Guten Abend. Heute beschäftigen wir uns mit einem neuen Thema, dem Titusbrief. Wir lesen gleich die ersten vier Verse.
Titus 1,1: Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die zur Gottseligkeit führt, in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, vor ewigen Zeiten verheißen hat.
Zu seiner Zeit hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist nach dem Befehl unseres Heilandes und Gottes.
Titus, meinem echten Kind, nach unserem gemeinschaftlichen Glauben: Gnade und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Heiland.
Damit beenden wir die heutige Lesung.
Jetzt stellen sich, wie bei jedem Bibelbuch, wenn man das Neue Testament zu lesen beginnt, einige grundlegende Fragen: Wer hat das Buch geschrieben? Für wen wurde es geschrieben? Diese Fragen sind hier ganz einfach.
Schwieriger wird es bei der Frage, wann das Buch geschrieben wurde und unter welchen Umständen. Also fangen wir mit dem Einfachsten an.
Wer hat den Titusbrief geschrieben? Paulus, nicht Titus. Der Brief an Titus wurde von Paulus geschrieben.
Und wann? Woher weiß man das? Manche sagen, zwischen 65 und 68 nach Christus. Andere meinen 66 bis 68. Wieder andere sagen 65 bis 68. Das ist durchaus möglich, aber es gibt keine eindeutige Begründung; es wird einfach so angenommen.
Die Apostelgeschichte ist sehr hilfreich, denn sie beschreibt die ersten drei Jahrzehnte der Christenheit, und zwar ab Pfingsten im Jahr 32 nach Christus. Diese dreißig Jahre werden bis zum Jahr 62 beschrieben. Die Apostelgeschichte endet mit den zwei Jahren der Gefangenschaft von Paulus in Rom.
Lukas schreibt, Paulus war dort zwei volle Jahre. Das ist ein interessanter Ausdruck, denn er hat im römischen Rechtswesen eine wichtige Bedeutung. Wenn ein Angeklagter zwei volle Jahre auf seinen Prozess warten musste und die Anklage nicht erhoben wurde, wurde er freigesprochen.
Tatsächlich wurde Paulus nach diesen zwei Jahren freigesprochen. Später wurde er jedoch erneut verhaftet und kam in die Todeszelle, und zwar im Jahr 66 nach Christus.
Manche Bibelausgaben setzen daher das Jahr 66 als spätestmöglichen Zeitpunkt für den Titusbrief an. Aus der Todeszelle hat Paulus noch den Zweiten Timotheusbrief geschrieben.
Aber zwischen 62 und 66 gibt es eine Lücke von einigen Jahren. Diese Lücke ist sehr interessant.
Die Paulusbriefe lassen sich gut innerhalb der dreißig Jahre einordnen, die in der Apostelgeschichte beschrieben werden. So kann man den Römerbrief, den Ersten und Zweiten Korintherbrief, den Galaterbrief, den Epheserbrief, den Philipperbrief und so weiter wunderbar einordnen.
Doch wenn man zum Titusbrief kommt, gibt es ein Problem bei der Einordnung.
Paulus sagt nämlich in Vers 5 und Kapitel 1 – das haben wir nicht gelesen: „Deswegen ließ ich dich in Kreta zurück, damit du das, was noch mangelte, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste anstellst, wie ich dir geboten hatte.“
Davon ist in der Apostelgeschichte nichts die Rede, dass Paulus eben Titus nach Kreta geschickt hat. Das könnte zwar trotzdem gewesen sein, nur wird es in der Apostelgeschichte nicht berichtet.
Zum Beispiel in Kapitel 3 sagt Paulus in Vers 12: „Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen. Denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern.“ Das passt überhaupt nicht in den Reiseverlauf der vier Missionsreisen des Paulus hinein.
Und was machen liberale Theologen in so einem Moment? Das sind Menschen, die alles in Frage stellen, außer ihrem eigenen Wissen, und eben auch vor Gottes Wort nicht zurückschrecken. Das ist das Schlimme. Sie sagen: Der Titusbrief ist gar nicht von Paulus, er ist eine Fälschung.
Der Erste Timotheusbrief passt übrigens auch nicht in die Apostelgeschichte ein. Auch dieser wird als Fälschung bezeichnet. Ja gut, noch mehr Briefe gelten ihnen zufolge als Fälschungen.
Aber eben gerade dieses Problem hier: Der Titusbrief kann nicht in die Apostelgeschichte eingeordnet werden. Doch der Apostel Paulus wurde tatsächlich wieder frei am Ende dieser Zeit in der Apostelgeschichte – diese zwei Jahre in Rom. Er hatte ja einen ganz besonderen Wunsch: Wo wollte er unbedingt noch hinkommen? Nach Spanien, genau.
Das schreibt er im Römerbrief gegen Schluss: Er wollte nach Spanien gehen. Und wir haben außerbiblisch ein Zeugnis aus der frühen Christenheit um 100 nach Christus, das den Hinweis gibt, dass Paulus tatsächlich noch bis nach Spanien ging.
Das war eben möglich in dieser Zwischenzeit, also zwischen der ersten und der zweiten Gefangenschaft. Das ist also fantastisch: Er hat da noch weitere Reisen gemacht. Dann passt eben auch die ganze Sache hier mit Kreta und mit Nikopolis hinein – und noch mehr.
Also diese Zeit war eine reiche, gesegnete Zeit. Nun muss der Titusbrief einfach in diese Zeit angesetzt werden, also zwischen 62 und ...
Nun schauen wir uns die Person Titus ein bisschen genauer an. Was wissen wir über Titus? Wo taucht Titus zum ersten Mal im Leben von Paulus auf? Das ist keine einfache Frage, denn Titus ist, wie viele andere Personen im Neuen Testament, nur an verschiedenen Stellen kurz erwähnt. Wenn man sich ein Bild von einer Person im Neuen Testament machen möchte, die nur bruchstückweise beschrieben wird, muss man all diesen Stellen nachgehen.
Heute Abend werden wir Titus nicht vollständig durchnehmen. Das können wir nach und nach im Zusammenhang mit dem Titusbrief machen. Aber einige Kernpunkte wollen wir ansprechen.
Im frühesten Brief, den Paulus geschrieben hat – welcher Brief ist das? Der Galaterbrief. Im Galaterbrief beschreibt Paulus seinen ersten Jerusalembesuch in Kapitel 2. Ich lese ab Vers 1: „Darauf, nach vierzehn Jahren, zog ich wieder nach Jerusalem hinauf mit Barnabas und nahm auch Titus mit.“
Nun, welcher Besuch ist das? Paulus hat ja mehr als einmal Jerusalem besucht. Welchen Jerusalembesuch meint Paulus hier? Du hast schon richtig gerechnet, aber wo wird dieser Besuch sonst noch beschrieben? Hast du das auch in einer Fußnote gelesen? Gut. Du hast mit den 14 Jahren hier gerechnet. Ich kann dir auch sagen, wo der Rechenfehler liegt.
Du hast gerechnet, dass Paulus sich im Jahr 33 bekehrte. Pfingsten war ja 32. Ein Jahr später wurde Stephanus gesteinigt, das war 33. Paulus verfolgte die Christen bis nach Damaskus, bekehrte sich dort und verbrachte drei Jahre in Arabien. Danach kehrte er zurück nach Damaskus und ging zum ersten Mal nach Jerusalem.
Und das war im Jahr? Nein, der erste Jerusalembesuch nach der Bekehrung war im Jahr 36. Dieser Besuch wird in Galater 1, Vers 17 erwähnt. Paulus spricht dort über seine Bekehrung und sagt, dass er nicht sofort nach Jerusalem ging, sondern erst nach drei Jahren. Er ging nach Arabien und kehrte dann nach Damaskus zurück. Danach, nach drei Jahren, ging er nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
Das ist der Besuch in Jerusalem nach der Bekehrung, der auch in Apostelgeschichte 9 beschrieben wird. Paulus wollte sich der Gemeinde anschließen, doch die wollten ihn nicht aufnehmen, weil sie glaubten, er sei ein Agent, der sich verstellt. Schließlich konnte Barnabas ein klares Zeugnis ablegen, dass Paulus sich wirklich bekehrt hatte, und so wurde er aufgenommen.
Nun, in Galater 2 lesen wir: „Darauf, nach vierzehn Jahren, zog ich wieder nach Jerusalem hinauf mit Barnabas und nahm auch Titus mit.“ Die Frage ist: Müssen wir die 14 Jahre ab der Bekehrung rechnen oder ab der Zeit, als Paulus aus Arabien zurückkehrte? Es ist tatsächlich so, dass man ab der Bekehrung rechnen muss. 33 plus 14 ergibt 47.
Warum? Weil dieser zweite Jerusalembesuch in Apostelgeschichte 11 beschrieben wird. Paulus hatte zusammen mit Barnabas ein Jahr in der Gemeinde in Antiochia in Nordsyrien verbracht und dort gedient. Das war eine wichtige Vorbereitung für seine Missionsarbeit.
In Apostelgeschichte 11, Vers 25-26 lesen wir: „Barnabas zog aus nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen. Barnabas ging nach Tarsus und holte Saulus, und als er ihn gefunden hatte, brachte er ihn nach Antiochien. Es geschah, dass sie auch ein ganzes Jahr in der Gemeinde zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten, und dass die Jünger zuerst in Antiochien Christen genannt wurden.“
Dann kündigt ein Prophet namens Agabus eine große Hungersnot an. Die Gemeinde beschließt, für die Bedürftigen in Israel zu sammeln, für die bedürftigen messiasgläubigen Juden. Diese Hungersnot kam im Jahr 47 über Israel, was auch außerbiblisch belegt ist. Das passt, wenn man 33 plus 14 rechnet.
Weiter lesen wir: „In diesen Tagen kamen Propheten von Jerusalem nach Antiochien herab. Einer aber von ihnen mit Namen Agabus stand auf und zeigte durch den Geist eine große Hungersnot an, die über den ganzen Erdkreis kommen sollte, die unter Claudius eintrat. Sie beschlossen aber, dass jeder von den Jüngern, je nachdem einer von ihnen begütert war, den Brüdern, die in Judäa wohnten, etwas zur Hilfeleistung senden sollte. Was sie auch taten, indem sie es durch die Hand des Barnabas und Saulus an die Ältesten schickten.“
So ging Paulus mit Barnabas nach Jerusalem. Und in Galater 2 erfahren wir, dass er damals auch Titus mitgenommen hatte. Titus war also einer der frühesten Mitarbeiter des Apostels Paulus, zusammen mit Barnabas.
Was wissen wir noch über Titus und seine Bekehrung? Wir haben gelesen, dass Paulus ihn zum Herrn geführt hat. Wo steht das? Im Titusbrief, genauer gesagt in Titus 1, Vers 4. Dort bezeichnet Paulus Titus als „mein echtes Kind nach unserem gemeinschaftlichen Glauben“.
So bezeichnet Paulus Titus als sein Kind, genauso wie er das auch von Timotheus sagt, der ebenfalls durch ihn zum Glauben kam – allerdings erst später, nämlich auf der ersten Missionsreise, die erst in Apostelgeschichte 13 beschrieben wird.
Wir sind jetzt in Apostelgeschichte 11, als Paulus das Vorbereitungsjahr in Antiochia verbrachte. Es ist naheliegend, dass Titus in dieser Zeit zum Glauben kam. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, ob das genau in diesem Jahr war, aber es ist sehr wahrscheinlich. Außerdem ist es nahelegend, dass Titus mit Paulus und Barnabas von Antiochia nach Jerusalem ging und so mit Paulus in Kontakt war.
Von wem wird noch gesagt, dass Paulus ihn als Kind bezeichnet? Onesimus, der entlaufene Sklave, der im Philemonbrief erwähnt wird. Onesimus kam auf Umwegen von Kolossä, im heutigen Westtürkei, bis nach Rom, wo er mit Paulus zusammenkam, zum Glauben kam und dann zurück nach Kolossä geschickt wurde. Begleitet wurde er von Tychikus, der auch den Kolosserbrief und den Epheserbrief transportierte. Epaphras hatte die Gemeinde in Kolossä gegründet.
Auch die Korinther bezeichnet Paulus als seine Kinder, weil sie durch seine Arbeit zum Glauben gekommen sind. Und schließlich Timotheus, zu dem Paulus in den Briefen 1. und 2. Timotheus eine besondere Beziehung hat und ihn ebenfalls als sein Kind bezeichnet.
So hatte Paulus eine ganz besondere Beziehung zu Titus. Sie waren von etwa 46, dem Jahr in Antiochia, an verbunden – und das über Jahrzehnte hinweg bis zum Titusbrief, der in den 60er Jahren verfasst wurde. Eine langjährige Freundschaft verband die beiden.
Im weiteren Verlauf des Titusbriefes werden wir noch andere Stellen sehen. Außer der Stelle in Galater 2 zeigt sich, dass Titus immer wieder eingesetzt wurde, wenn es besonders schwierig war. Er war ein zuverlässiger Mann, der auch mit schwierigen Leuten gut umgehen konnte.
Ja, aber gehen wir doch jetzt der Reihe nach vor. Das erste Wort im Brief heißt Paulus, und das bedeutet „der Kleine“. So wurde er von seinen Eltern jedoch nicht genannt. Sie nannten ihn Saulus oder Saul. Beide Formen finden wir in der Apostelgeschichte.
„Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“, sagte der Herr Jesus. Wir haben also auch Saulus. Was ist der Unterschied? Saul ist ja hebräisch „Shaul“, der Name des ersten Königs über Israel, und bedeutet „der Begehrte“, „der Gefragte“. Er war derjenige, der ein Kopf höher war als das ganze Volk. Man dachte: Was wir brauchen, ist ein starker Mann, der größer ist als alle unsere Probleme. Bis dann einer kam, der noch ein bisschen größer war. Das ist die Pointe in 1. Samuel.
Das Volk fordert einen König, und dieser ist eben so groß und beeindruckend. Aber dann, in 1. Samuel 17, kommt noch ein Größerer: Goliath. Trotzdem hatten die Eltern offensichtlich Saul im Kopf. Sie stammten aus welchem Stamm? Aus dem Stamm Benjamin. So steht es in Philipper 3. König Saul stammte aus dem Stamm Benjamin. Die Eltern hatten Ambitionen für diesen kleinen Jungen. Er sollte etwas ganz Großes werden.
Sie schickten ihn nach Jerusalem, nicht zu irgendeinem Rabbiner, sondern zu einem der damals bedeutendsten Rabbiner: Gamaliel. Er wird auch im Talmud erwähnt und war eine der großen Autoritäten im Judentum. Von Tarsus, in der heutigen Türkei, musste er nach Jerusalem gehen, um dort zu studieren. Die Eltern hatten also große Ambitionen und nannten ihn deshalb Saul.
Bis zu dem Tag, an dem er von seiner Größe durch den Herrn auf den Boden gebeugt wurde – vor den Toren von Damaskus (Apostelgeschichte 9), bei seiner Bekehrung. Danach tauschte Paulus später den Namen Saul gegen Paulus aus. Man nannte ihn also Saul oder Shaul, und wenn man Griechisch oder Latein sprach, dann Saulos oder Saulus auf Lateinisch, Saulos auf Griechisch. Im Neuen Testament steht Saulos.
Dann machte er ein Wortspiel: Paulus – welches Sprache ist das? Latein, und es bedeutet „der Kleine“. Paulus wollte damit ausdrücken, dass er nicht mehr derjenige ist, der Ambitionen hat, der Größte zu sein. In Galater 1 sagt er, dass er so Karriere gemacht hat in Jerusalem, dass er sich über viele Altersgenossen hinaus groß entwickelt hat. Aber im Bewusstsein, dass er vor Gott klein ist, nannte er sich Paulus.
Darum zeigt das erste Wort im Brief seine Demut. Und die zweiten und dritten Worte auch. Dann nennt er sich „Knecht Gottes“, also jemand, der nicht mehr sich selbst dient, sondern wirklich Gott dienen will – und nicht seinen eigenen Ambitionen.
Dann kommt das Wort „aber“. Warum steht hier „aber“? „Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi“. Er demütigt sich als Sklave, aber ist Apostel mit Autorität. Apostel ist ja eine hohe Position, die er jetzt in der Gemeinde Gottes hat. Eine höhere Position gibt es gar nicht als Apostel. Gott hat die ganze Gemeinde auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut.
Können wir das kurz in Epheser 2,20 nachschlagen? Dort wird die Gemeinde mit einem Tempel verglichen, einem geistlichen Haus, das wächst. Dieses Haus ist aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Christus Jesus selbst der Eckstein ist.
Die größte Autorität in der Gemeinde haben also Menschen, die Apostel und Propheten sind. Aber Paulus sagt nicht einfach „Apostel“. Das Wort wird im Neuen Testament an wenigen Stellen auch im Sinne von Missionar gebraucht. Apostel heißt ja einfach „Abgesandter“.
Ganz wichtig: Wenn gesagt wird „Apostel Jesu Christi“, dann ist das die Bezeichnung, die man nur für die Zwölf benutzen kann, die der Herr eingesetzt hat mit besonderer Autorität im Blick auf die zwölf Stämme Israels. Paulus wird hier ebenfalls „Apostel Jesu Christi“ genannt – aber für die Heidenvölker.
Der Herr sagte in Matthäus 10 zu den Aposteln: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf. Wer euch verwirft, verwirft den Herrn. Der Herr hat also seine Autorität den Aposteln gegeben.
Darum konnten auch nur Bücher im Neuen Testament als Heilige Schrift akzeptiert werden, die nachweislich von einem Apostel Jesu Christi geschrieben wurden oder von einem Propheten, der durch diese Apostel anerkannt war. So konnte das Markus-Evangelium akzeptiert werden, weil Petrus Markus als Propheten anerkannt hatte. Das Lukasevangelium wurde von Paulus anerkannt.
In 1. Timotheus 5 zitiert Paulus die Schrift, also die Heilige Schrift, und zitiert aus 5. Mose: „Du sollst dem Ochsen, der da trischt, nicht das Maul verbinden“ und „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“. Das ist ein Zitat aus 5. Mose und ein Zitat aus Lukas 10,4.
Das Lukasevangelium wird auf die gleiche Stufe gesetzt wie die Tora, das fünfte Buch Mose, und als Schrift bezeichnet. Damit war für die Christen klar: Das Lukasevangelium müssen wir akzeptieren – ebenso die Apostelgeschichte, denn Lukas war einer dieser Propheten, auf die die Gemeinde aufgebaut wurde.
Das Gleiche gilt für Jakobus, den Bruder des Herrn, also den Halbbruder des Herrn, der den Jakobusbrief geschrieben hat. Und auch für Judas – natürlich nicht Judas Iskariot, sondern Judas, den Halbbruder des Herrn, der den Judasbrief geschrieben hat.
Darum wurden alle anderen Bücher verworfen und konnten nicht akzeptiert werden. Deshalb haben wir diese 27 Bücher, die nachweislich von Aposteln Jesu Christi oder von Propheten, die durch sie anerkannt wurden, geschrieben sind.
Nun sagt Paulus also: Ich bin ein Knecht Gottes, ich bin ganz klein, aber ich bin Apostel Jesu Christi. Weil er sich in seiner Bekehrung so erniedrigt hat, konnte Gott aus ihm etwas machen. Das war nicht die Karrierevorstellung der Eltern, die war anders. Sonst wäre er vielleicht eine der großen Autoritäten im Talmud geworden.
Aber der Herr hat eingegriffen, und so wurde er Apostel Jesu Christi. Glücklicherweise! Was bringt eine Karriere, wenn man die Ewigkeit verpasst, indem man den Messias ablehnt?
Die Wende kam in dem Moment, als er erkannte, dass der Herr Jesus der Messias ist. Dann konnte er auch die ganze Karriere aufgeben. Er wurde klein, aber der Herr hat in seiner Souveränität ihn gewählt. Das ist einfach Gottes Wahl.
Warum hat er Paulus gewählt und nicht einen anderen? Es hätte ja noch viele andere Treue gegeben. Gott hat es so gewollt, und das müssen wir akzeptieren – auch wie Gott die Aufgaben und Begabungen verteilt. Er macht es, wie er will.
Aber Paulus musste so tief herunterkommen, damit Gott etwas Großes aus ihm machen konnte. Es war nicht leicht für ihn, nicht stolz zu werden. Was wissen wir diesbezüglich?
Er hat Teile des Himmels gesehen, die er niemals zu wagen getraut hätte. Ja, das war etwas Besonderes: Er wurde sogar in den dritten Himmel versetzt, ins Paradies. Aber ich meine hier im Zusammenhang mit der Gefahr von Hochmut und Stolz.
Er bekam ein Leiden, wie wir in 2. Korinther 12 lesen. Dort sagt er nicht, dass es wegen einer Sünde sei, sondern damit er nicht sündige und sich nicht überhebe wegen dieser gewaltigen Offenbarungen, die er als Apostel erhalten hatte.
Das heißt: Das Fleisch hatte er bis zu seinem Tod noch, und die Gefahr, hochmütig zu werden – auch im Rahmen der Gemeinde, nicht nur im Judentum – war immer gegeben. Aber der Herr hat ihn treu erhalten und dieses Leiden war dazu da, ihn auf dem Boden zu halten.
Gut, gehen wir weiter. Es wird erklärt: Ich bin ganz klein, aber der Herr hat etwas aus mir gemacht. Ich bin Apostel Jesu Christi. Hier geht es um Folgendes: Es geht um den Glauben der Auserwählten Gottes. Apostelsein steht im Zusammenhang mit der Erkenntnis der Wahrheit.
Jetzt wollen wir uns anschauen, was dieser Glaube der Auserwählten Gottes bedeutet. Wer ist damit gemeint? Wer sind die Auserwählten, die er da meint? Es sind die Berufenen, die Heiligen. Das wären alle Gläubigen ab Adam. Oder wie heißt es? Die Berufenen, ja. Das sind diejenigen, die den Herrn Jesus Christus angenommen haben, im Fleisch. Ja, die den Herrn angenommen haben – aber ab wann? Ab Pfingsten? Das wäre etwas ganz anderes. Und du meintest? Also im Zusammenhang mit den Gläubigen der Gemeinde, ja? Ja. Und das werden wir noch ein bisschen genauer anschauen.
Bei den Auserwählten geht es also um die Erlösten, die zur Gemeinde gehören. Dafür war er Apostel. Dann sagt er eben: „in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten.“ Jetzt gehen wir gleich ins Zentrum, was dieser Glaube der Auserwählten ist und diese Erkenntnis der Wahrheit. Das Bewusstsein ist noch ein bisschen offen gelassen.
Er fährt fort und sagt: Das ewige Leben, das Gott verheißen hat vor ewigen Zeiten. Also nicht bei der Erschaffung der Welt, das wäre 1. Mose 1,1: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“, sondern das geht weiter zurück. Vor ewigen Zeiten. Jetzt merken wir: Das geht nicht mehr mit dem Verstand. Was heißt „vor ewigen Zeiten“? Und wem hat er es verheißen? Wen gab es vor ewigen Zeiten?
Es gab kein Universum, keinen Raum und keine Zeit, nicht wahr? Das ist ja auch jedem Ungläubigen klar, der an den Urknall glaubt. Beim Urknall seien Raum, Zeit und Materie in einem kleinsten Punkt entstanden. Da hat sich der Raum geöffnet. Vorher gab es keine Zeit, keinen Raum und nichts. Nun, das ist eben nicht ganz richtig. Es gab keine Materie, ja, aber Gott existiert von Ewigkeit her. Und vor ewigen Zeiten hat er das ewige Leben verheißen.
Jetzt die Frage: Wenn ja niemand da war, wem hat er das verheißen? Seinem Sohn. Ja, der Vater hat es seinem Sohn verheißen. Es gibt nur einen Gott von Ewigkeit her. Aber die Bibel stellt uns vor, dass Gott dreieinig ist. In der Gottheit gibt es eine Gemeinschaft zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Und jetzt wird es ganz grandios: Vor ewigen Zeiten hat der Vater dem Sohn verheißen, dass er das Leben geben will. Können wir mal aufschlagen, Johannes 17, um ein bisschen in die Ewigkeit zurückzuschauen? Ja, lesen wir Johannes 17 im Gebet des Sohnes zum Vater. Da sagt er in Vers 4 dazu:
„Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte. Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“
Da sehen wir etwas von dieser ewigen Gemeinschaft in der Gottheit, den Sohn beim Vater.
Dann können wir auch noch in Hiob aufschlagen. Hiob 11, da lesen wir in Vers 7:
„Kennst du die Tiefe Gottes? Kannst du die Tiefe Gottes erreichen oder das Wesen des Allmächtigen ergründen? Himmelhoch sind sie, was kannst du tun, tiefer als der Scheol, was kannst du erkennen? Länger als die Erde ist ihr Maß und breiter als das Meer.“
Also er spricht hier über die Tiefen Gottes.
Dazu können wir 1. Korinther 2 aufschlagen, diesen eigenartigen Ausdruck „die Tiefen Gottes“. 1. Korinther 2 handelt vom Geheimnis Gottes. Dort lese ich ab Vers 9:
„Sondern wie geschrieben steht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz aufgekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“
Also jetzt geht es um das Verborgenste in Gott, das, was kein Menschenauge je gesehen hat, kein Ohr gehört hat und niemand innerlich auf die Idee gekommen wäre. So etwas hat Gott bereitet. In der Tiefe Gottes wurde das vor ewigen Zeiten beschlossen und verheißen.
Dann heißt es: „Uns aber hat Gott es offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“ Da wird also gesagt: Der Heilige Geist erforscht die Tiefen Gottes. Und in Johannes 17 haben wir den Vater und den Sohn.
Nun hat also Gott der Vater seinem Sohn versprochen, er werde das ewige Leben schenken – und zwar denen, die einmal, wenn sie gerufen werden durch das Evangelium, an den Sohn glauben würden. Das sind die Auserwählten.
Es ist so: Gott hat nicht einfach auserwählt, in dem Sinn, dass er sich gesagt hat, er wusste alle Menschen, die einmal entstehen würden, und kannte sie. Er hat nicht so erwählt, wie die Calvinisten das sagen, dass er einen Teil der Menschheit gewollt hat und die anderen nicht. Gott hat die ganze Welt geliebt, Johannes 3, Vers 16:
„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“
Aber er hat es nicht für die ganze Welt verheißen. Er hat die ganze Welt geliebt und seinen Sohn gegeben, damit sie alle errettet werden könnten. Errettet werden aber nur die, die wirklich an den Sohn glauben und so nicht verloren gehen.
Hier ist es ganz wichtig, wenn wir kurz in 1. Petrus 1 aufschlagen, Vers 2. Ich lese ab Vers 1:
„Petrus, Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge in der Zerstreuung in Pontus, Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien, auserwählt nach Vorkenntnis Gottes des Vaters durch Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi. Gnade und Friede sei euch vermehrt!“
Petrus schreibt also an Gläubige, die auserwählt sind. Und zwar sind das eindeutig solche, die ewiges Leben haben. Warum können wir das so sicher sagen?
Er schreibt ja in einem Rundschreiben an Juden. Der Ausdruck „Zerstreuung“ heißt auf Griechisch Diaspora. Das ist der Fachausdruck für Juden, die nicht im Land Israel wohnen, sondern irgendwo draußen in der Welt. Das sind die Diasporajuden, so spricht man heute noch.
Diesen Diasporajuden aus verschiedenen Provinzen der heutigen Türkei – Pontus, Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien – sagt er: Ihr seid auserwählt!
Nun, in Vers 3 sagt er:
„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung.“
Im Elberfelder Text steht „wiedergezeugt“, in der Fußnote „wiedergeboren“. Die Wiedergeburt bedeutet ja, jemand bekommt das ewige Leben. Johannes 3, Vers 16 beschreibt: Wer an den Herrn Jesus glaubt, wird wiedergeboren; er bekommt das ewige Leben.
Nun ist also klar: Der erste Petrusbrief ist an Auserwählte geschrieben, Vers 2, die wiedergeboren sind und das ewige Leben haben. Gott hat von Ewigkeit her verheißen, diesen Menschen das ewige Leben zu schenken, wenn sie an das Evangelium glauben.
Aber wie hat Gott die Auserwählten bestimmt? Da wird gesagt: „Auserwählt nach Vorsehung Gottes.“ Steht bei dir „Vorsehung“? Ja, du hast die Schlachter, oder? Ja, „auserwählt nach Vorsehung Gottes“, und die Elberfelder „nach Vorkenntnis“. Das griechische Wort ist Prognosis.
Das kennen wir von der Wetterprognose. Dort wird im Voraus erkannt, wie das Wetter morgen sein wird. Die Vorkenntnis legt nicht fest, wie das Wetter sein muss. Die Wetterprognose macht nicht das Wetter, sondern erkennt es im Voraus.
Das ist ganz wichtig: Das Wort „zuvor erkennen“ heißt, im Voraus etwas wissen. Beweis? Petrus benutzt das Verb. Hier haben wir das Hauptwort Prognosis, Vorkenntnis, und das Verb prognosco, vorher wissen, das brauchen wir im zweiten Brief.
In 2. Petrus 3 erklärt er, wie es in der Endzeit sein wird. In Kapitel 3, Vers 1, und später in Vers 17 heißt es:
„Ihr nun, Geliebte, da ihr es vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Frevler mit fortgerissen aus eurer eigenen Festigkeit fallt.“
Er macht ihnen klar: In der Endzeit werden die Menschen so verrückt werden, dass sie Dinge glauben, die ein Irrwahn sind. Das muss ich nicht weiter ausführen. Es ist alles klar.
Es wird genannt: der Irrwahn der Frevler. „Frevler“ ist im Griechischen das Wort für jemanden, der frech alle Ordnungen Gottes verwirft.
Das wurde vorausgesagt: Ihr wisst es vorher, und jetzt müsst ihr euch hüten, dass ihr durch diesen Irrwahn der Frevler nicht aus eurer eigenen Festigkeit fallt, damit man nicht plötzlich allen Halt und alle Orientierung verliert.
Das Wort „vorher wissen“ ist Prognosko, das Verb von dem Hauptwort Prognosis, vorher wissen.
Jetzt ist klar: Die Gläubigen, an die Petrus schreibt, wussten, dass es so sein wird in der Endzeit, aber sie haben nicht gemacht, dass es so wird. „Vorher wissen“ meint wirklich, im Voraus etwas wissen, wie es sein wird.
So hat Gott auserwählt nach Vorkenntnis. Gott wusste im Voraus ganz genau, wer, wenn Gott ihn einmal rufen würde, bereit ist zu kapitulieren und seine Sünden zu bekennen. Aufgrund dieses Vorherwissens hat Gott gesagt: „Die erwähle ich als meine Kinder, damit sie mein Leben bekommen, das Leben aus Gott, das ewige Leben.“
Das hat der Vater dem Sohn vor ewigen Zeiten versprochen.
In Apostelgeschichte 2, in der Pfingstpredigt von Petrus, wird gesagt, dass der Opfertod Jesu auch nach der Prognosis Gottes geschehen sei. Das ist die einzige Stelle, wo dieses Wort im Neuen Testament gebraucht wird.
Würdest du dann sagen, dass der Opfertod Jesu auch nur einfach von Gott vorhergesehen, aber nicht bestimmt war?
Das Wort Prognosis kommt auch in Apostelgeschichte 2 im Zusammenhang mit dem Opfer des Herrn Jesus vor. Was macht man in einer solchen Situation am besten? Oft kommt so etwas in Diskussionen auf, und man könnte darüber diskutieren, dass der Opfertod nur vorhergesehen, aber nicht bestimmt wurde.
Was ist die gute Lösung? Schauen wir nach, wie es genau dort steht. Ganz exemplarisch. Man wird sehen, wenn man sich auf die Schrift bezieht, dass man Dinge klären kann.
Apostelgeschichte 2, Vers 22, Petrus sagt am Pfingsttag in der Predigt:
„Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus den Nazaräer, einen Mann von Gott vor euch bestätigt durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte tat, wie ihr selbst wisst, diesen habt ihr hingegeben nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes durch die Hand von Gesetzlosen an das Kreuz geschlagen und umgebracht.“
Da hast du das Wort „Vorkenntnis Gottes“, Prognosis, aber nicht nur das. Es stimmt auch „der Ratschluss“. Beides spielt eine Rolle.
Gott hat beschlossen: Damit er einmal Menschen das ewige Leben geben kann, muss der Herr Jesus für sie sterben. Das hat Gott fest beschlossen.
Aber Gott hat nicht beschlossen, dass Judas den Herrn verraten muss, dass die Führer des Volkes Israel ihn verwerfen und Pilatus überliefern. Das haben diese Menschen selbst getan. Gott hat sie nicht dazu bestimmt, dieses Unrecht zu tun.
Gott hat im Voraus gewusst, dass Judas das aus eigenem Willen tun wird. Die Verantwortung lag bei Judas. Der Herr gab ihm Gelegenheit zur Umkehr.
Schon ganz am Anfang hat er gesagt: Einer unter euch ist ein Teufel. Auch an diesem Abend, beim letzten Passah, gab der Herr viele Zeichen, um zu wissen, wer ihn verraten würde.
Zwei Zeichen, zwei Handlungen aus dem Passah hat er als Zeichen eingesetzt. In einem Fall sagte er: Der, der mit mir zusammen in die Schüssel eintaucht.
Beim Passah taucht man bittere Kräuter ganz am Anfang in eine Schale, entweder mit Salzwasser oder mit Weinessig. Judas tauchte in Weinessig, und der Herr gleichzeitig mit ihm. Das sollte sagen: Schau, was du Bitteres tun willst – den Herrn verleugnen und überliefern, damit sein Blut fließen muss.
Judas blieb dabei.
Später im Ablauf kommt der Moment, wo man Matze nimmt und daraus ein Sandwich macht, mit bitteren Kräutern. Übrigens habe ich mich geirrt: Zum ersten Mal ist es ein anderer Bestandteil vom Essen, den man in Weinessig eintaucht – die bitteren Kräuter mit der Matze, und dann wird das in eine Soße getaucht. Der Herr gab Judas das.
Im einen Fall der Weinessig: Du wirst mich umbringen. Im anderen Fall die bitteren Kräuter: Du wirst etwas ganz Bitteres tun. Er blieb dabei. Dann ging er in die Nacht hinaus.
Aber auch das war noch nicht fertig. Im Garten Gethsemane kommt Judas mit der ganzen Gefolgschaft, und der Herr wird von ihm geküsst als Zeichen der Überlieferung.
Dann sagt der Herr: „Überlieferst du den Sohn des Menschen mit deinem Kuss?“ Und auch hier wäre ein Moment gewesen, wo Judas hätte zusammenbrechen können. Er tat es nicht.
Es ist also nicht so, dass er einfach ein Schicksalsmensch war. Es gibt keine Schicksalsmenschen, die einfach verloren gehen müssen.
Gott hat vorausgewusst, dass dieser Mann das tun wird, und dass diese Führer den Herrn verwerfen werden. Die Vorkenntnis Gottes spielt hier eine Rolle.
Aber die Tatsache, dass der Herr ans Kreuz gehen und das Lamm Gottes werden würde, war im bestimmten Ratschluss festgelegt. Das stellt niemand in Frage.
In Verbindung mit der Auserwählung wird klar gesagt: Wegen der Vorkenntnis Gottes sind wir auserwählt worden.
Das ist ein wunderbarer Gedanke.
Wenn wir zum Schluss nochmals zum Titusbrief zurückgehen: Gleich am Anfang dieses Briefes werden wir in die Ewigkeit zurückgeführt, in diese Gemeinschaft zwischen dem Vater und dem Sohn, wo der Vater uns gesehen hat und dem Sohn verspricht: „Diesen Menschen werde ich das ewige Leben schenken. Du wirst für sie sterben.“
Dann sagt er in Vers 3:
„Zu seiner Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist.“
Vor ewigen Zeiten hat Gott das versprochen, und nun wurde Paulus das alles mitgeteilt. Gott hat uns, die Gläubigen, die zur Gemeinde gehören – von Pfingsten bis zur Entrückung – offenbart, dass wir Kinder Gottes werden sollen, Söhne und Töchter Gottes.
Das durfte Paulus ganz besonders in seinen Briefen offenbaren.
Jetzt merken wir wieder, was das heißt: Apostel Jesu Christi. Denn ihm wurden all die Geheimnisse mitgeteilt, die in Verbindung stehen mit diesem ewigen Versprechen. Das durfte er verbreiten durch die Predigt, die ihm anvertraut worden ist, nach Befehl unseres Heilandgottes.
Ich habe ja ein bisschen ausgelassen. Jetzt gehen wir nochmals durch, und dann verstehen wir die Verse im Zusammenhang besser.
Paulus, der Kleine, Knecht Gottes, dient ganz niedrig Gott, aber er hat einen ganz besonderen Platz bekommen. Er ist Apostel Jesu Christi.
Das bedeutet, er ist derjenige, der diese Dinge offenbaren und bekannt machen sollte und auch in der Heiligen Schrift abfassen sollte – nach dem Glauben der Auserwählten Gottes.
Dieser Glaube umfasst eben diese wunderbaren Dinge, dass Gott uns auserwählt und von Ewigkeit her gewollt hat – nach der Erkenntnis der Wahrheit.
Wir sollten wirklich das erkennen, was die Wahrheit ist in Gott, im Evangelium. Das sind nicht einfach kalte universitäre Inhalte, sondern die Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist.
Kann jemand kurz sagen, was Gottseligkeit ist? Es ist ein Leben, das innerlich unsere Herzen erfüllt vom Herrn und seiner Herrlichkeit.
So ist diese Wahrheit etwas, das wirklich mit unseren brennenden Herzen zu tun hat. Es hängt zusammen mit der Hoffnung des ewigen Lebens, dass wir die Ewigkeit mit Gott in enger Gemeinschaft verbringen werden.
Dieses ewige Leben hat Gott vor ewigen Zeiten verheißen.
Von diesem Gott wird gesagt, dass er nicht lügen kann.
Das ist wunderbar für uns, vielleicht so selbstverständlich, aber es ist das nicht.
Jemand könnte sagen: Gott ist allmächtig. Aber hier steht: Er kann nicht lügen.
Da muss man erklären, wenn Gottes Wort über die Allmacht Gottes spricht, werden ganz klar Dinge gesagt, um zu klären, was das nicht bedeutet.
Allmacht bedeutet: Gott kann alles machen, was er will.
Aber das heißt nicht, dass er auch lügen könnte. Das ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Oder in 2. Timotheus 2 heißt es: Er kann sich selbst nicht verleugnen.
Das heißt, Gott kann seinem Wesen von Gerechtigkeit und absoluter Liebe nie untreu werden.
Das ist unser Glück.
Im Islam ist die Gottesvorstellung von Allah – Allah gibt es ja nicht, das ist eine Vorstellung von einem Gott – so gedacht, dass er der größte Listenschmied ist. Das steht so im Koran.
„Listenschmied“ heißt auf Arabisch „Renkeschmied“. Und er muss sich nicht an sein Wort halten. Er kann etwas sagen, aber auch wieder zurücknehmen.
Der Gott der Bibel hat sich an sein Wort gebunden. Das ist wunderbar, denn so können wir ihm vertrauen.
Im Islam gibt es dieses wirkliche Vertrauen nicht.
Es kann sein, dass jemand sich ganz genau an den Islam hält und denkt, am Schluss kommt er in den Himmel. Aber nach islamischer Lehre kann Allah im letzten Moment sagen: „Dschahannam!“ – und dann wird er in die Hölle geworfen.
Nicht weil er schlecht gelebt hätte, sondern weil Allah ihn nicht will.
Es gibt keine Sicherheit.
Darum sind diese Menschen in totaler Ungewissheit und Unsicherheit.
Das erklärt auch, warum so viele Menschen zu Verzweiflungstaten fähig sind. Sie denken: Wenn ich im Dschihad, im Heiligen Krieg falle, dann komme ich ins Paradies.
Wir können ihnen eine gute Nachricht sagen: Das braucht es nicht.
Wir müssen uns und andere nicht ins Unglück stürzen.
Es gibt wirklich Gewissheit, Sicherheit des Heils, weil wir uns an diese Worte halten können.
Wenn der Herr Jesus sagt in Johannes 10, Vers 27:
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“
Und in Vers 28:
„Und ich gebe ihnen ewiges Leben; und sie werden in Ewigkeit nicht verloren gehen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“
Dann gilt das, und er wird es nicht plötzlich wieder zurücknehmen.
Vor einigen Tagen habe ich mit jemandem über das Thema Heilsgewissheit gesprochen. Er sagte: „Ja, eben, Sie sagen ja, dass das so sicher ist.“
Ich antwortete: Ja, das ist doch wunderbar. Sonst müsste man ja denken: Nach fünf Millionen Jahren in der Ewigkeit kann man doch wieder verloren gehen.
Das geht nicht.
Wir haben wirklich eine Gewissheit, die bleibt und nicht wieder auf den Kopf gestellt wird.
Das ist das ewige Leben, die Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, vor ewigen Zeiten verheißen hat.
Paulus beginnt diesen Brief mit erhabenen Gedanken, die jedoch bald ganz praktisch werden. Es geht wirklich um das Leben morgen und übermorgen. Dabei stehen die Beziehungen in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gemeinde im Mittelpunkt.
Diese Gemeinschaft ist jedoch nicht vergleichbar mit einem Verein, der lediglich Statuten und Regeln für das Zusammenleben hat. Unsere Gemeinschaft ist verbunden mit einem göttlichen Ratschluss, der in der Ewigkeit begann. Gott hat uns schon vor der Schöpfung gesehen und wollte uns unbedingt für sich selbst gewinnen.
Zum Abschluss möchte ich Epheser 1,3-6 zitieren: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in Liebe, und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade.“
Hier wird die Zuvorbestimmung zur Sohnschaft deutlich. Das griechische Wort „Hyothesia“ bedeutet Sohnesstellung und wird im Englischen mit „Adoption“ übersetzt. Es beschreibt, dass jemand, der es vorher nicht war, in die Stellung eines Sohnes oder einer Tochter aufgenommen wird. In 2. Korinther 6 spricht Paulus ausdrücklich von Söhnen und Töchtern.
Gott hat uns also zuvorbestimmt und adoptiert – und zwar für sich selbst. Es geht nicht nur darum, uns glücklich zu machen, sondern Gott selbst findet Freude daran. Das ist ein unglaublicher Gedanke. Dieses Versprechen aus der Ewigkeit gilt zu unserem Wohl, aber auch Gott wollte uns für sich selbst.
Ein Beispiel aus der Seelsorge zeigt, wie tief dieses Thema Adoption gehen kann: Ich begleitete zwei adoptierte Kinder, die beide Schwierigkeiten mit ihrer Adoption hatten. Ich versuchte, ihnen die Schönheit der Adoption zu vermitteln. Im Alten Testament gibt es das wunderbare Beispiel von Mordechai, der Esther adoptiert hat. Im Neuen Testament erfahren wir, dass Gott von Ewigkeit her die Adoption plante.
Adoption ist also nicht nur eine Folge der schlechten Welt, sondern ein ewiger göttlicher Plan. Gott wollte Menschen in eine ganz besondere Beziehung zu sich stellen – durch Adoption.
Damit möchte ich für heute schließen.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
Noch mehr Inhalte von Roger Liebi gibt es auf seiner Webseite unter rogerliebi.ch