Ich möchte Sie alle herzlich begrüßen. Wie Sie sicher schon bemerkt haben, ist meine Stimme etwas angeschlagen.
Wir werden jetzt einfach so lange die Bibelklasse fortsetzen, bis kein Ton mehr herauskommt. Danach gehen wir nach Hause.
Wir befinden uns in Matthäus 5, Vers 43. Wäre es möglich, die Verstärkung ein wenig zu erhöhen? Dann kann ich mit möglichst wenig Druck meine Stimmbänder schonen.
Das hat heute Morgen schon gut funktioniert, als ich in Memmingen eine Predigt gehalten habe. Man sagte mir, ich könne eine Viertelstunde predigen, aber auch eine halbe oder dreiviertel Stunde. Letztendlich habe ich eine halbe Stunde gesprochen.
Das Mikrofon war dabei gut eingestellt, sodass ich ohne großen Druck ganz vorne sprechen konnte. Das hat gut funktioniert.
Einführung in die Bergpredigt und das Thema Feindesliebe
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist.
Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe?
Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.
Habt Acht auf eure Gerechtigkeit, dass ihr sie nicht vor den Menschen übt, um von ihnen gesehen zu werden. Sonst habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater, der in den Himmeln ist.
Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht vor dir herposaunen lassen, wie die Heuchler es in den Synagogen und auf den Gassen tun, damit sie von den Menschen geehrt werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin.
Wenn du aber Almosen gibst, so soll deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen sei. Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, denn sie lieben es, in den Synagogen und an den Ecken der Straßen zu stehen und zu beten, damit sie von den Menschen gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin.
Wenn du aber betest, so geh in deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.
Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen. Denn sie meinen, dass sie um ihres vielen Redens willen erhört werden.
Seid ihnen nun nicht gleich, denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet.
Betet ihr nun so:
Unser Vater, der du bist in den Himmeln,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben,
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern errette uns von dem Bösen.
Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.
Wenn ihr aber fastet, so seht nicht düster aus wie die Heuchler, denn sie verstellen ihre Gesichter, damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin.
Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du nicht den Menschen als ein Fastender erscheinst, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.
Die Autorität Jesu und die Herausforderung der Feindesliebe
Wir haben gesehen, dass der Herr Jesus in der Bergpredigt klar darstellt, wie man die Tora, das Gesetz, das Gott Israel am Sinai gegeben hat, richtig verstehen muss. Anhand verschiedener Beispiele hat er dies deutlich gemacht.
Ich möchte nicht wiederholen, was wir beim letzten Mal angeschaut haben, aber jetzt kommt ein weiterer Kernpunkt: Vers 43. Dort heißt es: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist, du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“
Wir haben gesehen, dass in der Bergpredigt das betonte „Ich“ typisch ist. Der Herr sagt dann: „Ich aber sage euch.“ Er spricht in eigener Autorität. Das ist etwas, das die Rabbiner nicht taten. Sie zitierten beim Predigen immer andere Rabbiner, und je weiter zurück der Rabbi war, desto gewichtiger war das Zitat.
Der Herr aber predigt ganz anders, mit einer solchen Autorität. Das haben wir ganz am Schluss der Bergpredigt gesehen, in Kapitel 7, Verse 28 und 29. Das ganze Volk ist erstaunt darüber, dass er nicht so predigt wie die Schriftgelehrten, sondern wie jemand, der Gewalt und Autorität hat.
Ja, hier spricht er als der König Israels, der Messias. Und er kann sagen: „Ich sage euch.“
Ursprung und Bedeutung des Gebots der Nächsten- und Feindesliebe
Nun, der Kernpunkt hier in Vers 43 lautet: „Du sollst deinen Nächsten lieben.“ Woher kommt das? Das ist ein Gebot der Tora, genauer gesagt aus 3. Mose 19. Schlagen wir das kurz auf.
Kann das jemand lesen? Also nicht 19, sondern 18? Nein, ich habe mich geirrt. Es ist tatsächlich 3. Mose 19, und zwar Vers 18. Dort steht: „Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts nachtragen, sondern deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.“
Das steht im Alten Testament. Ich erinnere mich, dass ich damals im Gymnasium war und mein Deutschlehrer behauptete, das sei ein Gebot aus dem Neuen Testament. Ich sagte ihm, nein, das ist aus dem Alten Testament. Er war in deutscher Literatur besser bewandert als im Alten Testament. Dieses Gebot ist also alttestamentlich.
Viele Leute auf der Straße haben jedoch den Eindruck, dass „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ ein Gebot aus dem Neuen Testament sei. Tatsächlich stammt es aber aus dem Alten Testament.
Dann stellt sich die Frage beim nächsten Punkt: „Und deinen Feind hassen?“ Woher kommt das? Darüber sind sich nicht alle einig. Steht das irgendwo im Alten Testament? Ja, aber dort bezieht es sich speziell auf den Gesetzlosen, nicht auf den Feind im Allgemeinen.
Liberale Theologen, die vieles in Frage stellen, was sie wollen, sehen das so. Man erkennt hier deutlich, dass dies kein Wort Jesu ist, sondern eine spätere Hinzufügung. Denn im Judentum gibt es kein Gebot, die Feinde zu hassen.
Die Rolle der Qumran-Gemeinschaft und das Feindesbild im Judentum
Und wo? Ja, das ist der Punkt. Durch die Funde von Qumran, insbesondere aus den elf Höhlen von Qumran, hat man auch die Gemeinderegel entdeckt. Das ist eine Schriftrolle, die genau erklärt, unter welchen Bedingungen man überhaupt in die Gemeinschaft aufgenommen werden kann. Diese Gemeinschaft nannten sich Hayachat, was „die Gemeinschaft“ bedeutet. Sie bezeichneten sich nicht als Sekte – denn eine Sekte würde sich nicht selbst so nennen.
In der Gemeinderegel wird alles erläutert: wie viele Jahre man warten muss, bis man in die Gemeinschaft aufgenommen wird, welche Regeln man innerhalb der Gemeinschaft beachten muss, damit man nicht ausgeschlossen wird, und so weiter.
Besonders zu Beginn wird klargemacht, dass es die Söhne des Lichts und die Söhne der Finsternis gibt. Die Leute von Qumran, die man übrigens in das größere Umfeld der Essener einordnen kann – eine dritte Gruppe neben den Pharisäern und Sadduzäern – verstanden das so: Die Söhne des Lichts sind sie selbst, die Söhne der Finsternis sind die anderen, auch aus Israel. Und die Söhne des Lichts sollen alle Söhne der Finsternis hassen.
Also gibt es diesen Hass doch. Im rabbinischen Judentum findet man diesen Feindes- oder Hassbegriff nicht. Man kann alle rabbinischen Kommentare durchgehen, den Talmud und so weiter. Aber woher kommt das rabbinische Judentum? Aus welcher Richtung stammt es?
Das heutige orthodoxe Judentum geht auf die Pharisäer zurück. Diese Gruppe der Pharisäer hat das Jahr 70 nach Christus überlebt, als der Tempel und Jerusalem zerstört wurden. Sie fand ihre Fortsetzung im orthodoxen Judentum, das sich über zweitausend Jahre erstreckt. In den vergangenen Jahrhunderten gehörten praktisch hundert Prozent der Juden diesem orthodoxen Judentum an.
Dann kam die Aufklärungszeit, verbunden mit der Säkularisierung. Immer mehr Juden distanzierten sich davon. Heute sind in Israel etwa zwanzig Prozent der Juden noch Anhänger des pharisäischen Judentums. Die restlichen achtzig Prozent gehören verschiedenen Richtungen an: Reform- und liberales Judentum, Agnostiker, Atheisten – alles ist vertreten. Es wurde ja auch schon gesagt: Wenn in einem Raum drei Juden sind, dann gibt es etwa neun Meinungen.
Die Pharisäer haben also überlebt. Aber die Sadduzäer sind untergegangen. Sie profitierten am meisten vom Tempel und den überhöhten Preisen der Opfer. Sie wurden steinreich, doch als der Tempel zerstört wurde, war ihre Lebensberechtigung vorbei. Sie sind untergegangen.
Auch die Essener sind untergegangen.
Die besondere Stellung der Amalekiter und das alttestamentliche Feindesbild
Ja, die Frage betrifft die Amalekiter. Ich habe kürzlich 5. Mose 25 gelesen, wo Mose dem Volk einschärft: Wenn ihr im Land seid, vergesst nicht, Amalek auszutilgen. Es gab Feinde, mit denen man sich nicht vermischen sollte. Gott benutzte sie als Gericht. Über Hunderte von Jahren hat Gott gewartet und Geduld gehabt. Doch als sie zu Götzendienern wurden, mussten sie gerichtet werden – so auch Amalek.
Es heißt also: Gedenke, was dir Amalek angetan hat. Das ist ein ganz bestimmter Feind, der unter das Gericht Gottes fiel, und dieses Gericht sollte weitergehen.
Genau das Gleiche hat Jerry gesagt: Psalm 139 ist ein Rachepsalm über den Gesetzlosen. Dabei geht es nicht um den Feind allgemein, sondern ganz spezifisch um den Gesetzlosen, gegen den das Gericht gewünscht wird.
Im Normalfall lehrte das Alte Testament jedoch auch Sanftmut gegenüber dem Feind. Das lernen wir zum Beispiel in den Sprüchen, wo man den Feind speisen soll. Ein passendes Zitat aus den Sprüchen wird im Neuen Testament in Römer 12 aufgenommen.
Im Römerbrief 12,19-21 heißt es: Recht euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr.“ Das ist ein Zitat aus 5. Mose 32,35. Die Rache gehört grundsätzlich Gott und nicht den Menschen – aber es gab spezielle Fälle.
Weiter heißt es: Wenn nun dein Feind Hunger hat, so gib ihm zu essen, wenn er Durst hat, dann gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Dieses Zitat stammt aus Sprüche 25,21-22.
Die Liebe zum Feind und die Schlussfolgerung in Vers 21 lauten: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute.
Ein allgemeiner Hass gegenüber dem Feind findet sich hingegen in den Schriften von Qumran, den sogenannten Schriften von Hayachat. Dort heißt es, die Söhne des Lichts sollen alle Söhne der Finsternis hassen. Der Herr nimmt das auf, wenn er sagt: Ihr habt gehört, dass gesagt ist, du sollst deinen Nächsten lieben aus 3. Mose 19 und deinen Feind hassen. Das ist aber nicht biblisch – zumindest nicht im biblischen Sinne.
Jesu Aufforderung zur Feindesliebe und die Textvarianten im Neuen Testament
Und dann sagt der Herr als Messias: „Ich aber sage euch, liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“
Übrigens gibt es hier einen Unterschied. Der Mehrheitstext, das ist der Text, der die meisten der etwa 5860 griechischen Handschriften umfasst, hat hier noch mehr Worte. Und das ist der ursprüngliche Text: „Liebt eure Feinde, segnet die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch jetzt noch dazu beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist.“
Der Minderheitstext, der heute meistens für Bibelübersetzungen benutzt wird – leider, weil an den meisten Bibelschulen und theologischen Ausbildungsstätten gesagt wird, der Minderheitstext sei der richtige, ursprüngliche Text, da es sehr alte Handschriften gibt –, hat oft Verkürzungen. Das Typische ist, dass er gegenüber dem Original verkürzt. Auch hier haben wir wieder eine Verkürzung: „Segnet die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen“ wird weggelassen, ebenso „beleidigen“.
Man muss Folgendes wissen: Die wichtigsten Handschriften des Minderheitstextes sind die Handschrift Sinaiticus, die Tischendorf im Sinaitischen Kloster gefunden hat, und der Codex Vaticanus. Dazu kommen noch sehr alte Papyri, die man gefunden hat. Aber die wichtigsten sind eigentlich diese zwei: Sinaiticus und Vaticanus. Diese sind jedoch keine guten Handschriften. Allein bei den Evangelien gibt es viele Gegensätze und Widersprüche zwischen diesen beiden Handschriften, die als die wichtigsten Zeugen gelten. Es gibt unglaublich viele Widersprüche.
Hingegen beim Mehrheitstext gibt es eine unglaubliche Übereinstimmung.
Wie kann man herausfinden, ob eine Handschrift wirklich gut ist? Es gibt einen einfachen Trick. Man könnte zum Beispiel eine unbekannte Handschrift nehmen, sagen wir aus dem Jahr 1225, aus dem Mittelalter. Wie kann man wissen, ob sie gut ist? Das Alter sagt ja noch nichts aus. Es könnte eine Kopie einer Handschrift sein, die damals noch benutzt werden konnte, vielleicht aus dem zweiten Jahrhundert. Man hatte ja auch lange Handschriften, die mit der Zeit untergegangen oder zerstört worden sind.
Aber wie kann man jetzt wissen, ob diese Handschrift gut ist? Mit dem A-Text. 90 Prozent des ganzen griechischen Neuen Testaments sind A-Text. Dort gibt es keine Unterschiede zwischen Minderheits- und Mehrheitstext. Darüber wird nicht diskutiert, der Text ist vollkommen klar bis auf den Buchstaben genau.
Nun muss man in einer Handschrift prüfen, wie genau sie den A-Text wiedergibt. Wenn man den Vatikanus und Sinaitikus nimmt, sieht man, dass sie im A-Text viele Fehler machen. Aber wenn man eine Handschrift von 1225 nimmt, die den A-Text perfekt wiedergibt, kann man dieser Handschrift natürlich vertrauen. Man kann annehmen, dass auch der B-Text präzise wiedergegeben wird.
So kann man zeigen, dass Sinaitikus und Vaticanus gar nicht gut sind, denn sie sind schon beim A-Text oft fehlerhaft. Wie kann man sich auf solche Handschriften verlassen?
Das Typische ist, dass sie die Tendenz haben, den Text stark zu verkürzen. Zum Beispiel lassen sie Markus 16,8-20 weg, den Bericht vom Auferstandenen, der den Jüngern die Zeichen ankündigt, die folgen werden. Auch der Bericht der Ehebrecherin in Johannes 8 wird ausgelassen, ganze Abschnitte fehlen.
Augustinus sagt um 400, manche hätten aus ihren Handschriften den Bericht der Ehebrecherin herausgenommen, weil sie wenig Glauben hatten – wenn man überhaupt sagen kann, dass sie Glauben hatten. Sie dachten, das könnte ihren Frauen eine Rechtfertigung geben, Ehebruch zu begehen.
So haben wir eine Mitteilung aus der Frühzeit, dass Leute ganz bewusst ihre Handschriften präparierten – gerade den Bericht der Ehebrecherin als Ausnahme und auch den Schluss von Markus.
Man kann natürlich auch mutmaßen, warum diese Abschnitte bei Vaticanus und Sinaitikus fehlen. Das war ein Problem, als schließlich der letzte Apostel gestorben war, Johannes, im ersten Jahrhundert. Mit ihm hörte die Gabe des Apostels auf, ebenso die Gabe des Sprachenredens, bei der Menschen andere Sprachen perfekt sprechen konnten, ohne sie gelernt zu haben, so wie am Pfingsten. Diese Gabe hörte im zweiten Jahrhundert auf.
Dann bekamen offensichtlich Leute Probleme mit Markus 16, denn dort steht: „Diese Zeichen werden denen folgen, die glauben.“ Aber man hüte sich, eine Schlange aufzunehmen oder Gift zu trinken. Wer kann das heute noch? Niemand.
Apostel Paulus hatte das so erlebt: Er hatte eine sehr giftige Schlange an der Hand, eine Sandviper, eine der giftigsten Schlangen Europas, und überlebte. Aber man kann verstehen, dass Leute dachten, das sei möglicherweise nicht authentisch.
Natürlich ist es authentisch: Markus 16,8-20. Der Herr sagt den elf Aposteln, dass diese Zeichen denen folgen, die glauben.
Jetzt stellt sich die Frage: Sind das die Menschen, die in der Generation der Apostel durch sie zum Glauben kommen, oder sind es alle Generationen? Es hat sich gezeigt, dass es die Generation der Apostel ist, die durch sie zum Glauben kommen. Dort sollen diese Zeichen geschehen.
Das ist authentisch, hundert Prozent Gottes Wort.
Darum gibt es starke Argumente, die zeigen, dass der Minderheitstext nicht der bessere, sondern der verkürzte Text ist.
Hier haben wir wieder so ein Beispiel, und wir werden gleich noch beim Vaterunser darauf zurückkommen.
Ich musste gerade ein wenig stutzen, als vorgelesen wurde: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Gehört das dazu oder nicht? Wir werden gleich sehen.
Aber auch hier ist es wieder eine Frage von Mehrheitstext beziehungsweise Minderheitstext. Man sagt auch Nestle-Aland-Text, weil dieser Text besonders bekannt geworden ist durch die Ausgaben von Nestle-Aland.
Jesu Gegenüberstellung zu Qumran und die Aufforderung zur Nachahmung Gottes
Gut, jetzt schauen wir uns diese Verse genauer an. Jesus stellt sich hier auch gegen die Lehre aus Qumran. Die Essener und die Qumran-Leute werden im Neuen Testament nie namentlich erwähnt, wohl aber die Sadduzäer und die Pharisäer. Dennoch könnte man hier einen Hinweis auf diese weitere Gruppe sehen, die es damals im Judentum gab.
Der Herr sagt ganz klar das Gegenteil dessen, was diese Gruppen gelehrt haben: Liebt eure Feinde und segnet die, die euch fluchen! Er erklärt das damit, dass Gott selbst so handelt. Gott ist ein langmütiger Gott. Natürlich wird das Gericht einmal über diese Welt kommen, wie es in der Offenbarung detailliert beschrieben wird. Aber solange die Langmut und die Gnade währen, lässt Gott die Sonne über Böse und Gute aufgehen.
In Vers 45 heißt es: „Und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ So fordert der Herr seine Jünger, an die er sich speziell in der Bergpredigt richtet, auf, genauso zu handeln wie der Vater im Himmel. Damit erweisen sie sich als seine Söhne, als Teil seiner Familie. Darum steht in Vers 45: „damit ihr Söhne eures Vaters seid, der im Himmel ist.“
Damit zeigt sich praktisch, dass sie Söhne des Vaters sind. Jesus macht auch deutlich, dass es nichts Besonderes ist, nur die zu lieben, die uns lieben. Das tun auch die Gottlosen. Und wenn man nur die Brüder grüßt, ist das ebenfalls nichts Besonderes, denn das wird weltweit so gemacht.
Der Herr möchte mehr. Das ist die Schlussfolgerung aus diesem Abschnitt. In Vers 48 heißt es: „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ Das ist der Maßstab für die Jünger des Messias Jesus.
Die Bedeutung von Werken und das Bild der Botschafterkinder
Gibt es bis dahin eine Frage oder eine Ergänzung? In Vers 45 ist eine Werkgerechtigkeit enthalten, damit ihr Söhne eures Vaters seid und seine Werke in euch bestätigt werden. Man könnte eher denken: „Ich komme als Sohn.“ Aber die Frage ist, ob hier tatsächlich Werkgerechtigkeit gelehrt wird.
Nein, das wird nicht gelehrt. Der Herr sagt vielmehr: „Damit ihr Söhne eures Vaters seid.“ Das bedeutet, sie sollen sich praktisch als solche erweisen. Genau das ist der Sinn.
Man kann das vielleicht mit einer Botschafterfamilie aus Amerika vergleichen, die ihren Wohnsitz in Bern hat. Die Eltern sagen ihren Kindern: „Ihr müsst euch wirklich so gut aufführen, dass ihr als echte Amerikaner erkannt werdet – als Amerikaner, die nur von der guten Seite bekannt sind.“ Ihr habt eine Verantwortung als Botschafterkinder. Ihr müsst euch so verhalten, dass ihr Amerika von der besten Seite zeigt.
Das ist zwar ein sehr schlechter und schwacher Vergleich, das ist mir schon klar. Aber er soll verdeutlichen, worum es geht: Wir als Gläubige sollen die Kennzeichen und das Wesen des Vaters an uns zeigen. Dadurch sind wir praktisch wirklich Söhne des Vaters.
Gut, gehen wir weiter zu Kapitel 6. Jetzt kommt das Thema Almosen geben.
Die Haltung beim Geben: Diskretion statt Selbstdarstellung
Der Herr nimmt also verschiedene Beispiele aus der Lehre des Gesetzes, um klarzumachen, was richtig ist und wie man es richtig verstehen muss. Wie gibt man Geld für gute Zwecke? Er sagt, wenn man Almosen gibt, soll man das nicht tun, um von den Menschen gesehen zu werden. Es soll verborgen und diskret geschehen – genau das Gegenteil von dem, was unsere Gesellschaft beim Spenden macht.
Das können kleine Beträge sein, von hundert Euro bis zu mehreren Millionen. Doch oft wird erwartet, dass mindestens eine kleine Tafel an einem schönen Gebäude angebracht wird, auf der steht, welche Familie oder Einzelperson gespendet hat. Das ist genau das Gegenteil dessen, was der Herr lehrt: nur diskret geben.
In der Wirtschaft heißt es heute oft: „Tue Gutes und sprich darüber.“ Das ist die Devise der Welt. Der Herr stellt sich jedoch gegen die Welt und gegen alle. Die Bibel ist herausfordernd. Jesus greift die Pharisäer, die Sadduzäer, die Essener und alle anderen an. Er deckt auf, wo wir stehen.
Darum macht er hier klar, wie das Geben aussehen muss. Er sagt: Du sollst nicht vor dir herposaunen, wie die Heuchler es in den Synagogen und auf den Straßen tun. Hier lässt sich ein feiner Zusammenhang zum Tempel erkennen.
Im zweiten Vorhof in Jerusalem, dem Frauenvorhof, gab es Säulenhallen entlang der äußeren Linien. In diesen Säulenhallen standen zahlreiche Opferkästen, die angeschrieben waren. Man konnte für verschiedene Zwecke Geld einwerfen.
Dort, im Tempel, beobachtet der Herr Jesus in Markus 12 eine Witwe, die zwei Lepta einwirft – das sind die zwei kleinsten Münzen, die es damals gab. Er sieht auch, wie die Reichen viel geben. Doch er erklärt, dass diese Witwe ihren ganzen Lebensunterhalt gegeben hat und mehr gegeben hat als alle anderen.
Es war nicht so, dass sie indiskret war. Sie hat das Geld diskret hineingetan. Die Opferkästen hatten die Form eines Schofarhorns. Schofar wird im Deutschen mit Schofarhorn oder Posaune übersetzt. In der Elberfelder Bibel wird das im Alten Testament regelmäßig so übersetzt.
Der Herr sagt also: Du sollst das nicht vor dir herposaunen. So erkennen wir den Zusammenhang mit den Opferkästen im Tempel. Es soll diskret und verborgen geschehen, nicht wegen der Menschen, sondern für den Herrn.
In Vers 4 heißt es: „Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.“ Selbst wenn man gibt, kann man wissen, dass man letztlich eine Art Dividende zurückbekommt. Gott bleibt uns nicht schuldig, er wird dir vergelten.
Wer aber vor den Menschen gibt, hat seinen Lohn bereits erhalten. Das war kein richtiges Geben. Die richtige Gesinnung beim Geben wird im Neuen Testament schön beschrieben, zum Beispiel in 2. Korinther 9,6-8:
„Dies aber sage ich: Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten. Jeder gebe, wie er sich in seinem Herzen vorgenommen hat, nicht mit Verdruss oder aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber liebt Gott. Gott aber vermag euch jede Gabe und jede Gnade überreich zu geben, damit ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überreich seid zu jedem guten Werk.“
Im Neuen Testament gibt es keine Prozentangaben, sondern den Grundsatz, nicht aus Verdruss oder Betrübnis zu geben – also nicht, wenn man eigentlich gar nicht möchte und es einem weh tut. Auch nicht aus Zwang, wenn ein gewisser Druck besteht, man sollte geben. Beides wird verurteilt.
Vielmehr heißt es: Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Das ist die neutestamentliche Richtlinie fürs Geben.
Die Haltung beim Beten: Diskretion und Echtheit
Und jetzt gehen wir zurück zu Matthäus 6. In Vers 5 spricht der Herr nach dem Thema Geben über das Beten. Können wir zusammentragen, was er beim Beten kritisiert? Was meint er genau mit dem Heucheln beim Beten?
Er sagt, dass manche ihr Gebet öffentlich vor anderen zur Schau stellen, damit alle sehen, wie sie beten. Beten sollte aber auch etwas Diskretes sein und nicht etwas, das man präsentiert.
Wie ist das zum Beispiel, wenn man in ein Restaurant geht? Man kann an das Beispiel des Apostels Paulus denken, als es darum ging, dass man nach einigen Tagen endlich wieder essen konnte auf dem Schiff (Apostelgeschichte 27). Paulus hat vor allen gedankt. Das ist ja im Restaurant. Wenn wir vor dem Essen danken, dann ist das keine Präsentation, sondern etwas, das wir auch zuhause ganz normal tun.
Ich weiß nicht genau, an welcher Stelle, aber wir haben eine Stelle, in der ein Pharisäer sagt: „Danke, Herr, dass ich nicht so bin wie dieser andere.“ Das steht in Lukas 18. Das kann man als heuchlerisches Beten bezeichnen. Dort dankt jemand, dass er der Gute ist und es ihm gut geht, und dankt Gott dafür. Das ist eigentlich heuchlerisches Beten, im Gegensatz zum Dank beim Mahl.
Du hast jetzt das Beispiel vom Pharisäer im Gleichnis in Lukas 18 angeführt, der sogar dankt, dass er nicht so ist wie andere, die schlechter sind als er. Das ist natürlich ein Beispiel für Heuchelei.
Aber hier in Matthäus 6, Vers 5 meint der Herr mit Heuchelei speziell, dass man sich präsentiert, indem man sein Gebet extra in der Öffentlichkeit verrichtet. Im Judentum gab es bestimmte Zeiten, zu denen man beten sollte. Diese Zeiten konnten so gewählt werden, dass man gerade dort war, wo man in der Öffentlichkeit gesehen wurde. Man konnte also das Timing so legen, dass man sich mit dem Beten in der Öffentlichkeit zur Schau stellte.
Das greift der Herr an: Diejenigen, die ihre Gebetszeiten so einteilten, dass sie sich in der Öffentlichkeit präsentieren konnten, kritisiert er.
In diesem Zusammenhang ist auch zu sagen, dass es problematisch ist, wenn wir zum Beispiel Videos im Internet sehen, in denen Christen auf der Straße beten, sich dabei filmen und das dann veröffentlichen. Das entspricht ebenfalls nicht dem, was der Herr hier meint.
Der Herr macht also klar: Beten soll keine öffentliche Präsentation sein. So wie das Geben diskret sein soll, soll auch das Beten diskret sein.
In Vers 6 sagt der Herr: Wenn man betet, soll man in die eigene Kammer gehen, also in sein eigenes Zuhause, und dort beten.
Dann gibt er ein Beispiel, wie die Jünger beten sollen. Dabei muss man noch Folgendes beachten: Die Jünger hatten damals den Heiligen Geist noch nicht. Der Heilige Geist wurde erst an Pfingsten gegeben. Heute hat der Heilige Geist eine wichtige Bedeutung für die Gläubigen, gerade beim Beten.
Die Kraft des Heiligen Geistes beim Beten
Können wir uns Epheser 6 ansehen? Dort liest man in Vers 18: „Zu aller Zeit betend, in allem Gebet und Flehen im Geist und hierzu wachend, in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen.“
Hier heißt es „in allem Gebet und Flehen im Geist“. Dieser Ausdruck im Griechischen, „im Geist beten“, bedeutet „in der Kraft des Heiligen Geistes“. Es handelt sich um einen dativischen Ausdruck, der aussagt, dass das Beten eben in der Kraft des Geistes geschieht. Der Heilige Geist gibt die Kraft, überhaupt beten zu können – sowohl zum Vater als auch zum Sohn.
Ein weiteres Beispiel findet sich im Judasbrief, Vers 20: „Ihr aber, Geliebte, baut euch selbst auf in eurem allerheiligsten Glauben und betet im Heiligen Geist.“ Auch hier bedeutet „im Heiligen Geist“ „in der Kraft des Heiligen Geistes“. Wieder handelt es sich um eine Dativkonstruktion. So ist es also der Heilige Geist, der die Kraft und Fähigkeit zum Beten gibt.
Das wird besonders auffällig, wenn man zum Beispiel an der Klagemauer oder in einer Synagoge ist. Wie wird dort gebetet? Die Menschen haben immer Gebetsbücher, sogenannte Sittur, mit schönen Gebeten. Sie beten jedoch nicht frei, sondern müssen die vorgegebenen Gebete ablesen. Ganz anders ist das in der Gemeinde nach dem Neuen Testament: Dort wird absolut frei gebetet.
Das hängt damit zusammen, dass Israel den Heiligen Geist nicht hat. Das orthodoxe Judentum besitzt den Heiligen Geist nicht. Aber in der biblischen, neutestamentlichen Gemeinde haben die Gläubigen den Heiligen Geist. Das wirkt sich ganz konkret aus in diesem lebendigen Betenkönnen.
Der Herr hat also zu einer Zeit, als seine Jünger den Heiligen Geist noch nicht hatten, ein Gebet gegeben, das nicht als einziges Gebet gemeint war, sondern vielmehr als Beispiel dafür, wie gottgemäßes Beten aussieht. Aus diesem Gebet können wir lernen, wie wir beten sollen, nach dem Sinn des Herrn Jesus.
Er macht auch klar, dass es kein Plappern sein soll. Man muss nicht meinen, dass ein Gebet wertvoller wird, wenn man sehr viele Worte macht. Auffällig ist, dass das Gebet im Vaterunser sehr knapp und kurz ist, aber jeder Satz sitzt.
Darum sagt er in Vers 7, dass das viele Plappern, also die vielen Worte, völlig unbrauchbar sind, und erklärt dann mit dem Vaterunser, wie ganz präzise und kurz gebetet werden kann.
Das Vaterunser als Beispiel für das richtige Beten
Und jetzt beginnt das Gebet in Vers neun mit „Unser Vater, der du bist in den Himmeln“. Das ist eigentlich immer noch ganz jüdisch. Wir befinden uns hier weiterhin völlig im Rahmen des damaligen Judentums.
Auch im Judentum betet man „Avinu Shebashamai“, was bedeutet „Unser Vater, der du bist in den Himmeln“. Dabei hat „Vater“ die Bedeutung „Gott als Schöpfer“. Dazu können wir in Jesaja nachschlagen. Jesaja 64, Vers 8, darf ich bitten, vorzulesen: „Zürne nicht allzu sehr, o Herr, und gedenke nicht ewiglich an die Sünden. Ziehe doch in Betracht, dass wir alle dein Volk sind.“ Meinst du das? Ah, nein, Vers 7.
Wie ist es hier? Der Vers lautet: „Nun aber bist du, Herr, unser Vater, wir sind der Ton und du bist unser Töpfer, wir alle sind das Werk deiner Hände.“ Bei mir ist die Verszählung ein bisschen anders; bei mir ist es Vers 8, bei dir Vers 7.
Man sieht hier, dass Gott „unser Vater“ genannt wird. Die Stellung der Gläubigen, die zur Gemeinde gehören, als Kinder Gottes, ist aber eine andere Stellung als die, die Israel hatte. Wieso können sie trotzdem beten „Unser Vater“?
Der nächste Satz lautet: „Wir sind der Ton und du bist unser Bildner.“ Das macht klar, dass „unser Vater“ meint „der, der der Schöpfer ist“ – Vater im Sinn von Schöpfer, ja? Auch Jesaja 63,16. Ja, genau, sehr gut. Lies es gerade vor, bitte.
Jesaja 63, Vers 16: „Denn du bist unser Vater, denn Abraham weiß nichts von uns, und Israel kennt uns nicht. Du, Herr, bist unser Vater, unser Erlöser von alters her ist dein Name.“ Da steht wieder „unser Vater“, aber eben Jesaja 64,7 macht dann klar: Vater im Sinn von Bildner des Tons, der Töpfer.
Das Verhältnis des Herrn Jesus als ewiger Sohn Gottes zum Vater ist etwas anderes. Gott ist der ewige Vater des Herrn Jesus. Nun ist aber der ewige Sohn in diese Welt gekommen und hat die Möglichkeit gegeben, dass Menschen in die Familie Gottes aufgenommen werden können.
Das ist Johannes 1. Können wir das kurz aufschlagen? Johannes 1, Vers 12, und auch Vers 11: „Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an. So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Willen des Fleisches, auch nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.“
Hier sieht man, dass Jesus in das Seine kam, das ist das Volk Israel. Die Masse hat ihn nicht angenommen. Aber denen, die ihn annahmen, eröffnete er eine ganz neue Möglichkeit, nämlich dass sie das Recht bekommen sollen, Kinder Gottes zu werden – durch Wiedergeburt.
Das führt zu einem Verhältnis zu Gott, das tiefer ist als nur das Verhältnis, das Israel kannte, zu Gott als dem Töpfer, dem Schöpfer.
Dazu müssen wir Galater 4 aufschlagen, um das zu verstehen. Wir sollten Galater 4, Verse 4 bis 7 lesen: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen. Weil ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen gesandt, der ruft: Abba, Vater! So bist du also nicht mehr Knecht, sondern Sohn. Wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus.“
Jetzt sehen wir: Diese Sohnschaft beziehungsweise Gotteskindschaft nach Johannes 1 bedeutet, dass Gott den Geist seines Sohnes ins Herz hineingesendet hat. Dieser Geist ruft „Abba, Vater“. Das ist jetzt sehr speziell.
„Abba“ ist hebräisch-aramäisch, aber es ist nicht dasselbe wie „Avinu“, unser Vater. Im Judentum wurde gelehrt, man dürfe Gott nicht „Abba“ nennen, sondern nur „Avinu“, „unser Vater“. Auch nicht „Avi“, „mein Vater“.
Darum wurde der Herr Jesus ja auch angegriffen in Johannes 5, weil er immer von „meinem Vater“ sprach. Dort sagte er „Avi“ und wurde deshalb angegriffen.
Im Judentum lehrt man, man solle „Avinu“ sagen – „unser Vater“ –, aber nicht „mein Vater“ und schon gar nicht „Abba“, weil „Abba“ viel inniger ist als nur „Vater“. Im Prinzip entspricht es unserem deutschen Wort „Papa“.
Paulus benutzt im Griechischen nicht das Wort „Papa“, sondern das hebräisch-aramäische Wort. Er hätte „Patridion“ benutzen können. Das ist eine Verkleinerungsform und würde „Väterchen“ bedeuten, aber das wäre unwürdig für Gott.
Er schrieb also an die Galater, Nichtjuden, Heiden, die zum Glauben gekommen sind, und macht ihnen klar: Jetzt dürft ihr Gott „Abba“ nennen. Das ist aber gar nicht ihre Sprache. Sie müssen eben lernen, diese vertraute Ansprache zu verwenden.
Er gab ihnen aber nicht ein Wort wie „Papa“, um etwas Unwürdiges in der Beziehung zu Gott zu verhindern.
So muss man wissen: „Abba“ ist wirklich ganz zärtlich und innig, aber mit tiefer Ehrfurcht.
Die Wirkung des Heiligen Geistes im Gebet: Ein Beispiel aus der Geschichte
Ja, und genau das bewirkt der Heilige Geist. William Macdonald, vielen bekannt durch seine bewährten Bücher, war während des Zweiten Weltkriegs auf Honolulu stationiert. Dort gab es einen Blackout: Alle Fenster mussten mit schwarzen Tüchern verhängt werden, damit die Japaner, die nachts darüber flogen, nicht erkennen konnten, ob Soldaten oder Menschen in den Gebäuden waren. Alles wurde so verdunkelt.
In dieser schweren Zeit gab es einen jungen Mann, der wirklich zum Glauben durchbrach. Er wollte sich bekehren und bat William, mit ihm zu beten. William ließ ihn einfach beten. Der junge Mann begann mit den Worten: "Dear Father" – lieber Vater. Niemand hatte ihm gesagt, dass man beim Beten so anfangen müsse. Woher wusste er das? Der Heilige Geist hatte es in seinem Herzen gewirkt.
Er sagte: „Mein Leben war ein Blackout, ich war so im Dunkeln, wie wir damals alles verdunkelt hatten. Jetzt bin ich zum Licht gekommen.“ Von der Bekehrung an konnte er frei beten. Genau das bewirkt der Heilige Geist: Er ruft in unseren Herzen „Vater“ und stellt diese Beziehung her.
Doch das geht weit über ein einfaches „unser Vater“ hinaus, im Sinne von „Du bist der Töpfer, wir sind der Ton“. Es bedeutet, dass wir als Kinder Gottes den Vater kennen – so wie der Herr Jesus, der ewige Sohn, den Vater von Ewigkeit her kannte. Natürlich können wir das nicht vergleichen, denn wir sind Geschöpfe und er ist Gott, der Sohn. Trotzdem ist es dieselbe Beziehung.
Deshalb werden im Johannes-Evangelium und in den Johannesbriefen die Gläubigen immer „Kinder Gottes“ genannt, niemals „Söhne Gottes“. Das soll den Kontrast deutlich machen, denn in den Schriften von Johannes wird Jesus als der Sohn Gottes bezeichnet. So wird die Differenz klar hervorgehoben.
Im Römerbrief und im Galaterbrief werden wir zwar „Söhne“ genannt, aber in den Schriften von Johannes nicht. Dort geht es speziell um den ewigen Sohn, und der Unterschied wird bewusst betont. So ist diese Beziehung einzigartig.
Israel konnte also auch vor dem Kreuz beten: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln.“ Gläubige aus Israel hatten diese Beziehung. Aber damals war der Scheidevorhang im Tempel noch geschlossen. Dieser Scheidevorhang wurde erst zerrissen, als Jesus am Kreuz starb.
Unsere Beziehung zu Gott ist so, dass wir, wie es in Hebräer 10,19 heißt, durch den Vorhang hindurch in die unmittelbare Gegenwart Gottes treten dürfen. Wir dürfen Gott kennen als Vater.
Hier erklärt Jesus den Jüngern, die den Heiligen Geist noch nicht empfangen hatten, wie sie beten sollen. Er lehrt sie: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln.“
Die Bedeutung des Vaterunsers in der Endzeit
Ja, Carlo? Kann man auch sagen, dass in der großen Drangsalszeit dieses Gebet ganz spezifisch wieder Priorität haben wird? In der großen Drangsalszeit für den jüdischen Überrest vor Pfingsten waren sie Teil des jüdischen Überrests. Und natürlich, nach der Entdrückung der Gemeinde, wenn diese Erweckung in Israel kommt – zuerst die 144.000, dann sogar ein Drittel dieses Überrests aus Israel – wird genau die Fortsetzung sein von dem Überrest, an den der Herr sich in der Bergpredigt richtet.
Wie du eben fragst, ob dieses Gebet dann eine besondere Rolle spielen wird: Ja, ganz bestimmt. Ich kann auch sagen, welche Sätze ganz besonders wichtig sind. Wenn sie beten: „Gib uns unser tägliches Brot“, dann wird das die Zeit sein, in der der Antichrist das Zahlungssystem ändert. Man wird nicht mehr mit Bargeld zahlen können, sondern nur noch, wenn man auf die rechte Hand oder auf die Stirn das Zeichen des Tieres annimmt.
Das bedeutet, man verpflichtet sich zur Anbetung dieses Götzen. Und dann werden viele ruiniert sein. Was kann man machen, wenn man ruiniert ist? Dann ist die Lage wirklich prekär, nicht wahr? Prekär kommt ja von „precari“, was beten bedeutet. Prekär ist eine Situation, in der man sich bewusst ist, dass nur Beten hilft. Ja, sie werden beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Aber natürlich auch „Dein Reich komme“ – das wird auch ein ganz intensives Gebet sein.
Gut, aber gehen wir der Reihe nach. Jetzt die Frage: Wie viele Bitten gibt es in diesem Gebet? Hat das jemand mal ausgezählt? Nein? Dann gehen wir doch schön der Reihe nach durch. Was ist die erste Bitte? „Geheiligt werde dein Name!“
Zweite Bitte: „Dein Reich komme!“
Dritte Bitte: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch auf Erden!“
Nächste Bitte: „Unser tägiges Brot gib uns heute!“
Dann: „Vergib uns unsere Schuld!“
Sechste Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung!“
Und die letzte: „Errette uns von dem Bösen!“
Ja, es sind genau sieben Bitten – zur Vollkommenheit.
Jetzt ist die Frage: Der Mehrheitstext hat am Schluss noch eine Anbetung: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen.“ Der Minderheitstext lässt das weg.
Jetzt frage ich: Gehört das dazu oder nicht? Danke, dass du sagst, es gehört dazu. Aber was machst du mit solchen Leuten, die so überzeugt sind, dass der Minderheitstext einfach das wissenschaftlich Beste ist?
Die Bestätigung des Vaterunsers im 2. Timotheusbrief
Oh, Timotheusbrief, Timotheusbrief – schauen wir uns mal an, was im Timotheusbrief steht. 2. Timotheus 4: Kann jemand mal vorlesen? Der Apostel Paulus schreibt aus der Todeszelle in Rom. Liest jemand ab Vers 16 bis 18 bitte? Welches Kapitel? 2. Timotheus 4,16-18.
„Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich. Es werde ihnen nicht zugerechnet. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Predigt vollbracht würde – und alle, die aus den Nationen hören möchten. Und ich bin gerettet worden aus dem Rachen des Löwen. Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und bewahren für sein himmlisches Reich, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Da sind einige erstaunliche Parallelen, nicht wahr? Also, wir können ja gleich mal beginnen mit Amen. Das „Unser Vater“ im Mehrheitstext endet am Schluss mit Amen. Und der Apostel Paulus sagt hier in Vers 18 ebenfalls Amen. Aber vorher sagt er: „dem die Herrlichkeit sei in Ewigkeit“ – und zwar hier noch breiter ausgedrückt: „von Ewigkeit zu Ewigkeit“.
Dann sagt er weiter: Wenn wir jetzt von hinten zurückgehen, in Vers 18, sagt er, der Herr wird mich bewahren für sein himmlisches Reich. Das erinnert uns an „dein Reich komme“. Aber er nennt es hier „himmlisches Reich“. Ja, aber „sein Reich“ entspricht dem „dein Reich“ im Gebet.
Dann sagt er: „Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk.“ Und „führe uns nicht in Versuchung, sondern errette uns von dem Bösen“ – das ist auch darin enthalten, nicht wahr?
Interessant ist auch Vers 16. Er spricht davon, wie er vor Nero stand in der Gerichtsverhandlung. Alle haben ihn verlassen. Man sagte, es werde ihnen nicht zugerechnet. Wie auch „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigen“. Das ist genau diese Gesinnung, ja?
Ich beschäftige mich schon eine ganze Weile damit. Ich habe noch nicht gewusst, dass Gott uns in Versuchung führt. Oh, da kommen wir aber noch drauf. Ja, das weiß ja auch der Papst nicht, wie man das verstehen soll. Er hat das extra abändern lassen. Man soll nicht mehr beten, wie es da steht: „führe uns nicht in Versuchung“. Wir müssen auf diesen Punkt unbedingt eingehen.
Aber ich möchte diesen Gedanken erst fertig ausführen. Dann gehen wir bitte für bitte durch und dann gehen wir auf diesen Punkt ein, was das bedeutet mit der Versuchung.
Ist das nicht erstaunlich? Da haben wir so viele Punkte. Ich habe im griechischen Text für mich all die übereinstimmenden Wörter unterstrichen. Es gibt zwölf Wörter aus dem „Unser Vater“, die man da in 2. Timotheus 4 wiederfindet.
Und das Interessante ist das, was angeblich eine Hinzufügung sei: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.“ Das ist aber verknüpft mit Gedanken, die im „Unser Vater“ vorkommen, wie eben „errette uns von dem Bösen“. Und hier wird „erretten von jedem bösen Werk“ gesagt. Ja, und „wir werden bewahrt für sein Reich“.
Das macht klar, dass diese Dinge wirklich zusammengehören. Es ist nicht einfach irgendein Abschreiber, der später noch etwas Schönes dazusetzen wollte, damit das Gebet einen würdigen Abschluss hätte. Nein, das zeigt: Der Apostel Paulus kannte das „Unser Vater“ wirklich in der Version, wie es im Mehrheitstext ist. Darum haben wir das hier in 2. Timotheus 4.
Wir sehen, er ist nicht genau an den Wortlaut gebunden. Er kann sagen „sein Reich“ statt „dein Reich“. Er kann sagen „bewahren für sein himmlisches Reich“ und er kann sogar ausweiten: „dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit“ anstatt nur „in Ewigkeit“.
Das macht klar, dass das Gebet ein Modell ist. Es ist nicht gemeint, dass es genau so sein muss und nicht anders. Aber der Herr hat dieses Gebet so gegeben, wirklich als Basis, um uns ganz wichtige Dinge zu lehren.
Was auch auffällt: Das Gebet beginnt mit Anbetung und endet mit Anbetung – aber nur, wenn wir den langen Schluss dazunehmen. Sonst geht diese Belehrung verloren. Gott wird zuerst die Ehre gegeben und auch am Schluss wieder die Ehre.
Dann folgen die persönlichen Bitten, die durchaus angebracht sind.
Damit ist klar: Das gehört dazu. Wer das in seiner Bibel nicht drin hat, kann einfach ein Sternchen machen und am Rand dazu schreiben. Schon ist das Problem gelöst.
Aber das macht diesen Schluss wieder richtig kostbar. Da haben Leute uns die Luft rausgelassen, die gesagt haben, das gehört nicht dazu, das sei eigentlich ein später Zusatz und so weiter. Nein, das gehört dazu und ist so etwas Würdiges und Herrliches.
Das Fasten als Ausdruck der inneren Haltung
Wir fahren weiter und kommen nun zum Abschnitt über das Fasten, in den Versen 16 bis 18. Dieser Abschnitt behandelt Jesus und ergänzt die Themen Almosen geben und Beten um das Fasten. Dabei macht Jesus deutlich, dass das Fasten diskret geschehen muss und nicht aus Verdienst geschehen soll.
Nun stellt sich die Frage: Wo wird im Alten Testament das Gebot des Fastens gegeben? Die Antwort lautet: im Dritten Buch Mose, also Levitikus, beim Yom Kippur. Yom Kippur ist ein ausdrücklicher Fastentag im Alten Testament. Gott hat dies so festgelegt, und wir können das kurz nachlesen. Im Dritten Buch Mose, Kapitel 16, wird der Yom Kippur im Detail beschrieben. Kann jemand vorlesen? Drittes Buch Mose 16, Vers 31: „Ein Sabbat der Ruhe soll er euch sein, und ihr sollt eure Seelen kasteien, eine ewige Satzung.“ Dieses Kasteien der Seelen wurde als Fastentag verstanden, der an diesem Tag durchgeführt wird.
Abgesehen davon hat Gott in der Tora kein allgemeines Fastengebot gegeben. Allerdings wurden freiwillig verschiedene Fastentage eingeführt. Dazu kann man Sacharja 7 und 8 lesen. Dort werden verschiedene Monate genannt, und die Frage wird gestellt, ob diese Fastentage weiterhin eingehalten werden sollen. Diese Fastentage wurden im Zusammenhang mit der babylonischen Gefangenschaft eingeführt. Wichtige Ereignisse beim Untergang der Stadt Jerusalem und des Tempels wurden als Fastentage festgelegt, zum Beispiel der Tischa be’Av, der neunte Av. Das ist der Tag, an dem der Salomonische Tempel unterging. Dieser wurde als Fastentag freiwillig eingeführt.
In Sacharja 7 und 8 geht es um die Frage, ob dieses Fasten weitergeführt werden soll. Gott erklärt dort den eigentlichen Sinn und die Bedeutung des Fastens. Zusammenfassend lässt sich sagen: Es gibt im Alten Testament freiwilliges Fasten zu verschiedenen Gelegenheiten, aber kein von Gott gebotenes allgemeines Fastengebot.
Außerdem gibt es ein wöchentliches Fasten, das eingeführt wurde. Wir können das kurz in Lukas 18 nachlesen. Diese Verse wurden heute schon von Philipp erwähnt, es ist das Gebet des Pharisäers. Kann jemand Lukas 18, Vers 11 vorlesen? Dort heißt es: „Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst: 'Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich erwerbe.'“ Der Zöllner aber stand weit entfernt, wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“
Im Mittelpunkt steht vor allem Vers 12, wo der Pharisäer sagt, er faste zweimal in der Woche – gemeint sind Montag und Donnerstag. Diese Sitte hatte sich eingebürgert, weil Mose an einem Donnerstag auf den Berg Sinai ging, um die Gesetzestafeln zu empfangen, und vierzig Tage später, an einem Montag, wieder herabkam. Deshalb wurden diese beiden Tage im Judentum als Fastentage eingeführt. Das meinte der Pharisäer mit seinem Fasten. Gott selbst hat dieses Fasten jedoch nicht geboten.
Auf der anderen Seite sagt Jesus im Markus-Evangelium, Kapitel 9, wo es um besonders hartnäckige Dämonen geht, die stumm machen, dass diese Art nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden kann. Aber was bedeutet Fasten? Es bedeutet, Zeit zu sparen, weil man nicht kochen und essen muss. Diese gewonnene Zeit kann man nutzen, um intensiv für eine Sache zu beten. Fasten ist also ein Mittel zum Zweck.
Ich meine, als Männer sollte man die Frauen beobachten, wie viel Zeit sie täglich für den Einkauf der Rohstoffe, deren Verarbeitung, das Kochen und Essen aufwenden. Das Essen selbst geht meist schnell, aber die gesamte Vorbereitung ist zeitaufwändig. Diese Zeit kann man durch Fasten gewinnen und für etwas anderes, für den Herrn, nutzen. Essen ist notwendig, aber es gibt Ausnahmesituationen, in denen man darauf verzichten kann. So gewinnt man Zeit, die man gewinnbringend für den Herrn einsetzen kann.
Das Fasten macht also Sinn, aber Jesus betont, dass es nichts Verdienstliches ist. Deshalb soll es diskret geschehen. Wir lernen hier immer wieder, dass Diskretion bei allen geistlichen Dingen wichtig ist: beim Geben, Beten und Fasten.
Im weiteren Verlauf wird erwähnt, dass viel Zeit für Körperpflege aufgewendet wird. Das ist individuell unterschiedlich. Interessant ist, dass es zur Zeit der Stiftshütte eine Form der Körperpflege gab, bei der die weisen Frauen sogar ihre Spiegel zur Verfügung stellten. Diese Spiegel bestanden aus Bronze und waren so glatt poliert, dass man sich darin fast wie in einem Glasspiegel sehen konnte. Die Frauen waren bereit, auf diese Spiegel zu verzichten, um der Sache des Herrn zu dienen. Das ist ein weiteres Beispiel für Verzicht.
Gott sei Dank sind Spiegel an sich nicht schlecht, aber man muss sich fragen, wo der Herr steht und wo man selbst steht. Das lässt sich auf viele Themen im Alltag übertragen. Fasten kann auch ein Verzicht auf andere Dinge sein. Dabei muss man verstehen, dass Fasten im direkten Sinne des Wortes den Verzicht auf Essen meint. Es gibt jedoch verschiedene Anwendungen und Ausweitungen dieses Gedankens.
Die positiven Anwendungen des Fastens sind gut. Allerdings sollte man Fasten nicht auf die Arbeit beziehen – das gilt besonders für die Zuschauer im Livestream, damit sie verstehen, was hier angesprochen wurde.
Zum Schluss noch eine Anmerkung: Es gab noch zwei Fragen aus der Pause, die beantwortet werden sollten – zum Gebet eines Ungläubigen und zu „führe uns nicht in Versuchung“. Kommt das noch dran? Ja, genau, das wäre fast untergegangen. Carlo, du hattest mir geschrieben, dass du das auch gerne den anderen mitteilen möchtest.
Das Gebet eines Ungläubigen und die Bedeutung des Vaterunsers
Wenn ein Ungläubiger das Vaterunser betet, ist das natürlich riskant – etwa bei einer Beerdigung, wenn alle am Schluss gemeinsam das Vaterunser sprechen. Ein Ungläubiger betet dann: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“ Wie kann er das wirklich meinen, dass Gott die ganze Herrschaft in seinem Leben übernimmt? In diesem Gebet steckt einiges, was eigentlich nicht mit einem Ungläubigen kompatibel ist. Es ist ein Gebet des Glaubens.
Der Herr Jesus hat dieses Gebet aber nicht gelehrt, damit es in der Öffentlichkeit im Sprechchor gebetet wird. Er sagt: „Wenn du betest, dann geh in dein Zimmer, schließe zu und bete so.“ Das ist erstaunlich: Gerade das Gebet, das der Herr für das persönliche Beten in der Kammer gegeben hat, wird oft zum öffentlichen Gebet gemacht. Das heißt aber nicht, dass es unmöglich ist. Ein Sprechchor ist auch möglich.
Wir singen Lieder, und viele Lieder sind direkte Gebete zu Gott, dem Vater und dem Sohn. Dabei beten wir alle gleichzeitig, wenn wir singen. Das Singen wird uns im Neuen Testament empfohlen und sogar als Befehl gegeben, wie zum Beispiel in Epheser 5 und Kolosser 3. Diese Stellen machen uns klar, wie wichtig das gemeinsame Singen ist. Beten in der Gemeinschaft ist also biblisch möglich.
Anstatt zu singen, einfach nur zu sprechen, ist zwar möglich, aber weniger schön. Das Singen bringt etwas Künstlerisches mit hinein. So können wir die Gefühle, die wir im Gebet zum Ausdruck bringen, auf besondere Weise ausdrücken. Deshalb singen wir. Das Singen hilft uns, unsere Gefühle besser auszudrücken. Viele Menschen haben ohnehin Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu zeigen, andere können das besser. Das Singen unterstützt eine Gefühlsäußerung, die aber nüchtern bleibt.
Der Gemeindegesang wurde in der Reformation neu entdeckt. Vorher sangen nur ein paar Mönche vorne, und das Volk hörte zu. Die meisten sangen nicht richtig mit – es war nicht ihre Sache. Mit der Reformation erkannte man, dass das Singen in der Gemeinde etwas ganz Wichtiges ist. Man hat die mystischen, oft zu langsam gesungenen gregorianischen Gesänge über Bord geworfen und das reformatorische, nüchterne, aber fröhliche Singen eingeführt. Man denke an „Ein feste Burg ist unser Gott“ – fröhlich, aber nüchtern, keine übertriebenen Gefühlsäußerungen, sondern kontrolliert.
Das Singen ist wunderbar, aber auch ein Sprechchor ist möglich. Wenn bei einer Beerdigung oder Hochzeit alle gemeinsam beten, auch Ungläubige, passt das für die Ungläubigen eigentlich gar nicht. Trotzdem hoffe ich immer wieder, dass jemand wirklich ehrlich betet: „Vergib uns unsere Schuld.“ Das wäre eine Chance für einen Durchbruch. „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“ – in meinem Leben, übernimm du die Kontrolle. Das wäre großartig.
Jedes Mal ist es eine Chance. Aber für viele ist es genau das, was der Herr vorher sagt: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen“ (Matthäus 6,7). Oft ist es ein inhaltsloses Plappern, aber nicht überall. Darum kann man hoffen, dass der Herr solche Momente benutzt, um jemandem das Bewusstsein zu geben, und dass daraus ein echtes Gebet wird: „Vergib uns unsere Schuld.“
Wenn ich nun kurz zusammenfasse: Du hast gefragt, was geschieht, wenn ein junger Ungläubiger das Vaterunser betet. Wenn er wirklich von ganzem Herzen bittet: „Vergib uns unsere Schuld“, dann wird Gott es erhören. Deine Gebete sind aufgeschrieben.
Bevor Cornelius Christ wurde, hat er gebetet, und Gott hat seine Gebete erhört. Wenn ich als Ungläubiger nicht ehrlich bete, „Vergib mir meine Schuld“, sondern nur in der Gemeinschaft sage „Vergib uns unsere Schuld“, ist das etwas anderes. Im Gebet geht es ja um meine persönliche Schuld. Man könnte das Gebet auch so sprechen.
Das Vaterunser ist in der Wir-Form, obwohl es vom Herrn für das persönliche Beten in der Kammer gegeben ist. Warum soll man es dann trotzdem in der Wir-Form beten? Zum Beispiel: „Führe uns nicht in Versuchung, errette uns.“ Der Gläubige macht sich so eins mit allen anderen Gläubigen. Das wird dadurch zum Ausdruck gebracht.
Wenn ein Ungläubiger das Gebet in der Wir-Form spricht, wie kann das dann persönlich sein? Jeder muss das Gebet so beten, dass es sich auf ihn persönlich bezieht. Gleichzeitig macht er sich eins mit allen anderen, die es auch persönlich nehmen. Dann kann es seine volle Wirkung entfalten.
Das Gebet kann wirklich die Kraft haben, wie das Gebet des Zöllners in Lukas 18. Dort betet der Zöllner: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Das ist natürlich persönlich. Wenn das Gebet aber von Herzen kommt, ist es persönlich und zugleich verbunden mit allen anderen, die es ebenso tun.
Nun bleibt noch eine Frage offen: „Führe uns nicht in Versuchung!“ Was bedeutet das?
Die Bedeutung von Versuchung im biblischen Kontext
Erster Grundsatz – Jakobus 1,13-15
Niemand soll sagen, wenn er versucht wird: „Ich werde von Gott versucht.“ Denn Gott kann nicht vom Bösen versucht werden, und er selbst versucht auch niemanden. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Wenn die Begierde empfangen hat, bringt sie Sünde hervor; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
Ehret euch nicht, wenn ihr gelüstet habt.
Erster Grundsatz: Wenn jemand sagt, er werde von Gott versucht, ist das vollkommen abzulehnen. Gott kann nicht vom Bösen versucht werden, und er versucht selbst niemanden. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass das Wort „versuchen“ im Griechischen zwei Bedeutungen hat. Es kann bedeuten, jemanden zu prüfen, oder jemanden zum Bösen zu verleiten. Je nach Stelle muss man herausfinden, was gemeint ist.
Zum Beispiel im Alten Testament, das gilt genauso für das Hebräische: In 1. Mose 22 heißt es: „Nach diesen Dingen aber versuchte Gott Abraham.“ Hier steht „Gott versucht niemanden“ – dort muss man „versuchen“ mit „prüfen“ übersetzen. Es ging also nicht darum, Abraham zum Bösen zu verleiten. Das tut Gott nie.
Denn der zweite Grundsatz steht in 1. Johannes 1,5: „Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.“ Gott hat mit dem Bösen überhaupt nichts zu tun. Diesen Gedanken muss man völlig verwerfen, wenn die Idee aufkommt, Gott habe den Sündenfall gewollt. Nein, Gott hat mit dem Bösen absolut nichts zu tun.
Warum erwähne ich das? Weil es solche bösen Lehren gibt, die man ganz entschieden ablehnen muss. Gott hat mit dem Bösen gar nichts zu tun, und er ist absolut gerecht.
Im Gebet heißt es nicht „versuche uns nicht“, sondern „führe uns nicht in Versuchung“. Das ist nicht dasselbe.
Gott bestimmt, in welcher Zeit wir geboren werden. Das konnten wir nicht wählen. Wir wurden nie gefragt, wo und wann wir geboren werden möchten. Wir konnten uns nicht entscheiden, ob wir in Bombay in eine hinduistische Familie hineingeboren werden oder in Zürich in eine christliche Familie. Gott bestimmt, wo ein Mensch hineinkommt und wie der Ablauf seines Lebens ist.
Vieles können wir planen, aber plötzlich kommen wir in Situationen, in die wir hineingeraten sind. Dann stellt sich die Frage: „Wenn ich nur nie hierher gekommen wäre!“ Man gerät in brandgefährliche Situationen. Zum Beispiel ist jemand Banker und Christ, und plötzlich kommt die Frage: „Wir könnten das und das machen.“ Es entsteht Druck, und der Banker merkt, dass er niemals hätte zustimmen dürfen. Diese Entscheidung war unmoralisch, aber er kam in diese Situation.
Hätte er einen anderen Beruf gewählt, wäre er nie in diese Situation gekommen. So etwas ist schon geschehen. Einer ist fast moralisch daran zerbrochen, weil es ganz plötzlich kam. Und darum ist die Bitte: „Herr, bewahre mich vor solchen Situationen, dass ich nicht hineinkomme, wenn ich zu schwach wäre.“
Natürlich denken wir an den Zweiten Weltkrieg und was man dort alles erlebt hat; in welche Versuchungen Soldaten plötzlich kommen konnten, obwohl sie das gar nicht gesucht hatten. So betet der Gottesfürchtige: „Führe uns nicht in Versuchung.“ Gott kann Türen schließen, damit wir gar nicht erst in gefährliche Situationen kommen.
Aber es geht nicht darum, dass Gott jemanden zum Bösen versucht. Er versucht niemanden. Er kann aber genau bestimmen, wo Satan die Erlaubnis hat zu handeln und wo nicht. In Hiob 1 sehen wir das deutlich.
Die Bitte „Bewahre mich vor der Versuchung“ ist darin enthalten. „Führe uns nicht in Versuchung“ bedeutet also: Bewahre mich davor, in Situationen zu kommen, in denen ich zu schwach wäre.
Danke. Du hast vor langer Zeit mal gesagt, wenn ich mich recht erinnere, vielleicht brauchen wir das noch: Wenn der Antichrist kommt, dann in dieser Zeit „führe uns nicht in Versuchung“. Ich habe das nie in Bezug auf uns und die Zeit des Antichristen gesagt, denn ich bin hundert Prozent sicher, dass wir vorhergehen, bevor der Antichrist offenbar wird.
Ah, du meinst für die Gläubigen in der Drangsal, nach der Entrückung der Gemeinde, wenn der Antichrist auftritt. Für sie wird das ein ganz wichtiges Gebet sein: „Führe uns nicht in Versuchung.“ Genau. Aber es gilt für alle Zeiten.
Wenn man darüber nachdenkt, enthält jede einzelne Bitte so viel Tiefgang. So ist der Herr. Wir brauchen Worte, viele Worte, und der Herr gibt uns nur ein paar Satzteile, aber darin steckt so viel.
So können wir genau vom Herrn lernen. Das Prinzip, das wir in Prediger 5 lernen: Der Gerechte macht wenige Worte, aber diese Worte sollen Gewicht und Inhalt haben.
Was wollt ihr? Da ist jetzt kein Dank im „Unser Vater“ drin, aber man kann sagen, die Anbetung „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ ist eine Art Dank, weil Gott alle Ehre gegeben wird.
Es ist korrekt, dass das Wort „danken“ nicht ausdrücklich enthalten ist. Beten lernen wir mit dem „Unser Vater“. Aber es ist ein Gebet, das der Herr uns gegeben hat. Er hat uns noch viel mehr Gebete in der Bibel gegeben.
Zum Beispiel Epheser 1,3-14, der längste Satz der Bibel. Ein wunderbares Gebet des Apostels Paulus aus dem Gefängnis oder besser gesagt aus der Gefangenschaft: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern…“ Jedes Wort hat so viel Inhalt. Dort lernen wir Anbetung.
In Epheser 3 finden wir nochmals ein Gebet, in dem Paulus sagt: „Ich beuge meine Knie vor dem Gott und Vater.“ Dort lernen wir etwas ganz anderes zu beten.
So finden wir im Neuen Testament viele Gebete. Und dann will man auch das Danken lernen. Nicht ein Gebet sagt alles aus, sondern wir haben viele Gebete im Neuen Testament und noch mehr im Alten Testament.
Schon das Buch der Psalmen enthält viele Gebete, aber nicht nur das. Im ganzen Alten Testament finden wir zahlreiche Gebete.
Darum kann man sagen: Beten lernt man mit der Bibel. Das ist ganz wesentlich.
Zweitens kann man auch sagen: Beten lernt man von anderen. Wenn man in einer Gemeinde ist, in einer Gebets- oder Anbetungsstunde am Sonntagmorgen, dann schleicht sich ein gewisses Schema ein. Das ist ganz normal.
Dann besucht man andere Gemeinden, zum Beispiel in Singapur, Malaysia oder den USA, hört dort Leute beten, auch in einer Anbetungsstunde – ganz anders! Wieder ganz neue Gedanken, die beleben, und es gibt neue Ideen.
So lernt man von anderen, und das kann man in die eigene Gemeinde zurückführen, damit der Trend zu einem gewissen eingeschliffenen Schema immer wieder neu belebt wird.
Es ist schön, anderen Geschwistern zuzuhören, wie sie beten. Das bringt neue Gedanken und Anregungen. Das ist sehr wichtig.
Es gibt Menschen, die sind einfach originell in ihrer Art zu beten. Sie denken nicht in festgefahrenen Mustern. Jedes Mal ist es erfrischend, wenn Menschen, die wirklich mit dem Herrn leben, beten.
Es gibt auch Leute, die kreativ sind, aber wirklich schräg. Ich meine nicht solche Kreativität, sondern wirklich neue Gedanken, die man auf ganz andere Art betrachten kann.
So lernen wir auch zu beten.
Und dann ist es effektiv so: Jeder Gläubige, jeder Bekehrte hat den Heiligen Geist. Der Heilige Geist wirkt in unseren Herzen, sodass das Beten lebendig und echt ist.
Gibt es noch weitere Fragen? Wir sind eigentlich schon fast am Ende der Zeit, aber noch ein bisschen.
Die Mehrzahlform „Himmeln“ und die biblische Kosmologie
Himmel in der Mehrzahl. Ah, gute Frage. Warum ist das so? Also, in Vers neun heißt es: Unser Vater, der du bist in den Himmeln – Mehrzahl. Im Neuen Testament finden wir beides: manchmal Himmel in der Mehrzahl, manchmal Himmel in der Einzahl.
Im Alten Testament ist „Himmel“ im Hebräischen immer in der Mehrzahl. Shamayim heißt Himmel in der Mehrzahl, also die Himmel, Hashamayim. Und wie sagt man dann Einzahl, Himmel? Hashamayim. Es ist ein Mehrzahlwort, das je nach Zusammenhang entweder Mehrzahl oder Einzahl bedeutet. Komisch? Nein, gar nicht so komisch.
Ein Beispiel im Englischen, nur umgekehrt: Einer hat ein Schaf, also er hat ein sheep. Aber jetzt hat er tausend, er hat a thousand sheep – ohne ein „s“. Wie ist es mit Fisch? Einer fängt einen Fisch, dann noch einen dazu, und das sind nicht „two fishes“, sondern „two fish“. Je nach Region hört man aber auch bei den Einheimischen „fishes“. So ganz streng wird es also nicht gehandhabt.
Ja, ich höre da immer gut zu. „Oh, wow, da sagt jemand ‚Fisches‘.“ Und das nennt ein richtiger Kanadier so. Aber eben, einfach um zu verstehen: Grammatikalisch ist es etwas Fixes, eine Zahl wird aber auch für Mehrzahl gebraucht. Im Hebräischen wird Shamayim für Mehrzahl gebraucht, aber auch für Einzahl.
Man muss zum Beispiel 1. Mose 1,1 so übersetzen: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Da bedeutet Shamayim das Weltall. Aber dann, am zweiten Schöpfungstag, macht Gott die Rakia – und das ist nicht eine feste Hülle, sondern eine Ausdehnung, wie die Elberfelder Bibel das übersetzt. Rakia meint etwas ganz Hauchdünnes und Weitausgedehntes, das ist die Atmosphäre.
Gott war am zweiten Schöpfungstag tätig, und dann heißt es: „Und Gott nannte die Ausdehnung Shamayim, Himmel.“ Jetzt haben wir schon zwei Himmel.
Dann sagt Salomo bei der Einweihung des Salomon-Tempels in 1. Könige 8,27: „Der Himmel und der Himmel der Himmel vermögen dich nicht zu fassen, wie viel weniger dieses Haus.“ Das meint das ganze Weltall. Natürlich kann auch unser Lufthimmel Gott nicht fassen. Trotzdem wollte Gott seinen Namen im Salomon-Tempel wohnen lassen.
In 2. Korinther 12 sagt Paulus von einer Entrückung ins Paradies und spricht vom „dritten Himmel“. Ah, jetzt gibt es noch einen dritten Himmel. Also haben wir: den ersten, den zweiten und den dritten Himmel.
Der erste Himmel ist der Lufthimmel. Wenn man das Blau am Tag sieht, dann ist das wegen der Atmosphäre. Sonst hätten wir am Tag einen schwarzen Himmel, ohne Luft. So ist es auf dem Mond; dort sieht man am Tag einen schwarzen Nachthimmel. Auf der Erde hingegen haben wir einen schönen blauen Himmel.
Der zweite Himmel ist das Universum. Der dritte Himmel ist das Jenseits.
Im Neuen Testament, im Griechischen, kann man Einzahl und Mehrzahl sagen. Wenn hier steht „in den Himmeln“, kann man also verstehen, dass Gott überall ist: im Diesseits und im Jenseits.
In Jeremia 23 sagt Gott: „Bin ich es nicht, der den Himmel erfüllt, das ganze Universum?“ Würden wir fähig sein, bis zu den entferntesten Galaxien zu reisen? Das ist nicht möglich. Aber wenn wir dort wären, wäre Gott auch dort. Er ist überall da. Er ist der Gott, der überall im Diesseits ist.
Paulus sagt in Apostelgeschichte 17: „In ihm leben und weben wir.“ Gott ist überall. Aber er ist nicht nur hier, er ist auch im Jenseits.
In Jesaja 57 lesen wir von Gott, der im himmlischen Tempel im Jenseits thront.
Gott ist also – jetzt muss man das etwas klug sagen – sowohl der immanente Gott als auch der transzendente Gott: im Diesseits überall und im Jenseits.
Ganz wichtig: Das Göttliche im Hinduismus ist überhaupt nicht transzendent, denn die Hindus glauben, dass alles, die ganze Natur, Brahma, das Göttliche ist. Aber von einem jenseitigen Gott wissen sie nichts.
Darum ist die Rede von transzendentaler Meditation Unsinn. Sie wissen gar nicht, was Transzendenz bedeutet.
Der biblische Gott ist überall hier in der Schöpfung, aber er ist nicht die Schöpfung. Wichtig: Im Hinduismus ist die Schöpfung göttlich, aber der wahre Gott ist überall in der Schöpfung und auch im Jenseits.
Diesseits und Jenseits: Unser Vater, der du bist in den Himmeln. Jetzt ist das klar.
„Und dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel.“ Das gilt im Jenseits und auch im Diesseits, auf der Erde.
Ja, wollen wir noch beten zum Schluss?