Die Aufforderung zu Stärke und Mut als bleibende Zusage
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass in Josua 1 der Ausdruck „Sei stark und mutig“ mehrfach vorkommt: in Vers 6, dann in Vers 7 nochmals als „sei sehr stark und mutig“, ein drittes Mal in Vers 9 und noch einmal am Schluss von Vers 18.
Dieser Aufruf war für Josua nicht neu. Er hatte ihn schon früher erhalten, nämlich in 5. Mose 31, Vers 7 und 23, also zweimal. Später, in Kapitel 10, Vers 25, wird er erneut ausgesprochen. Insgesamt kommt der Aufruf „Sei stark und mutig“ siebenmal vor. Das ist auch ein Aufruf an uns.
Nun könnte jemand sagen: Ja gut, aber wie willst du das begründen, dass das auch für uns gilt? Das wurde ja Josua gesagt. Schauen wir deshalb in den Hebräerbrief, Kapitel 13. Dort lesen wir viel über Liebe – gute Liebe und schlechte Liebe. Zum Beispiel in Vers 1 wird Bruderliebe erwähnt, dann die Liebe zu Fremden. Gastfreundschaft heißt auf Griechisch „Philoxenia“, also Liebe zu Fremden.
Es geht aber auch um Geldliebe, in Vers 5. Dort sagt der Brief: „Der Wandel sei ohne Geldliebe. Begnügt euch mit dem, was vorhanden ist.“ Dann wird zitiert: „Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen, so dass wir kühn sagen können: Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten. Was wird mir ein Mensch tun?“
Dieser Satz „Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen“ stammt aus Josua 1, Vers 5. Dort wurde er Josua gesagt. Im Hebräerbrief wird er jedoch mit Selbstverständlichkeit auf uns Gläubige bezogen.
Beim Bibelstudium ist es sehr wichtig, zwischen Auslegung und Anwendung zu unterscheiden. Die Auslegung beschäftigt sich damit, was im Text steht und an wen die Worte gerichtet sind. Die Auslegung zeigt: Das hat Gott Josua gesagt.
Dann müssen wir fragen: Wie können wir das jetzt anwenden? Der Hebräerbrief, Kapitel 13, zeigt uns, dass wir solche Zusagen auf uns anwenden dürfen. Das ist inspiriert durch den Heiligen Geist. Diese Zusagen sollen wir nicht nur abgeschwächt übernehmen mit dem Gedanken: „Ja, Gott hat Josua das gesagt, und vielleicht können wir das auch ein bisschen für uns nehmen.“ Nein! Mit aller Selbstverständlichkeit ist das eine Verheißung an uns.
Natürlich gibt es Verheißungen im Alten Testament, die wir nicht auf uns übertragen können. Zum Beispiel in 5. Mose 28, wo Israel gesagt wird, dass sie, wenn sie treu am Wort Gottes festhalten, Erfolg auf dem Feld und im Stall haben und vor Krankheiten verschont bleiben würden.
Das Neue Testament zeigt jedoch, dass wir als Gemeinde mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet sind. Wir haben nicht diese Verheißungen irdischer Natur, weil wir das himmlische Volk Gottes sind. Israel ist das irdische Volk Gottes. Als irdisches Volk hat Israel irdische Verheißungen, und wir als himmlisches Volk haben himmlische Verheißungen.
Man kann also nicht einfach die Verheißungen, die Israel als irdisches Volk gegeben wurden, auf die Gemeinde übertragen. Das Neue Testament macht das nicht so.
Aber das Neue Testament zeigt uns, dass solche Aufforderungen, die Mut machen, um den Weg mit dem Herrn im Gehorsam zu gehen, sowie die Zusagen „Ich werde dich nicht versäumen und dich nicht verlassen“, wir hundertprozentig auf uns übertragen können.
Dann ist es nicht abgeschwächt, sondern dieses Wort hat volle Kraft auch für uns.
Die Kundschafter in Jericho und die Begegnung mit Rahab
Jetzt gehen wir weiter zu Kapitel 2, Vers 1:
Und Joshua, der Sohn Nuns, sandte von Schittim heimlich zwei Männer als Kundschafter aus und sprach: „Geht, besieht das Land und Jericho.“ Interessant ist, dass er selbst einige Jahre zuvor Kundschafter war. Er war derjenige, der ins Land gegangen war, um es zu besichtigen. Dabei hatte er erkannt, dass es eine gefährliche Aufgabe ist, Kundschafter zu sein. Denn es könnte sein, dass man das Volk entmutigt – so wie es die zehn Kundschafter getan hatten. Doch er war ein Kundschafter, der das Volk Gottes zusammen mit Kaleb ermutigt hatte.
Jetzt sendet er jüngere Leute aus, die das Land im Blick auf Jericho auskundschaften sollen. Sein Ziel war natürlich, dass dadurch das Volk ermutigt wird. Nun folgt der entscheidende Schritt: Sie überschreiten den Jordan, und es kommt zur ersten Eroberung.
Sie gingen hin und kamen in das Haus einer Hure namens Rahab, und sie legten sich dort nieder. Es wurde dem König von Jericho berichtet: „Siehe, es sind in dieser Nacht Männer von den Kindern Israel hierher gekommen, um das Land zu erforschen.“ Da sandte der König von Jericho zu Rahab und sprach: „Führe die Männer heraus, die zu dir gekommen sind, die in dein Haus eingekehrt sind, denn sie sind gekommen, um das ganze Land zu erforschen.“
Die Frau aber nahm die zwei Männer und verbarg sie. Sie sprach: „Allerdings sind die Männer zu mir gekommen, aber ich wusste nicht, woher sie waren. Als das Tor beim Dunkelwerden geschlossen werden sollte, da gingen die Männer hinaus. Ich weiß nicht, wohin sie gegangen sind. Jagt ihnen eilends nach, denn ihr werdet sie erreichen.“
Sie hatte sie aber auf das Dach hinaufgeführt und unter Flachsstängel versteckt, die sie sich auf dem Dach aufgeschichtet hatte. Die Männer jagten ihnen des Weges zum Jordan nach, nach den Toren hin. Man schloss das Tor, sobald die, welche ihnen nachjagten, hinaus waren.
Ehe sie sich niederlegten, stieg sie zu ihnen auf das Dach hinauf und sprach zu den Männern: „Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat und dass euer Schrecken auf uns gefallen ist und dass alle Bewohner des Landes vor euch verzagt sind. Denn wir haben gehört, dass der Herr die Wasser des Schilfmeers vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zogt. Und was ihr den beiden Königen der Amoriter getan habt, die jenseits des Jordans waren, dem Sihon und dem Og, die ihr verbannt habt. Und wir hörten es, und unser Herz zerschmolz, und es blieb kein Mut mehr vor euch in irgendeinem Menschen. Denn der Herr, euer Gott, ist Gott im Himmel oben und auf der Erde unten.“
Das ist erstaunlich: Sie gehen zu dieser verrufenen Frau in Jericho, und sie nimmt sie auf und versteckt sie. Wir sehen, diese Frau hat den wahren Gott der Bibel erkannt. In Vers 9 sagt sie: „Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat.“ Dabei benutzt sie das Wort Yahweh, den Eigenname Gottes im Alten Testament.
Dieser Name ist so bedeutsam, dass man im Judentum schon in alttestamentlicher Zeit begonnen hatte, ihn normalerweise gar nicht auszusprechen. Schon damals hat man in den Synagogen beim Vorlesen diesen Namen immer ersetzt. Wenn im Text „JHWH“ (die vier Buchstaben) steht, hat man den Namen nicht gelesen, sondern durch „Adonai“ (Herr) ersetzt.
Das ist im Neuen Testament übrigens vom Heiligen Geist bestätigt worden. Oft wird im Neuen Testament aus dem Alten zitiert, und dort, wo im Alten Testament der Name „Yahweh“ vorkäme, steht im Neuen Testament nie „Yahweh“, sondern meistens „Kyrios“ (Herr). Das entspricht der Art, wie man noch heute weltweit in den Synagogen vorliest, wenn dieser Name kommt: „Adonai“.
Dies geschieht im Blick auf das Gebot: „Du sollst den Namen des Herrn nicht zum eitlen aussprechen.“ Um sicherzugehen, dass man diesen Namen nicht falsch verwendet, wurde er so durch „Herr“ ersetzt.
Interessant ist, dass in den falschen Religionen rund um Israel auch der Name „Gott“ verwendet wird. Bei den Philistern und Kanaaniten heißt es „Elohim“, das ist einfach das allgemeine Wort im Semitischen für „Gott“. Dann gibt es den Namen „El“, ein anderes Wort im Alten Testament, das ebenfalls mit „Gott“ übersetzt wird. In der Elberfelder Bibel ist es oft in der Fußnote angegeben: hebräisch „El“. Im Text ist es übersetzt mit „Gott“.
El war bei den Kanaaniten der Name, der für den höchsten Gott der vielen Götter der Kanaaniter benutzt wurde. Sein Sohn wurde als Baal betrachtet, quasi der Sohn Gottes von El.
Auffällig ist, dass sie ähnliche Ausdrücke wie die Israeliten hatten, aber den Namen Yahweh nicht. Darum ist es hier sehr eindrücklich: Sie sagt nicht einfach „Ich weiß, dass Gott euch das Land gegeben hat.“ Welchen Gott meint sie damit? Den El, den Vater von Baal? Nein, sie sagt: „Ich weiß, dass Yahweh euch das Land gegeben hat.“ Damit sagt sie ganz klar: Dieser Gott, der Gott Israels, ist der Gott, der euch das Land gegeben hat.
In Vers 11 nennt sie ihn: „Denn Yahweh, euer Gott, ist Gott im Himmel oben und auf der Erde unten.“ Das ist sehr bedeutsam, denn die Götter in den Religionen rund um Israel sind immer beschränkte Götter. Es gibt Berggötter, Talgötter, Regengötter und so weiter. Sie sind immer spezialisiert. Aber hier sagt sie, Yahweh ist kein Lokalgott. Er ist Gott im Himmel oben und auf der Erde unten. Das ist der Gott über allem.
Es ist gewaltig, dass diese Kanaaniterin zur Erkenntnis des wahren Gottes kommt und ihn nicht mit einer Gottheit aus der kanaanitischen Religion identifiziert.
Ich habe gestern schon angedeutet: Ab dem Moment, wo Abraham ins Land Kanaan kam (1. Mose 12), war er ein Zeuge Gottes unter diesen Götzendienern. Die Kanaaniter waren Nachkommen eines Mannes namens Kanaan, einem Nachkommen von Ham. Zurückgehend auf Kanaan, Ham und Noah hatten diese Völker noch eine gewisse Kenntnis von dem wahren Gott.
Die Kanaaniter im Allgemeinen haben sich aber von dem Gott Noahs abgewandt und eine eigene Religion mit vielen Göttern aufgebaut. Es gab jedoch noch Überreste. Zum Beispiel ganz eindrücklich Melchisedek, König von Salem zur Zeit Abrahams. Dort war ganz klar, dass Melchisedek den gleichen Gott anbetete wie Abraham (1. Mose 14).
Abraham erkannte, dass Melchisedek ein wahrer Gläubiger war. Melchisedek war ein kanaanitischer König in Salem, der noch den wahren Gott verehrte und Priester Gottes des Höchsten war. Er segnete Abraham, und Abraham gab ihm den Zehnten von der Kriegsbeute und ehrte ihn damit als wahren Priester Gottes in der Ordnung Melchisedeks.
Das zeigt, dass es noch wahre Gläubige gab, aber die Masse war abgefallen.
Ich habe gestern erklärt, dass Abraham gewissermaßen eine Gnadenzeit für Kanaan war. Nach Abraham kamen Isaak und dann Jakob als Zeugen. Dieses Zeugnis ging weiter, auch als die Großfamilie Jakobs nach Ägypten hinunterging und dort lebte. Danach kam der Auszug aus Ägypten.
Diese Geschichte verbreitete sich im Nahen Osten. Rahab erklärt ganz deutlich in Vers 10: „Denn wir haben gehört, dass Yahweh die Wasser des Schilfmeers vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zogt.“
Man kann sagen, diese Nachricht wurde in Windeseile nach Kanaan transportiert. Die Israeliten waren in der Zwischenzeit durch die Wüste gezogen, aber diese Nachrichten hatten sich verbreitet. Das war schon Mission im Alten Testament.
Wir sehen, dass das bewirken konnte, dass eine Frau wie Rahab zur Erkenntnis kam: Das ist der wahre Gott.
Man muss sehen, welch starkes Zeugnis diese Ereignisse waren. In Vers 9 sagt sie: „Ich weiß, dass Yahweh euch das Land gegeben hat und dass euer Schrecken auf uns gefallen ist und dass alle Bewohner des Landes vor euch verzagt sind.“
Das waren also nicht Dinge, die nur einige in eingeweihten Kreisen wussten. Ein ganzer Kanaan stand unter diesem Eindruck: Dieser Gott ist ganz anders als unsere Götter.
Wir sehen, dass diese Frau die Gnadenzeit noch im letzten Moment, bevor die Eroberung Kanans begann, wahrgenommen hat – und sie hat sich bekehrt.
Die Realität von Rahabs Glauben und die Ehrlichkeit der Bibel
Jetzt könnte jemand sagen: Ja, der hat sich bekehrt, und sie lügt wie gedruckt.
Das ist eben wieder ganz wichtig: Die Bibel erzählt uns die Dinge, wie sie geschehen sind, nicht wie sie hätten sein sollen, sondern wie sie tatsächlich passiert sind. Und das ist auch das Eindrückliche. Selbst die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob – die Bibel beschreibt ganz offen und klar auch die Stellen, an denen sie in ihrem Leben versagt haben. Das wird nicht zugedeckt.
Das ist auch ein starkes Argument für die Glaubwürdigkeit der Bibel. Die Völker im Nahen Osten im Altertum vermieden es tunlichst, Niederlagen zu verbreiten. Zum Beispiel haben die alten Ägypter auf ihren zahlreichen Inschriften keine Verluste eingestanden. Man darf nicht erwarten, dass diese Inschriften sagen: „Hier haben wir im Krieg verloren, hier hatten wir eine Niederlage und hier ging alles schief.“ Stattdessen beschreiben sie nur ihre Siege.
Die Bibel macht das ganz anders. Sie beschreibt wirklich auch die Niederlagen, sogar des Stammvaters Abraham. Er wird nicht idealisiert, Isaak auch nicht, Jakob ebenfalls nicht. Und das Volk Israel wird in der Bibel so dargestellt, wie es war. Das ist eben der Stempel der Wahrheit.
Da wird uns auch gesagt: Ja, diese Frau kam zur Erkenntnis des wahren Gottes, aber sie hat gelogen. Ich meine, was war das für eine Frau? Die Bibel sagt klar, es war eine Hure. Und es gibt ja Leute, die das bestritten haben, gerade im Judentum. Sie sagen: Nein, nein, nein, das Wort meint eigentlich, dass sie eine Frau war, die einen Restaurationsbetrieb hatte, und das war es.
Ja, dass sie das noch dazu hatte, ist schon klar. Aber das Wort „Zonah“ ist wirklich das Wort, das dieses Üble bezeichnet. Diese Frau war es gewohnt, unmoralisch zu leben und zu lügen.
Wenn jemand zum Glauben kommt, dann ist nicht einfach alles sofort klar. So beschreibt uns die Bibel diese Frau: Sie sagt „Ich weiß nicht, woher sie sind“, und die Kundschafter sagen ihr: „Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat.“ Sie weiß genau, woher sie kommen, und sie weiß ganz genau, wer es ist, der hinter diesen Zeugen Israels steht, hinter diesen Kundschaftern.
Dann sehen wir auch: Nicht nur der Durchgang durchs Rote Meer war bekannt – das Schilfmeer ist dasselbe –, sondern auch die Eroberung der Königreiche der Amoriter. Mit König Sichon und Og von Baschan, wie in Vers 10 beschrieben. Alles war bekannt.
Und sie sagt nochmals in Vers 11: „Und wir hörten es, und unser Herz zerschmolz, und es blieb kein Mut mehr vor euch in irgendeinem Menschen.“ Jetzt sehen wir noch einmal den Kontrast: Siebenmal wird Josua aufgerufen, stark und mutig zu sein. Und Kanaan verliert allen Mut.
Dann sagt sie in Vers 12: „Und nun schwört mir doch bei Yahweh, weil ich Güte an euch erwiesen habe, dass auch ihr an meines Vaters Haus Güte erweisen werdet. Gebt mir ein zuverlässiges Zeichen und lasst meinen Vater und meine Mutter und meine Brüder und meine Schwestern und alle ihre Angehörigen am Leben und errettet unsere Seelen vom Tod.“
Das ist nicht wunderbar? Sie will nicht nur ihre eigene Rettung, sondern die ganze Verwandtschaft liegt ihr am Herzen. Aber die mussten auch glauben und werden sehen. Rahab sagt ihnen in der Folge, sie werden verschont werden, aber sie müssen alle in ihr Haus kommen.
Das bringt überhaupt nichts, und überhaupt: Sie werden Jericho gar nicht erobern können. Jericho ist eine so gewaltige, mächtige Stadt, von der wir heute wissen, dass sie eine Doppelmauer hatte. Dazwischen lag ein „Glassy“ – das ist eine festgestampfte schiefe Ebene mit Kalküberzug. Das war die Todeszone.
Wenn eine Armee tatsächlich die erste Mauer, die Doppelmauer, überwinden konnte, dann musste sie über das Glassy hoch. Von der zweiten Mauer aus konnten die Pfeilschützen, die Scharfschützen, die Angreifer abschießen. Also war Jericho gar nicht zu erobern. Was sollte das? Sicher würden sie nicht in ihr Haus gehen.
Aber alle haben es geglaubt, als sie sagte, der Herr hat ihnen das Land gegeben. Sie sagt es auch in der Vergangenheitsform. Sie sagt nicht: „Der Herr wird euch das Land geben“, sondern: „Der Herr hat euch das Land gegeben.“ Sie war überzeugt, dass sie dann auch die Fußsohle darauf setzen würden. Die Angehörigen glaubten das ebenfalls, gingen zu ihr ins Haus, und sie wurden alle vor dem Gericht verschont.
Aber was uns eben das Buch Josua zeigt: Es gibt ein Zu-spät, und die Gnadenzeit dauert nicht ewig. Das ist eine Botschaft, die sich durch die ganze Bibel zieht. Denken wir nur an die Sintflut. Es gab einen Weg zur Rettung, und das war die Arche, die Arche Noah. Dort gab es eine Tür, durch die man eingehen musste. Es gab keinen anderen Weg.
Und das ist schon klar: Der Herr Jesus erläutert im Neuen Testament die Bedeutung, wenn er sagt: „Ich bin die Tür. Wer durch mich eingeht, wird errettet werden.“ Aber man musste durch diese Tür eingehen. Nur an einem Tag kam der Moment, an dem Gott die Tür schloss.
In Hiob 12, Vers 13 heißt es: „Wenn Gott über jemanden verschließt, dann kann niemand mehr öffnen.“ Und das war der Moment, an dem es zu spät war. Dann kam das Gericht über die Welt. Es gibt ein Zu-spät.
Hier sehen wir auch: Es gibt ein Zu-spät. Aber es gibt solche, die tatsächlich noch in der allerletzten Zeit gerettet werden. Dieses Thema zieht sich bis ins Neue Testament, wo wir im Gleichnis der zehn Jungfrauen sehen, dass der Moment kam, an dem die Tür zur Hochzeit geschlossen wurde. Die fünf törichten Jungfrauen standen davor, und es wurde nicht mehr geöffnet.
Das ist ein Bild dafür, dass auch die Gnadenzeit, die heute noch seit zweitausend Jahren währt, enden wird. Die Tür wird geschlossen, und dann gibt es keine Möglichkeit mehr, gerettet zu werden – für die, die die Gnade nicht in Anspruch genommen haben.
Hier sehen wir das auch, aber wir sehen auch Gottes Treue: Im letzten Moment war es noch möglich bei ihr.
Die Rettung Rahabs und die Bedeutung des Karmesinfadens
Jetzt lese ich weiter, Vers 14: Die Männer sprachen zu ihr: „Unsere Seele soll an eurer Stadt sterben, wenn ihr diese unsere Sache nicht verratet. Und es soll geschehen, wenn der Herr uns das Land gibt, so werden wir Güte und Treue an dir erweisen.“
Da ließ sie sie an einem Seil durch das Fenster hinunter, denn ihr Haus war in der Stadtmauer, und sie wohnte in der Stadtmauer.
In Verbindung mit Kapitel 6 werde ich noch einige archäologische Erklärungen zu den Mauern von Jericho damals geben. Tatsächlich hat man bei den Ausgrabungen in Jericho, die der Zeit Josuas nach biblischer Chronologie entsprechen, das Armenviertel speziell ausgegraben und dort Brandspuren gefunden. Jericho wurde verbrannt, aber nicht geplündert. Bei keiner archäologischen Ausgrabung in Israel hat man so viele Überreste von Getreide gefunden wie in diesen Schichten von Jericho.
Das heißt, es war sehr viel Nahrung in Jericho vorhanden. Die Bewohner waren also nicht kurz vor dem Verhungern, als die Eroberung kam, sondern hatten im Überfluss. Trotzdem haben die Eroberer dieses wertvolle Getreide nicht in Besitz genommen. Wir werden sehen, dass Gott zu Israel sagt, niemand darf sich an Jericho bereichern.
Weiterhin hat man gefunden, dass Wohnungen direkt an die Stadtmauer gebaut waren, und zwar so, dass eine Mauer der Wohnung eben die Stadtmauer war – genau so, wie es hier von Rahabs Wohnung gesagt wird.
Ich lese weiter, nochmals Vers 15: Da ließ sie sie an einem Seil durch das Fenster hinunter, denn ihr Haus war in der Stadtmauer, und sie wohnte in der Stadtmauer. Sie sprach zu ihnen: „Geht in das Gebirge, damit die Nachjagenden euch nicht treffen, und verbergt euch dort drei Tage, bis die Nachjagenden zurückgekehrt sind, und danach geht eures Weges.“
Wenn man in Jericho ist, liegt der Jordan auf der Ostseite von Jericho, und dann geht es aus dieser Tiefebene von etwa minus zweihundert Metern das Gebirge hoch. Sie sagt also: Geht nach Westen, das Gebirge hoch. Wir wissen also ganz genau, wo sie hingegangen sind. Die Nachjagenden jagen euch nach hin zum Jordan auf der Ostseite. Nach drei Tagen kommt ihr vom Gebirge herunter, dann sind die Nachjagenden in der Zwischenzeit schon wieder zurück.
Vers 17: Und die Männer sprachen zu ihr: „Wir werden dieses deines Eides ledig sein, den du uns hast schwören lassen. Siehe, wenn wir in das Land kommen, so sollst du diese Schnur von Karmesinfaden in das Fenster binden, durch welches du uns heruntergelassen hast. Du sollst deinen Vater und deine Mutter und deine Brüder und das ganze Haus deines Vaters zu dir ins Haus versammeln.
Und es soll geschehen: Wer auch immer aus der Tür deines Hauses auf die Straße gehen wird, dessen Blut sei auf seinem Haupt, und wir werden unseres Eides ledig sein. Jeder aber, der bei dir im Haus sein wird, dessen Blut sei auf unserem Haupt, wenn Hand an ihn gelegt wird.
Und wenn du diese unsere Sache verrätst, so werden wir deines Eides ledig sein, denn du hast uns schwören lassen.“
Jetzt geben sie ihr Anweisungen und überreichen ihr eine Karmesin-Schnur, die sie beim Fenster befestigen muss. Das gehört alles zum Rettungsprogramm: Alle müssen sich in ihrem Haus versammeln, niemand darf diese Wohnung verlassen. Das erinnert natürlich an Ägypten. Als Gott als Richter durch Ägyptenland zog, mussten die Erstgeborenen hinter den Türen der israelitischen Häuser sein, hinter der Tür, hinter dem schützenden Blut. Denn Gott sagte: „Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch schonend vorübergehen.“ Das heißt übrigens Passach. Das Fest heißt Pessach, das Passachfest, was „schonendes Vorübergehen“ bedeutet. So wird der Herr schonend an ihnen vorübergehen.
Hinter der Tür in dem israelitischen Haus waren die Erstgeborenen sicher vor dem Gericht Gottes. Wären sie herausgegangen, wären sie getroffen worden wie die ägyptischen Erstgeborenen.
Auch hier wird klar gesagt: Ihr müsst da hinten sein, und zwar nicht an der Tür, sondern am Fenster, das für die Kundschafter wie eine Tür wirkte. Dort sind sie geflohen, dort musste der Karmesinfaden sein.
Ich lese noch ein bisschen weiter, Vers 21: Und sie sprach: „Nach euren Worten, also sei es.“ Sie entließ sie, und sie gingen weg. Sie band die Karmesin-Schnur ins Fenster.
Was ist Karmesin? Das ist eine sehr hell leuchtende rote Farbe, die eigentlich der Farbe des arteriellen menschlichen Blutes entspricht, also dem Blut, das mit Sauerstoff gut versorgt ist.
Wie stellt man die Farbe her? Aus den Würmern der Kermesschildlaus. Das sind diese Würmer – nicht gerade appetitlich, ja? Diese Würmer müssen im Mörser zermalen werden, und daraus entsteht dann diese schöne Farbe.
Diese Karmesinfarbe spielt schon in der Stiftshütte eine wichtige Rolle. Denn es gab vier Farben: Rot (Karmesin), blauer Purpur, weißes Leinen, das aus Flachs hergestellt wurde – und Flachs spielt hier in der Geschichte auch eine Rolle, denn die Kundschafter waren unter Flachsstängeln verborgen – das Weiß spricht von der Gerechtigkeit Gottes, und Karmesin.
All diese vier Farben weisen auf den Herrn Jesus hin.
Ganz wichtig ist das Wort in 2. Mose 25 und den folgenden Kapiteln: Immer wenn Karmesin steht – andere Übersetzungen haben Scharlach, das Gleiche – dann steht im Hebräischen „Tolat“. „Tolat Schani“ heißt Karmesin, und das wird auch hier verwendet. Aber das Wort „Tolat“ bedeutet Wurm. Also Wurm, Karmesin, ein Hinweis darauf.
Nun müssen wir daran denken: Jesus, als er am Kreuz war, betet im Psalm 22. Es ist nicht zu fassen. Ich schlage auf diesen prophetischen Kreuzespsalm von König David auf, und da hören wir die Stimme des Herrn Jesus.
In Vers 2 heißt es: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und dann in Vers 7 lese ich schon von Vers 4 und 5: „Auf dich vertrauten unsere Väter, sie vertrauten, und du errettetest sie. Zu dir schrien sie und wurden errettet, sie vertrauten auf dich und wurden nicht beschämt. Ich aber bin ein Wurm, Tola'a, und kein Mann, der Menschen Hohn und der vom Volk Verachtete.“
„Alle, die mich sehen, spotten meiner, sie reißen die Lippen auf, schütteln den Kopf: ‚Er vertraut auf den Herrn, er rette ihn, befreie ihn, weil er Lust an ihm hat.‘“
Der Herr Jesus vergleicht sich mit einem Wurm. Schauen wir uns dieses Tier an: Es ist keine Ehre, Karmesin herzustellen, indem man diese Würmer zerquetscht. Die Würmer haben keine Zähne, um sich zu verteidigen, keinen Panzer wie Schildkröten zum Schutz, keine Beine, um zu fliehen. Es ist keine Heldentat, diese Würmer zu zertreten.
So hat Jesus sich willig in Sünderhände überliefern lassen, hat diesen Schmach, diesen Hohn auf sich genommen und ist bis zum Letzten gegangen. Er gab sein Blut, und dieses Blut hat Erlösung gebracht.
Diese Karmesinfarbe spricht von diesem rettenden Blut.
Wir sehen wieder eine Verwandtschaft mit den Häusern der Israeliten in Ägypten und dem Blut an den Türpfosten und der Oberschwelle, und hier in der rettenden Fenstertür den Karmesinfaden.
Das war das Zeichen für die Israeliten: Diese Wohnung wird ausgelassen, diese Leute werden verschont und gerettet, weil sie geglaubt haben und sich dem wahren Gott gebeugt haben.
Vers 22: Und sie gingen weg und kamen in das Gebirge und blieben dort drei Tage, bis die Nachjagenden zurückgekehrt waren. Die Nachjagenden suchten sie auf dem ganzen Weg, fanden sie aber nicht.
Die beiden Männer kehrten zurück, stiegen von dem Gebirge herab und gingen hinüber zu Josua, dem Sohn Nuns. Sie erzählten ihm alles, was ihnen begegnet war, und sprachen zu Josua: „Der Herr hat das ganze Land in unsere Hand gegeben, und auch sind alle Bewohner des Landes vor uns verzagt.“
Das waren andere Kundschafter als die zehn damals bei Kadesch-Barnea. Erstens war es schon falsch, dass diese zehn Kundschafter Mose informieren sollten, denn sie gingen zum Volk, um es zu informieren. Das sind typische gefährliche Leute, die in Gemeinden ihre Ideen und Gedanken unter den Gläubigen verbreiten, ohne dass die Hauptverantwortlichen sie prüfen.
Hier aber gehen diese Kundschafter nicht einfach zum Volk, sondern zu Josua und machen ihm Mut. Sie betonen nochmals: „Der Herr hat das ganze Land in unsere Hand gegeben.“ Sie sind wirkliche Schüler Josuas. So wie er es damals gemacht und betont hat, dass der Herr ihnen dieses gute Land gibt, sagen sie es auch. Sie betonen, dass die Bewohner des Landes verzagt sind, während die zehn Kundschafter damals das Volk Gottes verzagt gemacht haben.
Nun das ganz Gewaltige in Verbindung mit Rahab: Wir schlagen auf Hebräer 11, Vers 31 auf (Gemeinde 31 ist ein Schreibfehler): „Durch Glauben kam Rahab die Hure nicht mit den Ungläubigen um, da sie die Kundschafter in Frieden aufgenommen hatte.“
Ist das nicht gewaltig? Diese Frau, die so schrecklich in der Sünde gelebt hatte, erlebte im letzten Moment noch eine Umkehr. Sie wird in Hebräer 11 unter den Glaubenshelden und Heldinnen des Alten Testaments namentlich aufgeführt, als eine Frau des wahren Glaubens.
Sie kam nicht um mit den Ungläubigen, das heißt, die anderen waren alle ungläubig, aber sie war gläubig – zusammen mit ihrer Verwandtschaft, die ebenfalls geglaubt hatte.
Dann lesen wir in Jakobus 2 nochmals im Neuen Testament über Rahab. Dort geht es um gute Werke, die den wahren Glauben bestätigen als echten Glauben. Unechter Glaube hat keine Auswirkungen in Werken, aber echter Glaube schon.
Als Beispiel wird Abraham in Vers 21 genannt, und dann in Vers 25 heißt es: „Ist aber nicht auch Rahab, die Hure, aus Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ? Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.“
Hier wird Rahab mit ihren guten Werken vorgestellt, die den wahren Glauben bei ihr sichtbar gemacht haben. Das heißt, sie wurde gerechtfertigt aus Werken.
Im Römerbrief heißt es, dass man gerechtfertigt wird aus Glauben. Wie passt das zusammen? Ganz einfach: Was heißt rechtfertigen? Es ist ein schwieriges Wort. Rechtfertigen heißt, jemanden als gerecht erklären, nicht gerecht machen. Jemand, der gerecht ist, wird als gerecht hingestellt.
Wenn sich jemand selbst rechtfertigt, versucht er nicht, sich gerecht zu machen, sondern sagt: „Ich habe richtig gehandelt, das war kein Fehler. Ich musste das aus diesem und jenem Grund tun.“ Das ist sich selbst rechtfertigen.
Im Römerbrief geht es darum, dass Gott einem Menschen, der an den Herrn Jesus glaubt und sein Erlösungswerk für seine Sünden in Anspruch nimmt, alle Schuld vergibt. Wenn alle Schuld weg ist, kann Gott sagen: Dieser Mensch ist gerecht. Gott erklärt ihn als gerecht.
Wie ist das dann unter den Menschen? Jeder kann sagen: Ja, ich bin gläubig. Rechtfertigung vor den Menschen, sodass wir sehen können, dass es ein Gerechter ist, geschieht durch Werke.
Es gibt also die Rechtfertigung vor Gott und die Rechtfertigung vor den Menschen – und nachdem es im Herzen geschehen ist.
Was war das gute Werk bei Abraham? Er war bereit, seinen Sohn zu opfern. Das gute Werk bei Rahab war, dass sie bereit war, Volksverrat zu begehen. Das ist speziell!
Was Menschen als gute Werke bezeichnen und was Gott als gute Werke ansieht, ist nicht immer dasselbe. Hier werden gerade sehr spezielle Fälle gezeigt.
Der Volksverrat von Rahab war in den Augen Gottes richtig und ein gutes Werk. Sie erkannte, dass die Gnadenzeit für Kanaan vorbei war. Der wahre Gott richtet Kanaan, und es gibt nur eines: Umkehren und Kapitulieren. Die Masse wollte nicht, aber der Einzelne konnte – und sogar eine ganze Verwandtschaft.
Bei Abraham war klar: Gott wollte nur testen, ob Isaac ihm wichtiger ist als Gott. Dieses Kind war so wichtig für Abraham, nach 25 Jahren bekam er es, und dann sollte er es hergeben. Er war bereit, und dadurch wurde sein Glaube als echt sichtbar vor den Menschen.
Rahab kommt nochmals im Neuen Testament vor. Sie wird ins Volk Israel aufgenommen und darf Stammmutter des Messias werden.
Man muss sich das vorstellen: Diese Hure wurde von Israel verschont, erlebte eine radikale Wende, heiratete einen Mann aus dem Stamm Juda – nicht aus irgendeiner Familie. Aus dieser Linie sollte später der Messias kommen.
Darum lesen wir in Matthäus 1, dem Geschlechtsregister von Josef. Es beginnt in Vers 2: „Abraham zeugte Isaak, Isaak aber zeugte Jakob“ usw.
In Vers 5 heißt es: „Salmon aber zeugte Boas von der Rahab. Boas zeugte Obed von der Ruth, Obed zeugte Jesse, Jesse zeugte David, den König.“
Natürlich ist das die Geschlechtslinie von Josef, dem Pflegevater des Herrn Jesus, aber Maria stammte auch von König David ab. Ihr Geschlechtsregister ist in Lukas 3 überliefert.
Das heißt, davor hatten beide den gleichen Stammbaum von Abraham bis König David. Ab König David teilt sich der Stammbaum: Die Linie von Josef geht über die königliche Linie über Salomo und die Könige von Juda weiter, und die Linie von Maria über einen Bruder Salomos namens Nathan.
Davor ist es dieselbe Linie.
Man kann wirklich sagen: Diese Hure Rahab kam in den Stammbaum des Herrn Jesus – sowohl in die königliche Linie von Josef als auch in die wahre Abstammungslinie über Maria.
Ist das nicht gewaltig, wenn man an diese heilsgeschichtlichen Dimensionen denkt? Diese Frau konnte ins Volk Gottes aufgenommen werden, heiratete, gründete eine Familie – und diese Familie wurde die messianische Familie.
Der Retter der Welt sollte einmal kommen, um sein Blut zu geben, wovon das Karmesin im Fenster von Jericho spricht – zur Erlösung. Ganz gewaltige Dimensionen.
Der Übergang über den Jordan und die Bundeslade als Bild Christi
Jetzt gehen wir bereits weiter zu Josua 3. Wir kommen ja gut voran, nicht wahr?
Vers 1: Da machte sich Josua des Morgens früh auf. Es lohnt sich, wenn wir in diesen Tagen das ganze Buch Josua durchlesen und dabei für sich persönlich jedes Mal am Rand eine Bemerkung machen. „Früh des Morgens“ ist wie ein Refrain im Buch Josua. Immer wieder begegnet uns Josua, der für bestimmte Taten früh aufsteht.
Da machte sich Josua also morgens früh auf, und sie brachen auf von Schittim und kamen an den Jordan – er und alle Kinder Israel. Dort rasteten sie selbst, ehe sie hinüberzogen. Sie waren also in dieser Ebene jenseits des Jordans, auf heute jordanischem Boden, gerade gegenüber von Jericho. Das heißt, am Fuß dieser jordanischen Berge, zu denen übrigens auch der Berg Nebo gehört, wo Mose noch die letzte Sicht auf das verheißene Land hatte.
Ab jetzt kommen sie aus dieser Ebene und gehen direkt an den Jordan heran.
Vers 2: Und es geschah am Ende von drei Tagen, da gingen die Vorsteher mitten durch das Lager und siehe, sie sprachen zu dem Volk: Sobald ihr die Lade des Bundes des Herrn, eures Gottes, seht und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Ort aufbrechen und ihnen nachfolgen. Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung von zweitausend Ellen sein als Maß.
Eine Elle ist 45 Zentimeter, die kleine Elle, die große Elle 52,5 Zentimeter. Das ist also nicht „Handgelenk mal Pi“, sondern ein sehr genaues Maß in der Bibel. Wir können aber grob sagen: zweitausend Ellen sind etwa ein Kilometer.
Ihr sollt ihr nicht nahen, damit ihr den Weg wisst, auf dem ihr gehen sollt, denn ihr seid diesen Weg früher nicht gezogen.
Und Josua sprach zu dem Volk: „Heiligt euch, denn morgen wird der Herr in eurer Mitte Wunder tun.“
Josua sprach zu den Priestern und sagte: „Nehmt die Lade des Bundes auf und zieht vor dem Volk hinüber.“ Sie nahmen die Lade des Bundes auf und zogen vor dem Volk her.
Sie mussten sich heiligen. Das heißt, alle mussten ein Ritualbad nehmen und sich reinigen. Das Ritualbad wird ausführlich behandelt in 3. Mose 15. Dort wird erklärt, dass es verschiedene Ursachen gibt, durch die man unrein werden konnte – rituell unrein, zum Beispiel die Periode der Frau, die verunreinigt, oder der Erguss des Mannes, der verunreinigt.
Man darf aber nicht denken, die Periode sei etwas Unsauberes – das ist Bildersprache der Bibel. Ich will das kurz erklären: Bei all diesen Verunreinigungen im Gesetz Mose, die einen bildlichen Sinn haben, geht es ganz speziell um den Ursprung des Lebens, der verunreinigt ist – die Quelle des Lebens verunreinigt.
Darum ist der Mann nach dem Erguss unrein, die Frau mit der Periode unrein. Nicht, wenn man sich in den Finger geschnitten hat und es blutete, dann war man nicht unrein. Es ging wirklich um Ausflüsse aus den Geschlechtsorganen, die unrein machten, um Israel die Lektion zu erteilen: Wenn ein Mensch in diese Welt kommt, ist er von Anfang an ein Sünder. Er hat von seinem Vater die verdorbene Natur Adams seit dem Sündenfall geerbt.
So war das in diesem Sinn eine Lektion: Wir sind Sünder.
Dann gibt es noch die Verunreinigung am Ende des Lebens. 4. Mose 19 beschreibt das sehr ausführlich: Wenn man einen Toten berührte, war man unrein und musste unter anderem auch ein Ritualbad nehmen. Also der Ursprung des Lebens und das Ende des Lebens sind verunreinigt.
So war der Ursprung des Lebens verunreinigt – das war eine Vorbereitung auf die Wahrheit aus Römer 5,12: „Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen“, und dann ist sie von Generation zu Generation hindurchgedrungen.
Darum sagt David im Psalm 51: „In Sünde hat mich empfangen meine Mutter.“ Das heißt, er war ein Sünder von Mutterschoß an, er hat die sündige Natur in sich.
Dann die zweite Wahrheit, Römer 6,23: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Darum verunreinigt der Tod – das ist die Konsequenz grundsätzlich der Sünde.
So musste man ein Reinigungsbad nehmen, um rein zu sein, um in die Stiftshütte zu gehen. Hier geht es um den Eintritt ins verheißene Land. Alle mussten sich vorher heiligen und sich wieder bewusst sein: Wir sind von Natur aus Sünder, und der Lohn der Sünde ist der Tod. Aber es gibt einen Weg, gereinigt zu werden.
Und zwar ist es so: Beim Ritualbad musste man sich ganz eintauchen in Wasser.
Wovon ist das Wasser ein Bild? Das wissen wir aus Epheser 5,25: „Gleichwie Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, auf dass er sie heiligte, sie reinigend mit Wasser durch das Wort.“
Alles klar: Die Reinigung mit Wasser – das Wasser ist ein Bild des Wortes Gottes.
Wenn wir die Bibel lesen, auch täglich, dann zeigt sie uns ständig wieder Dinge auf, die uns vorher gar nicht bewusst waren, aber die falsch sind. Das soll den wahren Gläubigen dazu führen, diese Dinge als Sünde zu bekennen.
Nach 1. Johannes 1,9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Dadurch wird das Wort Gottes zum Wasserbad: „Sie reinigen mit der Waschung, mit Wasser durch das Wort.“ Also alle mussten sich so reinigen.
Vers 5: Und Josua sprach zu dem Volk: „Heiligt euch, denn morgen wird der Herr in eurer Mitte Wunder tun.“ Und Josua sprach zu den Priestern und sagte: „Nehmt die Lade des Bundes auf und zieht vor dem Volk hinüber.“ Und sie nahmen die Lade des Bundes auf und zogen vor dem Volk her.
Nun geht es darum, durch den Jordan hindurchzugehen.
Hier sind wir bei Qasr al-Yahud. Das ist genau der Ort, wo Johannes der Täufer später getauft hat. In Johannes 1 wird das genannt „Betanien“, aber nicht das Betanien von Lazarus auf dem Ölberg, sondern das Betanien am Jordan bei der Mündung zum Toten Meer.
Ich werde das im Zusammenhang mit Josua 4 noch genauer erklären, aber nur dieser Hinweis: Johannes hat jenseits des Jordans getauft. Das heißt, dort, wo die Israeliten herkamen, als sie ins verheißene Land gingen, dort ist er hingegangen. Dort hat er alle getauft, die Buße getan haben und sich reinigen lassen wollten von ihren Sünden.
Wir wollen jetzt sukzessiv verstehen lernen, was dieser Jordan eigentlich bedeutet und was es bedeutet, dass zuerst die Bundeslade durch den Jordan geht und danach das ganze Volk hindurchgehen muss.
Der Jordan ist der Todesfluss.
Es ist so, dass „Jordan“ „der Hinabsteigende“ heißt. Man schreibt auf Hebräisch J, D und dann noch ein Anhängsel N. Man liest „Jordan“. Die Wurzel sind die drei Konsonanten J, R, D. Setzt man da „A, A“ ein, hat man die Form, wie sie im Wörterbuch steht: „Jarad“. „Jarad“ heißt hinabsteigen.
Zum Beispiel Vater Jakob: Er ist so erschüttert über die Nachricht, dass Josef tot sein soll, und sagt, er werde mit grauem Haar in den Scheol hinabfahren. Hinabfahren ist „Jarad“ – hinabsteigen ins Totenreich.
Der Jordan ist dieser Fluss, der hinabsteigt ins Tote Meer.
Ja, es ist wirklich der Todesfluss, der hinabsteigt in ein Meer, wo keine Fische leben können – wirklich tot ist.
Das Tote Meer ist ein Bild des Totenreichs.
Nun muss das Volk durch den Jordan, um ins verheißene Land hineinzugehen.
Jetzt ist klar: Dieser Todesfluss spricht von dem Sterben. Wenn man in das Becken des Jordans hineingeht und dann aus dem Becken wieder hochkommt, spricht das von der Auferstehung.
Hier in Josua 3,4 wird uns etwas vorgestellt von Tod und Auferstehung.
Doch zuerst, bevor das Volk hineinging, musste die Bundeslade in einem dramatischen Abstand von einem Kilometer in das Jordanbett hineingeführt werden.
Die Bundeslade ist ein Bild des Herrn Jesus.
Sie ist aus Akazienholz gefertigt. Akazienholz heißt auf Hebräisch „Schittim“. Wir haben gelesen, dass sie von Schittim aufgebrochen sind (Josua 3,1). Dort gab es viel Akazienholz.
Die Akazie ist ein typischer Baum, der isoliert in der Wüste Judäa, Negev und Sinai steht. Das war ideal für die Israeliten, die die Stiftshütte mit viel Schittim-Akazienholz gebaut haben.
Nicht zu verwechseln mit der Akazie, die wir hier kennen: Diese Akazie in der Wüste ist ein extrem hartes Holz.
Die Übersetzer der Septuaginta, der ältesten Bibelübersetzung, die auch im Neuen Testament oft zitiert wird, haben es als „unverderbliches Holz“ übersetzt, weil kein Insekt an dieses harte Holz herankommt.
So spricht dieses unverderbliche Holz vom ewigen Leben.
Jesus konnte sagen in Johannes 14,6: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Er ist das ewige Leben in Person.
Die Lade war überzogen mit reinem Gold.
Gold ist in der Bibel ein Bild der Herrlichkeit Gottes.
Der älteste Freund von Hiob hieß Elifas (Hiob 4,1). Sein Name bedeutet „Eli, mein Gott“ und „Phas“ ist Feingold.
So spricht das reine Gold von der Gottheit.
Jesus ist Gott und Mensch in einer Person. Das wird uns durch die Bundeslade vorgestellt.
Jesus wird auch genannt „die Frucht der Erde“, der als Mensch hier aufgewachsen ist. Davon spricht auch das Schittim-Holz vom ewigen Leben, aber auch von seiner Menschheit.
Er sagt: Wenn man das an dem dürren Holz macht, was wird geschehen am grünen Holz, als die Frauen von Jerusalem um ihn weinten auf dem Weg nach Golgatha.
Also die Bundeslade spricht von seiner Gottheit und seiner Menschheit.
Der Deckel war nur aus Gold. Darauf wurde am Jom Kippur durch den Hohenpriester das Blut des Opfers gesprengt – einmal vor Gott.
In Römer 3,23 wird der Herr Jesus bezeichnet als dieser Sühnendeckel der Bundeslade.
Ich kann kurz aufschlagen: Römer 3,25 sagt von Jesus: „Welchen Gott dargestellt hat zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben an sein Blut.“
Das Wort „Gnadenstuhl“ (griechisch „hilasterion“) ist die Übersetzung des Wortes, das im Alten Testament für den Sühnedeckel gebraucht wird („Kaporet“).
Mit „Gnadenstuhl“ ist also der Sühnedeckel der Bundeslade gemeint.
Das Neue Testament erklärt, dass Jesus Christus die Sühnung für unsere Sünden ist. Auf diesem Sühnedeckel wurde das Blut gesprengt.
Jeder, der an dieses rettende Blut im Glauben vor Gott kommt und es annimmt, wird durch ihn gerettet.
Man muss sich vorstellen, dass diese Bundeslade, die von Jesus spricht, vorausgegangen ist in den Jordan hinein und danach wieder heraus.
Das spricht von Jesus, der vorausgegangen ist, am Kreuz für uns gestorben und am dritten Tag auferstanden ist.
Das Volk geht den gleichen Weg.
Das bedeutet: Jeder, der ein wahrer Gläubiger ist, kann sagen: Der Tod Jesu war das Ende meines alten Lebens, und seine Auferstehung ist der Anfang meines neuen Lebens.
Das wird nach Römer 6,4 auch in der Taufe ausgedrückt: „Wir sind mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod.“
Paulus sagt in Galater 2,20: „Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“
An diesem Punkt werden wir heute Nachmittag weiterfahren, um noch klarer zu verstehen, was das alles für uns konkret bedeutet.
Ich will noch beten zum Schluss:
Herr Jesus, wir danken dir, dass wir dein Wort haben mit all diesen wunderbaren Belehrungen und Bildern, die sich so tief in unseren Herzen einprägen können. Damit wir den wunderbaren Plan der Erlösung, den der Vater vor Ewigkeit in dir gefasst hat, besser verstehen können.
So danken wir dir für diese Ruhe und diese Zeit, die wir heute Morgen in deiner Gegenwart verbringen durften, und empfehlen uns dir und deiner Gnade weiterhin an diesem Tag an.
Amen.