Gottes Schweigen bei unbußfertigem Herzen
Wir haben hier wieder die Situation, dass Älteste von Israel zu Hesekiel kommen und Gottes Rat, Gottes Wort hören möchten. Das haben wir schon einmal erlebt. Man mag sich noch erinnern, in welchem Kapitel? Ja, das war in Kapitel 14.
Wie hat Gott darauf reagiert? Jedermann aus dem Hause Israel, der seine Götzungen in seinem Herzen aufkommen lässt, den Anstoß stellt und zu dem Propheten kommt, dem werde ich, der Herr, demnächst antworten – gemäß der Länge seiner Götzungen.
Was heißt das genau? Wie war die Antwort, wie war die Reaktion Gottes? Es war schon die Überzüchtung oder das Gericht. Sie wollten Fragen stellen, doch was hat Gott gemacht? Keine Antwort. Das wird aus Vers 3 deutlicher. Liest jemand? 14,3: „Menschensohn, diese Männer haben ihre Götzen in ihrem Herzen aufkommen lassen und den Anstoß zu ihrer Schuld vor ihr Gesicht gestellt. Sollte ich mich etwa von ihnen befragen lassen?“
Nein, natürlich nicht. Das ist eine rhetorische Frage: Sollte ich mich etwa befragen lassen? Nein. Und er hat ihnen keine Antwort gegeben, sondern eine Gerichtsbotschaft. Eine Gerichtsbotschaft, aber keine Antwort auf ihre Fragen.
Hier in Kapitel 20 ist es dasselbe. Wir haben gesehen: Zwar bekommen sie eine ganz lange Botschaft, aber nicht das, was sie hören wollten, sondern etwas anderes. Und Gott sagt ganz klar: Nein, ich gebe keine Antwort.
Was können wir daraus schließen? An dem, was er sagt, ist im Grunde genommen Antwort genug. Gut, das waren aber nicht ihre Fragen. Nein. Aber bevor sie sich hier nicht drehen, nicht umkehren, wird er keine Antwort geben. Ganz genau.
Natürlich gibt er ihnen eine Antwort, indem er sogar eine Übersicht über die ganze Geschichte Israels bis zur Wiederkunft Christi in Herrlichkeit gibt. Das schon, aber eben nicht ihre Fragen.
Einen allgemeinen Grundsatz können wir daraus ableiten: Wenn wir in der Sünde sind, antwortet Gott nicht. Oder vielleicht: Wenn wir in der Sünde leben, wenn wir Dinge in unserem Leben stehen lassen, von denen wir wissen, dass sie nicht recht sind und wir sie nicht vor Gott ordnen, dann müssen wir nicht damit rechnen, dass Gott zu uns spricht.
Sünde, die man im Leben stehen lässt, ist ein wesentliches Hindernis, um überhaupt Gottes Wort wirklich aufnehmen und verstehen zu können.
Die geistliche Voraussetzung für das Verstehen von Gottes Wort
Gut, für den Ungläubigen gilt das ja schon prinzipiell nach 1. Korinther 2,14. Schlagen wir das mal auf:
1. Korinther 2,14 lautet: „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“
Der Geistliche aber beurteilt alles, er selbst aber wird von niemand beurteilt.
Hier haben wir also den Ausdruck „der natürliche Mensch“ oder wörtlich „der seelische Mensch“. Das ist eine Bezeichnung für den nicht erneuerten Menschen. Im Gegensatz dazu steht Kapitel 3, Vers 1, wo über den Geistlichen gesprochen wird. Das ist der Mensch, der sich nicht durch seine Seele leiten lässt, sondern durch Gottes Geist.
Für den natürlichen Menschen gibt es in dem Sinn keine Möglichkeit, wirklich Gottes Wort verstehen zu können. Er nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist. Die Voraussetzung ist eben, dass der Mensch durch den Geist Gottes geleitet wird.
Lesen wir weiter in Kapitel 3, Verse 1-2, da haben wir noch eine dritte Gruppe von Menschen. Dort heißt es:
„Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christo. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise, denn ihr vermochtet es noch nicht.“
„Aber ihr vermöget es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid doch fleischlich. Denn so viel Leid und Streit unter euch ist, seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“
Die Geistlichen sind also nicht Pfarrer oder Pastoren, sondern der Ausdruck „Geistliche“ bezeichnet jeden erlösten Menschen, der durch den Heiligen Geist geleitet wird. Das ist etwas ganz Normales im Alltag.
Hier sagt Paulus jedoch: „Ihr seid keine Geistlichen, ihr Korinther, sondern fleischliche.“ Das heißt Menschen, die sich durch ihre eigenen bösen Regungen leiten lassen, obwohl sie keine natürlichen Menschen mehr sind.
Der natürliche Mensch ist ganz klar der nicht wiedergeborene, nicht erneuerte Mensch. Der geistliche Mensch ist der erneuerte Mensch, der auch danach lebt, in einem neuen Leben durch den Heiligen Geist. Der fleischliche Mensch ist ein bekehrter Mensch, der sich aber üblicherweise durch seine bösen Regungen leiten lässt.
Paulus sagt, dass es ihm nicht möglich war, euch richtige Nahrung zu geben, sondern nur Babynahrung. Das zeigt wieder das Prinzip: Wenn Dinge in unserem Leben nicht geordnet sind, dann ist das ein wesentliches Hindernis, um überhaupt Gottes Wort verstehen und begreifen zu können.
Israels Götzendienst in Ägypten und Gottes Zucht
Ist dazu noch etwas zu sagen? Ja, es fällt auf, dass sie nicht einmal dazu kommen, ihre Fragen zu stellen. So weit kommt es gar nicht. Gott schneidet also schon vorher ab. Er gibt ihnen diese Botschaft, geht aber nicht auf sie ein.
Die Botschaft selbst ist beeindruckend, denn sie bietet eine Übersicht über die Geschichte Israels von Ägypten bis in die Endzeit. Dabei lernen wir hier Dinge über Israel und Ägypten, die in den früheren Büchern nicht so klar zu erkennen waren.
Was überrascht in der Beschreibung in den Versen 5 bis 10? Dort sehen wir Israel in Ägypten. Die Israeliten wurden allem Anschein nach auch einer Art Reinigung unterworfen, denn sie hatten sich mit den Götzen Ägyptens unrein gemacht. Das Überraschende ist, dass sie offensichtlich im Götzendienst lebten, während sie in Ägypten waren. Sie hatten sich also der Kultur Ägyptens in jeder Hinsicht angepasst, auch religiös.
Man denkt beim Lesen des Buches Exodus, also dem Auszug aus Ägypten, oft, dass Israel damals als Sklavenvolk unter der Grausamkeit der Ägypter litt, aber dennoch klar am Glauben an den einen Gott, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, festhielt. Doch das zeigt uns, dass sie längst tief im Götzendienst verfallen waren.
Das erklärt auch, warum Israel in Ägypten unterdrückt wurde und warum Gott diese grausame Sklaverei zuließ. Es war eine Zucht für den Götzendienst Israels. Das geschah nicht einfach so, sondern war Gottes Zuchtrute über Israel, weil die Nachkommen der Patriarchen dem einen Gott den Rücken zugekehrt hatten.
Gerade durch die Not in Ägypten begannen sie jedoch, zu dem Gott der Väter zu schreien. In der Erscheinung im Dornbusch sagt Gott im 2. Mose 3: „Ich habe das Geschrei der Kinder Israel gehört, ich bin herabgekommen, um sie aus der Hand Ägyptens zu retten.“ Ohne diese Zucht wäre Israel nicht dazu gekommen, um Hilfe und Befreiung zu rufen.
Ein weiterer wichtiger Punkt zeigt sich beim Gericht über Ägypten, besonders über die Erstgeburt. Die Erstgeborenen Israels waren keineswegs besser als die Erstgeborenen Ägyptens. Dass sie verschont wurden, war reine Gnade.
Das macht uns das Passa noch viel deutlicher. Es war nicht so, dass eine Gerechtigkeit in ihnen gewesen wäre, die ihnen das Recht gab, befreit und verschont zu bleiben. Nein, es war reine Gnade. Aber sie mussten Gottes Anweisung befolgen: Jede Familie, die nicht das Blut eines Lammes an die Türpfosten strich, verlor ihren Erstgeborenen.
Jede Familie in Israel musste das Mittel des Blutes, also die Gnade Gottes, in Anspruch nehmen. Nur so konnten sie gerettet werden. Hier wird uns ganz klar gezeigt, dass sie nicht besser waren und keine Gerechtigkeit in sich selbst hatten. So war diese Befreiung reine Gnade Gottes.
Israels Dickköpfigkeit und Gottes Geduld
Aber Gott macht deutlich, dass diese Dickköpfigkeit, diese Engstirnigkeit und dieser Götzendienst Israels nicht erst später begonnen haben, sondern bereits der Ausgangspunkt waren.
Gott wollte sie jedoch durch die Befreiung, durch den Auszug aus Ägypten, durch die Erlösung und durch das Blut des Lammes davon befreien. Danach beginnt eine neue Phase.
Die Verse 11-17 beschreiben die erste Generation, man könnte sie die Exodus-Generation nennen. Diese Generation hatte alles miterlebt, musste aber in der Wüste sterben. Genau, die erste Generation fiel vollständig in der Wüste, mit Ausnahme von Aaron – nein, auch er starb noch vorher, wie in 4. Mose 20 beschrieben. Caleb und Joshua blieben übrig. Selbst Mose starb vorher, allerdings nicht aus dem gleichen Grund, sondern wegen des Welsens, den er geschlagen hatte, anstatt mit ihm zu reden.
Die erste Generation war also ebenfalls widerspenstig und lehnte sich gegen Gottes Gebote auf. Deshalb musste sie fallen. Aber warum hat Gott diese Generation nicht vernichtet? Sie hätte es verdient.
Man sagt: So liegt die Nation nicht über Israel, euer Gott ist nicht besser, er kann euch gar nicht retten. Das Argument ist die Herrlichkeit Gottes. Nicht, weil sie irgendetwas verdient hätten, sondern wegen der Herrlichkeit Gottes.
Warum Gott Israel nicht in Ägypten vernichtet hat, erklärt sich mit dem gleichen Argument in Vers 9: „Ich handelte um meines Namens willen, damit er nicht entweiht werde vor den Augen der Nationen.“
In meiner Übersetzung ist in Klammern immer wieder „gnädig“ eingefügt. Es heißt also, „ich handelte gnädig um meines Namens willen.“ Ist das eine absichtliche Einfügung? Hier bedeutet das, dass Gottes Handeln Verschonung bedeutete, also ein gnädiges Handeln war. Der Grund für dieses Handeln ist jedoch mein Name, die Ehre Gottes.
Dasselbe werden wir später in Hesekiel 36 finden. Dort wird erklärt, warum Gott in der Endzeit Israel aus allen Völkern zurückführt ins Land der Väter. Das Argument ist ebenfalls: um meines Namens willen. Wir können das gleich aufschlagen.
Gottes Treue trotz Israels Unreinheit
Und zwar sieht man hier, dass er sie in einem unreinen Zustand zurückführen wird. Wir lesen dazu Ezechiel 36, 22-24:
„Darum sollst du zum Hause Israel sagen: So spricht Gott der Herr: Ich tue es nicht um eures Willen, ihr vom Hause Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr entheiligt habt unter den Heiden, wohin ihr auch gekommen seid. Denn ich will meinen großen Namen, der vor den Heiden entheiligt ist, den ihr unter ihnen entheiligt habt, wieder heilig machen. Und die Heiden sollen erfahren, dass ich der Herr bin, spricht Gott der Herr, wenn ich vor ihren Augen an euch zeige, dass ich heilig bin. Denn ich will euch aus den Heiden herausholen und euch aus allen Ländern sammeln und wieder in euer Land bringen. Und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet.“
Es geht hier also um die Herausführung aus allen Ländern. Dies hat sich seit 1882 in den vielen Einwanderungswellen bis heute erfüllt. Millionen sind aus allen fünf Kontinenten zurückgekehrt. Aber hat diese Rückführung etwas mit einem Verdienst Israels zu tun? Nein!
Manche fragen sich: Warum sprecht ihr von einem auserwählten Volk? Was habt ihr mit Israel zu tun? Die sind doch auch nicht besser als die anderen. Nein, es geht einfach darum, dass Gott seine Verheißung gegenüber den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob einhält. Würde er Israel in der Zerstreuung lassen, würde das die Ehre Gottes beschmutzen. Es würde bedeuten, dass Gott ein Volk hat, das er nicht zum Ziel führen kann.
Darum hängt die Existenz des Staates Israel mit der Ehre Gottes zusammen und nicht mit einem Verdienst. Es gibt Leute, die sagen: „Seht mal, wie viele dort gottlos leben! 80 Prozent bezeichnen sich sowieso als nicht orthodox. Was habt ihr mit diesem Volk zu tun?“
Nein, es ist ein auserwähltes Volk, das sich aber durch die ganze Geschichte hindurch genauso verhalten hat wie alle anderen Völker. Es hat gezeigt, dass wir durch die Sünde seit Adam verdorben sind. Die Verdorbenheit des Menschen wird deutlich. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch Gottes Gnade: Er kommt trotz der Sünde mit seinem Volk zum Ziel. Und mit allen, die die Erlösung annehmen, führt er es zum Ziel – und das alles um Gottes Namens willen.
Weiterhin ist interessant: Sie kommen zurück, unrein. In Vers 24 heißt es: „Ich werde euch sammeln aus allen Ländern.“ Erst dann folgt die Phase in Vers 25: „Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein.“ Das ist noch zukünftig.
Diese Phase werden wir noch sehen. Herr Seckl zeigt dieses Endprogramm ganz ausführlich, darauf werden wir zurückkommen. Wichtig ist festzuhalten: Sie kehren unrein zurück ins Land, und erst danach werden sie gereinigt.
Dass sie zurückkehren, ist die Erfüllung der Prophezeiung, weil Gott sich an seine Verheißungen hält und weil es um Gottes Ehre geht. Das steht ganz in Übereinstimmung mit Kapitel 20.
Die Bedeutung des Gesetzes für Israel
Nun, was neu ist bei der ersten Generation, also Hesekiel 20,11-17: Sie hatten nach dem Auszug das Gesetz am Sinai bekommen. In Ägypten hatten sie das noch nicht. Dort ging es hauptsächlich um Götzendienst und das Abwenden von dem Gott der Väter.
Hier aber wird der Vorwurf gemacht, in Vers 11: "Und ich gab ihnen meine Satzungen und tat ihnen meine Rechte kund, durch welche der Mensch, wenn er sie tut, leben wird." Doch sie haben sich dagegen gesträubt.
Warum hat Gott Israel ein Gesetz gegeben, die Tora? Was hat er damit verfolgt? Er wollte zeigen, dass der Mensch nicht fähig ist, die Gesetze aus eigenen Werken so zu halten, wie Gott es verlangt. Somit kann sich der Mensch die Erlösung nicht durch eigene Leistungen verdienen.
Das Gesetz hat eine Spiegelfunktion. Es sollte Israel deutlich machen, dass sie nicht fähig sind, Gottes Anforderungen einzuhalten. Die Sündhaftigkeit der menschlichen Natur soll dadurch klar ans Licht kommen. Je ausführlicher die Gebote sind, desto deutlicher wird, wie der Mensch in allen Bereichen sie bricht. So wird die Verdorbenheit der menschlichen Natur offenbar.
Das ist eine wichtige Bedeutung der Tora: Sie sollte ein Spiegel sein.
Zweitens sollte die Tora eine bußfertige Haltung gegenüber Gott bewirken. Der Spiegel soll dazu führen, dass der Mensch erkennt: Ich brauche Erlösung. In diesem Sinn sagt Paulus in Galater 3, dass das Gesetz unser Pädagoge war auf Christus hin.
Wir können das kurz nachschlagen: Galater 3,24: "So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, auf dass wir aus dem Glauben gerechtfertigt würden. Da aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister."
Das Wort "Zuchtmeister" klingt sehr streng. Im Griechischen steht das Wort "Paidagogos", was Pädagoge bedeutet, also Kindererzieher. In der antiken Welt war der Pädagoge meist ein Sklave in reichen griechischen Familien. Seine Aufgabe war es, mit den Kindern zu spielen, ihnen interessante Dinge beizubringen und sie auf dem Schulweg zu begleiten. Es war also nichts Erschreckendes, wie das Wort "Zuchtmeister" suggerieren könnte.
Der Pädagoge auf Christus hin - durch das Gesetz der Tora ab Sinai sollte Israel über etwa 1500 Jahre deutlich gemacht werden: Ihr braucht einen Erlöser. Der Spiegel macht das klar. Ihr braucht einen Erlöser, und dadurch sollte auch die Sehnsucht nach dem Erlöser geweckt werden.
Das ist die zweite Funktion des Gesetzes.
Eine dritte Funktion war, Israel vor den anderen Völkern hervorzuheben. Die anderen Völker hatten keine Gesetze in diesem Sinne. Das Gesetz half Israel, seine Identität zu bewahren. Dadurch entstand keine Vermischung mit den anderen Völkern. Die Tora wirkte gewissermaßen wie ein Zaun.
Weiter: Der ungesetzliche Mensch braucht Ordnung, um überhaupt miteinander leben zu können.
Als Gorbatschow nach Israel kam, nach der Öffnung, sagte man ihm, dass er etwas Ähnliches getan habe wie Mose damals. Er habe viele Völker in die Freiheit geführt, aber er habe es versäumt, das zu tun, was Mose am Sinai getan hat: Israel die Tora zu geben.
Das ist das große Problem der Länder der ehemaligen Sowjetunion: Sie wissen nicht, was gut und was schlecht ist. Sie haben keine Weisung bekommen.
Übrigens wird das Wort "Tora" in deutschen Übersetzungen meist mit "Gesetz" übersetzt. Das ist richtig, aber es enthält im Grundgedanken auch den Begriff "Weisung". "Torah" kommt von "Yara", was bedeutet, den Finger auszustrecken, um zu lehren.
Darum hat Martin Buber das Wort auch so schön mit "Weisung" übersetzt. Wenn wir "Gesetz" hören, denken wir sofort an "gesetzlich", und das klingt oft negativ. Aber wenn wir an "Gesetz" im Sinne von "Tora" denken, sollten wir an Weisung denken. Gott zeigt den richtigen Weg.
Insofern hatte das Gesetz durch die ganze Zeit hindurch die Bedeutung eines Riegels, eines Haltens gegenüber der Sünde. Natürlich wurde die Sündhaftigkeit des Menschen dadurch offenbart, aber für das alltägliche Leben haben die Gesetze Riegel vorgeschoben. Sie hielten den Menschen davon ab, Dinge zu tun, die er sonst getan hätte.
Das ist auch heute noch so bei unserer Gesetzgebung. Das Gesetz richtet sich nicht an errettete Menschen, die von Gott erneuert sind, aber es wirkt auch beim natürlichen Menschen als Riegel, als Spiegel und als Siegel.
Das Gesetz ist ein Siegel der göttlichen Heiligkeit. Durch die Tora können wir erkennen, wie Gott ist. Sein Wesen und seine Heiligkeit werden dadurch deutlich.
Somit ist das Gesetz ein Spiegel, ein Riegel und ein Siegel. Dazu kommen noch weitere Funktionen, die wir bereits zusammengetragen haben.
Die Verheißung des Lebens durch das Gesetz
Es heißt hier in Hesekiel 20,11: „Durch welche der Mensch, wenn er sie tut, leben wird.“ Und das wurde im Kapitel wiederholt. Wie geht das? Wie kann man durch das Gesetz leben?
Erstens: Wo war das im Gesetz verheißen? Wo hat die Tora Leben verheißen beim Einhalten? Dritte Mose 18,5: „Und meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen sollen gehalten werden. Durch sie wird der Mensch, der sie tut, Leben haben; ich bin der Herr.“ Das ist die Verheißung der Tora. Sie verheißt Leben, nicht den Tod, für den, der sie einhält.
In diesem Sinn muss man auch die theologische Diskussion in Lukas sehen. Schlagen wir das Gleiche auf: Lukas 10,25-28. Ein Gesetzesgelehrter stand auf und versuchte Jesus. Er sprach: „Lehrer, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ Jesus antwortete: „Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du?“ Der Gesetzesgelehrte antwortete: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Jesus sagte zu ihm: „Du hast recht geantwortet, tu dies, und du wirst leben.“
Das ist überraschend. Eine theoretische Frage des Gesetzeslehrers: Was muss ich tun, um ewiges Leben zu bekommen? Jesus fragt, was im Gesetz steht, und der Gesetzesgelehrte weiß die Antwort. Er nimmt gerade die beiden Gebote: 5. Mose 6,5 – das Glaubensbekenntnis – und 3. Mose 19,18 – den Nächsten lieben wie sich selbst. Das ist die Zusammenfassung der ganzen Tora: das Verhalten gegenüber Gott in Liebe aus ganzem Herzen und das Verhalten gegenüber den Mitmenschen in Liebe wie sich selbst. „Tue dies, und du wirst leben.“
Warum hat Jesus nicht geantwortet, in Vorwegnahme, sagen wir, mit Römer 3,23: „Denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Ehrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist“? Er hat nicht diese Antwort gegeben, sondern gesagt: „Tu es.“ Jesus war ja noch nicht gekommen. Man könnte sich vorstellen, dass es eine Herausforderung sein sollte. Dass der Gesetzeslehrer dann sieht: „Wir schaffen es nicht. Was hilft uns?“ Genau das wollte Jesus. Er wollte ihn mit Ironie dazu zwingen: „Tu dies, und du wirst leben.“
Doch 1500 Jahre sind vergangen, und kein einziger hat überlebt. Alle sind gestorben, keine Generation hat überlebt. Das haben wir gesehen, was mit der ersten Generation nach dem Auszug geschah, aber es ging so mit allen weiteren. Keiner hat überlebt. Und der Herr sagt 1500 Jahre später: „Tu dies, und du wirst leben.“
Als Gesetzeslehrer wollte er sich rechtfertigen und fragte Jesus: „Und wer ist mein Nächster?“ Das ist ein guter Trick, wenn man eine Bibelstelle hat, wo man weiß, was man tun soll. Dann fragt man sich: Wie soll man diese Stelle interpretieren? Wie muss man das auslegen? Das ist die Ausrede, wenn etwas eigentlich klar ist. Er wusste genau, was das heißt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wie soll man das auslegen? Das war sein Problem.
Dann kommt das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Ein Mensch geht von Jerusalem nach Jericho, fällt unter die Räuber und wird halb totgeschlagen. Ein Priester kommt vorbei, sieht ihn, hilft nicht und geht weiter. Dann ein Levite, ein Tempeldiener, dasselbe. Schließlich kommt ein Samariter, ein verachteter Mensch aus der Westbank. Er ist auf der Reise, sieht den Verletzten, ist innerlich bewegt, pflegt ihn mit Öl und Wein, bringt ihn in eine Herberge, gibt dem Wirt Geld und sagt: „Sorge gut für ihn! Was ich sonst noch bezahlen muss, das bezahle ich, wenn ich zurückkomme.“
Der Herr fragt dann in Vers 36: „Wer von diesen dreien dünkt dich der Nächste gewesen zu sein von dem, der unter die Räuber gefallen war?“ Die Antwort lautet: Der Samariter.
Die Frage des Gesetzeslehrers war: „Und wer ist mein Nächster?“ Sein Nächster ist der Samariter. Doch der Pharisäer hätte sich völlig verunreinigt, wenn er hingegangen wäre – wenn der Verletzte ganz tot gewesen wäre. Das konnten sie nicht sehen. Die rituelle Verunreinigung durch Berührung mit dem Tod war das Schlimmste. Die Reinigung dauerte eine ganze Woche mit der Asche der roten Kuh. Deshalb wollten sie sich diese Woche sparen und gingen vorbei, ohne zu helfen.
Der verhasste Samariter aber kam. In Johannes 8 war der Ausdruck „Samariter“ ein Schimpfwort gegenüber Jesus. Man sagte zu ihm: „Du bist ein Samariter.“ So wurde er auf dem Tempelplatz gelästert. Nun erzählt Jesus diese Geschichte. Mit dem Samariter meint er sich selbst. Er sagt: „Wer war der Nächste? Der Samariter.“
Warum liebte der Gesetzeslehrer ihn nicht, sondern lehnte ihn ab? Und noch mehr: Wer war er, wenn Christus der Samariter ist? Wer war der Gesetzeslehrer? Der Halbtote, der sich selbst nicht mehr helfen konnte, dem auch das Gesetz nichts half. Der Priester ging weg, der Levite ging weg, auch das Gesetz konnte ihn nicht retten.
Damit zeigt Jesus durch dieses Gleichnis bereits, dass Rettung letztlich nur durch Gnade möglich ist. Man muss die Hilfe dieses Verhassten annehmen.
Außerdem steckt ein Wortspiel darin: „Samariter“ kommt von einem hebräischen Wort „Shamar“. Es geht zurück auf die Stadt Samaria – „Shomron“. „Shomron“ kommt von der Wurzel „Shamar“, was „beobachten“ oder „einhalten“ bedeutet. Dieses Wort kommt etwa fünfzig Mal im fünften Buch Mose vor. Immer wenn es heißt, ihr sollt meine Gesetze und Gebote beobachten, steht das Wort „Shamar“.
Der Samariter ist also eigentlich der Beobachter des Gesetzes. Die heutigen Samariter verstehen das übrigens immer noch so. Sie sagen, sie seien die Richtigen, sie hielten das Gesetz richtig und nicht die Juden. Diese Rivalität besteht noch heute.
Jesus ist gewissermaßen dieser Samariter – der Einzige, der in seinem ganzen Leben die Tora eingehalten hat. Er konnte sagen in Matthäus 5,17: „Meint nicht, ich sei gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Das heißt, er stellte die Tora in ihrer ganzen Fülle dar.
Nur er war in der Lage zu retten – durch Wein und Öl. Wein weist auf das Blut Jesu hin, Öl auf den Heiligen Geist. Die Herberge weist auf die Gemeinde hin, die am Pfingsttag entstehen sollte. Dort sollen die Halbtotgeschlagenen gesund gepflegt werden.
Es besteht die Verheißung, dass der Samariter wieder zurückkommt – die Wiederkunft Christi. Der Herr Jesus sagt in Offenbarung 22: „Ich komme bald, um meinen Lohn mit mir zu bringen, um jedem zu vergelten.“ Er sagt auch, er werde bezahlen, was noch für die Pflege zu zahlen ist.
Wenn wir diese Brücke schlagen, sehen wir die geschichtliche Bedeutung: Wenn es hier in Hesekiel heißt, „durch welche der Mensch, wenn er sie tut, leben wird“, wäre das der Fall gewesen, wenn der Mensch nicht gefallen wäre. Aber das Gesetz war gewissermaßen da, um zu zeigen, dass das Gesetz, obwohl die Weisung so gut ist, kein Leben vermitteln kann an Menschen, die unter dem Fluch der Sünde stehen.
Das Gesetz und die Unfähigkeit des Menschen zur Erlösung
Nun, das ist also deutlich geworden bei der ersten Generation. Darum habe ich jetzt Lukas 10 herangezogen, auch bei der letzten Generation vor der Kreuzigung.
Ja, wer wollte noch etwas sagen? Das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht. Genau, das ist die Aussage von Hebräer 7. Aber nicht, weil das Gesetz schlecht war, sondern weil die Tora etwas Wunderbares ist und wunderbar bleibt (Römer 8).
Römer 8,3 sagt: „Da es dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn im Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, damit die Rechtfertigung des Gesetzes erfüllt wird in uns.“
Mir geht es vor allem um die Aussage: „Denn dem Gesetz war es unmöglich, weil es durch das Fleisch kraftlos war.“ Das Gesetz konnte den Menschen nicht retten, es war ihm unmöglich, aber eben weil es durch das Fleisch kraftlos war.
Das „Fleisch“ bezeichnet im Neuen Testament hier die verdorbene, sündige Natur, die wir von Adam geerbt haben. Diese Natur spüren wir als Verlangen zum Negativen hin, als Zug zum Bösen.
Das Gesetz war durch das Fleisch kraftlos. Also war nicht das Gesetz schlecht, sondern das Material, mit dem es zu tun hatte, war völlig unbrauchbar.
Es ist so, als hätte man Michelangelo einen Kieshaufen gegeben mit der Aufforderung, daraus eine Mose-Figur zu schaffen. Dann würde er sagen: „Da kann ich nichts anfangen. Ach so, mit solchem Material arbeitet man nicht. Ich brauche einen richtigen Felsen.“ Dann könnte er daraus einen Mose schlagen.
Man zweifelt also nicht an Michelangelos Können – das Können ist da –, aber das Material taugt nichts. So ist es auch mit dem Gesetz: Es ist ein vollkommenes Gesetz, aber das Material, auf das es sich bezog, taugte nichts.
Darum, weil das Gesetz eben nicht retten konnte und durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott die Rettung, indem er seinen Sohn sandte als Retter.
Das Land Israel als Land der Zierde
Gut, in diesen Versen wird das Land Israel immer wieder als das Land der Zierde bezeichnet. Sehen wir uns das in Vers 6 am Schluss an: „Die Zierde ist es von allen Ländern.“ Ebenso in Vers 15 heißt es: „Die Zierde ist es von allen Ländern.“
Ja, das kann jeder Israelreisende bestätigen: Es ist die Zierde von allen Ländern. In beiden Fällen wird gesagt, dass es ein Land ist, das von Milch und Honig fließt. Doch was bedeutet eigentlich dieser Ausdruck? Sagt das jemand so? Hier kommt die Ausdrucksweise. Wir würden das doch ganz anders formulieren, zum Beispiel: ein fruchtbares Land.
Aber ist das ein Bienenland, in dem man an jedem Schritt und Tritt gestochen wird? Ein Land, das von Milch und Honig fließt – was bedeutet das? Datteln. Datteln beziehen wir auf Honig. Honig, das hebräische Wort ist „wasch“. Man muss nicht unbedingt Bienenhonig meinen, es kann auch Fruchtsäfte bezeichnen. Im Hebräischen werden nämlich auch Fruchtsäfte als Honig bezeichnet.
Und wenn es um Milch geht: Das alte Israel betrieb nicht viel Rindviehzucht, zum Teil im Golan, das war ideal dort, in Basan. Aber sonst hauptsächlich Kleinviehzucht, also Ziegen und Schafe. Wo hat man diese Zucht betrieben? In der Wüste, in der jüdischen Wüste. Die jüdische Wüste ist das ideale Gebiet für Kleinviehzucht.
Im Winter wird sie sogar grün. Wir haben das gerade vor kurzem gesehen: Die Wüste blüht, ganze Blumenteppiche in der jüdischen Wüste, und es gibt genügend Gras. Das ist der Ort, an dem man Milchzucht betreibt. Im übrigen Gebiet wurde Ackerbau betrieben, Datteln und so weiter. Diese Fruchtsäfte konnte man dort kultivieren.
Im Nahen Osten ist es sehr wichtig, dass man Kleinviehzucht und Ackerbau strikt trennt. Warum? Weil das Kleinvieh alles abfressen kann. Das Kleinvieh macht die Grasnarbe kaputt. So kann fruchtbares Ackerland im Nahen Osten in kurzer Zeit zur Wüste werden.
Das ist auch geschehen. Gott hat ja durch Mose vorausgesagt: Wenn Israel in alle Länder zerstreut wird, wird das Land zur Wüste. Im siebten Jahrhundert kamen die Araber, die den Ackerbau nicht so sehr schätzten. Sie ließen ihre Schafe und Ziegen alles abfressen, sodass sich große Landstriche in Wüste verwandelten. Das geschah ab der islamischen Zeit.
Um zu zeigen, wie wichtig es ist, diese beiden Bereiche zu trennen: Die jüdische Wüste war ideal für Kleinviehzucht, der Rest des Landes für den Ackerbau. So war das Land Israel so konzipiert, dass man nicht in Versuchung kommt, diese beiden Bereiche miteinander zu vermischen. Denn das hätte eine ökologische Katastrophe bedeutet.
Das Land war so wunderbar gestaltet für diese beiden lebensnotwendigen Bereiche, dass man die Trennlinie klar erkennen konnte. Es ist die Zierde aller Länder, und es ist natürlich so konzipiert, dass es ein Land von Milch – in der jüdischen Wüste – und Honig, also dem übrigen fruchtbaren Ackerland, ist.
Wird diese Kombination zum ersten Mal erwähnt? Ich hatte hier die Verweisung auf 2. Mose 3,8. Dort verheißt Gott im Dornbusch Mose: „Ein Land, Eretz, Zwad, Chalaw ud Wasch“, ein Land, das von Milch und Honig fließt.
Gut, wir machen jetzt eine Pause von zwanzig Minuten.
Die zweite Generation Israels und die Erbsünde
Ja, wir sind stehen geblieben bei der ersten Generation nach dem Auszug aus Ägypten. Nun, ab Vers 18 beginnt die zweite Generation, und es heißt: „Ich sprach zu ihren Kindern in der Wüste.“ Die zweite Generation war also eine neue Chance. Doch es ging genau gleich weiter: Auch diese Generation rebellierte. Dadurch wird bewiesen, dass die sündhafte Verderbtheit des Menschen von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Das ist sehr wichtig. Vielleicht ist uns das vertraut, weil der Römerbrief das ausdrücklich lehrt, in Römer 5,12. Dort wird das Thema der Erbsünde behandelt. Es handelt sich nicht um eine geerbte Tat oder eine geerbte Schuld, sondern um eine ererbte sündige Natur.
Im Judentum wird diese Lehre abgelehnt. Auch heute noch wird im rabbinischen Judentum behauptet, der Mensch habe sowohl einen Drang zum Bösen als auch einen Drang zum Guten. Gewissermaßen könnte der Mensch auch gut sein, wenn er nur wollte. In der Psychologie ist man noch weiter gegangen und sagt, der Mensch habe einen guten Kern. Das hängt stark mit der Psychologie von Sigmund Freud zusammen, der ein gottloser Jude war.
Wenn wir bedenken, wie dieses Denken unsere Gesellschaft heute durchdringt und beeinflusst, ist das unglaublich. Doch das ist ein Bruch mit dem, was Gott uns in seinem Wort lehrt und was auch das Alte Testament bereits deutlich macht, gerade durch den Anschauungsunterricht in Hesekiel 20. Dort wird der Weg von einer Generation zur nächsten dargestellt, und der Prophet spricht bis zur letzten Generation Israels in der messianischen Zeit.
Es wird deutlich, dass es nie besser wird. Es wird nicht plötzlich eine gute Generation geben, in der sich das Gute im Menschen entfalten könnte.
Wo wird die Erbsünde im Alten Testament ganz deutlich gelehrt? Zum Beispiel in Psalm 50,51. Das ist Davids Bußpsalm nach dem Ehebruch mit Bathseba. Dort heißt es: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und den Sünder hat mich empfangen meine Mutter.“ In anderen Übersetzungen ist es Vers 6.
Auch in Psalm 58,3-4 heißt es: „Abgewichen sind die Gesetzlosen von Mutterleibe an, sie irren von Mutterleibe an, die Lügenredner.“ Das ist ein weiteres alttestamentliches Zeugnis.
Es gibt jedoch auch Berichte über Könige, bei denen steht: „Und er tat, was dem Herrn gefiel“, während andere „taten, was dem Herrn missfiel“. Gab es also nicht doch welche, die das taten, was Gott gefiel? Ja, aber woher kommt das Gute? Vom Herrn. Und diese Könige waren bekehrt. Josia und Hiskia sind Beispiele für Könige, die sich bekehrt haben.
Das Gute steckt also nicht von Natur aus im Menschen, sondern die Möglichkeit, das zu tun, was Gott gefällt, entsteht erst durch Buße und Glauben. Dieses Prinzip von Buße und Glauben ist nicht nur ein neutestamentliches Prinzip, sondern zieht sich von Anfang an durch die Heilige Schrift.
Man muss Israel stets als eine Staatskirche verstehen. Jeder gehörte dort von Geburt an dazu, nicht durch Bekehrung. So war es auch beim Auszug aus Ägypten: Der größte Teil war gar nicht bekehrt. Das ist vielen nicht bewusst, wenn sie denken, ein bekehrtes Volk sei aus Ägypten ausgezogen. Das war nicht so.
In 1. Korinther 10 wird sogar ausdrücklich gesagt, dass Gott an den meisten von ihnen kein Gefallen hatte und sie in der Wüste niedergestreckt wurden. Man kann sich das vorstellen wie eine Staatskirche: In einer Staatskirche gehört man durch Geburt dazu, nicht durch Bekehrung. Das Gesetz richtet sich an solche Menschen, die sich einfach dazu bekennen.
In einer Staatskirche gibt es nach einigen Jahren Menschen, die sich als Kinder, Jugendliche oder Erwachsene bekehren, aber viele bekehren sich gar nicht. So war es mit Israel.
Erst im Neuen Testament gibt es das Gemeindekonzept einer Gemeinde der Gläubigen. Das Staatskirchenprinzip findet sich im Neuen Testament nicht. Es ist eher eine Nachahmung dessen, was wir im Alten Testament mit Israel hatten.
Das Konzept im Neuen Testament ist eine Gemeinde der Gläubigen, die aus denen besteht, die zum Glauben gekommen sind.
Für einen Juden und auch für einen Moslem – denn Moslem wird man ja auch durch Geburt – ist es sehr schwierig, das Christentum so zu sehen, dass die wahren Christen nur diejenigen sind, die sich im verantwortlichen Alter bekehrt haben. Für sie ist jeder, der darin geboren ist, auch ein Christ. Wenn dieser aber in Sünde und Unmoral lebt, sagen sie: „Schaut mal, die Christen sind so unmoralisch.“
Wir müssen uns Mühe geben, ihnen zu zeigen, dass nach der Bibel ein Christ erst dann ein Christ ist, wenn er sich in einer bewussten Entscheidung und Bekehrung Jesus Christus übergibt und sein Leben ändert. Das ist ein Christ. Wer einfach hineingeboren oder als Kind getauft ist, lebt nicht das eigentliche Christentum. Das können sie oft nicht verstehen. Auch Juden haben Mühe, das zu begreifen. Aber wir müssen versuchen, es zu erklären.
Auf der anderen Seite haben wir manchmal Schwierigkeiten zu verstehen, wie es mit Israel war. Wir denken, es war ein Volk von Gläubigen. Nein, es war einfach ein Volk, und viele waren gottlos und ungläubig. Manche von ihnen bekehrten sich, so wie die vorbildlichen Könige, und diese konnten die Freude des Heils schon in alttestamentlicher Zeit erleben.
Gottes Gericht durch Zulassung von Götzendienst
Gut, jetzt zur zweiten Generation. Dort finden wir einen sehr schwierigen Vers. Ja, genau, lies Vers 24 schon.
„Weil sie meine Rechte nicht taten und meine Satzungen verwarfen und meine Sabbate entweihten und ihre Augen hinter den Götzen ihrer Väter her waren, deswegen wurden sie zersprengt. Auch ich gab ihnen Satzungen, die nicht gut waren, und Rechte, durch welche sie nicht leben konnten. Und ich verunreinigte sie durch ihre Gaben, indem sie alles, was die Mutter bricht, durch das Feuer gehen ließen, auf das ich sie verwüstete, damit sie wissen möchten, dass ich der Herr bin.“
Wer hat eine Erklärung zu diesem schwierigen Auslegungsproblem? Kann man das so sehen, wie es im Römerbrief steht, dass Gott sie da hingegeben hat?
Sagen wir das auf, Römer 1, da geht es im Zusammenhang um die Heidenvölker, die von Noah her den einen Gott gekannt hatten, aber sich im Lauf der Zeit von ihm abgewandt haben. Anstatt den Schöpfergott zu verehren, haben sie begonnen, die Schöpfung – und wir würden heute sagen kosmische Kräfte in der Natur – zu verehren.
Da heißt es in Römer 1, Vers 21:
„Denn obschon sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott gepriesen und ihm nicht gedankt, sondern sie verfielen in ihren Gedanken in eitlen Wahn, und ihr unverständliches Herz wurde verfinstert. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit dem Bild von vergänglichen Menschen, von Vögeln und vierfüßigen und kriechenden Tieren. Darum hat sie auch Gott dahingegeben in die Gewüste ihrer Herzen, zur Unreinheit, dass sie ihre eigenen Leiber untereinander entehren, sie, welche die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten und dem Geschöpften mehr Ehre und Dienst erwiesen als dem Schöpfer, der da gelobt ist in Ewigkeit. Amen.“
Darum hat sie Gott auch dahingegeben in entehrende Leidenschaften, denn ihre Frauen haben den natürlichen Gebrauch vertauscht mit dem widernatürlichen. Gleicherweise haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind gegeneinander entbrannt in ihrer Begierde. Sie haben Mann mit Mann Schande getrieben und den verdienten Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfangen.
Und dann noch Vers 28:
„Und gleichwie sie Gott nicht der Anerkennung würdigten, hat Gott auch sie dahingegeben, im unwürdigen Sinn zu verüben, was sich nicht geziemt, als solche, die voll sind von aller Ungerechtigkeit.“
Und so weiter. Dann folgt eine ganze Liste, in der das detailliert dargelegt wird.
Wir haben also dreimal den Ausdruck gefunden: Gott hat dahingegeben. In Vers 24 und 28.
Als ein Gericht über die Gottlosigkeit und das Abwenden von Gott wurde die Unmoral gewissermaßen freigesetzt. Die Schranken, die Barrieren in der Unmoral, wurden aufgehoben.
Das Gleiche ist nun hier in Hesekiel 20. Israel hatte die Tora bekommen, aber sie wollten sie nicht tun, sie lehnten sich dagegen auf, wie Vers 24 sagt. Darum hat Gott sie dahingegeben in götzen-dienerische Gesetze.
Diese „Ich gab ihnen Satzungen, die nicht gut waren“ sind nicht die Satzungen von Sinai, sondern die Satzungen des Götzendienstes. Denn jede Religion, jeder Götzendienst hat auch eigene Gesetze. Und da hat er sie hineingelassen, und zwar bis in den Moloch-Kult.
Was hier steht, indem sie alles, was die Mutter bricht – also der Ausdruck „die Mutter bricht“ bedeutet Geburt, den Durchbruch durch den Geburtskanal – durch das Feuer gehen ließen.
Der Moloch-Kult verlangt, dass man Kleinkinder opfert. Es kann sein, dass man sie zuerst geschlachtet hat und dann in den Schnabel warf – das ist ein metallener Gott, den man innen aufgeheizt hat. In den glühenden Schnabel hat man sie hineingeworfen, und so ließen sie die Kinder verglühen.
Also ein Kindermord en masse, und da gab es natürlich bestimmte Gesetze.
Aber Gott hat Israel, weil sie seine Gesetze nicht wollten, in solche unmoralischen und perversen götzen-dienerischen Gesetze fallen lassen.
Das hat höchste Aktualität für uns heute. Denn die ganze Gesetzgebung, die heute verändert wird im Blick auf Abtreibung, im Blick auf homosexuelle Ehen usw., das sind Gesetze, die nicht gut sind, durch die der Mensch nicht leben kann.
Gott lässt unsere Kultur da hineinfallen, weil sie seine göttlichen Gebote verwerfen.
Dass wir eine solche Gesetzgebung haben und noch mehr bekommen, ist ein göttliches Gericht. Bereits das ist göttliches Gerichtshandeln.
Wir denken immer, das Gericht sei erst dann, wenn die Kultur im Krieg zerstört wird. Das ist es auch, das kommt auch noch, wir denken an die Offenbarung. Aber bereits das, was wir jetzt haben, ist göttliches Gericht.
Gott lässt die Menschen gehen, denn wenn sie nicht wollen, dann sollen sie.
Das Gegenteil dazu ist das Vaterunser: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“
Das ist der Punkt, eben lass uns nicht in diese Dinge hineinfallen. Der Erlöste betet so.
Also wir sehen, wie aktuell das für uns ist.
Und gerade in Verbindung mit dem Moloch-Kult können wir natürlich die Parallele zur Abtreibung machen, sehr direkt. Denn es geht ja auch dort um einen Zins, einen Tribut an die pervers ausgelebte Lust.
Herr Arche, ich habe noch eine Frage: Da heißt es unter Umkehrung „Ich gab ihnen Satzungen, die nicht gut waren, und Rechte.“
Frage: Gibt Gott das, oder lässt Gott das nur zu?
Ja, es ist so: An vielen Stellen wird ganz direkt gesagt, dass Gott das tut.
Natürlich geschieht das so, wie in Hiob 1. Satan sagt zu Gott: „Ja, dieser Hiob ist nur so fromm, weil es ihm so gut geht.“
Und dann sagt Gott: „Gut, er ist in deine Hand gegeben, aber tastet sein Leben nicht an.“ Und dann verliert Hiob all sein Hab und Gut.
Bei der nächsten Prüfung geht es um Hiobs Gesundheit. Und Gott sagt: „Ja, du darfst, aber bis auf sein Leben.“
In dem Sinn lässt Gott das Böse zu, indem er es erlaubt. Das Böse kann sich nicht mehr entfalten, als was Gott ganz klar befiehlt und zulässt.
Aber die Bibel drückt das oft so aus, dass Gott es tut.
Natürlich geht es immer darum, dass er das Böse zulässt. Gott kann man nie mit dem Bösen in Verbindung bringen, denn Gott bleibt immer gerecht.
Da müssen wir besonders denken an 1. Johannes 1, Vers 5:
„Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben, dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist.“
Das ist etwas, was wir ganz klar festhalten müssen.
In seinen Regierungswegen, die Gott mit der Menschheit geht, bleibt er selbst immer von der Sünde ausgeschlossen.
Aber wir lesen in Verbindung mit Saul: „Ein böser Geist von Gott ängstigte ihn.“
Oder wir lesen vom Antichristen in 2. Thessalonicher 2:
„Deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrwahns, dass sie der Lüge glauben, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie gerettet würden.“
Das ist aktiv, Gott sendet.
Ja, ganz genau, das ist genau auf dieser gleichen Ebene.
Aber wie es geht? Es geht über die Zulassung hinaus.
Gott heißt das Böse nie gut. Aber letztlich muss das Böse in dem Rahmen, wie es sich entfalten darf, letztlich auch wieder zur Ehre Gottes dienen.
Das ist Gottes Souveränität.
Und das lernen wir sehr schön aus Hesekiel, eben das alles – es geht letztlich um die Ehre Gottes.
Herr Oschet, da lesen wir von so viel Götzendienst hier, und wir wissen, wir sind ja nicht besser.
Wenn wir im 1. Johannesbrief, Kapitel 5, den letzten Vers lesen, wo Johannes sagt: „Hütet euch vor den Götzen!“
Wir stehen vielleicht mehr in Gefahr, in diesen Götzen, in den modernen Götzen, drin zu sein, als wir es erkennen.
Ja, das ist so, das ist die Aktualität dieser Verse.
Aber wir haben ja diesen versteckten Götzendienst, bei dem wir schon recht bald etwas oder einer Sache oder einer Person mehr Platz geben, mehr Ehre in unserem Leben als Gott.
Das ist bereits Götzendienst.
Und dann haben wir aber auch den ausgesprochenen Götzendienst, wo es wirklich um die Verehrung anderer Götter geht.
Wenn wir das natürlich übertragen und Israel als Modell für die Christenheit sehen, und in der Christenheit ist der größte Teil nicht bekehrt, dann sehen wir, wie das heute ganz konkret so ist mit dem faktischen Götzendienst.
Wenn wir denken, dass Esoterik heute allein in der kleinen Schweiz ein Milliardenmarkt ist, dann zeigt das, wie götzendienerisch unsere Gesellschaft heute ganz faktisch auf der gleichen Ebene wie damals geworden ist.
Der Götzendienst in Kanaan und der Versagen Israels
Ab Vers 27 bis 29 finden wir die erste Generation oder die Generation, die das Land Kanaan eingenommen hat. Hier wird gesagt, dass auch sie gottlos gehandelt haben. Was ist das große Problem? Sie brachten Schlachtopfer auf hohen Hügeln und an jedem nicht belaubten Baum. Jawohl, das ist neu – das war nicht in der Wüste, sondern im Land.
Hier begegnet uns das Wort „Bama“. Das ist der Fachausdruck für die Höhenkultorte. Die Kananiter hatten diese bereits gepflegt. Auf den Hügeln befanden sich normalerweise die Tennen. Die Tennen sind flachgestampfte, runde Bezirke, eingemauert. Dort wurde die Gerste und der Weizen von der Spreu getrennt. Diese Tennen lagen meist direkt unterhalb einer Bergspitze. Es ging dabei um die Fruchtbarkeit des Landes.
Die Kananiter entwickelten Fruchtbarkeitskulte, um die Fruchtbarkeit zu fördern. Diese Kulte waren ganz perverse Praktiken mit Prostitution. Sie glaubten, dadurch ihre Fruchtbarkeitsgötter provozieren zu können, um Fruchtbarkeit für den Boden im nächsten Jahr zu bewirken. So wurden diese Orte der Tennen zugleich religiöse Zentren des Götzendienstes.
Israel in der Wüste hatte mit Ackerbau und solchen Aspekten gar nichts zu tun. Sie waren ein Volk von Hirten. Sie hatten Schafe und Ziegen aus Ägypten mitgenommen. Durch den Wechsel von der Wüste ins Land kam eine kritische Phase. Israel musste nun auch mit Ackerbau beginnen, und da das Land Kanaan vom Regen abhängig ist, war es notwendig, auf Gott zu vertrauen.
Deshalb war es so kritisch, dass sie an diesem Punkt nicht auf den Gott der Väter vertrauten, sondern in die perversen Kulte der Kananiter verfielen. Gott hatte gewarnt: Ihr müsst die Kananiter vertreiben und völlig besiegen. Ihr müsst all diese Kultorte ausrotten. Doch Israel versagte, und das wurde ihnen zum Fallstrick.
Das Land Kanaan war ein fruchtbares Land, das von Honig floss. Es unterschied sich von der Wüste Judäa, wo Israel zuvor gelebt hatte. Dort waren sie ein Volk von Hirten, jetzt kam der Ackerbau hinzu. Der Prophet Ezechiel sagt, sie haben auf allen möglichen Höhen diesen Kult betrieben, anstatt auf den Gott zu vertrauen, der auch Regeln gibt.
Übrigens war Baal bei den Kananitern der Blitz- und Regengott. Deshalb liest man im Alten Testament so viel von dem Problem des Baalskults. Die Menschen hatten Angst, denn wenn der Regen ausbleibt, bedeutet das eine Katastrophe. Auch die erste Generation nach der Landnahme versagte und verfiel diesem Baalskult mit den Höhenheiligtümern.
Gott hatte gesagt, dass Opferdienst nur an einem Ort stattfinden darf, den er auswählen würde. Das war der Berg Zion. Alle anderen Hügel waren für religiösen Opferdienst ausgeschlossen. Dennoch haben sie es massenweise gemacht.
Interessant ist auch, wo der Altar in Jerusalem stand: auf der Tenne. Dort ging es jedoch nicht um Fruchtbarkeitskulte. Gott hatte sogar gesagt, dass beim Altar keine Treppen gebaut werden dürfen, sondern eine Rampe. So sollte verhindert werden, dass man beim Aufstieg des Priesters etwas von seinem Fleisch sieht, wie es beim Hochgehen über Treppen mit dem Rock der Fall wäre.
Der Kult sollte keinerlei Erinnerung an die sexuellen Perversionen der kanaanitischen Kulte wecken. Er sollte ein reiner Kult sein, der dem wahren Gott geweiht war. An der gleichen Stelle sollte Israel lernen, auf den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu vertrauen, der die Ernte gibt.
Später begann man aufgrund von Jesaja 12 die Zeremonie des Wasserschöpfens zu praktizieren. Das kürzeste Kapitel von Jesaja können wir kurz nachlesen: Jesaja 12, Verse 1 bis 3.
Dort heißt es: „An jenem Tag wirst du sagen: Ich preise dich, Herr! Du hast mich zürnen lassen, doch dein Zorn hat sich gewendet, damit du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich vertraue und fürchte mich nicht. Der Herr ist meine Stärke und mein Loblied, er ist mein Heil geworden. Mit Freuden werdet ihr Wasser schöpfen aus der Quelle des Heils.“
Dieses Wasserschöpfen aus den Quellen des Heils wurde im Tempel am Laubhüttenfest praktiziert. Das war das letzte der sieben Feste des Herrn, die den Zyklus vom Frühjahr bis zum Herbst markierten.
Während der sieben Tage des Festes ging ein Priester mit einem goldenen Krug unter Jubelgeschrei des Volkes zum Siloah-Teich hinunter. Er schöpfte Wasser, die Hauptquelle des Heils. Dann kehrte er zum Tempel zurück, wo er von trompetenblasenden Priestern empfangen wurde.
Der Priester ging zum Altar, der ein kleines Silbergefäß mit einer Öffnung unten hatte. Dort goss er das Wasser hinein, während das Volk jubelte. Das Wasser floss unten heraus.
Die Rabbiner erklärten dazu, dass man damit betete, Gott solle nun Wasser geben. Nach dem Laubhüttenfest beginnt nämlich die Regenzeit mit dem Frühregen. So nutzte man das Laubhüttenfest, um Gott um den kommenden Regen zu bitten, von dem man so abhängig war.
Übrigens sagte der Herr Jesus an diesem Fest in Johannes 7,37: „Wenn jemand Durst hat, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Johannes erklärt, dass er damit den Heiligen Geist meinte.
Er bezog sich genau auf das freudige Wasserschöpfen und erklärte dessen Bedeutung. Die Rabbiner erklärten auch, dass der Frühregen die Ausgießung des Heiligen Geistes symbolisiere, die einmal über Israel stattfinden sollte. Der Herr nahm das direkt auf.
Der Zusammenhang zwischen Fruchtbarkeit des Landes, Landwirtschaft und geistlicher Bedeutung gehört hier zusammen. Die großen Feste standen alle in Bezug zur Landwirtschaft: Das Passafest mit der Gerstenernte, das Pfingstfest mit der Weizenernte und das Laubhüttenfest mit der Wein- und Olivenernte.
Sie waren also im landwirtschaftlichen Zyklus eingeordnet. Israel sollte erkennen, dass sie auch im Alltag, bei der Nahrung, auf den Gott der Bibel vertrauen dürfen. Er kann ihnen alles geben.
Doch wir sehen, wie die erste Generation bereits begonnen hatte, in den Baalskult zu verfallen (vgl. Hesekiel 20).
Gottes Gericht und die zukünftige Rückführung Israels
Und wir müssen noch zum Ende kommen. Gott spricht dann ab Vers 30 wieder diese Ältesten an und verkündet ihnen, dass er trotz all der Verdorbenheit Israels schlussendlich Israel aus allen Völkern herausführen wird. Vers 34 wird nochmals vorgelesen: „Ich werde euch aus den Völkern herausführen und euch aus den Ländern, in die ihr zerstreut worden seid, mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit ausgegossenem Griff sammeln. Ich werde euch in die Wüste der Völker bringen und dort mit euch ins Gericht gehen, Angesicht zu Angesicht.“
Jawohl, und dann spricht Gott über solche, die er zwar ein Stück weit aus ihrer Zerstreuung herausführt, aber nicht ins Land Israel bringt. Das muss man so verstehen: Die heutige Rückführung geschieht nach Hesekiel 36 aus allen Völkern. Sie kommen unrein in das Land zurück, das haben wir gesehen. Hier wird über eine letzte Phase gesprochen, denn es werden nicht alle Juden bis zur Wiederkunft Christi zurückkehren.
Wir sehen es auch heute: In Israel leben etwa etwas mehr als vier Millionen Juden, aber weltweit gibt es 14 Millionen Juden. Das heißt, der größere Teil ist nach wie vor in der Diaspora, in der Zerstreuung geblieben. Gott bringt nur einen Teil zurück ins Land. Das ist ganz wichtig zu wissen, weil es solche gibt, die das ablehnen und sagen: „Schau mal, wie lange es gedauert hat, bis jetzt so viele da sind. Wenn alle 14 Millionen zurückkehren, wird es noch Jahrhunderte dauern.“ Aber die Bibel sagt das nicht.
Wir werden das auch später noch sehen, Hesekiel 39, dass erst wenn der Messias da ist, er all die Übergebliebenen noch zurücksammeln wird. Aber nur die, die sich bis dahin bekehrt haben. Die anderen werden nicht ins Land zurückgeführt werden.
Schlagen wir Hesekiel 39 auf. Dort haben wir die allerletzte Phase, das ist schon nach der Schlacht von Gog und Magog. Jemand liest ab Vers 25: „Darum so spricht der Herr: Warum will ich das Gezählnis Jakobs wenden und mich des ganzen Hauses Israel erbarmen und um meinen heiligen Namen eifern? Sie aber werden ihre Schmach und alle ihre Sünde ablegen, damit sie sich an mir nicht mehr für Sündigkeit antragen. Wenn sie nun sicher in ihrem Land wohnen, dass sie niemand schrecke, und ich sie wieder aus den Völkern gebracht und aus den Landen ihrer Feinde versammelt habe, und ich an ihnen geheilt worden bin vor den Augen vieler Heiligen, so werden sie erfahren, dass ich der Herr bin, ihr Gott, der ich sie habe lassen unter die Heide wegführen und wiederum in ihr Land versammeln und nicht einen von ihnen dort gelassen habe.“
Ja, also das ist der letzte Satzteil: „Und keinen mehr von ihnen dort übrig lasse.“ Das kommt aber erst nach der Schlacht von Rosch aus dem äußersten Norden. Russland wird in einer letzten Phase noch Israel angreifen, wenn der Messias bereits da ist. Das werden wir dann später sehen.
Dann kommt eine letzte Sammlung, und um diese Sammlung geht es hier in Hesekiel 20. Dort sagt Gott: „Ich werde euch in die Wüste der Völker bringen, mit euch rechten, und die von mir Abgefallenen werde ich ausscheiden“ (Vers 38).
Herr Roschi, was ist dann jetzt die Wüste der Völker, wenn sie doch nicht bei den Völkern bleiben, aber auch nicht nach Israel kommen? Es heißt dort, dass Gott sie aus den Völkern, wo sie zerstreut waren, herausführt. Gewissermaßen sind sie auf dem Weg nach Israel, aber sie werden das Land nicht erreichen. Sie machen die Reise, aber sie kommen nicht ins verheißene Land.
Das ist erst in der allerletzten Phase, wenn der Herr Jesus zurückkommt und die übergebliebenen Juden sammelt – dann aber nur die, die bekehrt sind. Die anderen, die sich empören und von Gott abgefallen sind, werden ausgeschieden (Vers 38). „Ich werde sie herausführen aus dem Land, die ihr Fremding schafft, aber in das Land Israel soll keiner von ihnen kommen.“ Das ist natürlich eine zukünftige Phase.
Was wir heute erleben, ist die Phase von Hesekiel 36. Dort sammelt Gott sie aus allen Ländern, und sie kommen unrein ins Land zurück. Das Land für Frieden ist genau kontraproduktiv, denn dadurch, dass immer noch weitere Gebiete von Israel zurückgegeben werden sollen – beispielsweise an die Palästinenser – werden noch viel weniger Leute rückkehrbereit sein, als sie es derzeit schon sind.
Denn die überwiegende Zahl bleibt ja in den Ländern, in denen sie derzeit sind. Das Risiko, in irgendeiner Marktstraße plötzlich durch eine Autobombe in die Luft gejagt zu werden, ist nicht gerade einladend, um zurückzukehren.
Ganz genau. Aber eben, darum müssen wir auch festhalten: Es werden nicht alle zurückkehren, nur ein Teil. Die Politik ist eigentlich falsch, weil sie entgegen der Bibel Dritten das Leben dort ermöglicht.
Meinen Sie die Bemühungen, Juden aus Russland nach Israel zu führen, ihnen die Reise zu bezahlen und so weiter? Nein, ich meine, dass weite Gebiete nicht mehr von Juden bewohnt werden sollen, sondern an Palästina zurückgegeben werden. Die Westbank wird nicht besiedelt werden, folglich entsteht kein Platz für neue Leute, die derzeit noch in der Diaspora wohnen.
Ja, das ist sicher eine Abschreckung. Man muss daran denken, dass die großen Bevölkerungskonzentrationen in Haifa, Tel Aviv und Jerusalem sind. Dort lebt der größte Teil, also in diesen Zentren. Man könnte natürlich noch mehr Zentren im Land eröffnen, die nichts mit den besetzten Gebieten zu tun haben. Das wäre möglich. Aber eben, was Sie sagen, das schreckt viele ab und ist überhaupt nicht anziehend, um zurückzukehren.
Aber jetzt sehen wir, was Scharon macht. Ob er etwas unternimmt? Ja, ich meine, alle Optionen sind offen. Man hat bei Netanjahu gedacht, er sei ein starker Mann, aber der internationale Druck hat ihn völlig gelähmt. Jetzt werden wir sehen, was bei Scharon geschieht. Ob er sich auch dem internationalen Druck beugt oder seine Überzeugungen durchzieht – das werden wir sehen.
Ich möchte noch mit Vers 40 schließen: „Denn auf meinem heiligen Berg, auf dem hohen Berg Israels, spricht der Herr, der Ewige, wird das ganze Haus Israel insgesamt dienen im Land.“ Dort sehen wir bereits den Endzustand im Tausendjährigen Reich, wenn Jesus Christus zurückgekehrt ist und der neue Tempel gebaut wird nach Hesekiel 40-48. Das werden wir im Detail noch sehen. Dort wird das Zentrum des Gottesdienstes errichtet, auf dem Tempelberg – das ist mein heiliger Berg.
Die Drangsalzeit und die Läuterung Israels
Oschi, darf ich zum Schluss noch eine Frage zum Jahr 13 stellen? Dort wird gesagt, dass im Land zwei Drittel ausgerottet und ein Drittel geläutert wird. Dann werden sie Gott anrufen und sagen: „Er ist unser Gott, und ich bin sein Volk.“ Wo gehört das in diesem Zusammenhang hin?
Sacharja 13,8 handelt von einer großen Drangsalzeit, von diesen dreieinhalb Jahren. Der größte Weltkrieg aller Zeiten wird stattfinden. Von der Bevölkerung Israels im Land werden in dieser Zeit zwei Drittel ums Leben kommen. Ein Drittel wird sich in dieser Zeit umkehren. Darum kann das Zurückkehren heute für manche eine Rückkehr zum Leben, für andere eine Rückkehr zum Tod bedeuten.
Das wird von christlichen Organisationen oft übersehen. Darauf habe ich eben, ich meine dich, Herr Barthe, angespielt. Diese Organisationen fördern die Rückkehr von Juden und unterstützen sie finanziell. Sie sammeln Geld dafür. Das ist eine zweischneidige Sache. Denn der christliche Auftrag ist natürlich auch ein sozialer Auftrag. Aber ob das wirklich der Auftrag ist, möchte ich bezweifeln. Der Auftrag ist, Juden das Evangelium weiterzusagen. Das Evangelium ist Gottes Kraft zum Heil für jeden Glaubenden, dem Juden zuerst, aber auch dem Griechen (Römer 1,16).
Gerade die Rückkehr ins Land bedeutet für zwei Drittel in dieser Katastrophenzeit den Tod, wie Harry angedeutet hat. Natürlich gibt es Leute, die sagen, das habe sich früher erfüllt, vielleicht im Jahr 70 nach Christus. Nein, das stimmt nicht. Diese Stelle hat sich noch nie erfüllt und ist zukünftig.
Sacharja 13,8 sagt: „Er wird wie das Feuer bis zur Schmelze sein und wie die Lauge der Wäscher. Er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen, und er wird die Kinder Levi reinigen und prüfen wie Gold und Silber, damit sie dem Herrn Opfergaben in Gerechtigkeit darbringen.“ Das ist genau das, was wir meinen.
Jetzt ist der Tempelberg entweiht. Tag für Tag hört man dort „Allahu Akbar“ herabgerufen. Das heißt wörtlich „Allah ist größer“. Die meisten sagen, es heißt „Allah ist groß“, aber das stimmt nicht. „Akbar“ ist der Komparativ. „Kabir“ heißt auf Arabisch groß, „Akbar“ heißt größer. Größer als der Gott der Juden und Christen oder was auch immer. Es ist eigentlich ein Angriff.
Das ist jetzt noch so, aber hier sehen wir die Zukunftsperspektive, dass Gott, und zwar Yahweh – ein Muslim würde Gott nie Yahweh nennen, er nennt ihn Allah, nicht Yahweh – ein anderer Gott ist es nicht. Hier spricht der Herr Yahweh: „Daselbst wird das ganze Haus Israel insgesamt dienen im Land.“
Wir sind fast am Ende der Zeit. Gibt es noch eine wichtige Frage?
In der arabischen Bibel steht für Gott „Allah“. Damals, als die Übersetzung gemacht wurde, war das noch eine kritische Sache. Sollte man ein anderes Wort nehmen oder dasselbe? „Allah“ ist eigentlich „Al Ila“. „Ila“ ist das normale semitische Wort für Gott, entspricht dem hebräischen „Eloha“, das auch in der Bibel vorkommt. „Al Ila“, also „Allah“, heißt eigentlich „der Gott“.
Die große Frage war, ob man das verwenden sollte, denn zur Zeit Mohammeds gab es offenbar keine arabische Bibelübersetzung. Die Christen haben in der Arabermission versagt, und das war wohl ein wichtiger Grund, warum der Islam überhaupt entstehen konnte. Mohammed hatte offensichtlich nie eine Bibel in der Hand. Man kann das beweisen, denn alle Zitate und Anspielungen zeigen deutlich, dass er die Bibel nie schriftlich hatte, nur vom Hörensagen.
Später wurden Bibeln übersetzt, und man wählte das Wort „Allah“. Das war kritisch, weil dadurch der Unterschied nicht klar gemacht werden konnte. Andererseits kann man mit einem Araber, also einem Muslim, über Gott sprechen, und es bleibt offen, was genau gemeint ist. Das kann sich dann nach und nach klären. Es hat Vor- und Nachteile, dass dasselbe Wort verwendet wurde.
Es wird dann deutlich, dass „Allah“ in der Bibel der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist. Das ist nicht der Gott des Islam, der Gott Ismais. Aber das ist schon ein Problem in jeder Kultur: Welches Wort soll man für Gott verwenden? Letztlich muss man einem Muslim zeigen, dass der Gott des Korans nicht derselbe Gott wie der Gott der Bibel ist, obwohl dasselbe Wort benutzt wird.
Darum habe ich betont, dass ein Muslim Gott nie Yahweh nennen würde. Das zeigt, dass es ein anderer Gott ist.
Sie hatten einmal gesagt, dass gerade in Jerusalem, im Tempelbezirk, die drei monotheistischen Religionen aufeinanderprallen. Das Interessante, was ich kürzlich las, war: Als die Türken Jerusalem eroberten, fragten sie bei einem dort lebenden christlichen Bischof nach, wo sie ihrem Gott einen Tempel bauen könnten. Der wies ihnen eine Müllhalde zu, die früher der Tempelbezirk der Juden gewesen war. Dort bauten sie dann die jetzige Omar-Moschee. Dadurch entstand diese komplexe Situation, die bis heute anhält.
Die Byzantiner hatten den Tempelbezirk zu einem Abfallort gemacht, um zu zeigen, dass Jerusalem auf ewig vorbei sei.
Übrigens, noch in Verbindung mit dem Namen Gott, „Allah“: In der Bibel heißt Jesus auf Arabisch „Jesua“, im Koran wird Jesus „Isa“ genannt. Dort kann man den Unterschied machen, wenn man zeigt, dass der „Issa“ des Korans nicht der Jesus der Bibel ist. Der heißt „Jeshua“, daher sagen die Araber „Jesua al-Masih“, Jesus der Messias, der Christus.
Auch orthodoxe Juden nennen Jesus nicht wie im hebräischen Neuen Testament „Jeshua“, sondern „Jeschu“. Man kann sagen: „Nein, wir haben nichts mit Jeschu zu tun, es geht uns um Jeshua, den Messias.“ Das ist ein interessanter Unterschied. Der Ausdruck „Jeschu“ stammt aus dem Talmud und ist eine verdrehte Darstellung.
So muss man auch zeigen, dass wir einen anderen Jesus kennen. Es geht uns nicht um den „Jeschu“ des Talmuds, nicht im Koran, sondern in den Hadithen, der islamischen Tradition.
Es gibt die Vorstellung einer Wiederkunft Christi, aber auch diese ist verzerrt. Bei den Sunniten gibt es eine andere Vorstellung als bei den Schiiten, wer zurückkommt. Dieser Jesus wird 40 Jahre lang alle Menschen aufrufen, zum Islam überzutreten, und dann kommt das Endgericht. Es ist ein ganz anderer Jesus, ein islamischer Jesus, der die Menschen in den Islam hineinziehen will.
Im Koran sagt dieser „Issa“ auch: „Ich bin nicht Gottes Sohn und ich bin nicht Gott.“ Man muss zeigen, dass es mit „Issa“ nicht um den Jesus der Bibel geht, sondern um Jesua, Jesus.
Ja, wir müssen zum Schluss kommen. Wir wollen noch beten.