Einführung in die biblische Archäologie der Davidsstadt
Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag heute Morgen begrüßen. Das Thema lautet: Biblische Archäologie in der Davidsstadt, auf Hebräisch Ir David.
Auf der Einladung habe ich am Ende vermerkt, dass die biblische Archäologie dem Kritiker und Skeptiker zeigt, dass die Bibel vollumfänglich vertrauenswürdig ist. Dies gilt nicht nur, wenn sie über Glauben spricht, sondern auch dann, wenn sie über Geschichte und Natur berichtet.
Zunächst stellt sich wahrscheinlich für einige von uns die Frage: Wo liegt die Davidsstadt?
Wir haben hier Jerusalem vor uns, genauer gesagt Ostjerusalem. Das ist die Altstadt mit dem Tempelplatz. Der Tempelplatz liegt auf der Berghöhe des Zionshügels. Nach Süden erstreckt sich dieser Hügel nach unten. Auf dem Südabhang des Tempelberges befindet sich die Davidsstadt.
Geographische Lage und historische Bedeutung Jerusalems
Wir gehen ein paar Jahrtausende zurück und betrachten die Davidsstadt von damals. Wieder sehen wir diesen Berg, das ist der Berg Zion, der in der Bibel auch mehrfach als Berg Moria bezeichnet wird.
Auf der Ostseite liegt das Kidron-Tal, das den Berg Zion vom Ölberg trennt. Auf der anderen Seite befindet sich das Tyropoion-Tal, auch Käsemachertal genannt. Dieses Tal trifft hier oben auf das Kreuztal. Genau an diesem Südabhang befand sich ursprünglich die Stadt Jerusalem, die Stadt Davids.
Etwas ganz Wichtiges: Hier sehen wir noch die Gihon-Quelle, die im Folgenden von großer Bedeutung sein wird. Sie befindet sich fast unten im Kidron-Tal und war die wichtigste Wasserquelle für Jerusalem in alttestamentlicher Zeit.
Die Stadt Jerusalem wurde von den Kanaanäern erbaut, kurze Zeit nach der Sintflut, also noch im dritten Jahrtausend vor Christus. Bei der Stadtgründung mussten sie sich überlegen, wo sie die Stadt errichten sollten. Militärisch wäre es am günstigsten gewesen, die Stadt auf dem höchsten Punkt zu bauen. Dieser höchste Punkt ist heute durch den Felsen markiert, der sich im Felsendom befindet.
Allerdings lag die wichtigste Lebensquelle, die Gihon-Quelle, ganz unten im Tal. Eine Stadt im Tal zu errichten, wäre militärisch unsinnig gewesen. Deshalb musste man einen Kompromiss finden: nicht ganz oben, aber auch nicht ganz unten. So entstand das ursprüngliche Jerusalem hier am Südabhang.
Nun sehen wir nochmals die heutige Situation: Tempelplatz, Ölberg, dazwischen das Kidron-Tal und hier unten die Davidsstadt, das ursprüngliche Jerusalem.
Historische Bezeichnungen und biblische Erwähnungen Jerusalems
Ich muss noch erklären: Dieser Hügel, der Nachbarhügel gleich neben der Davidsstadt, heißt heute Zionsberg. Diese Bezeichnung ist jedoch erst seit etwa hundert nach Christus nachweisbar. Darum nenne ich diesen Hügel Zion römisch zwei, im Gegensatz zum Tempelberg oder zum Berg Moria, den ich Zion römisch eins nenne.
Der biblische Berg Zion ist immer identisch mit dem Tempelberg. Wir müssen dieses Zion von dem anderen Zion unterscheiden, das Jerusalembesucher so vorgestellt bekommen und oft mit dem biblischen Berg Zion verwechseln.
Hier sehen wir eine andere Darstellung der Davidstadt, des ursprünglichen Jerusalems, das heute im Ostteil der Stadt liegt. Es ist wichtig zu wissen, dass das Kernstück von Jerusalem im Ostteil liegt. Die UNO und die Weltgemeinschaft verlangen, dass die Juden diesen Teil abgeben, obwohl sie darauf kein Anrecht haben. Genau dort befindet sich aber das Herzstück von Jerusalem.
Im Alten Testament finden wir Jerusalem zum ersten Mal in 1. Mose 14,18. Das ist in der Zeit von Abraham, etwa 2030 vor Christus. Dort wird die Stadt oder das Städtchen Salem genannt, was so viel bedeutet wie Frieden. Der Name Salem für Jerusalem kommt später in der Bibel auch noch vor, zum Beispiel in Psalm 76,2 und natürlich im Hebräerbrief 7,1-2.
Salem heißt Frieden, Jerusalem bedeutet Gründung des Friedens. Salem ist also in diesem Sinn eine Kurzform von Jerusalem. Die Stadt wird aber auch Jebus genannt, weil die Jebusiter, ein kanaanitischer Stamm, hier ein Stadtkönigreich aufgebaut haben. Das wird erwähnt in Richter 19,10-11.
Später in der Bibel wird diese Stadt auch Burg Zion genannt, zum Beispiel in 2. Samuel 5,7. Das heißt, die ganze Stadt, die so befestigt und eingemauert war, wurde als Mezudat Zion bezeichnet, als Burg Zion. Nachdem David diese Burg erobert hatte, nannte er sie „Ir David“, Davids Stadt, so in 2. Samuel 5,7.
Entwicklung Jerusalems im biblischen Zeitraum
Jetzt wollen wir ganz kurz anschauen, wie sich Jerusalem im Lauf der Zeit, das heißt im Lauf der biblischen Zeit, entwickelt hat. Wir sehen fünf Ausdehnungsschritte.
Ursprünglich war Jerusalem zur Zeit von König Melchisedek, König von Salem zur Zeit Abrahams, ein kleines Städtchen auf dem Südabhang des Zionsberges. Nachdem David diese Stadt erobert hatte, baute er sie etwas nach Norden aus. Er errichtete seinen Palast nördlich davon. Sein Sohn Salomo baute die Stadt bis auf die Berghöhe hinauf. Auf dem Berggipfel errichtete er den Tempel, den salomonischen Tempel, also den ersten Tempel.
Hier sehen wir eine Rekonstruktionszeichnung von Jerusalem unter Salomo mit dem ersten Tempel auf der Berghöhe. Das ist die zweite Ausdehnung.
Nach Salomo, in der Zeit der Könige, wuchs die Stadt nach Westen, wie man hier sieht. Man begann auch, den Nachbarhügel zu besiedeln, der in nachbiblischer Zeit Zion genannt wurde, römisch als „Zion zwei“. Das ist die dritte Ausdehnungsphase.
Auf dem Plan sehen wir das nochmals: Unten das ursprüngliche Jerusalem, dann der Ausbau bis auf die Berghöhe und schließlich die Erweiterung in der Königszeit nach Westen.
Später wurde die Stadt noch größer. Nach der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier kehrten die Juden aus der Gefangenschaft zurück. Nehemia baute die Stadt wieder auf, und zwar in der Größe wie zu Salomos Zeiten. Die Stadt wuchs dann schnell weiter und erreichte wieder die Ausdehnung der Königszeit. Das heißt, der Südabhang mit dem Tempelberg, die Erweiterung nach Westen und auch das Gebiet direkt am Tempelplatz wurden überbaut. Das ist die vierte Ausdehnung.
Nach der Kreuzigung Jesu wurde die Stadt nochmals mit einem dritten Mauerring erweitert. Alle Viertel außerhalb der damaligen Stadtmauer wurden durch eine weitere Mauer eingeschlossen. Man sieht hier, dass im Jahr 32, als Jesus auf dem Golgatha-Felsen starb, dieser Ort noch außerhalb der Stadt lag. In den 40er Jahren wurde dieses Gebiet jedoch in die Stadt einbezogen. Das ist die fünfte Ausdehnung Jerusalems.
Nun schauen wir Jerusalem nochmals heute an und sehen diese fünf Phasen: Unten Salem, Burg Zion, Davidsstadt, dann die Erweiterung mit dem Tempelplatz (Phase zwei), danach die Erweiterung nach Westen (Phase drei), später die Erweiterung im Nordwesten und schließlich Phase fünf mit einer weiteren Vergrößerung.
Jerusalem im Jahr 70, als die Stadt von den Römern zerstört wurde, zusammen mit dem zweiten Tempel, hatte also die Ausdehnung der Phase fünf erreicht.
Die Begegnung Abrahams mit Melchisedek und die Bedeutung der Gihon Quelle
Nachdem wir nun wissen, wo sich die Davidstadt genau befindet, gehen wir zeitlich ganz an den Anfang zurück. Salem im dritten Jahrtausend vor Christus interessiert uns.
Abraham kam nach der Schlacht der Könige nach Jerusalem. In 1. Mose 14,17 lesen wir: „Und als er zurückgekehrt war, nachdem er Kedorlaomer und die Könige, die mit ihm gewesen, geschlagen hatte, zog der König von Sodom ihm entgegen in das Tal Schave, das ist das Königstal. Melchisedek, König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester Gottes des Höchsten und segnete ihn und sprach: ‚Gesegnet sei Abraham von Gott dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt.‘“
Melchisedek war also ein kanaanitischer König, aber einer, der noch den wahren Gott kannte. Nach der Sintflut, nach dem Turmbau von Babel und der Sprachenverwirrung hat sich die Urmenschheit aufgespalten. Die meisten dieser Stämme, Urstämme, Urvölker haben sich von dem wahren Gott abgewandt. Sie sind westwärts gezogen und haben das spätere Land Israel sowie den späteren Libanon besiedelt. Auch diese Völker sind von Gott abgefallen und haben begonnen, Naturgötter zu verehren.
Melchisedek aber war noch einer, der den einzig wahren Gott verehrte. Dieser König von Salem kam also ins Tal Schave, das ist das Kidron-Tal, gerade unterhalb der Davidstadt. Dort stärkte er Abraham mit Brot und Wein und segnete ihn. Abraham gab ihm sogar den Zehnten von seiner Beute.
Hier sehen wir das Tal Schave, also das Kidron-Tal, entlang des Bereichs, wo sich die Davidstadt befindet. Die Davidstadt ist hier. Das Kidron-Tal wird in der Bibel in 1. Mose 14 als das Tal Schave beziehungsweise das Königstal genannt. Dort haben sich Melchisedek und Abraham getroffen.
Eine andere Sicht auf das Tal Schave bietet das arabische Dorf Silwan, das hier drüben liegt. Von dort aus hat man einen weiteren Blick auf die Davidstadt und das Tal Schave.
Die Eroberung Jerusalems durch David und die Bedeutung der „Blinden und Lahmen“
Jetzt gehen wir weiter in der Geschichte dieser Stadt. Ganz entscheidend ist das Jahr 1049 vor Christus. Damals eroberte David die Jebusiter, die kananitische Jebusiterstadt. In der Folge wurde sie die Hauptstadt der Juden. Deshalb kann man sagen, dass Jerusalem schon lange, nämlich seit 1049 v. Chr., die dreitausendjährige Hauptstadt der Juden ist.
Wir lesen aus 2. Samuel 5,6: Nachdem David sieben Jahre in Hebron regiert hatte, zog er gegen Jerusalem. Der König zog mit seinen Männern gegen die Jebusiter, die Bewohner des Landes. Diese sprachen zu David: „Du wirst hier nicht hereinkommen, sondern die Blinden und die Lahmen werden dich wegtreiben.“ Sie wollten damit sagen, dass David nicht in die Stadt gelangen würde. Für sie war klar, dass diese Burg Zion eine so gut geschützte Festung war, dass niemand, auch nicht König David, dort hineinkommen konnte.
Wer sind wohl diese Blinden und Lahmen, die David vertreiben sollten? Wenn wir die Psalmen lesen, wissen wir, wer diese Blinden und Lahmen sind, von denen die Heilige Schrift sagt, dass David sie hasst. Im Psalm 115 werden diese Blinden und Lahmen beschrieben: Es sind die Götzen der Heiden. Ihre Götzen sind Silber und Gold, ein Werk von Menschenhänden. Sie haben einen Mund, aber sie reden nicht; Augen, aber sie sehen nicht; sie sind blind. Sie haben Ohren, aber hören nicht; eine Nase, aber riechen nicht; Hände, aber sie tasten nicht; Füße, aber sie gehen nicht; sie sind alle lahm und geben keinen Laut von sich.
Die Kananiter vertrauten auf ihre Götterstatuen, die Baal, Asherah, Astoret und andere darstellten. Sie wollten sagen: „David, diese Götter, die du blind und lahm nennst, werden dich vertreiben. Du wirst diese Stadt nicht erobern.“
Nun lesen wir aber in 2. Samuel 5,7: „David nahm die Burg Zion ein, die Mezudat Zion, das ist die Stadt Davids.“ David sprach am selben Tag: „Wer die Jebusiter schlägt und an den Schacht gelangt“ – andere Übersetzungen sagen „an die Wasserleitung gelangt“ – „und die Lahmen und Blinden schlägt, welche der Seele Davids verhasst sind.“ Daher sagt man: „Ein Blinder und ein Lahmer darf nicht ins Haus kommen.“
David hasste jedoch nicht die Behinderten. Wir haben eine wunderbare Geschichte in 2. Samuel 9, wie der gelähmte Mephiboseth von David liebevoll aufgenommen wird. Er erhielt eine lebenslange Pension, durfte am Königstisch essen, und seine lahmen Beine waren unter dem Tisch, sodass man sie nicht sah. David war kein Hasser der Behinderten, sondern ein Hasser der Götzen. Deshalb steht hier: „die Lahmen und Blinden schlägt, welche der Seele Davids verhasst sind.“
David sagt also, dass sie die Stadt erobern werden, aber er braucht jemanden, der die Jebusiter schlägt und an den Schacht gelangt. Er hatte genügend Geheimdienstinformationen, um die Schwachstelle der Stadt zu kennen. So sollte die Stadt über diese Schwachstelle erobert werden.
Ich lese dazu aus 1. Chronika 11,4: „David und ganz Israel zogen nach Jerusalem, das auch Jebus genannt wird, nach den Jebusitern. Die Bewohner von Jebus sprachen zu David: ‚Du wirst hier nicht hereinkommen!‘ Aber David nahm die Burg Zion ein, das ist die Stadt Davids.“
Weiter lesen wir in 1. Chronika 11,6: „David aber hatte gesagt: ‚Wer die Jebusiter zuerst schlägt, soll Haupt und Oberster werden.‘ Da stieg Joab, der Sohn der Zeruja, zuerst hinauf, und er wurde zum Haupte.“ David wohnte in der Burg, deshalb nannte man sie die Stadt Davids.
David sagte also: Wer die Jebusiter schlägt und an den Schacht oder Kanal gelangt, soll belohnt werden. Schließlich nimmt Joab dieses Angebot an, wird General der israelitischen Armee unter David, steigt hinauf und kann so die Stadt erobern.
Beachten wir diese drei Dinge: Jebusiter schlagen, an den Schacht oder Kanal gelangen und dann hinaufsteigen.
Archäologische Entdeckungen: Der Warrenschaft und die Wasserversorgung
Nun schauen wir uns gemeinsam die Ausgrabungen an, die Warren im 19. Jahrhundert vorgenommen hat. Dabei wollen wir den sogenannten Warrenschaft untersuchen. Er besteht aus einem Tunnel, einem vertikalen Schacht von dreizehn Metern Höhe, einem Wasserkanal und der Gihon-Quelle.
Hier sehen wir einen Querschnitt durch die Davidstadt. Man erkennt den unterirdischen Gang, den Oren entdeckt hat, sowie den vertikalen Schacht von 13 Metern Höhe. Unten befindet sich ein Wasserkanal. An dieser Stelle liegt die Gihon-Quelle, die das Wasser in diesen Wasserschacht abgibt.
Das war eine fantastische kanaanitische Wasserversorgung, sehr ausgeklügelt und durchdacht. Allerdings war sie auch die Schwachstelle, die David überwinden konnte. Die Jebusiter wollten nicht ständig Wasser an der Gihon-Quelle außerhalb der Stadt holen, da dies in Kriegszeiten sehr gefährlich gewesen wäre.
Deshalb gruben sie von der Stadt aus einen Kanal durch den karstigen Felsen, dann diesen Schacht. So konnten sie noch innerhalb der Stadtmauern Wasser aus der Quelle schöpfen, die ursprünglich außerhalb der Stadt lag.
Versteht man das? Die Quelle befindet sich außerhalb der Stadt und leitete das Wasser in diesen unterirdischen Kanal. Die Jebusiter, die Kanaaniter, konnten über diesen Tunnel und den vertikalen Schacht mit Krügen Wasser heraufziehen.
Wir gehen nun in den Tunnel hinein, so wie die Jebusiter jeweils Wasser aus der Stadt holten. Wir folgen dem Tunnel durch den Felsen hindurch. Er stammt aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus und ist ein kanaanitisches Werk.
Jetzt sind wir an der Stelle, an der der vertikale Schacht beginnt, der dreizehn Meter hoch ist. Dort konnten die Kanaaniter innerhalb der Stadt das Wasser der Quelle schöpfen, obwohl die Quelle ursprünglich außerhalb der Stadt sprudelte.
Hier blicken wir direkt in diesen Schacht hinein. Joab musste in die Gihon-Quelle eindringen, also in den Wasserschacht, und dann den Schacht hinaufsteigen. Das konnte er natürlich nachts mit einer Leiter tun. Die Leiter stellte er in den Schacht, stieg hinauf und war so bereits innerhalb der Stadt.
Ohne die Mauern zu zerstören, konnte die Stadt so erobert werden.
Nun schauen wir uns den Wasserkanal an, der das Wasser unterirdisch zum vertikalen Schacht führte. Hier sehen wir die Gihon-Quelle. Von außerhalb der Stadt gehen wir einige Treppen hinunter. Unterhalb der untersten Treppe befindet sich die Quelle, aus der das Wasser sprudelt.
Dort musste Joab eindringen. Wenn es Wächter der Jebusiter gab, mussten diese überwältigt werden. Dann konnte er zum Schacht gelangen und hinaufsteigen.
Die Gihon Quelle: Bedeutung und biblische Erwähnungen
Jetzt wollen wir die Gihon-Quelle noch etwas genauer betrachten. Sie wird einige Male in der Bibel erwähnt, zum Beispiel in 1. Könige 1,33 und 38,45. An dieser Quelle wurde später Salomo zum König gesalbt.
Die Quelle wird auch in 2. Chroniker 32,30 und 33,14 erwähnt. Sie war die wichtigste Wasserversorgung des alten Jerusalems. Es handelt sich um eine ganzjährige Quelle, die auch im Sommer sprudelt und dabei 40 bis 100 Liter pro Tag liefert.
Gihon, hebräisch ausgesprochen Gichon, bedeutet „die hervorbrechende“. Ich möchte sagen, es ist die hervorbrechende Quelle, weil sie eine besondere Stärke und Intensität zeigt.
Hier haben wir noch ein Bild von der untersten Treppe, genau dort! Unterhalb dieser Treppe entspringt die Gihon-Quelle, das sieht man hier sehr schön. Hier ist die Gihon-Quelle, wie sie im 19. Jahrhundert ausgesehen hat, und nochmals ein Bild von heute.
Da unten befindet sich die Gihon-Quelle. Das war der Schwachpunkt der Stadt, den David ausnutzte. So wurde sein Neffe Joab General der israelischen Armee. David nahm daraufhin Wohnsitz in der Burg Zion.
Der Siloah-Kanal und seine biblische Bedeutung
Jetzt muss ich noch etwas anderes erklären, denn unten gibt es noch einen zweiten Gang. Wenn wir die Treppe hinuntergehen zur Gihonquelle, die das Wasser zu dem vertikalen Schacht bringt, gehen wir vorher nach links. Dort gelangen wir in einen langen, etwa dreihundert Meter langen unterirdischen Kanal. Das ist der Siloah-Kanal.
Dieser Kanal stammt ebenfalls aus der kanaanitischen Zeit und wird auf etwa 1800 vor Christus datiert, also nach Melchisedek, aber lange vor David. Der Kanal wurde gebaut, um die Gärten im Kidrontal zu bewässern. Heute kann man durch diesen Kanal sogar gehen, da er freigelegt ist. Er ist trocken, sodass man trockenen Fußes hindurchgehen kann. Im Gegensatz dazu muss man durch den anderen Kanal durch das Wasser waten. Wer das nicht mag, kann also den kanaanitischen Siloah-Kanal nutzen. Man darf allerdings keine Platzangst haben, aber ansonsten ist es kein Problem.
Auf dem Bild sieht man, wie dieser Kanal verläuft. Er führt von der Gihonquelle unterirdisch parallel zur Stadtmauer der Davidstadt. An zahlreichen Stellen hat der Kanal Ausgänge, wo das Wasser austritt und ins Kidrontal fließt, um die Gärten dort zu bewässern. Das ist gut zu erkennen.
Dieser Kanal wird an verschiedenen Stellen in der Bibel erwähnt, doch oft wurde das überlesen, und man konnte sich nichts Konkretes darunter vorstellen. Zum Beispiel in Jesaja 8, Vers 5 heißt es: „Und der Herr fuhr fort, weiter zu mir zu reden zu Jesaja und sprach: Darum, dass dieses Volk die Wasser von Siloah verachtet, die still fließen.“
Das zeigt, dass der Siloah-Kanal kein wild fließender Strom war, sondern ein ruhiges Gewässer. Die Menschen waren von diesem Wasser nicht beeindruckt. Doch Gott sagt zu Jesaja, dass das Volk dieses still fließende Wasser von Siloah verachtet. Daraufhin wird Gott einen schrecklichen, verwüstenden Strom über sie bringen – die Armee der Assyrer.
Das war die Zeit, als Gott die zehn Stämme durch die Assyrer vernichtete. Jesaja kündigte an, dass sie kommen würden wie ein Strom, der alles überflutet und zerstört. Das geschah, weil man das still fließende Wasser von Siloah verachtete, ohne zu verstehen, was es bedeutet, mit einem solchen Strom in Berührung zu kommen.
Der Name Siloah, hebräisch Shiloach, bedeutet „der Gesandte“, weil das Wasser über diesen Kanal aus der Quelle geschickt wird. In Jesaja 7, Vers 3 lesen wir, wie Jesaja zu dem gottlosen König Ahas gehen musste: „Und der Herr sprach zu Jesaja: Geh doch hinaus dem Ahas entgegen, du und dein Sohn She'ar-jashub.“ Jesaja hatte zwei Söhne, She'ar-jashub und in Kapitel 8 wird der zweite Sohn genannt, Maher-schalal-chasbas.
Das ist übrigens ein Tipp für Leute, die bald ein Kind bekommen und nach einem Namen suchen. Jesaja sollte mit seinem Sohn She'ar-jashub an das Ende des Wasserkanals des oberen Teiches gehen, der sich an der Straße des Walkerfeldes befindet, und zu Ahas sprechen: „Hüte dich und halte dich ruhig, fürchte dich nicht und dein Herz verzage nicht.“
Am Ende des Wasserkanals, ganz unten, musste Jesaja dem König Ahas begegnen. Heute kann man genau lokalisieren, wo diese Begegnung stattfand. Der obere Teich ist ein Teich in der Nähe der Gihonquelle, der erst kürzlich entdeckt und ausgegraben wurde. Der Wasserkanal des oberen Teiches ist der Siloah-Kanal, der hinunterführt. Ganz unten beim Walkerfeld musste Jesaja dem König begegnen.
Jesaja sollte dem gottlosen König von Jerusalem Mut machen, da er immerhin ein Nachkomme Davids war. Doch der König gab vor, fromm zu sein, und lehnte es ab, ein Wunderzeichen von Gott zu fordern. Er sagte: „Nein, ich möchte kein Zeichen!“ Dabei hatte der Prophet ihm gesagt, dass er durchaus ein Zeichen fordern dürfe, um zu zeigen, dass der Herr wirklich zu seinem Wort steht.
Jesaja kündigte daraufhin an, dass Gott von sich aus ein Zeichen geben werde: Eine Jungfrau werde schwanger werden und einen Sohn gebären, den man Immanuel nennen werde. Das bedeutet „Gott mit uns“. Diese wichtige Prophetie aus Jesaja 7, Vers 14 wurde also am Ende des Siloah-Wasserkanals gegeben.
Das geschah in der Zeit von Hiskia, als der König von Assyrien bereits Jerusalem bedrohte. Doch weil Hiskia aus tiefem Glauben zum Herrn flehte, wurde Jerusalem schließlich verschont. Die Assyrer zogen unverrichteter Dinge wieder ab.
Es gibt eine Inschrift, das berühmte Prisma von Sanherib, auf dem steht: „Ich habe Hiskia in Jerusalem eingeschlossen wie einen Vogel im Käfig.“ Er beschreibt also, wie er die Stadt belagerte. Was im Text fehlt, ist, dass er die Stadt nicht zerstörte. Er sagt nur, dass er sie eingeschlossen habe, wie einen Vogel im Käfig. Doch letztlich konnte er die Stadt nicht erobern.
In Jesaja 36, Vers 2 lesen wir: „Und der König von Assyrien sandte von Lachis, das war eine andere befestigte Stadt in Israel, die er bereits belagerte, den Rapschake, den Obermundschenk, einen der obersten Minister, mit einem großen Heer nach Jerusalem. Er hielt an dem Wasserkanal des oberen Teiches an, an der Straße des Walkerfeldes.“
Also stand er wieder ganz unten und verspottete den Gott Israels. Er sagte, dieser Gott könne ihnen nicht helfen. Sie hätten bereits viele andere Nationen besiegt, und nun kämen sie auch an Jerusalem. Es nütze nichts, auf den Gott zu vertrauen, auf den Hiskia vertraute.
Doch Gott rettete Hiskia und die Stadt Jerusalem tatsächlich. Wichtig ist, dass wir gleich noch sehen werden, dass dieser Wasserkanal von Hiskia verstopft wurde, bevor die Assyrer kamen. Es floss kein Wasser mehr. Hiskia beseitigte alle möglichen Wasserquellen, die die Assyrer hätten nutzen können.
Die Assyrer dachten, sie hätten kein Wasser, und dass die Bewohner Jerusalems ebenfalls keines hätten. Rapschake sprach sogar sehr primitiv und sagte, sie würden ihren Kot essen und ihren Urin trinken müssen. Doch Hiskia befahl seinen Leuten, nicht mit diesem Mann zu sprechen, und sie schwieg einfach auf der Stadtmauer.
Sie wussten genau, dass Hiskia mit Gottes Hilfe vorgesorgt hatte, sodass sie Wasser in der Stadt hatten. Der Punkt ist also: Der Rapschake stand hier unten bei dem alten Wasserkanal, wo kein Wasser mehr floss, und verspottete die Stadt. Doch er täuschte sich schwer. Die Bewohner Jerusalems mussten nicht ihren Urin trinken.
Archäologische Funde am oberen Teich und die Verteidigung Jerusalems
Erst in jüngster Zeit hat man begonnen, den oberen Teich ganz in der Nähe der Gihon-Quelle auszugraben. Dieser Teich wird genau in der Bibel erwähnt, doch bis vor kurzem konnte man seine Existenz nicht nachweisen. Jetzt ist er gefunden worden, genau bei der Quelle, wo der Wasserkanal beginnt und am oberen Teich der Stadt vorbeiführt.
Der Teich ist nur teilweise ausgegraben, da er sich unter einem Gebäude befindet, das man sonst abbrechen müsste. In der Archäologie ist das oft dasselbe Problem: Entweder muss man die Bewohner umquartieren und Häuser abreißen, oder man verzichtet auf Ausgrabungen.
Zusätzlich wurden zwei massive Türme aus der kalinitischen Zeit neu ausgegraben. Der eine Turm schützte den Teich, der andere, ganz in der Nähe, schützte die Gihon-Quelle. Diese Türme stammen etwa aus dem Jahr 1800 vor Christus. Das, was Sie hier sehen, ist der Teichturm des oberen Teichs. Hier findet man auch den neu ausgegrabenen Zugang zum oberen Teich.
Wir haben bereits gesehen, wie David die Burg Zion eroberte. Ich komme nochmals darauf zurück: In 1. Chroniker 11,5 steht am Schluss: „Aber David nahm die Burg Zion ein, das ist die Stadt Davids.“ Und in 2. Samuel 5,9 heißt es: „Und David wohnte in der Burg Zion, und er nannte sie Stadt Davids.“ Außerdem baute David ringsum von dem Millo an einwärts. David wurde immer größer, und der Herr, der Gott der Heerscharen, war mit ihm.
David nahm also in diesem alten Städtchen Wohnsitz in der Burg Zion. Die Burg Zion umfasst das Ganze, und David verbesserte und verstärkte die Stadt, und zwar von Millo an. Den Millo werden wir gleich noch genauer betrachten. Von dort aus befestigte er alles ringsum.
In der Parallelstelle 1. Chroniker 11,8 heißt es: „Und er baute die Stadt ringsum von dem Millo an, rundumher.“ Millo ist ein Wort, das in der Bibel mehrfach vorkommt, zum Beispiel in 2. Samuel 5,9, 1. Könige 9,15.24, 11,27, 2. Könige 12,20, 1. Chroniker 11,8 und 32,5. Millo bedeutet nichts anderes als „Auffüllung“.
Aber was ist das für eine Auffüllung? Auch diese hat man entdeckt, und wir werden sie uns gleich anschauen.
Zunächst sehen wir Folgendes: David wohnt also in der Burg Zion. In 2. Samuel 5,10 lesen wir: „Und David wurde immerfort größer, und der Herr, der Gott der Heerscharen, war mit ihm. Hiram, der König von Tyrus, sandte Boten zu David, Zähler, Holz- und Zimmerleute sowie Mauerleute, und sie bauten David ein Haus.“
David ließ sich also einen Palast in Jerusalem bauen, weil das die auserwählte Stadt ist, in der Gott seinen Namen wohnen lassen will. Wo sollte er seinen Palast bauen? In der Stadt gibt es kaum Platz, also in der Burg Zion. Deshalb musste man dort oben anfügen.
An dieser Stelle sollte später sein Sohn Salomo die Stadt für den Tempel bis nach oben ausbauen. Deshalb musste der Palast hier angebaut werden.
Aber sieht man das hier auf dem Bild? Gerade an dieser Stelle wird der Bergrücken von Zion ganz extrem schmal. Dort gibt es fast keinen Platz. Unten oder im Mittelbereich wäre es breiter.
Oben ist es sehr schmal, und so fand man eine Lösung, um etwa 200 Quadratmeter mehr Platz für den Palast zu gewinnen – durch den Millo. Man errichtete hier eine riesige, gewaltige Steinaufschüttung, deren Überreste heute noch in der Davidstadt zu sehen sind. Das ist der Millo. Natürlich ist er nicht mehr vollständig erhalten, er war noch größer.
Auf diese Weise konnte die Bodenfläche um etwa 200 Quadratmeter für den Palast vergrößert werden. Hier sehen wir weitere Ansichten von dieser Steinaufschüttung, dem Millo.
Das gab die Ausgangslage, um den Palast Davids zu suchen. Niemand wusste, wo der Palast von David lag. Die Bibel gibt jedoch Hinweise, und als Archäologe muss man sich genau an die Bibel halten, dann funktioniert es.
Das hat auch Elad Mazar, eine Archäologin in Israel, getan. Sie ist übrigens die Enkelin des berühmten Mazars, der schon am Tempelberg große Arbeiten durchgeführt hatte. Elad Mazar hat 2. Samuel 5,17 genau gelesen: „Als die Philister hörten, dass man David zum König über Israel gesalbt hatte, zogen alle Philister herauf, um David zu suchen. David hörte es und zog in die Burg hinab. Die Philister kamen und breiteten sich im Tal Rephaim aus.“
Wir haben gesehen, David hatte jetzt einen Palast oben. Doch dieser Palast war militärisch nicht gut geschützt, da er an die Stadtmauer angebaut war. Als die Gefahr durch die Philister kam, zog David, wie im Bibeltext beschrieben, in die Burg hinab, also in die Davidstadt hinein, weil es oben zu gefährlich war.
Diese Passage gab Frau Mazar die Idee, beim Millo noch etwas weiter nach Norden zu graben. Frühere Archäologen hatten gesagt, dort sei nichts mehr zu finden. Sie hätten bereits bis auf den Grundfelsen gegraben, aber es bringe nichts.
Elad Mazar hielt sich jedoch an die Bibel und suchte genau dort weiter. Man belächelte sie ein wenig, wie man an dem Gerüst hier sieht, das für die Ausgrabungen aufgebaut wurde. In jüngster Vergangenheit konnten dort umfangreiche Ausgrabungen stattfinden, um den Palast zu finden.
So grub Elad Mazar systematisch bis auf den natürlichen Grundfelsen. Dabei kamen Bauüberreste aus verschiedenen Perioden ans Licht, sogar aus der Zeit Jesu.
Man muss genau hinschauen, wie die Bausteine in ihrer Größe aussehen, was in Jerusalem üblich ist. Das ist wichtig für den Vergleich. Schließlich fand sie Grundmauern mit solchen großen Steinen.
Da wurde ihr klar: Hier haben wir kein gewöhnliches Haus gefunden, sondern direkt auf dem Grundfelsen Palaststeine. Diese Steine sind viel größer und deutlich anders als alle sonst gefundenen.
Es sind gewaltige Mauersteine – die Überreste von Davids Palast, und das genau an der richtigen Stelle, wie es die Bibel angibt, mit Hilfe der Bibel gefunden.
Hier hat David seinen Thron gehabt. Er erhielt die Verheißung, dass einmal der Messias von ihm abstammen werde und auf dem Thron seines Vaters David sitzen wird.
So steht es auch in Lukas 1. Der Engel Gabriel kündigte Maria an, dass das heilige Kind, das geboren wird, Sohn Gottes genannt werden wird und Gott ihm den Thron seines Vaters David geben wird.
Der Hiskia-Tunnel: Bau und Bedeutung
Jetzt wenden wir uns einer weiteren Entdeckung im Zusammenhang mit dem Hiskiatunnel zu. Dieser wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von Mr. Robinson, einem englischen Gelehrten, entdeckt.
König Hiskia war ein treuer Mann. Unter seiner Herrschaft kam es zu einer Reformation, zu einer Erweckung und Erneuerung im jüdischen Volk. Seine Geschichte wird dreimal in der Bibel erzählt: in 2. Könige 18-20, 2. Chronik 29-32 und Jesaja 36-39. Nach der biblischen Chronologie herrschte er von 727 bis 698 v. Chr. Die Bibel enthält ein durchgehendes chronologisches System von Anfang an. Wer dieses konsequent durchhält, kann all diese Herrschaftszeiten berechnen. So kommt man auf diese Zeit, also etwa 700 v. Chr., die Zeit des Propheten Jesaja.
Hier sehen wir wieder einen Schnitt durch die Davidstadt, diesmal jedoch von der Gihonquelle aus. Ein besonders langer Kanal schlängelt sich durch den Felsen hindurch. Er endet ganz unten in der Davidstadt in einem riesigen Teich, dem Teich Siloam. Dieses Werk stammt von König Hiskia.
Wie bereits erwähnt, hatte er eine Konfrontation mit den Assyrern. Warum? Als gläubiger König war er der Meinung, dass es nicht richtig sei, dass das Volk Gottes den Assyrern, diesem gottdienerischen Reich, jährlich Steuerabgaben zahlen müsse. Er entschied, dies nicht länger zu tun. „Wir sind Gottes Volk, ich zahle nicht mehr.“ Doch er wusste, dass dies Krieg bedeuten würde. Deshalb musste er Jerusalem vorher sichern – insbesondere die Wasserversorgung. So ließ er diesen Kanal bauen, damit das Wasser direkt in die Stadt in einen großen Teich geleitet wird. Dort konnte das ganze Volk auch in Kriegszeiten ohne Probleme gleichzeitig große Mengen Wasser schöpfen.
Ich lese aus 2. Chronik 32: Als Hiskia, auch Jehiskia genannt, sah, dass Sanherib, der König von Assyrien, gekommen war und sein Angesicht zum Streit gegen Jerusalem gerichtet war, beriet er sich mit seinen Obersten und Helden. Sie beschlossen, die Wasser der Quellen zu verstopfen, die außerhalb der Stadt lagen, und sie halfen ihm. Es versammelte sich viel Volk, und sie verstopften alle Quellen und den Bach, der mitten durch das Land fließt. Dabei sagten sie: „Warum sollten die Könige von Assyrien viel Wasser finden?“
Es gab natürlich neben der Gihonquelle noch weitere Quellen, die jedoch nicht so wichtig waren. Diese sollten alle verstopft werden. Außerdem sollte auch der Bach, der mitten durchs Land fließt, verstopft werden. Das ist das Kidron-Tal, ein Wadi, das Wasser führt. „Kidron“ bedeutet übrigens „Schwarz“. Man könnte das Kidron-Tal also mit „Schwarz-Tal“ und den Bach Kidron mit „Schwarz-Bach“ oder „Schwarzer Bach“ übersetzen. Das war keine politische Anspielung.
Der Schwarzbach sollte ebenfalls so verstopft werden, dass, wenn er an der Davidstadt vorbeifließt, keine Möglichkeit besteht, dass die Assyrer sich dort mit Wasser versorgen können. Hiskia handelte also sehr weise und militärisch klug.
Weiter lesen wir in 2. Chronik 32, Vers 5: „Er fasste Mut, baute die ganze Mauer, wo sie eingerissen war, und führte sie bis an die Türme und die andere Mauer außerhalb. Er befestigte das Millo der Stadt Davids und fertigte Waffen in großer Menge und Schilde an.“
Hier sehen wir, dass er die Stadt insgesamt befestigte. Die Stadt war zu dieser Zeit schon viel größer als nur die Davidstadt. In der Königszeit war die Stadt nach Westen gewachsen. Deshalb befestigte er den Millo, die Aufschüttung der Stadt Davids, und die gesamte Mauer, die bis zu den Türmen reichte. Auch die große Mauer außerhalb der Davidstadt, die die Erweiterung umfasste, baute er auf.
Diese Mauer wurde nach dem Sechstagekrieg entdeckt. Von 1948 an hatten die Jordanier das gesamte jüdische Viertel verwüstet, alle Juden dort abgeschlachtet oder vertrieben. Sie hatten die Synagogen zu Kotstätten gemacht – eine schreckliche Zerstörung. 1967 kamen die Israelis zurück in die Altstadt von Jerusalem, in das jüdische Viertel, das völlig verwüstet war. Bevor sie alles wieder aufbauten, führten sie systematische archäologische Ausgrabungen durch.
Später wurde dort das neue jüdische Viertel errichtet, jedoch so, dass unter den Häusern Museen eingerichtet wurden, um die Ausgrabungen sichtbar zu machen. An dieser Stelle wurde die breite Mauer von Hiskia gefunden. Man hat sie offen gelassen. Rundherum befindet sich das jüdische Viertel, und dort wurde ein Freilichtmuseum mit der Mauer von Hiskia eingerichtet – der sogenannten „Broad Wall“.
Man sieht, dass die Mauer nicht besonders ordentlich aussieht. Die Steine sind nur so hingeworfen. Normalerweise baut man eine Mauer nicht so. Das musste alles in höchster Eile geschehen sein. Die Teile wurden zur Zeit Hiskias errichtet, weil die Assyrer im Anmarsch waren.
In Jesaja 22, Vers 9 steht noch mehr über diese Mauer, doch dazu später mehr.
Vor der Pause beschäftigten wir uns mit der Mauerbefestigung durch Hiskia. Er handelte aus Glauben, aber nicht das ganze Volk war so. Deshalb finden wir eine interessante Kritik in Jesaja 22, Vers 9. Der Prophet spricht im Namen Gottes:
„Und ihr seht die Risse der Stadt Davids, dass sie viele sind, und ihr sammelt die Wasser des unteren Teiches. Ihr zählt die Häuser Jerusalems und brecht die Häuser ab, um die Mauer zu befestigen, und macht einen Behälter zwischen den beiden Mauern für das Wasser des alten Teiches. Aber ihr blickt nicht auf den, der es getan hat, und seht nicht auf den, der von fernher es gebildet hat.“
Der Prophet zeigt dem Volk, dass Gott sieht, wie sie auf ihre Mauerbefestigungen vertrauen, anstatt auf ihn zu schauen – so wie Hiskia es getan hatte. Hiskia hatte mit ganzem Herzen auf den Herrn vertraut. Doch das Volk vertraute auf die Mauern, die sie jetzt befestigten, anstatt wirklich auf den Herrn.
Hier kann man eine gute Anwendung finden: Worauf vertrauen wir? Auf Versicherungen oder andere Behelfe im Leben – oder schauen wir wirklich auf den Herrn? Damit ist nicht gesagt, dass Versicherungen falsch sind, aber es geht um das Vertrauen. Worauf setzen wir unser Vertrauen? Auf wen schauen wir?
Es war nicht falsch, die Mauern zu befestigen, aber falsch war, das Vertrauen auf die Mauern statt auf den Herrn zu setzen, der sie bewahren kann.
In dem Text heißt es: „Ihr zählt die Häuser Jerusalems und brecht die Häuser ab, um die Mauer zu befestigen.“ Das bedeutet, dass genau festgelegt wurde, welche Häuser abgebrochen werden mussten, um sofort Baumaterial für eine mächtige Mauer zu gewinnen.
Diese Bruchsteine der abgerissenen Häuser aus der Zeit Hiskias wurden einfach so schnell hingeworfen, um die breite Mauer zu bauen.
Hier ein anderer Blick auf diese breite Mauer. Im Englischen hat sich der Ausdruck „the broad wall“ etabliert. Wenn man in Jerusalem fragt, wo die „broad wall“ ist, wird man zu dieser Stelle geführt.
Man kann auch sehen, wie hoch die Mauer etwa gewesen sein muss. Das sind die heutigen Überreste, die wohl bis zu dieser Höhe reichten.
Der Bau des Hiskia-Tunnels: Technische Meisterleistung und archäologische Erkenntnisse
Jetzt schauen wir uns den Hiskia-Tunnel an. Das ist eine ganz fantastische Leistung, über die man bis in die moderne Zeit gestaunt hat: Wie hat man das vor 2700 Jahren hinbekommen? Was haben sie da gemacht mit diesem Wasserkanal, der das Wasser von der Gihon-Quelle in den unteren Teich, den Siloateich, ganz am Ende der Davidstadt, hineingeführt hat?
Wir wissen jetzt, dass der obere Teich bei der Gihon-Quelle lag. Dieser war durch einen zweiten Turm befestigt – ein Turm für die Quelle und ein Turm für den Teich. Der untere Teich ist nun eben der Siloateich.
Der Siloakanal, der die Gärten im Kidron-Tal bewässert, verlief am oberen Teich vorbei. Ich weiß, das ist ein bisschen schwierig, deshalb muss ich manche Dinge nochmals sagen oder vielleicht anders formulieren, damit man es besser versteht.
In 2. Chronik 32,30 heißt es: Und er, Hiskia, verstopfte den oberen Ausfluss der Wasser des Gihon und leitete sie unter dem Boden westwärts nach der Stadt Davids. Und Hiskia hatte Gelingen in all seinem Tun.
Der obere Ausfluss, das ist der Siloakanal. Diesen Kanal mit dem oberen Teich, der die Gärten im Kidron-Tal bewässerte, hat er verstopft. Damit hatten die Assyrer keine Möglichkeit mehr, Wasser zu bekommen. Diesen Kanal konnte er nicht mehr benutzen, denn das wäre gefährlich gewesen – die Assyrer hätten so Wasser erhalten können.
Stattdessen baute er einen anderen Kanal, der direkt in die Stadt führt. Hier ist Osten, und hier ist Westen. Genau wie die Bibel es beschreibt, verläuft dieser Kanal westwärts, unter dem Boden und durch das Gebirge. Das Gestein ist Kalkstein.
In 2. Könige 20 wird das Lebenswerk von Hiskia kurz zusammengefasst. Dort steht, dass das Übrige der Geschichte Hiskias, seine Macht und wie er den Siloateich und die Wasserleitung gebaut hat, um das Wasser in die Stadt zu leiten, im Buch der Chronik der Könige von Juda geschrieben steht.
Dabei wird auf ein außerbiblisches Buch verwiesen, das als Geschichtsbuch diese Dinge bereits verzeichnet hatte. Gemeint ist das Buch der Chronik der Könige von Juda. Es gibt auch eine Chronik der Könige von Israel. Hier wird einfach auf eine parallele Quelle verwiesen, von der auch die Chronisten ihre Informationen nehmen konnten.
Der Teich und die Wasserleitung, die das Wasser in die Stadt leiteten, werden als gewaltiges Lebenswerk von Hiskia dargestellt. Man hat sich immer gefragt, wie sie das geschafft haben, denn wir wissen, dass sie mit zwei Teams von zwei Seiten gleichzeitig gearbeitet haben. Die einen begannen bei der Gihon-Quelle zu graben, die anderen beim neuen Teich. Sie trafen sich schließlich in der Mitte.
Wie haben sie das geschafft, ohne Laser oder moderne Technik? Der Kanal ist 533 Meter lang und komplett durch den Felsen geschlagen.
Bis vor kurzem nahm man an, dass sie wahrscheinlich bereits bestehende natürliche Aushöhlungen genutzt haben, weil das Gebiet karstig ist – Kalkstein, der durch Wasser gut ausgewaschen wird. Außerdem verläuft der Kanal schlangenlinienförmig und nicht direkt. Dadurch hätte man etwa ein Drittel der Länge sparen können. Diese Schlangenlinie deutete darauf hin, dass sie bestehende Löcher ausgenutzt hätten.
Neuere Untersuchungen von Arie Chimron und Amos Frumkin zeigen jedoch etwas anderes. Sie haben das Gebiet geologisch untersucht und all die natürlichen Risse in der Gesteinsschicht geprüft.
Das Ergebnis sieht man auf dem Bild: Jeder Strich ist ein Riss. Die Risse verlaufen normalerweise quer zum Tunnelverlauf, nicht parallel. Parallele Risse hätte man für den Tunnel nutzen können, aber diese sind genau entgegen der Richtung des Tunnels.
Das heißt, sie haben keine bestehenden Risse benutzt, sondern wirklich reine Gräberarbeit geleistet und den Tunnel durch den Felsen geschlagen.
Auffällig ist der Bereich, in dem sich die beiden Teams getroffen haben. Dort sieht man, dass im letzten Moment noch Biegungen gemacht wurden, um sich genau zu treffen.
Woher kommt das? Die Teams merkten, dass sie zu weit auseinander waren. Also näherten sie sich gegenseitig an, bis sie sich trafen.
Aber wie haben sie das gemacht? Über ihnen waren etwa 30 Meter Fels.
Auch das hat man inzwischen herausgefunden und nachgespielt. Die Arbeiter benutzten Hämmer. Sie schlugen oben auf den Felsen und hörten, ob man unten etwas hört. Unten schlugen sie ebenfalls und hörten, ob man oben etwas hört.
Tatsächlich funktionierte diese akustische Kommunikation. So konnten sie sich gegenseitig Anweisungen geben. Zum Beispiel: "Ihr seid zu weit weg, ihr müsst noch drehen." Dann wurde der Tunnelverlauf angepasst.
Die Teams konnten sich so immer näher annähern, bis sie sich schließlich trafen.
Das ist wirklich fantastisch. Dieses Werk hat Hiskia aus seinem Glauben heraus machen lassen. Dabei nutzte man alle damals verfügbare Technik.
Der Durchgang durch den Hiskia-Tunnel und seine heutige Nutzung
Nun gehen wir durch den Hiskia-Tunnel. Alle, die eben nicht nass werden wollten, sind bereits durch den Siloar gegangen. Jetzt aber gehen wir ins Wasser hinein. Also, Treppe runter – es ist natürlich alles pechschwarz. Man muss eine Stirnlampe mitnehmen und so weiter. An der Quelle gehen wir dann ins Wasser hinein.
Heute ist das Wasser nicht mehr so tief, etwa bis knietief. Früher konnte man darin sogar schwimmen, da reichte es bis zum Hals und darüber hinaus. Das ist wirklich toll, da muss man hindurchgehen. Hier ein paar Eindrücke von diesem Weg durch den 533 Meter langen Tunnel im Felsen. Man sollte dabei keine Platzangst haben.
Der Kanal von der Gion-Quelle führt das Wasser im Hiskia-Tunnel direkt in die Stadt hinein. Entdeckt wurde dieser Kanal 1839 von Robinson, wie ich bereits erwähnt habe. Robinson hat übrigens auch dem Robinson-Bogen am Tempel seinen Namen gegeben – es ist derselbe Gelehrte. Der Kanal verläuft S-förmig, hat eine Länge von 533 Metern und führt durch den karstigen Felsen hindurch. Die Höhe variiert zwischen 1,5 und 5 Metern.
Wenn man hindurchgeht, muss man immer wieder mal rufen und die Köpfe einziehen, besonders derjenige, der vorne geht. Leider passiert es immer wieder, dass sich jemand den Kopf stößt, aber das gehört irgendwie dazu. Die Breite des Kanals variiert zwischen 55 und 65 Zentimetern, und die Höhe des Felsens über dem Kopf kann bis zu etwa 45 Meter betragen. Insgesamt hat der Kanal ein Gefälle von etwa zwei Metern. Das ist fantastisch: ein so schwaches Gefälle über diese lange Strecke – wie haben sie das nur so schön hinbekommen?
Hier sieht man unseren Trupp von einer der jüngsten Reisen durch den Tunnel. Man erkennt auch, wie es oben tropft und sich Tropfsteine bilden. Diese sind allerdings nicht Millionen von Jahren alt, denn der Kanal wurde erst vor etwa 2700 Jahren gebaut. Doch es bilden sich ständig Ablagerungen oben und unten. Das hat man sich zunutze gemacht und einen Bohrkern durch all diese Kalkablagerungen gezogen, bis man auf den natürlichen Felsen stieß.
Man kann gut unterscheiden, was Ablagerung ist und was ursprünglicher Fels. In der untersten Schicht dieser Ablagerungen fand man Holzeinschlüsse. Diese wurden mit der C14-Methode datiert auf etwa 700 v. Chr. Das entspricht genau der biblischen Datierung. Um 700 v. Chr. ließ Hiskia diesen Tunnel bauen.
Natürlich könnte jemand sagen, die C14-Methode habe auch ihre Probleme. Das stimmt, aber vor allem dann, wenn man über 4000 Jahre und weiter zurückgeht. In der jüngeren Geschichte, also in den letzten 3000 Jahren, ist die Methode jedoch sehr zuverlässig. Später gibt es gewichtige Fehlerquellen.
Übrigens konnte man auch die Qumran-Handschriften so datieren. Die Jesaja-Rolle wurde an der ETH Zürich auf 100 bis 200 v. Chr. datiert. Das entsprach genau der Datierung, die man bereits aufgrund des Schriftbildes angenommen hatte.
Hier noch ein paar Eindrücke vom Tunnel. Nun sind wir ganz am Ende angekommen. Sehen Sie diese Vertiefung? Diese Vertiefung wurde von Hiskias Leuten gemacht, um dort eine Tafel zu platzieren. Auf dieser Tafel steht eine hebräische Inschrift mit genau den Buchstaben, die um 700 v. Chr. verwendet wurden.
Diese Tafel wurde 1880 entdeckt, als Kinder im Tunnel spielten. Das war noch die Zeit, als die Türken über Jerusalem herrschten. Das Osmanische Reich kontrollierte den gesamten Nahen Osten. Die Türken transportierten die Tafel ab. Das Original wurde nach Istanbul gebracht.
Letztes Jahr, als ich auf meiner Reise nach Tadschikistan einen Zwischenhalt in Istanbul machen musste, war das für mich die lang ersehnte Gelegenheit, endlich ins Nationalmuseum von Istanbul zu gehen. Ich habe die Tafel gefunden und das Original fotografieren können. In Israel hatte man bisher nur Kopien davon. Zum 60-jährigen Jubiläum des Staates Israel wurde gesagt: „Könnt ihr uns das wenigstens ausleihen, wenn ihr es uns nicht zurückgeben wollt?“
Das Original liegt also im Besitz der Türkei. Hier sieht man die Tafel mit der Inschrift. Alles stimmt schön überein. Hier ist die Hiskia-Inschrift in der Übersetzung. Ich habe sie schon mit meinen Studenten im Archäologieunterricht übersetzen lassen.
Der Sinn des Textes ist folgender: Es wird der Moment beschrieben, in dem sich die beiden Gräbertruppen begegneten und noch etwa einen Meter zwanzig durchgraben mussten. Dies war der Durchbruch. Die Inschrift berichtet, dass die Gräber noch die Hacke schwangen, jeder in Richtung seines Kollegen. Als noch drei Ellen zu durchgraben waren – das sind dreimal 45 Zentimeter, also etwas mehr als ein Meter zwanzig – wurde die Stimme jedes Einzelnen gehört, der zu seinem Kollegen rief.
Denn es gab einen Spalt im Fels, von Süden und von Norden. Am Tag des Durchbruchs schlugen die Gräber, jeder in Richtung seines Kollegen, Hacke gegen Hacke. Dabei flossen die Wasser von der Quelle zum Teich über eine Länge von 1200 Ellen.
Das ist auch interessant, denn eine solche Inschrift hilft dabei, herauszufinden, wie lang die biblische Elle eigentlich ist. Nun können wir den Tunnel messen: 533 Meter geteilt durch 1200 ergibt die Elle – und zwar die kleine Elle. Die Königselle wird in Hesekiel 40 beschrieben. Sie ist eine Elle plus eine Handbreite.
Die kleine Elle hat sechs Handbreiten, die Königselle sieben. Darum ist die kleine Elle 45 Zentimeter lang und die große, die für den Tempel gebraucht wurde, 52,5 Zentimeter.
Jetzt kommen wir aus dem Tunnel heraus. Hier hört der Tunnel auf und das Wasser wird hier hineingeführt. Diesen Bereich hat man bisher immer als Teich Siloah bezeichnet. In jüngster Zeit hat man jedoch weiter unten gegraben und den eigentlichen Abfluss oder den eigentlichen Teich weiter unten gefunden. Wir schauen uns das genauer an.
Hier kommt man aus dem Tunnel heraus, das war bisher der Teich Siloah genannt. Das Wasser wird über den Kanal weiter nach unten geführt. Das Ganze war so: Der Tunnel brachte das Wasser. Man hat die Überreste gefunden, aber man kann nicht viel weiter graben, weil dort eine Moschee steht.
Man kann jedoch genau lokalisieren, wo der eigentliche Teich Siloah lag. Es war ein öffentliches Ritualbad, in dem man sich rituell reinigen konnte. Das wird zum Beispiel vorgeschrieben in 3. Mose 15, 3. Mose 16 und 4. Mose 19. Wenn man verunreinigt war, konnte man hier im Wasser baden.
Dieses Ritualbad, der Teich Siloah, hatte noch ein Abflussbecken, das gleich unten liegt. Dieses Abflussbecken hat man jetzt begonnen auszugraben. Hier sieht man das Ritualbadhaus und das Abflussbecken. Wir sind am Ende der Davidstadt.
Das ist ans Licht gekommen: das obere Ende dieses Abflussbeckens mit Treppen. So sah das in der Zeit Jesu aus. Dort findet man noch schön gemalte Bilder, die zeigen, wie dieses Abflussbecken aussah.
Das Abflussbecken war nicht das Ritualbad selbst. Das Ritualbad lag weiter oben. Hier sind wir natürlich wieder bei der Geschichte aus Johannes 9. Der Blindgeborene war oben beim Ausgang des Tempels. Das heißt, der Hauptausgang war die Schöne Pforte.
Dort begegnete er Jesus und den Jüngern. Die Jünger fragten: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern?“ Es gab damals Rabbiner, die lehrten, wenn jemand im Mutterleib besonders böse sei, das heißt, wenn sein böser Trieb stärker als der gute Trieb sei, dann komme er behindert auf die Welt. Aber nicht alle Rabbiner vertraten diese Ansicht. Man findet diese Überlegung auch im Talmud.
Jesus sagte: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden.“ Die Behinderung hatte also nichts mit Sünde zu tun.
Jesus sagte weiter, dass er das Licht der Welt sei. Er machte einen Brei aus Speichel und Erde, strich ihn auf die Augen des Blindgeborenen und sagte: „Gehe hin zum Teich Siloah und wasche dich aus.“
Wir werden gleich sehen, dass es eine ganz direkte Treppe gibt, die man gefunden hat. Sie führt vom Tempel hinunter genau zum Ritualbadhaus. Dort musste sich der Blindgeborene waschen, und dann wurde er sehend.
So ist er ein Bild für uns alle. Wir sind alle blind geboren, ohne Gemeinschaft mit Gott, ohne ihn wirklich zu erkennen. Aber eine Begegnung mit dem Sohn Gottes kann uns die Augen öffnen.
Der Sohn Gottes ist aus dem Himmel gekommen und wirklich Mensch geworden. Darum war das Mittel zur Heilung Erde plus Speichel – kein Medikament, sondern ein Zeichen. Der Speichel ist ein deutlicher Beweis, dass Jesus ein wirklicher Mensch war und nicht ein Geistwesen, wie die Gnostiker behaupteten.
Jesus, der Sohn Gottes, wurde Mensch, um uns die Augen zu öffnen, damit wir ihn, das Licht der Welt, erkennen können.
Wir müssen uns unserer Sündhaftigkeit bewusst werden. Wir müssen sehen, dass wir Reinigung und Vergebung brauchen. Deshalb musste sich der Blindgeborene im Ritualbad waschen, und er wurde sehend.
Wir müssen unsere Sünden vor Gott bekennen und bereuen. Dann öffnen sich unsere inneren Augen, und wir können den Sohn Gottes erkennen.
Hier sehen wir bei diesem Ausflussbecken noch die Pflastersteine aus der Zeit Jesu. Nun zeige ich den Beginn der Treppe, die vom Ritualbad hinaufführt bis zum Tempel.
In der Rekonstruktion sieht man diese Treppe. Der Blindgeborene konnte sich daran heruntertasten. Es war eine gerade Treppe vom Tempel nach unten, aber er musste gehen.
Das ist erstaunlich! Er hörte die Aufforderung: „Gehe hin, wasche dich!“ Er tat es und wurde sehend. Das ist bewegend.
Das ist genau die Treppe, auf der er hinabstieg, um sich zu waschen.
Wir müssen bedenken: Nicht zufällig hat Jesus ihn zum Teich Siloach gesandt. Siloach, Shiloach bedeutet „Gesandter“. Das ist das Wasser, das über die 533 Meter aus der Quelle hervorsprudelt und dann im Teich endet.
Die Quelle ist in der Bibel oft ein Bild für Gott, der die Quelle des lebendigen Wassers ist. Jesus wurde vom Vater gesandt, so wie das Wasser aus der Quelle kommt.
Im Johannesevangelium wird Jesus mehr als vierzigmal als der Gesandte des Vaters beschrieben. Er kam aus der ewigen Herrlichkeit als ewiger Sohn Gottes, wurde Mensch, um uns zu reinigen und unsere Augen zu öffnen.
Das Bullenhaus und die Siegelabdrücke aus der Zeit Jerusalems
Jetzt gehen wir noch zum Bullenhaus. Wir kehren zurück zum Millo, also zu der Region, in der David seinen Palast gebaut hatte. Übrigens habe ich in der Pause gemerkt, dass nicht ganz klar geworden ist, was der Unterschied zwischen dem Palast und der Burg Zion ist. Ich sage es deshalb noch einmal.
Die ganze Stadt, die von Mauern umgeben war, hieß Burg Zion. David ließ nördlich von der Burg Zion, also von dieser Stadt, seinen Palast bauen. Die Burg Zion ist also keine Art Palast, sondern die Stadt mit den Mauern. David ließ bei Millo seinen Palast errichten. Salomo baute dann weiter nördlich einen noch größeren Palast für sich.
Im Laufe der Zeit verlor der Millo an Bedeutung. Später wurde in den Millo hineingebaut. Die Stadtmauern verschoben sich immer wieder, und die Stadt wurde größer. Es entstanden mehrere Häuser am Millo. Eines dieser Häuser nennt man das Bullenhaus. Das hat übrigens nichts mit der Polizei zu tun, sondern es war ein Haus, in dem viele Bullen gefunden wurden.
Ich zeige gleich, was das bedeutet. Das Bullenhaus war voller Zerstörungsspuren und Brandspuren der Babylonier. Dieses Haus wurde zusammen mit allen anderen im Jahr 586 zerstört, als Nebukadnezar Jerusalem dem Erdboden gleichmachte und auch den salomonischen Tempel verwüstete.
Man hat dort gegraben, durch die Ascheschicht hindurch. Ganz unten in der Ascheschicht wurden viele Bullen gefunden. Eine Bulle ist der Abdruck eines Siegels. Man sieht hier ein Siegel mit spiegelverkehrter Inschrift. Das ist der Abdruck, und man kann wieder lesen, dass es das Siegel von Jasaniahu ist. Jasaniahu war ein Mann aus der Zeit, ein General aus der Zeit von Jeremia.
Man hat viele Siegel von ganz konkreten Personen aus der Bibel gefunden, zum Beispiel auch das Siegel von Baruch, dem Schreiber von Jeremia. Baruch schrieb das Buch Jeremia damals, um die Zeit, als Jerusalem zerstört wurde. Nach der Zerstörung und Verbrennung Jerusalems schrieb Jeremia auch die Klagelieder, in denen er über das Elend Jerusalems klagte.
Übrigens war Jasaniahu ein Ebed Melech, ein Minister des Königs. Hier sieht man noch sein Markenzeichen. Das ist ungewöhnlich, denn manchmal gibt es ein Bild auf einem Siegel. Dieses hier zeigt einen Kampfhahn, was gut zu einem General passt.
Jasaniahu wird auch in der Bibel erwähnt. Mir geht es aber jetzt vor allem darum zu zeigen, dass dies das Siegel ist, mit dem Briefe versiegelt wurden. Der Tonabdruck dieses Siegels ist die Bulle.
Im Bullenhaus hat man etwa 80 solcher Abdrücke gefunden. Die Verbrennung war in gewisser Weise hilfreich, denn sie hat den Ton gebrannt und verfestigt. Aber all die Briefe, die mit diesen Siegeln verbunden waren, sind verbrannt und nicht erhalten geblieben.
Hier nochmals ein Blick auf das Bullenhaus aus einer anderen Perspektive. Es ist ein Zeugnis für die Realität der Zerstörung Jerusalems, von der die Bibel so viel berichtet. Das war ein ganz wichtiger Zeitpunkt.
Hier sieht man eine Auswahl dieser Bullen, die man gefunden hat. Die dritte von oben ist die Bulle von Gemariahu ben Schaffan. Diesen kennt man auch aus der Bibel, und zwar aus Jeremia 36,12 und 36,25.
Gemariahu war ein hoher Minister von König Zedekia, dem letzten König vor der Zerstörung Jerusalems. Zedekia hörte sich das Buch Jeremia an, als er in seinem Winterhaus war. Nach einiger Lektüre nahm er ein Messer, schnitt einen Teil ab und warf ihn ins Feuer.
Verschiedene Minister, darunter auch Gemariahu, baten ihn, das nicht zu tun. Sie wollten ihn daran hindern, das Wort Gottes zu zerstören und von sich zu weisen.
Hier haben wir einen sehr direkten, konkreten Hinweis auf Gemariahu, der genau in der Zeit lebte, wie die Bibel es beschreibt. Er war der Sohn von Schaffan. Schaffan war der persönliche Sekretär von Jeremia und hat das Buch Jeremia geschrieben.
Schaffan war bereits Schreiber zur Zeit von König Josia, unter dem es noch eine letzte Erweckung gab. Während der Tempelrenovation wurde das fünfte Buch Mose wiederentdeckt, das im Tempel aufbewahrt wurde.
Schaffan, der Vater von Gemariahu, las diese Rolle vor Josia vor. Als Josia das hörte, zerriss er seine Kleider. Sein Nachfolger Zedekia oder vielmehr Joachim, der zweitletzte König, reagierte anders: Er ließ das Wort Gottes zerstören, anstatt sein Herz zu zerreißen.
So kann man ganz unterschiedlich auf die Bibel reagieren. Der eine ist entsetzt über sich selbst, der andere wirft das Buch einfach ins Feuer.
Die Gräber der Könige Judas in der Davidstadt
Nun zum Schluss noch etwas über die Gräber der Könige Judas. Wir befinden uns immer noch im unteren Teil der Davidstadt. Vom Siluateich sind wir über eine kleine Straße wieder etwas hinaufgegangen, und jetzt sehen wir hier diesen Steinbruch. Die Römer haben hier Steine ausgebrochen, aber das war das ursprüngliche Gräberfeld der Könige von Juda innerhalb der Davidstadt.
Wie oft wird davon gesprochen? In 1. Könige 2,10 heißt es: „Und David legte sich zu seinen Vätern, und er wurde begraben in der Stadt Davids.“ In 1. Könige 11,43 steht: „Und Salomo legte sich zu seinen Vätern, und er wurde begraben in der Stadt seines Vaters David. Und Rehabeam, sein Sohn, war der König an seiner Stadt.“
Weiter in 1. Könige 15,24: „Und Asa legte sich zu seinen Vätern, und er wurde bei seinen Vätern begraben in der Stadt seines Vaters David.“ In 1. Könige 22,50 wird gesagt: „Und Josaphat legte sich zu seinen Vätern, und er wurde bei seinen Vätern begraben in der Stadt seines Vaters David.“
In 2. Könige 8,24 wird Joram ebenfalls in der Stadt Davids begraben. In 2. Könige 14 geht es um Amazja, der in Jerusalem bei seinen Vätern in der Stadt Davids begraben wurde. In 2. Könige 15,38 wird von Jotham berichtet, der auch in der Stadt seines Vaters David begraben wurde.
In 2. Könige 16,20 heißt es, dass Ahas bei seinen Vätern in der Stadt Davids begraben wurde. Josaphat wird ebenfalls in 2. Chronik 21 erwähnt. Dann folgt Hiskia in 2. Chronik 35,24: „Und seine Knechte brachten ihn Hiskia von dem Wagen hinweg und setzten ihn auf den zweiten Wagen, den er hatte, und führten ihn nach Jerusalem. Er starb und wurde in den Gräbern seiner Väter begraben. Und ganz Juda und Jerusalem trauerten um Josia.“
Jetzt wissen wir, wo David begraben war. Das ist ganz wichtig, denn an Pfingsten, das ja hier in Jerusalem stattfand, hielt Petrus die bewegende Predigt in Apostelgeschichte 2. Dabei zitiert er Psalm 16, wo der Psalmist David sagt: „Du wirst meine Seele nicht dem Totenreich lassen und wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe.“
Petrus argumentiert freimütig: „Unser Patriarch David ist gestorben, und er hat die Verwesung gesehen, und sein Grab ist unter uns bis heute.“ Damals konnte man Davids Grab also noch besichtigen und sich überzeugen, dass er verwest ist. Im Psalm 16 sagt der Psalmist, und es ist von David geschrieben: „Du wirst meine Seele dem Totenreich nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass ein Frommer die Verwesung sehe.“ David ist verwest, und Petrus erklärt, David war ein Prophet.
Da ihm zugesagt wurde, dass von seiner Nachkommenschaft der Messias als König auf seinem Thron sitzen wird, hat David als Prophet von der Auferstehung des Christus gesprochen. Er sagte, dass dieser nicht verwesen würde und dass seine Seele nicht im Totenreich bleiben würde. Der Herr Jesus ist gestorben und ist ins Totenreich gegangen – natürlich nicht an den Ort der Verlorenen, sondern, wie er dem Übeltäter sagte: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Das Paradies ist das Totenreich für die Erlösten. Auch dort ist der Herr Jesus hingegangen.
Petrus konnte also aufgrund der Königsgräber in der Davidstadt belegen, dass David nicht von seiner eigenen Erfahrung im Psalm 16 sprach, sondern prophetisch vom Messias. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass man beim Lesen der Psalmen nicht immer annehmen muss, die Psalmisten beschreiben ihre eigenen Erfahrungen.
Zum Teil tun sie das, und das wird auch zum Teil ausdrücklich in den Überschriften, die zum Grundtext gehören, gesagt. Es gibt aber auch Überschriften, die von Übersetzern hinzugefügt wurden, und das ist dann erkennbar. Der erste Vers in den Psalmen, der etwas über den Hintergrund aussagt, gehört wirklich zum Grundtext. Viele Psalmen sind rein prophetisch und drücken nicht die Erfahrung des Psalmisten aus – so auch Psalm 22. Wann wurden Davids Hände und Füße durchbohrt? Das hat er nie erlebt. Das war eine Prophetie auf den Erlöser hin.
So haben wir jetzt einen Gang durch die Davidstadt gemacht. Es gäbe noch mehr zu sehen, aber wir haben die Highlights zusammengetragen. Ich kann mir jetzt noch Licht machen und die Präsentation weiterlaufen lassen, falls Fragen kommen, bei denen ich vielleicht nochmals zurückblättern und etwas veranschaulichen kann, falls etwas nicht ganz klar geworden ist.
Eine Frage: Worin ist das Wasser nachher gegangen? Unten ist das übrige Wasser in den Abflusskanal geflossen. Wo ist es dann verschwunden? Was an Überlauf nicht nötig war, hat man wahrscheinlich weiter ins Tal hinunter abfließen lassen können. Es gab das Ritualbad, dann dieses Abflussbecken, und aus dem konnte man auch Wasser für die ganze Stadt schöpfen – das brauchte schon viel Wasser. Was übrig war, konnte man wie üblich bei solchen Staudämmen ins Tal abfließen lassen.
Das wäre natürlich nur in Zeiten gewesen, in denen es nötig war. Aber das wäre nur ein absolutes Minimum gewesen, das ab und zu herauskam. Für Asyl konnte man das Wasser total sperren. Hiskia hat darauf geachtet, dass sie wirklich gar kein Wasser hatten, auch nicht von Quellen außerhalb der Stadt.
Eine weitere Frage: Das ist einfach so im Karstgebiet – kaltes Wasser versinkt. Das haben wir in Nura, im Nordkorea und in Slavia. Das Wasser geht einfach umwegig in riesige Seen. Das ist vermutlich dort ganz nah versunken, sodass man drei, vier Minuten gar nichts hat. Es ist einfach die Situation vom Podcast. Das gibt noch eine zweite Erklärung. Vielen Dank, sehr gut.
Noch eine Frage: Die Bibel gibt keine Angaben über die Dauer der Grabungsarbeiten. Es wird nur betont, dass der Herr ihm Gelingen gab. Wenn die Bibel nicht mehr sagt, können wir auch nichts sagen.
Eine weitere Frage: Konnte der Blindgeborene allein in dieser Straße runtergehen, zum Teil bis zum Siluateich? Blinde entwickeln, vor allem wenn sie von Geburt an blind sind, erstaunliche Fähigkeiten, sich selbständig zu bewegen. Heute wird das auch stark gefördert, was sehr gut ist. Man kann davon ausgehen, dass der Blindgeborene, gerade weil die Straße ganz gerade war und er nirgends abbiegen musste, dort selbständig runtergehen konnte. Er hat das auch ohne Einwände getan.
Noch eine Frage: Gibt es große Zisternen, in denen das Wasser aufgefangen wurde? Das Wasser der Gihon-Quelle wurde in diesem großen Abflussbecken aufgefangen, das war das Auffangbecken dafür. In Jerusalem gab es unzählige Zisternen, in denen Regenwasser gesammelt wurde, und diese hat man auch gefunden.
Eine weitere Frage: Wie wurde das Gefälle von nur drei Metern auf einem halben Kilometer realisiert? Es gibt keine Hinweise auf eine besondere Technik für diese Zeit. Es ist total erstaunlich. Zur Zeit Jesu gab es ein Aquädukt, eine Wasserleitung aus der Region von Bethlehem, die in Schlangenbewegung über vierzig Kilometer Wasser zum Tempelberg brachte. Dort wurde im Tempelberg eine riesige Zisterne gefüllt, die Millionen von Litern fasste. Über der Zisterne gab es ein Wasserrad in der Golakammer, mit dem Wasser hervorgeholt wurde, um den Platz um den Altar immer wieder mit Blut abzuspülen. Das Blut wurde dann über einen weiteren Kanal vermischt mit Wasser ins Kidron-Tal auf der Ostseite geführt.
Dieser Aquädukt über vierzig Kilometer hat ein Gefälle von einem Prozent. Das ist beeindruckend für jeden heutigen Ingenieur. Du bist ja Gartenbauer – welches Gefälle benutzt du für Platten im Garten? In der Regel ein bis zwei Prozent, meistens zwei Prozent, manchmal auch weniger, damit das Regenwasser abfließen kann. Also waren sie fast so gut wie du!
Das Wasser der Gihon-Quelle stammt aus dem Gebirge des Zionsberges. Das Wasser fällt von oben herab. Ein Teil fließt oberflächlich ab – darum macht man als Gartenbauer ein Gefälle von ein bis zwei Prozent, damit das oberflächliche Wasser abfließen kann. Ein weiterer Teil versickert im Boden. In den Schichten gibt es immer wieder wasserführende Schichten, sogenannte äquivalente Schichten. Wenn durch ein Erdbeben eine solche Schicht gebrochen wird, wird der unterirdische Wasserverlauf blockiert. Dann muss das Wasser irgendwo entweichen, und eine neue Quelle kann entspringen.
Diese Quelle ist schon Jahrtausende alt. Das ist auch nützlich, um Folgendes zu verstehen: In Hesekiel 47 wird gesagt, dass in der Endzeit, im Tausendjährigen Reich, beim Hesekiel-Tempel plötzlich eine Quelle aus dem Tempelberg entspringen wird. Man kann sich fragen, wie dort plötzlich eine Quelle entstehen kann. Durch Erdbeben oder Erdverschiebungen kann eine wasserführende Schicht blockiert werden, sodass das Wasser einen neuen Ausweg sucht.
Die Bibel sagt, dass in der Endzeit, am Schluss der großen Drangsal, gewaltige geologische Verschiebungen stattfinden werden (Zacharja 14). Dann entsteht die Quelle aus dem Tempelberg.
Es gibt in 1. Mose 2 die vier Flüsse, die im Garten Eden entsprangen, einer davon heißt Gihon. Gibt es eine Verbindung? Ja, es gibt eine Namensverbindung. Gihon war eine kräftig hervorsprudelnde Quelle, daher der Name. Mehr als die Namensverbindung gibt es nicht, denn 1. Mose 2 beschreibt die Welt vor der Sintflut, die alles verändert hat.
Man kann heute nicht mehr genau sagen, wo diese vier Flüsse waren. Manche sagen, da stehen doch Euphrat und Tigris. Das stimmt, aber diese beiden entspringen nicht am gleichen Ort, wie es in 1. Mose 2 beschrieben wird. Die ganze Situation gibt es heute nicht mehr, weil die Sintflut alles verändert hat.
Die Menschen nach der Sintflut erinnerten sich an die alte Welt und benutzten alte Namen wieder. So bauten sie die Stadt Babel zwischen zwei großen Flüssen und nannten diese Euphrat und Tigris. Ähnlich wie Leute aus Europa, die nach Amerika gingen und in Erinnerung an die alte Welt eine Stadt New York nannten.
Man kann also sagen, dass die Namensgebung Gihon eine Erinnerung an die Quelle im Garten Eden ist. Insofern besteht eine gedankliche Verbindung, denn die Gihon-Quelle ist die Quelle des Lebens für Jerusalem. An dieser Quelle wurde zum Beispiel König Salomo zum König gesalbt. Sie lieferte das Wasser für den Siluateich, von wo aus Wasser für das Opfer der roten Kuh geschöpft wurde.
Wenn die rote Kuh geschlachtet und zu Asche verbrannt wurde, holte man Wasser aus dem Silua-Ritualbadhaus. Diese Asche wurde mit dem Wasser vermischt und auf die Unreinen gesprengt zur Reinigung. So spielt diese Quelle eine sehr wichtige Rolle in Verbindung mit dem Tempel in Jerusalem.
Zwischen dem Tempel und dem Garten Eden besteht auch ein enger, direkter Zusammenhang.
Eine Frage: Spielen die beiden Quellen, die Rottgiloa und die Gihon, im dritten Tempel eine Rolle? Siloa ist keine Quelle, sondern der Teich, der von der Gihon-Quelle gespeist wird.
In Jesaja 12 wird für das Tausendjährige Reich gesagt: Der Überrest Israels wird nach der großen Drangsal beten und mit Wonne Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils. Sie werden an jenem Tag rufen: „Preist den Herrn, ruft seinen Namen aus!“
Auf Grund dieses Verses wurde das Wasserausgießritual am Laubhüttenfest durchgeführt. Am Laubhüttenfest ging an jedem Tag ein Priester vom Tempelplatz über diese Straße bis zum Siloabadhaus. Mit einem Krug schöpfte er dort Wasser, das Volk begleitete ihn, und unter Jubel ging er wieder die Straße hinauf zum Tempel.
Auf dem Altar gab es in einer Ecke ein Gefäß, das unten offen war. Dort wurde das Wasser eingegossen, und es kam unten heraus. Die Rabbiner erklärten, dass dies davon spricht, dass Gott einmal den Heiligen Geist über Israel ausgießen wird.
Am siebten Tag des Laubhüttenfestes in Johannes 7 stand ein Mann auf und rief mit lauter Stimme: „Wenn jemand dürstet, der komme zu mir und trinke!“ Er sagte weiter: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Johannes erklärt, dass dies vom Heiligen Geist spricht, den die empfangen, die an ihn glauben.
So hat der Herr Jesus darauf Bezug genommen. Er sagte, die Gläubigen, die zu ihm kommen, können bei ihm trinken, wie bei diesem Gefäß: Man gießt Wasser ein, und es kommt unten heraus. Sie werden ein Segen für andere sein, indem Ströme lebendigen Wassers aus ihrem Leib fließen. Das Gefäß ist ein Bild des Leibes.
Das wurde also beim Laubhüttenfest in Vorwegnahme dessen gemacht, was einmal im Tausendjährigen Reich geschehen wird. Gott sagt: „Dann werdet ihr mit Freuden Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils.“
In Offenbarung 7 beschreibt Johannes die 144.000 und dann die unzählbare Schar von Erlösten, die durch die Drangsal hindurchgehen. Dort heißt es in Offenbarung 7,16: „Sie werden nicht mehr hungern, auch werden sie nicht mehr dürsten, noch wird jede Glut auf sie fallen, noch irgendeine Glut. Denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie weiden und sie leiten zu Quellen der Wasser des Lebens, und Gott wird jede Träne abwischen von ihren Augen.“
Das Lamm wird sie also leiten zu den Quellen der Wasser des Lebens. Jesus wird diese Volksmenge führen, so wie er als Priester die Volksmenge zum Siluateich führte und wieder hinauf.
Allerdings steht hier nicht „zur Quelle“, sondern „zu den Quellen“. Auch in Jesaja 12 heißt es: „Ihr werdet mit Wasser schöpfen aus den Quellen.“ Es gibt die Gihon-Quelle, die über den Hiskia-Tunnel das Wasser bringt. Beim Siluateich gab es noch eine kleine Quelle, die ebenfalls Wasser hineinbrachte.
Darum heißt es in der Mehrzahl „aus den Quellen des Heils“. Das ist die Antwort.
Jetzt haben wir noch eine Minute Zeit. Eine letzte Frage: Wer hatte schon lange? Martin, du hast schon lange! Nicht direkt eine Frage, aber vorhin wurde gefragt, wie das Gefälle bautechnisch realisiert wurde beim Hiskia-Tunnel.
Vielleicht gibt die Inschrift einen Hinweis. Dort stand ja, als sich die beiden Grabungstrupps trafen, floss das Wasser. Vielleicht haben sie mit dosierter Wassermenge das Gefälle realisiert. Es wäre möglich, dass man immer wieder mit Wasser aus der Quelle das Gefälle maß und auf der zweiten Hälfte mit Wasser aus Kübeln die Stärke des Gefälles bestimmte.
Danke für den Hinweis.
Dann machen wir jetzt Pause, und Christoph kann erklären, wie wir an die Nahrung kommen.