Gnade sei mit euch und Friede von Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Vor der Predigt wollen wir nun noch einmal Gott um seine Hilfe bitten, damit wir sein Wort richtig verstehen. Wir bereiten uns auf das Wort Gottes vor und stimmen uns zum Gebet ein.
Teil sechs unserer Bergpredigt steht heute an. Die Fortsetzung folgt aus organisatorischen Gründen erst im Oktober. Dann machen wir weiter.
Wer bis dahin alle sechs Predigten zusammen haben möchte, kann diese über unseren Kassettendienst erhalten. Am Ausgang liegen drei Kassetten bereit, auf denen die sechs Predigten bis Vers 30 in Kapitel 5 enthalten sind.
Jesus sagt: „Denn ich sage euch, wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: ‚Du sollst nicht töten. Wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein.‘ Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig. Wer aber zu seinem Bruder sagt: ‚Du nichts nützt‘, der ist des Hohen Rats schuldig. Wer aber sagt: ‚Du Narr‘, der ist des höllischen Feuers schuldig.
Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dir dort in den Sinn kommt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe stehen. Geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe.
Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit du den Gegner nicht dem Richter überantwortest und der Richter dem Gerichtsdiener, und du ins Gefängnis geworfen wirst. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast.
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ‚Du sollst nicht Ehe brechen.‘ Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe in seinem Herzen gebrochen.
Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus und wirf es von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe, als dass der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.
Wenn dich deine rechte Hand zum Abfall verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe, als dass der ganze Leib in die Hölle komme.“
Herr Jesus Christus, so hilf uns, dich zu verstehen, auch dort, wo du uns harte Worte vorhältst. Mach uns bereit, dich an uns arbeiten zu lassen, Herr. Gib jedem von uns, der jetzt hier ist, das, was er für seine Situation braucht. Schenke uns Konzentration zum Reden und zum Hören. Amen.
Nehmen Sie bitte wieder Platz.
An der Küste Irlands sank ein großes Schiff. Niemand konnte sich richtig erklären, wie das passiert war und warum dieses Schiff plötzlich seinen Kurs verloren hatte. Schließlich fand ein Taucher den Kompass des Schiffes.
Als man den Kompass untersuchte, stellte man fest, dass im Gehäuse ein winziges Stückchen Stahl steckte. Dieses war hineingekommen, als ein Matrose kurz vorher mit seinem Taschenmesser den Kompass gereinigt hatte. Dabei passte er nicht ganz auf, und plötzlich landete eine kleine Spitze dieses Taschenmessers im Gehäuse des Kompasses. Diese kleine Spitze sorgte dafür, dass die Magnetnadel aus ihrer Richtung gezogen wurde. Das Schiff verlor den Kurs, lief auf ein Riff und versank.
Sonst war das Schiff in gutem Zustand gewesen. Der Bug war frisch gestrichen, der Motor funktionierte einwandfrei, und an Deck sah alles sehr ordentlich und gepflegt aus. Aber dort, wo es keiner sah und keiner darauf achtete, lauerte die Gefahr im Gehäuse dieses Kompasses. Und das reichte für die Katastrophe.
Jeder von uns hat so einen Kompass in sich. Keiner kann ihn sehen, und doch entscheidet dieser Kompass über den Kurs unseres Lebens. Die Bibel nennt diesen Kompass das Herz. Hier im Herzen fallen unsere Entscheidungen. Hier wird bestimmt, in welche Richtung unser Lebensdampfer fährt.
Aber wer achtet schon auf seinen Kompass? Wie oft denken wir mal „Hand aufs Herz“ über den Zustand unseres Herzens nach? Mit wem haben Sie zuletzt über Ihr Herz gesprochen? Wie lange ist das her?
Solange das Schiff gut fährt, solange der Motor schnurrt, denkt niemand an den Kompass, denkt niemand an sein Herz. Und selbst wenn das Schiff ins Schlingern gerät, wie bei jenem alten Mann in Süddeutschland, der plötzlich todkrank wurde – so glaubte er zumindest – war das für ihn kein Anlass, sich um den Zustand seines Herzens zu sorgen.
Als ich ihn besuchte, sagte er: „Ich habe keinen umgebracht, ich habe regelmäßig für das Rote Kreuz gespendet, mein Leben war in Ordnung.“ Dass da etwas mit dem Herzen sein könnte, kam ihm gar nicht in den Sinn. Hauptsache, das Äußere stimmt. Hauptsache, die Regeln sind einigermaßen eingehalten. Hauptsache, ich habe meine kirchlichen Pflichten erfüllt und bin einigermaßen fromm und mildtätig durchs Leben gekommen.
Was da drin ist, geht keinen etwas an. Das erscheint auch nicht so wichtig.
Genau das war die Meinung der theologischen Wortführer zur Zeit Jesu. Die Pharisäer und Schriftgelehrten waren Meister in den äußeren Dingen. Sie hatten sich strenge Regeln gegeben. Am Feiertag durften sie zum Beispiel nur eine bestimmte Anzahl von Schritten gehen. Viele hielten sich tatsächlich mit eiserner Disziplin daran.
Diese Menschen waren nicht die schlechtesten. Die Pharisäer und Schriftgelehrten stabilisierten die Gesellschaft. Trotzdem sprach Jesus ein hartes Urteil über sie. In Vers 20 sagt er: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Das heißt, ihr bleibt getrennt und ausgeschlossen von Gott.
Pharisäer und Schriftgelehrte kommen, wenn sie sich nicht ändern, nicht in den Himmel. Was war das Problem dieser Männer? Jesus hat immer wieder seinen Finger in die Wunde gelegt. Er sagte: „Euer Problem ist euer Herz.“ In Matthäus 23 hat er das mal so drastisch ausgedrückt. Dort sagt er: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine.“
Das ist deutlich. Jesus sagt: „Ihr Pharisäer, in eurem Herzen, da wo nur Gott hinschaut, da ist lauter Müll, da seid ihr tot. Euer Kompass ist kaputt, die ganze Richtung stimmt nicht mehr. Ihr braucht eine Kursänderung in eurem Herzen.“
Und das wollten die Pharisäer natürlich nicht. Sie glaubten, dass ihr Herz ziemlich sauber wäre, weil sie so religiös waren. Sie fühlten sich gut genug für Gott. Sie sind niemals innerlich vor Gott in die Knie gegangen. Sie haben nie Konkurs angemeldet. Sie haben Gott nie ihr zerbrochenes Herz hingehalten. Sie haben Gott nie die Chance gegeben, ihr Leben von Grund auf, vom Herzen her zu ändern.
Deshalb sagt Jesus: „Wenn ihr nicht eine bessere Gerechtigkeit habt als diese Leute, dann bleibt ihr ausgeschlossen vom Reich Gottes.“
Wenn jemand zu Gott kommen will, dann ist das möglich. Erlauben Sie mir einen Vergleich, der ähnlich ist wie bei einem Herzanfall oder einer Herzattacke. Zuerst merkt man, dass mit dem Herzen etwas nicht stimmt. Die Bibel nennt das Sündenerkenntnis – das bedeutet, ein Mensch begreift: So, wie ich bin, bin ich vor Gott nicht gut genug.
Dann bekommt man Angst und eine Ahnung davon, dass man verloren ist, wenn man keine Hilfe bekommt. In diesem Moment lässt man sich von Jesus behandeln. Man sagt zu Jesus: Bitte vergib mir, nimm mir das weg, was mein Leben kaputtgemacht hat.
Das Erste, was Jesus tut, ist wie eine Notbehandlung beim Notarzt bei einer Herzattacke. Jesus vergibt zunächst meine Schuld. Er rettet mich und sagt: Du stehst von jetzt an auf meiner Seite und unter meinem Schutz. Durch diese Akutbehandlung wird der Mensch zum Christen.
Aber genauso wie bei einer Herzattacke ist nach der Akutbehandlung nicht Schluss. Es folgt die Rehabilitation. Es kommt eine Kur, neue Essgewohnheiten müssen trainiert werden, und das Leben bekommt nach und nach eine ganz neue Form.
Genauso macht es Jesus, wenn ein Mensch zum Glauben gefunden hat und Christ geworden ist. Dann kommt er in Gottes Rehabilitation, in Gottes Trainingslager. Wir könnten auch sagen: Dann kommt er in Gottes Charakterschule.
Diese Charakterschule beginnt im Herzen. Das ist Punkt eins, den wir heute festhalten und der auch auf Ihrem Zettel steht: Gottes Charakterschule beginnt im Herzen. Das ist auch logisch. Wer eine Herzattacke hat, wird nicht zuerst wegen Haarausfall, grünem Star oder Verdauungsproblemen behandelt, sondern am Herzen.
Wenn Gott anfängt, unseren Charakter zu verändern, dann beginnt er im Zentrum unserer Person – dort, wo der Kompass unseres Lebens sitzt. Dort wird über unseren Kurs entschieden, es geht um meine Motive und die Grundausrichtung meines Lebens. Dort setzt Gott an.
Darum beginnt jetzt mit Vers 21 ein großer Abschnitt, der von einem einzigen Thema handelt: Gottes Charakterschule, Gottes Lebensschule, die im Herzen beginnt und von dort aus einen Lebensbereich nach dem anderen erfasst.
Jesus nennt hier sechs Beispiele aus dem Alltag. Keine Sorge, wir werden heute höchstens die ersten beiden miteinander besprechen. Diese sechs Beispiele haben eines gemeinsam: Sie zeigen, dass unser praktisches Verhalten im Herzen entschieden wird.
Darum gilt: Wer meine Handlungen dauerhaft verändern will, der muss zuerst meine Haltung verändern. Es beginnt im Herzen. Jesus hat einmal gesagt: Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Und wovon das Herz voll ist, das zeigt sich auch in unseren Taten.
Deshalb legt Gott so großen Wert auf Ihr Herz und auf mein Herz. Vor Gott zählt nicht, wie wir nach außen hin dastehen, sondern wie es in uns drinnen aussieht. Das zählt bei Gott.
Im ersten Samuelbuch im Alten Testament heißt es: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, aber Gott sieht das Herz an. Das hatten die Pharisäer vergessen. Sie lebten nach der Melodie dieses bekannten Volkslieds: Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen mit Pulver und Blei. Die Gedanken sind frei.
Menschen gegenüber stimmt das, aber nicht gegenüber Gott. Gott sieht, wie meine innere Welt aussieht. Vor Menschen kann ich das abschotten, aber nicht vor ihm. Und Gott sieht das nicht nur, er bewertet es auch.
Bei Gott zählen meine Gedanken genauso viel wie meine Worte, und meine Worte genauso viel wie meine Taten. Jeder Rachgedanke zählt bei Gott wie eine Rachetat, jeder Vergeltungsgedanke wiegt in Gottes Augen so schwer wie eine Vergeltungstat.
Gleich, ab Vers 21, wird Jesus über Mord reden und im selben Atemzug vom Zorn sprechen – so, als wären Mord und Zorn Zwillingsbrüder. Ab Vers 27 wird es um Ehebruch gehen. Im selben Augenblick redet Jesus von lüsternen Blicken, als wäre es dasselbe, ob man einer Frau auf der Straße mit bestimmten Gedanken hinterherschaut oder ob man wirklich mit ihr schläft.
Bei Gott muss ich also für meine Gedanken genauso gerade stehen und mich genauso verantworten wie für meine Taten.
Nun kommt das Beste: Gott ist nicht nur der Durchschauer unserer Herzen. Er ist nicht nur der Richter, sondern auch der Veränderer. Gott ist nicht nur der Diagnostiker, sondern auch der Therapeut.
Gott will mein Herz nicht nur bewerten, sondern es heil machen. Es hängt davon ab, ob ich bereit bin, in Gottes Charakterschule zu gehen. Diese Charakterschule beginnt im Herzen.
Sie wissen ja, wie das ist: Das funktionierende Herz pumpt Blut und Sauerstoff bis in die letzten Gefäße unseres Körpers, bis in die letzten Kapillaren. So sorgt Gottes Herzbehandlung dafür, dass sein Wort und sein Wille bis in die letzten Kapillaren und Gefäße meines Alltags hineinkommen.
Es beginnt im Herzen, aber dort bleibt es nicht stecken. Darum bringt Jesus jetzt diese praktische Anwendung mit sechs Alltagsbeispielen. Zwei davon schauen wir uns an.
Gottes Charakterschule bleibt nämlich nicht im Herzen stehen, sondern zweitens: Gottes Charakterschule besiegt Zorn und Bitterkeit.
Das war für die Pharisäer kein Thema. Zorn – wie wollen Sie das messen? Dafür hatten sie keine Ankreuzliste. Mord, ja, das wäre klar. Das darf natürlich nicht sein, Mord muss hart bestraft werden. Aber persönliche Beschimpfungen oder ein bisschen innerer Zorn – das sieht ja keiner. „Ich habe doch keinen umgebracht.“
Gut, vielleicht hat man jemand schlecht hinter dem Rücken geredet oder in Gedanken jemanden fast erwürgt, aber man hat niemanden umgebracht. Das ist bis heute das Gleiche. Sehen Sie, mit keinem Gebot beruhigen wir uns so schnell wie mit dem fünften. Deshalb beginnt Jesus gerade mit diesem fünften Gebot, von dem wir uns einbilden, dass wir damit keine Schwierigkeiten hätten.
Das geht noch ganz harmlos los in Vers 21: Da sagt er, „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten. Wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein.“ Das ist ein Zitat aus dem Alten Testament und klingt noch ganz harmlos.
Nun passen Sie auf, in Vers 22 wird es kritisch. Da sagt Jesus: „Ich aber …“
Soll das heißen, dass Jesus sich hier gegen das Alte Testament stellt, gegen die Zehn Gebote etwa? Mit Sicherheit nicht. Das haben wir ja letzten Sonntag gesehen: Jesus bestätigt voll das Alte Testament. Nein, wogegen wendet Jesus sich hier, wenn er sagt: „Ich aber sage euch“? Er wendet sich gegen die Verharmlosung der Pharisäer.
Die Pharisäer hatten dieses Gebot ganz harmlos ausgelegt. Sie begrenzten es nur auf die äußere Tat. Wer einen ermordet, der wird bestraft, und damit können wir das fünfte Gebot abhaken. Jesus sagt: Leute, so schnell kommt ihr nicht aus dem Schneider. Natürlich dürft ihr nicht morden, das ist klar. Aber damit habt ihr das fünfte Gebot noch nicht erfüllt, nur wenn ihr keinen umbringt.
Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig. Merken Sie, was Jesus hier tut? Er geht hinter dem Mord zurück zur eigentlichen Ursache des Mordes. Er zeigt, wo jeder Mord beginnt, nämlich im Herzen – mit Zorn und Bitterkeit.
Und wir fragen: Warum ist das so schlimm? Groll, Zorn, Bitterkeit – wissen Sie warum? Weil es unser Herz vergiftet. Weil es den Boden dafür bereitet, dass wir den anderen herabsetzen und verletzen. Obwohl Gott uns doch den Auftrag gegeben hat, ihn zu lieben.
Wohlgemerkt: Nicht jeder Zorn ist verwerflich. Auch Jesus war manchmal zornig – zu Recht. Zorn über Sünde, Zorn über Unrecht – der ist nicht nur erlaubt, er ist sogar geboten. Es gibt einen heiligen Zorn.
Aber Jesus warnt vor diesem persönlichen Zorn, der einen so schnell beschleicht, wenn es um unsere Eitelkeit geht oder um unsere Selbstverliebtheit. Jesus meint diesen Zorn, der dazu führt, dass wir böse Gedanken über einen anderen Menschen in uns aufhäufen, sodass die Bitterkeit sich so richtig festsetzen kann – wie eine Zecke in unserem Herzen.
Wie schnell kann das passieren, dass ich persönlich beleidigt bin, dass ich mich über einen Menschen ärgere, weil er mir unsympathisch ist, weil er mir Unrecht getan hat oder weil es ein Missverständnis gegeben hat – was auch immer. Wie schnell rutsche ich rein in diesen Zorn!
Manfred Siebald hat das mal in einem Lied beschrieben. Er sagt: „Ich dolche mit Blicken, ich dolche mit Blicken, verletze mit Worten, in meinen Gedanken beißt mancher ins Gras.“ Man braucht ja nicht gleich mit Taten zu morden. Es macht auch mit Worten und Wünschen schon Spaß.
Aus zornigen Gedanken werden dann gemeine Worte. Das geht hier weiter in Vers 22: „Wer zu seinem Bruder sagt: Du nichts nutzt, Raka …“ Im Aramäischen war das ein ganz normales Schimpfwort. Wir würden vielleicht sagen: Du Esel. Aber in diesem Wort liegt schon eine starke Verachtung. „Du Hohlkopf“ könnte man auch übersetzen. Was bist du denn wert?
Und Jesus sagt: Leute, hört her, wenn ihr euch so beschimpft, dann ist das kein Kavaliersdelikt. Sondern ihr macht euch in Gottes Augen so schuldig, dass ihr dafür das höchste Gericht, vor das höchste Gericht gestellt werden müsstet – nämlich vor den Hohen Rat.
Und so wie ein Wort das andere ergibt, so wird aus dem „Nichtsnutz“ dann der „Narr“. Da wissen die Gelehrten nicht so richtig, was das heißt, aber es muss etwas sehr Gemeines sein. Vielleicht sogar, dass man den Bruder, den Mitchristen, als gottlos verunglimpft. Das könnte es heißen.
Jesus warnt uns: Er sagt, ihr findet das vielleicht harmlos, wenn ihr mal so „Raka“ oder „Nichtsnutz“ oder „Hohlkopf“ zueinander sagt. Aber euer Verhalten ist so schlimm, dass, wenn ich es euch nicht vergeben würde, ihr allein schon dafür in der Hölle landen müsstet. So sagt Jesus das: Wer sagt „Du Narr“, der ist des höllischen Feuers schuldig.
Wir finden das vielleicht übertrieben, aber wir haben kein Recht, es übertrieben zu finden. Denn das ist Gottes Sicht der Dinge. Jesus sagt: Leute, unterschätzt das nicht! Unterschätzt nicht, wie viel ihr mit persönlichem Groll kaputt machen könnt!
Dieser Zorn wächst auf demselben Acker wie der ausgeführte Mord. Das ist derselbe Stoff, aus dem Kriege sind.
Ein Junge fragte seinen Papa: „Papa, Papa, sag mal, wie beginnen eigentlich Kriege?“ Und der Vater sagte: „Also, nehmen wir mal zum Beispiel den Ersten Weltkrieg. Das ging los, als Deutschland Belgien überfiel.“
Plötzlich unterbricht ihn die Mutter und sagt: „Also erzähl dem Kind doch nicht sowas, der Erste Weltkrieg begann, weil jemand ermordet wurde.“
Der Vater dreht sich um und sagt: „Also sag mal, hat er dich gefragt oder mich?“ Die Mutter sagt: „Macht euren Kram doch alleine“, dreht sich um und schmeißt die Tür ins Schloss.
Und als die Tassen im Schrank nach der Erschütterung wieder aufgehört haben zu klappern, ist es plötzlich sehr still im Raum. Der Junge sagt: „Papa, du brauchst mir gar nicht mehr zu erzählen, wie Kriege beginnen, jetzt weiß ich’s.“
Diese Eltern hatten ungewollt einen phantastischen Anschauungsunterricht inszeniert. So schnell kann das gehen: Zorn, Verachtung, Beschimpfung – und wir setzen uns herab, wir beschädigen uns mit Gedanken und Worten.
Was können wir tun? Jesus sagt: Es reicht nicht, dass wir uns äußerlich beherrschen – das schaffen wir sowieso nicht. Sondern es kommt darauf an, dass Gott uns innerlich verändert.
Gottes Charakterschule beginnt in unserem Herzen. Von dort aus besiegt sie dann unseren Zorn und unsere Bitterkeit.
Sehen Sie, Gott will uns nicht nur ein bisschen kultivieren und erziehen – mich auch nicht. Er will uns verändern, porentief verändern. Gott will uns verwandeln bis in unsere Gedanken und Worte hinein.
Gottes Charakterschule besiegt Zorn und Bitterkeit.
Und wie geht das praktisch?
Der erste Schritt ist, dass ich meine Schuld vor Jesus bekenne. Wenn ich merke, dass ich schuldig geworden bin, sage ich ihm: Herr, ich bitte um Verzeihung, dass ich so zornig war gegen meinen Bruder oder meine Schwester.
Der zweite Schritt ist, dass ich zulasse, dass Gott mein Herz wirklich reinigt. Ich bitte ihn: Herr, nimm diese Dinge wirklich weg aus meinem Leben, die mich immer wieder in dieselbe Situation bringen.
Der dritte Schritt ist dann, dass ich auf denjenigen zugehe, dem ich Unrecht getan habe. Ich sage ihm: Es tut mir leid, entschuldige bitte.
Jesus bringt diese praktische Anwendung in Vers 23. Dort sagt er ganz konkret: Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe vor dem Altar stehen und geh zuerst hin, um dich mit deinem Bruder zu versöhnen.
Die Menschen damals konnten sich die Situation gut vorstellen. Im Vorhof des jüdischen Tempels in Jerusalem brachte man seine Opfer, das gehörte zum Gottesdienst. Nun ist da jemand, der sein Tier dem Priester übergeben will, und in dem Moment fällt ihm ein, dass er einem anderen Unrecht getan hat.
Jesus sagt: Stopp! Lass das Tier erst einmal stehen, binde es vielleicht an, such zuerst deinen Bruder und versöhne dich mit ihm. Dann komm wieder und bringe deine Gabe dar.
Bring das also erst einmal in Ordnung und geh schnell hin. Tu du den ersten Schritt, bitte um Verzeihung. Das ist manchmal schwer, aber es macht froh.
Es bringt nichts, wenn wir abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Dadurch wird nichts besser. Wir sammeln nur Konfliktstoff für spätere Tage. Irgendwann sagen wir dann: Weißt du, was ich dir schon lange mal sagen wollte? Und dann ist das ganze Gras wieder weg und der Ärger wieder da.
Nein, wir sollen gleich hingehen. Wenn der andere nicht will, ist das in Ordnung. Das können wir nicht erzwingen, aber wir müssen wenigstens alles versuchen. Wenn er sich nicht versöhnen will, sollen wir weiter für ihn beten.
Auch unter Christen kann es Meinungsverschiedenheiten geben, die sich nicht sofort auflösen lassen. Das ist nicht schlimm. Schlimm wird es nur, wenn wir uns deswegen persönlich befeinden.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir lernen, Sache und Person auseinanderzuhalten. In der Sache kann man mal streiten. Es kann auch passieren, dass man sich in einer Weise anfährt, die einem später leidtut.
Aber was hindert mich dann, hinterher hinzugehen und zu sagen: Du, in der Sache sehe ich es noch genauso wie vorher. Aber wenn ich dich irgendwie persönlich verletzt oder angegriffen habe, tut es mir leid. Bitte entschuldige.
Das können wir lernen. Das können wir lernen, wenn Jesus unser Leben in den Griff bekommt.
Wissen Sie, wir können unser Herz nicht selbst besiegen – das schaffen wir nicht. Aber wenn wir uns auf diese Schritte einlassen, die Gott uns zeigt, wird er uns verändern.
Wir bleiben unvollkommene Menschen und tappen immer wieder in dieselbe Falle. Aber wir dürfen auch immer wieder ankommen und sagen: Herr, es war schon wieder Mist, bitte vergib mir.
Das können wir machen.
Das ist das Geheimnis von Gottes Charakterschule. Sie beginnt in unserem Herzen und zieht von dort aus Kreise.
Und darum bringt Jesus nach dem Thema Zorn gleich noch das Beispiel mit der Sexualität. Anhand dieses Beispiels macht er das gleiche Prinzip noch einmal deutlich. Diesen zweiten Alltagsbereich können wir jetzt nur kurz streifen. Im Oktober, wenn ich über die nächsten Verse predige, werde ich darauf noch einmal ausführlicher eingehen. Die Grundlinie möchte ich Ihnen aber schon jetzt kurz zeigen.
Wenn Gott unser Herz verändert, dann besiegt er nicht nur Zorn und Bitterkeit, sondern er bezähmt auch Blicke und Wünsche. In Vers 27 sagt Jesus: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe in seinem Herzen gebrochen.“
Die Bibel hat eine hohe Meinung von der Sexualität. Sie ist eine Schöpfungsgabe Gottes. Weil die Sexualität so wichtig ist, hat Gott ihr einen besonderen Schutzraum zugedacht: die Ehe. Hier hat die Sexualität ihren Platz. Hier soll sie sich entfalten, hier soll sie beglücken und die beiden Partner fest zusammenschmieden.
Gott schützt die Sexualität durch die Ehe, und er schützt die Ehe durch das sechste Gebot: Du sollst nicht Ehe brechen. Doch auch dieses sechste Gebot wurde zur Zeit Jesu von den Theologen ziemlich verharmlost. Es herrschte eine sehr lockere Scheidungspraxis, und Paare gingen damals massenhaft auseinander.
Während die Theologen das sechste Gebot immer mehr aufweichten, ging Jesus genau in die andere Richtung. Gegen alle Verharmlosungen zeigt Jesus, wie Gott dieses Gebot wirklich gemeint hat: Du sollst nicht Ehe brechen. Das heißt, der Ehebruch beginnt nicht erst im Schlafzimmer. Der Ehebruch beginnt nicht erst mit dem vollzogenen Geschlechtsverkehr.
In Vers 28 sagt Jesus: „Ich aber sage euch“ – und zwar gegen alle eure Aufweichungen, Tricks und Rechtfertigungen – „wer eine Frau ansieht, außerhalb des Rahmens, den Gott dafür geschaffen hat, außerhalb der Ehe, wer eine Frau ansieht, um sie sexuell zu begehren“ – das ist hier gemeint – „der hat schon die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen.“
Jesus geht beim Thema Ehebruch genauso vor wie beim Mord: Er schaut auf die Ursache im Herzen. Die Bibel erzählt ein bekanntes Beispiel, wie König David Ehebruch beging mit Bathseba. Es wird beschrieben, wie er abends auf der Terrasse seines Palastes sitzt und sieht, wie sich eine Frau etwa dreißig Meter entfernt oder noch weiter entfernt wäscht.
Am Anfang ist er vielleicht nur erstaunt, Bathseba dort zu sehen. Doch anstatt wegzuschauen und die Intimsphäre dieser Frau zu schützen – die wahrscheinlich gar nicht ahnt, dass sie beobachtet wird – starrt David weiter hin. Je länger er hinschaut, desto weniger bleibt sein Kopf kühl. Er verliert mehr und mehr die Kontrolle über seinen Willen und vergisst Gottes Gebot.
Je länger David hinsieht, desto stärker wird der Wunsch in ihm, den Körper dieser Frau zu besitzen. Alles Weitere ergibt sich dann von selbst. Die Würfel sind im Herzen gefallen.
Deshalb warnt Jesus uns und sagt: Bei Gott zählen Gedanken, Blicke und Wünsche genauso schwer wie der vollzogene Ehebruch. Natürlich ist es besser, wenn der Gedankenzug stoppt, bevor es zur Tat kommt. Aber vor Gott sind wir damit nicht aus dem Schneider.
Wieder stellt sich die praktische Frage: Was können wir tun? Wie können wir uns vor solchen Blicken und Gedanken schützen? Es ist genauso wie beim Umgang mit Zorn und Bitterkeit. Gott nimmt uns mit auf einen Weg.
Am Anfang steht auch hier die Bitte um Vergebung und die Bitte, dass Gott unser Herz, unsere Gedanken und unsere Fantasie reinigt. Dann greift Gottes Charakterschule. Er bringt uns bei, wie wir unsere Blicke und Wünsche bezähmen und kontrollieren.
Wie das praktisch geht, zeigt Jesus zum Schluss an einem Gleichnis (Vers 29): „Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus.“ Damit ist nicht gemeint, dass wir uns selbst verstümmeln sollen – das würde ja nichts bringen. Wenn ich mir das rechte Auge ausreiße, habe ich ja immer noch das linke. Und selbst wenn ich beide Augen verliere, sitzt der Ehebruch immer noch im Herzen.
Jesus meint hier nicht Selbstverstümmelung. Mit diesem dramatischen Beispiel will er zeigen: Die Sünde ist dramatisch ernst zu nehmen. Wir können es uns nicht leisten, mit der Versuchung zu spielen oder mit der Sünde zu flirten. Wir müssen klare Linien ziehen.
Praktisch müssen wir uns fragen: Wo sind die Einfallstore bei uns, durch die falsche Wünsche geweckt und gierige Blicke gereizt werden? Womit füttern wir unsere Vorstellungswelt? Welche Bücher müssen wir vielleicht aussortieren? Welche Videos löschen? Welche Kinofilme sollten wir möglichst nicht sehen? Welche Illustrierten dürfen wir nicht zur Hand nehmen, wenn wir im Wartezimmer beim Arzt sitzen?
Das hat nichts mit Prüderie oder Lustfeindlichkeit zu tun, sondern mit Charakterschule. Gottes Charakterschule bezähmt lüsterne Blicke und schädliche Wünsche.
Wenn dich dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus. Das heißt: reiß dich entschlossen von den Dingen los, die deine Sexualität auf Abwege bringen und mit denen du dich und andere verletzt.
Lassen Sie mich das zum Schluss noch festhalten: Wenn Jesus uns diese dramatische Warnung zuruft, dass wir die Versuchung des Auges nicht unterschätzen sollen, dann gibt er damit den Männern vor allem einen direkten Rat und den Frauen vor allem einen indirekten Rat.
Uns Männern sagt Gott: Hütet eure Blicke! Der bekannte Heilsarmee-Prediger Dankmar Fischer hat einmal erzählt, wie er in eine knifflige Situation kam. Damals arbeitete er noch auf der Reeperbahn als Sozialarbeiter, Seelsorger und Straßenprediger. Er musste abends kurz in einen Nachtclub, von dem bekannt war, dass die Serviererinnen dort oben ohne arbeiteten.
Er ging hin, und als er zu seinem Team zurückkam, fragten ihn seine Mitarbeiter scherzhaft: „Sag mal, Dankmar, stimmt das denn, was man sich so über diese Bedienungen erzählt?“ Dankmar Fischer antwortete: „Ich kann es euch nicht sagen. Was? Ich habe den Frauen nur ins Gesicht geschaut.“ Und das war kein Witz.
Ich weiß, er hat das ernst gemeint. Wo hatte er diese Stärke, diese Selbstbeherrschung? Die Antwort ist überraschend: Als Dankmar Fischer anfing, auf der Reeperbahn zu arbeiten, hat ihm sein Vater ein Bibelwort mit auf den Weg gegeben – aus dem Buch Hiob im Alten Testament, Kapitel 31. Dort sagt Hiob: „Ich habe einen Bund gemacht mit meinen Augen, dass ich nicht lüstern blicke auf eine Jungfrau.“ Einen Bund mit seinen Augen.
Dieses Bibelwort hat der Vater dem Sohn gegeben. Dann hat er gebetet, dass sein Sohn bewahrt bleibe. Das ist der direkte Rat, den Jesus uns Männern gibt: Macht einen Bund mit euren Augen, achtet auf eure Blicke.
Dazu gehört dann der indirekte Rat an die Frauen: Achtet darauf, was ihr den Männern zu blicken gebt. Helft den Männern, die nicht eure Ehemänner sind, ihre Blicke zu bezähmen, indem ihr sie nicht durch Kleidung aufreizt oder durch euer Auftreten provoziert.
Natürlich setzt die Mode- und Kleidungsindustrie sehr stark auf die Sexschiene. Das verkauft sich gut, denn es kommt dem normalen menschlichen Bedürfnis entgegen. Aber wer sich in Gottes Charakterschule begibt, für den ist Kleidung nicht nur eine Geschmacksfrage oder eine Modefrage, sondern auch eine Frage der Verantwortung gegenüber dem anderen Geschlecht.
Und wer nicht verklemmt ist, der kann sich das doch leisten: seine Reize ein wenig zu verhüllen. So kann man bestimmten Blicken und Wünschen vorbeugen, bevor sie überhaupt entstehen.
Bezähmte Blicke! Wenn man ein wildes Pferd bezähmt, wird daraus kein lahmer Ackergaul, sondern ein starkes Turnierpferd. Bezähmt, weil man die ganze gebändigte Kraft gezielt einsetzen kann.
Sehen Sie, wenn Jesus unsere Blicke und Wünsche bezähmt, dann macht er uns nicht zu grauen Mäusen, sondern zu starken Persönlichkeiten. Und wenn Jesus dann noch unseren Zorn und unsere Bitterkeit besiegt, wird unser Leben eine Ausstrahlung bekommen, von der wir bis dahin nur träumen konnten.
Ich komme zum Schluss. Wenn Sie möchten, dass Ihr Leben großartig wird statt mittelmäßig, wenn Sie wünschen, dass Ihr Leben strahlend statt grau, spannend statt langweilig ist, dann hängen Sie sich nicht an Menschen, sondern an Jesus.
Glauben Sie nicht den Meinungsmachern, sondern vertrauen Sie Jesus und seiner Bergpredigt. Sie werden erleben, dass das alte Lied Recht hat, wenn es heißt: „Lass dich nicht von Menschen leiten, Menschen sind wie Laub im Wind.“
Jesus schafft Persönlichkeiten, die das Salz der Erde sind.