Einführung in die Zwölf kleinen Propheten und ihre Einordnung
Wir werden jetzt bis halb drei versuchen, eine Übersicht über Hosea zu verschaffen. Zunächst einige Vorbemerkungen zu den zwölf kleinen Propheten allgemein.
Die Bezeichnung ist schon bei den Rabbinern üblich. Auf Hebräisch heißt es „Schneem Assar“, was „die Zwölf“ bedeutet und sich auf die zwölf Propheten bezieht. Im Judentum nannte man sie auch „Ktanim“, was so viel heißt wie „die Kleinen“ im Sinne von „die Kurzen“. Sie sind natürlich nicht weniger bedeutsam als die großen Propheten, also die langen: Jesaja, Jeremia und Hesekiel. Allerdings sind sie vom Umfang her deutlich kürzer.
Üblicherweise wurden sie im Judentum von alters her in einer Buchrolle zusammengefasst. In Qumran hat man Fragmente gefunden, besonders in Höhle vier, der reichsten Höhle. Dort fand man die meisten Fragmente der zwölf Propheten, aber auch an anderen Stellen etwa sieben Rollen. Man sieht, dass sie überall zusammengefasst zu einer Rolle, den kleinen Propheten, waren. Sie bilden also eine besondere Einheit im biblischen Kanon der Heiligen Schrift.
Die Reihenfolge ist auch nicht zufällig, allerdings gibt es verschiedene Ordnungskriterien, die wir beachten müssen. Wir können grob drei Perioden der Heilsgeschichte unterscheiden, denen die Reihenfolge der Propheten entspricht.
Erstens die vorassyrischen oder assyrischen Propheten. Das sind Propheten aus der Zeit, in der das assyrische Weltreich zur Weltmacht aufstieg und für Israel eine besondere Gefahr wurde. Zu dieser Gruppe gehören die Propheten Hosea bis Nahum. Nahum beschreibt prophetisch den Untergang Ninives, der schließlich 612 v. Chr. erfolgte.
Die zweite Periode ist die babylonische Zeit, in die Habakuk und Zephanja fallen. In der Zeit von Habakuk kamen die Babylonier immer mehr zur Macht. Sie waren es, die schließlich das syrische Reich in die Kriege gezwungen haben. In diese Zeit fallen also diese beiden Propheten.
Drittens gibt es ganz deutlich abgegrenzt die nachexilische Zeit. Die letzten drei Propheten – Haggai, Sacharja und Maleachi – stammen aus der Zeit nach der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft, die bekanntlich von 605 bis 538 v. Chr. dauerte.
Das war nun grob zur Reihenfolge und ihren zeitlichen Perioden.
Die Stellung Hoseas und die Anordnung der Zwölf
Die Tatsache, dass Hosea an der Spitze steht, bedeutet nicht, dass Hosea das älteste der zwölf Bücher ist. Es ist jedoch das längste und umfassendste Buch, weshalb es an die Spitze gestellt wurde. Wir werden noch sehen, dass das älteste, aber zugleich kürzeste Buch Obadja ist.
Obadja ist thematisch sehr eingegrenzt und fokussiert sich auf die Zukunft Edoms. Deshalb kam Obadja nicht an die Spitze. Ein umfassendes Buch, das einen großen Überblick über die Heilsgeschichte Israels gibt, wurde an den Anfang gestellt – eben Hosea.
Bei der Anordnung spielte außerdem ein weiteres Kriterium eine Rolle: Solange es das Nordreich Israel mit den zehn Stämmen gab, ordnete man die Propheten paarweise an. Dabei kam immer zuerst ein Prophet aus dem Nordreich, dann einer aus dem Südreich, dann wieder ein Prophet aus dem Nordreich, gefolgt von einem aus dem Südreich – und so weiter.
Hosea als erster der Zwölf war ein Prophet des Nordreichs. Dann folgt Joel, ein Prophet des Südreichs. Danach ein neues Paar: Amos, Prophet des Nordreichs, und Obadja, Prophet des Südreichs. Es folgen Jonah, ein Prophet des Nordreichs, und Micha, ein Prophet des Südreichs. Dann Nahum, ein Prophet des Nordreichs, und Habakuk, ein Prophet des Südreichs.
Nun spielen auch weitere inhaltliche Kriterien eine Rolle bei der Reihenfolge. Schauen wir uns zum Beispiel Joel 3,16 an: „Und der Herr brüllt aus Zion und lässt aus Jerusalem seine Stimme erschallen, und Himmel und Erde erbeben.“
Wenn wir Amos 1,2 aufschlagen, lesen wir: „Der Herr wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme erschallen lassen.“ Hier wird das Motiv aus Joel 3,16 in Amos 1,2 wieder aufgenommen. So entsteht eine Verknüpfung zwischen diesen beiden Prophetenbüchern.
Betrachten wir den Schluss von Amos 9,12: Dort heißt es, dass „sie den Überrest Edoms und alle die Nationen in Besitz nehmen“ werden. Hier wird das Gericht über Edom angekündigt. Das ist bereits das Leitmotiv für das nächste Buch, das sich vollständig auf Edom konzentriert und das Endgericht darüber beschreibt: Obadja 1,1: „Gesicht Obadjas, so spricht der Herr der Ewige, von Edom.“
Wenn man die zwölf Propheten streng chronologisch ordnen möchte, sähe das ungefähr so aus: Obadja als Erster, dann Joel – wobei die Datierung bei Joel etwas unsicher ist –, danach Jonah, Amos, Hosea, Micha und Nahum. Jonah und Amos fallen etwa in die gleiche Zeit, ebenso Hosea, Micha und Nahum, die ebenfalls in eine überschneidende Zeitperiode gehören. Danach folgen Habakuk und Zephanja, die ebenfalls ungefähr in die gleiche Zeit fallen. Schließlich kommen Haggai, Sacharja und etwas später Maleachi.
Einführung in das Buch Hosea und seine historische Einordnung
Nun wollen wir uns an das erste Buch heranwagen. Ich lese ein paar Verse aus Kapitel eins.
Das Wort des Herrn, das zu Hosea, dem Sohn Be'eris, geschah, in den Tagen Usias, Jothams, Ahas, Hiskias, der Könige von Juda, und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joas, des Königs von Israel.
Auf den Blättern steht zum Zeitpunkt der Entstehung des Buches die Datierung: Zeit der Könige Usia, Jotham, Ahas, Hiskia. Das wären also die Jahre 787 bis 686 v. Chr. Diese Könige gehören zum Südreich.
Es wird auch Jerobeam erwähnt, gemeint ist Jerobeam der Zweite, der von 782 bis 753 v. Chr. regierte. Die Zerstörung Israels erfolgte im Jahr 722 v. Chr. und spielt in diesem Prophetenbuch eine ganz wesentliche Rolle.
So können wir Hosea also zeitlich zwischen 787, dem frühesten möglichen Datum, und 722, dem Datum der Erfüllung seiner Prophetie, einordnen. In Hosea selbst wird die Erfüllung noch nicht beschrieben, sondern nur angekündigt. Sein Dienst fällt somit in die Jahrzehnte zwischen diesen beiden Daten.
Übrigens folge ich hier mit den Zahlen der Chronologie Edwin Thieles in seinem Buch „The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings“. Die Chronologie der Könige ist ein großes Problem, weil man, wenn man einfach die Regierungsjahre der Könige von Israel und Juda durchrechnet, keine stimmigen Ergebnisse erhält. Sie widersprechen sich.
Aus der Archäologie liegt uns eine sehr detaillierte Chronologie der Assyrer vor, die bis etwa 900 v. Chr. zurückreicht. Für fast jedes Jahr gibt es Belege, sodass man sehr genau datieren kann. Diese Chronologie lässt sich jedoch nicht mit der Chronologie der Könige Judas oder Israels verbinden, wenn man nur die Zahlen einfach addiert.
Liberale Kritiker sagen dann oft: Das verwundert uns nicht, die Bibel ist sowieso schlecht überliefert. Edwin Thiele hingegen hat alle drei Chronologien zusammengebracht. Das ist ein mathematisches Wunder.
Kenneth Kitchen, einer der führenden Altorientalisten und Ägyptologen und selbst gläubig, schrieb schon vor Jahren, dass hinter den Zahlen der Könige wahrscheinlich ein Zählsystem steckt, das uns heute unbekannt ist. Er sagte nicht, die Bibel sei schlecht abgeschrieben oder historisch unzuverlässig, sondern dass wir einfach zu wenig wissen.
Thiele entdeckte dieses Zählsystem. Er zeigte, dass die Königsjahre unterschiedlich berechnet wurden. An einem Ort begann das neue Jahr im Frühjahr, markiert durch die Tagundnachtgleiche, astronomisch im Frühling. Im anderen Reich begann das neue Jahr im Herbst, ebenfalls durch eine Tagundnachtgleiche markiert.
Weiter gab es im Nahen Osten unterschiedliche Zählweisen, ob das Thronbesteigungsjahr mitgezählt wurde oder nicht. Einige Völker zählten das Thronbesteigungsjahr als Jahr Null, dann eins, zwei, drei. Andere zählten sofort ab Beginn der Regierung eins, zwei, drei.
Thiele rechnete all das durch, und plötzlich stimmten die Zahlen des Nordreichs und Südreichs überein. Er brachte praktisch alle Zahlen zusammen, und sie passten auch zur assyrischen Chronologie. Das ist sensationell!
Man bedenke, dieses Problem war schon in vorchristlicher Zeit bekannt. Die älteste Bibelübersetzung, die Septuaginta, versuchte, die Zahlen durch Korrekturen zu verbessern. Das machte die Sache jedoch noch schlimmer.
Die Juden nahmen sich Freiheit bei Übersetzungen, was im dritten Jahrhundert v. Chr. klug war. Aber den Urtext, den hebräischen Grundtext, haben sie einfach abgeschrieben, auch wenn sie wussten, dass es Probleme mit den Zahlen gab. Das ist interessant.
Man änderte also nichts am hebräischen Text, sondern überlieferte ihn stur weiter. Nun sieht man, dass nach über zweitausend Jahren das Problem plötzlich gelöst wird.
Johannes Hieronymus, der Übersetzer der Vulgata, der lateinischen Bibel, sagte, man solle keine Zeit damit vergeuden, dieses Problem der Zahlen zu lösen. Das kriege man sowieso nicht hin. Er zweifelte jedoch nicht an der Inspiration der Bibel. Das ist der Punkt.
So sehen wir, dass es manchmal Schwierigkeiten beim Bibellesen gibt. Dann kann man beten, und vielleicht macht der Herr einem nach einigen Jahren das klar. Manchmal muss man aber auch mehr als zweitausend Jahre warten.
Zur Chronologie so nebenbei.
Grundthema des Buches Hosea: Gottes Liebe und Israels Untreue
Das Thema des Buches Hosea ist Gottes Liebe und Israels Untreue. Man könnte das Buch folgendermaßen zusammenfassen: Der Ewige ist mit Israel ein Ehebündnis eingegangen. Der Bund am Sinai wird in der Bibel wiederholt als ein Ehebund dargestellt, den Gott mit dem Volk geschlossen hat.
Doch Israel beging Ehebruch durch Götzendienst. Götzendienst ist der Bruch der ersten beiden Gebote der Tora: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ und das zweite Gebot: „Du sollst dir kein Bildnis machen und es verehren.“ Dies war ein klarer Ehebruch.
Weiter in der Zusammenfassung: Gottes Liebe macht das Unglaubliche möglich. Ein durch und durch verdorbenes Volk kann durch Buße und Glauben am Ende der Zeit eine völlige Heilung und Erneuerung erfahren.
Die dramatische Symbolik von Hoseas Ehe
Lese jetzt Hosea 1, Vers 2: Als der Herr anfing, mit Hosea zu reden, sprach er zu ihm: „Gehe hin, nimm dir ein Hurenweib und Hurenkinder, denn das Land treibt beständig Hurerei von dem Herrn hinweg.“
Das ist etwas sehr Ungewöhnliches, oder besser gesagt, sehr Schockierendes. Gott gibt Hosea die Anweisung, eine Israelitin zu heiraten, die eine Hure gewesen war. In dieser Ehe sollte Hosea Kinder bekommen, die Gott „Hurenkinder“ nennt, eben weil die Mutter eine Hure war. Dieses Beispiel einer solchen Ehe sollte schockierend auf die Israeliten wirken, um in drastischer Darstellung zu zeigen, was Israel Gott gegenüber begangen hatte und wie das Verhältnis Israels zu Gott aussah.
In Vers 3 heißt es: „Und er ging hin und nahm Gomer, die Tochter Diblaims.“ Das ist schon ein sehr anrüchiger Name. Diblaim bedeutet „doppelte Umarmung“. Gomer wurde schwanger und gebar einen Sohn. Übrigens bedeutet das hebräische Wort für „nehmen“ (lakach) hier „heiraten“. Für uns ist das im Deutschen vielleicht nicht so klar, aber es heißt, er heiratet Gomer.
Sie wird schwanger und gebiert einen Sohn. Er ist vier Jahre alt, und der Herr sprach zu Hosea: „Gib ihm den Namen Yisrael. Denn noch um ein kleines, so werde ich die Blutschuld von Jezrael an dem Haus Jehus heimsuchen und dem Königtum des Hauses Israel ein Ende machen. Es wird geschehen, an jenem Tag werde ich den Bogen Israels zerbrechen im Tal Jezrael.“
Gomer wurde wiederum schwanger und gebar eine Tochter. Der Herr sprach zu Hosea: „Gib ihr den Namen Lorochama, denn ich werde mich fortan des Hauses Israel nicht mehr erbaren, dass ich ihnen irgendwie vergebe. Aber des Hauses Judah werde ich mich erbaren und sie retten durch den Herrn, ihren Gott. Nicht werde ich sie retten durch Bogen und durch Schwert und durch Krieg, durch Rosse und durch Reiter.“
Sie entwöhnte die Lorochama, und sie wurde schwanger. Sie gebar einen Sohn, und der Herr sprach: „Gib ihm den Namen Lo Ami, denn ihr seid nicht mein Volk, und ich will nicht euer sein.“
Drei Kinder, und jedes Kind bekommt einen ganz bedeutenden Namen.
Die Bedeutung der Kindernamen und die Ankündigung des Untergangs Israels
Zuerst zu Yisrael: Das ist der Name einer riesigen Ebene in Nordisrael, im Hinterland von Haifa, begrenzt durch Nazareth und den Berg Tabor. Die Größe dieser Ebene entspricht etwa dem Bundesland Bremen, dem kleinsten Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Dies zeigt, dass es sich um eine bedeutend große Ebene handelt.
Auf dieser Ebene haben seit der ägyptischen Antike zahlreiche Kriege stattgefunden. Dies zieht sich durch die gesamte Bibel hindurch. Der letzte Krieg, der dort stattfinden wird, ist die Schlacht von Harmagedon. Israel ist ein anderer Name für die Ebene Harmagedon; es handelt sich also um dieselbe Ebene.
Hier wird die Blutschuld Israels thematisiert, die das Haus Jehus heimsucht. Jehu wurde von Gott eingesetzt, um das Haus Ahab, das für seinen Götzendienst bekannt war, zu richten. Wenn man jedoch in den Königsbüchern nachliest, stellt man fest, dass Jehu in seinem Eifer weit über das Ziel hinausgeschossen ist.
Deshalb sagt Gott, dass auch an der Dynastie Jehus, die das Haus Ahabs abgelöst hat, diese Blutschuld gerichtet wird. Schließlich wird das Königreich im Nordreich zu einem Ende kommen. Hier wird also bereits der Untergang des Nordreichs angekündigt, der 722 vor Christus mit dem Fall von Samaria stattfand.
Ein weiterer Name, der erwähnt wird, ist Loruchama. Lo bedeutet auf Hebräisch „nicht“ oder „nein“. Loruchama heißt demnach „nicht Begnadigte“. Gott will also die zehn Stämme wegnehmen und ihnen keine Gnade mehr erweisen.
Dem steht jedoch ein Gegensatz gegenüber, der in Vers 7 genannt wird: „Aber des Hauses Juda werde ich mich erwärmen, und sie retten durch den Herrn, ihren Gott.“
Das Nordreich fiel 722 v. Chr., und die Assyrer wollten anschließend auch das Südreich erobern und zerstören. Dies führten sie durch einen schrecklichen Feldzug aus, der später ausführlich im Buch Micha beschrieben wird. Dort wird Stadt um Stadt genannt, die erobert werden sollte.
Als die assyrische Armee jedoch vor den Toren Jerusalems stand, nahm der gottesfürchtige König Hiskia Zuflucht bei dem Gott Israels. So wurde die assyrische Armee in einer Nacht durch Gott selbst geschlagen; 185 Tote fielen. Der assyrische König zog daraufhin unverrichteter Dinge ab.
Wie es heißt: „Aber des Hauses Juda werde ich mich erwärmen, und sie retten durch den Herrn, ihren Gott.“
Die Rettung Judas und die göttliche Dreieinigkeit
Im Bericht im Buch der Könige heißt es, der Engel des Herrn schlug. Nicht „ein Engel des Herrn“, sondern „der Engel“. Im Hebräischen bedeutet „malach“ einfach „Gesandter“. Ein Gesandter kann sowohl ein Mensch, ein Engel oder sogar der Sohn Gottes sein, der als Gesandter des Vaters auftritt.
Der Engel des Herrn wird im Alten Testament immer wieder mit Yahweh, dem ewigen Selbst, identifiziert. Zum Beispiel in 1. Mose 16 in der Geschichte von Hagar. Dort war es also der Sohn Gottes, der Juda gerettet hat.
In Hosea 2,23 heißt es: „Aber des Hauses Juda werde ich mich erbarmen und sie retten durch den Herrn, ihren Gott.“
Übrigens hat man mehr als ein Prisma gefunden, auf dem der assyrische König seine Eroberungstaten verherrlicht. Er schreibt auf, welche Städte er in Juda erobert hat. Diese Inschrift ist eine authentische Quelle aus der Zeit. Darin wird zum Beispiel Lachisch erwähnt, dessen Eroberung im Propheten Micha vorausgesagt wurde. Es heißt: „Ich schloss Hiskia ein in Jerusalem wie einen Vogel im Käfig.“
So wurde übernatürlich geschlagen, doch man liest nichts von einer Eroberung Jerusalems. Warum wohl nicht? Er erwähnt, dass er alle Städte erobert hat und Hiskia in Jerusalem eingeschlossen war, doch von einer Einnahme der Stadt erzählt er nichts. Diese Schande hat er natürlich nicht auf das Prisma geschrieben.
Die assyrischen Könige wollten sich für spätere Generationen verherrlichen. Deshalb wurden solche Prismen unter den Türpfosten vergraben, damit man später über die Macht und den Glanz der einstigen assyrischen Könige staunen konnte. Die Schande einer gescheiterten Eroberung hat er nicht festgehalten. Doch gerade durch das, was in der Inschrift fehlt, wird deutlich, dass Jerusalem tatsächlich gerettet wurde.
Die assyrische Armee hätte niemals vor irgendeiner Stadt Halt gemacht – außer vor Jerusalem. Das ist bemerkenswert.
Interessant ist auch, wer in diesen Versen spricht, zum Beispiel in Hosea. In Vers 2 lesen wir: „Als der Herr, also Yahweh, anfing, mit Hosea zu reden, sprach der Herr zu Hosea.“ Der Herr spricht also selbst.
In Vers 7 heißt es: „Aber des Hauses Juda werde ich mich erbarmen und sie retten durch Yahweh, ihren Gott.“ Er sagt nicht: „Ich werde sie retten“, sondern „sie retten durch Yahweh, ihren Gott“. Daraus erkennt man, dass es mehr als eine Person in der Gottheit gibt.
Man könnte sagen, der Vater spricht hier über den Sohn, der als der Engel des Herrn Juda, speziell Jerusalem, gerettet hat. So konnte das Südreich weiterbestehen, während das Nordreich vernichtet wurde.
„Loruchama“ – ich werde mich des Nordreiches nicht mehr weiter erbarmen, das muss ein Ende nehmen.
Die Aufkündigung des Bundes und die Folgen für Israel und Juda
Aber nun kommt Vers 8. Nach Vers 8b folgt ein drittes Kind, Lo-Ami. Dieser Name bezieht sich nicht nur auf das Nordreich. Er bedeutet „nicht mein Volk“. Gott kündigt also die Bundesbeziehung mit Israel auf, und zwar mit Israel als Ganzem, bestehend aus Nord- und Südreich. Gott sagt: „Ich will euch nicht mehr als mein Volk anerkennen, denn ihr seid nicht mein Volk, und ich will nicht euer Gott sein.“
Dieses Verhängnis betrifft auch das Südreich, also auch das jüdische Volk. Seit dieser Zeit ist das deutlich spürbar. Die Juden wurden nach Babylon verschleppt, etwa von 605 bis 538 v. Chr. Später durften sie zurückkehren ins Land und den Tempel wieder aufbauen. Doch sie waren nicht mehr Lo-Ami, sondern Lo-Ami – sie waren nicht mehr „mein Volk“. Das bedeutet, sie hatten nicht mehr dieselbe Beziehung zu Gott wie früher.
Dies drückte sich auf eine ganz eigenartige Weise im Tempel aus. Das Allerheiligste war seit dem zweiten Tempel ein leerer Raum. Die Bundeslade war nicht mehr da. Die Bundeslade war das Zeichen des Bundes und der Anerkennung Israels als Gottes Volk. Doch im zweiten Tempel fehlte sie.
Eindrucksvoll ist die Geschichte, als Pompeius im Jahr 63 v. Chr. mit den römischen Armeen nach Jerusalem einmarschierte. Übrigens war das am Jom Kippur. Es gab also schon früher einen „Jom Kippur-Krieg“. Pompeius richtete ein Massaker unter der Bevölkerung an und ging dann in den Tempel hinein. Die Menschen flehten ihn an, nicht ins Allerheiligste zu gehen, doch er tat es trotzdem. Er war entsetzt.
Pompeius war ein gebildeter Mann. Unter den Heiden kursierte das Gerücht, die Juden würden einen Gott mit Eselskopf anbeten, zeigten ihn aber nicht. Alle anderen Völker zeigten ihre Götter an jeder Straßenecke, doch die Juden verhielten sich geheimnisvoll und zeigten ihr Götzenbild nicht.
Als Pompeius ins Allerheiligste ging, sah er nicht einmal die Bundeslade. Hätte er sie gesehen, hätte er sicher gedacht: „Aha, jetzt wissen wir es, die Juden beten zwei solche Sphinxgestalten an.“ So nannten die Heiden die Cherubim-Gestalten. Doch es war ein leerer Raum.
Dieses Zeugnis verbreitete sich auch durch den römischen Geschichtsschreiber Tacitus in der antiken Welt. Ein leerer Raum, denn der Gott Israels lässt sich nicht abbilden wie die Götter der Heiden.
Die Verheißung der Wiederherstellung Israels
Wir gehen weiter. Die Zahl der Kinder Israel wird sein wie der Sand des Meeres, der nicht gemessen und nicht gezählt werden kann.
Es wird geschehen: Anstatt dass zu ihnen gesagt wird „Ihr seid nicht mein Volk“ (hebräisch: lo ami), wird zu ihnen gesagt werden „Kinder des lebendigen Gottes“. Die Kinder Judas und die Kinder Israels werden sich miteinander versammeln, sich niederlassen und aus dem Land heraufziehen. Denn groß ist der Tag von Jesreel.
Sprecht zu euren Brüdern, meinem Volk (hebräisch: ami), und zu euren Schwestern, Rochama, den Begnadigten. So sagt Gott voraus: Es wird eine Zeit kommen, in der all dies geändert wird. Anstatt dass gesagt wird „Ihr seid nicht mein Volk“, wird man sagen „Kinder des lebendigen Gottes“.
Israel wird also nicht für immer „nicht mein Volk“ sein. In der Endzeit, das heißt in der Zeit der Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit, wird sich das ändern.
Das ist eine sehr wichtige Stelle, die deutlich macht, dass all jene Lehren falsch sind, die behaupten, Israel sei endgültig als Volk verworfen und habe nur noch eine Zukunft, wenn es heute durch Bekehrung in die Gemeinde integriert wird. Hier wird ganz klar gesagt, dass Israel als Nation in der Endzeit wieder als Volk Gottes angenommen wird und erneut Gnade erfährt.
All dies steht im Zusammenhang mit einem großen Tag, der hier genannt wird: „Denn groß ist der Tag von Jesreel“. Das ist der Tag von Harmagedon (Offenbarung 16). Die Wiederkunft Christi markiert diese Wende. Dieses treulose Israel wird in der Endzeit von Gott wieder neu angenommen werden.
Das finden wir schön zusammengefasst in Kapitel 2, Vers 19: „Und ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und Gericht und in Güte und Barmherzigkeit. Ich will dich mir verloben in Treue, und du wirst den Herrn erkennen.“
Es wird geschehen an jedem Tag, da werde ich erhören, spricht der Herr. Ich werde den Himmel erhören, und dieser wird die Erde erhören, und die Erde wird das Korn, den Most und das Öl erhören. Sie werden Israel erhören, und ich will sie mir säen im Land und mich der Rochama, der Erbarmung, zuwenden.
Ich will zu Lo Ami sagen: „Du bist Ami, mein Volk“, und es wird sagen: „Mein Gott.“
Dieses abgefallene, ehebrecherische Israel, die zwölf Stämme, wird Gott am Ende wieder annehmen. Es wird eine Zeit des Segens sein. Deshalb wird hier gesprochen, wie die Erde geschlossen wird.
Das steht wieder in Zusammenhang mit Israel. Israel ist eine der fruchtbarsten Ebenen im Land Israel. „Israel“ heißt „Er wird säen“ oder „Er sät“. Es ist das Saatland und heute ein ganz bedeutendes Ackergebiet in Israel.
Ja, wir machen jetzt Pause, wie gesagt, und fahren dann mit dem Rest von Hosea weiter!
