Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir befinden uns im Hohelied, Kapitel 2. Die erste Strophe haben wir bereits im Detail betrachtet, und zwar von Kapitel 1, Vers 1 bis Kapitel 2, Vers 6.
Gleich kommen wir zum Refrain, Vers 7, und anschließend zur zweiten Strophe. Es geht um die Sehnsucht der Liebe. Ab Vers 8 lesen wir dann bis zum Ende des Kapitels.
Horch, mein Geliebter, siehe da, er kommt, springt über die Berge und hüpft über die Hügel.
Du könntest bei Vers 7 beginnen. Das wäre also noch der Refrain, gefolgt von der Strophe ab Vers 8. Verzeihung.
Warnung vor verfrühter Liebe und Beginn des Refrains
Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschen des Feldes, dass ihr die Liebe weder weckt noch stört, bis sie es selbst will.
Horch, mein Geliebter! Siehe, da kommt er, springt über die Berge, hüpft über die Hügel. Mein Geliebter gleicht einer Gazelle oder einem jungen Hirsch.
Siehe, da steht er hinter unserer Mauer, schaut durch die Fenster und blickt durch die Gitter.
Mein Geliebter hob an und sprach zu mir: Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm! Denn siehe, der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber und vergangen.
Die Blumen erscheinen im Land, die Zeit des Gesangs ist gekommen, und die Stimme der Turteltauben lässt sich hören in unserem Land.
Der Feigenbaum rötet seine Feigen, und die Weinstöcke blühen und duften.
Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm, meine Taube, im Geklüft der Felsen, im Versteck der Felswände.
Lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.
Fang uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben, denn unsere Weinberge sind die Blüte.
Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein, der unter den Lilien weidet.
Bis der Tag sich kühlt und die Schatten fliehen, wende dich, sei mein Geliebter, gleich einer Gazelle oder einem jungen Hirsch auf den zerklüfteten Bergen.
Bedeutung des Refrains und Symbolik der Tiere
Wir haben beim letzten Mal bereits den Refrain besprochen und seine Bedeutung erläutert. Es geht dabei um eine Warnung von Sulamit an ihre Altersgenossinnen in Jerusalem, die Töchter Jerusalems. Sie werden unter Schwur gestellt, damit sie bei den jüngeren Menschen die Liebe nicht früher wecken, als es die natürliche Entwicklung erlaubt.
Sulamit beschwört also bei den Gazellen – hier sehen wir eine Dorkas-Gazelle, die typische Gazelle in Israel – und bei den Hirschkühen des Feldes. Diese Hirschkühe sind die typischen Hirschkühe in Israel, genauer gesagt der mesopotamische Darmhirsch, der ganz markant durch seine weißen Punkte auf dem Körper auffällt.
Diese beiden Tiere reagieren auf den kleinsten Lärm und auf jede noch so geringe Bewegung. Deshalb sagt Sulamit: „Bei den Gazellen und bei den Hindinnen beschwöre ich euch“, dass sie keinen Lärm machen und nichts tun sollen, was die natürliche Entwicklung stört. So soll das Sexuelle in den Kindern nicht zu früh geweckt werden.
Erst wenn die Zeit der Liebe gekommen ist, soll sie sich entfalten. Dies geschieht dann in der Heirat. Die Bibel lehrt von Anfang bis Ende, dass Sexualität nur in die Ehe gehört.
Das Kommen des Geliebten als Bild der Wiederkunft Christi
Und dann folgt die zweite Strophe: „Horch, mein Geliebter“ – ganz wörtlich so geschrieben.
Sieht man das in der Elberfelder Übersetzung, gibt es dort eine Fußnote? Dort steht: „Stimme meines Geliebten“, Kol Dodi, „Stimme meines Geliebten“, wie in diesem israelischen Volkslied, das wir gerade eben gesungen haben.
Sie ist also zuhause, und jetzt kommt der Bräutigam, um sie abzuholen. Sie wird seine Frau. Sein Kommen wird so beschrieben: „Stimme meines Geliebten, siehe, da kommt er springend über die Berge, hüpfend über die Hügel.“ Das ist die wörtliche Bedeutung.
Wenn wir das übertragen, ist Salomo ein Bild des Messias. Sulamit steht für den gläubigen Überrest aus Israel, der sich nach der Entrückung bekehren wird. Zuerst sind das die 144.000 aus Offenbarung 7, die dann auch evangelisieren werden. Schließlich, in der großen Drangsal in den dreieinhalb letzten Jahren vor der Wiederkunft Christi, kommt ein Drittel der Bevölkerung Israels zum Glauben im Land. Das ist der Überrest aus Sacharja 13,8.
Zudem kommt ein Überrest zum Glauben im Ausland, der bis dahin noch nicht ins Land Israel zurückgekehrt ist. Dieser Überrest wird als die Braut des Messias gesehen, wie uns Hosea 2 vorstellt: „Ich habe dich mir verlobt in Ewigkeit.“ Dabei geht es um diesen zukünftigen Überrest, der die Frau des Messias wird, wenn der neue Bund nach der Wiederkunft Christi geschlossen wird.
Nun wird das Kommen des Bräutigams, um die Braut abzuholen, in Vers 8 beschrieben. Es weist voraus auf die Wiederkunft Christi: „Siehe, da kommt er.“ Das erinnert uns an einen Vers in Offenbarung 1, nämlich Offenbarung 1,7.
Ja, genau. Liest du das vor, Jerry?
Die majestätische Stimme und das Gericht Gottes bei der Wiederkunft
Offenbarung Jesu Christi, also 1, Vers 7: Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchstochen haben, und wehklagen werden seinetwegen alle Stämme des Landes, ja, Amen. Siehe da, er kommt!
Was das bedeutet, werden wir gleich noch sehen – über die Berge und hüpfend über die Hügel. Aber wir bleiben zunächst bei den ersten Worten: Stimme meines Geliebten, siehe da, er kommt!
Die Stimme des Herrn Jesus wird bei seiner Wiederkunft eine ganz bedeutende Rolle spielen. Können wir das mal nachschlagen? Es gibt viele Stellen in der Bibel, die sein Kommen in Herrlichkeit beschreiben. Diese sollte man alle studieren, denn dadurch wird die Größe des Herrn Jesus immer gewaltiger.
Also Jesaja 30, liest du, Jerry, in Vers 27: Siehe, der Name des Herrn kommt von fern her. Dann wird näher beschrieben, wie er als Richter kommt. Sein Zorn brennt, der aufsteigende Rauch ist gewaltig, seine Lippen sind voll Grimm, seine Zunge ist wie ein verzehrendes Feuer, und sein Odem wie ein überflutender Bach, der bis an den Hals reicht.
Er wird die Nationen mit einer Schwinge der Nichtigkeit schlagen und einen irreführenden Zaum an den Kinnbacken der Völker legen. Gesang werdet ihr haben, wie in der Nacht, da das Fest geweiht wird, und Freude des Herzens wie diejenigen, die unter Flötenspiel hinziehen, um auf dem Berg des Herrn zum Felsen Israel zu kommen.
Und der Herr wird die Majestät seiner Stimme hören lassen und das Herabfahren seines Arms mit Zorneschnauben und einer Flamme verzehrenden Feuers, Wolkenbruch, Regenguss und Hagelsteinen sehen lassen.
Also auch hier beginnt es mit „Siehe“: In Vers 27 kommt der Name des Herrn von fern her, siehe da, er kommt! Dann wird er als Richter beschrieben. Das ist eine sehr schreckliche Angelegenheit für diese Welt.
Aber in Vers 29 wird sein Kommen als Grund höchster Freude beschrieben – nämlich für den Überrest. Das ist die Perspektive des Hohenliedes. Dort wird er nicht als Richter gesehen, sondern als Bräutigam, der kommt, um den Überrest aufzurufen, ihm zu folgen und den neuen Bund zu vollziehen.
Darum heißt es in Vers 29: Gesang werdet ihr haben, wie in der Nacht, da das Fest geweiht wird.
Bedeutung des Laubhüttenfestes als Symbol der Freude
Was ist das Fest? In Israel gibt es ja mehrere Feste. Warum wird dem Laubhüttenfest gerade „das Fest“ genannt?
Ich habe mich noch einmal damit beschäftigt, und es ist tatsächlich das schönste Fest, besonders wegen der Verzierung mit Äpfeln und Tieren. Ja, richtig. Es ist das Fest, das alle Feste des Herrn zusammenfasst. Es geht dabei besonders um die sieben Feste des Herrn, die in 3. Mose 23 genannt werden – von Pessach bis zum Laubhüttenfest. Dieses ist das siebte Fest. Das Laubhüttenfest fasst eigentlich alle Feste des Herrn zusammen. Deshalb wird es in 3. Mose 23 auch „Ha Chag“, also „das Fest“, genannt.
Übrigens ist es das einzige Tempelfest von den sieben Festen des Herrn, das auch nachts gefeiert wurde. Der Tempeldienst fand sonst immer tagsüber statt. Das Laubhüttenfest war das einzige Fest, das man auch nachts feierte. Deshalb steht hier: „Gesang will er dir haben, wie in der Nacht, da das Fest geweiht wird, und Freude des Herzens gleich denen, die unter Flötenspiel hinziehen, um zu kommen auf den Berg des Herrn, zum Felsen Israels.“
Beim Hinaufzug nach Jerusalem, um zum Laubhüttenfest zu gehen – das war ja obligatorisch für alle Israeliten – wurden die Psalmen 120 bis 134 gesungen. Diese 15 Stufenlieder wurden immer mit Flötenbegleitung vorgetragen. Daher heißt es hier: „Freude des Herzens gleich denen, die unter Flötenspiel hinziehen, um auf den Berg des Herrn zu kommen.“
Hier wird gesagt, dass der Überrest sich so freuen wird, wenn der Herr Jesus am Ende der Zeit kommt und es heißt: „Siehe da, er kommt mit den Wolken“, „Siehe, der Name des Herrn kommt von fern her“. Diese werden sich mit der größten Freude freuen – das ist die Freude des Laubhüttenfestes.
Dreimal wird im Gesetz in Verbindung mit dem Laubhüttenfest gesagt, man müsse sich freuen. Einmal von diesen dreimal heißt es sogar ausdrücklich: „Du sollst dich nur freuen.“ Das ist die Freude, die auch in Hohelied 2,8 beschrieben wird: „Siehe, mein Geliebter, siehe da, kommt er.“
Das Kommen über die Berge als Zeichen göttlicher Macht
Und weiter haben wir eben gelesen, dass er über die Berge springt und über die Hügel hüpft. Dazu müssen wir in Micha 1 nachschlagen.
Das Prophetenbuch Micha beginnt mit einer Beschreibung des zweiten Kommens des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit. In Micha 1 lesen wir die Verse 2 bis 5:
„Hört, ihr Völker! Erde, höre zu und all ihre Fülle! Der Herr, der Herr, sei mein Zeuge gegen euch, der Herr aus seinem heiligen Palast. Denn siehe, der Herr geht aus seiner Stätte hervor und kommt herab, er schreitet auf den Höhen der Erde. Die Berge zerschmelzen vor ihm, und die Täler spalten sich wie Wachs vor dem Feuer, wie Wasser, das am Abhang ausgegossen wird – all das wegen der Übertretungen Jakobs und wegen der Sünden des Hauses Israel.“
Diese Worte richten sich an die Zeit damals, doch die Eröffnung mit dem zweiten Kommen des Herrn ist bemerkenswert.
Das ist übrigens nicht nur in Micha so. Auch das Buch Nahum beginnt mit einer Beschreibung der Wiederkunft Christi. Danach folgt eine Prophetie, die für die Zeit des Nahum relevant war. Das zeigt, dass die Prophetie letztlich immer das Endziel hat: das Kommen des Herrn Jesus, um die Vollendung zu bringen, wenn er König der Welt wird.
Jetzt haben wir gelesen, dass er aus dem Tempel im Himmel kommt, aus dem heiligen Palast. Das hebräische Wort „Heichal“ bedeutet sowohl Palast als auch Tempel. Der heilige Tempel ist der Ort, an dem im Allerheiligsten der Thron Gottes steht. So ist es ein Palast und gleichzeitig ein Tempel.
Er kommt herab, geht aus seiner Stätte hervor und schreitet auf den Höhen der Erde. Er wird also mit allen Engeln und Heiligen kommen. Er schreitet über verschiedene Berge hinweg, springt über sie und bewegt sich auch durch die Luft.
Dabei erleben die Berge eine geologische Katastrophe: Sie zerschmelzen unter ihm wie Wachs vor dem Feuer, und die Täler spalten sich wie Wachs vor dem Feuer. Das ist unglaublich!
Der Ölberg als Ort der Wiederkunft und Rettung des Überrests
In Sacharja 14 lesen wir, dass der Herr mit seinen Füßen auf einem ganz bestimmten Berg stehen wird. In Sacharja 14, Vers 3 heißt es: „Und der Herr wird ausziehen und gegen jede jener Nationen kämpfen, wie am Tag, da er kämpfte, an dem Tag der Schlacht. Und seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der von Jerusalem im Osten liegt. Der Ölberg wird sich in der Mitte spalten, nach Osten und nach Westen hin, zu einem sehr großen Tal. Die Hälfte des Berges wird nach Norden und die andere Hälfte nach Süden weichen.“
Weiter heißt es: „Ihr werdet in das Tal meiner Berge fliehen, und das Tal der Berge wird bis Azel reichen. Ihr werdet fliehen, wie ihr vor dem Erdbeben geflohen seid in den Tagen Uschias, des Königs von Juda. Und kommen wird der Herr, mein Gott, und alle Heiligen mit dir.“
Hier wird also ein besonderer Berg erwähnt: der Ölberg. Der Herr wird auf den Ölberg treten, und dieser wird sich spalten. Dabei handelt es sich um eine geologische Katastrophe, durch die ein Tal entsteht. Dieses neue Tal ermöglicht es dem Überrest, der während der großen Drangsalzeit in Jerusalem zurückbleibt, aus der Stadt hinauszufliegen und dem Herrn entgegenzugehen.
Dieses Bild entspricht dem, was wir in Hohelied 2 finden. Dort sagt der Geliebte in Vers 10: „Mein Geliebter hob an und sprach zu mir: Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!“ Er ruft sie heraus. So wird auch der Herr den Überrest aus Jerusalem herausrufen, und sie werden in dieses Tal fliehen.
Er kommt mit allen Heiligen, sowohl aus dem Alten Testament als auch aus dem Neuen Testament. Nach 1. Thessalonicher 3, im letzten Vers, wird er kommen, begleitet von allen Engeln, wie wir auch in Matthäus 16, ganz am Schluss, lesen.
Hier sehen wir ein Bild vom Ölberg: Der höchste Punkt des Ölbergs liegt quasi über der Altstadt von Jerusalem, dort, wo der Tempelberg ist. Der Herr wird auf dem Ölberg stehen, der sich spalten wird. Dazwischen liegt das Kidron-Tal, das man hier gut erkennen kann. Rechts wäre der Ölberg, dann das Kidron-Tal und links der Tempelberg mit dem Tempelplatz auf der Bergeshöhe.
So wird Jesus also auf dem Ölberg kommen, und der Überrest wird aus der Stadt Jerusalem herausgerufen werden.
Symbolik der Mauer und Tiere als Zeichen der Herrlichkeit und Stärke
Aber interessant: Wir haben doch gelesen in Hohelied 2,9: "Siehe da, er steht hinter unserer Mauer, schaut durch die Fenster, blickt durch die Gitter." Wir sehen hier die Mauer von Jerusalem, und er ist auf dem Ölberg, außerhalb der Stadt, hinter der Mauer.
Interessant ist auch, dass das Wort „Mauer“ hier ein spezielles Wort ist, das nur an dieser Stelle vorkommt. Es heißt „Kotel“. Kennt jemand dieses Wort? Man sieht es nie auf den Wegweisern in Jerusalem. „HaKotel ha-Ma'aravi“ ist die Westmauer, die Mauer der Westseite. Man sagt einfach „HaKotel“ – und dann ist in Israel klar, dass damit die Klagemauer gemeint ist.
Diese Mauer befindet sich auf der Westseite des Tempelplatzes. Es gibt auch noch einen Überrest der alten Tempelmauer im Osten. Und der Herr kommt auf dem Ölberg. Aber wirklich, er wird da hinter der Mauer stehen und wird den Überrest herausrufen.
In Vers 9 wird er mit den Worten verglichen: „Mein Geliebter gleicht einer Gazelle oder einem jungen Hirsch.“ Jetzt haben wir diese Tiere nochmals, die wir schon zuvor in Verbindung mit dem Refrain gesehen haben.
Die Gazelle heißt auf Hebräisch „Zwi“. Aber das Wort „Zwi“ wird im Hebräischen auch anders benutzt, in ganz anderen Zusammenhängen, und bedeutet Herrlichkeit, Pracht, Glanz. Wenn man sich dieses Tier anschaut, sieht man die Proportionen: alles ist zierlich, anmutig, schön, graziös, harmonisch – bis ins Detail.
Dann der Gang und die Geschwindigkeit – ja, darum heißt die Gazelle eigentlich „die Herrliche“, die Prächtige, die Glänzende. Das Kommen des Herrn Jesus wird also damit verglichen, dass er wie eine Gazelle kommt – in Pracht und Herrlichkeit.
Das können wir auch in Matthäus 16,27 lesen: „Denn der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er jedem vergelten nach seinem Tun.“
Und auch in Matthäus 24,30 steht: „Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen, und alle Stämme des Landes werden wehklagen. Sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit.“
Jawohl, auch hier wird von Macht und großer Herrlichkeit gesprochen – wie bei der Gazelle. Sie sagt aber auch „wie ein Hirsch“. Das Wort „Ayal“ heißt Hirsch, aber das Wort „Ayal“ kommt im Hebräischen von der Wurzel „ul“, die „Führer sein“, „vornehm sein“, „an erster Stelle stehen“ und „stark sein“ bedeutet.
Darum heißt „Ayal“ im Hebräischen gewissermaßen Fürst, Vornehmer, Erstrangiger, Starker. Hirsche sind sehr starke Tiere. Je nach Hirschart können sie Geschwindigkeiten von bis zu 80 Stundenkilometern erreichen. Es gibt Hirsche, die mit einem Sprung von 2,5 Metern über eine Straße und Autos auf die andere Seite springen können.
Ich habe noch etwas zum Hirsch: Bei uns im Wald wird der Hirsch auch „Herr der Wälder“ genannt. Man sagt, in unserem Wald sei der Hirsch der König, das vornehmste und höchste Tier überhaupt.
Also, wie du sagst, wiederhole ich das für den Livestream, damit es auch alle hören: Wenn die Schweizer vom „Herr“ sprechen, kann es sein, dass sie sagen „der Herrscher der Wälder“. Das liegt daran, dass er etwas Vornehmes, Fürstliches hat.
So ist auch das Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit, wenn er als König kommt. Und sie sagt das so lyrisch-poetisch im Hohelied: „Wie eine Gazelle, wie ein Hirsch.“
Sie sagt eben, dass er hinter der Mauer steht. Das ist nochmals hier der Ölberg, das Kidron-Tal und hier die Ostmauer des Tempels, des einstigen Tempels. Dort ist der Tempelplatz, und hier diese Mauer.
Diese Mauer nennt man heute einfach „Kotel“. Und das ist klar – das ist die Klagemauer, ein Überrest des einstigen zweiten Tempels zur Zeit des Herrn Jesus, vor zweitausend Jahren. Er steht hinter der Mauer und sagt in Vers 11: „Der Winter ist vorüber.“
Jahreszyklus als Bild für die Liebe und Ehe
Wenn wir nun die Verse einmal ganz einfach und schnell durchgehen, um zunächst zu verstehen, was sie wörtlich bedeuten, können wir später die Übertragung viel besser nachvollziehen. Im Hohelied muss man auf zwei Ebenen arbeiten. Zuerst gilt es, überhaupt zu verstehen, was der Text aussagt und was das für die Verbindung zwischen Salomo und Sulamit, also für ihre Liebesbeziehung, bedeutet.
Salomo sagt: „Mach dich auf, meine Freunde, meine Schöne, und komm, denn siehe, der Winter ist vorüber.“ In den folgenden Versen wird ein Durchgang durch das ganze Jahr in Israel beschrieben. Diese Verse zeigen die Ökologie Israels in einem Jahresverlauf, allerdings in einer wunderbaren poetischen Sprache.
Der Winter in Israel ist die Regenzeit und je nach Region auch die Zeit mit Schnee. Auf dem Bild sieht man den Hermon, dessen höchster Gipfel 2814 Meter hoch ist. Die Regenzeit beginnt nach dem Laubhüttenfest in der zweiten Hälfte des Oktobers und dauert bis Ende März. Es ist also ein Aufruf, jetzt im Frühjahr zu kommen. Salomo lädt sie ein, denn es ist die Zeit der Vereinigung. Nach 1. Mose 2,24 verlässt ein Mann Vater und Mutter, hängt an seiner Frau, und die zwei werden ein Fleisch sein.
Der nächste Schritt wird in Vers 12 beschrieben: „Die Blumen erscheinen im Land. Die Zeit des Gesangs ist gekommen, und die Stimme der Turteltaube lässt sich hören in unserem Land.“ Allgemein wird „die Blumen“ so übersetzt. Ist das bei euren Übersetzungen auch so? Oder jemand etwas anderes? Es steht nicht das normale Wort für Blume hier, also nicht „Perach“ oder „Brachim“, die im Hebräischen Blumen bedeuten. Hier steht „Nitzanim“.
Im Schlachter steht „Gote“ oder „Angus“ – super, das wusste ich nicht mehr, dass ich das so reingemacht habe. Heutige Übersetzungen entstehen meist im Team. Bei Teamsitzungen bringt jeder seine Vorschläge ein, und oft wird argumentiert, dass etwas zu spezialisiert oder zu detailliert sei. Deshalb kommt so eine genaue Übersetzung manchmal nicht rein. Aber in diesem Fall wurde sie vom Komitee genehmigt.
„Nitzanim“ bezeichnet ganz speziell den roten Hahnenfuß, wissenschaftlich Ranunculus asiaticus, der Anfang April blüht. Merken wir: Bis Ende März dauert die Regenzeit, der Winter ist vorbei, und nun beginnt Anfang April das Blühen der Nitzanim.
Im nächsten Satz heißt es: „Die Zeit des Gesangs ist gekommen.“ Auch das Wort für Gesang ist hier speziell. Es heißt „Samir“. „Samir“ ist nicht einfach Gesang, sondern ein Singvogel, nämlich der Gelbsteißbülbül, der Samir. „Samir“ bedeutet eigentlich Sänger, so wie „Zwi“ Herrlichkeit für Gazelle bedeutet.
Der Gelbsteißbülbül ist ein Vogel, den man in Israel vom Süden bis zum Norden antreffen kann. Er ist sehr ängstlich und zurückhaltend. Wenn man ihn auf einem Baum sieht und anschaut, fliegt er weg. Er mag es nicht, beobachtet zu werden. Seine Paarungszeit ist im April. Zuerst blüht der rote Hahnenfuß, dann beginnt die Paarungszeit des Samirs.
Der Gelbsteißbülbül hat einen gelben Steiß, der ihm den Namen gibt. Besonders markant sind seine Augen mit den Ringen darum herum. Wenn man das weiß, erkennt man ihn in Israel leicht. Seine sonst monotone Stimme bekommt in der Paarungszeit einen schönen, melodischen Klang.
Wir sagen auf Deutsch Gelbsteißbülbül, aber „Bülbül“ ist eigentlich arabisch und bedeutet Sänger. Somit entspricht „Bulbul“ im Arabischen dem hebräischen „Samir“. Hier sieht man noch einmal den gelben Steiß des Vogels besonders schön.
Salomo fährt fort: „Die Stimme der Turteltaube lässt sich hören in unserem Land.“ Auch dieser Satz beschreibt einen weiteren Schritt im Jahresablauf. Die Turteltaube heißt auf Hebräisch „Tur“. Das ist ein lautmalerisches Wort, das die Stimme der Turteltaube nachahmt: „Turtl“, sie ruft „Turtur“, ihren Namen.
Die Paarung der Turteltauben findet früh im Mai statt. Der Schöpfer hat das so in der Tierwelt eingerichtet, dass die Tiere eine ganz bestimmte Zeit im Jahr zur Paarung haben. Das wird durch Instinkt und Triebe gesteuert und endet nach der Paarungszeit.
Der Mensch hingegen hat die Fähigkeit zur Vereinigung in der Ehe das ganze Jahr über. Diese ist nicht auf bestimmte Monate oder Wochen beschränkt. Das hängt auch damit zusammen, dass der Schöpfer die Sexualität der Intelligenz des Menschen anvertraut hat.
Dazu noch ein Wort aus 1. Petrus 3. Grundsätzlich könnte man unter guten Umständen jedes Jahr ein Kind bekommen. In 1. Petrus 3,7 heißt es: „Ihr Männer, wohnt bei ihnen nach Erkenntnis als bei einem schwächeren Gefäß.“ Im Zusammenhang geht es um Ehefrauen, die in den Versen 1-6 vorher angesprochen werden.
Noch einmal: „Ihr Männer, ebenso.“ Wohnt bei ihnen nach Erkenntnis, also mit Bedacht. Die Körperkraft der Frau ist im Durchschnitt etwa 70 Prozent der Männerkraft. Natürlich kann sie durch Training mehr erreichen, aber es geht um den natürlichen Unterschied. Die Bibel nennt sie ein schwächeres Gefäß, daher muss man Rücksicht nehmen. Auch in der Sexualität ist Rücksicht wichtig.
Ob eine Frau jedes Jahr ein Kind gebären kann, ist nicht immer klar. Es gibt starke Frauen, aber auch andere, bei denen man mit Intelligenz überlegen muss. Gott hat einen Zyklus gegeben, und die Intelligenz, diesen Zyklus zu erkennen. So ist es nicht automatisch so, dass ein Kind nach dem anderen kommt. Wenn man die Intelligenz nutzt, ist es angemessen, Rücksicht zu nehmen.
Es geht nicht nur ums Kinderhaben, sondern in der Sexualität generell darum, aufeinander Rücksicht zu nehmen – auf Konstitution, Umstände, Müdigkeit, mangelnde Kraft und so weiter. Eben nach Erkenntnis.
Was unser Hohelied 2 zeigt, ist, dass Sexualität in der Ehe das ganze Jahr über ein Thema ist. So sind wir mit den Turteltauben im Mai angekommen. Danach geht es weiter.
In Vers 13 heißt es: „Der Feigenbaum rötet seine Feigen, und die Weinstöcke sind in der Blüte, sie geben Duft.“ Ende Mai beginnt der Feigenbaum, seine Früchte zu röten, und die Blüten des Weinstocks erscheinen. Auf dem Bild sieht man Weinstockblüten ab Ende Mai.
Salomo ruft weiter: „Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm, meine Taube im Geklüft der Felsen, im Versteck der Felswände. Lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.“
Hier steht nicht das Wort „Tur“ für Turteltaube, sondern „Jonah“, was Taube bedeutet. Man betont im Hebräischen die Endsilbe „-jona“. Es ist die Felsentaube. Felsentauben bauen von Mai bis Mitte Juni ihre Nester, um sich zu paaren.
In Vers 15 sagt Salomo: „Fangt uns die Füchse, beziehungsweise Sulamit, fangt uns die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben, denn unsere Weinberge sind in der Blüte.“
Die Füchse sind ein echtes Problem. So lieblich sie aussehen, sind sie gefährlich. Wir haben vor einiger Zeit sogar einen Wüstenfuchs auf dem Herodion gesehen, der noch größere Ohren hat. Das ist vom Schöpfer so gemacht, damit die Blutgefäße mehr Oberfläche haben. So kann der Wüstenfuchs besser die Körpertemperatur in der Wüste regulieren. Er braucht die Ohren zum Kühlen.
Das hier ist kein Wüstenfuchs, aber sie sehen ähnlich lieblich aus. Sie gehen in die Weinberge und fressen dort etwas ab. Sie kommen nicht hoch, weil die Weinstöcke zu hoch sind, aber sie sind schlau. Sie graben und kippen die Weinstöcke um, die dann kaputt sind. So können sie an die Trauben gelangen.
Deshalb müssen die Füchse gefangen werden, da sie die Weinberge verderben. Wenn die Weingärten gut bewacht werden – wir erinnern uns an Kapitel 1, wo Sulamit sagt: „Ich habe meinen eigenen Weinberg nicht gehütet“ –, dann reichen die Trauben und können in Israel im Juli, August und September geerntet werden.
Nach September kommt bald der Oktober und wieder die Regenzeit. So haben wir den ökologischen Jahresverlauf durchlaufen.
In Vers 16 fügt sie hinzu: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein, der unter den Lilien weidet.“ Es gibt diese Aussage dreimal fast gleich, aber mit interessanten Variationen.
Lies du, Jerry, Vers 16: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein, der unter den Lilien weidet.“ Das reicht schon als Aussage.
Dann Vers 3: „Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein, der unter den Lilien weidet.“
Und noch Vers 11: „Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.“
So sehen wir, wie die Liebe in der Ehe durch das Hohelied hindurch zunimmt. Es muss wachsen, nicht abnehmen. Die Liebe ist keine Schweizer Seilbahn, die oben beginnt und unten endet, sondern eine, die unten beginnt – mit der Hochzeit – und ganz oben auf dem Berg enden soll.
Sie sagt: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein.“
Entwicklung der Liebe in der Ehe als geistliches Bild
Zwischendurch eine Frage: Ja, genau, es gibt einen Prozess. Sie schaut also immer mehr von sich weg und sieht ihn.
Was ist eine Hochzeit? Das ist ein Fest, bei dem zwei Egoisten sich heiraten, oder? Ehe ist ein E vorne und ein E hinten – Egoist und Egoist. In der Mitte sollte ein H stehen, sonst ist es nur ein Ä. Aber eine Ehe mit einem H, das ist der Herr. Dieses H soll sich aber auch immer mehr verändern.
Sie sagt in 2, Vers 16: „Mein Geliebter ist mein.“ Sie denkt zuerst nur an sich, daran, dass sie ihn hat. Natürlich ist es auch etwas, woran er Freude hat: „Ich bin sein.“ Aber in 6, Vers 3 kehrt sie das um. Sie denkt zuerst an ihn und sagt: „Ich bin meines Geliebten.“ Und dann denkt sie wieder: „Wie wunderbar ist das für mich, und mein Geliebter ist mein.“
In 7, Vers 11 geht es noch weiter weg von ihr. Sie sagt: „Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.“ Sie versetzt sich in ihn, in seine Gefühle und Empfindungen. Das ist eine wunderbare Seilbahn nach oben im Hohen Lied.
Dann wird hier gesagt, der unter den Lilien weidet. Die Lilie hat eine besondere Bedeutung. In Kapitel 2, Vers 1 haben wir das letztes Mal gesehen. Da sagt sie: „Ich bin eine Narzisse Sarons, eine Narzisse von Sharon, eine weiße Blume.“ Sie nennt sich auch „eine Lilie der Täler“, eine Chochana der Täler.
Er, der jungverheiratete, sagt: „Wie eine Lilie.“ Er nimmt sie auf inmitten der Dornen: „So ist meine Freundin inmitten der Töchter.“ Er sieht sie und nur sie. Es ist eben eine weiße Blume.
Wenn er sich unter den weißen Lilien weidet, bedeutet das, wie sehr er sich an der Reinheit seiner Geliebten freut.
Abschluss des Jahreszyklus und Rückkehr zum Thema des Kommens
Nachher haben wir einen Vers, der den Zyklus von Vers acht bis hierher wieder abschließt. In Vers siebzehn heißt es: „Bis der Tag sich kühlt und die Schatten fliehen. Wende dich, sei mein Geliebter, gleich einer Gazelle oder einem Jungen der Hirsche auf den zerklüfteten Bergen.“
Wir merken, der Kreis ist geschlossen. Jetzt kommt sie wieder zum Thema: Er kommt, und zwar über die Berge. Hier erwähnt sie die zerklüfteten Berge, und dazu können wir Jesaja 63 lesen. Auch hier finden wir eine Beschreibung der Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit – einerseits als Richter der Welt, schrecklich, andererseits als Befreier des Überrestes, als Befreier von Shulamit.
Jesaja 63,1 sagt: „Wer ist dieser, der von Edom kommt, von Bozra, in hochrotem Gewand? Dieser Prächtige in seinem Gewand, der einherzieht in der Größe seiner Kraft?“ Er antwortet: „Ich bin es, der in Gerechtigkeit redet, der mächtig ist zu retten. Warum ist Rot an deinem Gewand, und sind deine Kleider wie die eines Keltertreters?“
Er sagt: „Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war niemand bei mir. Ich zertrat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meinem Grimm, und ihr Saft spritzte meine Kleider, und ich besudelte mein ganzes Gewand. Denn der Tag der Rache war in meinem Herzen, und das Jahr meiner Erlösung war gekommen. Ich blickte umher, und da war kein Helfer, ich staunte, und da war kein Unterstützer. Da hat mein Arm mir geholfen und mein Grimm. Er hat mich unterstützt, und ich trat die Völker nieder in meinem Zorn und machte sie trunken in meinem Grimm, und ich ließ ihren Saft zur Erde rinnen. Ich will die Gütigkeiten des Herrn gedenken.“
Hier sieht man die Berge von Edom, die rötlich sind. Edom bedeutet auch „Rot“. Darum ist es hier ein Wortspiel, ein poetisches Bild: „Wer ist dieser, der von Rotland kommt, von Edom, von Bozra in hochroten Kleidern?“ Die Frage lautet dann: „Warum ist Rot an deinem Gewand?“
Es wird eine ganz besondere Endzeitschlacht in Edom geben. Das Buch Obadja beschäftigt sich mit diesem Thema. Es konzentriert sich darauf, dass Bundesgenossen von Edom – das ist heute Südjordanien – sich gegen ihren Bundesgenossen Jordanien wenden werden, um Jordanien zu vernichten. Doch plötzlich wird der Herr vom Himmel her überraschend am Ende der Drangsal erscheinen. Er wird diese Feinde Edoms vernichten und niederwerfen.
Dann kommt er über die Berge und zertritt die Völker. Hier haben wir wieder die Worte: „Siehe da, er kommt! Springend über die Berge, hüpfend über die Hügel.“ Wir können also das Bergland von Edom sehen. Die Ortschaft Bozra wird erwähnt, die ebenfalls im Bergland liegt.
Wir schlagen auf Habakuk 3, wo die Wiederkunft des Herrn Jesus in Form eines Psalms beschrieben wird. Der Psalm Habakuk 3 beschreibt das Kommen des Herrn Jesus, Kapitel 3, Vers 3: „Gott kommt von Teman her und der Heilige vom Berg Paran, seine Pracht bedeckt den Himmel, und die Erde ist voll von seinem Ruhm.“
Eine kleine Bemerkung: Teman ist eine weitere Ortschaft in Südjordanien. Neben Bozra wird hier also auch Teman erwähnt. Der Überrest im Land sieht den Herrn Jesus auf den Wolken des Himmels kommen und weiß, dass er von Teman herkommt – ja, der Heilige vom Gebirge Paran.
Wenn man vom Toten Meer entlang der jordanischen Grenze Richtung Elad fährt, kommt man in die Negev-Wüste, in die Wüste Paran. Links davon liegt das Gebirge Edom. Hier werden nun die Berge von Paran erwähnt, genau dieses Kommen von Südjordanien, Negev-Wüste, Paran. Auch hier bedeckt seine Pracht den Himmel.
Wenn wir wieder an die Gazelle denken, lesen wir in Vers zwölf: „Im Grimm durchschreitest du die Erde, in Zorn stampfst du die Nationen.“ Er kommt über die Berge und zertritt die Völker als Richter der Welt. Das wird uns hier nochmals vor Augen geführt, wenn er über die zerklüfteten Berge kommt, nach Hoelit 2, Vers 17.
Ausblick auf die nächste Szene und die Erfüllung der Sehnsucht
Wir werden dann beim nächsten Mal ab Kapitel 3, Vers 1 weitermachen. Wir sind immer noch in derselben Strophe, aber es beginnt gewissermaßen eine neue Szene. Diese wird besonders erklären, warum wir dieses Kapitel mit „Die Sehnsucht der Liebe“ überschrieben haben.
Schon in diesem Abschnitt, in dieser Szene, kommt er über die Berge und holt die Braut ab. Das ist die Erfüllung der Sehnsucht. Jetzt ist die Zeit des Winters und des Regens vorbei. Deshalb kehren wir noch einmal zurück zu Vers 11: „Siehe, der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber.“
Die große Drangsalzeit, also diese schreckliche Gerichtszeit der Welt vor dem Kommen des Herrn Jesus, wird in der Bibel an verschiedenen Stellen beschrieben. Einerseits wird sie mit fürchterlicher, stechender Sommerhitze verglichen, andererseits mit der Regenzeit und schrecklichen Wolkenbrüchen. An anderen Stellen wird sie auch mit einer Nacht verglichen.
Wenn der Herr kommt, am Tag des Herrn, dann geht das Licht auf. Hier haben wir also den Gedanken: Der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber, er ist vergangen.
Dazu lesen wir noch einmal aus Jesaja 30,30: „Und der Herr wird hören lassen die Majestät seiner Stimme und sehen lassen das Herabfahren seines Arms mit Zornes Schnauben und einer Flamme verzehrendes Feuer, Wolkenbruch und Regenguss und Hagelsteine.“
Man sieht, das Kommen wird verglichen mit einem Gericht, das als Wolkenbruch, Regenguss und Hagelsteine dargestellt wird. Aber wenn er kommt, wird das Gericht zu Ende sein, und es beginnt die Zeit des Friedens.
Lesen wir dazu noch aus Jesaja 29. Dort geht es um Ariel, einen anderen Namen für Jerusalem. Ariel gerät in schreckliche Bedrängnis und Drangsal. Vers 6: „Von dem Herrn der Heerscharen wird sie heimgesucht werden mit Donner und mit Erdbeben und großem Getöse, Sturmwind und Gewitter und eine Flamme verzehrendes Feuer.“
Man sieht hier wieder Sturmwind, Donner und Gewitter. Doch dann kann der Herr die Braut, den Überrest, aus der Stadt herausrufen. Sie fliehen in das Tal, das neue Tal des Ölbergs, und finden dort Ruhe.
Wir können auch zurückgehen zu Jesaja 30,30 und eine Verbindung zum Hohenlied herstellen. Dort haben wir gelesen: „Und der Herr wird hören lassen die Majestät seiner Stimme, dann Wolkenbruch und Regenguss und Hagelsteine.“
Seine Stimme hören lassen – Kol Dodi, die Stimme meines Geliebten. Siehe, er kommt. Das wird diese majestätische Stimme des Herrn sein, und sie wird noch weiter beschrieben.
Die Stimme des Herrn als Zeichen seiner Macht und Rettung
In Joel 3, wenn wir das Buch Joel aufschlagen, finden wir auch dort die Wiederkunft Christi beschrieben – in Macht und Herrlichkeit. Was lesen wir in den Versen 14 bis 16? In Kapitel 4, ebenfalls die Verse 14 bis 16, steht in der Bibelausgabe genau dasselbe:
„Getümmel, Getümmel im Tal der Entscheidung, denn nah ist der Tag des Herrn im Tal der Entscheidung. Die Sonne und der Mond verfinstern sich, und die Sterne verhalten ihren Glanz. Und der Herr brüllt aus Zion und lässt aus Jerusalem seine Stimme erschallen, und Himmel und Erde erbeben. Und der Herr ist eine Zuflucht für sein Volk und eine Festung für die Kinder Israel.“
Man sieht hier deutlich, dass er aus Zion brüllt und aus Jerusalem seine Stimme erschallen lässt. Er wird kommen auf dem Ölberg, nachdem er über die Berge von Edom und Paran nach Israel gekommen ist. Dann wird er auf dem Ölberg stehen.
Er geht anschließend hinüber auf den Tempelberg, hüpft über die Berge und gelangt so auf den Berg Zion. Ich werde gleich noch zeigen, dass er wirklich von oben herab auf den Berg Zion kommt. Er geht nicht durch das Kidron-Tal, wie damals bei seinem Einzug am Passahfest, sondern vom Ölberg rüber auf den Berg Zion. Dort lässt er seine Stimme erschallen, und Himmel und Erde erbeben.
Die Erde als Planet und der Kosmos werden durch seine Stimme erschüttert. Das hebräische Wort für „brüllen“ ist dasselbe, das für den Löwen verwendet wird, der brüllt.
Wir haben in der Vorlage gelesen, worum der Haselstein steigt. Jetzt liegt ein Netz – ich weiß nicht, ob das auch eine große Kriegswaffe ist –, denn die Haselsteine sind zwänglich schwer. Das kennen wir aus der Offenbarung. Das ist nur eine Szene, in der das so geschieht, bei den Schalen. Aber es kommen noch weitere Stellen hinzu, an denen von Sternen die Rede ist, die herunterfallen. Dabei handelt es sich um Meteore.
Die Erde wird von Meteoren getroffen werden. Das ist das Horrorszenario, das die NASA und andere wissenschaftliche Organisationen fürchten: dass große Meteore aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ihre Bahn verlieren und von der Erde angezogen werden. Diese Einschläge sind vergleichbar mit Atombomben, die die Erde treffen. Und das wird so kommen.
Wenn die Erde ziemlich nahe an solche Meteore gerät, sieht man diese Sternschnuppen. Ob das in der näheren Umlaufbahn der beiden Planeten ist, also der Planeten mit dem Gürtel rundherum, oder ob sie noch separat eingezogen sind, ist unklar.
Korrekt, es ist August, der Monat, in dem man die meisten Sternschnuppen sieht. Diese sind normalerweise kleine Steine, die die Erde treffen und in der Atmosphäre verglühen, ohne Schaden anzurichten. Aber wenn riesige Blöcke mit einem Durchmesser von 20 Metern, 100 Metern oder sogar bis zu einem Kilometer auf die Erde treffen, dann haben wir eine komplette Katastrophe.
Was ich noch teilen möchte: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Amos 1, Vers 3, beschreibt ebenfalls die Stimme des Herrn.
So spricht der Herr wegen drei und wegen vier Übertretungen (Amos 1,2): „Der Herr wird brüllen aus Zion und seine Stimme erschallen lassen von Jerusalem her. Da werden die Auen der Hirten trauern, und der Gipfel des Karmel wird verdorren.“
Man sieht die Gewalt dieser majestätischen Stimme des Herrn. Er wird dann auf Jerusalem herabkommen. Das können wir in Jesaja 31,4 nachlesen. Dort wird sein Kommen ebenfalls beschrieben – wie ein Löwe.
Es ist der Löwe aus dem Stamm Juda, wie in Offenbarung 5 erwähnt. Dort heißt es: „Denn so hat der Herr zu mir gesprochen: Wie der Löwe und der junge Löwe, gegen den die Menge der Hirten zusammengerufen wird, über seinen Raub knurrt, vor ihrer Stimme nicht erschrickt und sich vor ihren Lärmen nicht ergibt, so wird der Herr der Heerscharen herabsteigen, um auf dem Berg Zion und auf seinen Hügeln Krieg zu führen. Wie schwirrende Vögel so wird der Herr der Heerscharen Jerusalem beschirmen.“
Beschirmen, erretten, verschonen und befreien – so sieht man, wie er kommt. Wie ein schützender Vogel kommt er über den Berg Zion herab, nimmt den Berg in Besitz, schützt sein Volk und befreit es.
Das ist die tiefe Bedeutung von Kol Dodi, „Stimme meines Geliebten“: „Siehe da, er kommt! Springend über die Berge, hüpfend über die Hügel.“
Der Vers, den ich gerade zitiert habe, stammt aus Jesaja 31,4-5.
Schutz und Rettung des Überrests in der Drangsal
Und dann haben wir auch noch gelesen, dass der Bräutigam sagt: „Meine Taube im Geklüft der Felsen, im Versteck der Felswände, lass mich deine Gestalt sehen“ (Vers 14). Das ist ganz wichtig.
Wir haben einerseits einen Überrest, der in der Drangsal in Jerusalem bleiben wird. Andererseits sagt der Herr Jesus in Matthäus 24, dass alle, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen müssen, sobald der Antichrist das Götzenbild auf dem Tempelplatz aufgestellt hat. Dann kommt die große Drangsal, sagt der Herr. Sie wird so schrecklich sein, wie es sie seit Anfang der Welt nie gegeben hat.
Der Überrest wird auf die Berge gehen, die heute hauptsächlich im Westjordanland liegen. Später wird er gemäß Jesaja 16 über den Jordan nach Moab ziehen, also nach Jordanien, nicht nach Edom. Dort wird eine schreckliche Völkerschlacht stattfinden, und man wird nicht sicher sein.
Doch in Moab, das sind die Berge direkt auf der anderen Seite des Toten Meeres, werden sie sich in Sicherheit bringen. Gott wird sie dort dreieinhalb Jahre lang in der Wüste von Moab, in den Bergen, bewahren. Am Ende der Drangsal werden sie zurückkehren ins Land.
Dann ruft er sie heraus: „Meine Taube im Geklüft der Felsen, im Versteck der Felswände, lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören.“ Das ist das Gewaltige daran. Für uns ist es jetzt etwas Wunderbares, seine Stimme zu hören. Aber er sagt: „Ich möchte deine Stimme hören.“
Wenn man das auch auf den Gottesdienst anwendet, möchte der Herr unsere Stimme hören und freut sich über unsere Stimme.
Praktische Hinweise zur Ehe und Sexualität
Und dann liegt mir noch ein Gedanke am Herzen, den ich ganz praktisch ansprechen möchte. Es ist sehr schwierig, an einem Abend alles unter einem Hauptthema, unter einer Kuppel zusammenzufassen: das Prophetische, das rein wörtliche, das poetische und auch die Anwendung auf die Ehe. Aber es ist doch möglich.
Ich möchte noch eine Stelle aus 1. Korinther 7 lesen, gerade weil es in diesen Versen um den Jahresablauf geht. Nicht nur eine bestimmte Zeit ist die Zeit der Liebe in der Ehe im Jahr, sondern im gesamten Ablauf. Wie oft und wie – das sind praktische Fragen des Ehelebens. Apostel Paulus geht auf diese Fragen in Kapitel 7 des 1. Korintherbriefes ein.
Lies du ab Vers 1, Jerry:
„Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt, so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren. Aber um der Hurerei willen habe ein jeder seine eigene Frau, und eine jede habe ihren eigenen Mann. Der Mann leistet der Frau die eheliche Pflicht, ebenso aber auch die Frau dem Mann. Die Frau hat nicht Macht über ihren eigenen Leib, sondern der Mann; ebenso aber hat auch der Mann nicht Macht über seinen eigenen Leib, sondern die Frau. Entzieht euch einander nicht, es sei denn, etwa nach Übereinkunft eine Zeit lang, um zu beten, Musse zu haben. Und kommt wieder zusammen, damit der Satan euch nicht versuche wegen eurer Unenthaltsamkeit. Dies aber sage ich aus Nachsicht, nicht befehlsweise. Ich wünschte aber, alle Menschen wären wie auch ich selbst, aber jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so.“
Der Apostel Paulus erklärt hier, dass die Ehe ein Schutz gegen Unzucht ist. Die Sexualität in der Ehe schützt vor missbrauchter Sexualität. Deshalb sagt er: „Aber um der Hurerei willen habe ein jeder seine eigene Frau, und eine jede habe ihren eigenen Mann.“
Hier wird auch die Eigenehe ganz klar gelehrt. Jeder Mann hat seine eigene Frau, nicht mehrere Frauen, sondern seine eigene Frau, und jede Frau hat ihren eigenen Mann.
Dann wird erklärt, dass es eine eheliche Pflicht gibt, was die Sexualität in der Ehe betrifft. Etwas ganz Erstaunliches: Die Bibel lehrt ja, dass der Mann das Haupt in der Ehe ist (Epheser 5,22-33 macht das klar). Aber in der Sexualität gibt es Gleichberechtigung.
Darum wird hier gesagt: Die Frau hat nicht Macht über ihren eigenen Körper, und der Mann hat nicht Macht über seinen eigenen Körper, sondern die Frau. Das bedeutet, dass es ganz wichtig ist, diese Dinge miteinander zu besprechen und sich nicht gegenseitig zu übergehen. Es muss besprochen werden.
Außerdem wird betont, dass man besonders Zeit fürs Beten nehmen soll. Dabei kann ein Konflikt entstehen zwischen dem Geistlichen und dem rein Natürlichen in der Ehe. Auch das muss miteinander besprochen werden, und zwar in Übereinkunft. Das ist ganz wichtig und darf nicht einfach übergangen werden.
Das ist besonders wichtig für Männer zu wissen: Sie sind nicht das alleinige Haupt, wenn es um Sexualität geht. Die Frau hat hier ebenso Rechte. Das hat einen besonderen Grund, um Schutz zu geben.
Nach Übereinkunft kann man sich für eine gewisse Zeit enthalten, aber das soll kein dauerhafter Zustand sein. Es gibt Ehen, in denen Enthaltsamkeit zum Dauerzustand wird, und das ist sogar eine Gefahr.
Darum sagt der Apostel Paulus: „Aber um der Hurerei willen habe ein jeder seine eigene Frau.“
Wenn die Beziehung zwischen Mann und Frau lieblich und achtungsvoll ist, funktioniert meistens auch das Sexuelle. Nicht immer – es gibt auch andere Gründe. Aber oft ist es so. Und wenn das gut funktioniert, funktioniert auch das schöne Miteinander den ganzen Tag. Das ist wie ein Kreislauf: Das eine bedingt das andere, und das andere bedingt wieder das eine.
Das wird uns hier in diesen Versen vorgestellt. Der Apostel Paulus spricht von der ehelichen Pflicht. Das klingt vielleicht wie eine Bürde, aber es ist wegen der kleinen „Füchse“. Es sind oft nicht die großen Dinge, sondern kleine Dinge, die alles kaputtmachen. Diese kleinen Störungen schädigen die Gemeinschaft.
Darum der Aufruf: Fangt die kleinen Füchse! All diese kleinen Dinge, die das Schöne miteinander den ganzen Tag stören, müssen angegangen werden.
So ist es auch, wie das Hohelied 2 beschreibt: Dieser Gang durch die Monate zeigt Harmonie, Freude, Sehnsucht und eine Liebe, die über die Zeit wächst. „Mein Geliebter ist mein, bis sie sagt: Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.“ Sie steht nicht mehr im Vordergrund, und das ist dann erreicht.
In der geistlichen Übertragung im Gottesdienst ist das ähnlich: Wenn wir nicht ständig nur Lieder singen und Gebete sprechen, die von uns handeln, ist das zwar richtig, aber wenn wir da bleiben, ist die Liebe noch im Anfangsstadium. Erst wenn wir sehen, was er getan hat, was er uns bedeutet und was seine Herrlichkeit ist, wächst die Liebe.
So können wir aus dem Hohen Lied in jeder Hinsicht geistlich und natürlich viel lernen.
Ja, wir wollen hier schließen.