Guten Abend, ich möchte alle ganz herzlich begrüßen. Wir kommen heute zu Lukas 19,11-27. Dort finden wir das Gleichnis von den zehn Pfunden. Es ist der Abschluss von Teil B4.
Anschließend folgt der triumphale Einzug des Herrn Jesus nach Jerusalem, beschrieben in Lukas 19,28-44. Damit beginnt der letzte Teil. So wird Teil B5 bis zum Schluss eröffnet.
Wir haben bereits gesehen, dass Teil B4 so aufgebaut ist, dass sich das Gleichnis der zehn Pfunde mit der ersten Geschichte dieses Abschnitts spiegelt. Dort geht es um die Heilung der zehn Aussätzigen.
Man erkennt die Parallele: Dort handelt es sich um die zehn Aussätzigen, hier um die zehn Knechte mit den zehn Pfunden. Von den Aussätzigen kehrt einer zurück, der Samariter. In diesem Gleichnis geht es darum, dass der Herr Jesus zurückkehrt.
Jetzt wollen wir zunächst das Gleichnis lesen, Verse 11 bis 27, bitte.
Einführung in das Gleichnis der zehn Pfunde
Gleichnis von den Anvertrauten gefunden.
Während sie dies hörten, fügte er noch ein Gleichnis hinzu, weil er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, dass das Reich Gottes sogleich erscheinen sollte. Er sprach nun:
Ein hochgeborener Mann zog in ein fernes Land, um ein Reich für sich zu empfangen und wiederzukommen. Er berief zehn seiner Knechte und gab ihnen zehn Pfunde. Er sprach zu ihnen: „Handelt damit, bis ich wiederkomme.“
Seine Bürger aber hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her. Sie ließen sagen: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns König sei.“
Und es geschah, als er zurückkam, nachdem er das Reich empfangen hatte, da sagte er, man solle diese Knechte, denen er das Geld gegeben hatte, zu ihm rufen, damit er erfahre, was jeder erhandelt habe.
Der Erste aber kam herbei und sagte: „Herr, dein Pfund hat zehn Pfunde hinzugewonnen.“
Er sprach zu ihm: „Recht so, du guter Knecht! Weil du im Geringsten treu warst, sollst du Vollmacht über zehn Städte haben.“
Der Zweite kam und sagte: „Herr, dein Pfund hat fünf Pfunde eingetragen.“
Er sprach auch zu diesem: „Und du sei über fünf Städte.“
Ein anderer kam und sagte: „Herr, siehe, hier ist dein Pfund, das sich in einem Schweisstuch verwahrt hielt, denn ich fürchtete dich, weil du ein strenger Mann bist. Du nimmst, was du nicht hingelegt, und du erntest, was du nicht gesät hast.“
Er spricht zu ihm: „Aus deinem Munde werde ich dich richten, du böser Knecht! Du wusstest, dass ich ein strenger Mann bin, der ich nehme, was ich nicht hingelegt, und ernte, was ich nicht gesät habe.
Und warum hast du mein Geld nicht in eine Bank gegeben? Wenn ich gekommen wäre, hätte ich es mit Zinsen eingefordert.“
Er sprach zu den Dabeistehenden: „Nehmt das Pfund von ihm und gebt es dem, der die zehn Pfunde hat.“
Sie sprachen zu ihm: „Herr, er hat ja schon zehn Pfunde.“
Er sagte: „Ich sage euch: Jedem, der da hat, wird gegeben werden. Von dem aber, der nicht hat, wird selbst, was er hat, weggenommen werden.“
Doch jene, meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie König würde, bringt her und erschlagt sie vor mir.“
Kontext und Verbindung zum bisherigen Evangelium
Die Situation ist folgende: Wir haben beim letzten Mal gesehen, dass der Herr Jesus nach Jericho kommt. In Lukas 19,1 heißt es: „Und er kam hinein und zog durch Jericho.“
Beim letzten Mal haben wir uns mit der Rettung eines reichen Mannes beschäftigt, Zacchaeus. Obwohl im vorherigen Kapitel gesagt wurde, dass es leichter ist, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelangt, sehen wir hier eine eindrückliche Illustration. Was für Menschen unmöglich ist (Lukas 18,27), das ist bei Gott möglich. Zacchaeus wird gerettet. Jesus sagt in Lukas 19,9: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren“, denn auch Zacchaeus ist ein Sohn Abrahams.
Weiter heißt es: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“
Was jetzt folgt, ist ganz direkt damit verbunden. In Vers 11 lesen wir: „Als sie aber dies hörten, fügte er noch ein Gleichnis hinzu, weil er nahe bei Jerusalem war.“
Wir haben bereits gesehen, dass im zweiten Teil B des Lukas-Evangeliums die Reise des Herrn Jesus im Mittelpunkt steht. Das Endziel ist Jerusalem und danach die himmlische Herrlichkeit. Jetzt ist der Herr Jesus also in Jericho. Dort hat er den blinden Bettler geheilt, was noch am Ende von Kapitel 18 beschrieben wird.
Im Kontrast zu diesem armen Bettler, den er gerettet hat, sehen wir, dass er auch den reichen, steinreichen Zacchaeus errettet hat. Nun geht er zur letzten Station, nach Jerusalem.
Der Weg nach Jerusalem und die Bedeutung des Gleichnisses
Es ist tatsächlich nicht so weit von Jericho bis Jerusalem. Der Weg führt typischerweise durch das Wadi Qelt hinauf. Dieses Tal ist ein markant tief eingeschnittenes Tal in der Wüste. Dort kann man heute noch Überreste der Römerstraße sehen. Man kann diese Straße hinaufwandern, durch dieses Tal.
Gewissermaßen erinnert das an das Lied von Margret Birkenfeld: „Für mich gingst du nach Golgatha, nach Empfinden.“ Das ist der letzte Weg des Herrn hinauf nach Jerusalem.
An diesem Punkt fügt Jesus noch ein Gleichnis hinzu. Damit schließt er Teil vier ab, dessen Thema „Vorbereitung auf das Herrschen im Königreich“ ist. Dieses Gleichnis ist gewissermaßen der Höhepunkt und Abschluss dieses Teils.
In Vers elf wird noch gesagt: „Weil er nahe bei Jerusalem war, meinten sie, dass das Reich Gottes sogleich erscheinen sollte.“ Im Lukasevangelium haben wir immer wieder das Thema vom Reich Gottes gesehen. Dabei gibt es drei Phasen des Reiches Gottes.
Die erste Phase ist: Der König ist da. Jesus sagt in Lukas 17, das Reich Gottes sei mitten unter euch, weil er, der König, da war. Doch dieser König wurde verworfen. Daraus entstand eine zweite Phase, Phase zwei, in der der König in die himmlische Herrlichkeit weggeht. Er übergibt seinen Knechten Aufgaben, bis er wiederkommt.
Die Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit wird die dritte Phase bringen, Phase drei. Das ist das tausendjährige Friedensreich, so wie das Reich Gottes im Alten Testament klar und ausführlich angekündigt wurde.
Die Zwischenphase zwei war im Alten Testament nicht angekündigt. Deshalb nennt Jesus sie in Matthäus 13, wo er das ausführlich behandelt, „die Geheimnisse des Reiches der Himmel“. Ein Geheimnis im Neuen Testament ist eine Wahrheit, die im Alten Testament nie offenbart wurde, im Neuen Testament aber enthüllt wird.
In diesem Gleichnis erfahren wir viel über alle drei Phasen des Reiches Gottes. Besonders wichtig ist der Ausdruck „weil sie meinten, dass das Reich Gottes sogleich erscheinen sollte“. So war die jüdische Erwartung: Der Messias kommt einmal, kündigt an, dass das Reich Gottes nahe sei, und dann beginnt plötzlich die Weltherrschaft.
Deshalb waren alle, die dachten, das müsse der Messias sein oder könnte der Messias sein, jetzt ganz gespannt. Sie erwarteten, dass in diesem Moment das Reich Gottes in seiner ganzen Herrlichkeit offenbart wird.
Warnung vor falschen Messiasserwartungen
Warum sage ich das? Unter anderem deshalb, weil Jesus angekündigt hat, dass viele falsche Messiasse unter seinem Namen kommen werden. Das hat er in Lukas 21 angekündigt. Darauf kommen wir später noch bei seiner Endzeitrede zurück.
Wer Lukas 21,8 liest, findet folgende Worte: „Er aber sprach: Seht zu, dass ihr nicht verführt werdet, denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: ‚Ich bin es!‘ und: ‚Die Zeit ist nahe gekommen!‘ Gebt ihnen nicht nach.“
Jesus hat also angekündigt, dass in der Phase nach seiner Himmelfahrt viele falsche Messiasse auftreten werden. Diese werden sagen, die Zeit sei nahe gekommen, und die Menschen erwarten dann: Jetzt, jetzt, jetzt kommt das Reich Gottes.
So war es auch beim letzten falschen Messias. Wer war das? Rabbi Menachem Mendel Schneerson aus New York. Er ist 1993 verstorben. Er hat selbst nie gesagt, dass er der Messias sei, aber etwa 300 seiner Anhänger behaupteten das von ihm.
Du greifst hier schon etwas voraus, denn zuerst musste er ja noch sterben. Er hat also nie selbst gesagt, ich bin der Messias, aber auch nie gesagt, ich sei es nicht. In Israel wurde bereits ein Haus für ihn gebaut, für den Moment, wenn er das Reich Gottes offenbaren würde. Dann sollte er von New York nach Israel gehen – zum ersten Mal in seinem Leben. Er ist jedoch nie nach Israel gereist.
Seine Anhänger dachten, wenn der Moment kommt, wird das Reich Gottes erscheinen. Er wird in das Haus in Israel einziehen. Wie Philipp gesagt hat, ist er verstorben, und seither warten sie auf seine Auferstehung.
Das war einer von über fünfzig falschen Messiasse, die in der Zeit zwischen Jesu Himmelfahrt und heute aufgetreten sind. Immer wieder sind solche Personen erschienen, die die Menschen elektrisierten und die dachten, jetzt kommt der Moment, in dem sich das Reich Gottes offenbart.
Aber das war auch so bei Jesus selbst. Die Menschen dachten, jetzt werde das Reich Gottes erscheinen. Doch sie verstanden nicht, was Gottes Plan war: Der Messias sollte zuerst kommen, um für unsere Sünden zu sterben. Erst später, wenn er wiederkommt, wird er das Reich aufrichten.
Deutung des Gleichnisses: Der hochgeborene Mann und das ferne Land
Als Antwort auf die falsche Meinung „Jetzt kommt das Reich Gottes“ gibt der Herr Jesus die Informationen durch das Gleichnis. In Vers 12 heißt es: Ein gewisser hochgeborener Mann – wer ist das in der Deutung? Das ist der Herr Jesus. Er ist dieser hochgeborene Mann.
Im Alten und Neuen Testament gibt es Hunderte von Namen Gottes. Alle diese Namen drücken einen großen Reichtum aus. Ich habe mir in meiner Bibel angewöhnt, alle Namen Gottes mit einer besonderen orangenen Farbe anzustreichen. So wird deutlich, dass es sich um einen Namen Gottes handelt, des Messias, des Sohnes Gottes.
Ein gewisser hochgeborener Mann zog in ein fernes Land. Was bedeutet dieses ferne Land im Gleichnis? Es ist der Himmel. Das ist der Punkt: Der Messias ist ein erstes Mal gekommen, hat 33 Jahre als Mensch gelebt, ist gestorben, auferstanden und wieder in den Himmel zurückgekehrt. Das entspricht dem hochgeborenen Mann, der in ein anderes Land geht, um dort ein Reich für sich zu empfangen.
Wir müssen uns vorstellen: Der Herr Jesus ist als Mensch gestorben, auferstanden und 40 Tage nach der Auferstehung vom Ölberg aus in den Himmel zurückgekehrt, wie es in Apostelgeschichte 1 beschrieben wird. Wie wurde er dort empfangen? Mit welchen Worten? Wir wissen es: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ Diese Worte sprach Gott, als Jesus als Mensch in die Welt kam. Es ging um seine Menschwerdung.
Aber was waren die Worte Gottes, als Jesus in den Himmel kam? Psalm 110 ist ein Psalm, der im Judentum weit bekannt ist als messianischer Psalm, also ein Psalm, der auf den Messias hinweist. Darf ich bitten, Edmund, lies uns Vers 1: „Spruch des Herrn für meinen Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße.“
Gott, der Vater, sprach zu ihm: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel deiner Füße.“ So hat sich Jesus zur Rechten der Majestät im Himmel gesetzt – aber als Mensch. Das ist das Gewaltige und Grandiose: Als Mensch hat er sich auf die rechte Seite Gottes, des Vaters, gesetzt – auf den Thron.
Der Thron ist natürlich die himmlische Bundeslade. Die Bundeslade selbst ist der Schemel der Füße, darüber befinden sich die Cherubim, und über den Cherubim ist Gottes Thron. Dort hat sich der Herr als Mensch gesetzt. Das Wort „bis“ ist dabei ganz wichtig: „Bis ich gelegt habe alle Feinde zum Schemel deiner Füße.“ Das macht klar, dass es eine lange Zeit geben wird, bis alle Feinde ihm unterworfen sind.
So ist der Herr in den Himmel zurückgekehrt und hat sich auf die rechte Seite Gottes gesetzt. Ich möchte nur eine kleine Andeutung von der Bundeslade machen. Ich bin kein Leonardo da Vinci, darum zeichne ich nur den unteren Teil der Bundeslade, die Cherubim kann man sich selbst vorstellen.
Vielleicht noch ein Detail: Hier steht „Der Herr sprach“. Im Hebräischen steht dort „Yahweh“, also der Ewige, der Unwandelbare. Er sprach zu „meinem Herrn“. Im hebräischen Text steht „Adoni“, was „mein Herr“ bedeutet. „Adoni“ ist eigentlich das normale Wort, wenn man jemanden in Israel auf der Straße anspricht. Zum Beispiel sagt man: „Slecha, Adoni“, also „Entschuldigung, mein Herr, ich möchte den Weg wissen. Wie geht man zum Hotel?“ So verwendet man „Adoni“.
Aber in Vers 5 kannst du das noch lesen, Edmund? Dort heißt es: „Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns.“ Wer ist dieser Herr zu deiner Rechten? Das ist der Messias, der sich auf die rechte Seite Gottes gesetzt hat.
In diesem Vers wird von diesem Herrn, der sich gesetzt hat, im hebräischen Text „Adonai“ verwendet. Das darf man niemandem auf der Straße sagen. „Adoni“ ist in Ordnung, aber „Adonai“ darf man nur für Gott verwenden. In den Gebeten spricht man Gott mit „Adonai“ an. Es ist eigentlich die Mehrzahlform von „mein Herr“ – „meine Herren“ –, wird aber als Ehrentitel für Gott verwendet.
So wird Jesus hier „Adonai“ genannt, und damit wird klar, dass er Gott ist. Eine Frage dazu: Wenn man mehrere Männer auf der Straße anspricht, kann man dann „Adonai“ sagen? Nein, dann sagt man „Rabotei“. Wenn man in Israel einen Vortrag beginnt, sagt man zum Beispiel: „Virabotei, Shalom Urachah“ – „Meine Damen und Herren, Friede und Segen.“ Für die Mehrzahl braucht man also „Rabotei“, nicht „Adonai“.
Das ist eine sehr gute Frage, und ich bin dankbar dafür, denn so wird die Sache auf den Punkt gebracht: Der Herr Jesus ist dieser Herr als Mensch zur Rechten Gottes, und er ist Gott, er ist „Adonai“. Nun wartet er auf den Zeitpunkt, an dem alle Feinde ihm unterworfen sein werden.
Jetzt gehen wir weiter in Lukas 19. Dort heißt es: „Ein gewisser hochgeborener Mann zog in ein fernes Land, um ein Reich für sich zu empfangen und wiederzukommen.“ Das Ziel ist, dass er in den Himmel geht und dort als Mensch auf dem Thron Gottes zum König über alle Könige erklärt wird.
Der nächste Schritt ist der Tag, an dem er als König der Könige erscheint, um die Feinde zu richten, wie wir es in Psalm 110 gelesen haben. Im Gleichnis wird das so ausgedrückt: Er geht, empfängt dieses Reich – das ist das Sitzen zur Rechten Gottes. Dort wird ihm alle Macht offiziell zugesprochen. Dann soll er wiederkommen.
Der Auftrag an die Knechte in der Zwischenzeit
Bevor er geht, ruft er seine zehn Knechte oder zehn seiner Knechte und übergibt ihnen zehn Pfunde mit dem Auftrag: „Handelt, bis ich komme!“ Das ist also die Devise für diese Zwischenzeit: Handelt, bis ich komme.
Hier wird nun erklärt, was in Phase zwei der Auftrag ist für diejenigen, die Jesus Christus als Herrn bereits anerkennen, bevor er offiziell als König über alle Könige erscheinen wird. Phase eins war, dass der König in die Welt kommt. Phase zwei ist, dass der König im Himmel ist, aber seine Knechte handeln müssen, bis er wiederkommt. Phase drei wird dann das tausendjährige Friedensreich sein.
Nun, Vers 14, liest du ihn nochmals, Edmund? „Seine Bürger aber hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns König sei.“
Danke. Also die Bürger, seine Bürger, hassen ihn und lehnen ihn als König ab. Vielleicht steht in manchen Übersetzungen auch „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ Aber das ist gut wiedergegeben in der Übersetzung von Edmund. Es ist „Basiloio“, was „herrschen als König“ bedeutet. In „Basiloio“ steckt das Wort „Basilois“, das heißt König. Es geht also wirklich um einen König! Dieser hochgeborene Mann hat Anspruch darauf, als König zu regieren.
Wer sind seine Bürger? Das ist sein eigenes Volk. Zum Zusammenhang siehe Johannes 1, Verse 10 und 11: „Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn; und die Welt kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an.“ So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes geboren sind, sondern aus Gott.
Jawohl, er kam in diese Welt. Er selbst war der Schöpfer, wie klar gesagt wird: Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn erschaffen. Der Sohn hat die Welt erschaffen und kam als Schöpfer in diese Welt, aber die Welt kannte ihn nicht. Das meint ganz allgemein die Menschheit. Dabei war der Schöpfer unter uns auf Besuch.
Dann heißt es: „Er kam in das Seine“, und das meint das Volk Israel, das auserwählte Volk unter allen Völkern. Wie war es dort? Die Antwort lautet: Die Seinen nahmen ihn nicht an. Sogar sein eigenes Volk, die Masse, hat ihn verworfen. Es gab zwar einen Überrest, und das sind in Vers 12 „so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“ Ein kleiner Überrest erkannte ihn und nahm ihn an. Wenn wir dann von diesen treuen Dienern hören, müssen wir an diese Kinder Gottes denken, die ihn erkannt und angenommen haben.
Was ist mit dieser Gesandtschaft? In Apostelgeschichte 1 lesen wir von der Himmelfahrt des Herrn Jesus, und zehn Tage später, an Pfingsten, beginnen die Nachfolger Jesu, das Evangelium vom Messias zu predigen, der für unsere Sünden gestorben ist, auferstanden ist und in den Himmel zurückgekehrt ist. Petrus sagt in seiner Pfingstpredigt, dass Gott Jesus zum Herrn gemacht hat. Dabei zitiert er Psalm 110: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten.“ Jesus wird dort mit dem Titel „Herr“ angesprochen, und dieser Titel wird ihm als Mensch offiziell übergeben.
Weiter lesen wir, wie die Jünger Zeugnis ablegten. Ein Jahr später kam die Ablehnung des Zeugnisses durch Stephanus, der getötet wurde. Er rief: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ und ging in den Himmel. Das war gewissermaßen eine Gesandtschaft, die geschickt wurde. Man kann sagen, er war der erste Märtyrer, der erste Zeuge des Herrn, der durch den Tod gehen musste. Andere folgten ihm nach. Diese Gesandtschaft wurde in ein fernes Land geschickt mit der Botschaft: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“
Das ist ein wichtiger Punkt: Apostelgeschichte 7 zeigt, wie Stephanus vor dem Sanhedrin, dem obersten Gerichtshof Israels, vor dem Hohenpriester stand und klar bezeugte, dass Jesus Christus der Messias ist. Sie lehnten dieses Zeugnis ab und schickten ihn fort, um die Botschaft in den Himmel zu bringen: „Wir wollen nicht, dass dieser König über uns sei.“
In Vers 15 heißt es: „Und es geschah, als er zurückkam, nachdem er das Reich empfangen hatte ...“ Hier wird zum Punkt der Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit gesprungen. Leandro, gute Frage! In Apostelgeschichte 7 sieht Stephanus am Schluss den Himmel geöffnet und den Herrn Jesus zur Rechten Gottes stehen. Das überrascht. Warum steht er da?
Viele Stellen im Neuen Testament bezeugen, dass der Herr Jesus in den Himmel gegangen ist und sich zur Rechten Gottes gesetzt hat. Doch hier steht er. Der Grund ist: In vielen Psalmen wird gebetet, dass Gott aufstehen und eingreifen möge. Wenn der Herr Jesus zurückkehrt, wird er vom Thron Gottes aufstehen, wiederkommen und sein Reich aufrichten.
Das eine Jahr bis zum Tod von Stephanus war die letzte Chance für Israel. Davon haben wir auch gehört, als wir Lukas 13 betrachtet haben, speziell den Feigenbaum in den Versen 6 bis 9. Dort sucht der Herr Jesus drei Jahre lang Frucht an dem Feigenbaum, ein Bild für Israel, in den Jahren 29 bis 32 nach Christus. Der Feigenbaum bringt keine Frucht, und das Urteil lautet, er soll abgehauen werden. Der Gärtner, ein Bild für den Heiligen Geist, bittet um ein weiteres Jahr, um Dünger auszubringen und es noch einmal zu versuchen. Wenn er dann keine Frucht bringt, soll er abgehauen werden. Dieses Jahr wurde gewährt.
Dieses eine Jahr in Apostelgeschichte 2 bis 7 ist jene Zeit, in der sich das Zeugnis noch stark auf das jüdische Volk konzentrierte. Man war noch nicht zu den Heidenvölkern gegangen; das kam erst in Kapitel 8. Dort wird beschrieben, wie auch andere Völker mit dem Evangelium erreicht wurden. Dieses eine Jahr war auf Israel fokussiert. Wenn der Feigenbaum keine Frucht bringt, wird er künftig abgehauen. Das zukünftige Abhauen bezieht sich auf das Jahr 70 n. Chr. und den Untergang des jüdischen Staates.
In Lukas 21 wird das Gleiche vom Feigenbaum im Blick auf die Zukunft beschrieben: Israel wird wieder zu blühen beginnen. Darauf kommen wir dann in Lukas 21 zurück. Um das eine Jahr zu verstehen: Warum steht der Herr Jesus? Das muss ich noch abschließend erklären.
Israel erhielt nochmals eine Chance. Hätte der Sanhedrin Buße getan, wäre der Herr zurückgekommen und hätte Phase drei aufgerichtet. Dann wäre Phase zwei nur ein Jahr gewesen. Das war die letzte Chance, die verpasst wurde. Danach wurde die Mission auf die Heidenvölker konzentriert. Diese Zeit sollte lang werden, in der schließlich alle Nationen mit dem Evangelium erreicht werden sollten. Gott wusste das, aber die Menschen waren verantwortlich. Sie waren keine Marionetten.
In ihrer Verantwortung stand das „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ Damit verpasste Israel damals die Chance. In Apostelgeschichte 1 fragen die Jünger vor der Himmelfahrt Jesu: „Stellst du Israel das Reich in dieser Zeit wieder her?“ Ihre Frage war, ob das Weltreich, wie im Alten Testament angekündigt, noch in ihrer Zeitepoche Wirklichkeit werden würde. Der Herr antwortete: „Diese Zeiten und Zeitpunkte, die der Vater in seine eigene Gewalt gesetzt hat, sind euch nicht gegeben zu wissen.“ So blieb es für sie offen, und die Erwartung war noch da.
Nach diesem einen Jahr hätte Israel umkehren müssen, die Führer Buße tun. Sie taten es nicht. Man konnte es in den Schriften sehen, zum Beispiel in Jesaja 6, wo der Prophet fragt, wie lange. In Jesaja 6 wird prophezeit, dass Israel als Volk verstockt werden soll – eine Folge der Ablehnung des Messias. Dann stellt der Prophet in Jesaja 6,11 die Frage: „Wie lange, Herr?“ Die Antwort lautet: „Bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner, die Häuser ohne Menschen, das Land zur Öde verwüstet ist, und der Herr die Menschen weit entfernt hat, und die verlassenen Orte viele sind inmitten des Landes.“
Das Land Israel sollte in einem Prozess immer mehr entjudaisiert werden. Die Juden würden immer spärlicher im Land werden, das Land verlassen – auch durch Verfolgung – und zur Wüste werden. Dieser Prozess dauerte bis ins 1800. Jahrhundert. Dort war der tiefste Stand der jüdischen Bevölkerung im Land erreicht: etwa fünf Juden lebten noch in Israel.
Wichtig ist: Obwohl die Mehrheit der Juden weltweit zerstreut war, gab es ab dem Jahr 70 immer einen Überrest, der im Land lebte. Jesaja 6 macht klar: Es gibt immer einen Überrest, der mit dem Land verbunden bleibt. Deshalb ist die heutige Argumentation mancher, die sagen, die Juden hätten kein Recht auf das Land der Palästinenser, falsch. Der Faden ist nie abgebrochen worden.
Im ersten, zweiten, dritten und vierten Jahrhundert und durch das ganze Mittelalter hindurch gab es immer eine jüdische Bevölkerung, die mit dem Land verbunden war. Natürlich gehört ihnen das Land auch aus menschlicher Sicht, und Gott hat es ihnen für Ewigkeit zugesprochen. Das Land blieb immer verbunden, wurde aber immer mehr entvölkert. Das dauerte bis ins 19. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert begann die Einwanderung von Juden aus aller Welt bis heute.
Das ist auch eine Prophetie im Alten Testament, die einen langen Prozess der Entvölkerung des Landes Israel beschreibt.
Noch etwas können wir aufschlagen: Jesaja 49. Dort sagt Gott Vater zum Messias, zu seinem Sohn. Edmund, liest du Jesaja 49, Vers 6?
„Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen. So habe ich dich auch zum Licht der Nationen gemacht, dass du heilbringend bis an die Enden der Erde bist.“
Jawohl, hier wird prophezeit, dass der Messias von Israel verworfen wird. In Vers 4 heißt es: „Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt.“ Das zeigt die Enttäuschung, dass die Masse in Israel ihn verworfen hat. Gott der Vater sagt dann: „Ich habe dich zum Licht der Nationen gemacht, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
Tatsächlich wurde in den vergangenen zweitausend Jahren das Evangelium so verbreitet, dass alle Nationen der Welt erreicht wurden – nicht alle Menschen, aber alle Nationen. So hat sich Jesaja 49,6 erfüllt.
Man muss sich aber immer darüber im Klaren sein, dass das zeitliche Einordnen dieser Dinge nicht klar war. Die Menschen mussten handeln und waren nicht programmiert. Die Verantwortung lag bei den Volksführern, die diese Delegation schickten: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ Damit kam die Wende, sodass Phase 2 eine lange Zeit wurde.
Petrus schreibt in 2. Petrus 3, dass in der Endzeit Spötter kommen werden, die sagen: „Wo ist die Verheißung der Wiederkunft? Es ist schon so lange her, und es ist nichts geschehen.“ Damit wird klargemacht, dass diese Zeit sehr lang sein würde. Am Ende sagen die Spötter: „Seht ihr, da wird gar nichts stattfinden von der Wiederkunft Christi. Das ist alles ein Märchen. Man wartet ja schon so lange.“
Zurück zur Frage, warum der Herr Jesus dort stand. Er ist aufgestanden und bereit, zurückzukehren. Dazu ein Beispiel aus Psalm 68, damit man das sieht: Gott steht auf. Edmund, liest du Psalm 68, Vers 2?
„Gott wird sich erheben, es werden sich zerstreuen seine Feinde, und die ihn hassen, werden fliehen vor seinem Angesicht.“
Jawohl, oder: Möge Gott aufstehen. Vielleicht noch Psalm 11, aber es gibt viele Stellen, die von diesem Aufstehen Gottes sprechen. Psalm 12, Vers 6:
„Wegen der gewalttätigen Behandlung der Elenden, wegen des Seufzens der Armen will ich nun aufstehen, spricht der Herr. Ich will in Sicherheit stellen den, gegen den man schnaubt.“
Gott sagt also, er wird aufstehen und als Richter der Welt intervenieren, um all die Ungerechtigkeit zu ahnden. Dieses Gebet „Möge Gott aufstehen“ ist besonders das Gebet des gläubigen Überrests aus Israel in der Zeit der Drangsal. Wenn sie wissen, dass der Messias kommen wird, werden sie in der Not des letzten Weltkrieges, der großen Drangsal von dreieinhalb Jahren, ganz speziell beten: „Möge Gott aufstehen“, damit er als König eingreift.
Die Gläubigen der Gemeinde beten hingegen besonders: „Komm, Herr Jesus!“ Aber sie beten nicht, dass er als Richter kommt, sondern als Bräutigam. Können wir das in Offenbarung 22 aufschlagen?
In Offenbarung 22, Vers 17 heißt es: „Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! Und wer dürstet, der komme; wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst!“
Die Gemeinde ist heute die Braut, nach Epheser 5,22-33 und 2. Korinther 11, den ersten Versen. Die Gemeinde ist verlobt mit dem Messias. Darum ist er im Himmel, und die Gemeinde ist auf der Erde. Bei der Verlobung wohnt man nicht zusammen. Zusammenwohnen beginnt erst mit der Heirat. Deshalb ist der Messias im Himmel, und die Gemeinde ist noch getrennt auf der Erde.
Wenn er wiederkommt, für die Entrückung, einige Zeit vor seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit, wird die Gemeinde entrückt und mit dem Herrn in die Herrlichkeit gehen. Dann wird die Hochzeit des Lammes stattfinden, offenbar um 19 Uhr. Das gehört jetzt nicht in das Gleichnis, ist aber ein weiteres Puzzlestück.
Man muss also klar unterscheiden: Die Gemeinde ruft „Komm!“ – aber sie ruft dem Bräutigam zu, nicht dem Richter der Welt. „Komm als Bräutigam und führe uns in die Herrlichkeit zur Hochzeit!“
Darum sagt der Herr Jesus am Schluss der Offenbarung, Vers 20, der diese Dinge bezeugt: „Ja, ich komme! Schnell! Amen. Komm, Herr Jesus!“
Übrigens sollte man nicht übersetzen „Ich komme bald“, sondern „Ich komme schnell“, denn der Ausdruck im Griechischen ist ein adverbialer. Er sagt nicht aus, wie bald der Herr kommt, sondern dass er, wenn er kommt, schnell und plötzlich kommt. Alles wird ganz schnell gehen. Er kommt schnell, eilend! Das wird ausgedrückt mit „Ich komme schnell!“ Amen, komm, Herr Jesus!
Ist die Frage damit beantwortet, Miriam?
Bedeutung der Maßeinheit und Vergleich mit dem Gleichnis der Talente
Gut, jetzt gehen wir zurück zu Lukas 19. Bisher haben wir fast eine Stunde über die zehn Pfunde gesprochen, aber eigentlich noch kaum etwas gesagt.
Das Gleichnis der zehn Pfunde ist im Griechischen mit dem Wort „Miene“ beschrieben. Dieses Wort ist eigentlich kein griechisches Wort, sondern stammt aus dem Hebräischen, „Mina“. Dabei handelt es sich nicht um eine Münze, sondern um ein Gewicht.
Eine Mine entspricht sechzig Schekel. Wie viel wiegt ein Schekel? In den vergangenen Jahrzehnten wurden durch archäologische Funde in Israel viele Gewichtsteine entdeckt, darunter auch viele Schekelgewichtsteine. Diese kann man wiegen. Natürlich sind sie nicht bis auf die letzte Kommastelle identisch. Man fand solche Gewichtsteine zum Beispiel auf dem Ofel in Jerusalem mit Werten von etwa 11,22 Gramm, 11,4 Gramm bis 11,5 Gramm. Das sind feine Unterschiede, aber im Mittel ergibt sich aus allen ausgegrabenen Gewichtsteinen ein Wert von 11,4 Gramm.
Wenn man nun sechzig Schekel rechnet, denn eine Mine entspricht sechzig Schekel, wie es in Hesekiel 44,12 heißt, dann ergibt sich ein Gewicht von 684 Gramm. Es handelt sich also nicht um eine Münze, sondern um ein Gewicht an Edelmetall.
Die Frage ist nun: War es Gold oder Silber? Kann man das aus dem Gleichnis herauslesen? Wo steht im Text, dass es Gold ist? Reines Gold wurde zum Beispiel in der Stiftshütte für Geräte wie die Bundeslade, den Leuchter, den Schaubrottisch und den Räucheraltar verwendet. Silber wurde dort aber auch gebraucht. Die Kapitelle bei den Säulen im Vorhof waren aus Silber, ebenso die Füße, die Fundamente der Bretter, die mit Gold überzogen waren, bestanden aus Silber.
Wie kommt man also darauf, dass es Silber sein könnte? Man könnte ja auch mit Gold handeln und dann erst recht mehr daraus machen. Doch im Vers 15 heißt es, nachdem der Herr das Reich empfangen hatte, dass er seine Knechte, denen er das Geld gegeben hatte, zur Rechenschaft zieht. In Vers 23 wird gefragt: „Warum hast du mein Geld nicht auf eine Bank gegeben?“ Das, was hier mit „Geld“ übersetzt wurde, heißt im Griechischen „Argyrion“. Das bedeutet Geld oder Silber.
Im Griechischen ist das Wort für Silber „Argyrion“, ähnlich wie im Französischen „argent“, was sowohl Geld als auch Silber bedeutet. Man hätte im Deutschen also besser mit „Silber“ übersetzen können. Es handelt sich also um Silberminen mit einem Gewicht von 648 Gramm – nicht schlecht.
Interessant ist, dass alle Knechte gleich viel bekommen. Dieses Gleichnis hat viele Parallelen zum Gleichnis der Talente in Matthäus 25. Dort kündigt Jesus den Jüngern am Dienstag vor Karfreitag an, dass ein Mann seinen Knechten Talente gibt, dann weggeht und nach langer Zeit zurückkehrt, um mit ihnen abzurechnen. Das ist ganz ähnlich.
Es gibt aber auch Unterschiede: Zum Beispiel wird dort gesagt, dass der Herr nach langer Zeit zurückkehrt. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Wiederkunft Christi nicht in der gleichen Epoche der Apostel stattfinden wird, sondern erst nach langer Zeit.
Ein weiterer markanter Unterschied ist, dass bei den Talenten die Menge unterschiedlich verteilt wird. Ein Knecht bekommt mehr, ein anderer weniger, je nach seinen Fähigkeiten. Im Gleichnis der Minen hingegen bekommen alle gleich viel.
Was sollen wir daraus lernen? Zunächst einmal zeigt das Gleichnis der Talente, dass es Unterschiede gibt. Paulus sagt in 2. Korinther 10, dass nicht jeder den gleichen Wirkungskreis hat. Gott gibt jedem Gläubigen einen bestimmten Wirkungskreis: bei manchen größer, bei anderen kleiner. Diese Aufgaben werden entsprechend den Befähigungen verteilt, die Gott gegeben hat.
Es gibt also Unterschiede. Doch jemand könnte sagen: „Was kann ich dafür, dass ich nur einen kleinen Wirkungskreis habe? Ich bin weniger wert als der, der einen großen Wirkungskreis hat.“ Nein, das Gleichnis mit den Pfunden zeigt, dass vor Gott alle gleich sind. Alle bekommen eine Mine.
Wir haben nicht gewählt, wie Gott uns gemacht hat und wie er uns begabt hat. Paulus sagt in 1. Korinther 4: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ Es gibt keinen Grund, stolz auf die Aufgaben zu sein, die man erhalten hat, sondern nur dankbar zu sein. Es ist unverdient, und Gott ist souverän in seiner Zuteilung.
Also: Was hast du, das du nicht als Geschenk empfangen hast? Du kannst dich nicht rühmen, es ist alles Geschenk. Wer aber sagt: „Ich möchte mehr“, der irrt. Vor Gott ist jede Aufgabe, die er gibt, vollwertig, gleich einem Pfund.
Damit sollen wir handeln und nicht darauf schauen, was andere haben und wollen. Unsere Aufgabe ist es, mit dem zu handeln, was uns gegeben wurde, bis der Herr wiederkommt. Das ist die Aufgabe.
Die Rückkehr des Herrn und die Belohnung der Knechte
Also, sehr klar. Im Gleichnis kommt der Herr dann zurück, und in Vers 16 liest du: „Der Erste aber kam herbei und sagte: Herr, dein Pfund hat zehn Pfunde hinzugewonnen.“ Er sprach zu ihm: „Recht so, du guter Knecht, weil du im Geringsten treu warst, sollst du Vollmacht über zehn Städte haben.“
Hier wird klargemacht, dass er mit 684 Gramm Silber so gehandelt hat, dass es am Schluss eben 6,84 Kilo waren. Am Ende gibt es Unterschiede, ja.
Der nächste, der kommt, der zweite, liest du auch gerade in Vers 18: „Der zweite kam und sagte: Herr, dein Pfund hat fünf Pfunde eingetragen.“ Er sprach auch zu diesem: „Und du sei über fünf Städte.“
Also, der Ausgangspunkt ist vor Gott für alle gleich, aber am Schluss wird es Unterschiede in der Belohnung geben. Einer wird in Phase drei, wenn das tausendjährige Friedensreich kommt, zum Herrscher über zehn Städte eingesetzt.
Das hat nichts mit Befähigung zu tun. Es bedeutet nicht, dass diejenigen, die einen größeren Wirkungskreis haben, automatisch die zehn Städte sicher haben. Es geht vielmehr darum, ob ich in meinem Wirkungskreis treu gewesen bin oder nicht. Ob ich in einem kleinen Wirkungskreis treu geblieben bin oder eifersüchtig war.
Paulus sagt in 1. Korinther 3, dass Eifersucht und Streit unter euch sind. Aber das wäre nicht der Fall, wenn man klar sieht: „Das ist meine Aufgabe und das ist seine, und wir brauchen uns nicht zu vergleichen.“
Vor Gott ist jeder Dienst und jede Aufgabe vollwertig eine Miene. Aber entsprechend der Treue wird es am Schluss eine unterschiedliche Abrechnung geben.
Ja, das ist dann der Fall. Jeder, der erwartet, dass das Reich für das zukünftige Reich gezerrt sein kann, bekommt einen Lohn in den Städten. Wir bekommen davon auch ein Wort, oder?
Gehen wir doch Schritt für Schritt. Du bist schon weitergegangen zu dem, der ein Pfund hatte und nichts geleistet hatte. Aber den müssen wir mal auf der Seite lassen. Jetzt betrachten wir nur das Positive: Einer bekommt zehn Städte, ein anderer fünf Städte.
Es gibt also Unterschiede. Und es zeigt, dass das tausendjährige Friedensreich etwas ganz Konkretes sein wird, nicht irgendetwas Nebliges, wie viele Christen sich die Zukunft vorstellen, auch im Himmel.
Nein, wir werden nach der Hochzeit mit dem Messias, mit dem Herrn Jesus, mit ihm zusammen zurückkehren. In diesen tausend Jahren werden verschiedene Kompetenzen verteilt.
Grundsätzlich gilt das, was wir im 1. Korinther 6 lesen. Jemand liest, ich meine natürlich Edmund, Vers 2: „Oder wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Und wenn durch euch die Welt gerichtet wird, seid ihr dann nicht würdig, über die geringsten Dinge zu richten? Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden, wie viel mehr über Alltägliches?“
Hier sagt der Apostel Paulus, dass die Heiligen, die Gläubigen, einmal die Welt richten werden und sogar Engel richten werden.
Im Zusammenhang geht es darum, dass es zwischen gewissen Geschwistern in Korinth Probleme gab, und einer wurde vom anderen übervorteilt. Der Apostel Paulus sagt, dass sie nicht vor das weltliche Gericht gehen sollten, sondern die Gemeinde sollte zuständig sein, um diesen Streit zu klären.
Er sagt: Wenn ihr nicht fähig seid, solche Probleme in der Gemeinde zu lösen, wie wollt ihr einmal über die Welt herrschen?
„Die Welt richten“ heißt also, dass wir als Gläubige, die zur Gemeinde gehören, richterliche Aufgaben übernehmen und im tausendjährigen Reich Recht sprechen und Dinge klären werden.
Es geht ganz konkret um das Regieren über Israel und all die Völker, die ins tausendjährige Friedensreich eingehen werden und sich während dieser tausend Jahre massiv von Generation zu Generation vermehren.
Einmal kam ein Mann nach einem Vortrag zu mir und erklärte stolz, sie hätten zehn Kinder, und seine Frau komme aus einer Familie mit zehn Kindern. Er hat ausgerechnet, wenn alle so weitermachen würden, dann wären sie in 300 Jahren eine Milliarde.
Das geht schnell, wenn alle mitmachen. Ja, es gibt Einschränkungen, man kann nicht einfach so viele Kinder haben, wie man will. Aber er sagte, wenn es so weitergeht, dann…
Im tausendjährigen Friedensreich wird es laut Bibel eine massive Ausbreitung der Menschheit geben. Die UNO wird nicht mehr existieren, die das Bevölkerungswachstum bremsen möchte.
Es wird keine Hungersnot mehr geben, wenn der richtige König an der Macht ist. All die Diktatoren, die Hilfsgelder an ihre reichen Familienangehörigen weitergeben, wird es nicht mehr geben.
Darum sage ich: Es wird schon sehr konkrete Aufgaben geben. Vielleicht bekommt Garmene Buenos Aires und Sao Paulo, und ein anderer, Bruno, bekommt Bern – eine wunderbare Stadt – und vielleicht auch Moskau dazu.
Die Aufgaben werden nach der Treue verteilt, und es werden ganz konkrete Aufgaben sein.
Übrigens: Die Gemeinde wird im Himmel wohnen – im Haus meines Vaters, im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen (Johannes 14). Aber die Gemeinde wird auf der Erde arbeiten. Das wird spannend werden.
Es gibt ein Hin und Her, so wie in der Engelwelt. Die Engel Gottes wohnen auch im Himmel, aber sie sind ausgesandt zum Dienst an denen, die die Seligkeit ererben sollen, steht in Hebräer 1.
So sind die Engel ständig am Wechseln: Jenseits, diesseits, jenseits, diesseits, jenseits, diesseits. Und das werden die Erlösten der Gemeinde auch können.
Dort ist alles schön in der Herrlichkeit, perfekt, und hier fast perfekt, aber es braucht doch noch Führung und Klärung.
Der böse Knecht und die Konsequenzen seines Handelns
Und dann kommen wir zum dritten Beispiel. Einer hat das Pfund wieder zurückgegeben. In einem Schweisstuch verwahrt zu sein, ist nicht gerade der ideale Aufbewahrungsort. Ein Schweisstuch steht für Mühe und Arbeit, aber dieser Knecht hat gerade gar nichts gemacht.
Er sagt: „Ich fürchte dich, weil du ein strenger Mann bist.“ Wie? Der Herr Jesus, der sagt, er sei demütig und von Herzen sanftmütig (Matthäus 11), wird hier als strenger Herr beschrieben. Der Knecht sagt weiter, dass der Herr ein strenger Mann sei und noch schlimmer: Er nimmt, was er nicht hingelegt hat, und erntet, was er nicht gesät hat. Das heißt, der Herr sei ein Dieb, ein Räuber. Was ist das für einer? Ja, ein Knecht. Aber ein Knecht, der seinen Herrn nicht kennt.
Das hat der Herr Jesus ja deutlich gemacht in den Gleichnissen in Matthäus 13, wo er erklärt, dass diese Zwischenzeit eine Zeit der Vermischung sein wird. Er erzählt in Matthäus 13 im Zusammenhang mit den Geheimnissen des Reiches Gottes – also Phase 2 –, dass auf einem Feld guter Weizen gesät wurde, aber ein Feind Lolch-Samen dazwischen streute. Lolch sieht Weizen ähnlich, aber wenn er ausgereift ist, erkennt man den Unterschied klar.
Der Herr macht also deutlich, dass diese Phase zwei eine Vermischung von echten Gläubigen (Weizen) und falschen Bekennern ist, die nur äußerlich Christen sind. Weitere Beispiele gibt es in späteren Gleichnissen, auch in Matthäus 25. Dort finden wir die zehn Jungfrauen, von denen fünf klug und fünf töricht sind. Diese stehen für die Christenheit, aber die törichten sind nicht wiedergeboren – genauso wie der Lolch keine wiedergeborenen Gläubigen bezeichnet.
Der Herr spricht auch in Matthäus 24 vom bösen Knecht im Gegensatz zu guten Knechten. Hier haben wir einen bösen Knecht, der seinen Herrn gar nicht kennt und ihn sogar lästert. Was geschieht mit ihm? Der Herr macht ihm den Vorwurf, warum er sein Geld nicht auf eine Bank gebracht hat. Das wäre auch eine Möglichkeit gewesen, wenn er schon nichts anderes gemacht hat. Solange es keine Minuszinsen gibt, bringt das zumindest etwas ein.
Minuszinsen waren damals noch unbekannt. Hätte er das Geld auf die Bank gebracht, hätte er Zinsen einfordern können. Das zeigt uns übrigens, dass es rechtens ist, Geld auf die Bank zu geben. Manche Gläubige fragen sich: „Ist das eigentlich richtig?“ Ja, der Herr sagt, der Knecht hätte das Geld auf die Bank bringen können, um wenigstens Zinsen zu erwirtschaften.
Dann wird ihm alles genommen, was er hatte. So haben wir hier ein Beispiel von einem bösen Knecht in Matthäus 25, im Gleichnis der Talente. Dort ist es noch strenger beschrieben (Matthäus 25,30): „Der geht verloren.“ Dieser Ausdruck „weinen und Zähne knirschen“ wird in den Evangelien an anderen Stellen für die Hölle verwendet. Das bedeutet, dieser Knecht ist kein Kind Gottes, sondern ein christlicher Bekenner.
In Vers 26 sagt der Herr den Grundsatz: „Jedem, der hat, dem wird gegeben; von dem aber, der nicht hat, wird selbst das genommen, was er hat.“ Das Pfund wird dem gegeben, der die zehn Pfunde errungen hat. Er bekommt noch mehr. Das ist ein geistliches Prinzip.
Das hat mir einmal jemand auf der Bank erklärt: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Wer bauen will und Geld auf den Tisch legen kann, der bekommt noch mehr von der Bank. Wer aber kommt und sagt, er habe nichts, möchte aber viel, der bekommt nichts. Man muss erst etwas haben, um mehr zu erhalten.
Dieses Prinzip gilt auch geistlich: Wer sich ganz dem Herrn hingegeben hat, wird umso mehr Belohnung bekommen. In Vers 27 heißt es: „Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringt her und erschlagt sie vor mir.“ Das weist auf das Kommen des Herrn Jesus als Richter der Welt hin, der auch das ungläubige Israel richten wird.
Nächstes Mal gehen wir weiter mit Kapitel 19, Vers 28. Dort beginnt Teil 5 mit dem Einzug des Herrn Jesus nach Jerusalem. Es sieht so aus, als käme jetzt das Reich Gottes. Die Menge ist begeistert und begrüßt den Herrn Jesus als Messias. Trotzdem wird nichts daraus, denn dieser Enthusiasmus war nicht echt. Nur wenige Tage später, fünf Tage danach, ruft die Volksmenge vor Pilatus: „Er soll gekreuzigt werden.“
Die Übertragung des Geldes auf die Bank ist das Mindeste, wie man mit Geld handeln kann. Besser war es, dass die Knechte Dinge einkauften und wieder verkauften. So brachte das am Ende mehr ein, also durch Aktivität. Geld ist gespeicherte Arbeit. Wenn er schon nichts macht, hätte er wenigstens die gespeicherte Arbeit, die in dem Pfund steckt, verwenden können, um etwas Neues entstehen zu lassen.
Man kann sagen, die Übertragung auf die Bank ist das Mindeste, was man für den Herrn tun kann. Aber nicht einmal das Mindeste hat dieser Knecht getan. Alle Menschen bekommen ein Pfund; der Herr gibt es seinen Knechten. Knechte bedeuten Christen – ob echt oder nicht. Alle, die sich zu Jesus Christus bekennen, werden von Gott verantwortlich gemacht.
Am Ende wird offenbar werden, wer echt war und wer nicht. Das wird ganz klar gezeigt, so wie im Gleichnis mit dem Lolch und dem Weizen. Dort sagt der Bauer: „Nicht jetzt ausreißen, sondern wachsen lassen bis zum Schluss.“ Dann wird unterschieden.
In Vers 8 beziehungsweise Vers 17 hat der Knecht den geringsten Glauben, oder? In Vers 18 sieht er das nicht, er sieht nur die geregelte Gier und die Städte. Theoretisch hätte er mehr schaffen müssen. War der Herr trotzdem zufrieden mit ihm? In Vers 17 wird dem Knecht, der zehn Pfunde errungen hat, Lob ausgesprochen. Beim zweiten Knecht wird kein Lob ausgesprochen.
Dieser Unterschied weist darauf hin, dass es schon gut war, denn er bekommt ja fünf Städte, aber es ist dennoch weniger. Warum ist es weniger? Hier geht es darum, dass jeder gleich viel bekommen hat. Mehr bekommen bedeutet, dem Herrn auch mehr Liebe zu schenken.
Der Herr sagt in Offenbarung 2 zu Ephesus: „Ich habe gegen dich, dass du die erste Liebe verlassen hast.“ Die erste Liebe ist die Liebe, bei der der Herr Jesus wirklich den ersten Platz hat. Wenn wir ihm den ersten Platz geben, erreichen wir das Optimum.
Es geht um beides, denn die Anstrengung kommt durch die Liebe. Das hängt zusammen und kann nicht getrennt werden.