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Exkurs: Die Bibel in der Vogelschau - Teil 2/3

Der Messias im Alten Testament (AT), Teil 25/60
22.03.2009
SERIE - Teil 25 / 60Der Messias im Alten Testament (AT)

Rückblick auf die sieben Heilszeitalter und Bündnisse

Wir hatten letztes Mal mit dem Thema „Die Bibel in der Vogelschau“ begonnen, und zwar mit dem Untertitel „Die sieben Bündnisse und die sieben Heilszeitalter“.

Ich mache eine kleine Rekapitulation für diejenigen, die beim letzten Mal nicht dabei waren. Wir hatten gesehen, dass die Bibel in ihrer gesamten Darstellung der Heilsgeschichte – von der Schöpfung am Anfang bis zur Neuschöpfung – nicht nur zwischen Altem und Neuem Testament unterscheidet, sondern auch weitere Heilszeitalter voneinander abgrenzt. Das haben wir anhand vieler Stellen sehr genau herausgearbeitet.

Schließlich haben wir festgestellt, dass offensichtlich ein Zusammenhang zwischen Heilszeitaltern und Bündnissen besteht. Insgesamt gibt es sieben Bündnisse, die Gott mit Menschen geschlossen hat. Erstens der Bund mit Adam, dann der Bund mit Noah, der Bund mit Abraham, der Bund mit Israel am Sinai, fünftens der Bund mit König David, sechstens der Bund mit Zedekia und schließlich siebtens der neue Bund mit Israel.

Die gesamte Heilsgeschichte kann also entsprechend diesen sieben Bündnissen gegliedert werden.

Wir haben außerdem gesehen, dass die Grundstruktur jedes Zeitalters eine Dreier-Struktur enthält. Jedes Zeitalter beginnt damit, dass Gott einen Bund mit dem Menschen schließt und Segen gibt. Danach folgt eine Entwicklung, in der der Mensch sich Gott gegenüber als untreu erweist. Es kommt zum Niedergang, der schließlich zu einem Ende führt. Gott muss eingreifen, richtet den untreuen Menschen und bringt den Fluch über ihn.

Gleich danach schließt Gott wieder einen neuen Bund mit Segen. Es folgt erneut ein Niedergang und am Schluss wieder Gericht und Fluch.

Jedes Zeitalter besteht also ganz konsequent aus einem guten Anfang, einer traurigen Entwicklung und schließlich einem Ende, das Gericht fordert. Dieses Muster ergibt dann ein Heilszeitalter, das im Neuen Testament auf Griechisch Aion und auf Hebräisch Olam genannt wird.

Wir haben dann das erste Heilszeitalter gemeinsam angeschaut, von Adam bis zur Sintflut, dann das zweite Heilszeitalter von Noah bis Abraham, anschließend das dritte Heilszeitalter von Abraham bis Mose und schließlich das vierte Heilszeitalter von Mose bis David. Dabei zeigte sich immer dieselbe Grundstruktur.

Das fünfte Heilszeitalter: Von David bis Zedekia

Nun kommen wir heute zum fünften Heilszeitalter, das von David bis Zedekia reicht. Gott erwählte David als den König nach seinem Herzen, nachdem Saul beseitigt war, wie wir beim letzten Mal gesehen haben. Dieser David sollte der Stammvater des Messias, des Weltherrschers, werden.

In den Tagen Davids erwählte Gott Jerusalem als seine Stadt, als Tempelstadt. In 1. Samuel 13,14 lesen wir: „Der Herr hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen. Und der Herr hat ihn zum Fürsten über sein Volk bestellt.“ In 1. Samuel 13, Vers 1 sagt Gott zu Samuel: „Fülle dein Horn mit Öl und gehe hin, ich will dich zu Isai dem Bethlehemiter senden, denn ich habe mir unter seinen Söhnen einen König ersehen.“

Dieser David eroberte später Jerusalem, baute dort seinen Palast. Wir sehen davon hier den Mello, diese gewaltige Steinaufschüttung, die ursprünglich noch größer und gigantischer war. Oben auf diesem Mello baute er seinen Palast. Vor wenigen Jahren hat Elad Mazar diesen Palast nun endlich gefunden und ausgegraben. Es ist genau der Ort, an dem Gott gemäß 2. Samuel 7 mit David einen Bund geschlossen hatte. Dort wird zwar der Ausdruck „Bund“ nicht erwähnt, aber im Psalm 89 sehr wohl, dass Gott mit David einen Bund geschlossen hatte. Er versprach, seine königliche Linie weiterzuführen, so dass sie bis zum Ende der Welt bestehen sollte. Ein Herrscher aus seiner Abkunft würde als König über die Welt regieren.

In 2. Chronika 6, Vers 6 lesen wir: „Aber ich habe Jerusalem erwählt, dass mein Name daselbst wäre, und ich habe David erwählt, dass er über mein Volk Israel wäre.“ Die Erwählung Jerusalems als Gottes Königsstadt und zugleich als Tempelstadt, wo Davids Sohn Salomo den ersten Tempel aus Stein bauen sollte, gehört alles zusammen zu diesem Davidsbund.

Gottes Ziel war es, Israel immer höher zu führen. Israel sollte die herrschende Nation über die ganze Welt werden, und zwar mit einem König aus dem Haus Davids. Hier sieht man einige dieser ungewöhnlich großen Bausteine, die bei den Ausgrabungen des Davidspalastes in der sogenannten Ir-David, der Davidsstadt, gefunden wurden.

Ausdrücklich wird dieser Bund mit David im Psalm 89, Vers 3 erwähnt: „Einen Bund habe ich mit meinem Auserwählten gemacht, habe David, meinem Knecht, geschworen: Bis in Ewigkeit will ich festsetzen deinen Samen und auf alle Geschlechter hin bauen deinen Thron.“

Hier sehen wir einen Blick ins Kidrontal hinunter. Auf der rechten Seite erkennt man das Gebiet der ursprünglichen Davidsstadt, wo David seinen Palast hatte und wo Gott mit ihm diesen Bund geschlossen hatte.

Das war ein wunderbarer Anfang mit Gottes Segen. Doch im fünften Heilszeitalter sehen wir dann, wie es zur Untreue und zum Niedergang kommt. Bereits Davids Sohn, der Nachfolger auf dem Thron, fällt in Götzendienst. Salomo wendet sich vom einen wahren Gott ab. Als Konsequenz spaltet sich die Nation Israel nach Salomos Tod in zwei Nationen: das Nordreich der zehn Stämme, genannt Israel, und das Südreich der zwei Stämme, Juda und Benjamin, genannt Juda.

Israel fällt als Nation von Gott ab und verfällt dem Götzendienst. Man kann sagen, im Nordreich gab es nur gottlose Könige. Im Südreich, wo die Nachkommen Davids regierten, waren die meisten Könige ebenfalls gottlos. Es gab jedoch Ausnahmen. Bei diesen Ausnahmen liest man als Refrain immer wieder: „Er tat, was recht war in den Augen des Herrn.“ Der übliche Refrain bei den meisten Königen war jedoch: „Er tat, was böse war in den Augen des Herrn.“

Hier sieht man die Ausgrabungen in der Davidstadt, wo die Königsgräber gefunden wurden. Die Römer hatten dieses Gebiet allerdings als Steinbruch verwendet und dadurch viel Zerstörung angerichtet. Dennoch sind hier noch Grabkammern zu sehen. Es sind die berühmten Königsgräber in der Davidstadt, die in der Bibel immer wieder erwähnt werden.

Hier haben wir eine Liste von allen neunzehn Königen im Nordreich, von Jerobeam I. bis Hosea. Sie alle waren gottlos. Jerobeam I. versuchte, zu verhindern, dass seine Untertanen dreimal im Jahr zu den Festen nach Jerusalem gingen und sich möglicherweise wieder mit dem Haus Davids verbanden. Deshalb schuf er eine Alternative: einen Götzendienerort in Dan und in Bethel. Dort stellte er je ein goldenes Kalb auf. So verführte er die folgenden Generationen zu diesem ägyptisch inspirierten Götzendienst.

Immer wieder heißt es von den Nachfolgern Jerobeams I., dass sie nicht von den Sünden Jerobeams wichen, der Israel durch diese goldenen Kälber zum Sündigen gebracht hatte. Das Höhenheiligtum Jerobeams I. in Dan wurde original ausgegraben. Diese viereckige Plattform sollte eine Nachbildung der viereckigen Plattform des einstigen Salamotempels sein, der fünfmal fünfhundert Ellen maß.

Hier sehen wir die Liste der zwanzig Regenten im Südreich nach Salomo, von Rehabeam bis Zedekia. Die grün markierten Namen sind Asa, Josafat, Joas, Amasja, Usija, Jotam, Hiskia und schließlich Josia. Das waren die wunderbaren Ausnahmen, Männer, die umkehrten und dadurch eine Art Reformation im Südreich auslösten.

Nach Josia jedoch gab es nur noch gottlose Könige, und dann kam das Gericht. Für die zehn Stämme kam das Gericht bereits im Jahr 722 v. Chr., als das damalige Weltreich Assyrien das Nordreich besiegte, die Hauptstadt Samaria zerstörte und die zehn Stämme in die Gefangenschaft nach Assyrien führte. Das Kerngebiet Assyriens lag im heutigen Nordirak.

Das Ende des Südreichs kam später, in den Jahren ab 606 v. Chr. Jerusalem wurde durch die Babylonier unter Nebukadnezar zerstört. Der salomonische Tempel wurde verbrannt und verwüstet. Die Juden wurden nach Babylonien deportiert. Das Kerngebiet Babyloniens lag im heutigen Südirak. Der Höhepunkt war das Jahr 586 v. Chr. Das markiert die Zerstörung Jerusalems und des Tempels und damit das Ende der davidischen Dynastie, also das Ende der Königsherrschaft von Davids Nachkommen.

Da stellte sich die Frage: Wo bleiben die Verheißungen des Davidbundes? Gott hatte gesagt, dass er diese Linie weiterführen würde, sodass am Ende der Welt ein Herrscher aus dem Haus Davids auf dem Thron über die ganze Erde regieren würde. Diese Fragen waren beunruhigend.

Das haben wir vor kurzem sehr deutlich gesehen, als wir die messianischen Psalmen, insbesondere Psalm 89, betrachteten. Dort kam die Frage auf: Warum hat Gott so gehandelt? Wo sind die Verheißungen an David, die den Davidbund ausmachen, geblieben?

Wir sehen also auch hier: Es gab einen guten Anfang, eine traurige Entwicklung und schließlich ein Ende, das Gericht forderte. Das war das fünfte Heilszeitalter.

Das sechste Heilszeitalter: Die Zeiten der Nationen

Nun kommen wir zum sechsten Heilszeitalter, das uns am meisten Arbeit bereiten wird. Es gibt sehr viel zu erzählen, dennoch werde ich nur den roten Faden verfolgen. Dieses Zeitalter nennt die Bibel selbst die Zeiten der Nationen. Wir werden gleich sehen, warum.

Ich beginne mit Daniel 1, Vers 1: „Im dritten Jahr der Regierung Joachims, des Königs von Juda, kam Nebukadnezar, der König von Babel, nach Jerusalem und belagerte es, und der Herr gab Joachim, den König von Juda, in seine Hand.“ Dieses dritte Jahr Joachims entspricht etwa 606 v. Chr. Zu dieser Zeit wurde das Südreich Juda ein Satellitenstaat oder man könnte sagen ein Vasallenstaat von Babylon. Wichtig ist jedoch: Der Bibeltext macht klar, dass nicht Nebukadnezar so mächtig war, dass er Jerusalem in seinen Griff bekam, sondern die Bibel sagt: „Und der Herr gab Joachim, den König von Juda, in seine Hand.“

Um 597 v. Chr. schloss Nebukadnezar mit Zedekia, dem allerletzten König in Jerusalem, einen Bund. Diesen Bund nennt Gott in Hesekiel 17 „mein Bund“. Wir werden gleich noch sehen, was das alles wirklich beinhaltet.

Wir lesen von diesem Bund in 2. Chronik 36,13: „Und auch empörte er sich, eher Zedekia, gegen den König Nebukadnezar, der ihn bei Gott hatte schwören lassen.“ Zedekia musste also einen Eid ablegen, als er diesen Bund mit Nebukadnezar einging. Doch nach elf Jahren brach er diesen Bund und lehnte sich dagegen auf.

Dieser Bund wird übrigens auch in der Parallelstelle erwähnt, 2. Könige 24,14-16, allerdings nicht mit dem Namen „Bund“, sondern einfach als Schwur. Hesekiel 17 spricht ausdrücklich vom Bund und beinhaltet Folgendes: Das Königreich Juda musste sich bei Gott verpflichten, die Oberherrschaft Babylons anzuerkennen, also dass ein heidnisches Weltreich über das jüdische Reich herrschen sollte.

Das war der Beginn der Zeiten der Nationen, so nennt Herr Jesus diese Epoche in Lukas 21,24. Damit wollte er sagen: Das ist die Zeit, in der nicht Israel zur Herrschaft aufsteigen sollte, sondern die Zeit, in der heidnische Nationen regieren. Warum? Weil das Haus Davids vollkommen versagt hatte. So hat Gott die Herrschaft von Israel gewissermaßen weggenommen und sie den Heidenvölkern gegeben.

Nun lesen wir in Hesekiel 17, weil diese Stelle nicht sehr bekannt ist, ein paar Verse in Bezug auf den Bund mit Zedekia:

Vers 11: „Siehe, der König von Babel ist nach Jerusalem gekommen und hat seinen König und seine Fürsten weggenommen und hat sie zu sich nach Babel geführt. Und er hat von dem königlichen Samen, das ist Zedekia, genommen und einen Bund mit ihm gemacht. Und er hat ihm einen Eid eingehen lassen. Die Mächtigen des Landes aber hat er mitgenommen, damit das Königreich niedrig wäre.“

Es kam also ein gewisser Segen noch auf das jüdische Königreich. Es konnte nämlich weiterbestehen, es hätte nicht vernichtet werden müssen, falls Zedekia sich wirklich unterworfen und die Oberherrschaft Babylons akzeptiert hätte.

Vers 12: „Damit das Königreich niedrig wäre, auf dass es sich nicht erhöbe, und damit er seinen Bund hielte, auf dass es bestände.“

Doch Zedekia empörte sich wieder gegen ihn, indem er seine Botschafter nach Ägypten sandte, damit es ihm Rosse und viel Volk gäbe. Die große Konkurrenz in der Weltpolitik zu Babylon war Ägypten. Das jüdische Königreich lag gewissermaßen zwischen Ägypten und Babylon.

Zedekia hoffte, die Ägypter würden ihm ihre Armee zu Hilfe schicken, damit er sich gegen Babylon wehren könnte. Doch das war ein totaler Reinfall. Die Ägypter kamen nicht, halfen nicht. Sie waren wie ein Rohrstab: Wenn man sich auf den Rohrstab stützt, bricht er, und man verletzt sich dabei.

Vers 15: „Wird er gedeihen, wird er, der solches getan hat, entrinnen, da er den Bund gebrochen hat? So wahr ich lebe, spricht der Herr, der Ewige, wenn er nicht an dem Ort des Königs, der ihn zum König gemacht hat, dessen Eid er verachtet und dessen Bund er gebrochen hat, bei ihm in Babel sterben wird.“

Hier sehen wir: Mit dem Bruch des Bundes beginnt die Entwicklung, dass der Mensch untreu gegenüber Gottes Abmachungen wird.

Vers 17: „Und nicht wird der Pharao mit einem großen Heer und mit einer zahlreichen Schar für ihn etwas ausrichten im Krieg. Wenn man einen Wall aufschüttet und Belagerungstürme baut, um viele Seelen auszurotten, da er den Eid verachtet und den Bund gebrochen hat, und siehe, er hatte seine Hand darauf gegeben, und tat dennoch alles dieses, so wird er nicht entrinnen.“

Darum spricht der Herr, der Ewige: „So wahr ich lebe, wenn ich nicht meinen Eid, den er verachtet, und meinen Bund, den er gebrochen hat, ihm auf seinen Kopf bringe.“

Hier wird klargemacht: Dieser Eid, den Zedekia bei dem Gott der Bibel ablegen musste vor Nebukadnezar, nennt Gott „meinen Eid“. Und diesen Bund, den er mit Nebukadnezar schließen musste, nennt Gott „meinen Bund“, denn das war Gottes Plan.

Vers 19: „Und ich will mein Netz über ihn ausbreiten, und in meinem Garn wird er gefangen werden, und ich will ihn nach Babel bringen und dort mit ihm rechten wegen seiner Treulosigkeit, die er gegen mich begangen hat. Und alle seine Flüchtlinge unter allen seinen Scharen werden durch das Schwert fallen, und die Übergebliebenen werden in alle Winde zerstreut werden. Und ihr werdet wissen, dass ich der Ewige geredet habe.“

In dieser Zeit der Wegführung der Juden nach Babylon kam auch ein junger Mann, wohl ein Teenager namens Daniel, nach Babylon. Daniel wirkte dort als Prophet. Niemand konnte den Traum deuten, den Nebukadnezar zu Beginn seiner Herrschaft hatte – nur der Prophet Daniel.

Als Daniel diesen Traum erklärte, sagte er in Daniel 2, Vers 37: „Du, o König der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum, die Macht und die Gewalt und die Ehre gegeben hat! Und überall, wo Menschen, Kinder, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels wohnen, hat er sie in deine Hand gegeben und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt. Du bist das Haupt von Gold.“

Der Prophet Gottes, der Gott der Bibel, der Gott des Himmels, hatte Nebukadnezar die Weltherrschaft übergeben. Das war der Beginn der Zeiten der Nationen.

Daniel hatte später einen ganz wichtigen Traum, Daniel 7, aus der Zeit um 594 v. Chr. Er sah das Weltmeer, das unruhige Weltmeer. Aus dem Meer kamen vier schreckliche Bestien, eines nach dem anderen. Im Traum wurde ihm erklärt, dass diese Tiere Königreiche bedeuten.

Das erste Tier war ein Löwe mit Adlersflügeln. Er repräsentierte das Weltreich zu Daniels Zeit, Babylon. Dieses majestätische Weltreich wird durch einen Löwen dargestellt, der noch dazu Adlersflügel hat.

Danach kam ein gefräßiger, plumper Bär. Dieser stellte das nächste Reich dar, das zwar viel größer wurde – wie zu erwarten bei einem gefräßigen Bären – aber nicht mehr so majestätisch war wie Babylon. Deshalb wird es durch einen plumpen Bären dargestellt.

Als drittes Tier kam ein schneller Leopard mit Flügeln und mit vier Köpfen aus dem Meer. Er stellte Alexander den Großen und sein Reich dar. In einer sagenhaften Zeit von nur wenigen Jahren eroberte Alexander mit 20 Jahren von Griechenland aus Ägypten in Afrika, ganz Klein-Asien, den Mittleren Osten und schließlich bis nach Indien über den Indus hinaus die damals bekannte Welt auf drei Kontinenten: Europa, Afrika und Asien.

Weil es so schnell ging, wird es durch den schnellsten Jäger, den Leopard, dargestellt. Doch es gibt noch etwas Merkwürdiges: Der Leopard mit Flügeln ist zwar sehr schnell, aber er hat vier Köpfe. Das ist nicht unbedingt ideal. Ich bin froh, nur einen Kopf zu haben. Natürlich hätte man vier Festplatten, aber die Nachteile sind größer.

So war es auch bei Alexander. Auf dem Höhepunkt seiner Macht starb er mit 33 Jahren in Babylon, wahrscheinlich an Malaria, nachdem er den Turm von Babel wieder aufbauen wollte. Danach entstanden schreckliche Bürgerkriege, die sogenannten Diadochenkriege, und schließlich zerrissen vier seiner Generäle das riesige Reich in hauptsächlich vier Teile. Diese vier Köpfe stellen diese Aufteilung dar.

Viertens sah Daniel aus dem Meer eine furchtbare, grausame Bestie mit zehn Hörnern hervorkommen. Dies sollte das nächste Reich in der Geschichte sein: das Römische Reich.

Danach schaute Daniel im Traum nach oben und sah den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen. Das ist der Messias. Er richtet dann sein Reich auf, das Reich Gottes.

So bekam Daniel eine Übersicht über die ganze Zeit der Nationen.

Wir können das also so darstellen: Die Zeit der Nationen ist eine Epoche, in der die heidnischen Weltreiche Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom regieren, während Israel, die Juden, ihnen unterworfen sind. Danach sollte als fünftes das Reich Gottes kommen, das Reich des Sohnes des Menschen, das Reich des Messias.

Die drei Phasen des römischen Reiches in der Offenbarung

Nun müssen wir aber Folgendes sehen: In der Offenbarung machen wir jetzt einen Sprung vom Alten Testament, vom Buch Daniel, zum letzten Buch der Bibel, der Offenbarung. Dort sah der Seher von Patmos, Johannes, noch einmal das vierte Tier aus Daniels Vision mit den zehn Hörnern. Ihm wurde erklärt, dass dieses Reich drei Phasen haben sollte (Offenbarung 17,8).

Das Tier, welches du gesehen hast, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen – drei Phasen. Hier werden die Phasen des römischen Reiches entsprechend den Zeiten, den absoluten Zeiten der Grammatik, aufgeführt. In der Volksschule haben wir gelernt, dass es Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gibt.

Das Tier „war, ist nicht, wird heraufsteigen“ – nun könnte jemand sagen: „Ja, aber halt, zur Zeit von Johannes existierte ja das römische Reich, und hier steht doch, das Tier, das du gesehen hast, war nicht, wird heraufsteigen.“ Natürlich ist das so, aber diese Ausdrucksweise hat einen sehr tiefsinnigen Grund.

Es ist nämlich so, dass Gott in der Offenbarung genannt wird (Offenbarung 1,4) als „der da ist und der da war und der da kommt“. Das ist die Umschreibung des unaussprechlichen Namens Gottes, Yahweh, J-H-W-H, der im Alten Testament als Eigenname Gottes vorkommt – gegen siebentausend Mal. Er bedeutet „der Seiende, der sich nie ändert“, also der Ewigseiende, der Unwandelbare. Das heißt: „Der war, der ist und der sein wird, der sich nie ändert.“

Nun wird dieses vierte Reich, das römische Reich, das sich selbst vergottet, wie wir noch sehen werden, eben ironisch so dargestellt: „Das Tier war, ist nicht, wird heraufsteigen, ins Verderben gehen.“ Was ist das für ein Gott, der war, nicht ist, der zwar kommt, wird heraufsteigen, aber gleich ins Verderben geht? Diesen Kontrast muss man sehen. Darum also diese drei Phasen.

Das römische Reich bestand ja damals, als der Heiland kam, als der leidende Messias. Die Offenbarung macht deutlich, dass in der Zeit, in der das römische Reich wieder heraufsteigt, um dann sehr bald ins Verderben zu gehen, die Zeit sein wird, wenn der Messias als herrschender Messias kommt, um das tausendjährige Reich aufzurichten. Das macht die Offenbarung deutlich.

Nun ist Folgendes bemerkenswert: Es gab das römische Reich. Um 476 kamen die Barbaren aus dem Norden und Osten, drangen ins weströmische Reich ein und zersplitterten es von innen heraus. Sie errichteten unabhängige Königreiche, und so ging das römische Reich im Westen unter. Das oströmische Reich konnte sich jedoch noch sehr lange halten – nämlich bis 1453. Damals ging es unter dem Ansturm der Türken unter.

Noch lange bevor das oströmische Reich unterging, kam um 800 Karl der Große. Er wurde vom Papst in Rom gekrönt und verstand sein großes Reich als Heiliges Römisches Reich. Natürlich entwickelte es sich im zehnten Jahrhundert unter den Ottonen zu dem, was man heute allgemein als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation bezeichnet. Es ist jedoch zu sagen, dass der Zusatz „Deutscher Nation“ erst seit dem sechzehnten Jahrhundert belegt ist.

Also: Über die Linie Karl des Großen gab es eine klare Fortführung des Römischen Reiches. Er sah darin einen Auftrag. Dann entstand das Heilige Römische Reich, später mit dem Zusatz „Deutscher Nation“. Das römische Reich ging somit weiter, auch wenn das oströmische Reich 1453 unter dem Ansturm der Muslime fiel.

Das ging so weiter bis 1806. Das war der entscheidende Moment, als Kaiser Franz selbst die Krone abnahm und absetzte. Das bedeutete das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Aber zwei Jahre vorher hatte sich ein anderer selbst die Krone aufgesetzt: Napoleon. Er sah quasi seinen Auftrag darin, die Linie des Römischen Reiches weiterzuführen. Von Frankreich ausgehend eroberte er große Gebiete bis nach Russland.

Doch 1813, in der sogenannten Völkerschlacht bei Leipzig, war auch das Schicksal seines Reiches besiegelt. Ein Jahr später, 1814, wurde er endgültig vom Parlament abgesetzt. Ab 1814 gab es nichts mehr, was den Namen „Römisches Reich“ verdient hätte. Fertig.

Was übrig blieb, war in Europa die Zersplitterung in viele Nationalstaaten. Der Nationalismus war im neunzehnten Jahrhundert eine große Sache. Stolz rief man: „Ich bin Schweizer!“ oder „Ich bin etwas anderes!“ Diese innere Zerrissenheit Europas entwickelte sich immer mehr und entlud sich in einem grausamen Krieg von 1914 bis 1918 mit 20 Millionen Toten – dem Ersten Weltkrieg.

Ein Jahr später begann es erneut, und zwar noch viel schlimmer: mit wohl 70 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945. Am Ende davon lag Europa am Boden, zerschlagen.

Dann kam Winston Churchill nach Zürich. Er hielt an der Universität Zürich eine berühmte Rede, die man übrigens vollständig im Internet herunterladen kann. Darin sagte er: „Let Europe arise“ – „Lasst Europa aufstehen.“ Er erklärte in dieser Rede, dass man eine Art Vereinigte Staaten von Europa schaffen müsse. Der Weg dahin sei nicht schwer, es brauche nicht mehr als das. Dann erklärte er, wie es gehen könne.

Das Eigentümliche ist: Die Entwicklung kam ins Rollen. 1957 wurden die Römischen Verträge geschlossen. Mehrere europäische Nationen rückten zusammen. In der Weiterentwicklung entstand daraus die Europäische Gemeinschaft (EG) und schließlich die Europäische Union (EU) mit heute 27 Mitgliedsnationen.

Was ist das? Nun, das fragen wir ein bisschen spät, wenn wir das erst heute fragen. Die sogenannten Europavisionäre, die ein neues Europa bauen wollten, haben das schon längst erklärt. Emil Luss schrieb in den 1950er Jahren: „Europa, die europäische Einheit brauchen wir nicht zu schaffen, sondern lediglich wiederherzustellen.“ Deshalb war die Vision ganz klar: Das Römische Reich muss wieder entstehen in Europa, sonst haben wir nur Weltkriege. Das Risiko eines weiteren Weltkrieges wäre gegeben.

Ein anderes Beispiel: Eine unserer ehemaligen Staatssekretärinnen der Schweiz, Dr. Franz Blankart, ein promovierter Philosoph und Europabefürworter, sagte im Blick auf das neue Europa: „Ein Heiliges Römisches Reich Europäischer Nation soll gezimmert werden.“

Und nun schauen wir, wie beeindruckend hier bei der dritten Phase gesagt wird: „Und wird aus dem Abgrund heraufsteigen.“ Abgrund ist griechisch „Abyssos“. In Römer 10 wird „Abyssos“ für das Totenreich verwendet. Das römische Reich wird also wieder heraufsteigend aus dem Totenreich und tatsächlich aus der Asche des Zweiten Weltkrieges, des schlimmsten Krieges der ganzen Menschheitsgeschichte, auferstehen – das neue Europa, die EU, schließlich.

Aber der Bibeltext geht weiter: „Und ins Verderben gehen.“

Die Prophetie der siebzig Jahrwochen Daniels

Zur Prophetie über die siebzig Jahrwochen Daniels

Dies ist ein weiterer Rahmen für das Verständnis der Prophetie bis hin zur Wiederkunft Christi als herrschender Messias. Wir haben bereits die vier Weltreiche betrachtet. Nun müssen wir die prophetische Zeitrechnung, die prophetische Uhr der Jahrwochen, verstehen.

In Daniel 9, Vers 23 wird Daniel gesagt: „So merke auf das Wort und verstehe die Vision.“ Auch wir wollen nun auf dieses Wort achten und diese prophetische Schau begreifen.

Siebzig Jahrwochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um den Abfall zum Abschluss zu bringen, den Sünden ein Ende zu machen, die Ungerechtigkeit zu sühnen, eine ewige Gerechtigkeit einzuführen, Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.

Daniel wird also gesagt: Schau, es gibt einen Zeitraster von siebzig Jahrwochen. Wenn diese Periode vorbei ist, dann kommt der volle Segen für dein Volk, dein jüdisches Volk, und Jerusalem, deine heilige Stadt.

Diese siebzig Jahrwochen sind bestimmt, um den Abfall zum Abschluss zu bringen, den Sünden ein Ende zu machen, die Ungerechtigkeit zu sühnen, eine ewige Gerechtigkeit einzuführen, Gesicht und Propheten zu versiegeln und das Allerheiligste zu salben. Das sind sechs Punkte.

Übrigens muss erklärt werden: Eine Jahrwoche (hebräisch „Schabuwa“) bezeichnet hier nicht eine Periode von sieben Tagen, sondern von sieben Jahren. Siebzig Jahrwochen entsprechen also sieben mal sieben Jahren, das heißt 490 Jahren.

In Vers 25 heißt es weiter: „So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Jahrwochen und zweiundsechzig Jahrwochen.“

Daniel erhält die göttliche Aussage über den Moment, in dem ein Wort ausgehen wird, Jerusalem, die heilige Stadt, wieder aufzubauen. Zu seiner Zeit lag Jerusalem in Trümmern wegen Nebukadnezar.

Von diesem Zeitpunkt an kann man rechnen, bis der Messias als Fürst kommt. Diese Periode umfasst sieben Jahrwochen und zweiundsechzig Jahrwochen, also insgesamt neunundsechzig Jahrwochen.

Ich habe das hier grafisch dargestellt: Zuerst muss ein Erlass erfolgen, dass Jerusalem, die Stadt des Messias, wieder aufgebaut wird. Schließlich wird der Messias als Fürst kommen. Dazwischen liegt die Epoche von sieben und zweiundsechzig Jahrwochen.

All dies gehört zur Periode, die als die Zeiten der Nationen bezeichnet wird.

Wir können das Ganze noch genauer berechnen, denn aus der Bibel wissen wir, dass die prophetischen Jahre Jahre von 360 Tagen sind. Nicht 365 Tage, also nicht das Sonnenjahr, und auch nicht 354 Tage wie das Mondjahr, sondern genau 360 Tage.

Das entspricht dem lunisolaren Jahr, dem Mond-Sonnen-Jahr. Der hebräische Kalender in der Bibel ist eine Mischung aus Mond- und Sonnenjahr.

Das Mondjahr deshalb, weil der Monat in der Bibel immer mit dem ersten Erscheinen der Sichel des Neumondes beginnt. Daher ist das Neumondfest eines der jährlichen Feste, das zwölfmal mit Beginn des Monats gefeiert wurde, gemäß dem Gesetz Mose.

Der weitere Festkalender orientiert sich an den Ereignissen der Landwirtschaft: Das Passafest fällt immer in die Zeit, in der die Erstlinge der Gerstenernte geschnitten werden.

Das Pfingstfest, Schawot, das Wochenfest, fällt auf die Zeit der Weizenernte. An Schawot mussten die Erstlinge des Weizens geschnitten und zwei Brote daraus gebacken werden, die im Tempel Gott dargebracht wurden. Danach durfte im ganzen Land die Weizenernte eingebracht werden.

Das Laubhüttenfest im Herbst war gemäß 5. Mose 16 das Fest nach dem Einbringen der Wein-, Trauben- und Olivenernte.

Hätte man einen strengen Mondkalender wie die Muslime, würde das zu Problemen führen. Im islamischen Jahr wandert zum Beispiel der Fastenmonat Ramadan durch das ganze Sonnenjahr. Mal fällt er in den Winter, dann ist das Fasten kürzer, mal in den Sommer, dann ist das Fasten sehr lang und schwer auszuhalten.

Das liegt daran, dass das islamische Jahr ein reines Mondjahr ist.

In der Bibel wurde das so gelöst, dass der Mondkalender immer wieder durch einen Schaltmonat korrigiert wurde. Der zwölfte Monat heißt Adar, und der Schaltmonat wird We Adar genannt.

So blieben die Feste gemäß der Landwirtschaft bestehen, während man dennoch das Mondjahr mit dem Beginn der Monate behielt.

Dadurch versteht man besser, warum in der Bibel die prophetischen Jahre zwischen Mond- und Sonnenjahr liegen.

Das wird auch deutlich in Offenbarung 11, wo dreieinhalb prophetische Jahre mit 42 Monaten gleichgesetzt werden, und diese wiederum mit 1260 Tagen. Daraus wird klar: Jeder Monat hat 30 Tage und jedes Jahr 360 Tage.

Jetzt können wir das Ganze so umrechnen: Diese 69 Jahrwochen lassen sich in Tage umrechnen: 69 mal 7 mal 360 Tage ergeben 173.880 Tage.

Nach dieser mühsamen Rechenarbeit machen wir nun eine Pause.

Wir sind stehen geblieben bei der Übersicht über die 69 Jahrwochen Daniels. Diese sollten also reichen vom Erlass oder einem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems bis zum Messias, wenn er als Fürst erscheinen würde.

Umgerechnet ergeben das 173.880 Tage.

Die Wiederherstellung Jerusalems und die Zeit der Drangsal

Nun lesen wir im Bibeltext weiter in Daniel 9,25: Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in der Drangsal der Zeiten. Dieser Satz erklärt, dass ab dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems die Stadt tatsächlich wiederhergestellt werden sollte. Es handelt sich also nicht nur um einen Erlass, nach dem nichts geschieht, sondern um einen Erlass, nach dem etwas geschieht. Allerdings würde diese Zeit eine schwierige Zeit sein.

Genau so kam es auch. In Nehemia 2 wird beschrieben, wie König Artaxerxes von Persien den Juden die Erlaubnis gab, Jerusalem wieder aufzubauen. Das wurde dann auch Wirklichkeit unter Nehemia. Zuerst wurde die Stadtmauer sehr schnell in etwas mehr als fünfzig Tagen gebaut, alles nachzulesen in Nehemia 2,3 und den folgenden Versen.

Doch das war eine Zeit, in der die Juden ständig militärisch durch ihre Feinde bedroht waren, genau wie es hier heißt: in der Drangsal der Zeiten. Nun wird übrigens auch deutlich, warum diese 69 Jahre aufgeteilt sind in sieben und zweiundsechzig Jahrwochen. Die sieben ersten Jahrwochen beziehen sich auf die Zeit der Wiederherstellung Jerusalems, eben diese schwierige Zeit, in der Israel ständig bedroht sein würde.

Warum ist das nun sehr wichtig? Es gab nämlich noch einen zweiten Erlass, schon früher, zum Wiederaufbau Jerusalems, und zwar unter König Kyros (Chores) im Jahr 539 vor Christus. Doch 49 Jahre später, also sieben Jahrwochen nach diesem Erlass von Kyros, war Jerusalem immer noch nicht wieder aufgebaut. Daraus konnte man schließen, dass in Daniel nicht dieser Erlass gemeint ist. Denn ab dem Erlass in diesen ersten sieben Jahrwochen – übrigens ist die Zahl sieben die Zahl der Vollkommenheit – sollte Jerusalem wieder eine vollendete Stadt sein. Aber das geschah damals nicht.

Man konnte sich also fragen: Ja, aber später, um 445 v. Chr., gab es dann wieder einen Erlass, also fast hundert Jahre später, durch Artaxerxes. In den folgenden Jahren wurde Jerusalem tatsächlich wieder aufgebaut. So konnte man bereits alttestamentlich wissen: Aha, nicht dieser Erlass, sondern jener muss genommen werden. Sonst hätte man warten müssen, bis der Messias kommt, und dann zurückrechnen müssen. Dabei hätte man gemerkt: Aha, also doch nicht der von Kyros, sondern es passt mit dem von Artaxerxes.

Man sollte aber nicht so lange warten müssen. Man hat also bereits nach 49 Jahren sehen können, dass der Erlass von Kyros es nicht sein konnte. Und als der nächste Erlass kam, hat es dann funktioniert. Man muss also ab dem Erlass in Nehemia 2 rechnen. Nach der Vollendung Jerusalems geht die Zeitrechnung weiter mit den 62 Jahrwochen, und so ergeben sich diese 69 Jahrwochen.

Wie gesagt, das zwanzigste Jahr von Artaxerxes in Nehemia 2 entspricht umgerechnet 445 v. Chr. Nun, wenn Jesus von Nazareth wirklich der Messias ist, wann erschien er als Fürst? Auf jeden Fall nicht am Tag seiner Geburt, als er in eine Krippe in Bethlehem gelegt wurde. Auch in seinem weiteren Leben erschien er nie als Fürst, außer an einem Tag: am Palmsonntag, als er auf einem Esel reitend nach Jerusalem hineinging. Dort wurde er von der Volksmenge als Messiaskönig begrüßt. Man legte Kleider auf den Boden, damit er darüber reiten konnte, und empfing ihn mit Palmenwedeln. Die Menschen riefen nach Psalm 118 den Gruß für den Messias: Baruch haba b'schem Adonai. Das heißt wörtlich übersetzt: gesegnet oder gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn. Baruch haba ist die hebräische Redewendung für „willkommen“. Also bedeutet Baruch haba b'schem Adonai: „Willkommen, der da kommt im Namen des Herrn“.

Das war der Begrüßungsruf für den Messias. An diesem einen Tag zog der Herr Jesus als Fürst Israels ein. Er weinte an diesem Tag und sagte: „Jerusalem, hättest du doch an diesem deinem Tag deine Chance erkannt.“ Dieser dein Tag – ja, das war der Tag Jerusalems! Und zwar war das genau der 173.880. Tag nach dem Erlass von Artaxerxes in Nehemia 2. Der Erlass war im Jahr 445 vor Christus, und die Bibel sagt, im Monat Nisan, das entspricht bei uns März oder April. Dieser Monat verschiebt sich allerdings immer ein wenig von Jahr zu Jahr, aber etwa März oder April.

Der Einzug Jesu fand ebenfalls im Monat Nisan statt, also im Passamonat, wenige Tage vor Pessach, im Jahr 32 nach Christus, also März oder April 32 n. Chr. Wie komme ich auf 32? Man liest oft in Büchern 30 oder 33. Ganz einfach: In Lukas 3 steht, dass Jesus seinen öffentlichen Dienst im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius begann. In einem Lexikon kann man nachlesen, dass Tiberius im Jahr 14 nach Christus zu herrschen begann, dem Todesjahr von Kaiser Augustus. Also 14 plus 15 ergibt 29. Der Herr Jesus wirkte drei Jahre öffentlich, und diese drei Jahre werden ausdrücklich erwähnt im Gleichnis vom Feigenbaum in Lukas 13,6-9. Dort spricht Jesus in Anspielung auf seinen Dienst von drei Jahren, während denen er an dem Feigenbaum Israels Frucht gesucht hatte und keine Frucht fand, denn die Masse hatte kein offenes Herz für ihn. Also 29 plus 3 ergibt 32, und so erhält man das Jahr 32 nach Christus.

Nun ist Folgendes noch beachtlich: Sir Robert Anderson, der Chef von Scotland Yard im 19. Jahrhundert, hat in Zusammenarbeit mit Astronomen vom Königlichen Observatorium Greenwich diese Daten umgerechnet. Palmsonntag war demnach am 6. April 32 n. Chr. Wenn man nun astronomisch 173.880 Tage zurückrechnet, ergibt sich als Erlass der 14. März 445 v. Chr. Interessanterweise wird in Nehemia 2 nur der Monat, nicht der genaue Tag angegeben. War das genau der erste Nisan? Das wäre das Neujahrsfest! Der erste Nisan ist der Neujahrstag der Kalenderzählung Israels ab dem Auszug aus Ägypten.

An diesem Tag wurde der Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems gegeben, und 173.880 Tage später, an Palmsonntag, reitet Jesus Christus als Fürst nach Jerusalem ein. Das ist natürlich eine gewaltige Prophetie über den Messias. Dafür versteht man auch besser, warum es heißt in Apostelgeschichte 9, dass Paulus bewies, dass Jesus der Christus, also der Messias, ist, als er in der Synagoge in Damaskus predigte und anhand des Alten Testaments erklärte, dass Jesus von Nazareth der Messias des Alten Testaments ist. Auch in Apostelgeschichte 18 lesen wir am Schluss von Apollos, der durch die Schriften bewies, dass Jesus der Christus ist.

Es gibt Leute, die mögen das Wort „beweisen“ nicht, wenn es um das Thema Glauben geht. Aber es tut mir leid, die Bibel benutzt dieses Wort wiederholt. Wenn wir nun diese Prophetie vor Augen haben, kann man genau auf den Tag genau zeigen, dass Jesus Christus die Prophetie des leidenden Messias durch sein Kommen als Fürst erfüllt hat.

Natürlich könnte jemand sagen: In der Wissenschaft lernt man, immer mit Fehlerrechnung zu arbeiten. Man kann nie davon ausgehen, dass eine Jahreszahl exakt ist. Ob es nun genau 445 v. Chr. war, könnte auch 446 oder 447 v. Chr. gewesen sein. Es gibt nirgends absolute Gewissheit. Man könnte auch sagen, 32 n. Chr. könnten auch 33 sein, und so weiter. Gut, machen wir Fehlerrechnung und schließen ein, dass menschliche Präzision begrenzt ist. Aber dann wird auf jeden Fall klar, dass diese 173.880 Tage wunderbar passen von der Zeit Artaxerxes bis zur Zeit Kaiser Tiberius und dem Einzug Jesu am Palmsonntag. Es passt auf jeden Fall hinein.

Sir Robert Anderson war ein tiefgläubiger Mann. Er hat zum Beispiel auch einen Kommentar über den Hebräerbrief geschrieben und über diese Prophetie ein Buch mit dem Titel The Coming Prince verfasst, das heute noch gedruckt wird.

Interessant ist vielleicht noch eine Bemerkung des Mathematikers und Philosophen Blaise Pascal, der ebenfalls ein tiefgläubiger Mann war und sich gegen das hochmütige Denken der Aufklärungszeit seiner Epoche wandte. Er sammelte Gedanken und wollte später ein Buch schreiben, um den christlichen Glauben gegenüber der gottlosen Philosophie der Aufklärung zu verteidigen. Er veröffentlichte es nie als Buch, aber die Fragmente wurden gesammelt und als Buch mit dem Titel „Pensées“ (Gedanken) herausgegeben.

Dort bringt er alle möglichen Argumente zusammen, die er fragmentarisch gesammelt hatte, um den Glauben darzulegen, besonders für jemanden, der kritisch eingestellt ist. In diesen Pensées geht er auch auf die Jahrwochen Daniels ein – natürlich nicht mit der heutigen genauen Tagesnachrechnung, wie sie Sir Robert Anderson später machte, aber ausreichend, um damals den Menschen zu zeigen, dass die Bibel nicht einfach irgendein Buch ist, in das man blind glauben muss. Wir wissen, warum wir glauben. Wir können zeigen, dass Jesus nicht einfach irgendjemand war, sondern derjenige, der die Prophetie über den Messias erfüllt hat.

Auch andere messianische Prophezeiungen erwähnt Pascal dort in seinem Buch. Diese Stelle wurde mir übrigens beim Abitur in Französisch zum Thema, und bei Pascal hat das für mich natürlich einen besonderen Nebenton.

Die Ermordung des Messias und die Zerstörung Jerusalems

Nun wenden wir uns Daniel 9,26 zu. Nach den 62 Jahrwochen wird der Messias ausgerottet werden und nichts haben. Zuvor haben wir die sieben Jahrwochen betrachtet, während derer Jerusalem wieder aufgebaut wird. Danach folgen die 62 Jahrwochen, und genau am Ende dieser 62 Jahrwochen sollte der Messias als Fürst kommen.

Die Prophetie geht weiter: Was geschieht danach? Nach den 62 Jahrwochen wird der Messias ermordet werden. Es wird nicht angegeben, wie viel später dies geschieht, aber es ist klar, dass es in der Folge seines Auftretens als Fürst geschieht. Rückblickend können wir sagen, dass Jesus tatsächlich fünf Tage nach seinem triumphalen Einzug in Jerusalem, am Tag Jerusalems, gekreuzigt wurde. Die Menge schrie vor Pilatus: „Er soll gekreuzigt werden, er soll gekreuzigt werden.“ So hat sich die Prophetie erfüllt.

Jesus wurde auf dem Golgatha-Felsen vor den Stadtmauern Jerusalems gekreuzigt. Dort befindet sich das sogenannte Genator-Tor, das vor Jahren ausgegraben wurde und direkt zu Golgatha führt. An diesem Ort hat Jesus diese Prophetie erfüllt: Er wurde ermordet.

Das Wort „ausgerottet werden“ ist sehr interessant. Auf Hebräisch lautet es „karat“ im Nif'al. „Karat“ bedeutet eigentlich „schneiden“. Im Alten Testament wird es besonders im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Bundes verwendet. „Karat berit“ heißt wörtlich „einen Bund schneiden“ und ist der übliche Ausdruck im Hebräischen für „einen Bund schließen“.

Das hängt zusammen mit der alten Praxis, wie Bündnisse geschlossen wurden. Ein König schloss zum Beispiel mit einem Vasallen einen Bund, indem Tiere geschlachtet und in zwei gleiche Hälften zerschnitten wurden. Diese Tierstücke wurden auf dem Boden ausgelegt, ein Teil gegenüber dem anderen, so entstand eine Art Straße – man könnte sagen eine Bundesstraße. Die Abmachungen zwischen König und Vasall wurden feierlich verlesen. Dann gingen beide Parteien zwischen den Tierstücken hindurch und erklärten: Wenn wir uns nicht an den Bund halten, soll mit uns geschehen, was mit diesen Tieren geschehen ist, also sollen wir getötet werden.

Der Bund mit Abraham wurde genau so geschlossen, wie wir in 1. Mose 15 lesen. Abraham legte die Tierstücke aus, fiel aber dann in einen tiefen Schlaf. Das Feuer Gottes ging zwischen den Tierstücken hindurch. Die Bibel sagt: An jenem Tag schloss der Herr einen Bund mit Abraham, „karat berit“. Gott übernahm alle Verantwortung auf sich, damit bedingungslos alle Bundeszusagen an Abraham und damit für das Volk Israel in Erfüllung gehen sollten.

So musste der Tod des Messias kommen. Hier klingt das an, wenn es heißt, in der Nif'al-Form: „Der Messias wird ausgerottet werden“ – „jikaret haMaschiach“. Dies sollte ein Bundestod sein, sein Blut Bundesblut.

Doch die Bibel sagt weiter, dass er nichts haben wird: kein Königreich, keinen Frieden. Das ist interessant, denn wenn man mit orthodoxen Juden spricht, hört man oft das Argument, dass Jesus nicht der Messias sein könne. Sie sagen, wenn er der Messias gewesen wäre, hätten wir nicht seit zweitausend Jahren Kriege und Chaos auf der Erde.

Ich habe das in Gesprächen mit orthodoxen Juden erlebt. Ich nahm Daniel 9 und las vor: „Jikaret haMaschiach be'enlo“ – der Messias wird ausgerottet werden und nichts haben. Das musste so sein. Wenn es vor zweitausend Jahren Frieden gegeben hätte, wäre Jesus nicht der Messias gewesen, denn das sagen die Schriften selbst.

Das ist beeindruckend: Man kann wirklich beweisen, dass Jesus der Messias ist – mit über dreihundert erfüllten Prophetien insgesamt. Wir sehen also die neunundsechzig Jahrwochen. Am Ende davon kam der Messias, und nach den 62 Jahrwochen sollte er ausgerottet werden. Genau so ist es gekommen.

Aber im Bibeltext von Daniel 9 lesen wir nicht nur von 69 Wochen, sondern von 70. Also bleibt noch etwas übrig. Wir haben 69 Jahrwochen bis zum Jahr 32 gesehen, aber jetzt bleibt noch eine Jahrwoche, sieben Jahre. Man könnte rechnen: 32 plus 7 ergibt 39, und dann soll das Reich Gottes kommen. Das erscheint logisch. Dann soll der Abfall zum Ende gebracht werden, die Sünden gesühnt werden nach 70 Jahrwochen, und das Allerheiligste soll gesalbt werden – all diese sechs Punkte, die wir gelesen haben.

Doch vielleicht haben wir ein Problem. Stimmt dieses Schema? Es stimmt nicht, absolut nicht. Jetzt haben wir ein Problem mit der Bibel oder mit uns selbst. Wir fragen uns, ob wir es richtig verstanden haben. Dann müssen wir den Text genauer anschauen.

 Daniel 9 spricht über diese neunundsechzig Jahrwochen – sieben plus zweiundsechzig –, dann kommt der Messias als Fürst, er wird ausgerottet werden, und was kommt dann? Es steht nichts von einer weiteren Jahrwoche. Es geht einfach weiter: Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören. Es wird nicht gesagt, wie viel später, aber einfach in der Folge des Todes des Messias wird ein Volk kommen, das die Stadt – Jerusalem – zerstört und das Heiligtum.

Was ist das Heiligtum? Das ist der zweite Tempel, denn der erste Tempel, der salomonische Tempel, war zur Zeit Daniels schon zerstört. Die Stadt sollte wieder aufgebaut werden, ebenso der Tempel. Nun wird hier wieder gesprochen: Die Stadt wird zerstört und der Tempel wird zerstört. Das war für Daniel klar.

Wenn der Messias kommt, wird er getötet, und als Folge, als Strafe, wird Jerusalem wieder zerstört und der zweite Tempel wird untergehen. Es war also klar, dass am Ende der zweiten Tempelperiode der Messias gekommen sein sollte.

Aus der Geschichte wissen wir, dass im Jahr 70 nach Christus die Römer Jerusalem und den zweiten Tempel in einem grausamen, blutigen Krieg zerstörten. Nach Augenzeugenberichten sollen mehr als eine Million Menschen aus dem jüdischen Volk ums Leben gekommen sein – ein Blutbad sondergleichen.

Schließlich wurde der zweite Tempel zerstört, obwohl der römische Feldherr Titus, wie Josephus Flavius berichtet, den Tempel schonen wollte. Dieses architektonische Wunderwerk sollte für das römische Reich erhalten bleiben. Doch in der Eskalation des Krieges schoss ein Soldat Feuer, und der Tempel wurde völlig verwüstet.

Entgegen Titus’ Plan wurde im Krieg der Tempel zerstört, ebenso die Stadt. Alles hat sich erfüllt.

Unser Schema lässt sich also ergänzen: Der Messias sollte als Fürst kommen, dann ermordet werden. In der Folge würde das Volk des kommenden Fürsten die Stadt und das Heiligtum zerstören. Dies geschah im Jahr 70 nach Christus.

Der Bibeltext spricht immer noch nicht von einer weiteren Jahrwoche. Wir können Satz für Satz, Wort für Wort durchgehen.

Noch ein kleines Detail: Daniel 9,26 sagt, dass das Volk des kommenden Fürsten die Stadt und das Heiligtum zerstören wird. Es steht nicht, dass der kommende Fürst selbst die Stadt und das Heiligtum zerstören wird. Wer dieser Fürst ist, wollen wir jetzt noch nicht beantworten. Aber es ist klar, welches Volk die Stadt und den zweiten Tempel zerstörte: das römische Volk.

Der kommende Fürst, der übrigens den Titel von Sir Robert Andersons Buch „The Coming Prince“ gab, wird aus dem römischen Reich kommen. Aber darauf kommen wir später noch zurück.

Jesus sagte in seiner Ölbergrede am Dienstag vor Karfreitag, als klar war, dass er von den Führern seines Volkes verworfen wurde, welches Schicksal Jerusalem als Folge seiner Verwerfung erfahren sollte. In Lukas 21,24 heißt es:

„Und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt werden unter alle Nationen. Und Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.“

Jesus spricht davon, dass das jüdische Volk unter alle Völker zerstreut wird. Jerusalem wird ständig unter der Herrschaft fremder Nationen leiden. Das soll so dauern, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.

Er stellt nicht dar, dass nach seinem Tod kurz danach noch sieben Jahre folgen und dann das Friedensreich kommt. Er sagt, die Juden werden zerstreut unter alle Völker, Jerusalem wird ständig zertreten von fremden Völkern, und das soll so weitergehen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.

Im nächsten Vers spricht er dann vom Kommen des Menschensohnes auf den Wolken des Himmels. Dann sind die Zeiten der Nationen erfüllt. Das ist klar aus Daniel 7.

Nun können wir unser Schema ergänzen: Hier haben wir die Zerstörung Jerusalems, und dieser Pfeil deutet die Zerstreuung der Juden unter alle Völker an, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.

Die Verkettung von Krieg und Verwüstungen bis zur Endzeit

Jetzt lese ich weiter in Daniel 9,26: „Ich wiederhole, und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein. Und bis ans Ende Krieg, fest beschlossenes von Verwüstungen.“

Der Bibeltext ist unglaublich dicht. Jedes Wort erfordert einen Kommentar. Nehmen wir das Stück um Stück: „die Stadt und das Heiligtum zerstören“ – das ist klar. Aber dann heißt es: „Und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein.“ Was ist gemeint mit „das Ende davon“? Das Ende wovon?

Nun, die Zerstörung Jerusalems und des Tempels ist doch nichts anderes als Gottes Gericht über sein Volk wegen der Ausrottung des Messias. Diese Katastrophe der Zerstörung Jerusalems sollte aber nicht alles ausmachen. Vielmehr sollte sie der Anfang einer ganzen Verkettung von Gerichten über das jüdische Volk sein. Das Ende dieses ganzen Gerichtes sollte die überströmende Flut sein.

Doch auch das ist wieder so geheimnisvoll. Was ist die überströmende Flut nun? Wir können das ganz genau beantworten, wenn wir in Daniel weiterlesen bis Kapitel 11. Dort wird die überströmende Flut beschrieben. Ich nehme das einfach mal so vorweg. Wenn wir das nächste Mal hier weitermachen, werden wir das genauer beantworten.

Kurz erklärt: Die überströmende Flut in Daniel 11 ist der König des Nordens in der Endzeit. Das ist eine Bezeichnung für Syrien. Syrien wird in der Endzeit Israel vollkommen überrennen und das Land verwüsten – unmittelbar vor dem Kommen des Herrn Jesus als herrschender Messias.

In Daniel 20 und den folgenden Kapiteln wird dieser König des Nordens, Syrien, beschrieben als eine Armee, die alles überfluten und überströmen wird.

Also bringt das Gericht Gottes wegen der Verwerfung des Messias die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 mit sich und weitere Gerichte. Aber das allerletzte wird sein, wenn Syrien Israel vollkommen überrennen wird in der Endzeit.

Jetzt sagt der Text weiter: „Und bis ans Ende“, also bis zu dieser letzten Phase des Gerichts, soll Folgendes sein: Krieg, fest beschlossenes von Verwüstungen. Von Anfang an, dort im Jahr 70, bis in die Endzeit soll eine Kette von Krieg und Verwüstung über Jerusalem kommen.

Wir können uns das Schema so vorstellen: Wir haben die 69 Jahrwochen, dann die Ermordung des Messias, die Zerstörung Jerusalems und des Tempels sowie die Zerstreuung der Juden. Aber der Bibeltext sagt: „bis ans Ende Krieg und Verwüstungen“. Es folgt also eine Periode, die mit dem Wort „bis“ angedeutet ist.

Der Herr Jesus sagt in Lukas 21,24: „Bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.“ Nun können wir uns fragen: Hat sich das erfüllt, dass Krieg und Verwüstung über Jerusalem kamen bis in die Endzeit?

In der Bibel ist die Endzeit immer die Zeit, wenn das jüdische Volk aus der weltweiten Zerstreuung zurückkehren wird ins Land der Vorväter. Das ist genau in unserer Zeit geschehen.

Schauen wir uns an, was ab dem Jahr 70 bis in unsere Zeit für eine Kette von Krieg und Verwüstungen über Jerusalem gekommen ist.

Hier die wichtigsten Ereignisse:

  • Im Jahr 70: Zerstörung Jerusalems, mehr als eine Million Tote.
  • 135: Erneute Zerstörung Jerusalems durch die Römer, auch hier gab es wieder mehr als eine Million Tote und die Zerstreuung des jüdischen Volkes.
  • 614: Verwüstung Jerusalems durch die Perser.
  • 629: Eroberung Jerusalems durch die Byzantiner.
  • 638: Eroberung durch die muslimischen Araber. Muhammad war 632 gestorben, und dann kamen die Muslime aus der saudischen Halbinsel, eroberten das Heilige Land und Jerusalem. Sie bauten die Al-Aqsa-Moschee und den Felsendom auf dem Tempelplatz.
  • 1071: Eroberung Jerusalems durch die Türken.
  • 1099: Eroberung durch die Kreuzfahrer aus Europa, die mit ihren Armeen Jerusalem eroberten und ein Königreich aufbauten.
  • 1187: Sultan Saladin konnte die Europäer wieder hinauswerfen; das war das Ende ihres Kreuzritterkönigreiches.
  • 1244: Eroberung Jerusalems durch die wilden Tataren aus Zentralasien.
  • 1517: Eroberung durch die Osmanen, also die Türken, die ein großes Reich hatten. Diese Herrschaft dauerte bis 1917.
  • Im Ersten Weltkrieg wurde Jerusalem von den Engländern erobert. Übrigens gab es etwa 25 Tote allein in der Schlacht um Jerusalem, vor allem unter den Türken.
  • 1948: Verwüstung Ostjerusalems durch Jordanien in dem Krieg, den die Araber gegen die Juden nach der Staatsgründung führten.
  • 1967: Im Sechstagekrieg, als die Araber zum zweiten Mal versuchten, die Juden auszurotten, eroberten sie den Tempelberg und Ostjerusalem. Zum ersten Mal seit dem Jahr 70 kam der Tempelberg wieder in die Hand der Juden.

Ich habe gesagt, die Endzeit ist in der Bibel immer die Zeit, wenn das jüdische Volk aus der weltweiten Zerstreuung zurückkehrt. Ich möchte das anhand einer Stelle belegen: Hesekiel 38,8.

Dort wird zu einem Volk aus dem äußersten Norden von Israel aus gesehen gesprochen, mit dem Namen Rosch. Man kann auf der Weltkarte schauen: Wenn man von Israel gerade nach Norden geht, kommt man zuerst zum Nordpol, wo niemand wohnt. Wenn man früher stoppt, ist man in Russland – Rosch.

Dort sagt Gott: „In der Endzeit wird Russland sich gegen Israel stellen.“ Und es steht: „Am Ende der Jahre“ – ein Ausdruck für die Endzeit – „sollst du in das Land kommen, das vom Schwert wiederhergestellt sein wird, zu einem Volk, das aus vielen Völkern gesammelt sein wird, auf die Berge Israels, welche beständig verödet dalagen. Ja, es wird herausgeführt sein aus den Völkern.“

Hier wird klar: In der Endzeit ist das jüdische Volk wieder gesammelt im Land der Väter.

Nun haben wir folgendes Schema: Bis ans Ende hat sich diese Verkettung genau erfüllt. Aber das Ende ist für uns gekennzeichnet durch die Zeit, in der die Juden zurückkehren ins Land der Väter. Das hat begonnen ab 1882 und sich bis heute fortgesetzt.

Wir leben also in einer ganz interessanten Zeit.

Die siebzigste Jahrwoche und der kommende Bund

Und nun kommt Daniel 9,27: „Und er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Jahrwoche.“ Wer ist denn „er“? Das ist wieder sehr geheimnisvoll. Man muss einfach ganz genau lesen. Es ist ein dichter Text, und ein dichter Text muss man langsam lesen, immer wieder lesen und genau verfolgen.

Ja, „er“ bezieht sich auf eine Person, die schon vorher genannt wurde. Wer ist die am nächsten zurückliegende Person im Text? „Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“ Das ist nun der kommende Fürst.

Und dieser Fürst wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Jahrwoche. Jetzt wird endlich diese siebzigste Jahrwoche erwähnt. Da wird also einer aus dem römischen Reich mit den Vielen einen Bund schließen. Die „Vielen“ sind im Buch Daniel ein fester Ausdruck für die Masse des jüdischen Volkes (vgl. Daniel 11,33.39; 12,3). Immer sind die „Vielen“ die Juden.

Dieser Fürst wird für sieben Jahre einen Bund schließen. Das ist im Zusammenhang mit der Offenbarung zu sehen. Dort wird beschrieben, dass das römische Reich wieder aus dem Abgrund heraufsteigen wird. Aus diesem Reich wird schließlich nach mehreren Phasen jemand an die Spitze kommen – als Führer, als Diktator.

Dieser wird in Offenbarung 13 als das Tier aus dem Meer beschrieben. Dann erscheint im gleichen Kapitel das Tier aus der Erde, das ist der Antichrist. Er sieht aus wie ein Lamm, redet aber wie ein Drache. Diese beiden werden miteinander zusammenarbeiten.

So wird also der kommende Diktator des neuen Europas mit der Masse des jüdischen Volkes einen Bund schließen für sieben Jahre. Dann beginnt die siebzigste Jahrwoche.

Mit anderen Worten: Der Bibeltext macht in Daniel 9 klar, dass zwischen der neunundsechzigsten und der siebzigsten Jahrwoche ein Unterbruch besteht. Das ist nicht erst mit dem Licht des Neuen Testaments erkennbar, dass man sagen kann, da ist noch eine Periode eingeschoben. Der Text selbst macht das deutlich.

Der Messias wird ermordet, die Stadt und das Heiligtum werden zerstört, es gibt Krieg und Verwüstungen bis ans Ende. Danach wird der Bund für sieben Jahre geschlossen. Der Text zeigt also klar, dass hier ein Unterbruch ist.

Und noch etwas: „Und er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Jahrwoche, und zur Hälfte der Jahrwoche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen.“ Diese siebzigste Jahrwoche von sieben Jahren wird hier halbiert. Das ergibt also dreieinhalb und dreieinhalb Jahre.

Das heißt, in der zweiten Hälfte, den letzten dreieinhalb Jahren, werden die Juden nicht mehr opfern können. Vorher aber werden sie unmittelbar davor noch Opfer bringen.

Das ist interessant: Seit dem Sechstagekrieg hat Israel wieder den Tempelberg. Nur dort dürfen sie opfern. Der Militärrabbiner im Sechstagekrieg, Shlomo Goren, wollte gleich die Al-Aqsa-Moschee in die Luft sprengen. Er wollte vorwärts machen.

Aber Mosche Dayan, der Oberbefehlshaber im Sechstagekrieg, war ihm im Rang natürlich überlegen. Er sagte, das komme nicht in Frage. Er wollte eine Besänftigungspolitik mit den Palästinensern und den Arabern verfolgen, und so ging das nicht.

Viele Organisationen haben sich dann gebildet oder verschiedene Organisationen haben sich gebildet, die den Bau eines neuen Tempels nun ganz konkret anstreben. Opfer werden auch schon geübt, damit sie so durchgeführt werden können, wie es in der Bibel beschrieben ist.

Der Bibeltext macht also klar: Diese Opfer werden wiederkommen, aber in der zweiten Hälfte der siebzigsten Jahrwoche werden sie nicht mehr zugelassen sein.

Nun, wir sehen, wir brauchen ein bisschen mehr Zeit. Wir können das Thema heute nicht abschließen. Das machen wir nächstes Mal. Also bin ich ein bisschen übereifrig.

Wir machen nächstes Mal an dieser Stelle weiter. Ich denke, es war wichtig, dass wir diese Prophetien jetzt wieder voll im Thema messianische Prophetie betrachten. Daniel 9 ist eine Schlüsselstelle.

Wenn man sie ganz gründlich studiert hat und die einzelnen Ausdrücke hieb- und stichfest versteht, dann wird vieles einfacher, um die Prophetie der Bibel zu verstehen. Aber es braucht Energie, Anstrengung und Konzentration. Das ist auch gut so.

Salomo sagte in den Sprüchen: „Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht.“ Also es kostet etwas, und natürlich ist das, was nichts kostet, meistens auch nichts wert.

Wir haben bereits festgestellt, dass die 70. Jahrwoche in dreieinhalb und dreieinhalb Jahre halbiert wird. Danach wird das Tausendjährige Reich und der neue Bund kommen.

Schlussgebet

Ich möchte noch gemeinsam beten.

Herr Jesus, wir danken dir, dass dein Wort uns mit solcher Präzision zeigt, dass du der versprochene Retter bist. Du, der Sohn Gottes, bist als Mensch in diese Welt gekommen. Du bist gekommen, um als Opfer für uns auf dem Golgatha-Felsen zu sterben.

Herr Jesus, durch dich ist es möglich, dass Gott den ganzen Segen, den er Abraham bereits verheißen hat, in Bezug auf alle Völker erfüllen kann.

Herr Jesus, wir preisen dich, dass du gekommen bist. Wir preisen dich auch dafür, dass wir ganz klar erkennen können, dass du der Retter bist und dass wir auf keinen anderen warten müssen. In dir haben wir alles gefunden, und dafür danken wir dir.

Amen.

Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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