Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag heute Morgen begrüßen. Das Thema lautet: Fehler und Widersprüche in der Bibel – gibt es sie wirklich?
Im ersten Teil wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, was die Bibel zur Inspiration und Unfehlbarkeit der Schrift sagt.
Eine ganz wichtige Stelle zur Inspiration finden wir in 2. Timotheus 3,16, wo der Apostel Paulus schreibt: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Der Ausdruck „die Schrift“ war im Judentum ein feststehender Begriff. Er bezeichnete die Bücher des Alten Testaments, den Tanach, wie man ihn im Hebräischen nennt.
In 2. Timotheus 3,14-15 geht es tatsächlich darum, dass Timotheus von Kind auf die Heiligen Schriften gelehrt wurde. Da Timotheus Jude war, bezieht sich das speziell auf das Alte Testament.
In Vers 16 sagt Paulus zusätzlich, dass Timotheus auch von verschiedenen anderen gelernt hat, nämlich von neutestamentlichen Propheten, von Paulus selbst und anderen. Hiermit sind die zusätzlichen Offenbarungen des Neuen Testaments gemeint.
Das erklärt den Ausdruck „alle Schrift“ in Vers 16: Es fasst zusammen, was Timotheus von Kind auf kannte – das Alte Testament – und was er im Erwachsenenalter an neutestamentlichen Offenbarungen dazugelernt hat. All das zusammen ist „alle Schrift“ und ist von Gott eingegeben.
Die Bedeutung der Inspiration der Bibel
Der Begriff „von Gott eingegeben“ übersetzt das griechische Wort Theopneustos. Wörtlich bedeutet es „von Gott gehaucht“.
Es ist klar: Wenn ich spreche, ist das nur möglich durch den Hauch, der von der Lunge her durch den Atemkanal in den Mund strömt. Zuerst passiert er die Stimmbänder, dann strömt er durch den Mund zwischen Zunge, Zähnen und Lippen hindurch. Nur so ist Kommunikation hörbar möglich.
Wenn hier also steht, die Schrift sei von Gott gehaucht, bedeutet das, dass die Bibel Gottes direkte Rede an uns Menschen ist. Dabei ist wichtig zu beachten, dass es hier nicht heißt, die Bibelschreiber seien von Gott inspiriert gewesen. Das wäre ebenfalls korrekt und wird an anderer Stelle gesagt, zum Beispiel in 2. Petrus 1,21.
Die Aussage in 2. Timotheus 3 geht jedoch darüber hinaus. Wenn wir nur sagen würden, die Bibelschreiber seien inspiriert gewesen, könnte man immer noch Zweifel anmelden: Ja gut, aber wir wissen nicht, welche eigenen Ideen, Überzeugungen und Weltbilder sie zusätzlich bei der Abfassung der Bibel hineingemischt haben.
2. Timotheus 3,16 sagt jedoch, dass das Endprodukt, das Geschriebene, Gottes direkte Rede ist. Ganz wichtig ist also: Die Bibel in ihrem Endprodukt, so wie sie abgefasst wurde – auf Hebräisch, Aramäisch und im Neuen Testament Griechisch – ist Gottes direkte Rede in schriftlich fixierter Form.
Sie ist vollkommen und irrtumsfrei, auch wenn sie über die Natur und die Geschichte spricht.
Die Zuverlässigkeit und Vollkommenheit der Heiligen Schrift
In Psalm 19, Vers 7 sagt König David: Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt die Seele. Das Zeugnis des Herrn ist zuverlässig und macht weise den Einfältigen. Die Vorschriften des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz. Diese Adjektive sind sehr wichtig: vollkommen, zuverlässig, richtig.
Manche Leute stören sich daran, wenn man englische Ausdrücke wie „Inerrancy“ für die Zuverlässigkeit der Bibel verwendet. Dabei geht es nicht um bestimmte englische Begriffe, sondern um den Inhalt der Ausdrücke. „Vollkommen“, „zuverlässig“ und „richtig“ sind Aussagen der Heiligen Schrift selbst.
Eine weitere wichtige Stelle ist Psalm 12, Vers 7: Die Worte des Herrn sind reine Worte, Silber, das am Eingang zur Erde geläutert ist, siebenmal gereinigt. Hier wird der Reinheitsgrad der Heiligen Schrift anhand der Läuterung des Silbers illustriert.
Das Silber wird am Bergwerk, am Eingang zur Erde, geläutert – und zwar nicht nur einmal, sondern siebenmal. Die Zahl sieben ist in der Bibel die Zahl der Vollkommenheit. Das soll zeigen, dass die Heilige Schrift vollkommen ist, Gottes Wort, ohne irgendwelche menschlichen Schlacken.
Das ist die Selbstaussage der Bibel. Natürlich könnte jeder Gegner behaupten: Gut, Papier, Papyrus oder Pergament nehmen alles an. Aber können wir das auch begründet und nachvollziehbar darlegen? Ja, dafür gibt es verschiedene Argumente. Ein ganz besonders wichtiges ist nun unser Thema.
Erfüllte Prophetie als Beweis für die göttliche Herkunft der Bibel
Zweitens erfüllte die Prophetie Gottes Siegel auf die Bibel. Wir Menschen sind unfähig, in die Zukunft zu schauen, besonders über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg, weil wir an Raum und Zeit gebunden sind. Ebenso ist es für uns schwierig, in die Vergangenheit zurückzublicken. Deshalb sind vollkommen zuverlässige Aussagen über die Vergangenheit ebenfalls problematisch. Allerdings ist die Vergangenheit etwas leichter zugänglich, weil wir dort Spuren und Quellen aus früheren Zeiten haben. Diese Möglichkeit fehlt uns im Zusammenhang mit der Zukunft.
Wenn man jedoch nachweisen kann, dass die Bibel die Zukunft über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg perfekt voraussagen kann – was von keinem anderen Buch der Welt behauptet werden kann, weder von wissenschaftlichen Büchern noch von Schriften anderer Religionen wie Buddhismus, Hinduismus oder Islam –, wäre das ein eindrücklicher Beweis dafür, dass hinter der Bibel jemand steht, der über Raum und Zeit erhaben ist: eben der ewige Gott.
Die Bibel ist voll von Prophetie und erfüllter Prophetie. Besonders wichtig ist die messianische Prophetie. Jesus Christus wurde im Alten Testament vorausgesagt. Durch sein Kommen vor etwa zweitausend Jahren wurden über dreihundert Prophezeiungen aus dem Alten Testament bezüglich des Messias, des verheißenden Erlösers, erfüllt.
Wir können auch nachweisen, dass die Schriften des Alten Testaments wirklich Jahrhunderte vor der Geburt Christi verfasst wurden. Die frühesten Schriften des Alten Testaments reichen sogar bis etwa 1600 vor Christus zurück. Somit ist klar bewiesen, dass das Alte Testament vor dem Kommen Christi geschrieben wurde. Durch das Kommen von Jesus Christus wurden über 300 Prophezeiungen über den Messias erfüllt.
Diese Prophezeiungen sind sehr konkret. Zum Beispiel sollte der Messias ein Nachkomme von König David sein. Das konnte man vor 2000 Jahren anhand der damals üblichen Geschlechtsregister nachweisen, die in Jerusalem zentral aufbewahrt wurden. Der offizielle Nachweis war somit kein Problem. Jesus von Nazareth war tatsächlich ein Nachkomme von König David.
Zweitens sollte der Messias in Bethlehem geboren werden und als Fürst im Jahr 32 nach Christus auftreten. Natürlich steht im Alten Testament nicht der Ausdruck „32 nach Christus“, aber in Daniel 9 wird angegeben, wie viele Jahrwochen nach dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems nach der babylonischen Gefangenschaft der Messias kommen sollte. Wenn man diese Jahrwochen berechnet, kommt man exakt auf das Jahr 32 nach Christus. Genau damals, an Palmsonntag, ritt Jesus Christus als Fürst vom Volk gefeiert, als König und Messias, nach Jerusalem ein.
Ferner wurde vorausgesagt, dass er von der Masse seines eigenen Volkes abgelehnt und schließlich gekreuzigt werden würde. Als Folge der Kreuzigung des Messias würden Jerusalem und der Tempel zerstört werden. All dies hat sich erfüllt.
Die Masse des Volkes schrie vor Pilatus, Jesus solle gekreuzigt werden. Jesus Christus wurde auf dem Golgatha-Felsen vor den Toren Jerusalems hingerichtet. Im Jahr 70 nach Christus legten die Römer Jerusalem in Staub und Asche und verwüsteten den zweiten Tempel vollständig.
Das Alte Testament sagte außerdem voraus, dass das jüdische Volk in der Folge unter alle Nationen der Welt zerstreut und ständig verfolgt werden würde. Auch dies hat sich erfüllt.
In einem Prozess von Jahrhunderten wurde das jüdische Volk aus dem Land der Väter herausgerissen und über alle fünf Kontinente zerstreut. Durch die Jahrhunderte hindurch erlitt es ständige Verfolgung, sodass wir eine Blutspur von dreizehn Millionen Toten verfolgen können – von 70 nach Christus bis in unsere Zeit.
Prophetie über Weltgeschichte und ihre Erfüllung
Ein weiteres Thema ist die Prophetie über die Weltgeschichte in der Bibel. Solche Prophezeiungen sind über das gesamte Alte Testament verteilt, ähnlich wie die messianischen Prophezeiungen.
Ich habe das Buch Daniel systematisch untersucht, das im sechsten Jahrhundert vor Christus verfasst wurde. Dabei habe ich alle erfüllten Prophezeiungen gezählt und bin auf über zweihundert erfüllte Prophezeiungen allein im Buch Daniel mit seinen zwölf Kapiteln gekommen. Diese Prophezeiungen betreffen Babylon, Persien, Griechenland, Rom, Syrien, Ägypten und Israel.
Über dieses Thema habe ich ein Buch geschrieben mit dem Titel Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel. Darin habe ich auch den Nachweis erbracht, dass das Buch Daniel tatsächlich im sechsten Jahrhundert vor Christus geschrieben wurde. Außerdem zeige ich auf, wie sich die Prophetien erfüllt haben, und liefere jeweils Belege aus der Geschichtsliteratur, wo diese Nachweise zu finden sind.
Über die messianischen Prophetien habe ich bereits früher ein Buch veröffentlicht. Auch dort habe ich den Nachweis der Erfüllung in Jesus Christus erbracht. Das Buch trägt den Titel Der verheißene Erlöser.
Die historische Authentizität des Buches Daniel
Übrigens, zum Beweis, dass das Buch Daniel wirklich im sechsten Jahrhundert vor Christus geschrieben wurde, noch ein paar wichtige Hinweise. Kritiker behaupten ja, die Prophetie in Daniel sei viel zu genau, daher könne es gar keine echte Prophetie sein.
Doch hier zeigt sich, wie diese Kritiker über ihre eigene Ideologie stolpern. Sie halten es nicht für möglich, dass es einen Gott gibt, der über der Zeit steht und den Menschen die Zukunft in seinem Wort mitteilen kann. Deshalb sagen sie: Das kann nicht echt sein, denn es ist zu genau.
Man wollte das Buch Daniel deshalb auf das zweite Jahrhundert vor Christus datieren. Damit wären viele der Prophezeiungen, die erfüllt sind, quasi schon in der Zeit davor anzusetzen.
Das Problem ist jedoch die Sprache: Heute wissen wir sehr genau, wie man Hebräisch im sechsten Jahrhundert vor Christus gesprochen hat. Ebenso kennen wir das Hebräisch des zweiten Jahrhunderts vor Christus, des ersten Jahrhunderts nach Christus und so weiter, bis ins Mittelalter. Wir kennen die Geschichte der Sprache sehr genau, wie sich die Grammatik des Hebräischen verändert hat und auch die Rechtschreibung.
Das Buch Daniel enthält jedoch Hebräisch, das typisch dem Hebräisch des sechsten Jahrhunderts vor Christus entspricht – in Grammatik, Wortschatz und Satzbau. Das gehört zur Grammatik.
Außerdem sind gewisse Teile im Buch Daniel auf Aramäisch verfasst, nämlich Kapitel zwei bis sieben. Auch hier wissen wir heute, wie man Aramäisch im sechsten Jahrhundert vor Christus gesprochen hat, wie es im zweiten Jahrhundert vor Christus, im ersten nach Christus und so weiter geklungen hat.
Auch hier muss man sagen: Das Aramäisch im Buch Daniel ist das Aramäisch aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus.
Ja, das ist sehr ungünstig für die Kritiker. Aber über solche Fakten kann man sich nicht einfach hinwegsetzen.
Prophetie über die Endzeit und die Rückkehr des jüdischen Volkes
Ein weiteres Beispiel ist die Prophetie über die Endzeit. Nach der Bibel bezeichnet die Endzeit nicht die Zeit des Weltuntergangs, sondern die Zeit, in der das jüdische Volk aus der weltweiten Zerstreuung heimkehren wird. Diese Zerstreuung war eine Folge der Verwerfung des Messias.
In dieser Epoche wird der Messias ein zweites Mal kommen. Diesmal nicht mehr, um als Opfer für unsere Sünden zu sterben, wie beim ersten Mal, sondern um als König der Welt Ordnung auf Erden zu schaffen.
Ich habe dieses Thema systematisch untersucht. Dabei komme ich auf über 160 erfüllte Prophezeiungen über die Endzeit, die sich in der Zeit von 1882 bis heute, also bis 2010, erfüllt haben.
Darüber schreibe ich gerade ein Buch, das bald fertiggestellt sein wird. Das Jahr 1882 markiert in der Geschichte den Beginn der ersten massiven Rückwanderungswelle von Juden in das Land ihrer Väter. Aus diesem Grund ist dieses Datum so wichtig. In der Zeit seit 1882 sind über 160 Prophezeiungen eingetroffen.
Die Prophezeiungen sind sehr konkret. Das macht deutlich, dass die Bibel einzigartig ist, denn es gibt keine vergleichbaren Ereignisse irgendwo sonst in der Weltgeschichte.
Ich möchte dies nun an einigen Beispielen ganz konkret belegen.
Konkrete Beispiele der Erfüllung biblischer Prophetie
In 5. Mose 28,63-64, geschrieben im Jahr 1566 v. Chr., spricht Mose über die Folgen, wenn der Messias verworfen wird. Er thematisiert den Verlust des Landes und die weltweite Zerstreuung. Dabei wird deutlich, wie konkret diese Aussagen formuliert sind: „Und ihr werdet herausgerissen werden aus dem Land, wohin du kommst, um es in Besitz zu nehmen, und der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde.“
Was ist mit dem „Ende der Erde“ gemeint? Das sind die extremsten Regionen des Festlandes, ausgehend vom Land Israel. Israel liegt am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika. Die Enden der Erde wären demnach Nordamerika, Kanada, Alaska und Australien bis hin nach Tasmanien, Feuerland im Süden Amerikas, sowie China, Schweden und Südafrika.
Tatsächlich wurden Juden ab dem Jahr 70 nach Christus als Volk weltweit zerstreut. Die Rückkehr wurde jedoch ebenfalls konkret vorausgesagt, ohne dass man dies hineininterpretieren müsste. Ein Beispiel findet sich in Hesekiel 36,24, geschrieben im sechsten Jahrhundert vor Christus, also Jahrhunderte vor der weltweiten Zerstreuung der Juden. Dort sagt Gott zu seinem Volk: „Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern und euch in euer Land bringen.“
In diesem Text ist keine Interpretation nötig, die Aussage ist klar und verständlich. Heute sind wir Zeugen davon, dass drei Millionen Juden aus allen fünf Kontinenten und über hundert Ländern in den Jahren von 1882 bis heute in das Land ihrer Vorfahren, ins Land Israel, zurückgekehrt sind.
Geographische Details der Rückkehr aus der Zerstreuung
Jetzt gebe ich noch ein Beispiel: Jesaja 11,11. Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird der Herr noch zum zweiten Mal seine Hand ausstrecken, um den Überrest seines Volkes zu erwerben, der übrig bleiben wird aus Assyrien und aus Mitzrayim und aus Patros und aus Kusch und aus Elam und aus Schinear und aus Hamat und aus den Inseln des Meeres.
Ich lese noch Vers zwölf dazu: Und er wird den Nationen ein Panier erheben und eine Fahne, und die Vertriebenen Israels zusammenbringen, und die Zerstreuten Judas wird er sammeln von den vier Enden der Erde.
In diesem Vers Jesaja 11,11 haben wir zahlreiche geographische Begriffe. Zunächst wollen wir uns Assyrien und Schinear anschauen. Das weist hin auf die Rückkehr der Juden aus dem Nord- und aus dem Südirak. Denn Assyrien bezeichnet in der Bibel das Gebiet des heutigen Nordirak, dort befanden sich die alten assyrischen Städte wie Ninive, Assur und Kalach. Schinear ist eine Bezeichnung für die Gegend des heutigen Südirak, wo auch die Stadt Babylon lag, das Land der Sumerer.
Im zwanzigsten Jahrhundert gab es noch eine jüdische Gemeinschaft im Irak von etwa 150.000 Menschen. Manche von ihnen waren Nachkommen von Juden, die vor 2.600 Jahren durch König Nebukadnezar von Babylon aus ihrem Land deportiert worden waren, ins Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. In den Jahren 1941 bis heute verließ die jüdische Gemeinschaft von 150.000 Menschen den Nord- und Südirak.
Das hing damit zusammen, dass 1941 eine Verbindung, man kann sagen eine Achse des Bösen, zwischen Irak und Nazideutschland bestand. So kam es 1941 zu einer Massenabschlachtung der Juden in Bagdad. Das führte zu einem Massenexodus der Juden aus dem Irak, sodass heute nur noch etwas mehr als zwanzig alte Juden im Irak zu finden sind. Die ganze Gemeinschaft ist nach Jahrtausenden des Aufenthalts in diesem Gebiet ausgezogen.
Die Bibel ist hier sehr genau: Sie spricht über Assyrien und Schinear. Ich habe auch Quellen und Belege von den Städten, in denen Juden im zwanzigsten Jahrhundert im Irak lebten. Wir können also ganz genau belegen, dass es sich um Städte im Nord- und Südirak handelt. Es wäre ziemlich unlogisch, wenn es im Südirak keine jüdische Gemeinschaft gegeben hätte. Die Bibel sagt, sie werden aus Assyrien und aus Schinear ausziehen. Wir können den Beleg ganz klar liefern. Diese zwei Prophezeiungen haben sich also schon erfüllt.
Nun schauen wir Punkt drei und vier an: die Rückkehr aus Ober- und Unterägypten. Unser Text sagt, sie werden heimkehren aus Mitzrayim und aus Patros. Ich gehe zurück auf das altägyptische Hieroglyphenwort Peteres. Man schreibt nur die Konsonanten, wie man hier sieht. Im Altägyptischen weiß man von den meisten Wörtern nicht, wie sie ursprünglich ausgesprochen wurden. Wo man die Aussprache nicht kennt, setzt man einfach ein E ein, daher sagt man Peteres.
Im Altebräischen, im Alten Testament, haben wir den Namen Patros, und das heißt „das Südland“. Es ist der geografische Spezialbegriff für Oberägypten. Das bezeichnet also das Niltal zwischen Kairo und Aswan. Dann haben wir noch den Begriff Mitzrayim. Mitzrayim bedeutet Ägypten und im Speziellen Unterägypten, also das fruchtbare Nil-Delta.
Die Bibel sagt, die Juden werden in der Endzeit aus Ober- und Unterägypten zurückkehren. Tatsächlich gab es bis ins zwanzigste Jahrhundert eine jüdische Gemeinschaft von etwa 80.000 Juden in Ägypten. Diese Gemeinschaft geht sogar auf die Zeit vor Christi Geburt zurück; es gab schon damals eine jüdische Kolonie in Ägypten.
Um 1948 lebten noch etwa 80.000 Juden in Ägypten, die sehr gut in die ägyptische Gesellschaft integriert waren. Die meisten lebten in Kairo und Alexandria. Es gibt Nachweise, wo Juden in Oberägypten lebten. Wir können beides nachweisen: in Unterägypten, neben Alexandria und Kairo, in Damanhur, Damjeta, Porzait, Mansura, Sifta, Benha, Mohalla, Kubra und Tanta. Aber es gab auch blühende Gemeinschaften in Oberägypten, in Fayyum, Benissuef, Minja, Assuan und Kena.
Wie hat sich die Prophetie aus Jesaja 11,11 erfüllt? Ab 1948 verließen praktisch alle ägyptischen Juden das Land der Pharaonen. Heute gibt es noch etwa hundert Juden in Ägypten. Der unmittelbare Grund war die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948. Das führte in den arabischen Ländern rund um Israel zu furchtbaren Judenverfolgungen.
So gab es in Ägypten schreckliche Judenverfolgungen mit Massenabschlachtungen, Internierungen, Vertreibungen und schlimmen Demütigungen. Das führte zu einem modernen Exodus aus Ägypten. Somit hat sich auch dieses Wort erfüllt.
Im Bibeltext haben wir gelesen, Gott werde noch ein zweites Mal seine Hand ausstrecken und seinen Überrest holen aus Ägypten und aus all den anderen Orten. Das ist sehr interessant, weil der Exodus einst unter Mose um 1.600 v. Chr. stattfand. Die Bibel sagt, damals habe der ewige Gott Israel mit starker Hand aus der Sklaverei in Ägypten erlöst (2. Mose 13,3).
Jesaja sagt nun, der Herr werde in der Geschichte noch zum zweiten Mal seine Hand ausstrecken und sie aus Ägypten holen, aber nicht nur aus Ägypten, sondern aus all den anderen Ländern ebenso. Dieses „zum zweiten Mal ausstrecken“ meint also, dass die Befreiung der Juden aus Ägypten in der Endzeit eine Parallele haben wird, zusammen mit der Heimführung aus allen möglichen Ländern der Welt.
Ein Teil dieser 80.000 ägyptischen Juden fand Zuflucht in verschiedenen Ländern wie Brasilien, Argentinien, Frankreich und den USA. Aber das Land, das die meisten ägyptischen Juden, nämlich Zehntausende von ihnen, aufnahm, war Israel.
In der Prophetie gibt es auch einen Hinweis, dass es zu einer Rückkehr kommen wird, die nicht immer direkt ins Land Israel führt, sondern auch über indirekte Zwischenstationen.
Nun eine siebte Prophetie aus demselben Vers Jesaja 11,11: Wir haben gelesen, sie werden kommen aus Elam. Elam als Ländername bezeichnet das große Gebiet eines altorientalischen Reiches im Südwesten des heutigen Iran. Übrigens befindet sich dort heute eines der wichtigsten Atomzentren des Irans.
Die elamitische Stadt Susa in diesem Gebiet war die Hauptstadt und Winterresidenz der Könige früher im persischen Weltreich. Elam weist in der Bibel speziell auf das Gebiet Persien, also Iran, hin.
In den Jahren 1948 bis 1978 verließen 70 Juden den Iran. Auch hier war die Staatsgründung Israels der Auslöser, weil es zu massiven Verfolgungen in der islamischen Welt kam. Nach der islamischen Revolution von 1979, die als Vorzeigerevolution für alle anderen islamischen Staaten gelten sollte, flohen Zehntausende Juden unter dramatischen Umständen aus dem Iran.
Ab 1948 verließen insgesamt etwa 125 Juden den Iran, um in den USA oder in Israel Zuflucht zu suchen. Insgesamt emigrierten im zwanzigsten Jahrhundert etwa 80 Juden aus dem Iran, um im Land Israel endgültig ihre neue Heimat zu finden.
Rückkehr aus Syrien: In unserem Bibeltext heißt es, sie werden zurückkehren aus Hamat. Übrigens kann man alle diese geografischen Begriffe auch ohne Hebräischkenntnisse identifizieren. Man nimmt ein Bibellexikon und schlägt nach, wo Syrien lag, was Schinear ist, und man findet es heraus.
Hamat wird in einem Bibellexikon erklärt als die heutige Stadt Hama am Orontes im heutigen Syrien. Hamat kann aber auch das Land Hama bezeichnen, also das Land, das durch die Stadt seinen Namen bekommen hat. In Jesaja 11,11 haben wir also immer Ländernamen gefunden, keinen einzelnen Städtenamen. Das macht klar, dass Hamat hier nicht nur eine Stadt meint, sondern ein Land.
Das Land Hama weist auf das Gebiet des heutigen Syrien hin. In den Jahren 1948 bis 1964 kehrten insgesamt 26 syrische Juden nach Israel zurück.
Nun Prophetie neun: Rückkehr aus dem Sudan und aus Äthiopien. Unser Text sagt, sie werden zurückkehren aus Kusch. Der geografische Name Kusch bezeichnet, laut Bibellexikon, das Gebiet südlich von Ägypten, insbesondere das heutige Sudan, aber im weiteren Sinn auch Äthiopien. Manche Bibelübersetzungen übersetzen Kusch bereits im Text mit Äthiopien.
Ich ziehe es vor, den hebräischen alten Namen zu belassen, weil wir heute unter Äthiopien nicht mehr den Sudan verstehen. Kusch bezeichnet ganz speziell das Gebiet des Sudans und im weiteren Sinn Äthiopien.
Etwa 700 v. Chr. war das ein Risiko. Soll es wirklich in der Zeit, in der die Juden aus einer weltweiten Zerstreuung zurückkehren, Juden im Sudan, in Schwarzafrika geben? Es gab bis ins zwanzigste Jahrhundert eine jüdische Gemeinschaft in Äthiopien.
Im zwanzigsten Jahrhundert mussten sie durch grauenhafte Verfolgungen und Unterdrückungen hindurchgehen. Ab 1977 wanderte eine große Anzahl schwarzer Juden aus Äthiopien zu Fuß über die Grenze in den Sudan.
Vier äthiopische Juden wurden dann in geheimen Operationen aus dem Sudan nach Israel ausgeflogen. Vom 21. November 1981 bis zum 5. Januar 1985 fand die sogenannte Operation Moses statt. In dieser Zeit wurden 11.000 Juden aus dem Sudan ausgeflogen.
Leider kam es zu Indiskretionen in den Medien, die oft ein echtes Problem sind. Das führte zu einem vorzeitigen Abbruch dieses dramatischen Unternehmens. Die arabische Welt war empört, die Arabische Liga verurteilte die Operation Moses als einen Akt der Piraterie und rassischer Diskriminierung.
Trotzdem verhandelten die USA weiterhin mit dem islamischen Land Sudan, genauer mit der Hauptstadt Khartum. So kam es zur Operation Saba. In der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 1985 wurden mit sechs Turboprop-Maschinen vom Typ C-130 vom US-Luftwaffenstützpunkt bei Frankfurt circa 1.000 Juden aus dem Sudan ins gelobte Land überführt.
1991 übernahmen eritreische und tigrinische Rebellen die Kontrolle von Addis Abeba. Damals kam es zur Flucht von Mengistu Hailemariam. Das ermöglichte ab dem 24. Mai die Operation Salomon.
Innerhalb von 36 Stunden flogen 36 Herkules C-130-S-Maschinen der El Al mehr als 14.000 äthiopische Juden aus. Um die Kapazität der Flugzeuge deutlich zu erhöhen, wurden zuvor die Sitze aus den Flugzeugen entfernt, und so wurden die Maschinen richtig aufgefüllt.
Zeitweise waren bis zu 28 Flugzeuge gleichzeitig in der Luft. Dabei mussten sie darauf achten, kein einziges arabisches Land bei der Rückkehr zu überfliegen. So wurden sie heimgeführt übers Rote Meer, über Eilat nach Tel Aviv.
Jetzt kommen wir zu Punkt zehn. Es geht immer noch um Jesaja 11,11, nur ein Vers. Dort heißt es, Gott wird sie zurückbringen aus den Inseln des Meeres. Da lohnt es sich, Hebräisch zu können.
Das Wort, das allgemein mit „Inseln des Meeres“ übersetzt wird, ist im Hebräischen Iyim. Es ist wichtig zu wissen, dass Iyim im Alten Testament nicht irgendeine Insel bezeichnet. Man hätte damit also nicht Hawaii meinen können.
In dem berühmten Kommentar von Delitzsch zum Alten Testament, Band 1, Seite 134, erklären die beiden deutschen Gelehrten, dass Iyim im Bibelhebräischen insbesondere die Inseln und Küstengebiete des Mittelmeers auf der europäischen Seite von Kleinasien bis nach Spanien bezeichnet.
Dieses NASA-Bild zeigt Ägypten mit Unterägypten und dem Nil-Delta, die Sinai-Wüste, das Land Israel, das Tote Meer, dann im Norden Libanon, Syrien, die Türkei und die Küstenländer auf der europäischen Seite mit der vorgelagerten Inselwelt.
Dieses Gebiet kann man als das alttestamentliche Wort für Europa betrachten. Iyim wäre ein Thema für sich, wenn man nur den Stellen im Alten Testament nachgehen würde.
Beschränken wir uns auf Jesaja 11,11: Wann sind die Juden aus den Iyim gekommen? Die erste Einwanderungswelle fand von 1882 bis 1903 statt, damals aus Russland. Dann folgten die zweite, dritte und vierte Welle.
Die fünfte Einwanderungswelle war von 1932 bis 1938, also in der Epoche der Machtergreifung Hitlers in Deutschland. Damals flohen circa 250.000 Juden aus Europa, vor allem aus Deutschland. Mein Kompositionslehrer, der israelische Komponist Jehuschua Lackner, floh in dieser Epoche als etwa 14-jähriger Junge aus der Tschechoslowakei.
Dann kam die Aliyah, so nennt man die nächste Welle, von 1939 bis 1947. Das ist die sogenannte illegale Einwanderung während des Zweiten Weltkrieges. Die Engländer hatten als Kompromiss mit den Muslimen das Land, damals Palästina genannt, für Juden weitgehend verschlossen. So wurde es zu einem echten Problem für Juden, die vor der Nazivernichtung aus Europa fliehen wollten.
Trotz dieser gewaltigen Hürden gelang es Tausenden Juden während der Aliyah-Zeit einzuwandern. Mit der Staatsgründung 1948 kam die große Wende.
Bis 1970 kehrten aus Polen 156 Juden heim, aus der Tschechoslowakei über 20, aus Rumänien über 229, aus Bulgarien 48, aus Ungarn über 24, aus Jugoslawien über 8, aus Österreich mehr als 4, aus Deutschland nochmals über 11.500, aus der Schweiz 1.899, aus Italien 3.619, aus Frankreich fast 26.300, aus England über 14, aus Belgien über 3.450, aus Holland 3.603, aus Schweden 880, aus Spanien 567 und aus der Türkei – das gehört ja auch zu den Iyim – kehrten 58.288 türkische Juden heim.
Das ist ganz gewaltig, wenn man die Präzision der Erfüllung biblischer Prophetie anschaut – und das über Jahrtausende hinweg. Die Prophetie ist über 2.700 Jahre alt, und wir sehen heute die Erfüllung in der jüngsten Vergangenheit.
Persönliche Gründe für das Vertrauen in die Bibel
Nun kommen wir zu drittens: Warum vertraue ich der Bibel? Ich habe diesen Titel ganz bewusst sehr persönlich gewählt.
Ich kann das für mich so erklären: Ich habe durch die erfüllte Prophetie klar erkannt, dass Jesus der Messias ist. Über dreihundert Prophezeiungen, die auf Jesus Christus hinweisen, sind für mich als jungen Menschen ein ganz wichtiger Beweis gewesen, dass Jesus Christus wirklich der von Gott gesandte Erlöser ist.
Das Alte Testament hat mich also ganz klar bestätigt, wer Jesus Christus ist. Jesus Christus selbst erkannte sich als Messias an und das gesamte Alte Testament als Gottes Wort. In Matthäus 5,17 sagte er: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen.“
Weiter erklärt er, dass kein Jota und kein Tüttel an dem Gesetz vergehen wird. Was ist das Jota? Der kleinste hebräische Buchstabe, nur so ein kleines Strichlein. Und was ist ein Tüttel? Es ist kein Buchstabe, sondern ein Buchstabenteil. Wenn man Hebräisch einfach so anschaut, auch wenn man es nicht lesen kann, fällt auf, dass viele Buchstaben sehr ähnlich aussehen. Zum Beispiel Bet und Kaf, die sehen ganz ähnlich aus, ebenso andere Buchstaben. Wie kann man sie unterscheiden? Nur an einem kleinen Strich, der zum Beispiel Bet und Kaf voneinander unterscheidet. Dieses kleine buchstabenunterscheidende Strichlein nennt man Tüttel.
Der Herr sagt also, kein Jota und kein Tüttel wird vergehen. Jesus Christus steht ganz klar zum Alten Testament als dem Wort Gottes, das bis in den letzten Wortlaut hinein Gottes Wort ist. Die Schrift ist von Gott gehaucht, nicht wahr, haben wir gelesen.
Jesus Christus gab seinen Aposteln seine persönliche Autorität. Das sind also die zwölf Apostel mit einem Auftrag speziell für Israel und später der Apostel Paulus mit einem Auftrag speziell für die Nichtjuden, für die anderen Völker.
Der Herr Jesus Christus kündigte die Inspiration des Neuen Testaments an. In Matthäus 10,1 machte er deutlich, dass die Apostel seine Autorität haben. Wer die Apostel annimmt, nimmt Jesus Christus an, wer sie ablehnt, lehnt ihn ab.
In Johannes 14,26 hat der Herr Jesus angekündigt, dass die Apostel seine Autorität haben. „Der Heilige Geist wird bald kommen, und er wird euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Diese Erinnerung führte zur Abfassung der Evangelien, also dem Zeugnis über die Worte Jesu.
Dann sagt Jesus in Johannes 15,26: „Der Heilige Geist wird von mir Zeugnis ablegen.“ Dieses Zeugnis finden wir ganz besonders in der Apostelgeschichte. Dort werden die ersten 30 Jahre, von etwa 32 bis 62 nach Christus, des christlichen Zeugnisses beschrieben – speziell ab Pfingsten, wo der Heilige Geist über die Nachfolger Jesu ausgegossen wurde.
So weist das besonders auf die Apostelgeschichte hin. Schließlich sagt der Herr Jesus in Johannes 16,12-13: „Ich habe euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, so wird er euch in alle Wahrheit führen.“
Das ist ein Hinweis auf die Briefe – die 21 Briefe, dreimal sieben Briefe im Neuen Testament, geschrieben durch die Apostel und neutestamentlichen Propheten wie Jakobus und Judas. Dort finden wir die volle Offenbarung und Enthüllung der Gedanken und Ratschlüsse Gottes. Dinge, die im Alten Testament und in den Evangelien noch nicht gesagt worden waren, wurden in diesen Briefen enthüllt. „Er wird euch in die ganze Wahrheit leiten.“
Und schließlich wird dort noch angefügt in Johannes 16,13: „Und das Kommende wird er euch verkündigen.“ Das hat sich ganz besonders in der Abfassung des letzten Buches der Bibel, der Offenbarung, bestätigt. Denn die Offenbarung ist das einzige durchgehend prophetische Buch des Neuen Testaments.
Also bestätigt Jesus Christus durch seine Autorität das Alte und auch das Neue Testament.
Nun, ich vertraue Jesus Christus nicht einfach durch einen Sprung ins Dunkle, sondern ich habe den Beweis der erfüllten messianischen Prophetie. So beweiskräftig, wie es Paulus in Apostelgeschichte 9 sagte: Er hat durch die Schriften bewiesen, dass Jesus der Messias ist. Und von Apollos wird das auch gesagt in Apostelgeschichte 18: Er hat durch die Schriften bewiesen, dass Jesus der Messias ist.
Ich vertraue voll und ganz den Aussagen von Jesus Christus, entsprechend wie Paulus es in 2. Timotheus 1,12 gesagt hat: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ Interessant ist diese Kombination von Wissen und Glauben.
Es gibt Leute, die glauben etwas einfach durch einen Sprung ins Dunkle. Aber das ist keine Basis. Wenn jemand so Christ ist, dann hat er keine Grundlage für seinen Glauben.
Wenn er aber sagen kann: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“, dann gleicht das jemandem, der mit einem Bergführer zusammen eine schwierige Tour macht. In ganz schwierigen Situationen muss der Bergführer sagen: Jetzt musst du den Fuß so setzen, jetzt so, jetzt musst du das machen, jetzt dort einen Stein ergreifen. Wenn man das genau so macht, wie er es sagt, gibt man sich nicht blindem Schicksal hin. Man versteht vielleicht nicht unbedingt, warum genau, aber man weiß, dass der Mann zuverlässig ist – ein Experte, ein Fachmann, dem man vernünftigerweise trauen soll.
So ist es, wenn man als Christ sagen kann: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ Ich habe in 42 Jahren Glaubensleben erfahren, wie eine Schwierigkeit beim Bibellesen nach der anderen gelöst werden konnte.
Grundsätze zum Umgang mit Problemen in der Bibel
An dieser Stelle machen wir jetzt eine Pause und gehen anschließend zum dritten Punkt über: Probleme lösen.
Zunächst möchte ich einige grundlegende Überlegungen vorstellen, wie man vorgehen sollte, wenn man beim Bibellesen auf Probleme stößt. Danach werden wir diese Grundsätze an konkreten Beispielen anwenden.
Erstens braucht es beim Bibellesen Demut. Dabei muss man sich bewusst sein, dass der Mensch sehr begrenzt ist in Bezug auf Erfahrung, Wissen, Bildung und Wahrnehmung, aber auch im Gesichtskreis und in der Logik. Das gilt selbst für sehr Gebildete, denn niemand ist allumfassend gebildet. Es ist oft interessant zu sehen, wie selbst große Mathematiker zu unlogischen Folgerungen kommen.
Ein Beispiel: Als Kind bin ich oft mit meiner Familie an der Limmat spazieren gegangen, wo es immer weiße Schwäne gab. Hätte ich damals von schwarzen Schwänen gehört, hätte ich gesagt: „Das gibt es nicht, ich habe nur weiße Schwäne gesehen.“ Tatsächlich gibt es schwarze Schwäne nicht in unserer Umgebung, sondern zum Beispiel in Australien. Inzwischen sind auch einige schwarze Schwäne in der Schweiz anzutreffen. Dieses Beispiel zeigt, dass man die eigene Erfahrung und den eigenen Gesichtskreis als eingeschränkt betrachten muss. Wenn man aus diesem begrenzten Blickwinkel allgemeine Aussagen trifft, gerade über die Bibel, ist das sehr gefährlich.
Zweitens sollte man sich fragen: Was sagt der hebräische, aramäische und griechische Grundtext? Natürlich kann nicht jeder diese Sprachen beherrschen. Wenn es Probleme gibt, sollte man Experten zu Rate ziehen, um zu klären, was wirklich im Grundtext steht. Wir haben viele Übersetzungen zur Verfügung, und auch ohne Grundsprachenkenntnisse kann man sich durch den Vergleich der Übersetzungen dem Grundtext annähern und klären, ob bestimmte Passagen unterschiedlich übersetzt wurden.
Drittens ist es wichtig, die Wortbedeutungen, die Grammatik und den Sprachgebrauch genau zu berücksichtigen. Man muss sich fragen, ob der Text Poesie oder Prosa ist. Handelt es sich um Apokalyptik, also prophetische Bilder? Zum Beispiel im Buch Daniel, Kapitel 7, wird von einem Löwen mit Adlerflügeln und einem Leoparden mit vier Flügeln und Köpfen gesprochen. Diese Bilder stehen für etwas anderes und sind apokalyptische Sprache. Wer Apokalyptik wörtlich nimmt und glaubt, solche Tiere gäbe es irgendwo, hat nicht verstanden, worum es geht. Apokalyptik verwendet kraftvolle Vergleiche.
Ebenso ist es wichtig festzustellen, dass 1. Mose 1 keine poetische Sprache verwendet. Einige liberale Theologen behaupten, 1. Mose 1 wolle keine historische Schöpfungsgeschichte erzählen, sondern sei eine Lobeshymne auf den Schöpfer. Tatsächlich ist 1. Mose 1 aber keine Lobeshymne, sondern eine nüchterne Prosaerzählung. Wenn die Bibel von einem Gleichnis spricht, muss man dieses als Gleichnis verstehen und nicht als wörtlichen Tatsachenbericht.
Manche spotten über bibeltreue Christen, weil diese die Bibel wörtlich nehmen. Dabei bedeutet „wörtlich nehmen“ gerade, ein Gleichnis als Gleichnis und nicht als Tatsachenerzählung zu verstehen. Bei Poesie wie Psalm 19, wo von der Sonne gesprochen wird, die sich wie ein Held freut, handelt es sich um dichterische Sprache. In 1. Mose 1 geht es hingegen um eine sachliche Erzählung, nicht um Poesie. Man muss also unterscheiden, ob es sich um Geschichtsschreibung oder symbolische Darstellung handelt. Diese Gattungen müssen genau beachtet werden.
Viertens ist es wichtig, Sitten, Gebräuche, alte Gesetze und Hintergründe zu berücksichtigen. Zum Beispiel in der Geschichte von Abraham und Sarah: Abraham heiratet neben Sarah auch Hagar, eine Sklavin. Das darf nicht als Rechtfertigung für Polygamie verstanden werden. Unter den heidnischen Völkern im Nahen Osten gab es damals die Regelung, dass eine Herrin, wenn sie keine Kinder bekam, ihren Mann eine Sklavin heiraten lassen konnte. Die Kinder der Sklavin galten dann als Kinder der Herrin. Abraham und Sarah haben sich also dem Zeitgeist angepasst. Dieses Hintergrundwissen hilft, die Geschichte einzuordnen. Es bedeutet aber nicht, dass Gott diese Praxis akzeptiert hat. Im Gegenteil: In 1. Mose 16 und 17 lesen wir, dass Gott danach dreizehn Jahre lang nicht mit Abraham sprach. Es folgte eine lange Kommunikationspause.
Fünftens muss die Heilsgeschichte berücksichtigt werden. Es ist wichtig, die großen Zusammenhänge und die Offenbarungsentwicklung in verschiedenen Heilszeitaltern zu sehen. Die Zeit vor dem Sündenfall, die Zeit der Unschuld im Paradies, muss klar von der Zeit danach unterschieden werden. Die Grausamkeit in der Tierwelt war nicht von Anfang an da. Nach der Schöpfung, als Gott alles betrachtete, sah er, dass es sehr gut war. Die Grausamkeit kam erst mit dem Sündenfall. Diese Unterschiede müssen beachtet werden.
Ebenso muss man unterscheiden, dass Gott später den Bund mit Israel am Sinai schloss und Israel das Gesetz gab. Es gibt ein Vorher und ein Nachher: eine Zeit ohne Gesetz und eine Zeit unter Gesetz. Das Gesetz vom Sinai wurde nur dem Volk Israel gegeben, nicht allen Völkern. Im Neuen Testament wird deutlich, dass die Zeit seit dem Kreuz von Golgatha nicht mehr die Zeit des Gesetzes ist, sondern die Zeit der Gnade. Gott verbreitet seine frohe Botschaft unter allen Nationen und lädt die Menschen ein, die Gnade im Glauben zu ergreifen.
Die Bibel macht auch klar, dass am Ende der Heilsgeschichte ein tausendjähriges Friedensreich kommen wird, in dem Gott direkt und sofort gegen Ungerechtigkeit eingreift. Dort wird Gott eine direkte Regierung ausüben. Die Zeit, in der wir leben, ist hingegen eine Zeit der indirekten Regierung. Deshalb fragen Menschen heute oft: „Wo ist Gott? Warum greift er nicht ein?“ Angesichts der Ungerechtigkeit in der Welt ist die Antwort: Es ist nur eine Frage der Zeit. Gott wird eingreifen, aber erst, wenn Jesus Christus als König der Welt zurückgekehrt ist.
Diese verschiedenen Entwicklungen und Epochen der Heilsgeschichte müssen unterschieden werden, sonst versteht man vieles nicht. Wie ist es möglich, dass im Gesetz von Auge um Auge, Zahn um Zahn gesprochen wird, während in der Bergpredigt steht: „Wenn dich jemand auf die eine Backe schlägt, biete auch die andere an“? Diese Aussagen dürfen nicht vermischt werden.
Nebenbei gesagt ist das „Auge um Auge“ keine Anweisung für das alltägliche Leben, sondern betrifft die Gerechtigkeit vor Gericht. Das Gericht muss angemessen bestrafen, also die Strafe der Tat entsprechend anpassen. Es darf nicht übertrieben oder ignoriert werden. Es geht um eine gerechte Strafe vor Gericht, nicht um den Umgang im Alltag.
Im Alten Testament wird auch klargestellt, dass man nicht ständig vor Gericht ziehen soll. Menschen, die bei jeder Ungerechtigkeit sofort klagen, werden als „kranke Leute“ bezeichnet. Die Bibel gibt Hinweise, wie man im Zivilleben Ungerechtigkeiten ertragen soll, ohne ständig seine Gerechtigkeit durchzusetzen.
Grundsätzlich muss man also genau unterscheiden, sonst entsteht der Eindruck von Widersprüchen. Man muss fragen: In welche Zeitepoche gehört die Passage? Geht es um das zivile Leben oder um das öffentlich-rechtliche Leben?
Das war jetzt etwas theoretisch. Nun wollen wir diese Grundsätze an Beispielen konkret festmachen.
Beispiel 1: Die Erschaffung der Tiere vor dem Menschen
Eine erste Frage betrifft die Erschaffung der Tiere vor dem Menschen. Die Frage entsteht, weil wir in 1. Mose 2,7 lesen: „Und der Herrgott bildete den Menschen aus Staub vom Erdboden und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“ Das ist Kapitel 2, Vers 7.
Später, in Vers 19, heißt es: „Und der Herrgott bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels. Er brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Wie auch immer der Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, so sollte sein Name sein.“
Wenn man Kapitel 2 in 1. Mose liest, könnte man den Eindruck gewinnen, dass zuerst der Mensch erschaffen wurde und dann, erst in Vers 19, die Tiere – die Säugetiere, Tiere des Feldes und die Vögel.
Doch in 1. Mose 1,24 lesen wir im Zusammenhang mit dem sechsten Schöpfungstag: „Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Wesen nach ihrer Art, Vieh und Gewürm und Tiere der Erde nach ihrer Art! Und es geschah so. Gott machte die Tiere der Erde nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alles, was sich auf dem Erdboden regt, nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.“
Weiter heißt es: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis, damit sie herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt.“
Hier wird also ganz klar beschrieben, dass die Tiere der Erde zuerst erschaffen wurden, am Anfang des sechsten Tages, und danach, am gleichen Tag, die Menschen. Die Vögel hingegen wurden bereits am Tag zuvor, am fünften Schöpfungstag, erschaffen.
Wie lässt sich dieses Problem lösen? Hier hilft die genaue Kenntnis der hebräischen Grammatik. Die Zeitverhältnisse in Kapitel 1 sind klar, denn dort wird die ganze Schöpfung in ihrem zeitlichen Ablauf beschrieben: in sechs Tagen, gefolgt vom siebten Tag der Vollendung und Ruhe.
In Kapitel 2 steht nicht der chronologische Ablauf im Vordergrund. Stattdessen werden dort wichtige Details beschrieben, die im ersten Kapitel nicht erwähnt wurden. Der Schwerpunkt liegt auf dem Menschen.
Dies erklärt auch, warum in Kapitel 2 Gott immer als „Der Herr Gott“ (Yahweh Elohim) bezeichnet wird. Elohim ist in der Bibel der Name für Gott als Schöpfer und Erhalter des Weltalls. Yahweh hingegen ist der Gott, der mit dem Menschen durch einen Bund in Beziehung tritt.
Kapitel 2 beschreibt, wie Gott mit dem Menschen, den er erschaffen hat, eine Bundesbeziehung eingeht. Deshalb wird er dort immer als Yahweh, Herr, und gleichzeitig als Elohim, der Schöpfer, genannt – also als der Herr Gott.
In Kapitel 1 hingegen wird Gott stets nur als Elohim bezeichnet, weil es dort um den Schöpfer geht und nicht um die Beziehung zu den Menschen. So erklärt sich der unterschiedliche Gebrauch der Gottesnamen.
In Kapitel 2, Vers 19, steht das Wort für „er bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes“ – im Hebräischen „Wajidzer“. „Wajidzer“ ist eine Erzählform des Verbs im Hebräischen, die im Deutschen mit Imperfekt übersetzt werden kann. Heute würde man besser von Präteritum sprechen, denn beim Erzählen verwenden wir das Präteritum.
In manchen Stellen des Alten Testaments muss dieselbe Form jedoch mit Plusquamperfekt, also mit Vorzeitigkeit, übersetzt werden. Es gibt verschiedene Beispiele, in denen eine Übersetzung mit Präteritum unmöglich ist, sondern die Vorzeitigkeit ausdrücken muss.
So ist das Problem bereits gelöst: Vers 19 lautet richtig übersetzt: „Und der Herrgott hatte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels gebildet.“ Danach heißt es: „Und so brachte er sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Wie irgendein Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, so sollte sein Name sein.“
Mit etwas hebräischer Kenntnis ist das Problem somit geklärt. Die zeitliche Reihenfolge in Kapitel 1 ist absolut klar. Kapitel 2 enthält hier nur einen zeitlichen Rückgriff.
Im Hebräischen wird das durch die „Vajidzer“-Form ausgedrückt, die je nach Kontext als Plusquamperfekt verstanden werden kann. So steht hier „Vajezer“ und „Vajave“ als Beispiele für diese Erzählform mit Vorzeitigkeit.
Beispiel 2: Der Hase als Wiederkäuer?
Eine ganz andere Schwierigkeit: Der Hase – ein Wiederkäuer?
In 3. Mose 11 wird über reine und unreine Tiere gesprochen, also darüber, welche Tiere die Israeliten essen dürfen, welche koscher sind und welche nicht. Dort wird erklärt, dass bei den Säugetieren nur die Tiere genießbar sind, die Wiederkäuer sind und gespaltene Hufe haben – also zum Beispiel Kühe, Schafe, Ziegen und so weiter.
In 3. Mose 11, Verse 4 und 6 heißt es jedoch: „Nur diese sollt ihr nicht essen von den Wiederkäuenden, den Hasen, den ihr wiederkäut, aber er hat keine gespaltenen Hufe; unrein soll er euch sein.“
Das hat viel Spott über die Bibel ausgelöst. Viele Leute haben gesagt, die Bibel irrt sich sogar in so grundlegenden Dingen, denn der Hase sei ein Wiederkäuer – und jeder wisse doch, dass das nicht der Fall ist.
Das kann man ja immer wieder überprüfen: Wenn man eine Kuh nach der Schlachtung aufschneidet, findet man vier Mägen, was typisch für Wiederkäuer ist. Aber egal, wie viele Kaninchen oder Hasen man schlachtet, es kommt immer nur ein Magen zum Vorschein. Wie kann die Bibel so etwas sagen?
Ich weiß von einem Tierarzt, der seinem gläubigen Vater gesagt hat: „Weißt du, ich kann nicht glauben, dass die Bibel Gottes Wort ist. Wenn die Bibel sich sogar in solchen Dingen irrt und behauptet, dass der Hase ein Wiederkäuer sei, kann ich der Bibel doch nicht vertrauen.“
Eines meiner Kinder hat das in der Sekundarschule erlebt. Die Lehrerin, die sich als sehr starke Gegnerin des christlichen Glaubens entpuppte, erklärte den Kindern, wie die Bibel völlig danebenliege und behauptet, der Hase wiederkäue.
Nun, die Wissenschaft ist etwas, das sich ständig weiterentwickelt und Fortschritte macht. Erst 1882 wurde die spezielle Art des Wiederkäuerns bei Hasen zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben, und zwar in einer französischen Tierärztezeitschrift. Seither ist es bekannt, aber es dauert oft Jahrzehnte, bis solche Erkenntnisse in der Schule vermittelt werden.
Manchmal kann es sogar mehr als hundert Jahre dauern, bis neuere Forschungsergebnisse in den Schulunterricht einfließen – und manchmal sind sie dort immer noch nicht angekommen.
Die Hasen und Kaninchen haben tatsächlich eine spezielle Art des Wiederkäuerns. Sie fressen die Nahrung ganz normal, wie wir Menschen, doch nach dem ersten Durchgang entstehen grüne Kügelchen – nicht die bekannten braunen, sondern kleine grüne Kügelchen. Diese werden oft direkt am After wieder aufgenommen und gefressen.
Diese Tiere sind sehr beweglich, und das machen sie meistens nachts. Deshalb war das in der Wissenschaft so lange unbekannt: Wissenschaftler schlafen meist nachts, was auch gut so ist.
Man kann sagen, die Wissenschaft hat hier gegenüber der Bibel 3500 Jahre „geschlafen“, denn 3. Mose 11 wurde im Jahr 1606 v. Chr. geschrieben, im Jahr des Auszugs aus Ägypten.
Aber auch damals hätte Demut geholfen, um zu sagen: „Ich weiß nicht genau, wie man das verstehen soll, es ist seltsam.“ Übrigens heißt es nicht, der Hase sei ein Wiederkäuer, sondern der Hase wiederkäut. Es ist also eine spezielle Art des Wiederkäuens.
Man hat außerdem festgestellt, dass Hasen beim zweiten Durchgang harte Gräser richtig aufspalten können, was beim ersten Mal nicht möglich ist.
Unser Jüngster hat früher gerne „Kuh“ im Garten gespielt und wollte Gras fressen. Da musste ich ihm erklären, er solle das nicht tun, weil wir keine Kühe sind. Kühe haben Mägen, die die harte Zellulose der Gräser aufspalten können – das können wir nicht. Er sollte lieber Salat essen.
Das ist so eine Sache mit Kindern. Aber eigentlich ist vieles, was der Hase frisst, auch nicht für ihn gemacht, wenn er nur einen Durchgang hätte. Mit dem zweiten Durchgang kann er es jedoch.
Noch etwas: Hasen können zum Beispiel auch Vitamin B aus der Nahrung gewinnen. Das ist so wichtig, dass man versucht hat, Hasen oder Kaninchen an dieser Art des Wiederkäuerns zu hindern. Nach drei Wochen sind sie daran gestorben.
Es ist also lebensnotwendig, was in 3. Mose 11, Verse 4 und 6 steht.
Beispiel 3: Wintervorräte der Ameisen
Ein anderes Beispiel aus der Biologie: Die Bibel spricht über Wintervorräte der Ameisen. In der Wissenschaft wurde jedoch lange Zeit behauptet, das sei ein klarer Fehler. Man sagte, Ameisen sammeln im Sommer nicht für den Winter.
Trotzdem wird dieses Thema in der Bibel sehr deutlich gelehrt, und zwar sogar zweimal. Der weise König Salomo schreibt in Sprüche 6,6-8, um etwa tausend vor Christus: „Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Wege und werde weise! Sie hat keinen Richter, Vorsteher oder Gebieter, bereitet aber im Sommer ihr Brot und sammelt in der Ernte ihre Nahrung ein.“
Weiter heißt es: „Bis wann willst du liegen, du Fauler? Wann willst du von deinem Schlafe aufstehen?“ Auch Agur Ben Jake in Sprüche 30,25 sagt: „Die Ameisen sind kein starkes Volk, doch sie bereiten im Sommer ihre Speise.“
Ursprünglich glaubte die Forschung nicht an Wintervorräte bei Ameisen. Erst um 1880 machten J. T. Moggridge und A. MacCook die Entdeckung, dass es doch so ist.
Auch Microsoft weiß das inzwischen. Dieses Bild hier stammt aus dem Microsoft-Lexikon Encarta. Man sieht einen Ameisenbau mit verschiedenen Wohnungen und Abteilungen. Ganz unten befindet sich ein Bereich, der als Wintervorratskammer beschriftet ist.
Übrigens geht es bei der biblischen Ameise speziell um die Art Messor semirufus.
Beispiel 4: Die historische Existenz von Belsazar
Gab es Belsazar? Hier ist das berühmte Bild von Rembrandt, das ihn zeigt. Belsazar sieht gerade an der Wand die Schrift „mene mene tekel ufarsin“ – gezählt, gezählt, gewogen und zerteilt.
Bis zum Jahr 1855 gab es keine von der Bibel unabhängigen Quellen, die von einem König Belsazar berichteten. Auch die alten griechischen Historiker um etwa 400 vor Christus kannten keinen Belsazar von Babylon. Daher haben Kritiker behauptet, Belsazar sei eine erfundene Gestalt. Man hätte argumentieren können, dass es zwar in der erhaltenen Literatur keinen Hinweis auf ihn gibt, aber die Bibel doch eine Quelle ist, die von Belsazar spricht. Stattdessen wird oft so argumentiert: Wenn nur die Bibel davon berichtet, dann sei die Bibel falsch.
Ab 1854 wurden jedoch Keilschrifttafeln gefunden, originale Tafeln aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus – der Zeit von Daniel. Diese Tafeln erwähnen Belsazar als Vizekönig seines Vaters Nabonid. Nabonid hatte sich zurückgezogen und war in die Wüste gegangen; er war nicht sehr daran interessiert, zu regieren. Damit ist Belsazar historisch belegt.
Noch etwas Interessantes: In Daniel 5,29 sagt Belsazar zu Daniel, wenn er die Schrift an der Wand deuten kann, werde er der Dritte im Reich werden. Warum der Dritte, wenn er doch der Zweite nach Belsazar sein sollte? Belsazar war der Vizekönig seines Vaters Nabonid. Nabonid wird in Daniel 5 nicht namentlich genannt, aber vorausgesetzt.
Wenn also die griechischen Geschichtsschreiber um 400 vor Christus nichts von Belsazar wussten, das Buch Daniel aber dennoch von ihm berichtet, ist das ein Hinweis darauf, dass das Buch Daniel tatsächlich so alt ist – aus der Zeit, in der Belsazar sehr wohl bekannt war.
Beispiel 5: Die vier Weltreiche im Buch Daniel
Ja, wenn wir schon beim Buch Daniel sind mit seiner erstaunlichen Prophetie, dann noch ein Argument, das vorgebracht wurde, um das Buch Daniel und seine Prophetie zu diskreditieren: phantasievolle Medien in der Bibelkritik. Man kann das nachlesen in der Alttestamenteinleitung von Otto Eisfeld. Er war in der Vergangenheit einer der großen Bibelkritiker in der Theologie. Wer liberale Theologie in Zürich, Basel oder anderswo studiert, kommt an einer Einleitung von Otto Eisfeld nicht vorbei.
Dort findet man die Behauptung, das Buch Daniel sei von jemandem geschrieben worden, der in viel späterer Zeit lebte und die Geschichte nicht mehr so gut kannte. Dieser Verfasser sei davon ausgegangen, dass es einmal ein unabhängiges medisches Reich gegeben habe. Das habe es aber nicht gegeben. Stattdessen gab es das babylonische Weltreich zur Zeit Daniels. Danach kam das medopersische Reich, dann das griechische und schließlich das römische Reich.
So wird behauptet, die vier Weltreiche im Buch Daniel, Kapitel 2 und Kapitel 7, seien wie folgt: Babylon ist das erste Weltreich, dargestellt als Löwe mit Adlersflügeln. Dann komme ein Reich Medien, dargestellt als plumpe Bär. Danach das Reich Persien, symbolisiert durch den Leoparden mit vier Köpfen und vier Flügeln. Und dann das schreckliche Tier mit den zehn Hörnern, das sei Griechenland, das Reich von Alexander dem Großen.
Man muss kein Spezialist für Geschichte oder alte Sprachen sein, um die Bibel zu lesen. In Daniel 5,28 sagt Daniel, die Schrift an der Wand deutend: Perez. Das Wort Perez an der Wand bedeutet: „Dein Königreich wird zerteilt und den Medern und Persern gegeben.“ Er sagt also, mit Babylon ist jetzt Schluss. Jetzt kommen die Meder und Perser.
Tatsächlich hatten in der Nacht der letzten Party von Belsazar die Priester von Babylon, die mit den Medern und Persern verbündet waren, die Tore geöffnet. Die Armee von König Kyros von Persien kam in die Stadt. In einem Putsch wurde Belsazar durch einen Schwertstreich beseitigt, und dann kam das medopersische Weltreich an die Macht.
Das Buch Daniel macht also ganz klar, die Abfolge ist nicht so, wie manche behaupten, sondern korrekt: Babylon, Medopersien, Griechenland und das vierte Reich ist Rom, das nächste Weltreich in der Geschichte.
Doch nun dreht sich der Spiess nochmals. Warum kam man auf die Idee, zu behaupten, Daniel spreche von einem unabhängigen medischen Reich? Ganz einfach: Man sagte, das Buch Daniel sei eine Fälschung aus der Zeit von 165 vor Christus. Die meiste Prophetie des Buches Daniel sei da schon erfüllt gewesen, so setzte man das Buch auf 165 v. Chr. an.
Aber wann kam das Land Israel unter die Herrschaft der Römer? Erst durch den Einmarsch am Jom Kippur 63 v. Chr., als Pompejus mit der römischen Armee Jerusalem besetzte. Das römische Reich kam in der Geschichte Israels also erst später, im Jahr 63 v. Chr.
Das würde bedeuten, dass das Buch Daniel noch das römische Reich zukünftig angekündigt hätte – dann wäre die Prophetie korrekt gewesen. Das konnte aber nicht sein. Deshalb spaltete man die vier Reiche auf: Babylon, Medien, Persien, Griechenland. Man behauptete, der Fälscher aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus habe nicht gewusst, dass später noch das römische Reich kam.
Die Wahrheit ist jedoch eine andere: Das Buch Daniel spricht von diesen vier Reichen, und so hat es sich auch erfüllt. Das war Wunschdenken der Kritiker.
Es sollte vielmehr heißen: vier Perserkönige. In Daniel 11,2 spricht ein Engel zu Daniel und enthüllt ihm die Zukunft. Ausdrücklich wird in Kapitel 10 gesagt, dass dies zur Zeit des persischen Königs Kyros war, der über das medopersische Weltreich regierte.
Jetzt sagt der Engel in Daniel 11,2: „Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun: Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle. Und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen.“
Dann wurde gesagt, man sehe hier, der Schreiber des Buches Daniel, dieser Fälscher, habe gemeint, es gäbe nur vier Könige im Persischen Reich, angesetzt auf die Zeit von Kyros. Und dann steht da: „Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen.“ Daraus schloss man, der Verfasser habe keine Ahnung von Geschichte und habe es falsch beschrieben.
Es ist gefährlich, die Bibel anzugreifen, denn am Ende ist man selbst der Dumme.
Übrigens steht im Text nicht „Siehe, es werden nur noch drei Könige in Persien aufstehen“, sondern „Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen.“ Also kommen noch drei Herrscher dazu. Dann wird gesagt: „Und der Vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle.“ Also kommt ein Vierter, der besonders reich sein wird. Wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen und einen furchtbaren Krieg gegen Griechenland führen.
Genau so ist es in der Geschichte gekommen.
Eigentlich hätten die Kritiker sagen müssen: Es gibt fünf Perserkönige. Doch sie haben den Text nicht richtig verstanden und meinten, da stünde „noch drei Könige“, und dieser Dritte sei dann der Vierte.
Nein, man muss richtig zählen: Kyros, dann kommen drei weitere, und dann noch einer, der besonders reich wird.
Die nachfolgende Geschichte war genau so: Zuerst regierte König Kyros, der im Jahr 539 Babylon erobert hatte. Danach folgten, wie der Engel sagt, noch drei Könige:
Kambyses (530 bis 522 v. Chr.),
Gaumata, auch Pseudosmerdis genannt, der nur wenige Monate im Jahr 522 v. Chr. regierte,
Darius I. Hystaspes (522 bis 486 v. Chr.),
und dann der vierte, Xerxes I. (486 bis 465 v. Chr.).
In der Bibel heißt Xerxes Ahasveros, der Mann von Esther, der sprichwörtlich reich war. Das Buch Esther beginnt mit einem gigantischen Fest, das ein halbes Jahr dauerte, bei dem er seinen ganzen Reichtum präsentierte.
Aus der Geschichte wissen wir, dass er einer der reichsten Männer der damaligen Zeit war.
Alle anderen Könige sind ebenfalls in der Bibel erwähnt: Kambyses wird in Esra 4,6 genannt, ein anderer Ahasveros erscheint ebenfalls dort. Gaumata, Pseudosmerdis, ist der Atasasta in Esra 4,7, der nur kurz regierte. Darius I. steht in Esra 4,5, und Xerxes, den die Griechen so nannten, entspricht dem Ahasveros in Esther 1,1.
Xerxes war sprichwörtlich reich und hatte den Wunsch, das Königreich Griechenland dem persischen Weltreich einzuverleiben, das damals bis nach Indien reichte. Er war nicht zufrieden mit seinem asiatischen und afrikanischen Reich, sondern wollte auch europäischen Boden erobern. Schon sein Vater hatte das versucht, aber es war ihm nicht gelungen.
Xerxes konnte einen Reichtum aufbauen und damit eine Armee, wie die Welt sie bis dahin noch nicht gesehen hatte. Er glaubte, Griechenland besiegen zu können. So kam es zu den sogenannten Perserkriegen.
Wer sich noch an die Schule erinnert, kennt die Perserkriege als Thema. In der Schlacht von Salamis 480 v. Chr. zwangen die heldenmütigen Griechen Ahasveros kläglich in die Knie. Er erlitt einen enormen Verlust an Reichtum.
Obwohl die Griechen damals siegten, hinterließ das Ereignis tiefe Wurzeln und Narben in der griechischen Seele. Ein rächender Gedanke entstand, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Schauen wir uns noch einmal an, was die Bibel sagt: „Ich will die Wahrheit kundtun: Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen.“ Wir haben gesehen, es sind drei, und dann kommt ein Vierter, der größeren Reichtum erlangen wird als alle. Wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen.
Es wird nicht gesagt, dass er Griechenland besiegen wird, aber er wird alles aufwühlen und hat dann eine bittere Niederlage erlebt.
Im nächsten Vers, Daniel 11, heißt es: „Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden. Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein, und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat, denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteil werden, mit Ausschluss von jenen.“
Wer hier beschrieben wird, ist kein anderer als Alexander der Große. Das war etwa 150 Jahre später. Seine Idee als Zwanzigjähriger war ein Rachefeldzug gegen Persien als Antwort auf die damaligen Perserkriege.
Darum steht im nächsten Vers die Reaktion auf Ahasveros, auf Xerxes.
Alexander war tatsächlich ein tapferer König. Mit zehntausend Soldaten begann er seinen Feldzug Richtung Osten. In sagenhaften dreizehn Jahren zwang er das gesamte persische Reich bis über den Indus hinaus in die Knie.
Mit 33 Jahren starb er in Babylon, wahrscheinlich an Malaria. Er wollte den Turm von Babel wieder aufbauen, doch dann war alles vorbei.
Der Text sagt: „Er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden.“
So war es: Mit 33 Jahren starb er und hinterließ ein Reich mit europäischen, afrikanischen und besonders asiatischen Gebieten. Es gab keinen Nachfolger aus seiner Familie. Zwar war ein Junge unterwegs, die Mutter war schwanger, aber er konnte nicht Nachfolger werden.
So stritten sich die Generäle Alexanders des Großen um die Nachfolge. Es gab erbitterte Bürgerkriege, die sogenannten Diadochenkriege. Das lernt man noch in der Schule.
Am Ende wurde das riesige Reich Alexanders in vier große Blöcke zerschlagen. Wenn man in einem historischen Atlas nachschaut, sieht man, dass diese klar den vier Himmelsrichtungen zugeordnet sind: Norden, Süden, Osten, Westen.
„Sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den Winden des Himmels hin zerteilt werden.“ Nicht für seine Nachkommen wird es sein. Es war nicht für Herkules, den kleinen Jungen, der unterwegs war. Nicht für seine Nachkommen und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hatte.
Sein Reich wurde in vier Teile zerschlagen und anderen zuteil, nämlich seinen Generälen, mit Ausschluss der Nachkommen. Zwar gab es Nachkommen, aber sie waren ausgeschlossen.
Genau so hat es sich erfüllt.
Beispiel 6: Die Regierungsjahre der Könige Israels und Judas
Ja, und dann noch etwas zu den Jahreszahlen im Buch der Könige. Im Buch der Könige lesen wir immer, welche Könige im Südreich Judah, Hauptstadt Jerusalem, regiert haben. Nach dem Tod von Salomo war es Rehabeam, der siebzehn Jahre regierte, dann Abija drei Jahre, Asa einundvierzig Jahre, Joschafat und so weiter. Es wird auch immer gesagt, welche Könige im Nordreich der zehn Stämme Israels geherrscht haben. Nach Salomo war das Jerobeam, der 22 Jahre regierte, Nadab zwei Jahre, Baesa 24, Ela zwei, Omri zwölf, Ahab 22, Ahasja und so weiter.
Dabei werden immer wieder Verknüpfungen gemacht: Im so und sovielten Jahr des Königs von Israel bestieg der und der König von Judah den Thron. So kann man also immer schön die chronologische Beziehung zwischen Nordreich und Südreich herstellen. Das ist schon seit über zweitausend Jahren bekannt. Diese Zahlen lassen sich nicht einfach zusammenbringen; das erscheint hoffnungslos.
Schon in vorchristlicher Zeit war das bekannt, denn die älteste Bibelübersetzung, die griechische Septuaginta, die im dritten Jahrhundert vor Christus in Ägypten angefertigt wurde, versucht, diese Regierungszahlen zu korrigieren. Allerdings macht sie das Ganze noch schlimmer. Auch der Übersetzer der lateinischen Bibel, Hieronymus, um 400 nach Christus, glaubte zwar an die Inspiration der Bibel, meinte aber, man solle nicht die Zeit vergeuden, um das Problem mit den Zahlen lösen zu wollen. Keiner hat es also geschafft.
Ich erinnere mich noch, dass vor Jahren einer der größten Archäologen, ein Ägyptologe namens Kenneth Kitchen, der übrigens ein gläubiger Mann ist und heute noch lebt, gesagt hat: Wahrscheinlich steckt da ein Zählsystem dahinter, das wir heute nicht mehr kennen. Das war Demut von einem Mann, der besonders viel über die Umwelt der Bibel wusste, aber sagte, wir seien beschränkt, und es gebe wahrscheinlich ein Zählsystem, das wir nicht mehr verstehen.
Schauen wir mal: Ich habe eine Liste gemacht von Rehabeam bis Joschafat und von Jerobeam bis Ahasja. Im 1. Könige 22,52 wird gesagt, dass das achtzehnte Jahr Joschafats das zweite Jahr von Ahasja war. Also habe ich bei Joschafat achtzehn Jahre und bei Ahasja zwei Jahre eingetragen. Das sollte also identisch sein. Jetzt zählt man zusammen:
In Judah: 17 plus 3 plus 41 plus 18 ergibt 79.
In Israel: 22 plus 2 plus 24 plus 2 plus 12 plus 22 plus 2 ergibt 86.
Man kann so weitermachen, aber man bringt es nie zusammen. Viele Kritiker sagen deshalb, das seien einfach hoffnungslos schlecht überlieferte Zahlen.
Nun ist es aber so, dass es im Nahen Osten unterschiedliche Arten gibt, Regierungsjahre zu zählen. Das war in Israel offensichtlich auch so. Es gab nämlich unterschiedliche Zählweisen.
Übrigens sieht man im Hintergrund die Königsgräber Judas in Jerusalem, in der Davidstadt.
In Judah rechnete man mit einem Thronbesteigungsjahr. In Israel jedoch nicht. Wenn zum Beispiel in diesem Monat jemand Bundesrat wird, dann ist es immer noch das Jahr 2010, oder? In der Bibel, in Judah, würde man das als das Thronbesteigungsjahr bezeichnen. Erst ab Januar 2011 würde man Jahr 1 zählen, dann 2012 Jahr 2 und so weiter.
Eine andere Art der Zählung gab es in Israel bei den zehn Stämmen: Das Thronbesteigungsjahr wird dort schon als Jahr 1 gezählt. Dann wäre also 2010 Jahr 1, 2011 Jahr 2, 2012 Jahr 3. So entsteht eine Differenz von einem Jahr.
Das Thronbesteigungsjahr fällt dann immer mit dem angefangenen Jahr des Vorgängers zusammen. Wenn also Herr Merz in der Schweiz im Jahr 2010 regierte und im gleichen Jahr jemand nachfolgt, dann ist das letzte Jahr von Herrn Merz und das erste Jahr des Nachfolgers beide 2010.
Man muss also aufpassen, dass man nicht plötzlich von zwei Regierungsjahren spricht, weil das Thronbesteigungsjahr immer mit dem angefangenen Jahr des Vorgängers zusammenfällt.
Jetzt können wir das mal gegenüberstellen: In Judah rechnet man also Thronbesteigungsjahr, dann Jahr 1, 2, 3, 4. In Israel war das Thronbesteigungsjahr bereits Jahr 1, dann 2, 3, 4, 5. So entsteht eine Verschiebung um ein Jahr.
Machen wir eine Probe aufs Exempel: In Israel zählt man anstatt 22 Jahre nur 21, Nadab 2 statt 1, Baesa 24 statt 23, Ela 2 statt 1, Omri 12 statt 11, Ahab 22 statt 21, Ahasja 2 statt 1. Wenn man diese Zahlen zusammenzählt, ergibt das genau 79, genau wie in Judah. Alle Zahlen stimmen überein, keine Zahl muss korrigiert werden. Das ist fantastisch.
Nun dreht sich natürlich der Spieß um: Die Abschreiber der Bibel wussten schon vor mindestens 2.300 Jahren, dass es mit diesen Zahlen ein mathematisches Problem gibt. In der Übersetzung haben Juden versucht, das anzupassen, wie in der Septuaginta. Bei den Übersetzungen waren sie ziemlich frei. Aber beim Abschreiben des hebräischen Textes musste man genau so abschreiben wie in der Vorlage, auch wenn man das Gefühl hatte, es sei ein Fehler.
So wurden diese Zahlen streng überliefert, so wie sie sind, obwohl man seit mindestens 2.300 Jahren meinte, dass ein Fehler darin sein müsse. Das zeigt, wie exakt und genau die Bibel abgeschrieben wurde.
Beispiel 7: Die Kreuzigung Jesu und die Zeitrechnung
Zum Schluss noch eine kurze Frage: Um wie viel Uhr wurde Christus gekreuzigt?
In Markus 15,25 heißt es: „Es war aber die dritte Stunde, und sie kreuzigten ihn.“ In Johannes 19,14 steht hingegen: „Es war aber Rüsttag des Passa, es war um die sechste Stunde. Und Pilatus spricht zu den Juden: Siehe, euer König!“
Nach dem Johannesevangelium war Christus also um die sechste Stunde noch vor Gericht und noch nicht gekreuzigt. Markus dagegen berichtet, dass er um die dritte Stunde gekreuzigt wurde.
Man könnte nun vermuten, es handele sich um ein Übersetzungsproblem. Doch das ist nicht der Fall; der Kontext bestätigt die jeweilige Zeitangabe. Auch ein Abschreibfehler in den Handschriften ist nicht wahrscheinlich. Was also ist die Erklärung?
Damals gab es zwei Arten, die Stunden zu zählen. Die Juden hatten ihre eigene Zeitrechnung, und die römische Besatzungsmacht, seit 63 v. Chr. in Judäa, verwendete eine andere. Die römische Zeitrechnung zählte die Stunden ab Mitternacht, ähnlich wie wir heute. Die jüdische Zeitrechnung hingegen begann mit dem Sonnenaufgang.
Im Frühjahr entspricht die dritte Stunde nach jüdischer Rechnung ungefähr neun Uhr morgens. Markus benutzt die jüdische Zeitrechnung, Johannes die römische.
Das bedeutet: Um sechs Uhr morgens, also die sechste Stunde nach Johannes 19, war Jesus noch vor Pilatus. Um die dritte Stunde, also etwa neun Uhr morgens, wurde er gekreuzigt. Damit ist das scheinbare Problem gelöst.
Ein weiteres Beispiel findet sich in Johannes 1. Dort wollen zwei Jünger Jesus nachfolgen. Jesus fragt sie: „Was suchet ihr?“ Sie wollen bei ihm bleiben, und er sagt: „Kommt und seht.“
Es heißt, das geschah um die zehnte Stunde, und an jenem Tag blieben sie bei ihm. Wäre das nach jüdischer Zeitrechnung im Johannesevangelium, wäre die zehnte Stunde vier Uhr nachmittags. Das wäre schwierig zu verstehen, wenn sie von vier Uhr nachmittags bis zum Abend bei ihm blieben, da dann ja bald der neue Tag begann.
Wenn wir aber im Johannesevangelium die römische Zeitrechnung annehmen, beginnt der Tag um Mitternacht. Die zehnte Stunde wäre dann zehn Uhr morgens. So ergibt es Sinn, dass sie an jenem Tag bei Jesus blieben.
Beispiel 8: Die Bekehrung des Saulus und scheinbare Widersprüche
Und noch ganz kurz: Das letzte Beispiel ist die Bekehrung des Saulus. Die Bekehrungsgeschichte Saulus wird in der Apostelgeschichte dreimal erzählt. In Kapitel 9 wird sie berichtet, in Kapitel 22 von Paulus selbst erzählt und in Kapitel 26 nochmals von Paulus geschildert.
In Apostelgeschichte 9,7 heißt es, dass Saulus damals noch die Christen bis nach Damaskus verfolgte. Die Männer, die mit Saulus unterwegs waren, standen sprachlos da, weil sie zwar die Stimme hörten, aber niemanden sahen. Jesus Christus erschien Saulus und rief vom Himmel her: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“
Es wird erklärt, dass die Männer, die mit ihm kamen, sprachlos waren, da sie die Stimme hörten, aber niemanden sahen. Paulus erzählt nun in Kapitel 22,9: „Die aber bei mir waren, sahen zwar das Licht und wurden voll Furcht. Aber die Stimme dessen, der mit mir redete, hörten sie nicht.“
Ich erinnere mich, als ich als Teenager am Bahnhof in Zürich auf den Zug nach Hause von der Schule wartete. Oft nutzte ich die Zeit, um Traktate zu verteilen und mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Einmal sprach ich mit jemandem, der sich zunächst zugeknöpft zeigte. Ich sprach ihn darauf an, dass es Leute gibt, die denken, es gebe Widersprüche in der Bibel. So kamen wir ins Gespräch. Er sagte, er beschäftige sich gerade intensiv mit der Frage der Widersprüche in der Bibel und sei Theologe. Ich fragte ihn, wo er ein intellektuelles Problem sehe. Er antwortete, bei der Bekehrungsgeschichte Saulus. Genau dieser Widerspruch, ob sie hörten oder sahen – unter anderem, dass sie sahen, aber nicht hörten.
Ich erklärte ihm, dass in Apostelgeschichte 9 nicht dasselbe gemeint ist wie in Kapitel 22. Dort steht, sie sahen niemanden, keine Person. In Kapitel 22 steht hingegen, sie sahen das Licht. Das ist nicht dasselbe: Niemand und das Licht. Sie sahen keine Person, aber sie sahen das Licht.
Was ist nun mit dem Hören? Ich erläuterte ihm, dass es in der Grammatik so ist: In Kapitel 9 steht, sie hörten die Stimme. Das griechische Verb ist akouo, „hören“, mit Genitiv. Die Stimme steht im Genitiv. In Apostelgeschichte 22 hingegen ist es akouo mit Akkusativ. Das bedeutet: akouo mit Akkusativ heißt, die Stimme hören, akouo mit Genitiv heißt, von der Stimme hören.
Der Unterschied ist folgender: Wenn Lukas sagt, sie hörten nicht die Stimme, bedeutet das, sie verstanden den Inhalt nicht. Wenn es heißt, sie hörten von der Stimme, dann heißt das, sie hörten akustisch, dass da jemand spricht.
Man kann sich das so vorstellen: Man ist in einem Saal, viele Leute sprechen durcheinander. Man hört Stimmen, aber man kann nicht wahrnehmen, was die Leute sagen. Man kann von der Stimme hören, aber nicht die Stimme.
So fassen wir zusammen: Apostelgeschichte 9,7 – Die Begleiter hörten die Stimme, aber sie sahen niemanden. Apostelgeschichte 22,9 – Die Begleiter sahen das Licht, aber sie hörten nicht den Inhalt der Botschaft.
Nochmals: Die Begleiter sahen das Licht, aber nicht Jesus Christus. Sie hörten den Klang einer Stimme, aber sie verstanden nicht den Inhalt.
Man muss manchmal ein wenig arbeiten, denn nicht alles wird einem einfach so in den Schoß gelegt. Aber es steht ja in den Sprüchen: „Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht.“ Was man kaufen muss, das kostet etwas, es kommt nicht gratis.
So ist es eben: Wenn wir dieses Vertrauen haben – „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“ –, dann wird man Lösungen finden. Kritiker wären nie auf diese Lösungen gekommen. Das ist der Punkt: Sie verbauen sich selbst die weitere Forschung und damit auch die Ergebnisse und die Lösung.
