Einführung in die Thematik des Calvinismus
Ja, wir sollten weitermachen, denn wir haben noch einiges vor uns. Was wir bisher gesehen haben, war nur die Einleitung.
Zu den fünf Punkten des Calvinismus ist einem vielleicht aufgefallen, dass ein ganz wesentlicher Punkt darin fehlt. Der Grundgedanke des Calvinismus ist nicht ausdrücklich in diesen fünf Punkten enthalten. Gott hat von Ewigkeit her einen großen Teil der Menschheit dazu bestimmt, verloren zu gehen. Das wird in den fünf Punkten nicht so deutlich erwähnt, aber Calvin hat es gelehrt.
Ich zitiere aus der Institutio III, Abschnitt 24: Calvin spricht gerade über die Söhne von Eli, denn der Herr hatte den Willen, sie zu töten. Dann schreibt Calvin: „Damit wird nicht geleugnet, dass ihre Auflehnung aus eigener Bosheit entsprang. Aber es wird uns eingeprägt, warum sie in ihrem Ungehorsam belassen wurden, während doch der Herr ihre Herzen hätte erweichen können, nämlich weil sein unabänderlicher Beschluss sie einmal fürs Verderben bestimmt hatte.“
Das bedeutet, Gott habe einen unabänderlichen Beschluss gefasst, dass manche Menschen verloren gehen. Sie hätten gerettet werden können, aber Gott wollte es nicht. Die biblische Lehre besagt, dass jeder Mensch gerettet werden könnte, wenn er dem Zug Gottes nachgibt. Er muss kommen und Buße tun, wenn Gott ihn zieht und ihm die Möglichkeit gibt, Buße zu tun.
Aber wir würden niemals sagen, dass alle Menschen gerettet werden, wenn Gott es nur wollte. Nein, Gott will, dass alle gerettet werden, und trotzdem werden nicht alle gerettet. Warum? Weil diejenigen, die dem Zug Gottes widerstehen, die Gnadenzeit verpassen.
Calvin sagt, Gott hätte ihren Willen weich machen können, und dann wären sie gerettet worden. Aber er habe beschlossen, als unabänderlich, dass sie verloren gehen sollen. Das heißt, Calvin lehrt die doppelte Prädestination: die Auserwählung derer, die die Herrlichkeit erreichen sollen, und die Vorbestimmung der anderen, dass sie verloren gehen.
Oft wird gesagt, das sei Hyperkalvinismus. Nein, das ist richtiger Calvinismus. Wenn man mit Menschen spricht, die sich als Calvinisten sehen, wird man viele Varianten finden. Manche würden nicht sagen, dass Gott den Sündenfall gewollt habe oder dass es sein Plan gewesen sei. Sie würden sagen, das sei Adams Verantwortung gewesen.
Man muss also aufpassen, mit wem man spricht. Richtiger Calvinismus ist doppelte Prädestination: Gott hat diese Menschen zur Hölle bestimmt und jene zur Herrlichkeit. Aber eigenartigerweise kommt das in den fünf Punkten des Calvinismus nicht vor. Das ist das Anstößigste.
Wenn jemand lehrt, Gott habe diese Menschen nicht gewollt, sondern für die Hölle bestimmt, muss man dieser Lehre in der Gemeinde widerstehen und sagen, dass sie nicht gelehrt werden darf. Das akzeptieren wir niemals. Das ist eine falsche Lehre.
Es gibt alle Abstufungen: Manche sagen, Gott habe souverän bestimmt, aber es gibt auch die menschliche Verantwortung, und sie bringen das logisch nicht zusammen. Damit können sie gut schlafen. Aber wenn jemand sagt, die Verantwortung des Menschen spiele überhaupt keine Rolle, Gott habe einen Teil zur Hölle bestimmt, dann kann man nicht mehr gut schlafen.
Hier liegt eine große Verantwortung bei der Führung und Leitung einer Gemeinde, dieser Lehre einen Riegel vorzuschieben. Die Zürcher hatten damals in der Reformation das Problem mit Genf. Sie sagten, wir machen einen Sicherheitsgürtel um Genf. Wir wollen keine Spaltung, aber diese Lehre darf nicht über Genf hinausgehen. Wir wollen das nicht in Zürich.
Das können wir auch in der örtlichen Gemeinde sagen: Wir wollen diese Lehre nicht, sie wird nicht gelehrt und kommt nicht in Frage. Interessant ist, dass das Anstößigste in den fünf Punkten gar nicht erwähnt wird. Es ergibt sich vielmehr aus den Schlussfolgerungen: unwiderstehliche Gnade, Gott macht, dass sie gerettet werden, sie können gar nicht anders, weil er ihren bösen Willen gutmacht.
Aber das heißt dann eben, die anderen wollte Gott nicht. Das wird aber nicht so ausdrücklich gesagt. Auch in calvinistischen Bekenntnissen wird das nicht immer so deutlich formuliert. Man muss einfach nachfragen: Wie ist das mit diesem Punkt? Einen solchen Gott glauben wir nicht.
Das hat in diesem Punkt mehr Ähnlichkeit mit dem Islam. Aber dieser Gott, der bereit war, für eine ganze verlorene Menschheit seinen geliebten Sohn, den ewigen Sohn, zu geben – nach Johannes 3,16 – erfüllt unsere Herzen. Das würden wir verlieren, wenn wir dieser Lehre nachgäben. Das geht nicht. So verlieren wir das Herz des Evangeliums.
Noch lange nicht jeder, der als Calvinist gesehen wird oder sich so bezeichnet, würde das so sagen. Man muss darauf achten, nicht ungerecht zu sein und nicht pauschal oder schubladenhaft mit solchen Menschen umzugehen.
Aufbau und Inhalt des Römerbriefs
Der Römerbrief ist folgendermaßen aufgebaut: Wir hatten bereits einen Bibelstudentag mit einer Einführung in den Römerbrief. Dabei haben wir gesehen, dass der Römerbrief aus drei Teilen besteht.
Der erste Teil umfasst Römer 1 bis 8. Hier geht es um die Lehre des Heils für Juden und Heiden. Es wird klargemacht, dass es keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden gibt. Alle haben gesündigt und können sich nicht selbst retten. Das ist die Schlussfolgerung aus dem Vorhergehenden, besonders in Römer 3,22-23: Kein Unterschied. Man wird nicht gerettet, weil man Jude ist. Auch die Juden sind alle Sünder und können nur durch den Glauben an Jesus Christus gerettet werden – genauso wie die Heiden.
In diesem Teil wird das Heil in Jesus Christus und die Auswirkungen des Kreuzes von Golgatha ausführlich erklärt, und zwar bis Kapitel 8.
Der dritte Teil umfasst Römer 12 bis 16. Dort geht es um die praktischen Auswirkungen der Rettung für Juden und Heiden im Alltag. Paulus ermahnt: „Ich ermahne euch nun.“ Dieses „nun“ ist die Schlussfolgerung aus dem Vorangegangenen. Was bedeutet das für das praktische Leben eines Erlösten? Deshalb ist dieser Teil sehr auf das Leben und das Verhalten der Erlösten nach Gottes Gedanken ausgerichtet.
Dazwischen liegt noch ein Teil, Römer 9 bis 11. Hier geht es um die Frage Israel. Warum ist das wichtig? Denn vorher wurde gesagt, es gibt keinen Unterschied: Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes. Kein Unterschied zwischen Juden und Heiden. Da muss man sich fragen: Wie ist das im Alten Testament? Ab 1. Mose 12 wird Abraham erwähnt, und es geht um die Geschichte des Volkes Israel durch das ganze Alte Testament hindurch. Jetzt plötzlich heißt es, es gibt keinen Unterschied. Was ist die Bedeutung von Israel, wenn es im Blick auf das Heil doch nichts bringt?
Diese Frage wird hier erklärt: Weshalb hatte Gott Israel als ein irdisches Volk auserwählt, wenn es doch keinen Unterschied gibt, gemäß Römer 3,22-23? Ausgerechnet die Mehrheit des jüdischen Volkes hatte damals den Messias verworfen. Da stellt sich die Frage: Hat Gottes Erwählung von Israel für die Zukunft noch eine Bedeutung?
Genau diese offenen Fragen werden in Römer 9 bis 11 beantwortet. Man könnte sagen, dieser Abschnitt behandelt das Thema Gottes Souveränität in seinem Handeln mit Israel und allen Nationen. Er zeigt die Bedeutung von Israel.
Übrigens habe ich hier ein Wort verwendet, das man in calvinistischen Büchern ständig findet: Souveränität, Souveränität, Souveränität. Ich habe dieses Wort kein einziges Mal in meiner Bibel gefunden. Was heißt denn „souverän“?
Wir wissen, was ein souveräner Staat ist: Ein Staat, der selbst entscheiden kann, welche Verfassung er hat, der selbst bestimmen kann, wie Richter urteilen müssen und nach welchen Gesetzen. Ein souveräner Staat hat also die Freiheit und Macht zu handeln und zu entscheiden, ohne dass andere ihm Vorschriften machen.
Die Schweiz sollte ein souveräner Staat sein. Wenn jedoch die EU oder ausländische Richter Vorschriften machen, ist die Schweiz nicht mehr souverän, denn dann gibt es Vorbedingungen. Ein Staat sollte souverän sein.
Souveränität ist aber nicht das Gleiche wie Tyrannei. Tyrannei ist zwar ebenfalls ein Handeln, bei dem niemand reinreden darf, doch sie bedeutet ein bösartiges, mutwilliges und ungerechtes Regieren, bei dem niemand etwas vorschreiben darf.
Wohl dem, der in einem souveränen Staat lebt – so wie die Schweiz es einmal war und teilweise noch ist. Wehe dem, der in einem tyrannischen Staat unter einem Tyrannen leben muss.
In Römer 9 bis 11 wird gezeigt, dass Gott frei handeln kann. Er ist der Höchste. In 1. Mose 14 wird Melchisedek als der wahre Gott El Elyon, Gott der Höchste, genannt, und er segnet Abraham.
Dieser Gott, der Höchste, kann selbst entscheiden, ohne dass jemand ihm hineinreden kann. Er ist nicht abhängig von anderen. Aber er ist niemals ein Tyrann. Sein Handeln ist nie mutwillig oder so, dass er über Geschöpfe hinweggeht, die er in seinem Bild geschaffen hat.
Paulus’ Klage und Israels besondere Stellung
Und nun lese ich Römer 9, Verse 1 bis 5:
Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht; mein Gewissen gibt mir im Heiligen Geist Zeugnis, dass ich große Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen. Denn ich selbst habe gewünscht, durch einen Fluch von Christus entfernt zu sein – für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch, die Israeliten sind.
Deren ist die Sohnschaft, die Herrlichkeit, die Bündnisse, die Gesetzgebung, der Gottesdienst und die Verheißungen. Ihnen gehören die Väter, und aus ihnen stammt nach dem Fleisch der Christus, der über allem ist. Gott sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.
Hier sehen wir, dass Paulus so sehr über dieses Problem betrübt ist: Die Mehrheit in Israel hat damals den Messias nicht erkannt und ihn abgelehnt. Dennoch ist es sein Wunsch, dass diese Menschen trotzdem gerettet werden könnten. Er wäre sogar bereit gewesen, wenn es möglich gewesen wäre, für sie in den Tod zu treten.
Doch so wie Mose es damals beim goldenen Kalb nicht konnte – er sagte: „Lösch mich aus dem Buch“, gemeint ist das Buch des Lebens –, so konnte auch Paulus es nicht. Dennoch trägt er dieses Volk. Israel ist also nicht einfach abgeschrieben.
Das ist die Liebe zu Israel, die man hier liest. Paulus sagt natürlich, dass das Volk Israel eine ganz besondere Stellung hat, und er erwähnt neun Punkte.
Erstens: Die Israeliten sind ein geehrtes Volk, ein „Streiter Gottes“. Dies ist ein Ehrenname, den Gott diesem Volk schon Vater Jakob gegeben hat. Es ist Gottes Volk.
Zweitens: Ihnen gehört die Sohnschaft. In 2. Mose 4,22 nennt Gott Israel als Nation seinen Sohn, den Erstgeborenen. Das bedeutet, diese Nation hat den ersten Platz vor allen anderen Nationen.
Drittens: Ihnen gehört die Herrlichkeit. Ja, die Schechina – die Wolke der Herrlichkeit und die Feuersäule – prägen die Geschichte Israels.
Viertens: Ihnen gehören die Bündnisse. Der Bund mit Abraham ist im Blick auf Israel, ebenso der Bund am Sinai, später der Davidsbund, dann der Zedekia-Bund in Hesekiel 17. Und der neue Bund wird einmal mit Israel geschlossen werden, wie in Jeremia 31 angekündigt.
Fünftens: Ihnen gehört die Gesetzgebung. Dieses Volk hat die Tora bekommen, die fünf Bücher Mose, die die Grundlage für die gesamte weitere Bibel bilden.
Sechstens: Ihnen gehört der Gottesdienst, gemeint ist der Tempeldienst, der damals bis ins Jahr 70 n. Chr. bestand.
Siebtens: Ihnen gehören die Verheißungen, die Versprechen an Abraham, zum Beispiel: „Das ganze Land Kanaan gebe ich deiner Nachkommenschaft auf ewig.“
Achtens: Ihnen gehören die Väter. Wer von Abraham, Isaak und Jakob abstammt, kann sagen: Ich bin ein Jude, ich bin ein Israelit.
Und schließlich neuntens: Der Messias ist als Mensch aus diesem Volk hervorgekommen.
Israel hat also eine besondere Bedeutung. Doch nur, weil man als Israelit geboren wird, ist man nicht automatisch gerettet. Das haben die Kapitel 1 bis 8 im Römerbrief erklärt.
Dennoch zeigt dieses Kapitel: Gott hat einen Plan mit Israel. Dieses Volk ist jetzt für eine Zeit auf die Wartebank gestellt, aber Gott hat eine wunderbare Zukunft mit Israel als irdischem Volk Gottes.
Die wahre Bedeutung von Israel
Beginnt es in Vers 6: "Nicht aber, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre, denn nicht alle, die aus Israel sind, diese sind Israel auch nicht; weil sie Abrahams Nachkommen sind oder Abrahams Same sind, sind alle Kinder, sondern in Isaak wird dir ein Same genannt werden."
Das bedeutet: Es sind nicht die Kinder des Fleisches, die Kinder Gottes sind, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommen oder als Same gerechnet. Denn dieses Wort ist eine Verheißung: "Um diese Zeit will ich kommen, und Sarah wird einen Sohn haben."
Nun, wenn einer sagt: "Ich bin Israelit, und darum habe ich ein Recht auf Rettung." Nein, damit ist man nicht einfach gerettet. Das hat Römer 1,1-8 ja schon deutlich gemacht.
Jetzt erklärt Paulus, dass man ein wirklicher Israelit nicht einfach dadurch ist, indem man als Israel geboren wird. Sondern nur die, die wirklich bekehrt sind, sind die richtigen Israeliten, die als Same Abrahams gerechnet werden. Sieht man diesen Ausdruck "rechnen"? Vers 8: "als Same gerechnet" und in Vers 7: "als Same genannt".
Nun ist es wichtig – ich nehme das schon ein bisschen vorweg – im Alten Testament liest man über Israel. Man liest über ein Volk, bei dem viele Ungläubige sind, die in Götzendienst verfallen und Gott ungehorsam sind. Aber diese gehören zum irdischen Volk Israel, nicht wahr?
Doch durch das ganze Alte Testament hindurch zieht sich immer wieder der Gedanke, dass Gott in diesem Volk einen Überrest hat, der umkehrt und wirklich gläubig ist. Zum Beispiel in der Zeit von Elija: Diese siebentausend, die dem Baal ihr Knie nicht gebeugt haben, das war der Überrest aus Israel.
Paulus erklärt dann in den weiteren Kapiteln, dass Gott auch für die Zukunft einen Überrest aus Israel geplant hat, den er dann als sein Volk anerkennen wird. Also müssen wir unterscheiden zwischen dem natürlichen Samen Abrahams und solchen, die als Kinder der Verheißung gerechnet werden.
Das ist ein Unterschied: Das sind dann die wirklich Gläubigen aus Israel. Das wird hier eben erklärt: Man ist nicht einfach ein wahrer Israelit, weil man Abrahams Nachkomme ist.
Übrigens hat Abraham ja noch einen anderen Sohn, Ismael. Und jedem Israeliten ist klar, dass es ihm gar nichts nützt, von Abraham abzustammen. Damit gehört er nicht zum auserwählten Volk, nicht wahr? Also: Einfach Abstammung, biologische Abstammung, das ist noch nicht alles.
Darum habe ich das hier auf dem Blatt geschrieben, Vers 6: Unterscheidung Israel nach dem Fleisch – das ist nicht das Gleiche wie das Israel Gottes.
Galater 6,16 nennt die Bekehrten aus Israel "das Israel Gottes". Also alle biologischen Nachkommen von Abraham, Isaak und Jakob kann man sagen, sind Israel nach dem Fleisch. Aber die Bibel unterscheidet Israel nach dem Fleisch und eben das wahre Israel.
Das wurde übrigens in Römer 2 schon erklärt. Das ist eine Wiederholung.
Römer 2,28: "Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung, sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens im Geist, nicht in Buchstaben, dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist."
"Jude", "Judah" heißt ja "Lob", und der wahre Jude ist eben der bekehrte Jude. Das wird also schon in Römer 2 so vorgestellt.
Erwählung Israels und Gottes souveräne Entscheidung
Aber jetzt noch etwas ganz Wichtiges: Es geht hier um Israels Stellung als auserwähltes Volk. Abraham wurde von Gott auserwählt. Das richtige Denken nach Calvin bedeutet, dass es die Auserwählten und die Verworfenen gibt.
Es ist vollkommen falsch zu glauben, dass Gottes Erwählung Israels bedeutete, die anderen Völker seien verworfen. Er hat Israel erwählt, um sein Volk auf Erden zu sein, das einen besonderen Auftrag hat: auf dieser Erde Gottes Namen zu verkündigen. Gerade die Erwählung Israels sollte aber auch eine Chance für alle anderen Völker sein. Der Retter sollte ja aus Israel kommen, um das Heil für Menschen aus allen Nationen möglich zu machen.
Ganz wichtig ist dabei Römer 9 und die Ausgangsstellung: Was bedeutet die Erwählung Israels? Sie hat nichts mit dem Gedanken zu tun, dass die Erwählten die anderen verworfen. Doch dieser Gedanke steckt tief bei Calvinisten drin: Erwählung und Verwerfung. Nein, es geht um Erwählung als Chance für die anderen.
Das wird hier schon am Beispiel Isaak gezeigt. Aus Isaak stammen die Nachkommen, aber nicht alle werden als Same Abrahams gerechnet. Vor Gott gelten als wahre Israeliten besonders diejenigen, die Kinder der Verheißung sind – das heißt solche, die wirklich echte Gläubige sind.
Vers 10: Nicht allein das, sondern auch als Rebekka schwanger war von Isaak, unserem Vater. Merken wir den Unterschied? Abraham hatte Ismael als Sohn und dann Isaak. Aber der, der als Stammvater für das spätere Volk Israel auserwählt wurde, war nur Isaak, nicht Ismael. Das bedeutet, dass es nichts nützt, ein biologischer Nachkomme Abrahams zu sein – nur Isaak wurde so gewählt.
„Ja gut, aber die hatten zwei verschiedene Mütter, und das ist das Entscheidende. Isaak hatte eben die richtige Mutter, Sarah. Es war falsch, dass Abraham die Polygamie mit Hagar einging, aus der Ismael stammte.“
Aber Paulus sagt: Jetzt ein anderes Beispiel. Rebekka und Isaak hatten zwei Söhne: Jakob und Esau. Und wir wissen, nur Jakob wurde als Stammvater Israels gewählt, nicht Esau. Ich lese weiter: Selbst als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten, damit der Vorsatz Gottes nach Auswahl bleibe – das heißt, der Vorsatz soll unwandelbar weiter bestehen –, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden wurde zu ihr gesagt: „Der Größere wird dem Kleineren dienen.“
Jetzt haben wir es. Gott hat souverän entschieden. Niemand konnte eingreifen. Ich sage souverän, obwohl das Wort in der Bibel nicht vorkommt, weil es beschreibt, dass Gott selbst entscheidet. Er wollte Jakob als Stammvater für Israel und nicht Esau. Darum sagte er, der Ältere, Esau, soll dem Jüngeren dienen. Das hing nicht von ihren Werken ab, sondern war Gottes freie Entscheidung.
Aber jetzt wichtig: Bedeutet die Erwählung Jakobs die ewige Verwerfung von Esau? Nein, es bedeutet nur, dass Jakob herrscht und Esau beherrscht wird. Das ist ja nicht so schlimm, oder? Wir werden ja auch vom Bundesrat beherrscht. Das kann man aushalten, oder?
Spaß beiseite, aber das soll zeigen, dass man sich nicht zu sehr auf die Frage konzentrieren sollte, was Erwählung oder Nichterwählung genau bedeutet. Einer hatte eine besondere Position, der andere eine geringere.
Nun geht es weiter: Wie geschrieben steht: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.“ Jetzt die Argumentation: Siehst du, Gott hat Esau verworfen, ihn gehasst und seine Verdammnis von Ewigkeit her bestimmt?
Das Zitat „Der Größere wird dem Kleineren dienen“ stammt aus 1. Mose 25,23, vor der Geburt der Zwillinge. Aber woher kommt „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst“? Aus Maleachi 1,2-3.
Wann lebte Maleachi, der letzte Prophet des Alten Testaments? Etwa 400 Jahre vor Christus. Das heißt, etwa 1400 Jahre nachdem Esau gestorben war und seine Gnadenzeit abgelaufen war.
Wie wir aus Lukas 16 wissen, kam er sofort nach seinem Tod an den Ort der Qual, den Hades. Definitiv gibt es dort keine Gnade mehr. Gott sagt 1400 Jahre später: „Esau habe ich gehasst.“ Er steht bereits unter Gottes Gericht – nicht in der Hölle, das kommt erst später –, aber am Ort der Qual, dem Gefängnis, wie 1. Petrus 3 sagt.
Das ist nicht Gottes Ratschluss von Ewigkeit her: „Esau habe ich gehasst.“ Sondern der Mann hat seine Gnadenzeit verpasst. Ich habe auf dem Blatt noch die Stelle aus Hebräer 12,16-17 notiert, wo gesagt wird, Esau war ein Gottloser und fand keinen Raum für Buße.
Er hätte gerne den Segen gehabt – viele wollen das –, aber er hat nicht bereut, dass er Gottes Pläne verachtet hatte. Darum hatte er sein Erstgeburtsrecht verkauft. Er dachte: „Was soll das für die Zukunft? Ich lebe jetzt und will etwas Gutes essen, diese Linsen.“
Das kann man kaum verstehen, aber er hat es so geliebt.
Man sieht, das unterstützt den Calvinismus nicht. Was hier gesagt wird, wird oft benutzt, um zu zeigen: Seht ihr, Gott hat die einen erwählt für die Herrlichkeit und die anderen für die Verdammnis. Darum geht es hier aber nicht.
Gottes Gerechtigkeit und Freiheit im Gericht
Oh, aber vielleicht später. Gut, wir lesen weiter.
Vers 14: Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! Jetzt wird es interessant. Hier in Vers 14 wird mit anderen Worten gefragt: Handelt Gott wie ein Tyrann? Die Antwort lautet: Nein, das sei ferne! Schon der Gedanke, dass Gott ungerecht handeln oder wie ein Tyrann über seine Untertanen hinweggehen würde, darf nicht zugelassen werden. Gerade an dieser Stelle setzt Römer 9 einen Hebel gegen falsche Gedanken über Gott.
Nein, vielmehr zeigt der weitere Text, dass Gott souverän ist. Das Wort "Souveränität" wird zwar nicht verwendet, aber es wird deutlich, dass Gott frei entscheiden kann. Dieses freie Entscheiden bedeutet, dass er bestimmt, wann das Gericht kommt und wann nicht.
Ich weiß, es gibt Menschen, die leben achtzig Jahre, andere müssen schon mit zwanzig gehen. Ja, bei dem Zwanzigjährigen war die Gnadenzeit kürzer als bei dem, der achtzig Jahre lebte. Aber das ändert nichts daran, dass Gott das Heil für alle möchte. Gott handelt individuell mit den Menschen und weiß, was sie brauchen. Er bestimmt frei, und das wird jetzt deutlich.
Vers 15: "Den er sagt zu Mose: Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme." Es liegt also nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.
Woher stammt dieses Zitat? Es ist wichtig, beim Lesen der Bibel mit Zitaten aus dem Alten Testament und dem Neuen Testament den Zusammenhang zu beachten. Dieses Zitat stammt aus 2. Mose 33 und bezieht sich auf die Geschichte mit dem goldenen Kalb. Israel hatte den Bund mit Gott am Sinai angenommen, doch noch bevor sie die schriftliche Erklärung des Bundes in zwei Exemplaren in Händen hatten, brachen sie den Bund auf schändlichste Weise. Sie brachen die ersten zwei Gebote: keine anderen Götter und kein Götzenbild.
Gott sagte: "Ich will dieses Volk vernichten." Mose trat für das Volk ein und sagte: "Herr, dein Name könnte dadurch verunehrt werden. Sei diesem Volk gnädig, ich bin bereit, in den Riss zu treten." Schließlich vernichtete Gott Israel damals nicht; sie durften weiter existieren.
Da sagt Gott: "Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme." Es wäre sein Recht gewesen, all diese gottlosen Israeliten damals sofort sterben zu lassen. Aber er verlängerte ihre Gnadenzeit. Doch damit waren sie nicht automatisch gerettet. Wir sehen später, wie viele sich als gottlos und rebellisch erwiesen und sich dem Wort Gottes nicht beugen wollten. Trotzdem bestimmte Gott: Nein, es geht weiter.
Hier heißt es also: Es liegt nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott. Genau das sehen wir bei Israel. Sie wollten das Gesetz halten. Ich habe das hier aufgeschrieben: Israel hatte es dreimal versprochen (2. Mose 19,8; 24,7): "Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun." Sie sind einen weiten Weg gelaufen – von Pithom und Ramses in Ägypten, durchs Rote Meer und durch die Sinaiwüste bis an den Berg Horeb. Doch das alles nützte ihnen nichts.
Gott sagt: Sie haben das Gericht verdient. Es liegt nicht an dem, was sie wollten oder wie weit sie gelaufen sind, sondern allein an Gott. Er sagte: Gut, ich gebe Israel Gnade, sie dürfen weiter existieren. Aber es geht hier um die Verlängerung der irdischen Gnadenzeit und nicht um eine automatische Errettung.
Das Beispiel Pharao und Gottes souveräne Gnadenzeit
Aber jetzt kommt ein anderes Beispiel, Vers 17:
Denn die Schrift sagt zum Pharao: „Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erweise und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde. So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er.“
Und jetzt kommt die Argumentation. Man sieht es beim Pharao in Ägypten. Gott hatte diesen Mann erschaffen, um verloren zu gehen. Calvin spricht in der Institutio davon, Menschen für die ewige Verlorenheit erschaffen zu haben. Das ist ein schrecklicher Ausdruck, da kann ich nicht gut schlafen, wenn jemand so spricht. Aber nicht alle sprechen so.
Nun, hier heißt es doch, der Pharao wurde dazu bestimmt, verloren zu gehen. Gott hat ihn verhärtet. Wo steht dieses Zitat „Eben hierzu habe ich dich erweckt“? Das ist ein Zitat aus 2. Mose 9,16.
Und was war gerade vorher geschehen? Da heißt es: „Der Herr verhärtete das Herz des Pharao.“ Sehen wir das? 2. Mose 9,12: „Und der Herr verhärtete das Herz des Pharao, und er hörte nicht auf sie, wie der Herr zu Mose geredet hatte.“
Und dann kommt eben dieses Zitat aus Vers 16, das im Neuen Testament aufgenommen ist. Gott hat sein Herz verhärtet, seht ihr das? Er wollte ihn nicht retten, er wollte ihn für die Verdammnis.
Lesen wir auch noch, was vorher in den Kapiteln steht. Ja, da lesen wir, dass der Pharao sechsmal sein Herz verstockte. Ich habe hier alle Stellen auf dem Blatt aufgeführt. Ich lese vor, was ich da geschrieben habe zu 14 bis 18:
Beispiel des Gerichts über den Pharao: Der Herr gab dem Pharao durch gewaltige Zeichen und Wunder zu erkennen, dass die Götter Ägyptens Nichtse sind und dass er der wahre Gott ist (2. Mose 7 und folgende).
Übrigens richten sich alle diese Plagen an die verschiedenen Götter von Ägypten. Zum Beispiel der Nil – das war der Fruchtbarkeitsgott Happi, der Lebensspender. Aber der Gott Israels sagt: Der Nil ist ein Fluss des Todes, das Wasser wurde Blut.
So konnte der Pharao erkennen: Was ist Happi? Gar nichts! Wenn der Herr, der Gott dieses Sklavenvolkes, sagt: „Jetzt ist aus mit dem Nil“, dann ist aus mit dem Nil.
Und alle weiteren Plagen richten sich gegen die ägyptische Götterwelt. Wenn man diese kennt, ist das fantastisch. Das war ein Gericht über alle diese Götter von Ägypten.
Das zweitletzte Beispiel greife ich nur heraus, das ist jetzt nicht unser Thema: Finsternis über Ägypten. Ra, der Sonnengott – es gab mehrere Sonnengötter in Ägypten, das waren wirklich die ganz wichtigen Götter. Aber wenn der Gott Israels sagt: „Jetzt ist dunkel“, dann haben Ra, Atum und wie diese Sonnengötter alle heißen, gar nichts zu melden.
So konnte also der Pharao erkennen, dass die Götter Ägyptens Nichtse sind, aber der Herr der wahre Gott ist.
Und wir lesen sechsmal, dass der Pharao sein Herz verhärtete. Ich habe alle Stellen angegeben: 2. Mose 7,13; 7,22; 8,11; 8,15; 8,28; 9,7.
Erst beim siebten Mal heißt es, dass die Verhärtung durch Gott geschah (9,12). Das bedeutet, damit war seine Gnadenzeit beendet, und schließlich musste er im Roten Meer sterben (2. Mose 15).
Gott hatte ihn in seiner Barmherzigkeit also in 2. Mose 14 und 15 – ja, manchmal sind die Bibelstellen da ein bisschen falsch. Auch früher habe ich gesagt: Vorkenntnis Gottes, Römer 8, Vers 27, und dabei ist es Vers 30.
Man muss halt manchmal in der Bibel ein bisschen schauen, und dann ist es gleich daneben, weil ich aus dem Gedächtnis manchmal daneben war. Das kommt schon mal vor.
Und dann eben auch hier: 2. Mose 14,15 geht es um das Rote Meer und eben der Pharao kam um. Gott hatte in seiner Barmherzigkeit Zeit zur Umkehr gegeben und ihm die nötigen Beweise geschenkt.
Dieses Beispiel unterstützt nicht die falsche Lehre, dass Gott einen Teil der Menschheit einfach für die Hölle bestimmt habe. Aber Gott entscheidet souverän darüber, wie lange die Gnadenzeit auf Erden dauert.
Bei manchen dauert sie länger, wie bei den Israeliten nach dem goldenen Kalb, bei anderen weniger lang. Und sechsmal – das hat schon etwas zu sagen.
In Hiob 33,29 sagt Elihu, er spricht davon, wie Gott zu den Heidenmenschen spricht, die keine Bibel haben, durch Krankheit, und er sagt dort sogar im Traum, im Nachtgesicht:
„Wenn tiefer Schlaf die Menschen befällt, dann eröffnet er ihre Unterweisung.“ Menschen, die keine Bibel haben, sagen das nicht wie wir, die eine Bibel haben.
Und dann sagt Elihu: Das macht Gott zwei-, dreimal mit dem Mann, um ihn abzuhalten vor dem Rennen ins Geschoss.
Aha, also Gott gibt – das ist poetisch ausgedrückt – zwei-, dreimal, dreimal mindestens. Das ist ein Zahlenspruch, da wird das Letzte betont, hervorgehoben: dreimal die Chance, sich zu bekehren im Leben jedes Menschen, auch der Heiden.
Und er hat auch das Zeugnis der Schöpfung, sagen Römer 1 und 2.
Calvin sagt das ganz anders. Er sagt, ich kann das angeben, das ist in Institutio 3,24. Dort sagt er, dass der schlagendste Beweis, dass Gott einen Teil der Menschheit von vornherein verloren gehen ließ, dieses sei:
In der Zeit im Alten Testament die Heidenvölker, die nichts gehört haben von der Bibel, die habe er alle verloren gehen lassen. Das sei der Beweis.
Wie? Nein, Römer 1 und 2 sagen, dass Gott durch die Schöpfung zu ihnen spricht und durchs Gewissen, und Hiob 33 durch Krankheit, durch Träume – dreimal mindestens –, um den Menschen abzuhalten von dem Rennen ins Geschoss.
Und Pharao sechsmal, zweimal, dreimal. Vielleicht könnten viele von uns sagen: „Oh, bei mir war es noch mehr, bis ich mich endlich bekehrt habe.“
Aber Pharao ist kein Beleg, dass Gott Menschen einfach verworfen hat von vornherein.
Ja, aber jetzt, hier, jetzt kommt’s! Vers 19:
„Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden?“
Jetzt kommt einer mit dem Einwand: Gott kann doch eigentlich dem Menschen nichts vorwerfen, Gott macht ja, was er will. Dann kann Gott doch keinen Vorwurf machen.
Und dann kommt die Antwort: Nein, so ist es nicht. Denn wer hat seinem Willen widerstanden?
Und jetzt kommt die Antwort: „Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott?“
Also als Menschen müssen wir uns sowieso zurücknehmen und nicht irgendwie Gott mit Vorwürfen begegnen. Das geht ja gar nicht, wir sind ja Geschöpfe.
Aber jetzt erklärt Paulus: Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht?
Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Unehre zu machen?
Ja, jetzt kommt das Bild vom Töpfer, und es ist uns klar: Ein Töpfer macht ein Gefäß, und er kann machen, was er will.
Er kann daraus ein Gefäß machen, das man dann verwendet im Palast eines Königs – sein Gefäß zur Ehre.
Aber der gleiche Töpfer kann sagen: Nein, aus diesem Ton mache ich ein Gefäß, das braucht man später in der Toilette, um Wasser zu schöpfen.
So in Thailand braucht man das, das muss man immer selber machen, da kann man nicht auf den Knopf drücken.
Das ist jetzt nicht gerade sehr ehrenvoll, nicht wahr? Ein Toilettengefäß zu sein.
Aber der Töpfer kann dasselbe bestimmen, ob ein Gefäß zur Ehre oder ein Gefäß zur Unehre wird.
Also der Mensch kann da gar nichts sagen. Der Töpfer hat Macht, so und so zu entscheiden.
Und jetzt sagt einer: Ja, siehst du, darum kann Gott ein Gefäß machen, das kommt in die Hölle, und ein anderes Gefäß, das kommt in die Herrlichkeit.
Hier steht nichts von Hölle. Es steht, dass der Töpfer machen kann, was er will.
Und das ist übrigens eine Anspielung auf Jeremia 18, wo der Prophet zum Töpfer gehen muss.
Wir haben nicht die Zeit, um das im Detail noch anzuschauen, aber man kann es für sich lesen, Jeremia 18,1-17.
Und gerade dort wird gezeigt, der Töpfer kann machen, was er will.
Und Gott sagt dort: Wenn Menschen Buße tun auf mein Wort hin, dann begnadige ich sie, und wenn sie störrisch sind, dann kommen sie unter das Gericht.
Es geht beim Töpfer überhaupt nicht um Mutwilligkeit.
Der, der unter das Gericht kommt, der kommt auch unter Gnade? Nein.
Dort geht es genau darum: Wer umkehrt und Buße tut, der wird gerettet, und wer widersteht, der kommt unter das Gericht.
Es geht nicht um einen Tyrannen in Römer 9, sondern um den souveränen Gott, der über allem steht, aber nach Gerechtigkeit handelt.
Also Vers 19 bis 21 ist soweit gerade das Gegenteil von Calvinismus.
Gottes Zorn und Gnade in der Erwählung
Aber jetzt kommt es, jetzt kommt es, Vers 22: Wenn aber Gott willens ist, seinen Zorn zu erweisen und seine Macht kundzutun, hat er mit vieler Langmut die Gefäße des Zorns ertragen, die zubereitet sind zum Verderben. Und damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat.
So, jetzt haben wir es. Da sind die Gefäße, die der Töpfer zubereitet hat für den Zorn, und da sind die zur Begnadigung. Lesen wir genau: Bitte, hier steht, Gott ist willens, seinen Zorn zu erweisen. Er ist bereit, einmal als Richter aufzutreten. Aber dann wird gesagt, dass er mit vieler Langmut die Gefäße des Zorns ertragen hat.
Und wichtig: Hier steht nicht Gefäße zur Unehre, sondern Gefäße des Zorns, nicht wahr? Jakob war ein Gefäß zur Ehre, Esau ein Gefäß zur Unehre, weil er von Jakob beherrscht werden sollte. Aber hier geht es um Gefäße des Zorns.
Und bitte, wer hat sie zubereitet? Das steht nicht. Gott hat sie zubereitet? Wer eine Bibelübersetzung hat, in der steht, dass Gott die Gefäße zubereitet hat, das ist falsch. Im griechischen Grundtext steht es so, wie in der CSV, Hückerswagen, wie in der Alten, Elberfelder: „mit vieler Langmut ertragen hat er die Gefäße des Zorns, die zubereitet sind zum Verderben.“ Es wird nicht gesagt, wer sie zubereitet hat.
Aber wir können es schon längst wissen aus Römer 2, Vers 4: „Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Gerichts.“ Also die Gefäße des Zorns, das sind die Menschen, die sich selbst zubereitet haben zum Zorn. Das wird nicht Gott zugeschrieben.
Ab jetzt bitte genau lesen in Vers 23: „Und damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat.“ Da ist Gott der Handelnde.
Ja, alle Bekehrten können sagen: Ich hätte von mir aus den Herrn nicht gesucht, aber er hat gezogen, und darum konnte ich zur Bekehrung kommen. Aber ich würde nie sagen, es ist einfach Schicksal, dass ich gerettet wurde und ein anderer nicht gerettet wurde.
Nein, es ist ein Unterschied, ob jemand sich ziehen lässt und dann Buße tut oder jemand, der bis zum Tod Widerstand leistet. Das lehrt die Bibel.
Und jetzt sagt Paulus in Vers 24: „Uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen.“ Dieses „uns“ ist so schön. Da macht Paulus klar: Hier geht es nicht einfach um eine theoretische Abhandlung. Das betrifft uns ganz direkt.
Wir sind diese Gefäße zur Herrlichkeit, diese Phase der Begnadigung, die Gott zur Herrlichkeit bereitet hat. Er hat uns gezogen, und so konnten wir gerettet werden. Aber nicht schicksalshaft, sondern der Mensch ist verantwortlich, ob er sich bekehrt oder nicht, wenn Gott ihn zieht.
In diesen Gelegenheiten, wo Gott es möglich macht, dass der Mensch eine Willensentscheidung fällen kann. Das macht Gott. Und so ist der Mensch nicht einfach willenlos.
Der Überrest Israels und die Rettung aus den Nationen
Und dann die weiteren Verse. Jetzt können wir es wirklich ganz flott machen, denn wir haben es geschafft: Das Wesentliche ist jetzt geklärt.
In den Versen 25 bis 29 finden wir vier Stellen aus Hosea und Jesaja, die belegen, dass das Israel Gottes, das wahre Israel, die wahrhaft Bekehrten aus Israel sind. Es ist der gläubige Überrest aus Israel, der im Alten Testament ganz klar gelehrt wird. Nicht alle, die von Abraham abstammen, sind automatisch das wahre Israel, sondern nur der Überrest, der gerettet wird.
Die Verse 30 bis 33 zeigen, dass die falsche Meinung, man könne durch eigene Anstrengung gerettet werden, die Masse in Israel dazu geführt hat, über das Angebot der Rettung durch den Messias Jesus zu stolpern. Das war das Hindernis. Im Gegensatz dazu haben die Gläubigen aus den Nationen, die das Evangelium gehört haben, nicht gesagt: „Oh, ich möchte zuerst etwas leisten.“ Nein, sie haben gesagt: „Wunderbar, es gilt auch für uns!“
Das führt uns zu Kapitel 10. Wenn es um die Errettung geht, gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden. Das wird in Kapitel 10, Verse 12 bis 13, wiederholt: Kein Unterschied, wenn es um die Errettung geht. Die Rettung geschieht allein aus Glauben an den Herrn Jesus und sein vollbrachtes Erlösungswerk.
Israel konnte aus dem Alten Testament wissen, dass man auf der Grundlage von Gesetzeswerken nicht gerettet werden kann. Das lässt sich im Alten Testament beweisen. Das Wort war ihnen ganz nahe, sie mussten nicht bis ans Ende der Welt gehen, um das zu erfahren. Das Wort ist ihnen ganz nahe, sagt dieses Kapitel. Aber ihr Gesetzseifer war ein schlimmes Hindernis.
Die Heiden hatten das Wort Gottes nicht. Paulus erklärt weiter, dass darum Prediger ihnen die frohe Botschaft bringen müssen. Jesaja hatte vorausgesagt, dass es eine überwältigende Aufnahme des Evangeliums unter den Heiden geben würde. Und das ist in den vergangenen zweitausend Jahren geschehen.
Jetzt zu Kapitel 11. Dort stellt Paulus die Frage: Hat Gott Israel verworfen? Und er sagt: Nein. Interessanterweise wird gerade unter den klassischen Calvinisten bejaht, dass Israel als Nation keine Bedeutung mehr für die Zukunft hat. Sie haben sich viel mit Römer 9 bis 11 beschäftigt, aber sehen das nicht so. Es gibt jedoch auch Calvinisten, die das anders sehen.
Der klassische Calvinismus lehnt Israel als Volk Gottes ab. Sie sagen dann, was heute mit Israel geschieht, etwa die Staatsgründung vor siebzig Jahren, habe nichts mit der Bibel zu tun. Doch das stimmt nicht. Jetzt erfüllt sich das Wort Gottes vor unseren Augen, und viele Prophezeiungen erfüllen sich sichtbar. Römer 11 hat das schon vor zweitausend Jahren geklärt: Gott hat Israel nicht verworfen.
Israel ist auf die Wartebank gesetzt worden. Israels Fall wurde zur großen Chance für die Heidenvölker. Die Gläubigen aus den Heidenvölkern haben heute das Zeugnis Gottes auf Erden übernommen. Zusammen mit dem heutigen Überrest aus Israel, der in Kapitel 11, Vers 5 erwähnt wird: die gläubigen Juden in dieser Zeit. Zusammen mit den Gläubigen aus den Heiden bilden sie das Zeugnis.
Diese Heiden sind in diesen Zeugnisbaum, den Ölbaum, eingepfropft worden. Dann wird erklärt, dass Gott eine bestimmte Anzahl von Heiden festgelegt hat, die zum Glauben kommen werden. Das ist die Vollzahl der Nationen (11, Vers 25). Sobald der Letzte zum Glauben kommt, wird die Entrückung stattfinden (1. Thessalonicher 4,13-18).
Danach wird Israel wieder das Zeugnis übernehmen als irdisches Volk, so wie zur Zeit des Alten Testaments (Römer 11,25-27). Ich ergänze: Gemäß Sacharja 13,8-9 werden in der kommenden großen Drangsal zwei Drittel der Bevölkerung in Israel umkommen. Aber ein Drittel wird überleben, sich bekehren und von Gott als sein Volk anerkannt werden.
So wird ganz Israel gerettet werden, sagt Römer 11. Wie geht das? Ein Drittel? Ja, wenn der Drittel überlebt, dann ist dieser Drittel danach das Ganze. Das ist Mathematik. Dieses Israel wird wahres Israel sein, weil dieser Drittel alle bekehrt und echte Gläubige sind. Als Nachkommen von Abraham, Isaak und Jakob werden sie als Same gerechnet.
Darum steht in Sacharja 8,13, dass Gott sie anerkennt als sein Volk. Über all diesen verschlungenen und erstaunlichen Plänen und Wegen kann man nur noch Gott anbeten. Sein Handeln mit Israel und den Heiden ist wunderbar und übersteigt alle Erkenntnis.
So endet Römer 11,33-36: O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerechte und unergründlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Er war souverän, kein Mitberater. Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge. Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.
Damit wird deutlich: Gott ist souverän. Man muss das Wort immer wieder erklären oder es anders ausdrücken. Aber er ist kein Tyrann, und das ist so wichtig. Dieser Gott ist anbetungswürdig. Er ist kein Tyrann, sondern ein wunderbarer Gott der Gnade, aber auch des Gerichts – des verdienten Gerichts.
Darum wird Gott im Gericht auch verherrlicht werden, weil es absolut gerecht sein wird und nichts Mutwilliges enthält. Ja, wir wollen hier für heute Morgen schließen.
