Einführung in Davids schwere Sünde und Natan als Gottes Bote
Wir haben vor der Pause mit einem traurigen Lebensabschnitt Davids begonnen, in dem er in schwere Sünde gefallen ist: Ehebruch und Mord, um nur das Schlimmste zu nennen.
Dann kommt Kapitel zwölf, Vers eins: Der Herr sandte Nathan zu David. Nathan kam zu ihm und sprach: „Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte viele Kleintiere und Rinder, der Arme aber hatte nichts außer einem einzigen kleinen Lamm, das er gekauft hatte. Er nährte es, und es wuchs bei ihm auf, zusammen mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen, trank aus seinem Becher und schlief an seinem Busen. Es war ihm wie eine Tochter.
Da kam ein Reisender zu dem reichen Mann. Dieser wollte von seinem Kleinvieh und seinen Rindern etwas nehmen, um es für den Wanderer zuzubereiten. Stattdessen nahm er das Lamm des armen Mannes und richtete es für den Gast zu.“
Da entbrannte der Zorn Davids Seher gegen den Mann, und er sprach zu Nathan: „So wahr der Herr lebt, der Mann, der dies getan hat, ist ein Kind des Todes. Das Lamm soll er vierfältig erstatten, weil er diese Sache getan und kein Mitleid mit dem anderen gehabt hat.“
Darauf sprach Nathan zu David: „Du bist der Mann.“
Wir wissen zunächst nicht genau, wie viel Zeit nach der Sünde mit Bathseba verging, bis Nathan zu David kam. Aber wir können später daraus schließen, dass es kurz vor der Geburt des Kindes war. Das bedeutet etwa dreiviertel Jahre später, denn eine Schwangerschaft dauert ungefähr neun Monate. Man sieht also, dass David diese neun Monate in seiner Sünde verharrte. Er kehrte nicht um.
Außerdem kam Nathan nicht sofort zu David und deckte die Schuld klar und direkt auf. Stattdessen versuchte er es mit einem Gleichnis. David fing sich selbst. Als Nathan sagte: „Du bist der Mann“, wurde David klar, dass er nichts mehr vertuschen konnte. Er war so wütend auf den Mann in der Geschichte, obwohl er selbst genau so gegen Uriah gehandelt hatte.
Davids Reue und Gottes Vergebung mit Zucht
Die Reaktion Davids in Vers 13 lautet: Da sprach David zu Nathan: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“ Nathan antwortete ihm: „So hat auch der Herr deine Sünde hinweggetan; du wirst nicht sterben.“
Doch Nathan fügte hinzu: „Weil du den Feinden des Herrn durch diese Sache Anlass zur Lästerung gegeben hast, so soll auch der Sohn, der dir geboren ist, gewisslich sterben.“ Danach ging Nathan nach seinem Haus.
David tut Buße. Er sagt nicht einfach, wie damals Saul (vgl. 1. Samuel 15,30), als dieser überführt wurde und sagte: „Ich habe gesündigt, nun ehre mich vor den Ältesten.“ Hier wird deutlich, wie viel Wert diese Buße hat. David sagt auch nicht: „Ich habe gesündigt, so ehre mich“, sondern er bekennt: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“
Zunächst könnte man denken, er meint, er habe gegen Uriah oder gegen Bathseba gesündigt. Doch David erkennt, dass seine Sünde im tiefsten Wesen eine Sünde gegen Gott ist. Die Reaktion darauf ist sehr eindrücklich: Der Prophet kann ihm sofort die Vergebung Gottes zusprechen. Diesen Zuspruch finden wir bei Saul nach seiner Buße nicht.
Gleichzeitig sagt Nathan: „Und trotzdem kommst du, David, unter die Zucht Gottes.“ Die Sünde ist vergeben, aber die Zucht Gottes bleibt. Dies geschieht, damit die Feinde Gottes keinen Grund haben, weiter zu lästern und zu sagen: „Seht ihr, das ist das Volk Gottes, sie sündigen, sagen dann ‚Es tut mir leid‘, und dann ist schon alles wieder gut.“
Nathan macht deutlich, dass David unter die Zucht Gottes kommen muss, weil er Anlass zur Lästerung gegeben hat. David hat den Namen Gottes vor den heidnischen Völkern verunehrt. Deshalb muss das Kind sterben.
Schon zuvor hatte David erfahren, welche Zucht kommen soll. In Vers 11 spricht der Herr: „Siehe, ich will aus deinem Haus Unglück über dich erwecken, aus deiner Familie. Ich will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Frauen liegt vor den Augen der Sonne. Du hast es im Verborgenen getan, ich aber werde dies tun vor ganz Israel und vor der Sonne.“
Hier kündigt Gott Unglück über Davids Familie und die Schändung seiner Frauen an.
In seiner Reaktion sagte David, der reiche Mann soll das Lamm vierfältig erstatten – das Lamm, das dem Armen wie eine Tochter war.
Als erstes starb das Kind, das Bathseba geboren hatte, noch im gleichen Kapitel. Später verliert David auch Amnon, der durch seinen Bruder Absalom ermordet wird. Noch später tötet Joab Absalom, und damit ist der dritte Sohn Davids tot. Schließlich wird auch Adonija getötet.
So müssen vier Söhne Davids sterben, entsprechend dem königlichen Urteil, dass vierfältig erstattet werden soll. Dies ist sehr eindrücklich.
Das Prinzip von Vergebung und Zucht in Gottes Handeln
Wir haben hier das Prinzip, dass Gott züchtigt, obwohl Vergebung da ist. Dies ist besonders wichtig in Verbindung mit der Gemeindezucht. Das Ziel der Gemeindezucht ist es, den Betroffenen zur Buße zu führen. Allerdings ist dies bei weitem nicht die einzige Aufgabe.
Eine zweite Aufgabe besteht darin, dass die Feinde Gottes, also die Ungläubigen, keinen Grund zur Lästerung haben. Ein dritter Grund ergibt sich aus dem Grundsatz in 1. Timotheus 5, Vers 20. Dort heißt es, dass Älteste, wenn sie sündigen – und zwar fortdauernd – öffentlich überführt werden sollen. Normalerweise darf man Christen nicht öffentlich überführen. Doch bei Ältesten, die eine so verantwortungsvolle Position innehaben und in der Sünde verharren, ist eine öffentliche Überführung notwendig.
Der Grund dafür ist, dass auch die übrigen Furcht haben sollen. Gerade damit die Zucht eine Hilfe für andere ist und sie nicht in die Sünde fallen. Das Beispiel Davids und die Zucht, die sich über die kommenden Kapitel erstreckt, sollen uns helfen, nicht leichtfertig über Sünde und Vergebung nachzudenken.
Wir neigen dazu zu denken, dass wir sündigen können, dann Buße tun und alles ist vergeben und in Ordnung. Doch die Zucht Gottes ist dadurch nicht einfach aufgehoben. Dieses Prinzip findet sich übrigens auch in unserer Schweizer Rechtsprechung wieder. Wenn jemand vor Gericht Reue zeigt, hat das Einfluss auf das Urteil. Bei völlig verhärteten Personen kann das Gericht sehr hart urteilen. Wenn aber Reue vorhanden ist, wirkt sich das mildernd aus. Es bedeutet jedoch nicht, dass es keine Strafen gibt.
Auch in der Kindererziehung kann es wichtig sein, dass Kinder sofort einsehen, dass es Konsequenzen gibt. Es ist etwas Handfestes, das ihnen zeigt, dass sie zwar bereuen können – wie ich es auch bei meinen Eltern erlebt habe – und das auch gesagt haben. Dennoch müssen sie unter Umständen eine Arbeit erledigen oder eine andere Konsequenz tragen, damit sie solche Dinge nicht zu leichtfertig nehmen.
Dies ist ein göttliches Prinzip, das wir aus der Zucht Gottes an uns Menschen lernen können.
Davids Bußpsalm und Erkenntnis seiner verdorbenen Natur
Aus dieser Reue heraus entsteht Psalm 51. In der inspirierten Überschrift lesen wir: Psalm 51, Vers 1: „Dem Vorsänger, ein Psalm von David, als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Bathseba eingegangen war.“
David hat diesen Psalm also in der Folge gedichtet. Er beginnt mit den Worten: „Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte, nach der Größe deiner Erbarmungen. Tilge meine Übertretungen, wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Sünde! Denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist beständig vor mir.“
Er fährt fort: „Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen, damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, und rein erfunden, wenn du richtest. Siehe, ich bin in Ungerechtigkeit geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“
David wird also nicht nur seine Sünde bewusst, sondern auch seine verdorbene Natur. Das ist etwas Wichtiges, wenn wir als Gläubige Buße tun. Es geht nicht nur darum, die Tat zu bereuen, sondern auch darum, neu zu erkennen, wie verdorben unsere von Adam geerbte sündige Natur ist. Der Römerbrief nennt das „Fleisch“ oder „die Sünde“.
Bei David lernen wir, was wirkliche Buße ist. Gott gibt auch Trost. Es ist also nicht so, dass Gott nur Zucht auf Zucht gibt. Bathseba heiratet David später im Kapitel 12, und sie bekommen ein Kind. David nennt es Salomo (Vers 24), was „Frieden“ oder „Mann des Friedens“ bedeutet.
Dort heißt es: „Und der Herr liebte ihn, und er sandte durch Nathan den Propheten und gab ihm den Namen Jedidja, das heißt ‚der Geliebte des Ewigen‘, um des Herrn Willen.“ Über diesen Irrweg, über diese Linie, kommt schließlich Salomo, der die Königsdynastie weiterführen soll.
Das ist erstaunliche Gnade. Es erinnert sehr an das Lied „Amazing Grace, How Sweet the Sound“ – erstaunliche Gnade, so herrlich ist der Klang. Gnade, die einen so verdorbenen Sünder wie mich gerettet hat. Einst war ich blind, aber jetzt sehe ich. Dieses Lied stammt übrigens von einem ehemaligen Sklavenhändler, der es nach seiner Bekehrung gesungen hat.
Gottes Gnade macht also Mut, dass David weitergehen kann, weil er Buße getan hat. Aber was wir in den folgenden Kapiteln sehen, ist, dass David ab 2. Samuel 11 nie mehr derselbe David wie früher ist. Etwas ist in ihm gebrochen, das nie mehr zurückkam, obwohl er in der Gnade Gottes weitergehen durfte.
Das hilft uns, die Sünde des Ehebruchs als schwerwiegend einzuschätzen.
Die fortschreitende Zerstörung in Davids Familie
2. Samuel 13 zeigt uns, wie das Böse weiterhin wächst. Absalom hat eine schöne Schwester namens Tamar. Amnon, ihr Halbbruder, liebte sie so sehr, dass es ihn krank machte. Schließlich erfindet er einen Trick, um sie zu vergewaltigen. Er stellt sich krank und bittet seine Schwester Tamar, ihm Kuchen zu backen. Diese Kuchen sind nur für ihn bestimmt, und das Zimmer wird verschlossen. Dort vergewaltigt er sie.
Das Tragische daran ist, dass das hebräische Wort für diesen Kuchen „Lebibot“ oder im modernen Hebräisch „Lebivot“ heißt. „Leb“ bedeutet Herz. Zum Beispiel gibt es den Namen „Labhart“, der „Herz“ bedeutet, und „Lebherz“, eine Kombination aus hebräisch und deutsch, die auch als jüdischer Familienname vorkommt. Somit ist dieser Kuchen ein „Herzkuchen“, also ein Kuchen in Herzform. Es war seine Schwester, die ihm diesen Kuchen backen musste. Für ihn symbolisierte das seine Verliebtheit, doch es war eine bösartige, sündige Liebe. Er vergewaltigte sie auf eine dramatische Weise, wie es in diesem Kapitel beschrieben wird.
König David, der zu diesem Zeitpunkt einundzwanzig Jahre alt ist, hört von diesen Ereignissen. Er wird sehr zornig, doch es geschieht nichts Weiteres. David hasst die Sünde. Es handelte sich hier nicht nur um irgendeine Hurerei, sondern um Blutschande. Nach 3. Mose 18,9 ist die Beziehung zu einer Halbschwester verboten. Doch David, der Richter Israels, unternimmt nichts. Er muss sich ständig daran erinnern, wie schwierig es ist, gegen Hurerei und Ehebruch bei seinen eigenen Söhnen vorzugehen, obwohl es hier sogar noch schlimmer war, weil es Blutschande war – eine noch perversere Sünde.
Das Böse wächst also weiter. Absalom hasst seinen Bruder, wie in Vers 22 steht, doch zwei Jahre lang sagt er ihm weder etwas Gutes noch Schlechtes. Schließlich ermordet er ihn. Absalom muss fliehen, und David sehnt sich nach seinem Sohn Absalom.
Was soll er zu diesem Mörder sagen? Er selbst ist ja auch ein Mörder geworden. David hat nicht mehr die Kraft, moralisch durchzugreifen. Wie soll jemand, der zum Beispiel die Position eines Ältesten in einer Gemeinde innehat, die Kraft haben, bei Unzucht oder Ehebruch ein moralisch wirkendes Wort zu sprechen, wenn er selbst solche Sünden begangen hat? Natürlich kann er sagen, dass er Buße getan und alles geregelt hat, aber in seiner Stellung hat er nicht mehr das nötige Gewicht.
Das sehen wir so tragisch bei David. Er hasst das Böse und ist zornig, doch er ist wie ein gebundener David. Seine Liebe zu Absalom wird uns noch mehr beschäftigen.
In Vers 39 heißt es: „Und der König David sehnte sich, zu Absalom hinauszugehen, denn er hatte sich über Amnon getröstet, dass er tot war.“
Joabs kluger Plan und die Rückkehr Absaloms
Kapitel 14
David zeigt eine eigenartige Liebe zu Absalom, die mit den natürlichen Eigenschaften seines Sohnes zusammenhängt. Diese Schwäche Davids wird von Joab ausgenutzt. Joab schickt eine schlaue Frau zu David, die ähnlich wie der Prophet Nathan handelt und ihm eine erfundene Geschichte erzählt.
Diese Geschichte soll David klarmachen, dass Gott ein Gott der Liebe ist. Er möchte, dass das, was zerrissen ist, wieder zusammenkommt. Gott will nicht, dass der Mensch verstoßen wird. Damit soll David deutlich gemacht werden, dass er Absalom eigentlich zurückholen sollte.
Ein Schlüsselvers dazu ist Vers 14: "Denn wir müssen gewisslich sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist, welches man nicht wieder sammeln kann." Gott nimmt das Leben nicht weg, sondern er möchte, dass der Verstoßene nicht von ihm weggeworfen bleibt.
Das ist jedoch falsch angewandt. Zwar ist es wahr, dass Gott Verstoßene zurückholen will, aber das gilt nicht für jemanden, der keine Reue und keine Buße zeigt. Das erinnert oft an eine schwächliche christliche Liebe, die heute propagiert wird und immer auf Kosten von Wahrheit und Moral geht.
Man kann nicht einfach sagen: "Tschau, Gott will, dass wir alles schön zusammen haben." Ja, natürlich will er das auch, aber es braucht Buße.
Schließlich kommt Absalom zurück nach Jerusalem. David zeigt sich so hart, dass er ihn zwei Jahre lang nicht besuchen darf. Das bringt er durch. Doch schließlich kommt es dazu, dass Absalom wieder vor den Vater tritt.
Schauen wir in den Schlüsselvers, Vers 33: "Da begab sich Joab zu dem König und berichtete es ihm. Er rief Absalom, und dieser kam zum König, warf sich vor seinem Anblick zur Erde nieder und der König küsste Absalom."
Das ist eine ergreifende Szene, ähnlich wie beim verlorenen Sohn. Der verlorene Sohn kommt zurück, und der Vater liebt ihn so sehr, dass er ihn küsst. Das kennen wir aus der Geschichte vom verlorenen Sohn.
Doch die Geschichte hier geht etwas anders weiter.
Absaloms Schönheit, Durchtriebenheit und Rebellion
Es gibt hier Versöhnung ohne Gerechtigkeit und ohne Wahrheit. Ich habe auf Lukas 15,18-21 verwiesen: Der verlorene Sohn kommt zurück, nachdem er sich gesagt hat: „Ich will sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel, gegen Gott und gegen dich.“ Er kommt zurück, und der Vater umarmt ihn und küsst ihn zärtlich. Es gibt eine Wiederherstellung, aber diese geschieht über die Buße und die Umkehr.
Absalom ist hier ein Paradebeispiel beeindruckender männlicher Schönheit und zugleich gemeinster Durchtriebenheit. Ich lese Vers 25: „Und in ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom. Von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm.“ Dazu kommen noch seine prächtigen Haare. Doch die weiteren Verse zeigen, dass er sehr durchtrieben ist. Noch schlimmer wird es in Kapitel 15.
Absalom hat also etwas sehr Charismatisches an sich – charismatisch im Sinne von anziehend. Man spricht ja von Regenten, die charismatisch sind, weil sie das Volk für sich gewinnen und einnehmen können. Das hatte dieser unglaublich schöne, perfekte Mann, an dem von der Fußsohle bis zum Scheitel kein Fehler war. Absalom kann die Leute richtig hinter sich herziehen, und das macht er auf eine sehr gemeine Art. Er sagt ihnen, sie sollen nicht mehr zu David gehen, wenn sie ein Gerichtsproblem haben. Er löst es besser für sie, sodass sie garantiert Recht bekommen.
So wiegelt er das Volk gegen David auf und lässt sich schließlich in Hebron zum Gegenkönig ausrufen. Jetzt kommt es zum Umsturz. David muss aus Jerusalem fliehen, doch viele Nichtjuden halten ihm die Treue. Wir lesen in Vers 18 von sechshundert Kathitern, also Philistern, die sich David angeschlossen haben und ihm auf der Flucht beistehen. Viele Nichtjuden halten also zu David.
Dann wird eindrücklich beschrieben, wie der verworfene König über den Bach Kidron zum Ölberg flieht. Ich lese Vers 23: „Und das ganze Land weinte mit lauter Stimme, und alles Volk ging hinüber, und der König ging über den Bach Kidron.“ Das Kidrontal liegt zwischen Zionsberg und Ölberg. Alles Volk zog hinüber auf dem Weg zur Wüste hin; hinter dem Ölberg beginnt die jüdische Wüste. Siehe da, auch Zadok war dort mit allen Leviten, die die Lade des Bundesgottes trugen.
In Vers 28 und Vers 30 wird beschrieben: David aber ging auf die Anhöhe der Olivenbäume hinauf und weinte. Während er hinaufging, war sein Haupt verhüllt, und er ging barfuß. Alles Volk, das bei ihm war, hatte ebenfalls sein Haupt verhüllt und ging unter Weinen hinauf.
So flieht David in die Wüste. Erinnert uns das nicht später an den großen Sohn Davids, der in Johannes 18 über den Kidronbach zum Ölberg geht und dort im Garten Gethsemane weint? Im Gegensatz zu David geht er aber nicht in die Wüste, und dort wäre der Herr sicher gewesen. Vielen Juden in der Vergangenheit bot die jüdische Wüste Zuflucht, wenn sie verfolgt wurden. Doch der Herr Jesus ging zum Ölberg, ließ sich dort festnehmen und ging ans Kreuz vor den Toren Jerusalems.
Er hätte die Gelegenheit gehabt, wie David auf die Berghöhe zu gehen und dann in die jüdische Wüste zu flüchten. Aber um uns zu retten, ging er nicht den Weg wie David. Trotzdem sehen wir in diesem traurigen, verworfenen König, der weinend über den Bach Kidron zum Ölberg geht, eine wunderbare Vorschattung auf den Herrn Jesus.
Die Anhöhe des Ölbergs ist übrigens interessant. Dort heißt es, dass David dort jeweils anzubeten pflegte (Vers 32). Auf dem Gipfel des Ölbergs stand der Altar für die rote Kuh, das wichtigste Opfer in Israel. Dieser höchste Punkt des Ölbergs ist mit dem höchsten Punkt des Tempelbergs, dem Felsen im Felsendom, durch eine Linie verbunden, die exakt einen rechten Winkel zur Ostmauer bildet.
Die Ostmauer wurde so gebaut, dass sie sich an den Eckstein, den Felsen im Felsendom, anlehnt. Dieser war Fundament und Eckstein in einem. Die Westböschung ist parallel zur Ostmauer. So sind diese beiden Gipfel – das Allerheiligste mit dem Felsen, wo die Bundeslade war, und der Altar auf der Berghöhe des Ölbergs – miteinander verbunden.
Das nur, weil hier konkret diese Anhöhe des Ölbergs genannt wird, wo David anzubieten pflegte.
Verrat, Gebet und politische Intrigen in Davids Umfeld
Etwas Tragisches
Sogar in diesem Umsturz ging Ahitophel, der Ratgeber Davids, auf die Seite von Absalom. Das war für David besonders schlimm, denn Ahitophel hatte ein sehr scharfes politisches Urteilsvermögen. Was er sagte, war menschlich betrachtet immer richtig. Das stellte die größte Gefahr für David dar.
Während der Flucht betete David deshalb, dass Gott den Rat Ahitophels vereiteln möge (Vers 31). Er sprach: „Betöre doch den Rat Ahitophels, Herr!“
Dann kam noch ein weiterer Mann, der zu David hielt: Husai, der Akiter. David sagte zu ihm, er solle zurückgehen und als Spion für ihn bei Absalom tätig sein. Tatsächlich schlich sich Husai bei Absalom ein und es gelang ihm, den Rat Ahitophels zu kippen.
Ahitophel hatte Absalom geraten, sofort David nachzujagen, um ihn zu töten. Hätte man diesen Rat befolgt, wäre das der sichere Tod Davids gewesen, menschlich gesprochen. Husai konnte sagen: „Der Rat Ahitophels ist sonst immer richtig, aber diesmal nicht.“
Das war ganz logisch: Diejenigen, die David gefolgt waren, waren alte Veteranen. Gegen sie hatte Absalom keine Chance. Außerdem übernachtete David nicht beim Volk, sondern irgendwo abseits. Das würde schiefgehen.
Absalom war schließlich von Husais Rat überzeugt, denn der schien wirklich besser zu sein. Als Ahitophel sah, dass sein Rat abgelehnt wurde, ging er weg und beging Selbstmord.
Das ist eine ganz dramatische Geschichte, was da so vor sich ging. Husai kehrte zurück und vereitelte den Rat Ahitophels. Die treuen Priester Zadok und Abjatar hatten die Bundeslade zum Ölberg gebracht. David sagte zu ihnen, sie sollten zurück in die Stadt gehen. Sie sollten gewissermaßen als seine Verbündeten in Jerusalem bleiben.
Weitere Intrigen und Davids Demut auf der Flucht
Ziba, der Knecht von Mephibosheth, diesem Gelähmten, verleumdet David und seinen Herrn Mephibosheth. David bekommt das als Geschenk mitgeteilt. Ziba sagt: „Also dieser Mephibosheth, für den du so viel getan hast, ist eigentlich ein ganz verdrehter Mensch. Musst du diesen Ballast auch noch mitnehmen?“
Dann lesen wir von Simei, der David mit Steinen bewirft und ihn flucht. Die Leute um David meinten, er müsse Simei bestrafen. Doch David sagt: „Lass ihn, ich nehme das quasi als Zucht aus der Hand Gottes.“ Vielleicht müsse das so sein, dass Simei ihm flucht. David geht seinen Weg und zeigt damit seine Demut, indem er diese Schande erträgt.
Wie gesagt, Husain schleicht sich als Spion bei Absalom ein (2. Samuel 15,23). Dann kommt es zu einer schlimmen Sache, die auf den Rat Ahitophels zurückgeht. Ahitophel gab folgenden Rat (Vers 22): „Da schlug man für Absalom ein Zelt auf dem Dach auf. Und Absalom ging zu den Nebenfrauen seines Vaters vor den Augen ganz Israels.“ Der Rat Ahitophels war in jenen Tagen wie das Wort Gottes. Jeder Rat Ahitophels galt sowohl für David als auch für Absalom.
So schändet Absalom auf dem Dach die zurückgebliebenen Nebenfrauen Davids. Das war ein teuflischer, gemeiner Rat von Ahitophel! Dabei erfüllt sich die Prophetie von Nathan. Wir haben gelesen in Kapitel 12 Vers 11: „So spricht der Herr: Siehe, ich will Unglück aus deinem Haus erwecken.“ Das ist die Rebellion von Absalom. „Ich will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Frauen liege vor den Augen dieser Sonne.“ Diese Schändung war gewissermaßen öffentlich auf dem Dach und musste David an seine Erfahrung mit dem Dach und Bathseba erinnern. Eine grausame oder schwere Zucht, die man kaum verstehen kann. Gottes Wort erfüllt sich.
2. Samuel 17 berichtet, dass der Rat Ahitophels David den sicheren Tod bringen würde, aber Husai kann ihn täuschen. Warum? In der Souveränität Gottes lag der Plan, dass Absalom sterben muss. Der Schlüsselvers ist Vers 14: „Absalom und alle Männer Israels sprachen: Der Rat Husais, des Akitters, ist besser als der Rat Ahitophels.“ Aber der Herr hatte es so angeordnet, um den guten Rat Ahitophels zunichtezumachen, damit das Unglück über Absalom käme. Obwohl das mit Trick und List geschieht, sehen wir, dass Gott in allem seine Hand hat. Das ist die Souveränität Gottes.
Unrecht und Lüge werden dadurch nicht gerechtfertigt, aber es zeigt, dass Gott über dem Tricksen der Menschen und ihren Lügen steht. Ahitophel begeht daraufhin Selbstmord. Interessant ist, wenn man 2. Samuel 3 und Vers 23,34 liest, entdeckt man, dass Ahitophel der Großvater von Bathseba war. Wir können mutmaßen, dass er aus Rache für seine Enkelin auf die Seite Absaloms ging und so Gemeines gegen David riet. Das können wir daraus wohl schließen.
David wird im Weiteren durch Spione informiert, wie es in Jerusalem zugeht (15–22). Dann, mit Verspätung, kommt es zur Verfolgung: Absalom verfolgt seinen Vater (24–26). Das ist der verlorene Sohn, der von seinem Vater geküsst wurde, und jetzt verfolgt er ihn.
Es gibt aber auch andere: Schobi, Markie und Barsilei versorgen David auf der Flucht mit Nahrung (27–29).
In Kapitel 18 kommt es zu einem erbitterten Bürgerkrieg in Israel. David will Absalom mit Samthandschuhen anfassen. Er gibt die Anweisung in Vers 5: „Der König befahl Joab, Abisai und Itaion: Verfahrt gelinde mit dem Jüngling Absalom.“ Es ist unglaublich, wie er immer noch von seinem lieben Absalom spricht: „Gelinde mit meinem Jüngling, mit Absalom.“
Vielleicht ist die eigene Familie der Bereich, in dem wir am meisten blind sein können. Es kann auch anders sein, aber oft gehört das zu einer menschlichen Schwäche, die bei David im Fall Absaloms sehr ausgeprägt war. Wir können mutmaßen, warum: Über den Tod Amnons konnte er sich trösten, aber nach Absalom sehnte er sich so sehr. Absalom war einfach der perfekte Junge, so schön, charismatisch und anziehend für die Volksmassen. David wurde durch das Äußere Absaloms getäuscht.
Darum auch diese Anweisung. Absaloms Haare, die an früherer Stelle so eindrücklich beschrieben sind (2. Samuel), werden ihm im Kampf zum Verhängnis. Er bleibt mit dem Kopf in einem Baum hängen und wird von Joab und seinen zehn Waffenträgern getötet (14–15).
Die Reaktion Davids wird erzählt: Dieses ganze Umsturz ist gewissermaßen gerettet. In Vers 33 hört David vom Tod Absaloms: „Da wurde der König sehr bewegt und stieg hinauf in das Obergemach des Tores und weinte. Während er ging, sprach er: Mein Sohn Absalom, mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! Wäre ich doch an deiner Stadt gestorben, Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“ Diese Anhänglichkeit ging deutlich über das Maß hinaus und hatte schwere Konsequenzen.
In Kapitel 19 endet der Bürgerkrieg. Die Rettung nach dem Umsturz wird zur Trauer über den Sieg. Der Tag des Sieges wird zum Tag der Trauer. Joab, als Heeresoberster, erkennt: Wenn David so weitermacht, wird sich das Volk von ihm abwenden. Sie riskieren ihr Leben im Bürgerkrieg und dann hört man David sagen: „Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“ Joab wäscht ihm tüchtig den Kopf und fordert ihn auf, dem Volk seine Dankbarkeit zu zeigen. Sonst ist es um die Königsherrschaft geschehen.
Joab kann das Schlimmste abwenden. Die abgefallenen Nordstämme erwägen darauf eine Rückkehr zu David (9–10). Die Stämme, die mit Absalom weg waren, wollen zurückkehren.
Nun begeht David einen politischen Fehler: Er kommt aus dem Ausland zurück und lädt nur den Stamm Juda ein, ihn auf seiner Rückkehr ins Land zu empfangen (11–15). Er macht noch einen weiteren Fehler: Er möchte Joab als General durch Amasa ersetzen. Das verletzt Joab zutiefst. Zwei Fehler so kurz nacheinander.
David kehrt zurück und wird von Simei empfangen, der ihn bei seinem Weggang gelästert hatte. Simei bekennt seine Sünde der Lästerung, und David vergibt ihm (16–23). Dann kommt Mephibosheth, der von Ziba verleumdet wurde, und empfängt David voller Freude. Das ist ein klarer Beweis, dass es nur Verleumdung war. Mephibosheth hatte sich in Davids Abwesenheit nicht mehr gewaschen oder gepflegt und sah entsprechend aus. Das war gewissermaßen ein Zeichen seiner Trauer über den Umsturz.
Dann kommt der alte Barsilei und empfängt David und Juda. Die Hälfte Israels empfängt David (Vers 40). Doch die Nordstämme fühlen sich tief beleidigt, weil David nur Juda eingeladen hat. Dabei hatten die Nordstämme zuvor noch erwogen, zu David zurückzukehren. Nun fühlen sie sich zurückgesetzt und beklagen sich bei den Judäern. Die Judäer reagieren sehr hart.
Was geschieht, wenn man auf Härte mit Härte reagiert? Nach dem physikalischen Prinzip „Actio gleich Reactio“ führt das zu einem neuen Bruch. Die zehn Stämme sagen: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“ Genau in diesem Moment tritt der Bösewicht auf: Kapitel 20 Vers 1. Dort war zufällig ein Mann Belials, also ein Nichtsnutz, namens Sheba, Sohn Bikris, ein Benjaminiter. Er bläst die Posaune und spricht: „Wir haben kein Teil an David und kein Erbteil am Sohn Isais.“ So macht Sheba die Nordstämme wieder von David abspenstig.
Es kommt zu einem neuen Bruch, einer neuen Revolution. Nun soll Amasa, den David zum Heeresobersten ernannt hat, den Aufstand niederschlagen (4–6). Aber Amasa ist kein guter Heeresoberst, er zögert. Joab erkennt die Chance, handelt auf eigene Rechnung und nutzt die Gelegenheit, um den Aufstand niederzuschlagen. Sheba wird geköpft, Amasa wird umgebracht – aus Eifersucht von Joab. Joab bleibt Heeresoberster, und der letzte Aufstand ist beendet.
Kapitel 21 berichtet von einer dreijährigen Hungersnot. David befragt Gott nach dem Grund, und es wird ihm erklärt, dass es mit Saul zu tun hat. Saul hatte ein Massaker an den Gibeonitern angerichtet, Kanaaniter, mit denen Joshua in Josua 9 einen Bund geschlossen hatte, um sie zu verschonen. Saul brach diesen jahrhundertealten Bund durch das Massaker. Gott sagt, das sei die Folge davon.
In der Folge werden sieben Männer aus Sauls Familie hingerichtet, doch sie werden zusammen mit Jonathan und Saul würdig in einem Ahnengrab bestattet.
Weiter berichten Kapitel 21,15–22 von neuen Auseinandersetzungen mit den Philistern. Am Ende seines Lebens tötet David nochmals vier Riesen der Philister, ähnlich wie Goliath. Der erste Riese hatte beschlossen, David zu ermorden. Deshalb beschlossen die Israeliten, dass David, der zu alt war, nicht mehr in den Krieg ziehen solle, um die „Leuchte Israels“ nicht zu löschen (Vers 17). David wird als die Leuchte Israels beschrieben, die nicht ausgelöscht werden soll.
Kapitel 22 enthält ein Lied Davids an den Herrn, gesprochen an dem Tag, als der Herr ihn aus der Hand aller Feinde und Sauls rettete. David spricht: „Der Herr ist mein Fels, meine Burg und mein Retter. Gott ist mein Fels, auf ihn werde ich vertrauen, mein Schild, das Horn meines Heils, meine hohe Feste und meine Zuflucht.“ Ein bewegender Psalm, den wir in Psalm 18 fast wörtlich wiederfinden. David preist rückblickend Gottes Güte. Es ist aber auch ein prophetischer Psalm, der auf die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit als Richter hinweist.
2. Samuel 23 ist noch bewegender. Es sind die letzten Worte Davids, sein Testament. Er spricht: „David, der Sohn Isais, der hochgestellte Mann, der Gesalbte Gottes Jakobs und der Liebliche in den Gesängen Israels. Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge.“ Hier haben wir eine deutliche Stelle, die ausdrücklich die volle Inspiration der Psalmen bezeugt. Der Heilige Geist hat durch David gesprochen, in all den Psalmen mit ihrer tiefen prophetischen Bedeutung.
Dann folgt ein herausragender Vers, in dem David vom messianischen Reich spricht (Vers 4): „Er wird sein wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, ein Morgen ohne Wolken. Von ihrem Glanz nach dem Regen sprosst das Grün aus der Erde.“ Ein Morgen ohne Wolken – das wünschen wir Israel. Jetzt ist es ganz anders: Es ist dunkel, die Welt in einer kritischen Phase, das Schlimmste steht noch bevor. Doch danach kommt dieser Morgen ohne Wolken, das große Reich des Sohnes Davids am Ende der Tage.
Es folgt eine Liste der Helden Davids, die ihn in seiner Verwerfung unterstützten. Schließlich, in Kapitel 24, wird David von Satan angestachelt, sein Volk zu zählen. Was kann der Grund sein, wenn man das Volk zählen will? Es gibt verschiedene Gründe. Manche mögen Statistik einfach. Doch in 2. Mose 30,12 hat Gott eine klare Einschränkung gegeben: Wenn Israel gezählt wird, muss für jede Person ein Lösegeld bezahlt werden. Das sollte verhindern, dass man das leichtfertig tut.
Warum? Weil Volkszählung leicht Ausdruck von Hochmut ist. Wer hat nicht schon seine Gemeinde durchgezählt? Es kann verschiedene Gründe geben: Man zählt, um Gottes Gnade zu preisen. Aber es kann auch versteckter Hochmut sein. Oder man zählt, wie viele sich durch einen bekehrt haben. Man kann die Gnade Gottes preisen, dass man so gebraucht wurde. Doch oft ist es Ausdruck von Hochmut.
David will nun sein Volk zählen. Eigentlich bricht hier sein Stolz durch. Später meldet Davids Gewissen Alarm, er tut Buße (Vers 10). Doch Gott bringt eine Pestplage über Israel. Diese endet, als der Engel des Herrn bei der Tenne Aravnas unterhalb der Bergspitze zwischen Himmel und Erde steht. Dort sieht David ihn.
Der Engel des Herrn, Malach Adonai, ist der Sohn Gottes im Alten Testament. Der Engel des Herrn wird immer wieder „der Herr“ genannt. Er ist der Ewige und zugleich Gesandter des Herrn. Das zeigt, dass in der Gottheit mehr als eine Person ist.
Der Engel des Herrn hält sein Schwert auf dem Tempelberg, an der Tenne Aravnas. Eine Tenne stellte man im Altertum nicht auf die Bergspitze, sondern etwas darunter, leicht unterhalb des Felsens. David kaufte diese Tenne, denn Gott hatte ihm prophetisch mitgeteilt: Hier sollst du einen Altar errichten.
Heute wissen wir durch archäologische Forschungen genau, wo das Allerheiligste war – auf dem Felsen. Wir wissen auch, wo der Altar war: etwas mehr als drei Meter unterhalb der Bergspitze, der Ort des Altars. So wie man Tennen baute, damit Korn nicht einfach fortgeweht wird, sondern durch die Bergspitze aufgehalten wird.
Diese Tenne kann man genau lokalisieren. Dort baute David den Altar und kaufte ihn für fünfzig Silberschäkel, etwa ein halbes Kilo Silber. In der Parallelstelle in 1. Chronik 21,26 wird von sechshundert Goldschäkel gesprochen. David kaufte also nicht nur die Tenne, sondern das ganze Terrain, den Tempelplatz. So ergänzen sich die Berichte: Die Tenne für ein halbes Kilo Silber und der Tempelplatz für sechs Kilo Gold.
Es ist eines der wenigen Immobiliengeschäfte, die in der Bibel berichtet werden. Ganz wichtig: Wem gehört der Tempelberg, der Tempelplatz? Wir haben noch die Kaufurkunde, den Preis. Nach dreitausend Jahren ist das nicht vorbei.
So endet gewissermaßen das zweite Buch Samuel mit dem Finden des exakten Ortes für den Altar, wo Salomo den ersten Tempel bauen sollte. Wir sind am Ende der Zeit.
Bürgerkrieg, Davids Schmerz und politische Herausforderungen
In Kapitel 18 kommt es zu einem erbitterten Bürgerkrieg in Israel. David möchte jedoch Absalom mit Samthandschuhen anfassen. Er gibt die entsprechende Anweisung in Vers 5. Dort heißt es, dass der König Joab, Abisai und Itaion befiehlt: „Verfahrt mir gelinde mit dem Jüngling Absalom.“
Es ist erstaunlich, wie David immer noch von seinem geliebten Absalom spricht. „Gelinde mit meinem Jüngling, mit Absalom“, sagt er. Das zeigt, dass gerade in der eigenen Familie oft die größte Blindheit herrscht. Unter Umständen kann es auch anders sein, aber diese Blindheit gehört häufig zu einer menschlichen Schwäche. Diese Schwäche war bei David im Fall von Absalom besonders ausgeprägt. Man kann nur mutmaßen, warum das so war.
David konnte sich über den Tod Amnons trösten, doch nach Absalom sehnte er sich sehr. Absalom war für ihn einfach der perfekte Junge – schön, charismatisch und anziehend für die Volksmassen. David wurde durch das äußere Erscheinungsbild Absaloms getäuscht.
Deshalb gibt David auch die Anweisung, mit Absalom vorsichtig umzugehen. Absaloms Haare, die an anderer Stelle so eindrücklich beschrieben werden (2. Samuel), werden ihm im Kampf zum Verhängnis. Er bleibt mit seinem Kopf in einem Baum hängen. Joab und seine zehn Waffenträger töten ihn dann, ungefähr im Alter von vierzehn bis fünfzehn Jahren.
Die Reaktion Davids auf den Tod Absaloms wird ebenfalls geschildert. Dieses ganze Umsturzgeschehen ist damit gewissermaßen beendet. In Vers 33 heißt es: „David hört vom Tod Absaloms. Da wurde der König sehr bewegt. Er stieg hinauf in das Obergemach des Tores und weinte. Während er ging, sprach er: ‚Mein Sohn Absalom, mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! Wäre ich doch an deiner Statt gestorben, Absalom, mein Sohn, mein Sohn!‘“
Diese Anhänglichkeit ging deutlich über das Maß hinaus. Sie hatte auch schwere Konsequenzen.
Die Rückkehr Davids und die politischen Spannungen
Im Kapitel 19 wird das Ende des Bürgerkrieges und die Rettung nach dem Umsturz beschrieben. Doch statt Freude über den Sieg herrscht Trauer. Der Tag des Sieges wird zu einem Tag der Trauer. Joab, der Heeresoberste, erkennt, dass, wenn David so weitermacht, das ganze Volk sich von ihm abwenden wird. Die Menschen denken sich: Wir riskieren unser Leben und kämpfen für dich im Bürgerkrieg, und dann sagst du immer wieder „Absalom, mein Sohn, mein Sohn, Absalom, mein Sohn“.
Joab wäscht David deshalb tüchtig den Kopf und sagt ihm, er müsse dem Volk jetzt seine Dankbarkeit zeigen. Ansonsten sei die Königsherrschaft verloren. Joab kann das Schlimmste abwenden. Die abgefallenen Nordstämme überlegen daraufhin, zu David zurückzukehren – also die Stämme, die mit Absalom gegangen waren (19,9-10).
David begeht nun einen politischen Fehler. Er kehrt aus dem Ausland zurück und lädt nur den Stamm Juda ein, ihn bei seiner Rückkehr ins Land zu empfangen (19,11-15). Außerdem macht er noch einen weiteren Fehler: Er möchte Joab als General durch Amasa ersetzen. Das verletzt Joab zutiefst. Zwei Fehler folgen also kurz aufeinander.
David wird bei seiner Rückkehr von Simei empfangen, der ihn zuvor gelästert hatte, als er wegging. Simei bekennt seine Sünde der Lästerung, und David vergibt ihm (19,16-23). Danach kommt Mephiboschet, der von Ziba verleumdet worden war. Er empfängt David voller Freude, was ein klarer Beweis dafür ist, dass die Verleumdung falsch war. Mephiboschet hatte sich während Davids Abwesenheit nicht mehr gewaschen oder gepflegt und sah deshalb etwas ungepflegt aus. Dies war eine Art Beweis für Davids Trauer über den Umsturz.
Anschließend kommt der alte Barsilei und empfängt David und Juda. Die Hälfte von Israel empfängt David (19,40). Doch die Nordstämme Israels sind tief beleidigt, weil David nur Juda eingeladen hat, ihn zu empfangen. Dabei hatten die Nordstämme zuvor sogar erwogen, wieder zu David zurückzukehren. Jetzt fühlen sie sich zurückgesetzt. Sie beklagen sich bei den Judäern.
Die Judäer reagieren sehr hart. Doch wenn man auf Härte mit Härte reagiert, führt das zu einem neuen Bruch. Die zehn Stämme sagen sich: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“ Genau in diesem Moment tritt ein Bösewicht auf (20,1). Es handelt sich um einen Mann Belials, also einen Nichtsnutz, namens Scheba, Sohn Bikris, ein Benjaminiter. Er stößt in die Posaune und ruft: „Wir haben kein Teil an David und kein Erbteil an dem Sohn Isais.“ So spaltet Scheba die Nordstämme erneut von David ab.
Es kommt zu einem neuen Bruch, einer neuen Revolution. David setzt Amasa als Heerobersten ein, um den Aufstand niederzuschlagen (20,4-6). Doch Amasa ist kein guter Heerführer, er zögert. Joab erkennt die Chance, handelt auf eigene Rechnung, nutzt die Gelegenheit und kann den Aufstand niederschlagen.
Das führt dazu, dass Scheba geköpft wird. Amasa wird umgebracht – aus Eifersucht von Joab gegenüber Amasa. Joab bleibt Heeresoberster. So ist auch dieser letzte Aufstand beendet.
Hungersnot, Gottes Gericht und Davids Lobpreis
Dann folgt Kapitel 21. Plötzlich tritt eine dreijährige Hungersnot ein. David befragt Gott nach dem Grund dafür, und ihm wird erklärt, dass dies noch mit Saul zu tun hat. Saul hatte nämlich ein Massaker unter den Gibeonitern verübt. Diese waren Kanaaniter, mit denen Joshua in 1. Mose 9 einen Bund geschlossen hatte, um sie zu verschonen. Saul brach diesen jahrhundertealten Bund durch das Massaker.
Gott sagt, dass die Hungersnot eine Folge davon sei. In der Folge werden sieben Männer aus der Familie Sauls hingerichtet. Dennoch werden sie zusammen mit Jonathan und Saul würdevoll in einem Ahnengrab bestattet.
Weiterhin berichten Kapitel 21,15-22 von neuen Auseinandersetzungen mit den Philistern. Am Ende seines Lebens tötet David nochmals vier Riesen der Philister, also Riesen wie Goliath. Der erste dieser Riesen hatte ursprünglich beschlossen, David zu ermorden. Daraufhin entschied man in Israel, dass David zu alt sei, um noch in den Krieg zu ziehen. Man wollte verhindern, dass die Leuchte Israels ausgelöscht wird.
In Vers 17 wird David als die Leuchte Israels bezeichnet, die nicht ausgelöscht werden soll.
Dann folgt Kapitel 22. David spricht zu dem Herrn die Worte dieses Liedes an dem Tag oder zur Zeit, als der Herr ihn aus der Hand all seiner Feinde und aus der Hand Sauls errettet hatte. Er sagt: „Der Herr ist mir mein Fels und meine Burg und mein Retter. Gott ist mein Fels, auf ihn werde ich vertrauen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Feste und meine Zuflucht.“
Dieser bewegte Psalm findet sich fast wortwörtlich in Psalm 18 wieder. Es ist David, der rückblickend Gottes Güte preist. Zugleich ist es ein prophetischer Psalm, der letztlich auf die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit als Richter hinweist.
Davids letztes Testament und messianische Verheißung
2. Samuel 23 ist noch bewegender, denn dies sind die letzten Worte Davids. Es ist sein Testament.
David, der Sohn Isais, spricht hier. Es spricht der hochgestellte Mann, der Gesalbte des Gottes Jakobs und der Liebliche in den Gesängen Israels. Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge.
Hier haben wir eine deutliche Stelle, die ausdrücklich die volle Inspiration der Psalmen bezeugt. Der Heilige Geist hat durch David gesprochen, in all den Psalmen, die eine so tiefe prophetische Bedeutung haben.
Dann folgt ein Vers, der besonders herausragt: David spricht vom messianischen Reich, in Vers 4. Er wird sein wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht – ein Morgen ohne Wolken. Von ihrem Glanz nach dem Regen sprosst das Grün aus der Erde. Ein Morgen ohne Wolken – das wünschen wir Israel.
Jetzt ist es ganz anders. Es ist dunkel, es ist sehr ernst. Die Welt befindet sich in einer sehr kritischen Phase, und das Schlimmste steht noch bevor. Doch danach kommt dieser Morgen ohne Wolken. Das ist das große Reich des Sohnes Davids am Ende der Tage.
Es folgt noch eine Liste der Helden Davids, die ihn so unterstützt haben in seiner Verwerfung. Schließlich kommt Kapitel 24, wo David von Satan angereizt wird, sein Volk zu zählen.
Die Volkszählung und Gottes Gericht
Was kann der Grund sein, wenn man das Volk zählen will? Ja, es gibt verschiedene Gründe. Manche haben Statistik einfach sehr gern.
In 2. Mose 30,12 hat Gott jedoch eine klare Einschränkung gegeben: Wenn Israel gezählt wird, muss man für jede Person ein Lösegeld bezahlen. Das sollte verhindern, dass eine Volkszählung leichtfertig durchgeführt wird. Warum? Weil eine Volkszählung oft ein Ausdruck von Hochmut sein kann.
Wer hat nicht schon seine Gemeinde durchgezählt? Das kann aus ganz verschiedenen Gründen geschehen, zum Beispiel um die Gnade Gottes zu preisen. Aber es kann auch ein versteckter Hochmut dahinterstecken. Oder wenn man zählt, wie viele sich durch einen selbst bekehrt haben. Man kann zwar die Gnade Gottes preisen, weil man so gut gebraucht worden ist, aber es ist leicht ein Ausdruck von Hochmut.
David will nun sein Volk zählen. Eigentlich ist es sein Stolz, der hier wieder durchbricht. Später meldet Davids Gewissen Alarm, und er tut Buße (Vers 10). Doch Gott bringt eine Pestplage über Israel. Diese Pestplage endet, als der Engel des Herrn bei der Tenne Aravnas unterhalb der Bergspitze zwischen Himmel und Erde steht. Dort sieht David ihn.
Der Engel des Herrn, der Malach Adonai, ist der Sohn Gottes im Alten Testament. Der Engel des Herrn wird nämlich immer wieder als „der Herr“ bezeichnet, er ist der Ewige und gleichzeitig der Gesandte des Herrn – eigenartig. Man kann aus dem Alten Testament beweisen, dass in der Gottheit mehr als eine Person ist.
Der Engel des Herrn hält sein Schwert dort oben auf dem Tempelberg, bei der Tenne Aravnas. Eine Tenne wurde im Altertum jedoch nicht auf der Bergspitze errichtet, sondern etwas unterhalb, also leicht unterhalb des Welsens. David kaufte diese Tenne, denn Gott hatte ihm prophetisch mitgeteilt: Hier sollst du einen Altar errichten, und zwar genau auf der Tenne von Aravna.
Heute wissen wir durch die jüngsten archäologischen Forschungen auf dem Felsen ganz genau, wo das Allerheiligste war. Jetzt wissen wir auch genau, wo der Altar war. Er befand sich effektiv etwas mehr als drei Meter unterhalb der Bergspitze, an dem Ort des Altars.
Genauso, wie man Tennen baute, damit das Korn nicht einfach fortgeweht wird, sondern wenigstens durch die Bergspitze aufgehalten wird, können wir diese Tenne genau lokalisieren. Dort baute David den Altar, und dieser wurde später auch der Altar im salomonischen Tempel.
An diesem Ort wurde im zweiten Tempel der Altar wieder aufgebaut, und zwar genau an der gleichen Stelle (Esra 3). Heute wissen wir, wo das ist. Darum kann man für den dritten Tempel den Altar genau wieder an der richtigen Stelle errichten.
Er befindet sich gerade südöstlich von der Oma-Moschee, vom Felsendom. Das ist dieser kleine Dom östlich vom Felsendom. Südöstlich davon liegt der Platz des Altars.
Dort baute David den Altar und kaufte die Tenne, wie wir in diesem Kapitel lesen, für fünfzig Silberschäkel, also etwa ein halbes Kilo Silber. In der Parallelstelle in 1. Chronik 21,26 wird von sechshundert Goldschäkel gesprochen. David kaufte jedoch nicht nur die Tenne, sondern auch das ganze Terrain, den Tempelplatz.
So ergänzen sich die Berichte: Die Tenne für ein halbes Kilo Silber und der Tempelplatz für sechs Kilo Gold. Es ist eines der wenigen Immobiliengeschäfte, die in der Bibel berichtet werden.
Ganz wichtig ist die Frage: Wem gehört der Tempelberg, der Tempelplatz? Wir haben noch die Kaufurkunde und den Preis. Nach dreitausend Jahren ist das nicht vorbei.
So endet gewissermaßen das zweite Buch Samuel mit dem Finden des exakten Ortes für den Altar, an dem Salomo den ersten Tempel bauen sollte.
Schlussbemerkung
Ja, wir sind am Ende der Zeit.