Guten Tag, ich begrüße alle ganz herzlich zu dieser Bibelklasse. Heute kommen wir zu Matthäus 26,47. Es geht um die Verhaftung des Herrn im Garten Gethsemane.
Anschließend betrachten wir den illegalen Prozess im Palast des Hohenpriesters Kajafas. Danach folgt der kurze Prozess im Sanhedrin.
Darf ich bitten, Christian, du liest uns die Verse 47 bis 56.
Und während er noch redete, siehe, da kam Judas, einer der Zwölf, und mit ihm eine große Menge mit Schwertern und Stöcken von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes.
Der ihn aber überlieferte, hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: „Wen ich küssen werde, der ist es, den ergreift.“
Und sogleich trat er zu Jesus, sprach: „Sei gegrüßt, Rabbi!“ und küsste ihn.
Jesus aber sprach zu ihm: „Freund, wozu bist du gekommen?“
Dann traten sie heran, legten die Hände an Jesus und ergriffen ihn.
Und siehe, einer von denen, die mit Jesus waren, streckte die Hand aus, zog sein Schwert, schlug den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab.
Da spricht Jesus zu ihm: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort! Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen. Oder meinst du, dass ich nicht meinen Vater bitten könnte und er mir jetzt mehr als zwölf Legionen Engel stellen würde?
Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, dass es so geschehen muss?“
In jener Stunde sprach Jesus zu den Volksmengen: „Seid ihr ausgezogen, wie gegen einen Räuber, mit Schwertern und Stöcken, um mich zu fangen?
Täglich saß ich bei euch im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht gegriffen.
Aber dies alles ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt werden.“
Da verließen ihn alle Jünger und flohen.
In Matthäus 26 hatten wir damals gelesen, in den Versen 3 bis 5, dass diese Verhaftung nicht an einem Fest stattfinden sollte.
Und jetzt sind wir ausgerechnet hier am fünfzehnten Nisan, das heißt wirklich am Tag, an dem man das Passa feierte. Der Tag begann mit Sonnenuntergang. Es war Donnerstagabend, Sonnenuntergang, und da beginnt im Judentum bereits der Freitag, nicht erst um Mitternacht. Das war der fünfzehnte Nisan, an dem man das Passalam essen musste.
Wir haben gesehen, wie Herr Jesus mit seinen Jüngern das Passa im Obersaal gegessen hatte. Danach ging er in den Garten Gethsemane. Dort kommt nun eine ganze Menge von Menschen, um ihn zu verhaften.
Lies du uns noch einmal vor, Christian, Matthäus 26,3-5:
„Dann versammelten sich die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes in dem Hof des Hohenpriesters Kaiaphas und ratschlagten miteinander, um Jesus mit List zu greifen und zu töten. Sie sagten aber: Nicht an dem Fest, damit nicht ein Aufruhr unter dem Volk entstehe.“
Die Strategie war klar: Nicht an einem Fest, denn das wäre ein Risiko gewesen. Das Volk hätte diese Verhaftung nicht gebilligt und möglicherweise einen Aufstand gemacht. Das wäre ganz schwierig geworden.
Aber jetzt machen sie es genau an diesem Tag. Warum? Der Herr Jesus hat das ausgelöst.
Beim letzten Mal haben wir uns angesehen, wie Jesus mit den Jüngern das letzte Passa gefeiert und dabei das Abendmahl eingesetzt hat. Dabei haben wir das Passa im jüdischen Hintergrund betrachtet.
Wir haben gesehen, dass der Herr Jesus zwei Stationen im normalen Ablauf der Passafeier genutzt hat, um zu zeigen, wer sein Verräter sein würde. Ein Zeichen war das Eintauchen in die Schüssel. Was hat er gemacht? Er sagte: „Wer mit mir gleichzeitig in die Schüssel eintaucht.“ Dabei ging es um das Eintauchen von Petersilie oder Sellerie in Weinessig. Judas, der neben ihm zu Tisch lag, hat das zusammen mit Jesus gemacht. Das war das Zeichen, an dem man ihn hätte erkennen können. Diese Station nennt man Carbas, das Eintauchen.
Außerdem haben wir gesehen, dass der Herr – was nur im Johannes-Evangelium Kapitel 13 beschrieben wird – nochmals sagte, wem er den Brotbissen gibt. Es handelt sich dabei um das Eben Korech, das kleine Sandwich, bei dem man Matze mit Bitterkraut und etwas Charosset, also Apfelmus, dazwischen nimmt. Wem Jesus diesen Bissen gibt, der ist der Verräter.
Mit diesen zwei Zeichen hat der Herr Judas offenbart. Nun entstand ein Zugzwang: sofort oder nie. Denn wenn jetzt bekannt ist, wer der Verräter ist, dann fliegt der ganze Überraschungseffekt auf, ebenso der Komplott und die Verschwörung, die dahintersteckten.
Judas sah natürlich seine dreißig Silberlinge verloren gehen. Jesus sagt ihm noch: „Was du tust, tu es schnell.“ Judas geht hinaus. Es war Nacht, wie im Johannes 13 beschrieben. Jetzt musste alles überstürzt geschehen.
Und wir werden sehen, dass ein totales Chaos ausgelöst wurde. Der Prozess sollte sofort durchgeführt werden, aber es war Nacht. Nachts darf man keinen Prozess abhalten.
Man dachte: keinen offiziellen Prozess. Aber man entschied, den Prozess privat durchzuführen, bis die Sonne aufgeht. So wurde ein Chaos nach dem anderen ausgelöst.
Die Richter, der Sanhedrin, waren überhaupt nicht auf diesen Prozess vorbereitet. Es ging wirklich eins nach dem anderen schief. Ein Gesetz nach dem anderen wurde in diesem Prozess gebrochen.
Es war ein kurzer Prozess, der zu einem Chaos und einer Katastrophe wurde. Aber gehen wir der Reihe nach. Das war die Vorschau.
In Vers 47 haben wir gesehen: Wer kommt da, um den Herrn zu verhaften? Können wir das zusammentragen? Judas. Ja, der Anführer Judas, der Verräter, und der Zugzwang haben das Ganze dann eben schnell loslegen müssen. Eigentlich hätte es nach dem Fest geschehen sollen, aber jetzt muss es geschehen – nach ihrer Ansicht.
Judas kommt, und weiter eine große Menge. Ja, eine große Menge von Menschen, die mit Schwertern und Stöcken ausgerüstet sind. Wenn man das liest, merkt man vor dem jüdischen Hintergrund: Oh, das kann nicht jemand geschrieben haben, der das einfach am Schreibtisch erfunden hat, so wie die liberale Theologie meint.
Die Evangelien, so heißt es dort, seien spätere Traditionen der urchristlichen Gemeinde, die Mythen gesammelt und zusammengefügt habe. Nein, wenn man das liest, ist man sofort im Klaren, wie authentisch das ist.
Wer war speziell mit Stöcken ausgerüstet? Im Talmud, im Traktat Pesachim 57a, steht, dass die Diener der führenden Priester die Stöcke hatten. Wir sprechen von den Dienern der führenden Priester – das war die Tempelpolizei. Es gab im Tempel also viele Polizisten.
Zum Beispiel in Johannes 7 wird beschrieben, wie man versucht hat, den Herrn Jesus schon früher zu verhaften. Man hat die Diener abgeschickt, um ihn zu verhaften. Doch sie sind unverrichteter Dinge zurückgekommen und haben gesagt: „Nie hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“
Die Diener der führenden Priester sind die Tempelpolizisten, und sie hatten typischerweise Stöcke. Also mit Schwertern und mit Stöcken – das meint gerade diese Tempelpolizisten. Wie gesagt, sie sind ausgesandt von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes.
Es ist so: Immer wenn im Neuen Testament von den Elbefeldern die Rede ist und "Hohepriester" in der Mehrzahl genannt wird, stellt sich die Frage: Wie kann das sein? Es gab ja jeweils nur einen amtierenden Hohenpriester.
Auch damals war es so, dass Kayafas zwar Hoherpriester geworden war, anstelle seines Schwiegervaters Annas, der noch lebte. Annas musste abdanken, da die Römer ihm das Amt entzogen und es seinem Schwiegersohn übergaben. Beide werden als Hohepriester bezeichnet, aber nur einer war tatsächlich im Amt – und zwar Kayafas. Der andere, Annas, war nicht mehr amtierend.
Der Ausdruck "Hohepriester" in der Mehrzahl bedeutet einfach "führende Priester". Es gab mehrere solcher Priester. Außerdem existierte ein führendes Gremium von etwa vierzehn leitenden Priestern unter dem Hohenpriester. Diese nannte man die Bulwatin, die Ratsleute.
Einen solchen Ratsmann kennen wir: Josef von Arimathäa. Er war kein Mitglied des Sanhedrins, des obersten Gerichtshofs, sondern gehörte diesem höchsten Priesterrat an. Im Tempel hatten sie ein spezielles Gebäude, die Kammer der Bulwatin. Diese befand sich an der Südseite des Tempels.
Wenn man heute von der Al-Aqsa-Moschee zum Felsendom geht, steigt man eine Treppe hinauf und biegt dann ein wenig nach links ab – dort liegt die Kammer der Bulwatin. Dort tagte dieser Hohe Rat der Priester, zu dem auch Josef von Arimathäa gehörte.
Diese führenden Priester hatten eine ganze Menschenmenge geschickt, um den Herrn zu verhaften. Dazu kamen die Ältesten des Volkes. Die Ältesten waren 24 Mitglieder des Sanhedrins, auch Synedrium oder Synedrion genannt – alles Bezeichnungen für dasselbe.
Der Sanhedrin war der oberste Gerichtshof Israels. Er bestand aus dem Hohenpriester, einer Reihe führender Priester, den 24 Ältesten und auch den Schriftgelehrten. Insgesamt hatte er 71 Mitglieder.
Diese führenden Priester und die Ältesten des Sanhedrins ordneten die Verhaftung Jesu an.
Aber wer war noch dabei? Jetzt haben wir gehört, dass Judas und eine Volksmenge anwesend waren. Wir müssen diese Informationen zusammenführen. In Lukas 22,52 wird erwähnt, dass auch Älteste dabei waren. Das steht hier nicht, aber in Lukas ist es ausdrücklich genannt.
Also waren auch Mitglieder des Sanhedrins anwesend. Es waren nicht nur diejenigen, die die Verhaftung angeordnet hatten, sondern sie begleiteten sie auch persönlich. Weiterhin waren führende Priester ebenfalls beteiligt.
Schlagen wir doch Lukas 22,52 auf. Liest du, Christian?
Jesus aber sprach zu den Hohenpriestern, Hauptleuten des Tempels und Ältesten, die gegen ihn gekommen waren: „Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und Stöcken? Als ich täglich bei euch im Tempel war, habt ihr die Hände nicht gegen mich ausgestreckt. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.“
Damit haben wir klar, dass führende Priester, also Hohepriester in der Mehrzahl, unter dieser Gruppe waren. Außerdem waren Hauptleute dabei. Das waren führende Leute der Tempelpolizei, der levitischen Tempelpolizei.
Darum sagt der Herr: „Seid ihr gekommen mit Schwertern und Stöcken?“ Das ist die Ausrüstung der Tempelpolizei. Außerdem waren auch Älteste anwesend, also von den 24 Ältesten, die zum Sanhedrin gehörten, kamen ebenfalls einige mit.
In Johannes 18 erfahren wir noch mehr Details. Schau dir Johannes 18, Vers 3 an. Dort steht: „Und als nun Judas die Schar und von den Hohenpriestern und Pharisäern Diener genommen hatte, kam er dahin mit Leuchten und Fackeln und Waffen.“ Jesus, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach zu ihnen: „Wen sucht ihr?“
Hier haben wir also weitere Einzelheiten. Judas hatte eine Schar Soldaten sowie Diener der Hohenpriester und Pharisäer bei sich. Diese Diener waren die Tempelpolizei. Dabei handelte es sich nicht nur um führende Personen der Polizei, sondern auch um normale Tempelwächter, die mit dabei waren.
Außerdem wird von der „Schar Soldaten“ gesprochen. Der Ausdruck „Schar“ (griechisch „spera“) kann eine Kohorte oder einen Manipulus bedeuten. Eine Kohorte bestand aus etwa 600 Soldaten. So viele waren in der Burg Antonia als Besatzungsmacht in Jerusalem stationiert, um die Stadt römisch zu kontrollieren. „Spera“ kann aber auch einen Manipulus bedeuten, das wären etwa 200 Soldaten. Dennoch handelt es sich um eine recht große Anzahl.
Hat man sich schon einmal vorgestellt, dass bei dieser Verhaftung mindestens 200 Soldaten dabei waren?
In Johannes 18, Vers 12 lesen wir noch mehr: „Die Schar und der Oberst und die Diener der Juden nahmen Jesus und banden ihn und führten ihn zuerst hin zu Hannas, denn er war Schwiegervater des Kaiphas, der jenes Jahr Hoherpriester war.“
Hier wird erneut die Schar erwähnt, aber auch der Oberst. Im Griechischen heißt dieser „Chiliach“ – ein hoher Offizier über tausend Soldaten. Allerdings hatte der Chiliach in Jerusalem nicht tausend, sondern 600 Soldaten in der Burg Antonia unter seinem Kommando.
Dieser Offizier war also der Kommandant der Burg Antonia in der Nordwestecke des Tempelbezirks. Die Römer überwachten von dort aus besonders den Tempelplatz, aber auch ganz Jerusalem.
Jetzt wird klar: Es war eine große Abordnung von Hunderten von Leuten, die gekommen waren, um Jesus zu verhaften. Dennoch muss das Ganze ziemlich chaotisch organisiert gewesen sein.
Man muss sich vorstellen: Judas ging hinaus, es war Nacht. Die Jünger jedoch hatten das nicht durchschaut. Was dachten sie, warum er ging? Sie vermuteten, er müsse noch etwas besorgen – vielleicht fürs Fest oder für die Armen.
Bis heute wird an Passa besonders an die Armen gedacht. Das zeigt schon, wie authentisch der jüdische Hintergrund ist. Man erkennt sofort, dass das alles nicht von irgendwelchen erfundenen Personen geschrieben sein kann. Die Feinheiten sind so präzise, so genau und so authentisch, wie es damals wirklich war.
Man muss sich vorstellen: Judas ging noch vor der Hauptmahlzeit des Passafestes hinaus, nach dem Korech, diesem Sandwich, das zur Vorspeise gehört. Er war übrigens nicht beim Abendmahl dabei, das sollte klar sein. Danach musste er zu den führenden Priestern gehen und ihnen sagen: „Wir müssen jetzt loslegen, ich bin enttarnt worden, mit zwei Zeichen.“
Nun mussten sie alles organisieren. Sie mussten die Soldaten in der Burg Antonia mobilisieren und die Tempelwache organisieren. Das war zum Glück nicht weit weg. Der Garten Gethsemane liegt am Ölberg, am Westabhang, also direkt gegenüber vom Tempelplatz, gegenüber vom Osttor. Die Burg Antonia war ebenfalls nicht weit entfernt, und die Tempelwache war im Tempel selbst stationiert.
Damit sie die Soldaten mobilisieren konnten, mussten sie jedoch noch kurz zu Pilatus gehen und ihm sagen: „Jetzt ist es so weit, wir kommen mit einer ganz bedeutenden Anklage, und wir haben den Mann als Ankläger – Judas.“ Der Landpfleger musste das genehmigen.
Das erklärt übrigens auch, warum Jesus schon um sechs Uhr morgens angezogen war. Später werden wir sehen, dass der Prozess bei Pilatus um sechs Uhr morgens stattfand, wie das Johannesevangelium berichtet. Die sechste Stunde im Johannesevangelium wird ab Mitternacht gezählt. In den synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas werden die Stunden ab Sonnenaufgang gezählt. Aber im Johannesevangelium bedeutet die sechste Stunde sechs Uhr morgens.
Jesus stand also um sechs Uhr morgens vor Pilatus und war bereits angezogen. Das alles wurde in Windeseile organisiert, muss man sagen. Doch es kam sehr chaotisch.
In der Zwischenzeit hatte Judas Selbstmord begangen. Er war bei Pilatus nicht mehr dabei. Der Hauptankläger fehlte also, und nun mussten sie Pilatus den Beweis liefern, dass wirklich ein römischer Prozess notwendig war. Das brachte sie in große Schwierigkeiten.
Das werde ich mir noch genauer anschauen, aber auch ein wenig vorausschauen.
Jetzt schauen wir uns an, wie Judas vorgegangen ist. Er gab das Zeichen, dass er dem Herrn einen Kuss geben würde. Im Judentum ist ein Kuss ein Ausdruck von Wertschätzung eines Schülers für seinen verehrten Rabbi. Er zeigt Anerkennung für dessen, wie kann man sagen, biblische Autorität. Dieses Zeichen nahm Judas, um den Herrn zu verraten.
So wie es in den Psalmen steht, können wir kurz nachschlagen. Prophezeit wird es im Psalm 41, wo man die Stimme des Messias in Vers 10 hört: „Selbst mein Freund, auf den ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.“
In manchen Übersetzungen steht „der mein Freund war“, was gut Deutsch ist. Wörtlich heißt es aber „der Mann meines Friedens“. Das ist gleichbedeutend mit „mein Freund“. Der Mann meines Friedens, auf den ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.
Man stelle sich vor, man geht mit Leuten vorne und hinten. Plötzlich schlägt der vorne mit seiner Ferse nach hinten aus – hinterhältig und unerwartet. Genau so hat Judas gehandelt, indem er seine Ferse gegen den Herrn erhob.
Der Herr Jesus sagt: „Das war mein Freund.“ Und was sagt er, als Judas kommt? „Freund, wozu bist du gekommen?“ Der Herr bezeichnet ihn also als seinen Freund, den Mann seines Friedens, auf den er vertraute.
In Johannes 12 erfahren wir, dass Judas die Kasse trug, also die Geldkasse der Reisegruppe. Der Herr war unterwegs mit den zwölf Jüngern. Außerdem waren gewisse Frauen mit dabei, die in Lukas 8 erwähnt werden. Diese Reisegruppe, die zusammen durchs Land zog, hatte eine gemeinsame Kasse.
Ausgerechnet Judas wurde diese Kasse anvertraut. Alles, was mit Verantwortung zu tun hat, die der Herr uns gibt, ist ein Testmaterial, um zu prüfen, ob wir treu sind. So wurde auch Judas getestet.
Der Mann, auf den ich vertraute, hat Geld gestohlen. In Johannes 12 lesen wir, dass Judas immer wieder Geld aus der Kasse nahm. „Der mein Brot aß“ – das ist der Korrech, das Brot mit Bitterkraut und Charosset, also dem Apfelmus – „hat die Ferse gegen mich erhoben.“
Auf so üble Art verriet er den Herrn. Das Zeichen, der Kuss, war eigentlich ein Ausdruck der Wertschätzung für das, was Judas in den drei Jahren gelernt hatte, in denen der Herr öffentlich gepredigt und seine Jünger sowie Jüngerinnen geformt und ausgebildet hatte. Doch nun kam Judas auf diese Art.
Man hat ja schon viel vom Judas-Kuss gehört, aber hat man auch schon mal etwas vom Judas-Gruß gehört? In Vers 49 heißt es: „Sei gegrüßt, Rabbi!“ Auf Griechisch steht dort „Cheire“. Und was bedeutet das wörtlich? Nein, nicht wörtlich, aber sinngemäß ist es korrekt, wenn man es so übersetzt: „Freue dich!“
Der griechische Gruß bedeutet also „Freue dich“. Natürlich hat Judas nicht Griechisch mit dem Herrn gesprochen. Die Evangelisten mussten ja übersetzen. In Jerusalem sprach man hauptsächlich Hebräisch. Dort hat er „Schalom, Rabbi“ gesagt. „Schalom“ bedeutet nicht nur „Friede“, sondern auch „Wohlergehen“ und „Liebe“. Es ist wirklich das Gute, das gewünscht wird, das Wohlergehen, das auch mit Freude zusammenhängt.
Angesichts von Golgatha sagt er also: „Freue dich, furchtbar!“ Wir haben nun Psalm 40 betrachtet, und wir sollten auch Psalm 55 lesen, einen weiteren messianischen Psalm. Dort hört man die Stimme des Messias in Vers 13: „Denn nicht ein Feind höhnt mich, sonst würde ich es ertragen; nicht mein Hasser hat groß getan gegen mich, sonst würde ich mich vor ihm verbergen, sondern du, ein Mensch meinesgleichen, mein Freund und mein Vertrauter, mit dem wir die Süße der Gemeinschaft miteinander erlebten, ins Haus Gottes gingen in festlicher Unruhe.“
Auch hier sagt der Messias über den Verräter: Das war nicht mein Feind, aber was er getan hat, das war Hohn – dieser Judas-Kuss und dieser Judas-Gruß. Er hat groß gegen ihn gehandelt, und wäre es ein Feind gewesen, hätte der Herr sich verstecken können.
Der Garten Gethsemane ist strategisch gut gelegen am Westabhang des Ölbergs. Man muss nur ein Stück auf die Bergkuppe steigen, und genau dort ist die Wetterscheide. Nach Westen liegt das fruchtbare Land, nach Osten die Wüste. Vom Ölberg aus hätte man sofort in die Wüste fliehen können, in die vielen Höhlen, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber der Herr ist nicht gegangen. Er war gezeichnet, aber blieb dort und ließ sich verhaften.
Wir haben beim letzten Mal bereits gesehen, wie der Umsturz mit Absalom geschah. Der Sohn stürzte seinen Vater. David ging barfuß und mit verhülltem Haupt die Anhöhe des Ölbergs hinauf (2. Samuel 15). Er weinte, dann verließ er den Ölberg und zog in die Wüste, um sich in Sicherheit zu bringen.
Der Herr, der Sohn Davids, ging jedoch nicht in die Wüste. Er sagt: Wenn mein Hasser es gewesen wäre, dann wäre das viel leichter zu ertragen gewesen. Aber es war nicht mein Feind. Ich hätte mich ja verstecken können, doch du – ein Mensch wie ich, mein Freund und mein Vertrauter.
Wozu bist du gekommen, Freund? Vertrauter, der die Kasse erhalten hatte. Es wird weiter gesagt, dass wir vertrauten Umgang miteinander pflegten und gemeinsam ins Haus Gottes gingen, mit der Menge.
Der Herr ging zu all den obligatorischen Festen und noch mehr mit den Jüngern nach Jerusalem. Zum Passafest, wiederholt zum Pfingstfest, zum Wochenfest, zu Sukkot und sogar zu Chanukka – dem Lichterfest, das gerade jetzt in diesen Tagen gefeiert wird. Im Johannesevangelium Kapitel 10 sehen wir den Herrn Jesus im Tempel, in der Säulenhalle Salomos, genau zur Zeit der Tempelweihe, also im Dezember.
Der Herr ist also immer wieder mit den Jüngern und der Volksmenge zu diesen Festen hingegangen. Dabei benutzte er stets die Treppe am Südende des Tempelplatzes. Diese Treppen wurden aus dem natürlichen Felsen herausgeschlagen und führten zur schönen Pforte. So gingen der Herr und die Jünger immer wieder dorthin, mit der Volksmenge, mit denen wir vertrauten Umgang pflegten und gemeinsam ins Haus Gottes gingen.
Doch diese Vertrautheit wandte sich gegen den Herrn. Das war das Zeichen, das bekannt war: Sie legten die Hände an den Herrn. In Vers 50b heißt es: „Dann traten sie heran, legten die Hände an Jesus und ergriffen ihn.“ Die Hände berührten ihn also wirklich.
Von diesen Händen hatte der Herr gerade vorher noch im Garten Gethsemane gesprochen. Dort lesen wir in Vers 45: „Dann kommt er zu den Jüngern und spricht zu ihnen: So schlaft denn fort und ruht aus! Siehe, die Stunde ist nahe gekommen, und der Sohn des Menschen wird in Sünderhände überliefert.“
Sünderhände – und der Herr ließ sich von diesen Sünderhänden berühren.
Und dann lesen wir, dass Petrus zum Schwert greift (Vers 51). Dabei hat er sich schon etwas überlegt. Es war nicht nur eine blinde Emotion, die ihn leitete. Wir kennen seinen Charakter, seinen natürlichen Wesenszug, der aber im Laufe der Zeit vom Herrn geformt wurde.
Es handelte sich also nicht einfach um einen Affekt. Er hätte nämlich auch dem Chiliachen das Ohr abhauen können, doch dann hätte er nicht mehr lange gelebt. Ebenso hätte er einem der Tempelpolizisten das Ohr abhauen können. Doch stattdessen traf es den Diener. Das griechische Wort dafür ist Dullos, also ein Sklave. Es handelte sich nicht um einen Tempelpolizisten, sondern um einen Hausbeamten, der ebenfalls zu der Gruppe der Verhaftenden gehörte.
Wenn wir bedenken, dass Petrus kurz zuvor dem Herrn versprochen hatte: „Wenn alle sich an dir ärgern, werde ich mich nicht ärgern, und ich bin bereit, mit dir in den Tod zu gehen“, dann sehen wir, dass er ein großes Risiko einging. Dieser Vorfall hätte sein Leben kosten können.
Wie hieß der Mann übrigens? Warum steht das eigentlich nicht im Text? Im Johannes-Evangelium erfahren wir, dass der Jünger, den Jesus liebte, selbst daran beteiligt war. Er war dem Hohenpriester bekannt. Das bedeutet, Johannes hatte eine direkte Beziehung zur Familie des Hohenpriesters. Deshalb wusste er auch, wie der Mann hieß. Im Johannes-Evangelium wird sogar der Eigenname erwähnt.
Das sind solche feinen Details, nicht wahr?
Und der Herr macht ihm klar, dass seine Jünger, seine Nachfolger, keinen Auftrag mit dem Schwert haben. Das heißt aber nicht, dass niemand einen Auftrag mit dem Schwert hat.
In Römer 13 können wir kurz nachschlagen, denn dort geht es um den Staat, die Obrigkeit. Im Neuen Testament wird Folgendes gesagt: Die Obrigkeit ist von Gott verordnet und eingesetzt. In Vers 2 heißt es: „Wer sich daher der staatlichen Macht widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil empfangen.“
Denn die Obrigkeit ist kein Schrecken für das gute Werk, sondern für das Böse. Wenn du dich vor der staatlichen Macht nicht fürchten willst, tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben, denn sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.
Herr Präsident, hier wird ganz klar neustestamentlich gesagt, dass der Staat das Schwert hat. Der Staat besitzt ein Gewaltmonopol, und das ist die biblische Grundlage für die Polizei.
Ich musste einmal einen Vortrag für eine Polizeivereinigung in Deutschland halten. Man findet ihn im Internet. Die wollten ihre Arbeit auch von der Schrift her beleuchtet haben. Das habe ich dann gemacht und erklärt, was die Bibel über die Polizei sagt.
Erstaunlich viel, denkt man gar nicht. Man muss einfach nicht in der Konkurrenz unter der Polizei suchen. Aber es gibt eine biblische Grundlage für die Polizei und das Gewaltmonopol des Staates – und damit auch für die Armee.
Dann aber gibt es eine ganz klare Anordnung, dass die Gemeinde keine solche Gewaltbefähigung hat. Schlagen wir auf Epheser 6,12 nach: „Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.“
Hier wird ganz klar gesagt: Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut. Darum darf die Gemeinde und hätte in der Kirchengeschichte die Christenheit nie zum Schwert greifen dürfen. Das sind ganz klare biblische Aussagen.
Der Staat hat die Aufgabe, die Bürger zu schützen. Er muss uns vor Kriminellen schützen – das ist unter anderem die Aufgabe der Polizei. Und die Armee muss das Volk schützen.
Vor kurzem hat mir eine Jüdin aus Deutschland geschrieben. Sie hatte Schwierigkeiten mit ihrem Volk in Israel und fragte: Wie kann es sein, dass dort die Armee kämpft?
Man muss dann erklären, dass man das nicht vermischen darf. Die Gemeinde hat kein Gewaltmonopol – überhaupt nicht! Deshalb sagt der Herr, dass Petrus das Schwert sofort wieder zurückstecken soll.
Der Staat hingegen hat sehr wohl das Gewaltmonopol und muss seine Bürger schützen. Sonst hätten wir weltweit das totale Chaos. Diese biblischen Belehrungen helfen uns, die Dinge richtig einordnen zu können.
Wie sollen wir uns nun als Christen in einem solchen Konflikt verhalten, wie zum Beispiel dem Angriff Israels auf Gaza? Sollten wir als Gemeinde pro Israel sein?
Ich habe mir das als junger Mensch schon einmal überlegt. Ein Bruder erzählte mir, als ich ein Teenager war, dass es im Zweiten Weltkrieg Exekutionen bei Landesverrat gab – auch in der Schweiz. Ein Soldat wollte sich weigern, doch der Vorgesetzte sagte, er hätte das früher überlegen sollen, denn er müsse schießen.
Das brachte mich zum Nachdenken: Man muss solche Entscheidungen vorher treffen. Deshalb habe ich damals ein Gesuch gestellt, den Armeedienst ohne Waffe leisten zu dürfen.
Die Bibel sagt ganz klar, dass der Staat das Schwert hat. Aber soll ich es tragen? Für mich war die Antwort: Nein, das ist nicht meine Aufgabe.
Ich bekam Empfehlungsbriefe von einem Major aus der Armee, der mein Biologielehrer war, und von einem Seelsorger. Dann musste ich vor einem Offizier meine Überzeugung darlegen.
Das war so organisiert, dass ich nach der Sportprüfung in Unterhosen antreten musste. Ich war nicht von der Hamas, aber so war der Ablauf.
Der Offizier war in voller Montur, wie ein richtiger Soldat. Ich musste begründen, warum ich keine Waffe tragen wollte. Sie versuchten, mich umzustimmen, doch ich blieb bei meiner Haltung.
Dann sagten sie, ich sei zu leicht und solle in zwei Jahren wiederkommen, wenn ich etwas zugenommen hätte.
Das war meine Studentenzeit, und ich hatte einfach keinen großen Appetit. Ich habe vielleicht zwei Kilo zugenommen.
Schließlich wurde ich in eine Truppe versetzt, die ohne Waffen nur im Kriegsfall eingesetzt wird. Dort musste ich keinen regulären Armeedienst leisten.
Das war nicht meine Absicht, um einfach aus der Verantwortung zu entkommen. Ich wollte das tun, was von mir erwartet wird – aber ohne Waffe.
So habe ich das für mich vorher überlegt und entschieden.
Das Wort macht klar, dass es staatliche Gewalt gibt und diese auch notwendig ist.
Nun zu einer Frage: Ich bin nicht ausgewichen, sondern habe nur einen Exkurs gemacht. Wir müssen sehen, dass das Volk Israel auch heute noch der Augapfel Gottes ist. Wer den Augapfel Gottes antastet, bringt automatisch einen Fluch über sich. Das zeigt sich in der gesamten Geschichte Israels. Jedes Mal, wenn feindliche Nationen Israel angriffen, erlebten sie eine Katastrophe.
Ob das 1948 war, der Suez-Krieg 1956, der Sechstagekrieg 1967 oder der Jom-Kippur-Krieg 1973 – immer wieder führte ein Angriff auf Israel zu einer Katastrophe. Auch wenn die Hisbollah oder die Hamas Krieg führten, endete es stets in einer Katastrophe.
Als Gemeinde müssen wir erkennen, dass das, was Gott zu Mose und Abraham gesagt hat, weiterhin gültig ist. In 1. Mose 12,2 sagt Gott zu Abraham, dem Stammvater Israels: „Und ich will dich zu einer großen Nation machen, und ich will dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“
Ich habe das nur kurz angedeutet, von 1948 bis 2023. Aber wir könnten auch bei Ägypten 1606 v. Chr. beginnen. Durch die gesamte Geschichte hat sich das immer wieder erfüllt. Wer Israel antastet, tastet den Augapfel Gottes an, wie es in Sacharja 2 heißt, und bringt eine furchtbare Katastrophe über sich.
So müssen wir auch das, was jetzt geschehen ist, als Gericht Gottes über diejenigen sehen, die Israel antasten – ganz gleich, ob Israel im Glauben steht, wie es in der Zukunft sein wird, oder nicht. Es ist klar: Sacharja 2 zeigt, dass Israel der Augapfel Gottes ist, und das lässt sich nicht ändern.
Das ist eine Teilantwort, Carlo. Sonst müssten wir noch eine Stunde darüber sprechen.
Gut, gehen wir weiter in Matthäus 26. Ich möchte noch etwas ergänzen, bevor wir eine Pause machen.
Es geht um das Schwert, genauer gesagt um das wörtliche Schwert. In Epheser 6 wird das Schwert des Geistes erwähnt, das die Bibel ist. Dort wird betont, dass unser Kampf nicht gegen Fleisch und Blut gerichtet ist.
Dann sagt der Herr in Vers 53: „Oder meinst du, dass ich nicht meinen Vater bitten könnte, und er würde mir jetzt mehr als zwölf Legionen Engel zur Seite stellen?“ Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, wenn es nicht so geschehen muss? Jawohl, der Herr hätte die Situation seiner Verhaftung sofort ändern können.
Eine Legion umfasst ungefähr 6.000 Engel, und zwölf Legionen wären also etwa 72.000 Engel. Doch der Herr hat diese Abordnung nicht verlangt. Stattdessen weist er darauf hin, dass die Heilige Schrift erfüllt werden muss. Gott hat vorausgesagt, dass der Messias kommen und für unsere Sünden sterben muss, wie es in Jesaja 53 beschrieben ist.
Darum ist der Herr nicht geflohen, wie es König David einst getan hat, und er hat auch nicht diese Engel aufgeboten. Stattdessen ließ er sich von den Händen der Sünder verhaften.
In Vers 55 sagt Jesus noch einmal zu den Volksmengen: „Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und Stöcken, um mich zu fangen? Täglich saß ich bei euch im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht ergriffen. Aber dies alles ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt werden.“
Da verließen ihn alle Jünger und flohen. Warum sagt der Herr das? „Ich saß täglich bei euch im Tempel“ – damit wollte er sagen, dass es öffentlich bekannt war, was er gelehrt hatte. Doch sie machten daraus eine Verschwörung.
Sie hätten die Sache öffentlich machen müssen, sodass alle, die es miterlebt hatten, sagen konnten: „Nein, das stimmt gar nicht, das ist eine ungerechte Verhaftung, überhaupt nicht berechtigt.“ Aber der Herr sagt: „Ich habe es öffentlich gemacht, alle wissen, was ich gelehrt habe, und ich war bei euch. Nun kommt ihr in einer geheimen Aktion, die auf Verschwörung beruht.“
Und der Herr sagt: „Aber es muss so kommen, damit die Schriften erfüllt werden.“ Dann mussten sie darüber nachdenken. Sie kannten die Stellen ja auch – Jesaja 53, Psalm 22 – und im rabbinischen Judentum deutete man das auf den Messias. Sie mussten genau erkennen, dass dies die Situation war.
Jesaja 53 sagt: „Als wir ihn sahen, hatte er keinen Ansehn, dass wir ihn begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt.“
Und genau so handelten sie jetzt. Der Herr weist sie nochmals darauf hin: Die Schriften müssen erfüllt werden. Und sie konnten darüber nachdenken: „Ja, genau das machen wir, aber als Feinde des Messias.“
Das war auch wieder eine Chance, dass der Herr ihnen das gesagt hat. Bald werden wir sehen, wie der Herr beginnt zu schweigen. Er wusste genau, wann er reden und wann er schweigen musste. Das müssen wir auch lernen. Es ist nicht einfach.
Wir können von dem Herrn Jesus so viel lernen, wie er in welcher Situation gehandelt hat. Das lässt sich auf unsere ähnlichen Situationen übertragen.
Übrigens, warum lesen wir das immer wieder? Christian hat das ja ohnehin alles am Anfang gelesen. Am Anfang muss man sich erst einen Überblick verschaffen und den Text hören. Dann gehen wir Punkt für Punkt durch, und plötzlich fallen einem Dinge auf, die vorher nicht aufgefallen waren.
Es ist wirklich ein Tipp: Ich mache das oft, dass ich ein Kapitel mehrmals an verschiedenen Tagen lese. Dabei entdecke ich ständig neue Dinge. So kann man sich den Text richtig aneignen.
Manchmal erlebt man, dass man etwas liest und gar nicht genau weiß, was man gelesen hat. Das ist gar nicht ungewöhnlich. Deshalb: nochmals lesen, nochmals lesen.
Auch die Struktur in der Bibel, zum Beispiel durch Überschriften, hilft dabei, den Gedankengang besser erfassen zu können.
Ja, gehen wir doch noch weiter. Jetzt lesen wir noch Vers 57 und 58.
Ich habe noch eine Frage zu Vers 56. Da verließen ihn die Jünger alle und flohen. Ist das die Erfüllung von Psalm 88, Vers 19? Kann das sein? Ich habe hier die Fußnoten oder die Parallelstellen. Natürlich, das ist ein messianischer Psalm, und dort klagt der Messias eben, wie seine Nahen fern sind. Das meinst du, ja?
Ja, du hast mir entfremdet... Ja, warte, wir schlagen das gerade auf. Was man sieht, geht viel besser rein als das, was man nur schnell hört. Übrigens wird Psalm 88 am Anfang musikalisch so umschrieben: Ein Psalmlied von den Söhnen Choras, dem Vorsänger nach Machalat-le-Anott. Das heißt, man muss es mit gedämpfter Stimme vortragen, in schwermütiger Weise singen.
Dort werden die Leiden des Herrn am Kreuz ganz eindrücklich beschrieben.
Und jetzt, was wolltest du, Vers 19?
Ja! "Du hast mir entfremdet Freund und Nachbarn, meine Bekannten sind Finsternis." Ja, Elbefelder CSV hat "Freund und Genossen", und das passte genau auf die Jünger. Ja, die sind da geflohen.
Also vorher war Petrus irgendwie noch mutig, wirklich mutig, sich völlig dem Herrn hinzugeben. Und dann war es doch zu viel, und sie sind geflohen. Aber wir werden sehen, er wird dann plötzlich doch noch mutig, weil später kommt er doch in den Vorhof des Hohen Priesters Kajafas. Aber das werden wir nachher anschauen, das hat eine besondere Bewandtnis.
Also der Herr wird völlig allein gelassen. Der Herr hat also Einsamkeit erlebt, und darum versteht er auch alle, die einsam sind.
Einsamkeit, wenn man Freunde verloren hat, ist nicht dasselbe wie Einsamkeit, wenn man nie Freunde hatte. Es gibt Leute, die sind einsam, weil sie auch nie Freunde hatten. Schrecklich! Aber es gibt auch Einsamkeit, weil man eben Freunde verliert.
Ich habe gerade gestern mit einer Frau gesprochen, die das ganze Leben in der Charismatik war und dann zur Bekehrung kam. Sie war nicht bekehrt und hat sich bekehrt und sagte: "Ja, und jetzt, wie ist das so? Gibt es viele Anfechtungen?" "Ja, ja, ständig, immer noch." "Ja, ja, was?" "Ich habe meine Freunde verloren."
Ja, also das ist etwas, was der Herr aber selber erlebt hat: Alle, die mit ihm so eng verbunden waren, sind plötzlich weg, geflohen, und er muss allein weitermachen.
Und dann gehen sie zu Caiaphas, dem Hohenpriester. Dort waren die Schriftgelehrten und die Ältesten versammelt. Das sind also Mitglieder des Sanhedrins.
Machen wir eine Pause und fahren gleich danach weiter. Zwanzig Minuten.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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