht es nicht nur geografisch, sondern auch geistlich im Leben Abrahams wieder aufwärts. Er geht nach dem Süden, dort steht im hebräischen Text „Negev“. Das ist nicht einfach das normale Wort für Süden.
Man kann nicht sagen „Negev Amerika“, um Südamerika zu sagen, sondern man muss „Drom Amerika“ sagen. So sagt man heute Südamerika: „Drom“. Aber „Negev“ ist nur die Südgegend des Landes Israel mit der Negev-Wüste.
Dorthin ging Abraham, in die Negev-Wüste, bei der Shewa. Dann ging er weiter hinauf. Wir lesen: „Und Abraham war sehr reich an Vieh und an Silber und an Gold, und er ging auf seinen Zügen vom Negev bis Bethel, bis zu dem Ort, wo am Anfang sein Zelt gewesen war, zwischen Bethel und Ai, zu der Stätte des Altars, den er zuvor selbst gemacht hatte. Und Abraham rief dort den Namen des Herrn an.“
Interessant ist: Wenn Sie die vorigen Verse in Ihrer Bibel nachlesen, sehen Sie, der Ausgangspunkt war Bethel-Ai. Von dort ging Abraham hinunter nach Ägypten – auf dem falschen Weg. Jetzt geht er den ganzen Weg wieder zurück bis nach Bethel-Ai.
Das ist wichtig: Im Leben eines Menschen bedeutet Umkehr nicht einfach ein paar Krokodilstränen über eine falsche Tat und dann ist die Sache erledigt. Man muss sich überlegen, wo das Ganze begonnen hat, wo die Ursprünge waren. Man muss den ganzen Weg zurückgehen.
Das sehen wir hier so eindrücklich. Dann heißt es wieder, dass Abraham den Namen des Herrn anruft. Davon liest man nicht in Ägypten. Natürlich ist es eine Strichzeichnung, aber die Bibel erwähnt genau die Dinge, die besonders wichtig sind.
Darum ist es wichtig: Hier ist wieder eine Gemeinschaft mit Gott da, dort in Ägypten war das eben ein Problem. Ja, Sie wollen nach Hause in einer halben Stunde – und darum mache ich das ein bisschen kürzer.
Trennung von Lot und die Rettung Lots
In einer Übersicht zeige ich Ihnen in Kapitel 13, in den weiteren Versen, wie Abraham sich schließlich von Lot trennt. Jetzt sieht er die Konsequenzen. Diese Trennung ist gottgewollt. Es gibt falsche Trennungen, aber auch richtige Trennungen, die sein müssen. Die Trennung von Lot war notwendig.
In 1. Mose 14 wird beschrieben, wie Abraham später Lot aus einer gefährlichen Situation rettet. In Kapitel 15 bestätigt Gott nochmals seinen Bund, indem er verheißt, dass Israel das Land Kanaan einmal bekommen wird.
Dann folgt Kapitel 16: Abraham heiratet Hagar. Das ist sehr traurig. Bis dahin hatte Abraham immer noch kein Kind. Was ist denn mit der Nation? Ich meine mit der großen Nation, mit dem auserwählten Volk – nicht einmal ein Kind. Das war eine Glaubensprüfung. Sarah konnte nichts gebären, und jetzt, ja, Abraham hatte immer noch kein Kind.
Plötzlich, ich sage das jetzt ein bisschen mit meinen eigenen Worten, sagt Sarai zu Abraham: „Abraham, ja, Sarah, was ist?“ – „Wir haben eben noch kein Baby, ja, schwierig.“
„Weißt du, vielleicht ist das, was Gott gesagt hat, ein bisschen anders gemeint.“
„Oh, wie meinst du das?“
„Ja, man muss das vielleicht nicht so ganz wörtlich nehmen, weißt du, ein Kind von mir.“
„Ja, von wem sonst? Schau mal, wir haben eine Magd, die Hagar.“
Damals, das wissen wir auch aus den Keilschrifttafeln aus Mesopotamien, gab es unter den Völkern im Nahen Osten ein Gesetz: Wenn eine reiche Frau kein Kind bekam, konnte der Herr ihre Magd heiraten, und das Kind der Magd wurde dann der freien Herrin zugerechnet. Aber das ist vollkommen gegen die Bibel. Trotzdem ließen sie sich von den gesellschaftlichen Gepflogenheiten beeinflussen.
Wir können uns auch fragen, wie sehr wir heute von den momentanen gesellschaftlichen Trends in unserem Handeln und Tun beeinflusst werden. Es geht eben nicht ganz wörtlich biologisch, sondern doch um einen Nachkommen von Abraham und Sarah – aber eben auf eine andere Weise.
Inzwischen stellt sich die Frage: Woher hatte dieser Mann aus dem heutigen Irak eine ägyptische Magd? Er hatte einmal eine Ägyptenreise gemacht, aber die war falsch. Sie führte dazu, dass er gelogen hat und Schande über sein Zeugnis brachte. Statt dass die Ägypter hätten sagen können: „Dieser Mann verehrt den einen wahren Gott und ist ein vorbildlicher Mann“, musste der Pharao ihm sagen: „Warum hast du das getan? Warum hast du mir nicht gesagt, dass es eine Frau ist?“ Das war eine Schande – ein Missionar in Ägypten, der so versagt hat.
Eines ergab das andere, und so bekam Abraham Heiratsgeschenke: Mägde, Knechte und so weiter. Darunter war eine ägyptische Magd, die Abraham als Zweitfrau heiratete. Das war immer falsch in der Bibel. Es gibt keine Stelle, die Polygamie als gut rechtfertigt.
In der Schöpfungsordnung ganz am Anfang der Bibel hat Gott einen Adam und eine Eva geschaffen, nicht zwei Evas. Ein Mann wird seinen Vater und seine Mutter verlassen, seiner Frau – nicht seinen Frauen – anhangen, und sie werden ein Fleisch sein, die zwei.
Das erste Mal, wo Polygamie vorkommt, findet man das in der Linie von Kain, dem Brudermörder. Seine ganze Nachkommenschaft wandte sich von Gott ab. Lamech, in der siebten Generation, nahm sich zwei Frauen. Der Name der einen war Adda, der anderen Zilla. Später kam die Sintflut.
Das zweite Beispiel ist Abraham hier. Wenn Sie weiterlesen, merken Sie, dass Gott in den folgenden vierzehn Jahren nie mehr mit Abraham spricht. Es entsteht eine totale Funkstille: 13 Jahre ab der Geburt von Ismael spricht Gott nicht mehr.
Aus dieser Verbindung entstand Ismael, und aus der Linie Ismaels entstanden viele arabische Stämme im heutigen Saudi-Arabien. Muhammad bezeichnet sich im Koran selbst als Ismaeliter. Aus dieser Linie entstand der Islam, und im Koran wird Judenhass begründet.
Das ist das Problem, das wir heute mit dem ganzen islamischen Terrorismus haben, der letztlich auf die Vernichtung Israels fokussiert ist. Und das alles, weil Abraham diesen falschen Weg gegangen ist.
Haben Sie gesehen? Eine falsche Tat ergab die nächste, und die Kette geht bis heute weiter. Es ist unglaublich, wie aktuell die Bibel ist.
Gottes Bund mit Abraham und die Geburt Isaaks
In Kapitel 17 bestätigt Gott den Bund nochmals. Er macht dabei ganz klar, dass mit der Nachkommenschaft, die das Land bekommen soll, die Linie von Isaak gemeint ist und nicht die von Ismael. Das bedeutet, dass nicht die islamische Linie das Land Israel besitzen soll, sondern die israelische.
Ganz wichtig ist dabei: Gott sagt, dass er Ismael ebenfalls segnen wird. Gott liebt die Araber und hat spezielle Segensverheißungen für sie. Dennoch gilt die Landverheißung Isaak. Das ist von großer Bedeutung.
In Kapitel 18 besucht Gott Abraham in Hebron. Kapitel 19 beschreibt das Gericht über Sodom. Kapitel 20 handelt von Abraham bei den Philistern. Nach fünfundzwanzig Jahren Warten im Land wird Isaak geboren. Nun ist er da, der die Linie weiterführen soll.
Zu diesem Zeitpunkt ist Abraham hundert Jahre alt und seine Frau neunzig. Biologisch gesehen ist bei Männern Zeugnisfähigkeit bis zu einem erstaunlichen Alter möglich. Zum Beispiel hat Charlie Chaplin noch mit achtzig einen Sohn bekommen. Aber irgendwann ist es endgültig vorbei. Die Bibel sagt klar, dass Abraham biologisch für Nachkommenschaft bereits gestorben war. Bei Frauen ist das viel früher der Fall.
Warum hat Gott so lange gewartet? Erstens wollte er testen, ob Abraham Gottes Wort glaubt oder nicht. Zweitens sollte Israel ein unmögliches Volk werden. Das heißt, aus naturwissenschaftlicher Sicht ist die Existenz Israels unmöglich. Nach den Naturgesetzen dürfte es Israel gar nicht geben. Und trotzdem gibt es Israel.
Das liegt daran, dass Gott einem hundertjährigen Abraham und einer neunzigjährigen Frau Isaak gegeben hat.
Die Opferung Isaaks und ihre Bedeutung
Und dann kommen wir zu Kapitel 22: Die Opferung Isaaks. Das wird der schwerste Tag im Leben Abrahams. Isaak wächst heran, und dann sagt Gott: Gib ihn mir wieder zurück. Geh ins Land Moria und opfere ihn dort auf einem der Berge, den ich dir sagen werde.
Nun muss Abraham ins Land Moria gehen. Hier sehen Sie den Ort, wo die Stadt Salem war – das ist das alte Jerusalem, gebaut auf dem Südabhang des Berges Moria. Dieser Berg wird später in der Bibel als der Tempelberg bezeichnet, auch Zion genannt. Es ist dasselbe in der Bibel.
Gott sagt: Geh in das Land Moria, weil dieser Berg Moria bekannt war. Auf dem Abhang lag die Königsstadt Salem, wo König Melchisedek regierte.
1. Mose 22,1: Und Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, den Isaak, und ziehe hin in das Land Moria und opfere ihn als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde.
Gott ist der Geber des Lebens. Er kann entscheiden, wann er das Leben zurückziehen will und wann nicht. Wir können das nicht. Wir können nicht bestimmen, wann wir sterben. Viele Menschen, auch in der Schweiz, meinen das, zum Beispiel mit Exit, aber das geht nicht. Das Leben gehört Gott, und es ist uns anvertraut. Wir haben es nur als Leihgabe; wir können nicht darüber verfügen.
Aber wenn Gott sagt: Gib ihn zurück, erkennt Abraham das an. Er fragt jedoch: Wie soll die Verheißung in Erfüllung gehen? Die Bibel sagt, er glaubte, dass Gott ihn auferwecken würde. Doch es sollte anders kommen.
Er geht in das Land Moria. Der Auftrag ist klar: Opfere ihn als Brandopfer auf einem der Berge, den Gott ihm sagen wird. In der Tradition wird gesagt, das war auf dem Berg Moria – die Opferung Isaaks auf dem Berg Moria. Das ist jedoch falsch!
Man muss die Bibel sehr sorgfältig, langsam und genau lesen. Gott sagt: Ziehe hin in das Land Moria. Moria ist ein Berg, aber auch ein Gebiet, in dem dieser Berg liegt. Im Hebräischen steht sogar ungewöhnlich „Erez Ha Moria“, das Land des Moria. Und opfere ihn als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde.
Dort gab es noch viele andere Hügel, die namenlos waren. Abraham musste zuerst zu diesem Berg gehen, der durch die Stadt Salem bekannt war. Vor Ort würde Gott dann sagen: Auf diesem Berg.
Abraham ist bereit, seinen Sohn zu geben. Doch im letzten Moment wird er von Gott daran gehindert. Gott sagt, dass er einen Widder, ein Tieropfer, anstelle von Isaak darbringen kann.
Die Bibel berichtet, dass Abraham diesem Ort, diesem namenlosen Hügel, einen Namen gab: Adonai-Jireh. Das bedeutet: Der Herr wird ausersehen – Zukunftsform.
Als Isaak und Abraham miteinander zum Opferungsort gingen, stellte Isaak die Frage: „Mein Vater?“ Abraham antwortete: „Hier bin ich, mein Sohn.“ Interessant ist, dass der Sohn den Vater mit „Vater“ anspricht, und der Vater sagt: „Hier bin ich.“ Das ist eine Kontaktaufnahme.
Es gibt viele Gesprächskulturen, die so verlaufen: „Ja, ja, was hast du gesagt?“ Wenn man miteinander spricht, ist es wichtig, wirklich zusammen zu sprechen. Da sagt Abraham: „Hineni“ – hier bin ich, mein Sohn.
Isaak sieht das Feuer, das Messer und fragt: „Wo ist das Schaf zum Brandopfer?“ Das bringt beiden Bedrängnis. Abraham spricht ein prophetisches Wort: Gott wird sich das Schaf zum Brandopfer ausersehen, mein Sohn. Er sagt wieder „mein Sohn“. Diese Beziehung – „mein Vater, mein Sohn“ – ist sehr schön. Und Abraham sagt, Gott wird ausersehen.
Das hat sich wirklich so erfüllt. Schließlich blickt Abraham zurück, sieht den Widder und darf ihn anstelle von Isaak opfern. Doch das ist jetzt Vergangenheit.
Nun gibt Abraham diesem Ort, so sagt die Bibel in 1. Mose 22,14, den Namen Adonai-Jireh – der Herr wird ausersehen, was? Das Opfer, das wirkliche Opfer. Das ist ein Hinweis auf den Messias.
Isaak sollte niemals sterben, denn er war selbst ein schuldiger Mensch. Schuldige Menschen können nicht stellvertretend für andere schuldige Menschen sterben. Die Bibel macht jedoch klar: Der Messias, der Sohn Gottes, wird vollkommen sein. Als Vollkommener kann er für uns schuldige Menschen sterben.
So war klar: Auf diesem Hügel, auf Adonai-Jireh, wird einmal der Messias sterben.
Mose schreibt dann hinzu, 1. Mose 22,14: Daher wird an diesem heutigen Tag gesagt: Auf dem Berg des Ewigen wird er gesehen werden. Das war eine Prophetie: Wenn der Erlöser kommen wird, dann wird er sterben auf einem Hügel beim Tempelberg, dem späteren Tempelberg in Jerusalem.
Sehen Sie, der Berg Moria ist der heutige Tempelberg mit den Moscheen. Ein paar hundert Meter daneben liegt ein Nachbarhügel, Adonai-Jireh – das ist der Hügel Golgatha, wo Jesus Christus gestorben ist, damals vor den Stadtmauern Jerusalems.
In den dreißiger Jahren des ersten Jahrhunderts gab es dort draußen vor dem Gennator von Jerusalem einen ausgedienten Steinbruch. Auf einem Felsen etwa zwölf Meter hoch, der nicht mehr verwendet wurde, um Häuser zu bauen, weil dieser Kalkstein zu weich war.
So begannen die Römer, an dieser beliebten Straße zu kreuzigen – als Abschreckungsmethode.
Hebräer 13,12 sagt: Darum hat auch Jesus, damit er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.
Dort draußen vor dem Tor hat Jesus Christus als das wahre Opfer gelitten. Er hat sich gegeben als Opfer im Blick auf die ganze Welt, wie Johannes der Täufer sagte: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“
Aber das geschieht nicht automatisch. Gott hat die Welt geliebt und seinen einzigen Sohn gegeben, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
Der Einzelne muss an den Sohn Gottes glauben und anerkennen, dass er als Stellvertreter für unsere Schuld gestorben ist.
An diesem einen Tag hat er die Schuld durch sein Opfer abgeschafft. Doch das wird nur dem zugerechnet, der sich mit diesem Opfer identifiziert und seine persönliche Schuld im Gebet zu Gott bekennt – das, was uns bewusst ist.
Vieles haben wir vergessen. Man darf Gott auch bitten, wie König David es getan hat: Von verborgenen Sünden sprich mich los. Und das tut Gott.
So sehen wir diese dramatische Geschichte aus dem Leben Abrahams mit Auswirkungen auf die Weltpolitik und das Weltgeschehen von heute – sehr schmerzlich, nicht wahr? Die ganzen Folgen mit Ismael.
Auf der anderen Seite steht das Volk, das Gott erwählt hat – nicht, um die anderen Völker abzulehnen, sondern genau um die anderen Völker zu erreichen, jeden einzelnen.
Gott geht es nicht um die Völker als solche, sondern um den einzelnen Menschen, um ihn zu sich hinzuziehen.
So gibt diese Geschichte die Antwort auf die Frage: Wie soll Abraham ein Segen werden für alle? Für alle Stämme der Welt, alle Völker, alle Nationen – eben dadurch, dass aus dem Volk Israel der Erlöser kommen sollte.
Der Erlöser ist nicht nur für Israel, sondern für Israel und alle Völker, alle Stämme.
Ich bedanke mich für Ihr langes Ausharren.