Das, was ich euch heute Morgen weitergeben möchte, könnte man am besten mit folgendem Satz zusammenfassen: Geistliche Unausgewogenheit führt zu geistlichen Krisen.
Man könnte natürlich auch umgekehrt sagen: Wenn wir von einer geistlichen Krise betroffen sind, steckt möglicherweise eine Unausgewogenheit dahinter. Manche Beispiele würden uns wahrscheinlich sofort einfallen. Das ist klar und kennen wir auch aus unserem Leben. Wahrscheinlich gibt es in den meisten unserer Gemeinden solche Unausgewogenheiten.
Einige Gemeinden tendieren beispielsweise mehr zu einer Gesetzlichkeit ihres Glaubens. Das bedeutet, alles muss bis ins Detail geregelt sein: wo das Kreuz im Gottesdienstraum hängt, wie lang der Rocksaum sein darf, was man zum Mittagessen essen darf und was nicht. Das gibt es auf der einen Seite. Das führt manchmal zu einer geistlichen Krise. Zunächst einmal zu einer Krise, bei der ich merke: Ich schaffe das ja alles gar nicht, ich kann dem gar nicht entsprechen. Ich fühle mich weit von Gott entfernt, auch nicht von Gott verstanden. Ich denke immer nur, er fordert immer mehr von mir, und ich kann das gar nicht leisten.
Auf der anderen Seite gibt es Gemeinden, die ebenfalls unausgewogen sind, aber eher in die entgegengesetzte Richtung tendieren. Dort heißt es: Soll doch jeder machen, was er will. Das kommt doch alles gar nicht so sehr darauf an, die Hauptsache ist, du fühlst dich wohl. Das führt dazu, dass du irgendwann kaum noch von der Welt um dich herum zu unterscheiden bist, sozusagen wie ein Chamäleon. Man sucht dich als Christ, stellt aber gar nicht fest, dass du gar nicht da bist – oder zumindest sieht man dich nicht.
Du selbst merkst das auch. Irgendwie spürst du: Das ist doch nicht das, was Jesus versprochen hat. Er hat versprochen, dass ich glücklich sein werde, dass ich erleben werde, wie er zu mir spricht und wie mein Leben sich verändert. Doch du merkst das nicht, weil du genauso bist wie alle anderen um dich herum.
Das wäre ein Beispiel für geistliche Unausgewogenheit. Ich möchte jetzt nicht alle Beispiele aufzählen, die es gibt oder die ihr vielleicht in eurem Leben schon erfahren habt. Stattdessen möchte ich unter drei Stichpunkten einen biblischen Text mit euch betrachten, der, glaube ich, genau dieses Thema behandelt.
Meine Stichworte dabei sind: Jesus, Anfechtung und Glauben. Bevor ihr das Rätsel entschlüsselt, was es mit diesen Stichworten auf sich hat, möchte ich euch den entsprechenden Bibeltext dazu vorlesen.
Das ist ein altbekannter Bibeltext, den wahrscheinlich einige von euch schon in der Kinderstunde gehört haben oder mit Begeisterung selbst durchgelesen haben. Ich möchte, dass ihr gerne dazu aufschlagt: Matthäus Kapitel 8, die Verse 23 bis 27. Es sind nur relativ wenige Verse und eine ziemlich simple Geschichte – zumindest erscheint sie uns dann simpel, wenn wir sie kennen.
Das Kapitel 8 beginnt damit, dass Jesus einige Aussätzige heilt. Danach folgt seine Begegnung mit dem Hauptmann von Kapernaum, bei der Jesus die Heilung des Knechts dieses Hauptmanns vollbringt. Anschließend heilt er die Schwiegermutter des Petrus. Danach wird summarisch erwähnt, dass viele Besessene und andere Kranke zu ihm kamen, die er ebenfalls heilte und von ihren Besessenheiten befreite.
Dann spricht er zu den Leuten, die mit ihm gezogen sind, über die Nachfolge. Einige sind begeistert von Jesus und wollen gerne seine Jünger sein. Doch Jesus stellt Anforderungen und sagt: Wenn ihr mir nachfolgen wollt, müsst ihr dieses oder jenes erfüllen. Unter anderem sagt er: „Die Füchse haben Gruben, die Vögel des Himmels haben Nester, aber der Sohn des Menschen hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ Damit meint er, dass diejenigen, die mit ihm kommen, darauf gefasst sein müssen, auf vieles zu verzichten – nicht nur auf Luxus, sondern auf das Lebensnotwendige.
Danach kommt noch jemand zu ihm und sagt, er wolle seinen Vater begraben. Jesus antwortet: „Die Toten sollen die Toten begraben.“ Auch hier ist seine Haltung sehr radikal.
Nachdem die Jünger all das erlebt haben, hatten sie also einen richtig vollen Tag mit vielen Heilungen. Das geht, glaube ich, noch über das hinaus, was manche Ärzte heute im Krankenhaus leisten müssen. Jesus hat all das getan und dann noch gepredigt. Er ist vollkommen erschöpft.
Sie verabschieden sich von den Menschen, zu denen Jesus gepredigt hat, und dann kommt der Text, den ich mit euch lesen will. Ab Vers 23:
„Und er, Jesus, trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm nach. Und siehe, es erhob sich ein großer Sturm auf dem See, so dass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief. Denn seine Jünger traten zu ihm, weckten ihn auf und sprachen: Herr, rette uns, wir kommen um! Da sprach er zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, befahl den Winden und dem See, und es entstand eine große Stille. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Wer ist dieser, dass ihm selbst Wind und See gehorsam sind?“
Das ist der Text, um den es mir heute Morgen geht. Die Geschichte ist, wie gesagt, nicht schwer zu verstehen. Es wird nicht genau gesagt, um welchen See es sich handelt, aber wir wissen aus den Parallelberichten, dass es der See Genezareth ist.
Jesus ist in dieser Phase seiner Wirksamkeit noch im Norden Israels, in Galiläa. Er zieht von einem Ort zum nächsten, predigt in den Synagogen, heilt die Kranken und predigt zwischendurch auch auf freiem Feld – wie bei der Bergpredigt oder der sogenannten Feldpredigt bei Markus.
Die Jünger sind mit dabei, und Jesus will sich ausruhen. Wir merken, dass er sich im Schiff hinlegt. Plötzlich kommt ein Sturm auf. Das könnt ihr in vielen Kommentaren nachlesen: Auf dem See Genezareth gibt es tatsächlich Stürme, die ziemlich plötzlich losbrechen können. Da hilft kaum eine Wettervorhersage. Das hängt besonders mit der Geographie vor Ort zusammen.
Der See Genezareth liegt etwa 200 Meter unter dem Meeresspiegel, während das benachbarte Gebirge mit dem Berg Hermon rund 2.800 Meter hoch ist. Innerhalb weniger Kilometer gibt es also ein Gefälle von etwa 3.000 Metern. Wer in den Alpen lebt, kennt solche Verhältnisse – auch wenn es dort nicht immer so extrem hoch ist.
Dadurch entstehen starke Winde, sogenannte Löfönwinde, die plötzlich und heftig auftreten können. Das führt dazu, dass auf dem See Genezareth manchmal sehr starke Stürme entstehen. Es kommt tatsächlich vor, dass Menschen auf diesem kleinen See ertrinken.
Das ist also keine ungefährliche Situation, die Jesus und seine Jünger erleben. Vielleicht könnt ihr euch ein bisschen hineinversetzen, falls ihr mal in einem Boot wart und Seegang hattet.
Ich denke da an eine Erfahrung, als ich Jugendlicher war. Mit meinen Eltern hatten wir eine Radtour an der Nordseeküste gemacht. Wir fuhren auch mal mit einem Schiff von Sylt nach Helgoland. An dem Tag war es etwas windig. Früher konnten die Schiffe nicht direkt zur Insel fahren, sondern mussten vor der Insel ankern.
Dann mussten wir in ein kleineres Boot umsteigen – aus meiner Sicht klein, aber immerhin für etwa vierzig Personen. Wir mussten eine halbe Stunde warten, weil der Seegang hoch war. Dann mussten wir uns langsam hineinhangeln. Mir wurde richtig übel, und ich hatte Angst, das Boot könnte kentern.
Wenn ihr so etwas erlebt habt, wisst ihr, wie belastend das sein kann. Besonders, weil man keine Macht hat, etwas zu verändern. Man kann sich nur festklammern. Wenn das Boot umschlägt oder man ins Wasser fällt, ist das gefährlich.
Vielleicht sagen einige von euch, sie seien Supersportler und könnten problemlos schwimmen. Das mag sein, aber auch ich kann schwimmen – trotzdem hatte ich Angst.
Solche Gedanken kommen mir, wenn ich diesen Text lese.
Die Geschichte endet hier allerdings anders: Nicht mit Schiffbruch, sondern damit, dass Jesus die Wellen beruhigt.
Und hier komme ich schon zu meinem ersten Punkt. Hintergrund ist, dass geistliche Unausgewogenheit zu geistlichen Krisen führt. Ich glaube, eine solche Unausgewogenheit kann besonders in Bezug auf die Person Jesu entstehen.
Diese Geschichte zeigt uns auf ganz besondere Weise eine dogmatische Aussage, die jeder von uns kennt. Wahrscheinlich kennen wir sie aus dem Glaubensbekenntnis oder aus unserem Leben: Jesus ist ganz Mensch und ganz Gott. In dieser Geschichte finden wir diese Aussage ohne viele dogmatische Reden ganz eng zusammengefasst.
Zuerst wird uns Jesus hier als ganz normaler Mensch vorgestellt. Was haben wir? Einen vollen Arbeitstag, er ist total müde und sogar so erschöpft, dass er in diesem Boot schläft, obwohl ringsherum die Hölle losbricht – der Sturm tobt. Jesus schwankt mit dem Boot. Er ist ganz Mensch, und ein Mensch braucht Schlaf. Von Gott lesen wir, dass er nicht schläft und nicht schlummert.
Vielleicht erinnert ihr euch an die Geschichte mit Elija, wo er spotten über die Götter Astarte und Baal sagt: „Vielleicht schläft euer Gott gerade, er hat den Mittagsschlaf, weckt ihn mal auf.“ Unser Gott, an den wir glauben, ist nicht so. Gott schläft nicht. Hier sehen wir, dass Jesus schlafen muss. Er ist körperlich erschöpft, er ist ganz Mensch. Er ist als Gott Mensch geworden – daran erinnern wir uns gerade zu Weihnachten oder wie wir es auch nennen können, zum Christfest.
Das ist die eine Aussage, die hier steckt. Wenn er aber nur ganz normaler Mensch gewesen wäre, dann wäre er spätestens beim Aufschrecken aus dem Schlaf, als die Jünger ihn rütteln, vor Angst aufgeschrien und hätte gesagt: „Oh, wie schlimm der Sturm! Komm, ich schöpfe das Wasser mit heraus!“ Das wäre dann ganz normalmenschlich gewesen.
Die Reaktion Jesu darauf sehen wir allerdings – sie ist nicht menschlich, sondern göttlich. Ganz souverän steht er im schwankenden Boot auf und sagt: „Wind, was fällt dir ein? Schweige! Ruhe! Schluss damit!“ Die genauen Worte lesen wir hier nicht, aber es scheint, als ob er gar nicht viel diskutieren muss. Er muss nicht lange warten oder irgendwelche Zauber, wie einen Regenzauber vom Medizinmann, durchführen. Ein kurzer Befehl genügt, und es ist vorbei.
Wir lesen später noch einmal, ich glaube in Kapitel 14, wo eine weitere Sturmstillung beschrieben wird. Dort sind die Jünger allein auf dem See, und Jesus kommt über das Wasser zu ihnen. Sie wissen erst gar nicht, wer das ist. Auch dort bringt er den Sturm zum Schweigen.
Wir merken: Das ist Gott. Deshalb fragen die Menschen hinterher auch: „Wer ist das, dass selbst der See ihm gehorsam ist?“ So etwas haben sie nie erlebt. Das ist ja auch unmenschlich.
Hier wird ganz eng zusammengefasst: Jesus ist ganz Mensch, deshalb kann er auch empfinden wie wir. Er kann sich in Notsituationen hineinversetzen, in denen wir sind. Er ist nicht ein Gott wie irgendeiner der griechischen Götter, der über allem schwebt und die Menschen nicht versteht.
Im Hebräerbrief lesen wir sogar, dass er Mensch war, wie jeder von uns, nur ohne Sünde. Er wurde selbst versucht, aber ohne zu sündigen. Das ist das Besondere an ihm. Jesus ist ganz Mensch und ganz Gott.
Jetzt habe ich von Unausgewogenheit gesprochen. Ich glaube, es gibt heute Christen, die in Jesus nur eines sehen. Diese Unausgewogenheit führt automatisch zu geistlichen Krisen.
Es kann sein, dass du selbst oder Menschen, die du kennst, Jesus nur als Menschen sehen. Es gibt zahlreiche Bücher, zum Beispiel „Jesus der Mann“ oder „Jesus der Jude“, in denen spekuliert wird, dass Jesus ein ganz normaler Mensch war.
In dem Seminar, das ich euch über Dan Brown gehalten habe, vertritt er ebenfalls die Auffassung, Jesus sei ein ganz normaler Mensch gewesen, habe geheiratet, Kinder gehabt und irgendwann sei er gestorben, und das war es dann.
Viele Menschen vertreten heute diese Auffassung. Wenn wir allerdings mit solch einem Jesus zu tun haben, kommen wir früher oder später in eine Krise. Denn dann merken wir: Dieser Jesus ist nicht mehr als Napoleon oder Karl der Große – wenn überhaupt. Vielleicht ist er ein Weisheitslehrer, aber was bringt uns das? Was verändert sich in meinem Leben? Gar nichts.
Wie kann er eingreifen? Er kann ja letztlich nur das, was ich auch kann. Wenn meine Grenzen erreicht sind, kann er mir auch nicht mehr weiterhelfen.
Manche Christen bleiben dabei stehen, Jesus nur als Menschen zu sehen, vielleicht als Kumpel oder Bruder, mit dem sie sprechen können, wie mit einem Freund am Bier am Stammtisch. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, Jesus so nahe zu sehen.
Aber wenn ich Jesus zu sehr auf meine Ebene ziehe, kann es sein, dass ich seinen anderen Bereich, nämlich seine Gottheit, vollkommen vergesse. Dann muss ich früher oder später in eine Krise kommen, weil Jesus mir nicht mehr beistehen kann. Er hat keine größere Autorität in meinem Leben als ich selbst.
Gerade fiel mir das auf, als ich eine Rezension über die Volksbibel schrieb, diese neue Bibelausgabe. Dort wird genau das betont: Jesus ist ein Kumpel von nebenan, mit dem du zusammen in die Disco gehen kannst. So redet er auch, richtig cool. Zum Beispiel beim Einzug in Jerusalem fährt er mit dem Mofa ein – so steht es in der Bibel. Solche Sachen.
Das ist ein ganz normaler Mensch, wie ein Jugendlicher heute auch. Das ist nett und schön, denn dadurch wird jede Hemmung gegenüber Jesus abgebaut. Das hat etwas für sich.
Aber das Problem dabei ist: Wenn Jesus ganz auf unsere Ebene gezogen wird, wofür brauchen wir ihn dann überhaupt noch? Dann kann ich mich genauso gut mit einem anderen Freund zusammensetzen und ihm meine Sorgen klagen.
Das führt automatisch zu geistlichen Krisen und Verzweiflung. Dann bin ich in der Notlage, total verzweifelt, weil ich nicht mehr weiter weiß.
Umgekehrt gibt es auch diejenigen, die in Jesus plötzlich nur noch Gott sehen. Davon habe ich gestern schon gesprochen. Die Gnostiker waren solche Gruppen. Jesus schwebt irgendwo über den Wassern, so wie bei der Schöpfung. Jesus schwebt über unseren Köpfen und hat mit unserem Alltagsleben eigentlich nichts mehr zu tun.
Bei Jesus geht es nur noch um geistliche Dinge. Wenn du zum Beispiel Probleme im Alltag hast, weil dein Chef dir einen Auftrag gegeben hat, ein neues Computerprogramm zu schreiben, und das funktioniert einfach nicht, dann hat Jesus damit nichts zu tun.
Jesus schwebt so oben drüber. Er hat nur mit Himmel, Jenseits und ewigem Leben zu tun, nicht mit dem Alltag. Das führt manchmal dazu, dass Jesus nur noch in der stillen Zeit und im Gottesdienst eine Rolle spielt. Im Alltag muss ich selbst fertig werden.
Wenn ich Jesus nur als Gott sehe, kann es auch sein, dass ich denke: Er versteht mich ja gar nicht. Das ist ja auch klar. Gott ist allmächtig, aber er schläft nicht und wird nicht müde.
Wenn du müde bist, kannst du sagen: Gott versteht mich nicht, er weiß ja gar nicht, wie das ist. Hier merken wir eine Unausgewogenheit in unserem Gottesbild.
Eine Unausgewogenheit darin, wie wir Jesus verstehen und sehen, kann zu geistlichen Krisen führen. Das ist mein erster Punkt.
Der zweite Punkt wäre die Anfechtung. Ich würde das, was den Jüngern hier geschieht, unter Anfechtung verbuchen. Denn Jesus spricht zunächst darüber, wie großartig der Glaube ist. Die Jünger erleben, wie Jesus Wunder vollbringt, die kein Mensch zuvor getan hat. Eigentlich müssten sie schwer beeindruckt sein.
Er heilt Besessene, die Schwiegermutter des Petrus, die schwer vom Fieber niedergelegt ist – ein Wort, und sie ist wieder gesund. Auch den Diener des Hauptmanns von Kapernaum heilt er. Die Aussätzigen werden ebenfalls geheilt. All das haben sie unmittelbar zuvor erlebt.
Dann sitzen sie in dem Boot, und plötzlich kommt der große Sturm. Nun sind sie selbst an der Reihe; ihr Glaube wird geprüft. Man könnte meinen, aufgrund der großen Erfahrungen, die sie gemacht haben, sei das für sie kein Problem. Doch wir merken, dass es für sie doch ein Problem ist.
Was die Anfechtung betrifft, gibt es auch manche Unausgewogenheiten, die Christen haben können. Eine solche besteht darin, zu glauben, wenn man einmal stark im Glauben steht, gebe es eigentlich keine Anfechtung mehr. Wozu braucht man die noch? Als fester Christ habe man irgendwann eine Stufe erreicht, auf der der Glaube so feststeht, dass ihn nichts mehr erschüttern kann.
Diese Auffassung hatte ich selbst, als ich junger Christ war. Von Jahr zu Jahr wartete ich darauf, endlich diese hohe Ebene des Christseins erreicht zu haben, in der alle Anfechtungen, Zweifel und Gedanken von mir abfallen und ich nur noch als Glaubensheld dastehe.
Ich muss sagen, ich bin immer noch am Klettern. Vielleicht erreiche ich dieses Plateau irgendwann einmal. Doch wenn ich mir die Personen der Bibel anschaue – durchweg alle Glaubenshelden, einschließlich Jesus – dann haben sie dieses Plateau scheinbar nie erreicht, zumindest nicht im irdischen Leben.
Denn selbst Jesus erlebte Versuchungen. Denken wir an die Stelle, an der der Teufel zu ihm kam und sagte: „Mach diese Steine zu Brot!“ oder „Stürze dich von der Zinne herab!“ und „Ich will dir das alles geben.“ Ja, da sehen wir, dass Jesus versucht wurde. Am Ende weicht der Teufel von ihm für eine Zeit ab.
Auch später im Leben, obwohl nicht überall in der Bibel erwähnt, wurde Jesus immer wieder vom Teufel versucht. Wenn Jesus versucht wurde und solche Glaubenshelden wie Abraham, David, Elia, Paulus oder Petrus mit Versuchungen zu kämpfen hatten, dann sollten wir die Wahrheit akzeptieren: Auch wir werden mit Versuchungen zu kämpfen haben.
Ich habe einmal die Aussage gelesen – vielleicht habt ihr sie auch schon gehört: Wenn ihr keine Anfechtung mehr habt, dann ist das eher ein bedenkliches Zeichen. Es könnte bedeuten, dass euer Glaube schon tot ist. Denn was tot ist, braucht nicht mehr angefochten zu werden. Und daran hat der Teufel auch kein Interesse mehr.
Wir müssen das aber nicht nur theoretisch sehen und sagen: „Aha, wir müssen mit Anfechtung rechnen.“ Sondern wenn es dir gerade schlecht geht, wenn du merkst, dein Arbeitsplatz ist gefährdet, du hast Spannungen in der Ehe, in der Gemeinde gibt es Schwierigkeiten, dann – was haben wir vorhin bei Jakobus gelesen? – freut euch, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet!
Also kommst du in eine Gebetsgemeinschaft und sagst: „Super, Herr Jesus, dass ich solche Probleme in der Gemeinde habe! Toll, dass ich krank bin und meinen Arbeitsplatz verliere!“ Das scheint das zu sein, was Jakobus von uns will. Er sagt: „Freut euch, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet!“ Warum?
Weil Jakobus sieht, was dahintersteht: Wenn wir diese Anfechtung ertragen und durchstehen, wird unser Verhältnis zu Jesus noch viel fester und inniger. Wir können das Eingreifen Gottes auf wunderbare Weise erleben.
Anfechtung bietet also gerade die Chance, Gott im Handeln zu beobachten und zu erleben, dass Gott größer wird und wir im Glauben fester werden. Vielleicht müssen wir auch manches Pappmaché in unserem Glauben fallenlassen – dort, wo wir viel aufgebaut haben und glauben, wie toll wir als Christen sind.
Dann kommt die Anfechtung, rüttelt an uns und lässt alles abfallen, was nur Schein ist. So können wir mit dem weiterbauen, was wirklich echt war. Das ist gut, auch wenn wir enttäuscht werden. Denn das Wort „Enttäuschung“ ist eigentlich positiv: Vorher war man in der Täuschung.
Man sah eine Fata Morgana von sich selbst. Jesus schüttelt einen ordentlich durch, und hinterher erkennt man, was wirklich an seinem Glauben dran ist. Dann wird Jesus vielleicht noch größer für uns, und wir bauen nicht mehr auf uns selbst, sondern umso mehr auf Jesus.
Auch hier kann geistliche Unausgewogenheit in Bezug auf Anfechtung zu Krisen führen. Erstens, wenn du denkst, dich wird keine Anfechtung betreffen, wirst du schwer enttäuscht. Dann bist du plötzlich in der Anfechtung und fängst an, mit Gott zu hadern: „Gott, warum hast du mich in diese Situation gebracht? Warum muss ich das erleiden? Es ist so schlimm, Gott, du liebst mich nicht mehr!“
Das ist vielleicht das, was du denkst, weil du diesen Irrtum im Kopf hast: Ein Christ erleidet keine Anfechtung.
Im letzten Jahr habe ich mit einer Familie gesprochen, die im Sommer zu einer Gruppe in Süddeutschland gegangen war, die „Wort und Geist“ heißt. Dort wurde genau so etwas verkündet. Sie sagten: Wenn du Christ bist, hast du keine Schwierigkeiten mehr im Leben. Alles läuft glatt. Finanziell bist du abgesichert, du hast nie mehr finanzielle Probleme, du bist immer gesund.
Das haben sie geglaubt, doch sie gerieten in eine schwere Krise, weil sie es nicht so erlebten. Ich fragte sie, wie es mit der Krankheit sei. Er sagte, seitdem er dort hingeht, sei sein Tinnitus nur noch schlimmer geworden, die Kinder seien häufiger krank als zuvor. Das war für ihn eine echte geistliche Krise.
Ich fragte weiter, wie es finanziell aussehe. Er sagte, sie seien knapp bei Kasse und hätten eigentlich nicht genug Geld. Da schrie ich fast: „Was ist denn da los?“ Er meinte, er glaube wohl noch zu wenig daran.
Doch hier merken wir: Es ist nicht ein zu geringer Glaube, sondern eine geistliche Unausgewogenheit. Ein Traumbild vom Christsein wird vor Augen gemalt, in dem alles glücklich und glatt läuft. Dann gerät man in eine geistliche Krise, weil diese Unausgewogenheit in Sachen Anfechtung existiert.
Wenn du bei der Anfechtung den Eindruck hast, du müsstest sie alleine bestehen, ist das ebenfalls eine Unausgewogenheit. Manche Christen denken so: Es gibt Schwierigkeiten, und dann heißt es: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“ Sie versuchen alles Mögliche zuerst selbst zu klären.
Manche sagen, jetzt hilft nur noch beten, und das dann am Ende. Das ist eigentlich keine christliche Aussage. Wir müssten das Ganze umdrehen und sagen: Zuerst beten, dann alles andere machen.
Zum Beispiel: Du hast Zahnschmerzen. Du könntest sagen: Zuerst Schmerztablette, dann Zahnarzt, dann Schamane, und wenn das alles nicht hilft, dann kannst du auch noch mal Jesus darum bitten.
Es gibt Christen, die so handeln. Sie klappern alles ab, was möglich ist, und kommen am Ende auf die Idee: Vielleicht kann Jesus auch noch helfen.
Wäre nicht der umgekehrte Weg viel besser? Du hast Zahnschmerzen, das Erste, was du tust, ist, dich auf die Knie zu werfen und Gott intensiv zu bitten: „Herr Jesus, du siehst meine Schmerzen, du kennst meinen Körper, du weißt, was die Bakterien tun. Nimm die Schmerzen weg oder heile mich!“
Ich glaube, wir würden manchmal erleben, dass wir nicht mal mehr zum Zahnarzt müssen und die Schmerztabletten im Schrank liegen lassen können. Hinterher können wir Gott immer noch die Chance geben, durch die Tablette oder den Arzt zu wirken, wenn er nicht direkt eingreifen will.
Aber warum nicht direkt und sofort mit dem Problem zu Jesus gehen, statt uns erst mal niederdrücken zu lassen?
So könnten wir sagen: Die Jünger hier bei der Anfechtung wissen erst einmal gar nicht richtig, wie sie damit umgehen sollen. Was tun sie? Sie schöpfen aus ihrem Boot, schöpfen und schöpfen. Als alles nichts mehr hilft, kommen sie zu Jesus – auch hier eine Art Notnagel.
Das war natürlich falsch, aber wir können sagen: So wie die Jünger reagieren, tun wir manchmal auch.
Erster Punkt: Wer ist Jesus – Mensch und Gott? Zweitens: Anfechtung – erleben wir sie noch, und müssen wir alleine damit fertigwerden, oder ist Jesus bei uns?
Das sind schon mal diese zwei Fragen. Jesus und Anfechtung – geistliche Unausgewogenheit führt zu geistlichen Krisen.
Und dann komme ich noch zum letzten Punkt, dem Glauben. Hier spricht Jesus die Jünger an, nachdem sie aufgeweckt worden sind, mit den Worten: „Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?“ Das ist das Erste, was er ihnen sagt.
Er sagt nicht erst: „Oh, der Sturm ist hier fürchterlich, und ihr Armen, jetzt habt ihr ja so viel Not gehabt und habt euch so schlecht gefühlt.“ So würden wir heute vielleicht manchmal als Seelsorger reagieren – erst ein bisschen Mitleid zeigen, einfühlsam und empathisch sein. Aber Jesus tut das nicht. Er schimpft zuerst mit ihnen. Nicht, weil sie ihn aufgeweckt haben, sondern weil sie Kleingläubige sind. Er fragt: „Warum seid ihr so furchtsam?“
Warum sagt er das? Wenn sie wirklich gewusst hätten, wer Jesus ist und davon überzeugt gewesen wären, warum hätten sie dann Angst haben sollen? Sie hätten sich genauso schlafen legen können. Glaubt ihr, dass das Boot mit Mann und Maus untergegangen wäre und Jesus ertrunken wäre, sodass unser Heil verloren wäre? Glaubt ihr, Gott hätte das zugelassen? „Ach, jetzt haben wir Pech gehabt, den Sturm habe ich nicht mit eingeplant, Jesus ist ertrunken, jetzt müssen wir jemand anders schicken.“ Das geht ja nicht.
Wenn die Jünger wirklich den Durchblick gehabt hätten, hätten sie doch gewusst, was Jesus sagt: „Es fällt kein Haar von unserem Haupt ohne den Willen Gottes.“ Das heißt, sie hatten eine falsche Auffassung von Glauben. Manche Christen heute haben ebenfalls eine falsche Auffassung von Glauben. Sie sagen: „Ich bin doch gläubig, und damit ist alles geritzt.“ Sie meinen, weil sie gläubig sind, muss im Glauben alles glattgehen. Das ist aber nicht so.
Tatsächlich ist der Glaube, der uns rettet, ein Geschenk Gottes, das uns kostenlos gegeben wird. Wir können nichts dazu leisten. Wir können uns nicht einfach als Ungläubige hinsetzen. Es gibt manche Leute, mit denen ich gesprochen habe, die sagen: „Ich kann nicht glauben, was in der Bibel steht.“ Sie meinen, sie müssten eine Leistung erbringen, um daran festzuhalten. Sie meinen, Glauben habe etwas mit Einbildung zu tun. Sie denken, sie müssten sich so sehr anstrengen, dass alle Zweifel weg sind. Erst wenn alle Zweifel weg sind, seien sie gläubig.
Das ist aber nicht, was die Bibel meint. Das Wort „Glaube“ wird auch mit „Vertrauen“ übersetzt, das griechische Wort „Pistis“ bedeutet Vertrauen. Es heißt also: Ich vertraue auf Gott, ich baue mein Leben auf Gott.
Wir lesen in der Bibel, dass selbst die Dämonen, sogar der Teufel wissen, dass Jesus Gott ist. Sie wissen von der Stunde, wann die Kinder Gottes offenbar werden. Sie wissen, dass Jesus einmal über die Welt herrschen wird. Ist der Teufel deshalb gläubig, nur weil er das weiß? Nein. Die Dämonen zittern und sagen: „Bitte quäle uns nicht vor der Stunde, wann es so weit ist.“ Sie diskutieren nicht lange. Sind sie deshalb gläubig? Nein.
Glaube hat in erster Linie nichts mit Einbildung zu tun. Es geht nicht darum, noch mehr rationale Fakten in den Kopf zu packen, um keine Zweifel mehr zu haben. Zweifel können zum Glauben dazugehören, wir sollen nur nicht in ihnen stecken bleiben.
Glaube hat vor allem mit der Beziehung zu Jesus zu tun, und diese Beziehung wurde von Jesus begonnen. Gott ist treu, auch wenn wir untreu sind. Er hat uns geliebt, als wir noch seine Feinde waren. Gott ist uns nachgegangen, nicht wir ihm. Er hat uns gefunden, er hat uns gerufen, und wir haben dann gesagt: „Ja.“ Das ist der Anfang des Glaubens.
Aber ich hoffe, dass ihr nicht am Anfang des Glaubens stehen bleibt und euer Leben lang als kleine Säuglinge im Glauben bleibt. Wenn wir im Glauben wachsen, heißt das, dass wir diesen Glauben später auch anwenden müssen. Glaube ist kein Automatismus, bei dem ich sagen kann: „Jetzt bin ich gläubig, und jetzt sorgt Gott schon für alles.“ Sondern er fordert uns heraus, ihn anzuwenden und darauf zu vertrauen.
Deshalb sagt Jesus manchmal zu Menschen, zum Beispiel zu der Frau, die ihn am Rockzipfel festgehalten hat: „Dein Glaube hat dich gerettet.“ Damit meint er nicht ihre Einbildung. Er will sagen: Du hast mir so vertraut, und dieses Vertrauen hat sich darin gezeigt, dass du zu mir gekommen bist und dich festgehalten hast.
Die Frau hätte ja auch zu Hause bleiben können und sagen: „Ach, ich vertraue darauf, irgendwo passiert schon etwas.“ Stattdessen wurde sie aktiv. Das heißt: Wenn wir Gott wirklich vertrauen, wenn wir Jesus wirklich vertrauen, dann zeigt sich das auch im Handeln, im Reden und im Denken im Alltag. Das ist dann Glaube in der Praxis. Und das können wir tun. Gott ist derjenige, der handelt.
Man darf nicht denken, dass dahinter ein Automatismus steckt. „Aha, wenn ich jetzt nur jeden Morgen meine stille Zeit habe und jeden Sonntag zum Gottesdienst gehe und noch am Mittwoch zur Bibelstunde, dann werde ich gesegnet.“ Das ist mehr eine Art Automatismus-Gott, ein Gott, bei dem gilt: „Ich gebe dir, und du gibst mir auch.“ So eine Art Handel. Das geht mit Gott natürlich nicht. Das meine ich nicht mit angewendetem Glauben.
Der angewandte Glaube der Jünger wäre gewesen, dass sie erst einmal ruhig im Boot sitzen und sagen: „Ach, wie schön ist das, das schaukelt ja richtig, fast wie im Freizeitpark.“ Und wenn es ihnen dann zu wild wird, sagen sie: „Jetzt gehen wir mal zu Jesus, dann ist das Problem gelöst.“ Hätten sie machen können. Sie hätten sich das ganze Schimpfen und die Angst sparen können. Das ist angewandter Glaube.
Denn wenn ich wirklich hundertprozentig überzeugt bin, dass Jesus Gott ist, warum sollte ich dann zuerst auf meine menschlichen Möglichkeiten bauen?
Ich rede euch jetzt nicht das Wort aus, für die unter euch, die vielleicht einen Hang zur Faulheit haben und sagen: „Okay, dann mache ich halt gar nichts mehr. Ölwechsel beim Auto? Brauchen wir nicht mehr. Neue Winterreifen? Auch nicht. Bremsen wechseln? Nicht nötig, Gott ist ja da.“ Nein, so ist das nicht gemeint.
Wir sollen schon tun, was in unserer Macht liegt. Aber zuerst brauchen wir generell dieses Vertrauen auf Gott. Und das drückt sich natürlich auch in unserem Handeln aus.
Wenn wir in der Bibel lesen, dass bestimmte Dinge schlecht für uns sind – zum Beispiel, dass Fresser und Säufer das Himmelreich Gottes nicht sehen werden – dann sollten wir sagen: Wenn wir gläubig sind, vertrauen wir darauf, dass Gott Recht hat. Dann versuchen wir nicht auszutesten, wie viel ich noch trinken darf, um nicht verloren zu gehen.
Das gibt es manchmal. Ich erinnere mich besonders an manche Jugendstunden, in denen Jugendliche Frage auf Frage stellen: Wie weit darf ich noch gehen? Welche Musik darf ich hören, um nicht in die Hölle zu kommen? Wie viel Alkohol darf ich trinken, um nicht in die Hölle zu kommen? Wie tief darf ich meinen Freund küssen oder mit ihm im Bett liegen, um nicht in die Hölle zu kommen? Wie viel muss ich mindestens in der Bibel lesen, um gerade noch in den Himmel zu kommen?
Solche Auffassungen gibt es. Aber diese Auffassung zeigt ein vollkommen falsches Verständnis von Jesus und von Gott. Dann hat man nicht verstanden, worum es geht.
Denn wenn ich wirklich darauf vertraue, dass Jesus Gott ist und dass er es gut mit mir meint, dass er mich liebt, dann müsste ich höchstens fragen: Wie kann ich Jesus möglichst nahekommen? Denn dann geht es mir am besten. Jesus weiß, was für mich am besten ist.
Wenn er mir sagt: „Lass das mit dem Alkohol sein,“ dann sollte ich nicht fragen, wie viel ich noch trinken darf. Sondern ich sollte sagen: „Super, Jesus, was du mir jetzt gesagt hast, ist ganz toll. Toll, dass du mich bewahrt hast, diesen Mist zu tun. Dann verzichte ich möglichst ganz darauf.“
Das Problem besteht oft in einer Unausgewogenheit. Glaube ist für manche so etwas wie: „Na ja, das hat Gott am Anfang meines Lebens gemacht, und am Sonntag mal, aber der Alltag hat damit nichts zu tun.“ Da lebt man zwar als Gläubiger, aber ohne Glauben.
Ich sage: Glaube ist konkret. Das heißt, sich direkt nach dem zu orientieren, was Jesus sagt, weil er Gott ist. Das ist genauso wie bei den Jüngern. Wenn ich sie im Boot bei dem Sturm gefragt hätte, hätten sie wahrscheinlich gesagt: „Ja, Jesus ist schon ein Prophet Gottes, vielleicht sogar Gott.“ Aber es hatte keine Konsequenzen.
Das ist ein Glaube, der zahnlos ist und nicht weiterhilft. Jakobus sagt: „Wenn jemandem Glaube mangelt, der bitte Gott. Wenn jemandem Weisheit mangelt, der bitte Gott.“ Gott gibt gern und reichlich. Wenn du also sagst, du hast nicht genügend Glauben, du kannst das nicht vertrauen, du kämpfst mit Zweifeln, dann mach es so, wie Jakobus sagt.
Sag Jesus: „Ich brauche Weisheit, ich brauche Glauben, gib du mir das.“ Bete das immer wieder, zwei-, drei-, viermal am Tag. Das muss ja nicht nur einmal im Leben sein. Warte darauf, dass Gott antwortet. Er hat versprochen, das zu tun. Und dann tue das, was er dir mit dem Glauben schon ermöglicht hat.
Ich denke, was wir aus dieser Begebenheit lernen können: Auch wenn wir keine Fischer sind und nicht auf dem See Genezareth fahren, haben wir manchmal ähnliche Lebenssituationen, die uns zu geistlichen Krisen führen können.
Zum Glück können wir sagen: Wenn du heute Morgen bedröppelt bist und sagst: „Ich bin auch so ein Kleingläubiger wie die Jünger und habe auch nicht so viel daran gedacht,“ dann ist Jesus trotzdem gnädig.
Er schimpft zwar mit ihnen und sagt zuerst: „Du Kleingläubiger,“ aber hinterher sagt er nicht: „Okay, dann war’s das.“ Selbst dieser kleine Glaube reicht aus, dass der Sturm zum Schweigen kommt. Also besser Kleinglaube als gar kein Glaube.
Deshalb: Wenn du kleingläubig bist, sei froh. Es ist immer noch besser, als gar nicht zu glauben. Aber bleib nicht stehen, sondern versuche, dein Vertrauen zu Jesus weiter auszubauen.
Was haben wir gesehen?
Geistliche Unausgewogenheit zeigt sich zuerst in Bezug auf die Person Jesu. Ist er für uns ganz Mensch, einfach nur ein Kumpel? Oder sehen wir ihn nur als Gott und dadurch unendlich weit entfernt? Wenn wir ein solches Bild von Jesus haben und damit leben, werden wir in geistliche Krisen geraten.
Ein weiterer Punkt betrifft unsere Haltung zur Frage der Anfechtung. Glauben wir, dass uns gar keine Anfechtung betrifft? Oder meinen wir vielleicht, dass wir mit Anfechtung völlig allein fertig werden müssen, weil Jesus das viel zu kompliziert ist und er sich darum nicht kümmern muss? Beide Sichtweisen führen zu geistlichen Krisen, weil sie eine unausgewogene Haltung darstellen.
Drittens geht es um die Frage des Glaubens. Wenn du überzeugt bist, dass Glauben etwas ist, das du selbst produzieren musst – sei es durch Einbildung oder durch verschiedene Praktiken, die du dir überlegst –, dann sitzt du sozusagen im falschen Boot. Genau, dann kannst du irgendwann mit deinem Glauben untergehen. Das funktioniert nicht, und du wirst in Anfechtung geraten und daran scheitern.
Umgekehrt funktioniert es auch nicht, wenn du den Eindruck hast, Glaube sei etwas Magisches, das du selbst bewirken kannst. Oder wenn du dich nur auf deinen Bekehrungsglauben stützt. Stattdessen musst du diesen Glauben anwenden. Er muss Fleisch werden, Realität im Alltag. Er zeigt sich in deinen Handlungen, in dem, was du sagst, in dem, was du tust, wie du deine Zeit einteilst und wie du mit Menschen umgehst. Darin wird der Glaube sichtbar. So wirst du Jesus erleben können.
Das wünsche ich euch heute, auch während dieser Freizeit und natürlich darüber hinaus. Ich möchte euch nun bitten, aufzustehen, damit wir gemeinsam Jesus darum bitten, dass wir in diesen Punkten ausgewogen sind.
Herr Jesus Christus, vielen Dank, dass wir solche Berichte in der Bibel über dich lesen können. Dadurch dürfen wir dich kennenlernen und wissen, wer du bist. Du willst uns immer wieder korrigieren, damit wir nicht von dir abfallen und nicht ununterscheidbar unter den Menschen um uns herum leben.
Wir bitten dich, dass wir von den Jüngern lernen können und eine ausgewogene Auffassung von dir bekommen. Lass uns dich erkennen als den ganzen Menschen, der versucht worden ist wie wir, der gelebt hat wie wir, der Hunger und Angst erfahren hat wie wir, der mit dem Teufel kämpfen musste und mit Anfechtung, so wie wir es manchmal tun müssen.
Gleichzeitig wollen wir dich in deiner Göttlichkeit erkennen, dort, wo ein Wort genügt und der Sturm schweigt. So wissen wir, dass ein Wort von dir genügt, um unseren festen Arbeitsplatz bis zum Ende unseres Lebens zu sichern. Ein Wort von dir genügt, damit sich Probleme mit unseren Kindern, unserem Auto oder unserer Gemeinde verändern.
Wir bitten dich, dass du uns beides ganz tief in unser Herz schreibst, damit wir daran festhalten können.
Herr Jesus, wir bitten dich auch, dass wir eine richtige Haltung zur Frage der Anfechtung bekommen. Wir wollen nicht versuchen, Anfechtung um jeden Preis auszuweichen oder sie selbst zu bewältigen. Stattdessen wollen wir erkennen, dass Anfechtung kommt und wir sie mit dir bestehen können. Du bist bei uns, und wir können auf deine Kraft vertrauen.
Ich bitte dich besonders für diejenigen, die heute hier sind und unter solchen Anfechtungen leiden, unter Schwierigkeiten im Alltag. Sei ihnen nahe und gib ihnen Zuversicht. Lass sie wissen, dass sie keine schlechteren Christen sind, sondern dass Anfechtung etwas Normales ist. Zeige ihnen auch den Ausweg daraus.
Herr Jesus, wir bitten dich weiterhin, dass du uns eine richtige Auffassung vom Glauben gibst. Keine magische Vorstellung, keine, die uns als kleine Glaubenskinder stehen lässt, sondern eine, die uns hilft, den Glauben im Alltag zu leben.
Lass uns erkennen, was Glaube konkret und praktisch bedeutet in unserem Reden und Handeln. Wir bitten dich, greife ein, nimm uns an die Hand und führe uns. Denn du bist der Herr, du bist Gott, du bist derjenige, der uns erlöst hat und mit dem wir in alle Ewigkeit zusammen sein werden.
Amen.