Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen.
Heute beschäftigen wir uns mit Lukas 14, ab Vers 25. Das Thema lautet: die Kosten der Jüngerschaft. Wir lesen gemeinsam ab Vers 25 bis einschließlich Kapitel 15, Vers 10.
Die Herausforderung der Nachfolge Jesu
Wenn jemand zu mir kommt und nicht seinen Vater und seine Mutter, seine Schwester, seine Frau, seine Kinder und Brüder hasst – dazu aber auch sein eigenes Leben –, so kann er nicht mein Jünger sein. Er kann nicht mein Jünger sein, wenn er nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt.
Denn wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten? Er prüft, ob er die Mittel zur vollständigen Ausführung hat. Damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und es nicht vollenden kann, alle, die es sehen, anfangen zu spotten und sagen: „Dieser Mensch fing an zu bauen und konnte es nicht vollenden.“
Oder welcher König, der ausziehen will, um mit einem anderen König Krieg zu führen, setzt sich nicht vorher hin und berät, ob er imstande ist, mit zehntausend gegen den anzutreten, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Wenn er es nicht kann, sendet er, solange jener noch fern ist, eine Gesandschaft und bittet um Friedensbedingungen.
So kann auch keiner von euch mein Jünger sein, der nicht allem entsagt, was er hat.
Das Salz ist gut; wenn aber das Salz fade wird, womit soll es gewürzt werden? Es ist weder für das Erdreich noch für den Dünger tauglich. Man wirft es hinaus.
Wer Ohren hat zu hören, der höre.
Die Reaktion der Gesellschaft auf Jesus
Es pflegten sich ihm aber auch alle Zöllner und Sünder zu nähern, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten jedoch und sprachen: Dieser nimmt Sünder an und isst mit ihnen.
Er sagte aber zu ihnen dieses Gleichnis und sprach: Welcher Mensch unter euch, der hundert Schafe hat und eines von ihnen verliert, lässt nicht die neunundneunzig in der Wildnis zurück und geht dem Verlorenen nach, bis er es findet?
Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es mit Freuden auf seine Schultern. Wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und die Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.
Ich sage euch, so wird auch Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die keine Buße brauchen.
Oder welche Frau, die zehn Drachmen hat, zündet nicht ein Licht an, wenn sie eine Drachme verliert? Sie kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie sie findet.
Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und die Nachbarinnen zusammen und spricht: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte.
Ich sage euch, so wird Freude vor den Engeln Gottes sein über einen Sünder, der Buße tut.
Die Notwendigkeit der Kapitulation vor Gott
Wir haben in den vergangenen Abschnitten gesehen, dass die Rettung etwas ist, das wir uns nicht verdienen können – weder durch eigene Anstrengungen noch durch irgendwelche Bemühungen.
Wir müssen jedoch durch die enge Tür eingehen. Können wir noch einmal lesen? Kapitel 13, Verse 23 und 24. Jerry, liest du das bitte noch vor?
Es sprach aber einer zu ihm: Herr, sind es wenige, die errettet werden? Er aber sprach zu ihnen: Ringt danach, durch die enge Pforte einzugehen, denn viele, sage ich euch, werden einzugehen suchen und es nicht können.
Also, durch die enge Pforte muss man hineingehen. Wir haben beim letzten Mal gesehen, dass der Herr Jesus diese Tür ist, durch die man gerettet wird. Das steht in Johannes 10, Vers 7 und Vers 9: Ich bin die Tür; wer durch mich eingeht, wird errettet werden.
Aber es braucht etwas. Darum sagt der Herr: Ringt danach, durch die enge Tür einzugehen. Obwohl man ja nichts leisten muss, um gerettet zu werden, ist es für uns Menschen im Allgemeinen schwierig, uns vor Gott zu demütigen. Das ist das Schwierige.
Und deshalb sagt der Herr: Ringt danach, durch die enge Tür einzugehen.
Die Einladung Gottes an die Bedürftigen
In den weiteren Abschnitten haben wir gesehen, dass Gott uns Menschen einlädt – und zwar so, dass wir am Ende nicht sagen können: „Ja, wir haben es verdient.“
Jerry, liest du auch noch einen wichtigen Schlüsselvers, Kapitel 14, Vers 13? Dort heißt es: „Wenn du ein Mahl machst, so lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein, und du wirst glückselig sein, weil sie nichts haben, um dir zu vergelten. Dir wird vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.“
Der Herr Jesus macht hier deutlich, dass es beim Einladen nicht darum geht, dass man denkt: „Ich lade ein, damit die Leute mir etwas zurückgeben.“ Dann entstehen Gegeneinladungen und so weiter – das haben wir beim letzten Mal ausführlich besprochen. Hier macht der Herr klar, dass solche Einladungen, bei denen man Menschen einlädt, die nichts zurückgeben können und nichts zu bieten haben, glücklich machen.
Wir haben außerdem gesehen, dass es eine Abfolge von drei Gleichnissen gibt. Im dritten Gleichnis handelt Gott selbst so. Vers 21 können wir noch hinzunehmen: „Und der Knecht kam herbei und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: ‚Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bringe die Armen, Krüppel, Blinden und Lahmen hier herein!‘“
Wir haben beim letzten Mal gesehen, dass dieses dritte Gleichnis ab Vers 16 eine heilsgeschichtliche Bedeutung hat. Zuerst geht die Einladung an das jüdische Volk, aber es gibt viele Ausreden und eine Ablehnung der Einladung. Dann wird der Hausherr zornig und schickt seinen Knecht mit einer ganz neuen Einladung hinaus.
Das entspricht dem, was in der Apostelgeschichte steht: Gott lädt die Heidenvölker ein, nachdem die Einladung an Israel ergangen ist. In Apostelgeschichte 2 bis 7 sehen wir die Einladung an Israel, und ab Kapitel 8, 9, 10, 11, 12 usw. erfolgt die Einladung an die Heiden. Diese werden hier vorgestellt als Arme, Krüppel, Blinde und Lahme. Sie sind eingeladen, obwohl sie nichts bieten können.
So bietet Gott uns die Rettung an. Wir müssen nichts bezahlen. Es ist alles gratis, reine Gnade. Das führt der Römerbrief so wunderbar aus: Alles Gnade, keine Leistung. Gott hat alles getan zur Rettung.
Die Kosten der Jüngerschaft
Und jetzt kommt unser Abschnitt. Und da ist es gar nicht gratis: Jüngerschaft kostet etwas.
Jesus sagt in Vers 27: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein.“ Man muss sich vorstellen: Jemand, der sein Kreuz tragen musste damals – das bedeutet in diesem Kontext den Querbalken, also das Patibulum, wie die Römer sagten. Im Griechischen wird auch der Querbalken als Kreuz bezeichnet.
Der Querbalken wurde der Person, die hingerichtet werden sollte, auferlegt. Diese musste ihn zur Hinrichtungsstätte tragen. Dort war der Kreuzesstamm bereits aufgestellt und im Boden montiert. Dann konnte man die Person mit den Händen an den Querbalken nageln, hochziehen und am Kreuz befestigen.
Der Herr Jesus sagt also: Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein. Man muss sich das ganz plastisch vorstellen: Wenn jemand gekreuzigt wurde und man ihn noch durch die Stadt gehen sah mit diesem Querbalken, dann war er für dieses Leben abgeschrieben.
Derjenige lebte zwar noch richtig, man hätte ihn auch noch zu irgendeinem Fest einladen können. Aber er hatte nichts mehr mit dem Leben der Welt zu tun. Alle schrieben ihn ab, er gehörte gewissermaßen nicht mehr zu dieser Welt.
Das meinte Jesus: Wenn man gerettet ist, soll man ihm als Jünger nachfolgen. Dabei muss man sich im Klaren sein, dass die Welt von einem nichts mehr zu erwarten hat.
Das ist übrigens auch eine Hilfe, gerade bei der Arbeit: Wenn man sich zu Jesus Christus klar bekennt, wissen die Mitarbeiter und Kollegen, woran sie sind. Das macht vieles einfacher. Sie laden einen gar nicht mehr an Orte ein, wo man dann sagen müsste: „Ja, eigentlich, nein, ich habe zwar nichts vor heute Abend, aber nein, die Sache ist klar.“
Man weiß ganz genau: Dort und dort kommt der sowieso nicht hin. Er ist abgeschrieben für sie als Mitarbeiter und Kollege – ganz toll, aber für gewisse Dinge kann man ihn nicht brauchen.
Und das gehört zu den Kosten: Man ist einfach nicht mehr zu haben, also für diese Welt mit ihrem Treiben abgeschrieben.
Das zeigt Jesus anhand von zwei Beispielen: Wenn jemand ein Bauprojekt macht – hier geht es um einen Turm – dann muss man zuerst wissen, was man an Eigenmitteln hat und was es kostet, einen Turm zu bauen.
Nicht nur ein Fundament zu bauen, das ist vielleicht bald gemacht, sondern bis zum Schluss. Man muss sich vorher genau überlegen, ob man das Projekt umsetzen kann. Sonst spotten die Leute einfach: „Der hat sich überhaupt nichts überlegt. Der hat angefangen und konnte nicht vollenden.“
Ein zweites Beispiel: Ein König wird von einer anderen Armee konfrontiert. Da muss er sich überlegen: Kann ich mich überhaupt auf einen Konflikt einlassen? Ich habe zehn Soldaten, der Gegner kommt mit zwanzig.
Zuerst muss man sich klar überlegen, ob man sich auf ein solches Abenteuer als König einlassen will oder nicht. Wenn man sieht, dass es nicht geht, muss man sofort eine Friedensdelegation schicken und fragen: Was sind die Bedingungen, damit wieder alles in Ordnung ist? Wie viel muss ich bezahlen? Was sind die Forderungen?
Mit diesen Beispielen sagt Jesus: Es kostet etwas, ihm nachzufolgen. Man muss bereit sein, den Preis der Jüngerschaft zu bezahlen.
Das wird auch noch einmal klar gemacht in Vers 33: „So kommt nun keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, mein Jünger sein.“
Allem entsagen – das ist ein Preis, das kostet etwas. Interessant ist, dass im Abschnitt davor das Heil gratis ist. Gerettet zu werden, können wir nicht bezahlen. Wir können nichts aufwiegen für unsere Schuld.
Aber Gott vergibt uns durch die Gnade in Jesus Christus jedem, der seine Schuld reuig bekennt und bereut. Der darf die Vergebung zugesichert annehmen.
Aber Nachfolge kostet etwas.
In Vers 26 lesen wir es nochmals: „Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein.“
Die Bedeutung von „Hassen“ im biblischen Kontext
Wie geht das? Nun, ich meine solche, die ohnehin Probleme haben, können sich sagen: „Ah, wunderbar, steht dieser Vers da, da steht es ja sogar.“ Aber so funktioniert das nicht.
Was lesen wir in Epheser 5,25? Ich habe es nicht verstanden, nochmals, lauter! Ja, genau: „Ihr Männer, liebt eure Frauen!“ Und es wird sogar gesagt, wie fest ihr Männer eure Frauen lieben sollt, nämlich so, wie auch Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat.
Hier wird also als Beispiel, als Vorbild, als Maßstab für christliche Ehemänner gesagt, dass man seine Frau so lieben soll, wie Christus bereit war, sich für die Gemeinde in den Tod zu geben.
Dann steht hier in Lukas 14: „Wenn jemand nicht seine Frau hasst, der kann nicht mein Jünger sein.“ Und wenn wir gerade im Epheserbrief sind, lesen wir auch noch vor, Kapitel 6, Vers 1 bis 3: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn! Denn das ist recht. ‚Ehre deinen Vater und deine Mutter‘, welches das erste Gebot mit Verheißung ist, damit es dir wohlergehe und du lange lebst auf der Erde.“
Jawohl, hier wird ganz klar neutestamentlich deutlich gemacht, wie das Verhältnis zu den Eltern sein soll. Das galt nicht nur im Alten Testament, sondern auch im Neuen Testament: Die Eltern zu ehren.
Aber wie kommt es dazu, dass der Herr hier sagt: „Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter“? Wie muss man das erklären? Der Herr soll den ersten Platz haben. Also soll man Gott, den Herrn, mehr lieben als die Angehörigen, die engen Angehörigen. Man könnte sagen, „hassen“ heißt hier „weniger lieben“.
Wenn wir aufschlagen in 1. Mose 29, finden wir genau diesen Sprachgebrauch bestätigt: „Und er ging auch zu Rahel ein und er liebte Rahel mehr als Lea, und er diente bei ihm noch weitere sieben Jahre.“ (1. Mose 29,30)
Hier geht es um das Problem der Polygamie, das ist jetzt nicht unser Thema. Jakob war verheiratet mit Rahel und mit Lea, und der Text sagt, er liebte Rahel mehr als Lea, aber er liebte beide Ehefrauen, nur Rahel mehr als Lea.
Nun lesen wir Vers 31: „Und als der Herr sah, dass Lea gehasst war, da öffnete er ihren Mutterleib, Rahel aber war unfruchtbar.“ Lea war also gehasst, was bedeutet, sie war weniger geliebt.
Das Wort, das in Lukas 14 gebraucht wird, „miseo“, heißt wirklich „hassen“ und „verabscheuen“. Aber es gibt den Sprachgebrauch, dass es relativ ist, eben „hassen“ im Sinn von „weniger lieben“.
Dazu kommt noch etwas: Diese Ausdrucksweise, diese drastische Ausdrucksweise, „Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater“, nennt man in der Sprachwissenschaft eine Hyperbel. Das ist eine Übertreibung, mit der man etwas drastisch beschreibt.
Wir kennen das zum Beispiel aus der Bergpredigt, wo Jesus sagt: „Wenn du jemandem den Splitter aus dem Auge nehmen willst, musst du zuerst den Balken aus deinem Auge nehmen.“ Für jeden Hörer ist klar: Einen Balken bekommt man nicht ins Auge. Aber der Herr sagt „Balken im Auge“ als Hyperbel, um drastisch klarzumachen, dass man zuerst seine großen Probleme lösen muss, bevor man die kleineren von jemand anderem lösen will.
So ist es auch hier: Der Herr sagt „hasst nicht“, was eine übertriebene Ausdrucksweise ist, eben eine Hyperbel.
In der Sprache gibt es viele solche Stilfiguren, zum Beispiel die Metapher. Wenn der Herr Jesus sagt: „Ich bin die Tür“, meint kein normaler Zuhörer, dass er eine wirkliche Tür ist. Er vergleicht sich mit einer Tür, sagt aber nicht „ich bin wie eine Tür“, sondern „ich bin die Tür“. Für jemanden, der Sprache so stur wie Mathematik versteht, würde das nicht gehen. Sprache ist nicht dasselbe wie Mathematik. Sprache kann mathematisch sein, ist es aber normalerweise nicht.
Das ist eben eine Metapher: Die Tür drückt aus, dass Jesus der Zugang ist, der Zugang zu Gott ermöglicht.
Genauso, wenn Jesus sagt: „Ich bin der wahre Weinstock.“ Er sagt nicht „Ich bin wie ein Weinstock“, sondern „Ich bin der wahre Weinstock“. Das nennt man in der Sprachwissenschaft eine Metapher.
Es gibt unzählige Stilfiguren. Man kann ganze Studienbücher nur über Stilfiguren schreiben. Diese Stilfiguren finden sich nicht nur in weltlicher Literatur, sondern auch in der Bibel. Das gehört zur Sprache.
Im Gegensatz zur Hyperbel gibt es die Litotes, die Untertreibung. Wenn man sagt: „Das ist recht schön“, meint man eigentlich „Das ist sehr schön“, aber es ist eine Untertreibung.
Es gibt viele solcher Stilfiguren. Wer Sprache natürlich erfasst, weiß sofort, was gemeint ist.
Dann kommen natürlich Leute, die sagen: „Ihr Fundis, ihr seid so dumm, ihr nehmt die Bibel wörtlich.“ Und dann muss man sagen: Ja, hoffentlich nehmen wir sie wörtlich.
Wenn die Bibel sagt, das ist ein Gleichnis, dann nehmen wir das wörtlich als Gleichnis, nämlich als etwas, das nicht so passiert ist, sondern so passieren könnte oder immer wieder in dieser Art passiert. Dieses Beispiel soll etwas als Vergleich deutlich machen. Wir nehmen es wörtlich als Gleichnis.
Oder wenn die Bibel apokalyptische Visionen enthält, wie in Daniel 7, wo Daniel im Traum einen Löwen mit Adlersflügeln aus dem Meer heraufkommen sieht, dann einen Bären und danach einen Leoparden mit vier Köpfen und vier Flügeln. Der Bibeltext sagt, diese Tiere, insgesamt vier, stellen vier Weltreiche dar.
Dann verstehen wir das als apokalyptische Beschreibung: Der Löwe mit den Adlersflügeln beschreibt das babylonische Weltreich. Niemand von uns glaubt, dass Babylon ein Löwe mit Adlersflügeln ist. Niemand meint, das griechische Weltreich von Alexander dem Großen sei ein Leopard mit vier Köpfen und vier Flügeln. Aber wir verstehen, dass das eine prophetische Beschreibung ist.
Das griechische Reich wurde schnell erobert. In 13 Jahren hat Alexander alles von Griechenland bis nach Indien erobert, also schnell wie ein Leopard, und mit vier Flügeln. Nach seinem Tod fiel das Reich auseinander in vier große Blöcke, dargestellt durch die vier Köpfe.
So verstehen wir das ganz wörtlich als apokalyptische Vision: Bilder für Realitäten, die sich dann in der Geschichte erfüllen sollten.
So verstehen wir die Bibel wörtlich, aber eben nicht im stupiden Sinn. Wir nehmen ein Gleichnis als Gleichnis.
Wenn die Bibel sagt, Abraham lebt in Ur in Chaldäa, und Gott rief ihn heraus, und er ging nach Haran, und von dort zog er nach Kanaan, als er 75 Jahre alt war, dann ist das eine Geschichtserzählung.
Wir nehmen das wörtlich als Geschichtserzählung, weil es kein Gleichnis ist, keine dichterische Umschreibung, sondern eine historische Erzählung. Darum nehmen wir das wörtlich.
Jetzt können wir den Spieß umdrehen: Die Leute, die sagen, man müsse alles übertragen nehmen, haben nicht verstanden, dass Geschichte nicht übertragen, sondern Bildersprache übertragen verstanden werden muss.
So nehmen wir die Bibel wörtlich, aber in der richtigen Art wörtlich, nämlich so, wie der Autor es gemeint hat.
Philipp? Ja, genau so, wie man sagen kann, dass Jesus selbst den Vater an erste Stelle gesetzt hat und dann die Gemeinde. Sein erstes Anliegen war, Gott, den Vater, durch sein Werk zu verherrlichen, und dann in zweiter Linie war es, uns zu retten.
So ist es auch für uns als Ehemänner: Der Herr muss den ersten Platz einnehmen.
Jetzt könnte jemand sagen: Warum steht da nichts vom Ehemann, ist es dort anders? Nein, hier geht es einfach um das Beispiel eines Jüngers, nicht um das einer Jüngerin. Darum sagt der Herr in Vers 27: „Kann nicht mein Jünger sein.“ Wenn er gesagt hätte „Kann nicht meine Jüngerin sein“, hätte er es anders formuliert, etwa „und hasst nicht ihren Mann“. Aber hier steht „seine Frau“.
Das ist auch noch etwas Wichtiges: Die Leute, die uns vorwerfen, wir würden die Bibel falsch verstehen, weil wir sie wörtlich nehmen, müssen sich überlegen, warum wir diesen Text auch auf Frauen beziehen.
Die Bibel spricht oft so, dass eine bestimmte Gruppe angesprochen wird. Zum Beispiel ist im 1. Korintherbrief die Gemeinde in Korinth angesprochen, und Paulus sagt, was Gott von der Gemeinde in Korinth verlangt.
Dann könnte jemand sagen: „Das gilt nur für Korinth, nicht für uns.“ Falsch! Es ist als Beispiel an Korinth geschrieben und hat eine Bedeutung für alle Gemeinden.
Darum sagt Paulus in 1. Korinther 1,2, dass dieser Brief sich richtet an die Gemeinde in Korinth samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, sowohl ihres als unseres Herrn.
Der Brief ist also universell gemeint, richtet sich aber konkret an Korinth und deren Probleme.
Wir müssen uns fragen: Wie können wir das auf Hunzenschwil, auf Bern und auf Basel übertragen?
So ist es auch hier: Wenn der Herr spricht, was Anforderungen für einen Jünger sind, muss man sich fragen, was die Anforderungen für eine Jüngerin sind.
Zum Beispiel sagt Paulus in 1. Timotheus 2, wie Frauen sich kleiden sollen. Sie sollen sich sittlich kleiden.
Jetzt könnten Männer sagen: „Das gilt nur für Frauen. Ich kann beliebig enge Hosen tragen, für Männer ist das kein Problem.“ Ach was! Natürlich ist das für Frauen gesagt, aber jedem Text muss man sagen: Was bedeutet das für mich als Leser?
Das hat genauso eine moralische Bedeutung für Männer. Sie müssen sich fragen, was sie von dem, was für Frauen gesagt wird, auf sich übertragen können.
Wenn Männer sich für ihre Ehefrauen einsetzen sollen, müssen die Ehefrauen nichts sagen und haben nichts zu tun? Nein, sie müssen sich fragen: Wenn Gott das von meinem Mann verlangt, wie steht es mit meiner Hingabe?
Es hat natürlich einen Grund, warum in der Bibel mehr zu Männern gesagt wird, dass sie lieben sollen, als zu Frauen. Es liegt mehr in der Natur der Frau, sich hinzugeben. Es gibt zwar Männer, die anders sind, aber im Allgemeinen fällt Hingabe Frauen leichter als Männern.
Darum wird das bei Männern mehr betont.
Wir finden es übrigens auch an anderer Stelle, dass Frauen ihren Männern angewiesen werden sollen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben usw.
Ebenso wird bei Männern mehr betont.
Der langen Rede kurzer Sinn: Die Bibel wörtlich zu nehmen heißt, zu schauen, was da steht, und sich zu fragen: Was bedeutet das jetzt für mich? Dann versteht man die Bibel richtig.
Die Vorrangstellung Christi in der Gemeinde
Kolosser 1, Verse 17 und 18 zeigen, dass er in allem den Vorrang hat.
Kolosser 1: „Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen durch ihn, und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung. Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allen den Vorrang habe.“
Diese Aussage drückt aus, dass Jesus Christus nach Gottes Plan in allen den Vorrang haben soll. Der Herr macht hier im Zusammenhang mit den Kosten der Jüngerschaft klar, dass er unbedingt den ersten Platz einnehmen muss.
Das entspricht genau der Ermahnung im Sendschreiben an Ephesus in Offenbarung 2. Dort wird die Gemeinde von Ephesus für ihre Aktivität, Werke, Arbeit und ihr Ausharren gelobt. Doch dann folgt eine ernste Kritik in Vers 4:
„Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke; wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust.“
Hier geht es um die erste Liebe, die Liebe zum Herrn von höchster Qualität. Anders gesagt: Jesus muss den ersten Platz im Herzen haben. Das ist die erste Liebe. Der Herr macht deutlich, dass er sich mit weniger niemals zufrieden geben wird.
Er fordert die Gemeinde auf, Buße zu tun, weil sie in diesem Punkt gefallen ist. Wenn sie nicht umkehrt, wird er kommen und den Leuchter von seiner Stelle wegrücken.
Im Zusammenhang werden alle Gemeinden in Offenbarung 2 und 3 mit einer Menorah, einem siebenarmigen goldenen Leuchter, verglichen, wie er im Heiligtum in Jerusalem stand. Der Herr sagt, er werde den Leuchter wegrücken.
Das hat eine Bedeutung aus dem Tempeldienst: Wenn ein Gegenstand, der für den Gottesdienst gebraucht wurde, unrein wurde – etwa, weil eine unreine Person ihn berührt hatte – war er nach der levitischen Gesetzgebung unrein. Diese Gesetzgebung stammt aus dem Buch Levitikus.
In so einem Fall musste der Leuchter entsorgt werden. Für die meisten Geräte gab es Ersatz, auch für den Schaubrotisch und den Leuchter. Dann wurde der Ersatzleuchter an die Stelle gesetzt.
Der Herr sagt hier also, dass es genauso geschehen wird: Wenn der Leuchter unrein ist, wird er entfernt.
Geschichtlich ist das eindrücklich geschehen: In der Kirchengeschichte kamen später Muslime in das Gebiet der heutigen Türkei – damals noch nicht als solche bekannt – und verdrängten das Christentum so massiv, dass es in der Folgezeit keine Gemeinde mehr in Ephesus gab.
Dieser Leuchter wurde also tatsächlich weggerückt. Das ist sehr eindrücklich, weil der Herr sich nicht mit dem zweiten Platz zufrieden geben kann.
Dieser Abschnitt macht klar: Rettung ist gratis, aber Nachfolge kostet einen Preis. Der Herr möchte, dass wir alles geben.
Die Verbindung von Errettung und Jüngerschaft
Und die Nachfolge kostet etwas. Jetzt stellt sich die Frage: Kann man gerettet werden, ohne ein Jünger zu sein, oder geht das nur zusammen? Wie ist das also – kann man gerettet werden und dennoch kein Jünger sein?
Es ist so: Die Errettung, die wirkliche Errettung, zeigt sich darin, dass jemand auch bereit ist, sein ganzes Leben in die Nachfolge zu stellen. Wenn man bei jemandem sieht, dass überhaupt nichts von Nachfolge und Gehorsam da ist, dann muss man sich ernsthaft fragen, ob diese Person sich überhaupt je richtig bekehrt hat. Das ist eine sehr ernste Frage.
Dieser Unterschied zeigt sich auch daran, dass der Apostel Paulus an verschiedenen Stellen sagt, dass es einmal Lohn geben wird für unser Tun. Damit ist jedoch gemeint: für unser Tun als Gerettete. Wenn man gerettet ist, werden die Werke, die wir für den Herrn tun, alle einmal belohnt werden. In der Ewigkeit wird es also Unterschiede geben.
Aber bei der Errettung selbst können wir nicht mit Werken kommen. Darum sagt der Galaterbrief, dass man durch Glauben allein gerettet wird, ohne Werke. Der Jakobusbrief macht jedoch klar: Wenn bei denen, die sagen „Ich bin gerettet, ich glaube wirklich“, keine Werke zu sehen sind, dann ist dieser Glaube tot. Er ist disqualifiziert, also kein echter Glaube.
Der echte Glaube führt zu Jüngerschaft und zu guten Werken. Aber zur Errettung können wir Gott nichts vorweisen. Gerade in den vergangenen Gleichnissen haben wir gesehen, dass es um totale Kapitulation geht: Wir müssen vor Gott den untersten Platz einnehmen und zugeben, dass wir uns nicht selbst retten können.
Daher ist es ein wichtiger Unterschied zu den Religionen dieser Welt. Im Buddhismus, im Hinduismus, im Islam geht es immer darum, dass Menschen etwas leisten müssen, um sich hinaufzuschaffen. Genau das unterscheidet die Religionen vom Evangelium.
Das Evangelium sagt in Römer 3,23: „Denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.“ Wir können uns also nicht selbst hinaufarbeiten. Die Religionen suggerieren hingegen: Du musst dies tun, das tun, jenes tun, und dann sammelst du Punkte.
Zum Beispiel sieht man in buddhistischen Ländern, dass das ganze Leben darauf aufgebaut ist, Punkte zu sammeln. Manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich in Thailand in einem Korb, in dem man immer nur Punkte sammelt. Und wenn etwas schiefgeht, glauben die Menschen, dass sie das mit den gesammelten Punkten wieder ausgleichen können.
Die Bibel sagt jedoch: Das geht nicht. Man kann nicht durch Pech hindurchgehen und dann meinen, wenn man jetzt Hunderte von Kilometern auf sauberen Straßen läuft, wird das alles wieder gut. Nein, das nützt gar nichts. Die Schuhe bleiben schmutzig; sie werden nie wieder glänzen.
So muss man verstehen: Zur Rettung können wir nichts beitragen. Genau darin liegt der Irrtum der Religionen, die den Menschen sagen, sie könnten selbst etwas leisten. Das spricht den Stolz in uns an.
Das Evangelium bringt uns auf den Boden. Darum ist es so schwierig, gerettet zu werden. Jesus sagt: „Ringt darum, durch die enge Pforte einzugehen.“ Denn sich zu kapitulieren und zu sagen „Ich kann mich nicht selbst retten“ ist schwierig.
Bei der Jüngerschaft geht es um das vollständige Hingeben. Dann kommen wir zu Lukas 14, Verse 34 und 35: „Das Salz nun ist gut; wenn aber auch das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gewürzt werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.“
In Matthäus 5,13 sagt Jesus in der Bergpredigt zu den Jüngern: „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.“
Der Herr spricht hier also zusätzlich zu dem, was wir in Lukas 14 lesen, die Jünger an. Schon in Matthäus 5,1 und 2 richtet er sich an sie und sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.“
Die Bedeutung des Salzes für das christliche Leben
Was bedeutet das? Was sind die Qualitäten von Salz? Können wir das kurz zusammentragen?
Salz konserviert. Es tötet also schädliche Bakterien ab. Dadurch kann es Nahrungsmittel haltbar machen. Außerdem verstärkt es den guten Geschmack beim Essen. Deshalb fügt man ein bisschen Salz hinzu, aber nicht zu viel. Es würzt – eben im Sinne von Geschmacksverstärkung.
Ein wichtiger Punkt ist auch, dass Salz durstig macht. In Kolosser 4 sagt der Apostel Paulus: „Euer Wort sei allezeit mit Salz gewürzt.“ Das ist natürlich wichtig, wenn man mit Menschen über das Evangelium spricht. Oft erlebt man, dass sie überhaupt keinen Durst haben. Man kann ihnen erzählen, was man will, es interessiert sie nicht, weil sie keinen Durst haben.
Was macht man mit einem Pferd, wenn man es nicht zur Tränke bringt? Man streichelt es liebevoll und gibt ihm ein bisschen Salz. Dann funktioniert es. Der Durst muss also geweckt werden.
Wenn der Kolosserbrief sagt, wir sollen ein Wort haben, das gesalzen ist, bedeutet das, dass wir so mit den Menschen sprechen, dass der Durst, das Verlangen nach dem Wasser des Lebens, geweckt wird.
Natürlich hat Salz noch mehr Bedeutung. Es ist unsere Hauptaufgabe, Christen durch ein treues Leben in der Gesellschaft zu sein. Wir haben nicht den Auftrag, diese Welt zu verbessern. Aber Christen tragen dazu bei, dass Verderbnis in der Gesellschaft in gewissem Rahmen zurückgedrängt wird.
So sind wir also das Salz der Erde. Nun sagt der Herr: „Wenn das Salz kraftlos geworden ist, womit soll man salzen?“ Wie geht das? Das haben wir schon erlebt: Salz kann nach ein paar Jahren seine Wirkung verlieren. Wie ist das möglich?
Hier nicht, aber in der Gegend Israels gibt es Salz, das mit der Zeit gelöst wird. In Israel kann man sehr gut verstehen, was kraftloses Salz bedeutet. Man muss ans Tote Meer hinuntergehen. Die ganzen Berge und Hügel rund um das Tote Meer sind ganz versalzen.
Wenn man zum Beispiel etwas von dem Mergel dort in den Mund nimmt, merkt man, dass es salzig ist. Aber weil es so unsauber ist, vermischt mit Nebenprodukten wie Mergel, hat es nicht die Kraft, die Salz haben sollte. Salz muss wirklich fast hundert Prozent rein sein, dann ist es wirkungsvoll. Wenn es so unrein ist, wie das Salz vom Toten Meer, das man auf diese Weise gewinnt, kommt es nicht gut raus.
Man muss das Salz direkt aus dem Wasser gewinnen, indem man das Wasser verdunsten lässt. Der Herr vergleicht also diejenigen, die kraftlos sind, mit solchem Salz, das seine Wirkung nicht voll entfalten kann. Das ist der Fall, wenn wir uns als Christen mit allen möglichen Denkweisen unserer Gesellschaft vermischen. Dann verlieren wir die Kraft und werden kraftlos.
Was soll man mit kraftlosem Salz noch machen? Es ist untauglich, man wirft es hinaus. Um die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu richten, sagt der Herr: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Da muss man prüfen, was das in unserem eigenen Leben bedeutet.
Gehen wir weiter.
In 3. Mose 2 wird das Speisopfer erwähnt. Dort wird gesagt, dass immer Salz dabei sein muss. Das Speisopfer ist, ganz kurz gesagt, ein Bild vom Leben des Messias, von seinem vollkommenen Leben. Es wird aus Weizenmehl hergestellt, und der Messias wird in Jesaja 4,2 als „die Frucht der Erde“ bezeichnet.
Aber es sind nicht einfach die Körner gemeint, sondern das gemahlene Mehl. Wenn man nur Weizenkörner hat, könnte man denken, was darin alles drin ist – vielleicht Insekteneier oder anderes Unsauberes. Aber gemahlen sieht man alles. So bedeutet das feine Mehl des Speisopfers die sichtbare, offene Vollkommenheit des Herrn Jesus als Mensch.
Dann wird gesagt, es muss mit Öl vermengt werden. Der Messias sollte durch den Heiligen Geist gezeugt werden. Öl ist immer wieder ein Bild des Heiligen Geistes. Es heißt sogar, es wird mit Öl gesalbt. Messias oder griechisch Christus bedeutet „der Gesalbte“. So spricht das Speisopfer vom Gesalbten.
Nun sagt 3. Mose 2, dass immer Salz mit dabei sein muss. Das betont noch einmal, dass sein Leben absolut vollkommen ist. Nichts von Verderbnis ist bei ihm zu finden. Er ist perfekt.
Es wird auch gesagt, dass kein Sauerteig dabei sein darf. Sauerteig ist ein Bild für die Sünde in der Bibel, im Alten und Neuen Testament. Das Speisopfer war typischerweise ein Begleitopfer für die blutigen Opfer. Es beschreibt also das vollkommene Leben des Herrn Jesus, wie es in den Evangelien dargestellt wird. Das blutige Opfer, mit dem es zusammen dargebracht wurde, zeigt an, dass dieses vollkommene Leben ihn schließlich nach Golgatha führte.
Gut, gehen wir weiter.
In Kapitel 15, Verse 1 und 2, steht: „Es kamen aber alle Zöllner und Sünder zu ihm, um ihn zu hören, und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen.“
Die Helmfelder CSV hat hier eine Fußnote, die sehr nützlich ist. Es kamen aber Zöllner – die griechische Wortform bezeichnet eine fortgesetzte oder wiederholte Handlung. Lukas benutzt einen Durativ. Das war also kein einmaliges Ereignis, sondern diese Leute pflegten zu kommen. Ich glaube, so steht es in der Schlachterübersetzung, oder? Ja, es pflegten – das drückt den Durativ im Deutschen aus. Sehr gut.
Das war also ganz üblich. Die Reaktion der Pharisäer war, dass sie gegen Jesus murrten und sagten, er nehme Sünder auf und esse mit ihnen. Sie machen ihm den Vorwurf, er sei zu lax, also zu wenig streng.
Wir werden später sehen, dass Jesus zu den Pharisäern spricht. Dort höhnen sie ihn in einer parallelen Struktur, die ich normalerweise zeige, heute aber nicht. Man wird sehen, dass diese Abschnitte parallel stehen: an einer Stelle murren sie über ihn, an einer anderen höhnen sie ihn. Dort geht es darum, dass Jesus für sie zu streng ist. Er spricht über das Problem von Geld, und Lukas sagt, sie waren geldliebend.
An manchen Stellen war Jesus für sie also zu lax, an anderen zu streng. Es war einfach immer falsch für sie. Aber dort, wo sie über ihn murren, zeigt das eigentlich unser größtes Glück: Der Erlöser ist gekommen, um Sünder zu retten. Darum hat er diese Zöllner und Sünder angezogen, und sie sind zu ihm gekommen. Sie haben gemerkt: Hier finden wir Antwort auf unsere Probleme.
Können wir noch einmal aufschlagen, was wir früher schon gelesen hatten, in Kapitel 7, Vers 34? Das sollte eigentlich eine Schimpfbezeichnung sein, aber in Wirklichkeit ist es ein Lob: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, er isst und trinkt, und ihr sagt: Siehe, ein Fresser und Weinsäufer.“ Und jetzt kommt: „Ein Freund von Zöllnern und Sündern.“
Sie machen ihm den Vorwurf, er sei ein Freund von Zöllnern und Sündern. Aber das ist unser Glück, dass er gekommen ist, um Sünder zu retten und herauszurufen. Das führt uns zu den nächsten drei Gleichnissen. Dort wird gezeigt, dass er dieser Freund der Sünder ist.
Das Gleiche gilt für das verlorene Schaf, die verlorene Drachme und den verlorenen Sohn.
Interessant ist Folgendes in Vers 3: Jesus reagiert auf den Vorwurf „Dieser nimmt Sünder auf“. Glücklicherweise hat er uns aufgenommen, als wir zu ihm kamen.
Er spricht aber zu ihnen dieses Gleichnis – jetzt kommt das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Dann Vers 8: „Oder welche Frau, die zehn Drachmen hat.“ Und Vers 11: „Er sprach aber: Ein gewisser Mensch hatte zwei Söhne, und der jüngere von ihnen...“ Es steht nicht, dass er ein zweites oder drittes Gleichnis erzählt. Es heißt hier, er sprach zu ihnen dieses Gleichnis. Das ist sehr wichtig: Es ist ein Gleichnis in drei Teilen. Es gehört zusammen.
Du wolltest etwas sagen, Manfred? Manfred: Ja, ich kann die Pharisäer jetzt auch mal dazwischen verstehen, aber ich möchte nicht der Meinung sein, dass die Pharisäer eigentlich den Auftrag gehabt hätten, sich von der Welt abzusondern.
Ah, die Pharisäer hatten den Auftrag, sich von der Welt abzusondern? Klar, wir verstehen das heute ganz anders, auch in ihrer Zeit. Natürlich wussten die Pharisäer, dass die Bibel den Auftrag gibt, sich von der Welt und der Sünde abzusondern und fernzuhalten.
Aber der Punkt ist: Jesus wurde zu Recht ein Freund der Sünder genannt, doch im Jakobusbrief steht, dass wir keine Freunde der Welt sein dürfen. Das gibt den Schlüssel.
Können wir das kurz aufschlagen? Diese Nuance ist in Wirklichkeit ein großer Unterschied, eine Kluft.
Jakobus 4, Vers 4: „Ihr Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun ein Freund der Welt sein will, der weist sich als Feind Gottes.“
Freundschaft mit der Welt ist also nicht das Gleiche wie ein Freund der Sünder zu sein.
Jesus hat sich innerlich immer vollkommen ferngehalten von allem Üblen. Er ging nie auf zweideutige Partys. Aber er hat Einladungen erlebt, zum Beispiel Matthäus 9. Matthäus ist zum Glauben gekommen und hat dann ein Mahl gegeben.
In der Parallelstelle Lukas 5 heißt es, dass er ein großes Mahl veranstaltete und viele Zöllner und Sünder einlud. Das war keine komische Party, sondern ein schönes Festessen. Er lud sie ein, um sie mit dem Herrn bekannt zu machen. Da ist Jesus hingegangen.
Das Wort „Party“ ist doppeldeutig. Es kann ein schönes Fest bedeuten, aber auch eine wilde Feier mit Techno und Drogen. Das ist etwas ganz anderes.
Jakobus warnt uns: Wenn wir Freunde der Welt mit all ihrem Treiben sind, dann sind wir Feinde Gottes. Aber wenn wir auf Menschen zugehen und gewinnend sind, das Evangelium so verkünden, dass die Leute Durst bekommen, weil so viel Salz in der Verkündigung ist, dann sind wir Freunde der Sünder – nach dem Vorbild Jesu, der für uns ein Freund der Sünder ist.
Das ist der Unterschied.
Dazu kommt noch: Die Pharisäer – ihr Name bedeutet „Abgesonderte“. Sie waren abgesondert, aber wovon? Sie haben sich durch äußere Formen von anderen getrennt.
Die zweite Frage ist: Abgesondert für wen? Sie waren nicht für Gott abgesondert, sonst hätten sie den Messias angenommen. Aber sie haben ihn verworfen.
Es gibt eine richtige Absonderung und eine falsche Absonderung.
In Sprüche 18, Vers 1 heißt es: „Wer sich absondert, trachtet nach einem Gelüst; gegen alle Einsicht geht er heftig an.“
Das ist eine falsche Absonderung. Das war zum Beispiel die pharisäische Absonderung. Sie trachteten nach einem eigenen Ziel, oft sich selbst zu präsentieren.
Darum greift der Herr sie auch an, weil sie möglichst an öffentlichen Plätzen beten, ihre Gebetsriemen anlegen und Rituale durchführen, um von den Menschen bewundert zu werden. Er sagt: Betet im Verborgenen.
Sie trachteten nach einem eigenen Genuss und gingen gegen alle Einsicht heftig an.
Der Herr hat sie immer wieder überführt. Sie hatten gesagt, am Sabbat dürfe man nicht heilen. Jesus zeigte ihnen, was sie mit ihren Ochsen machen: Am Sabbat werden die Ochsen aus dem Stall geholt, losgebunden und zur Tränke gebracht.
Ein Ochse darf also am Sabbat losgebunden werden, aber wenn Jesus eine Frau heilt, die vom Satan gebunden war und so gebückt, dann geht das nicht? Sie ist doch eine Tochter Abrahams, und der Ochse ist nur ein Tier.
Sie stellten also den Ochsen höher als die Töchter Abrahams. So hat Jesus sie völlig überführt.
Aber wie reagierten sie? Sie gingen heftig gegen diese Einsicht vor und beschlossen schließlich, dass Jesus sterben muss.
Es gibt also eine wahre und eine falsche Absonderung.
Die Gleichnisse vom verlorenen Schaf, der verlorenen Drachme und dem verlorenen Sohn
Und jetzt wenden wir uns noch den Gleichnissen zu. Das erste Gleichnis handelt von einem Hirten, der ein verlorenes Schaf sucht, bis er es findet. Wenn er es gefunden hat, bringt er es mit Freuden zurück und trägt es auf seinen Schultern (Vers 5). Er teilt diese Freude dann mit anderen.
So macht der Herr Jesus deutlich, dass es auch im Blick auf Sünder so ist. Lesen wir nochmals Vers 7: „Ich sage euch, ebenso wird Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die keine Buße nötig haben.“ Ja, im Himmel wird Freude sein bei Gott und bei den Engeln.
Warum bringt der Hirte das Schaf nicht zurück zur Herde, zu den neunundneunzig, sondern ins Vaterhaus? Der Punkt ist: Er findet das Schaf, und diese Freude möchte er mit anderen teilen. Also geht er nach Hause und will, dass die Nachbarn und seine Freunde sich mitfreuen können. Damit wird in Vers 7 klargemacht, dass sich nicht nur jemand im Himmel freut – Gott –, sondern auch die Engel. Es ist eine große Freude im Himmel über einen Menschen, der gefunden wird.
Auf wen weist der Hirte hin? Auf den Sohn Gottes, nicht auf den Vater oder den Heiligen Geist, sondern auf den Sohn Gottes. Er ist der gute Hirte (Johannes 10). Er sucht das Schaf und bringt es nach Hause.
Im nächsten Gleichnis haben wir einen anderen Vergleich: Eine Frau hat zehn Drachen und verliert eine. Dann sucht sie mit der Lampe, sie sucht und sucht, bis sie sie gefunden hat. Auch hier freut sie sich nicht allein, sondern zusammen mit den Nachbarinnen und Freundinnen.
Interessant ist, dass sie sich nicht mit ihren Freunden freut. Beim Hirten heißt es, er ruft seine Freunde und Nachbarn, aber nicht seine Freundinnen. In der Bibel finden wir selten Freundschaften zwischen den Geschlechtern, außer sie sind verlobt oder verheiratet. Das gibt es nicht.
Zum Beispiel kommt Ruth zu Boas, um auf seinem Feld zu arbeiten. Er sagt als Chef: „Halte dich zu meinen Mägden“, nicht „Halte dich zu meinen Jungs“. Sie hat auch hinter den Schnittern aufgelesen und war damit kein Blickfang für die Schnitter. Später lesen wir in Ruth, dass alle Mägde und Knechte zusammen beim Abendessen sind. Es war also kein verkrampfter Umgang zwischen den Geschlechtern. Natürlich hatten sie Kontakt, aber sie hielt sich freundschaftlich zum gleichen Geschlecht.
Das ist ein Nebeneffekt: Bei der Frau heißt es, sie ruft die Freundinnen, nicht ihre Freunde. Beim Hirten ruft er seine Freunde.
Jetzt wird wieder gesagt, so wird es auch sein vor den Engeln Gottes, dass Freude ist über einen Sünder, der Buße tut. Warum wird hier ein anderer Vergleich gemacht?
Dann gibt es ein drittes Gleichnis. Eigentlich sind diese drei Gleichnisse ein Gleichnis. Es geht um den Vater, der den verlorenen Sohn wieder zurückbekommt. Das ist ein Hinweis auf den Gottvater.
In diesem Fall ist die Lampe ein Hinweis auf den Heiligen Geist. Jesus sagt in Lukas 19, Vers 10: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, das Verlorene zu suchen und zu erretten.“ Das ist der gute Hirte, der Sohn, der sucht.
Jesus sagt über den Heiligen Geist in Johannes 16, Vers 8: „Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht.“ Der Heilige Geist überführt die Welt. „Überführen“ bedeutet, das griechische Wort heißt zum Beispiel: Der Richter überführt den Angeklagten. Wie macht er das? Er führt ihm Fakten vor, bringt sie aus der Finsternis ans Licht. Dadurch bringt er ihn dazu, die Wahrheit anzuerkennen.
So überführt der Heilige Geist, und das wird hier mit der Lampe dargestellt, die Licht ins Dunkel bringt.
Der Vater ist ein Hinweis auf das, was Jesus in Johannes 6, Vers 44 sagt: „Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.“ Der Vater zieht also.
Bei der Errettung eines Menschen wirkt der dreieinige Gott: Der Sohn sucht als guter Hirte, der Heilige Geist überführt, und der Vater zieht.
Darum ist das Gleichnis in drei Abschnitten erzählt, um den dreieinigen Gott vorzustellen, der am Wirken ist.
Zusammenfassend können wir Römer 2, Vers 4 lesen: „Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Denn nach deinem Starrsinn und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, der jedem vergelten wird nach seinen Werken.“
Hier wird allgemein von Gott gesprochen, aber es geht um den dreieinigen Gott. Mit seiner Güte leitet er den Menschen zur Buße, damit er seine Schuld bereut – das bedeutet Buße tun, bereuen und bekennen.
Der Mensch hat jedoch die Möglichkeit, diesem Wirken Gottes Widerstand zu leisten. Darum heißt es: „Nach deinem Starrsinn und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns.“
Menschen, die dem Suchen des Sohnes, dem Überführen des Heiligen Geistes und dem Ziehen des Vaters bis zum Schluss widerstehen, gehen verloren.
Außerdem wird hier klar, dass Gott auch die Menschen zieht, die einmal verloren gehen werden.
Es gibt die calvinistische Auffassung, dass Gott einfach Macht hat, dass sich die Auserwählten automatisch bekehren – die sogenannte unwiderstehliche Gnade (Irresistible Grace), eine der fünf Säulen des Calvinismus. Das ist falsch; es gibt sie nicht.
Es ist keine unwiderstehliche Gnade, sondern der Herr sagt: „Ringt danach, damit ihr durch die Tür eingeht.“ Die Lehre, dass sich die Auserwählten automatisch bekehren und gar nicht anders können, ist falsch.
Was ist mit den anderen? Zieht Gott sie nicht, weil sie nicht auserwählt sind? Das stimmt nicht.
Das Heil Gottes richtet sich an alle Menschen. Darum heißt es in Johannes 3, Vers 16: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Nicht nur die Auserwählten, sondern die Welt. Er hat seinen Sohn gegeben und zieht jeden Menschen.
Der Sohn sucht, der Heilige Geist überführt, und der Vater zieht. Aber der Mensch kann mit seinem Starrsinn widerstehen und sich selbst Zorn aufhäufen.
Darum kann Jesus als Richter auf dem Thron einmal sagen: „Ihr habt nicht gewollt.“ Er hätte schon gewollt, aber ihr habt nicht gewollt.
Wir beenden heute hier und fahren nächstes Mal fort. Dann schauen wir uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn noch genauer an und auch das schwierige Gleichnis von dem Verwalter, der das Geld seines Herrn veruntreut.
