Einführung in die Prophetie über Tyrus
Wir kommen heute zu Hesekiel 27. Dieses Kapitel gehört in einen größeren Zusammenhang, denn die Kapitel 26 bis 28 behandeln Gottes Prophetie über Tyrus, diese bedeutende Stadt im Libanon.
Letztes Mal haben wir Kapitel 26 im Detail angeschaut und auch die erstaunliche Erfüllung der Prophetie Hesekiels behandelt. Dabei wurde deutlich, wie sich die Prophetie für seine Zeit erfüllt hat – darüber hinaus bis in die Zeit Alexanders des Großen und sogar bis ins zwanzigste beziehungsweise einundzwanzigste Jahrhundert nach Christus. Es handelt sich also um eine so detaillierte und genaue Prophetie, die erneut zeigt, dass die Bibel Gottes Wort ist.
Nachdem wir den Untergang Tyrus beschrieben haben, kommen wir jetzt zu Kapitel 27, in dem das Ganze aus einer völlig anderen Perspektive dargestellt wird. Es handelt sich hier um ein Klagelied über Tyrus.
Tyrus war zur Zeit Hesekiels das Welthandelszentrum. Hesekiel beschreibt, wie dieser große Handelsplatz zusammenbrechen wird – zum Schrecken all der Völker, die mit Tyrus in ökonomischer Beziehung standen.
Es ist ein grandioses Kapitel, das im Detail beschreibt, wie diese Handelsbeziehungen aussahen. Tyrus wird dabei als ein phönizisches Handelsschiff dargestellt, das zur damaligen Zeit technologisch an der Spitze stand, was die Schiffsbaukunst betraf.
Tyrus wird als Handelsschiff beschrieben, das auf dem Meer Schiffbruch erleidet und untergeht. So wird hier bildlich dargestellt, was in Kapitel 26 bereits im Klartext beschrieben wurde.
Das Klagelied über Tyrus: Hochmut und Reichtum
Wir beginnen mit der Lektüre von Kapitel 27, Verse 1 bis 12.
Bruno, kannst du bitte beginnen?
Und das Wort Jehovas geschah zu mir also: „Du, Menschensohn, erhebe ein Klagelied über Tyrus und sprich zu Tyrus, die du wohnst an den Zugängen des Meeres und Handel treibst mit den Völkern nach vielen Inseln hin“, so spricht der Herr, Jehova.
Tyrus, du sprichst: „Ich bin vollkommen an Schönheit. Deine Grenzen sind im Herzen der Meere, deine Bauleute haben deine Schönheit vollkommen gemacht. Aus Zypressen von Senir bauten sie dir alles Doppelplankenwerk. Sie nahmen Zedern vom Libanon, um dir einen Mast zu machen, aus Eichen von Basan machten sie deine Ruder. Dein Verdeck machten sie aus Elfenbein, eingefasst in Cherubin-Zeder von den Inseln der Kiter. Byssus in Bundwirkerei aus Ägypten war dein Segel, um dir als Flagge zu dienen. Blauer und roter Purpur von den Inseln Elishas war dein Zeltdach. Die Bewohner von Sidon und Achwat waren deine Ruderer, deine Weisen, die in dir waren. Tyrus, waren deine Steuermänner. Die Ältesten von Gebal und seine Weisen waren in dir als Ausbesserer deiner Lecke. Alle Schiffe des Meeres und ihre Seeleute waren in dir, um deine Waren einzutauschen. Perser und Lut und Put waren in deinen Heeren deine Kriegsleute. Schild und Helm hängten sie in dir auf, sie gaben dir Glanz. Die Söhne Agwads und dein Heer waren auf deinen Mauern ringsum, und Tapfere waren auf deinen Türmen. Ihre Schilde hängten sie ringsum an deinen Mauern auf. Sie machten deine Schönheit vollkommen.“
Wir haben schon beim letzten Mal gesehen, dass sich die drei Kapitel 26, 27 und 28 so einteilen lassen:
In Kapitel 26 geht es um das Vertrauen von Tyrus auf seine Mauern und Festungen, also um das Gefühl der Sicherheit. Dieses bricht vollständig zusammen.
In Kapitel 27 geht es um den Reichtum von Tyrus, den ökonomischen, also den wirtschaftlichen Reichtum. Das Vertrauen auf diesen Reichtum bricht hier zusammen.
Wenn wir zu Kapitel 28 kommen, dann geht es um die Weisheit und Intelligenz von Tyrus. Auch dieses Vertrauen bricht zusammen.
Diese drei Dinge sind sehr kennzeichnend, auch für unsere heutige Kultur:
Das Vertrauen auf die Sicherheit, die wir uns aufgebaut haben, besonders seit dem Zweiten Weltkrieg, das Vertrauen auf Reichtum und Handel und schließlich das Vertrauen auf Errungenschaften der Intelligenz, Wissenschaft und Ähnliches.
Aber hier wird gezeigt, dass all das nicht ausreicht. Alles bricht zusammen.
Allein das Vertrauen auf Gott gibt ein Fundament, das wirklich bleibt.
Hochmut als erster Grund des Gerichts
Wenn wir den Text nun Vers für Vers durchgehen, stellt sich die Frage: Was wird bei Tyrus angeprangert? In den ersten drei Versen wird vor allem die Selbstüberhöhung kritisiert.
Es heißt: „Ich bin von vollkommener Schönheit.“ Das zeigt Hochmut und Stolz.
Dazu passt ein Text aus dem Neuen Testament, Jakobus 4, den man nachlesen kann. Dort steht in Vers 6: „Er gibt aber desto größere Gnade. Deshalb spricht er: Gott widersteht den Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt er Gnade.“
Ezechiel kündigt das Gericht über Tyrus an. Der erste Grund dafür ist der Hochmut. Gott widersteht den Hochmütigen.
Wir kennen auch den Spruch aus dem Buch der Sprüche: „Hochmut kommt vor dem Fall.“ Genau das ist hier der Fall.
Beschreibung des phönizischen Handelsschiffs
Ab Vers 4 haben wir die Beschreibung eines phönizischen Handelsschiffs, das mit allem Luxus ausgestattet war. Diese Beschreibung findet sich in den Versen 4 bis 7. Übrigens wurde erst vor kurzer Zeit im Mittelmeer wieder ein phönizisches Schiff entdeckt und geborgen. Somit wissen wir sehr genau, wie diese Schiffe damals ausgesehen haben. Hier liegt uns eine authentische Beschreibung aus der Zeit vor.
Hesekiel lebte und prophezeite etwa um 586 v. Chr.
Außerdem finden wir verschiedene weitere Städte, die mit Tyrus in Verbindung standen. In Vers 8 wird darauf eingegangen.
Vorher noch eine Frage: Was sind die Inseln der Kittäer, die in Vers 6 am Schluss erwähnt werden? Die Insel der Kittäer, auch Kittim genannt, ist der hebräische Name für Zypern. Die Inseln der Kittäer beziehen sich also auf Zypern und die weiteren Inseln im Mittelmeer.
Übrigens, wenn wir bei solchen Worterklärungen sind: In Vers 3 heißt es „die du wohnst an den Zugängen des Meeres und handeltreibst mit den Völkern nach vielen Inseln hin“. Das hebräische Wort für Insel bezeichnet hier speziell die Inseln im Mittelmeer sowie die Küstengebiete. Das ist wichtig.
Hier geht es also effektiv um den Handel im Mittelmeer mit Europa und den Mittelmeerinseln, nicht mit Afrika beziehungsweise Nordafrika. Das kommt alles noch. Natürlich auch dort, also die Küstengebiete rund um das Mittelmeer.
Die Völkertafel und die Herkunft der Phönizier
Wir können zunächst bei 1. Mose 10 beginnen. Dort finden wir die sogenannte Völkertafel, die die drei Söhne Noachs – Sem, Ham und Jafet – sowie deren Nachkommen auflistet. Insgesamt sind es siebzig Namen, von denen sich die gesamte Bevölkerung der Menschheit ableitet.
Zunächst betrachten wir die Jafetiter. Kann das bitte jemand vorlesen? 1. Mose 10,2: „Die Söhne Jafets sind diese: Gomer, Magog, Madai, Jawan, Tubal, Meschech und Tiras. Die Söhne Gomers sind diese: Aschkenas, Rifat und Togarma. Die Söhne Jawans sind diese: Elischa, Tarsis, Kittim und Dodanim.“ Von diesen haben sich die Bewohner der Inseln der Heiden ausgebreitet. Das sind die Söhne Jafets, nach ihren Ländern, Sprachen, Geschlechtern und Völkern.
Das Wort „Inseln“ bezeichnet im Alten Testament überall die Inseln und Küstengebiete des Mittelmeerraums, von Kleinasien bis Spanien. Somit haben die Söhne Jafets Europa besiedelt.
Gomer ist der Vorfahre der Kelten und Germanen. Madai ist der Stammvater der Meder, die heute zu den Kurden zählen. Jawan steht für Griechenland und ist der Vorfahr der Griechen. Im Alten Testament werden die Griechen immer als Jawan bezeichnet. Auch im modernen Hebräisch heißt „griechisch“ Javani, und der Grieche ist der Jawanier.
Tubal und Meschech sind Stämme, die sich zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer angesiedelt haben. Von ihnen stammen unter anderem die Russen ab, was ein wichtiger Teil ihrer Herkunft ist.
In Vers 4 werden auch die Söhne Jawans genannt, darunter die Kittim. Das war die Frage: Wer sind die Kittim? Sie sind die Bewohner Zyperns. Der Name „Kittim“ geht auf diese Region zurück.
Übrigens stammt der griechische Stammesname „Jonier“ von Jawan. Das „J“ verändert sich oft zu einem „O“, daher die Formen Jon, Jawan, Jonier.
In Kapitel 27 des Buches Ezechiel finden sich zahlreiche ethnische Bezeichnungen, von denen viele durch die Völkertafel in 1. Mose 10 erklärt werden können. Besonders erwähnenswert sind die Küstenländer Europas, denn dieser Ausdruck bezeichnet in 1. Mose 10 speziell Europa, aber im weiteren Sinn natürlich das gesamte Mittelmeergebiet.
Nun habe ich gefragt, mit welchen Städten Tyrus in Verbindung stand. In Vers 8 werden Sidon und Tyrus genannt, die ganz nah beieinander liegen. Dann wird Arvad erwähnt, eine phönizische Stadt nördlich davon.
In Vers 9 folgt Gebal, die älteste Stadt Gebal. Hat jemand diesen Namen in seiner Bibel anders? Ja, Byblos. Das ist richtig, Gebal und Byblos bezeichnen dieselbe Stadt. Byblos ist ein späterer Name, den die Griechen eingeführt haben. Er stammt daher, dass dort viel Papyrus gehandelt wurde. Daraus entstand der Name „Byblos“, der mit „Buch“ zusammenhängt.
Noch heute heißt die Stadt im Arabischen „Dschbeil“ mit einem weichen „g“ für „Gebal“. Byblos, beziehungsweise Gebal, liegt im Libanon.
In Vers 10 wird Arwad nochmals erwähnt. Weitere wichtige Städte waren Ugarit in Nordsyrien und Karthago in Afrika. Karthago war eine afrikanische Kolonie der Phönizier.
Die Phönizier: Herkunft und Bedeutung
Jetzt müssen wir vielleicht auch noch klären: Wer sind denn die Phönizier? Was ist das für ein Volk? Sie haben verschiedene Stadtstaaten aufgebaut, wobei Tyrus das Wichtigste in diesem Netzwerk war.
Wer waren die Phönizier und woher kamen sie? Die Phönizier sind ein kananitisches Volk. Sie sind also verwandt mit den Kananitern, die im Land Israel lebten und von Israel vertrieben wurden. Die Phönizier hingegen wurden nicht vertrieben, weil sie nördlicher lebten.
Die Kananiter stammen von Ham ab, wie es in 1. Mose 10 beschrieben wird. Es handelt sich also um ein hamitisches Volk. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Noah prophezeit hat, dass Ham ein Knecht der Knechte sein soll. Dabei haben die Phönizier doch eine Hochkultur von besonderer Art aufgebaut.
Ihr könnt das gerne mal kurz nachschauen. In der Guten Nachricht Bibel steht in Vers 10: Gut, Lutt und Paras. Paras sind die Perser, andere übersetzen das mit Persien. Lud und Put waren zwei Völker in Nordafrika, also westlich von Ägypten, in der Region Libyen. Lud und Put waren also Leute, die als Söldner in der Armee eingesetzt wurden.
Warum brauchte Tyrus eine große Armee? Warum wird sie hier erwähnt? Die Reichsstadt Tyrus stand natürlich im Fokus vieler, die sie erobern wollten. Zudem wurden ihre Schiffe oft von Piraten überfallen.
Das Problem der Piraterie zwang Tyrus, eine Armee aufzubauen, um die Schiffe zu schützen. Sonst wäre alles nutzlos gewesen. Dieses Problem besteht auch heute noch beim Rohstoffhandel. Rohstoffhandel bringt viel Geld, aber Piraterie ist ein großes Problem.
Deshalb waren die Phönizier bis ins Letzte organisiert. Sie hatten auch fremde Söldner aus anderen Ländern als Schutzarmee für ihre Wirtschaft.
Wie gesagt, die Phönizier waren Hamiten. Nun wollen wir uns die Prophezeiung Noahs über seine drei Söhne ansehen. In 1. Mose 9,25 lesen wir, dass Ham seinen Vater auf schändliche Weise verächtlich behandelt hat. Als Noah erwachte, sprach er in Vers 25:
„Verflucht sei Kanaan, ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern!“
Und weiter in Vers 26:
„Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems, und Kanaan sei sein Knecht! Weiten Raum schaffe Gott dem Japheth, und er wohne in den Zelten Sems, und Kanaan sei sein Knecht.“
Hier haben wir die grobe Prophezeiung über die drei Söhne Sem, Ham und Japheth. Sem sollte die Linie sein, durch die sich Gott offenbart. Darum nennt Noah Gott den Gott Sems. Aus dieser Linie stammt Israel, und über sie hat sich Gott offenbart und sein Wort der Welt gegeben. „Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems!“
Von Japheth lesen wir in Vers 27:
„Weit mache es Gott dem Japheth.“
Das ist ein Wortspiel, denn Japheth bedeutet Ausdehnung, Weite. Diese Linie hat sich auf der ganzen Welt am meisten ausgebreitet. Die Europäer sind in alle Kontinente gegangen und haben die ganze Welt besiedelt. Das hat Noah bereits gesehen.
Die Linie von Ham hingegen wird verflucht, und zwar durch seinen Sohn Kanaan: „Verflucht sei Kanaan, ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern.“
Nun sehen wir aber, dass die Phönizier gar nicht so sehr Sklaven waren, sondern den Welthandel beherrschten. Sie sind später allerdings zusammengebrochen.
Man kann noch mehr erwähnen, zum Beispiel die Ägypter. Sie haben eine der frühesten Hochkulturen aufgebaut und waren ebenfalls Hamiten. Die Ägypter stammen von Ham ab, genauer von Mitzraim.
Auch die allererste Kultur Babel, also die sumerische Kultur, geht zurück auf Nimrod, einen Sohn von Ham. Nimrod hat dieses ganze Projekt angezettelt. Sein Name bedeutet „Lasst uns empören!“
Es ist also interessant: Die Hamiten haben die ersten hohen Kulturen aufgebaut, konnten sie aber nicht dauerhaft erhalten. Letztlich haben die Söhne Sems und Japhets davon profitiert. Alles, was die Hamiten aufgebaut haben, wurde später von den anderen übernommen.
Insofern ist die Linie Hams und insbesondere Kanaan ein Knecht für die anderen geworden.
Dieses Problem zwischen Japheth und Ham, beziehungsweise Kanaan, blieb bis in die römische Zeit bestehen. Vielleicht habt ihr es noch aus der Schule: Cicero sagte bei jeder Senatssitzung am Schluss „decet rencenso Carthago delenda esse“ – „Es gehört zum Beschluss, dass Karthago zerstört werden muss.“
Ich bin der Meinung, dass Karthago zerstört werden musste, weil Rom keine Chance gegen die phönizische Kolonie Karthago hatte. Schließlich kam der Tag, an dem Karthago endgültig fiel, und die römischen Japhetiten übernahmen alles.
So wurde Kanaan tatsächlich zum Knecht der anderen.
Das nur, um den Rahmen noch ein bisschen zu erweitern und die weltgeschichtliche Bedeutung der Phönizier zu verdeutlichen.
Tyrus im Welthandel: Städte und Waren
Das Interessante ist, dass der Reichtum der Leute aus Kartago aus der Beherrschung des Wassers für die Bewässerung ihrer Ländereien herrührte. Dadurch wurde Kartago zu einem unglaublichen Weizen-Exportzentrum. Die Römer hingegen mussten Weizen einkaufen, und ständiges Einkaufen ist immer eine negativere Geschichte als Verkaufen.
Hannibal kam dem entgegen aus Kartago. Ja, Hannibal – „Hannibal vor den Toren“ – das war damals vergleichbar mit dem, was man heute von Saddam Hussein sagen würde. Aber die Kultur ist gefallen, ein gültiger Fall.
Was noch weiter zu sagen ist: Die Venezianer haben nämlich nicht nur einen unglaublichen Handel aufgebaut, sondern waren auch in der Industrie, in der Verarbeitung dieser Handelsgüter, führend. Darauf kommen wir gleich im Folgenden zurück.
Was wir sehen, ist Hochmut. Gott widersteht dem Hochmütigen. Dann gibt es das Vertrauen auf den Reichtum. In den Versen 10 und 11 finden wir die Armee, die den Handel schützte. So hat Tyrus sein Vertrauen auf die Sicherheit des Reichtums gesetzt – auf die vermeintliche Sicherheit des Reichtums.
Lesen wir dazu aus dem Neuen Testament, 1. Timotheus 6,17-19:
„Den Reichen musst du unbedingt einschärfen, dass sie sich nichts auf ihren irdischen Besitz einbilden oder ihre Hoffnung auf etwas so Unsicheres wie den Reichtum setzen. Sie sollen vielmehr auf Gott hoffen, der uns reich beschenkt mit allem, was wir brauchen. Sage ihnen, dass sie Gutes tun sollen und gern von ihrem Reichtum abgeben, um anderen zu helfen. So werden sie wirklich reich sein und sich ein gutes Fundament für die Zukunft schaffen, um das wahre und ewige Leben zu gewinnen.“
Hier werden die Gläubigen, die Christen, angesprochen, die reich waren. Es wird also nicht dazu aufgerufen, Reichtum zu meiden oder ihn als falsch zu betrachten. Aber es wird deutlich gesagt, dass Reiche ihre Hoffnung nicht auf die Unsicherheit des Reichtums setzen sollen.
Und wir wissen, wie das ist mit den Aktien, oder? In den letzten Wochen ist wieder deutlich geworden, dass das alles ein Luftballon ist. Man braucht nur einmal mit der Nadel heranzukommen, und dann platzt alles. Es ist so unsicher. Also soll man nicht auf diese Unsicherheit seine Hoffnung setzen.
Aber Tyrus hat genau das getan und hat das noch ein bisschen mit einer gut ausgeführten Armee „frisiert“. Auf der anderen Seite sollen die Reichen auch mitteilsam sein und im Blick auf andere die Augen offen haben.
Im gleichen Kapitel sagt Paulus noch ein erstes Wort für die, die nicht reich sind, und zwar in Kapitel 6, Verse 9-11. Wer liest das?
„Die aber reich werden wollen, fallen Versuchung und Fallstrick und viele unvernünftige und schädliche Begierden, welche die Menschen in Verderben und Untergang versenken. Denn eine Wurzel alles Bösen ist die Geldliebe, nach der einige getrachtet haben, von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben. Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge; strebe aber nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut.“
Wir sehen also zwei verschiedene Gruppen. In Vers 17 sind die Reichen angesprochen, und in Vers 9 die, die reich werden wollen. Das sind nicht dieselben.
Besonders gefährdet sind die, die reich werden wollen. Wenn Gott aus irgendwelchen souveränen Gründen jemanden reich gemacht hat, ist das etwas anderes. Aber wenn ich mir das Ziel setze, möglichst schnell und viel Profit zu machen, dann ist man ganz eindeutig neben dem Evangelium.
In der Offenbarung, Kapitel 3, heißt es noch einmal:
„Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts und weiß nicht, dass du elend und jämmerlich und arm und bloß und blind bist. Ich rate dir, von mir Gold zu kaufen, geläutert im Feuer, auf dass du reich werdest, und weiße Kleider, auf dass du bekleidet werdest und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.“
Ich denke, was hier in Tyrus gefehlt hat, war genau dieser Reichtum, wenn man nur in ihm Gold findet. Jawohl, der Herr Jesus bietet den geistlichen Reichtum an – Gold von ihm, das sind geistliche Schätze, die damit gemeint sind.
Ja, danke!
Der Welthandel Tyrus: Detaillierte Aufzählung der Handelspartner
Noch etwas bis hierher, dann lesen wir weiter ab Vers zwölf. Jetzt habe ich die Stadt schon erwähnt, in Vers zwölf: Tarsis. Diese gehört auch noch dazu. Tarsis war eine phönizische Handelsstadt in Spanien. Sie gehört ebenfalls zu der Serie, die ich bereits genannt habe: Zidon, Arwat, Gebal und eben auch Tarsis.
Wer ab Vers zwölf liest, findet Folgendes: Tarsis hat für dich Handel getrieben mit einer Fülle von Gütern aller Art und Silber, Eisen, Zinn und Blei auf deine Märkte gebracht. Yavan, Tubal und Mescheg haben mit dir gehandelt und Sklaven sowie Geräte aus Kupferware geliefert. Die Leute von Togarumma brachten Rosse, Reitpferde und Maulesel auf deine Märkte. Die Leute von Rhodos waren deine Händler, und viele Inseln haben Handel mit dir getrieben. Sie zahlten mit Elfenbein und Regenholz.
Die Edomiter kauften von den vielen Waren, die du gefertigt hattest, und brachten Malachit, Purpur, bunte Stoffe, feine Leinwand, Korallen und Rubine auf deine Märkte. Judah und das Land Israel handelten mit dir und brachten Weizen aus Minit, Feigen, Honig, Öl und Harz als Ware. Damaskus kaufte von den vielen Produkten, die du mit großer Fertigkeit hergestellt hattest, und brachte Wein von Hilbon sowie Wolle von Zahar.
Vedan und Javan brachten von Usal geformtes Eisen, Zimt und Kalmus auf deine Märkte. Dedan handelte mit dir mit Decken zum Reiten. Arabien und alle Fürsten von Keda trieben mit dir Handel mit Schafen, Widdern und Böcken. Die Kaufleute aus Saba und Ragwa brachten den besten Balsam, Edelsteine aller Art und Gold auf deine Märkte.
Haran, Kanne und Eden, zusammen mit den Kaufleuten aus Azur und ganz Medien, handelten mit dir. Sie waren deine Händler mit Frachtgewändern, Mänteln von Purpur und bunten Stoffen sowie Teppichen von Purpur. Außerdem brachten sie geflochtene und gedrehte Taue in den Handel mit dir. Tarsischiffe kauften deine Waren, wodurch du sehr reich und herrlich wurdest mitten im Meer.
Bis hierhin. Wir sehen, wie detailliert der gesamte Welthandel hier beschrieben wird. Zunächst beginnt es in Vers zwölf mit Spanien, das für den Handel mit Metallen bekannt war. Daher werden Silber, Eisen, Zinn und Blei erwähnt.
In Vers 13 finden wir Javan – das wissen wir als Griechenland –, Tubal und Mesech. Das sind Völker zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer, die Vorfahren von Russland. Später werden wir Mesech und Tubal in Hesekiel 38 und 39 wiederfinden. Dort sind sie als Feinde Israels in der Endzeit beschrieben, die vom äußersten Norden mit vielen Alliierten angreifen werden.
Es ist wichtig zu wissen, dass diese Völker die Vorfahren von Russland sind. Von Israel aus gesehen liegt das im äußersten Norden. Wenn man direkt nach Norden geht, kommt man zum Nordpol, wo niemand wohnt. Doch dort, wo es noch Menschen gibt, befindet man sich mitten in Russland.
Das nur am Rande, denn wir werden später noch ausführlich über Tubal und Mesech sprechen. Tarsis wird auch in 1. Mose 10 erwähnt, als einer der Söhne Javas. Das sind wieder die europäischen Völker, die Jafetiten, also speziell europäische, aber nicht nur diese.
Dann wird Togarma in Vers 14 erwähnt. Das ist wahrscheinlich Armenien – Arma, Tok, Arma. Danach kommen wir in den Mittleren Osten: Aram in Vers 16, also Syrien. In Vers 17 wird die Handelsbeziehung mit Israel beschrieben. Das ist sehr wichtig, denn Israel ist in diesen Welthandel verwickelt. Judah und das Land Israel waren deine Kaufleute. Honig und Öl sind natürlich besondere Erzeugnisse aus dem verheißenen Land, das von Milch und Honig floss.
Dann wird Damaskus in Vers 18 erwähnt. Von dort geht es weiter hinunter bis in die Arabische Halbinsel, wenn von Vedan und Usal gesprochen wird, Dedan, Arabien und alle Fürsten Kedas in Vers 21. Sheba, das liegt im heutigen Jemen, wird ebenfalls genannt. So werden Völker bis in den Süden der Arabischen Halbinsel erwähnt, also Jemen und Oman.
Wir haben auch Medien erwähnt, also bis in das heutige Persien hinein. All das gehörte zum Welthandel. Übrigens ist bekannt, dass die Phönizier schon Afrika umsegelt hatten mit ihren Schiffen – ganz Afrika umfahren. Man kann sich kaum vorstellen, wie weit sie damals reisten.
Die Phönizier waren auch führend in der Verarbeitung all dieser Materialien, wie gerade Elfenbein und Ähnliches. Technologisch waren sie absolut auf der Höhe.
Die Feindschaft zwischen Tyrus und Israel
Oder haben Sie jenseits des Roten Meeres einen Ausgangspunkt genommen? Denn damals gab es ja noch keinen Suezkanal.
Nein, ich nehme an, über die Straße von Gibraltar, denn das war ja sowieso eine Kolonie, eben in Spanien. Sie haben wohl den Umweg so gemacht, ja, genau.
Ist das bis dahin eine Frage oder eine Ergänzung? Ja?
Herr Matthäus, eine Tochter Jerusalems – ich denke, das sind dann klare Lieder. Da steht in Kapitel 2, Vers 15: „Alle, die des Weges ziehen, schlagen überdicht die Hände zusammen, sie zischen und schiffen ihren Kopf über die Tochter Jerusalems.“ Ist das die Stadt, von der man sagte, sie sei die Schönheit und Vollendung? Eine Freude der ganzen Erde?
Bezieht sich diese Stelle hier auf Tyrus?
Nein, auf Jerusalem. Aber Tyrus hat ja diesen Anspruch auch für sich gemacht.
Du kommst darauf wegen Vers 3, nehme ich an, oder?
Ja, genau. Weil sie genau diesen Ausdruck „Ich bin die Schönheit, Vollendung“ nimmt.
Nein, in den Klageliedern bezieht es sich auf Jerusalem. Aber das, was Gott eigentlich seiner auserwählten Stadt gewissermaßen zugesagt hat, das hat Tyrus für sich in Anspruch genommen.
Übrigens, in der Zeit von Salomo: Wer waren die großen Handwerker bei seinem Tempel? Es waren Leute aus der Kirche. Es waren Leute von Tyrus, ja. Also sie waren schon damals, in der Zeit von Salomo, führend in der Verarbeitung von Metall und auch im Bauen.
Darum hatte Salomo Bauleute und Technologen aller Art vom Libanon kommen lassen. Der König Hiram, damals König von Tyrus, war sein Freund.
Das haben wir letztes Mal noch nicht angeschaut, in Kapitel ...
Lacht ja Tyrus zunächst, dass Jerusalem gefallen ist 586 v. Chr.: „Haha, jetzt kommt der Reichtum mir zu, weil jetzt Jerusalem diese Handelsstraße vom Süden von Arabien her nicht mehr kontrollieren kann.“
Also da finden wir eine grausame Feindschaft gegen das Volk Gottes, während Jahrhunderte zuvor eine enge Freundschaft bestanden hat.
Und jetzt sagt Gott hier in Ezechiel das Gericht an über die Phönizier. Eine Freundschaft, die man zerbricht, wird von Gott sehr schwer bewertet. Eine Freundschaft, die man in Feindschaft umwandelt – das haben die Tyrus gemacht mit Israel.
Und wie sie Feinde sind, wird ihnen auch das Gericht angekündigt.
Der Untergang Tyrus als Schiffbruch
Gut, wir lesen weiter, Kapitel 27, Vers 26 bis zum Schluss.
Wer ist dran?
Deine Ruderer haben dich auf die hohe See geführt, doch ein Ostwind wird dich mitten auf dem Meer zerschmettern. Dadurch wird dein Reichtum, dein Handelsgut, deine Ware, deine Schiffsleute, deine Steuerleute, deine Zimmerleute, deine Händler und alle deine Kriegsleute sowie das gesamte Volk in dir mitten auf dem Meer umkommen am Tag deines Falls.
Hier haben wir also die Beschreibung eines Schiffbruchs. Die Gestade werden erbeben vom Geschrei deiner Steuerleute. Alle, die das Ruder führen – die Schiffsleute und Seefahrer – werden von ihren Schiffen herabsteigen. Sie werden an Land gehen, laut über dich schreien und bitterlich klagen. Sie werden Staub auf ihre Köpfe werfen und sich in der Asche wälzen.
Sie werden sich kahl scheren, deinetwegen Säcke anlegen und von Herzen bitterlich um dich weinen und trauern. Auch ihre Kinder werden ein Klagelied über dich anstimmen und um dich klagen.
Ach, wer ist je auf dem Meer so still geworden wie Kyros? Als du deinen Handel auf dem Meer triebst, hast du viele Länder satt gemacht. Mit der Menge deiner Güter und Waren hast du die Könige auf Erden reich gemacht.
Nun aber bist du zerschmettert, hinweg vom Meer in die tiefen Wasser gestürzt. Dein Handelsgut und all dein Volk in dir sind umgekommen.
Alle, die auf den Inseln wohnen, erschrecken über dich. Ihre Könige entsetzen sich und schauen jämmerlich hinein. Die Kaufleute unter den Völkern zischen über dich, weil du so plötzlich untergegangen bist und nicht mehr aufsteigen kannst.
Jedes dieser drei Kapitel über Tyrus endet damit, dass Tyrus dahin ist und du bist dahin auf ewig. Das haben wir schon in Kapitel 26, Vers 21 gelesen: „Zum Schrecken werde ich dich machen, und du wirst nicht mehr sein, und du wirst gesucht und in Ewigkeit nicht wiedergefunden werden, spricht der Herr.“
Und am Ende von Kapitel 28, also über Tyrus, steht in Vers 19: „Alle, die dich kennen unter den Völkern, entsetzen sich über dich, ein Schrecken bist du geworden und bist dahin auf ewig.“
Jedes Kapitel endet so.
Übrigens: Ein Ostwind zerschellt also das phönizische Schiff auf dem Meer. Neben Kyros ist von Osten gekommen, gezwungenermaßen. Er hatte ja keine Seeflotte, er kam also nicht von Westen, denn Tyrus lag am Meer im Osten.
Auch später hatte Alexander der Große keine Flotte und verwüstete Tyrus vom Osten her.
Symbolik von Sack und Asche und die Bedeutung für unsere Kultur
Kann der Ursprung des geflügelten Wortes „in Sack und Asche“ darauf zurückgehen? Ja, dieser Ausdruck kommt natürlich häufig in der Bibel vor. Nicht nur hier, sondern durch die ganze Bibel hindurch war es bei den orientalischen Völkern ein Ausdruck der Trauer, wenn man in Asche sitzt und statt normaler Kleidung einen Ziegenhaarsack trägt.
Ziegenhaar ist meist schwarz, also schwarze Kleidung – wie bei uns ist auch Schwarz die Farbe der Trauer. Für alle Völker, die Handelsbeziehungen mit Tyrus hatten, war es ein großer Schrecken, als Tyrus unterging. Wer von Wappendorf liest, der großen Stadt Tyrus, findet viele Parallelen. Dieses Machtsystem in der Endzeit weist ebenfalls viele übereinstimmende Merkmale mit Tyrus auf.
Das zeigt uns wieder, wie wichtig es ist, diese Ereignisse nicht nur geschichtlich zu sehen, sondern sie auf unsere heutige Kultur zu übertragen. So können wir verstehen, wie Gott über unsere Kultur denkt. Wenn wir wissen, wie Gott über Tyrus denkt, wissen wir, wie er über uns denkt.
Gott zerbricht die Scheinsicherheit, die auf Wirtschaft und Profit basiert. Ihm ist eine solche Kultur ein Gräuel. Nun haben wir als Christen die schwierige Aufgabe, in einer solchen Kultur zu leben, in der die Wirtschaft immer das Wichtigste ist. Egal, um welche Themen es in den Tageszeitungen geht, letztlich ist immer entscheidend, was das für die Wirtschaft bedeutet.
Selbst wenn es um Themen wie Religion oder Rassismus geht, wird alles im Zusammenhang mit der Wirtschaft betrachtet. Es ist wirklich so: Der Götze Mammon kennzeichnet unsere Kultur. Für Gott ist das ein Gräuel, und deshalb musste das phönizische Schiff untergehen.
Schiffbruch im Neuen Testament und geistliche Lehren
Im Neuen Testament finden wir das Bild vom Schiffbruch ebenfalls wieder. In 1. Timotheus spricht Paulus über Menschen, die im Glauben Schiffbruch erlitten haben. In 1. Timotheus 1,18-20 heißt es:
„Dieses Gebot vertraue ich dir an, mein Kind Timotheus, nach den vorangegangenen Weissagungen über dich, damit du durch sie den guten Kampf kämpfst, indem du den Glauben bewahrst und ein gutes Gewissen, das einige von sich gestoßen und so im Hinblick auf den Glauben Schiffbruch erlitten haben. Unter ihnen sind Hymenäus und Alexander, die ich dem Satan übergeben habe, damit sie zurechtgewiesen werden und nicht lästern.“
Timotheus wird hier ernsthaft ermahnt, den guten Kampf zu kämpfen. Das bedeutet, den Glauben zu bewahren und ein gutes Gewissen zu haben. Wenn man diese Elemente nicht bewahrt, kann man im Glauben Schiffbruch erleiden. Ein gutes Gewissen zu bewahren heißt, wenn Dinge im Leben auftauchen, die ein schlechtes Gewissen verursachen, muss man diese vor Gott ordnen. Wenn man das stehen lässt, ist das die beste Voraussetzung für Schiffbruch.
Insofern ist Tyrus ein eindrückliches Beispiel für einen falschen Weg: Das Vertrauen auf Profit und immer mehr Luxus als Lebensinhalt hat zu Schiffbruch geführt. Aber auch beim Gläubigen führt es zu Schiffbruch, wenn er den Glauben und ein gutes Gewissen nicht bewahrt.
Funktioniert denn das, was dann nachkommt? Paulus sagt, er habe Hymenäus und Alexander aus der Gemeinde ausgeschlossen und dem Satan übergeben, damit sie zur Besinnung kommen und Gott nicht länger verhöhnen. Was genau bedeutet das?
Übrigens, im Text steht nicht „aus der Gemeinde ausgeschlossen“. Das ist eine Hinzufügung des Übersetzers. Die moderne Übersetzungstechnik liest den griechischen Text und versucht, den Sinn in heutiger Sprache wiederzugeben. Im Grundtext steht nur, dass Paulus sie dem Satan überliefert hat. Der Übersetzer hat daraus geschlossen, dass „dem Satan überliefern“ dem Ausschluss aus der Gemeinde entspricht, und so übersetzt.
Der Ausdruck „dem Satan überliefern“ kommt auch in 1. Korinther 5 vor. Dort sagt Paulus, dass er selbst diese Entscheidung trifft. Das wird nur von einem Apostel gesagt, nie von einer Gemeinde. Andererseits sagt Paulus in 1. Korinther 5, dass die Gemeinde einen Mann ausschließen soll, der in Unzucht lebt. Paulus selbst hat beschlossen, diesen Mann dem Satan zu überliefern. Somit sind das zwei verschiedene Dinge: Gemeindezucht und das Überliefern an den Satan.
Die Gemeindezucht hat unter anderem das Ziel, dass der Betreffende zur Einsicht, Umkehr und Wiederherstellung gelangt. Das Überliefern an den Satan durch den Apostel geht darüber hinaus. Paulus sagt, es geschieht, damit sie durch Zucht unterwiesen werden. Das muss ähnlich gewesen sein wie bei Hiob, der von Satan körperlich geprüft wurde. Im Fall Hiob war es keine Strafe für Sünde, sondern eine Prüfung. Hier ist es eine Zucht von Gott, aber in apostolischer Autorität, die wir heute nicht übertragen können.
Eine wichtige Frage dazu: Bedeutet „dem Satan überliefert“ zu werden, wie bei Hymenäus und Alexander, dass man dadurch das ewige Leben verliert? Diese Stelle sagt das nicht aus. Nein, es geht um eine zeitliche Zucht.
Wenn heute ein Gläubiger im Glauben Schiffbruch erleidet, bedeutet das nicht notwendigerweise, dass er für die Ewigkeit verloren ist. Ein echter Gläubiger wird zur Umkehr kommen. Gott gibt denen, die sich bekehren und von neuem geboren werden, die Gabe des Beharrens – die Fähigkeit, den Glauben bis zum Ende zu bewahren. Das ist eine Gabe Gottes, die wir nicht selbst produzieren können.
Wer sich nicht wirklich bekehrt hat, wie Jesus im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld beschreibt, der glaubt nur für eine Zeit. Wenn Schwierigkeiten kommen, fällt er ab. Diese Menschen waren nicht wiedergeboren, obwohl sie glaubten. Das Wort hat keine feste Wurzel in ihnen. So wie auf dem steinigen Feld kann keine Wurzel wachsen. Sie hatten nicht die Gabe des Beharrens.
In 1. Petrus 1 lesen wir, dass Gott uns durch den Glauben bewahrt bis ans Ziel. Das ist die Gabe, die Wiedergeborene erhalten.
Nun machen wir eine Pause von zwanzig Minuten.
Anschließend kommen wir zu Hesekiel 28. Wir lesen bis Vers 19:
„Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Menschensohn, sprich zum Fürsten von Tyrus: So spricht der Herr, der Ewige: Weil dein Herz sich erhebt und du sprichst: ‚Ich bin Gott, ich sitze auf einem Gottessitz im Herzen der Meere‘, da du doch ein Mensch bist und nicht Gott, und hegst einen Sinn wie eines Gottes Sinn – siehe, du bist weiser als Daniel, nichts Verborgenes ist dunkel für dich.
Durch deine Weisheit und deinen Verstand hast du dir Reichtum erworben und hast Gold und Silber in deine Schatzkammern geschafft. Durch die Größe deiner Weisheit hast du mit deinem Handel deinen Reichtum gemehrt. Und dein Herz hat sich wegen deines Reichtums erhoben.
Darum spricht der Herr, der Ewige: Weil du einen Sinn hegst wie eines Gottes Sinn, werde ich Fremde, die Gewaltätigsten der Nationen, über dich bringen. Sie werden ihre Schwerter ziehen und die Schönheit deiner Weisheit und deinen Glanz entweihen. In die Grube werden sie dich hinabstürzen, und du wirst den Tod eines Erschlagenen sterben, mitten im Herzen der Meere.
Wirst du wohl angesichts deines Mörders sagen: ‚Ich bin Gott‘, da du doch ein Mensch bist und nicht Gott? In der Hand der Fremden will dich erschlagen. Des Todes der Unbeschnittenen wirst du sterben durch die Hand der Fremden, denn ich habe geredet, spricht der Herr, der Ewige.“
Und weiter:
„Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Menschensohn, erhebe ein Klagelied über den König von Tyrus und sprich zu ihm: So spricht der Herr, der Ewige:
Wenn du das Bild der Vollendung warst, voll von Weisheit und vollkommen an Schönheit, du warst in Eden, dem Garten Gottes. Allerlei Edelgestein war deine Decke: Sardis, Topas und Diamant, Chrysolith, Onyx und Jaspis, Saphir, Karfunkel und Smaragd mit Gold.
Das Kunstwerk deiner Tamburine und deiner Pfeifen war bei dir. An den Tagen, da du geschaffen wurdest, wurden sie bereitet. Du warst ein schirmender, gesalbter Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht. Du warst auf Gottes heiligem Berg. Du wandeltest inmitten feuriger Steine.
Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tage an, da du geschaffen wurdest, bis Unrecht an dir gefunden wurde. Durch die Größe deines Handels wurde dein Inneres mit Gewalttat erfüllt, und du sündigtest. Ich habe dich entweiht von Gottes Berg hinweg und dich durch den schirmenden Cherub verflucht aus der Mitte der feurigen Steine.
Dein Herz hat sich erhoben ob deiner Schönheit, du hast deine Weisheit zunichte gemacht wegen deines Glanzes. Ich habe dich zu Boden geworfen und vor Königen dahingegeben, damit sie ihre Lust an dir sehen.
Durch die Menge deiner Missetaten und in der Unrechtlichkeit deines Handelns hast du deine Heiligtümer entweiht. Darum habe ich aus deinem Inneren ein Feuer ausgehen lassen, das dich verzehrt hat. Ich habe dich zu Asche gemacht auf der Erde vor den Augen aller, die dich sehen.
Alle, die dich kennen unter den Völkern, entsetzen sich über dich. Ein Schrecken bist du geworden und bist dahin auf ewig.“
In diesem Kapitel geht es um den Stolz von Tyrus in Bezug auf Weisheit und Wissen. Im Altertum wurde intellektuelles und praktisches Wissen nicht getrennt, wie heute. Sie wurden als Einheit gesehen. Unser heutiges Denken ist stark von den griechischen Philosophen geprägt, was eine heidnische Idee ist, aber das würde zu weit führen.
In der Bibel wird Weisheit immer als eine Einheit verstanden – nicht nur als gedankliche Weisheit, sondern auch als praktische Weisheit. Zum Beispiel lesen wir in Hesekiel 27, dass die Bewohner von Zidon und Arwad die Ruderer waren, die Weisen in Tyrus die Steuermänner und Ausbesserer der Lecke. Weisheit in praktischer Hinsicht wird ebenfalls als Weisheit bezeichnet.
Oder denken wir an den Künstler Bezalel zu Mose Zeiten, der den goldenen Leuchter herstellte. Gott hat ihn mit dem Geist der Weisheit ausgestattet, um dieses Werk zu tun. Die Arme des goldenen Leuchters waren hohl, es waren Rohre, die aus einem Klumpen Gold geschmiedet wurden. Das konnte niemand sonst, aber Gott gab ihm Weisheit.
Die Weisheit von Tyrus umfasste alle Bereiche, sei es intellektuell, philosophisch oder praktisch, zum Beispiel im Handel und in der Industrie. In Hesekiel 28 ist der Fürst von Tyrus, auch König von Tyrus genannt, der Stolz dieser Stadt in Person. Er betrachtet sich als Gott, als obersten Gott, wie in Vers 2 beschrieben.
Eine Frage dazu: In meinem Text steht „Ich bin Gott“, bei Ihnen „Ich bin ein Gott“. Das ist doch ein Unterschied. Wie ist das im Hebräischen?
Im Althebräischen ist die Verwendung des bestimmten Artikels anders als im Deutschen. Der Artikel kann fehlen, und trotzdem muss man es mit einem bestimmten Artikel übersetzen. Es gibt Zweifelsfälle. Wichtig ist, dass das Wort für Gott hier „El“ ist und nicht das übliche „Elohim“. Auch der Gott der Bibel wird manchmal „El“ genannt, aber bei den Phöniziern und Kanaaniten war „El“ die Bezeichnung für den obersten Gott. Das gibt uns einen Schlüssel: Er betrachtet sich nicht als irgendeine Gottheit, sondern als den höchsten Gott.
Darum ist die Übersetzung „Ich bin Gott“ durchaus gerechtfertigt, obwohl der Artikel fehlt. „Ich bin El“ bedeutet für die Kanaaniter „Ich bin der höchste Gott“.
Übrigens hatten wir ein ähnliches Problem bei Melchisedek, König von Salem, der ein Kanaaniter war. Die Kanaaniter waren in Stadtstaaten organisiert, und zu Abrahams Zeit war Jerusalem ein solcher Stadtstaat. Melchisedek war Priester Gottes des Höchsten, also Priester von El Elyon. Für Abraham war klar, dass Melchisedek den gleichen Gott anbetete wie er selbst.
Ein ähnliches Problem haben wir heute mit dem Islam. Das Wort „Allah“ wird in der arabischen Bibel für Gott verwendet. Zum Beispiel heißt es: „Am Anfang schuf Allah Himmel und Erde.“ Trotzdem ist es wichtig für Muslime zu lernen, dass der Allah der Bibel nicht derselbe Gott ist wie der Allah des Korans, denn der Koran lehrt, Allah habe keinen Sohn. Das zeigt, dass es nicht derselbe Gott ist.
Bei der Bibelübersetzungsarbeit bei eingeborenen Stämmen forscht man immer nach dem Wissen über den höchsten Gott. In Afrika haben viele Stämme das Wissen um den höchsten Schöpfergott. Man fragt sie, was sie über ihn wissen, und oft wird dieser Gott nicht verehrt, spielt also in den kultmagischen Religionen kaum eine Rolle. Wenn sich zeigt, dass dieser Gott dem Schöpfergott der Bibel entspricht, wird meist der traditionelle Name für den Schöpfergott verwendet.
Das ist ähnlich wie bei Paulus in Athen. Er fand den Altar für den unbekannten Gott und erklärte, dass er der Herr des Himmels und der Erde sei, und verkündigte Jesus Christus.
Bei den phönizischen Götzendienern konnte man keine Verbindung herstellen, denn „El“ als oberster Gott wurde als Abgott verehrt, mit Bildern, und spielte in unzüchtigen Kulten eine Rolle.
Kurz gesagt: „Ich bin Gott“ kann man so übersetzen. Der Fürst von Tyrus sieht sich als obersten phönizischen Gott.
Was überrascht uns in den ersten Versen? In welchem Jahr sind wir hier? 586 v. Chr. Wann kam Daniel nach Babylon? Das sind Überlegungen, die man anstellen muss.
Die erste Wegführung war 605 v. Chr., damals war Daniel wahrscheinlich ein Teenager. Daniel lebte bis 538 v. Chr., also fast siebzig Jahre. Der Daniel in der Löwengrube war also ein alter Mann von über siebzig Jahren.
Zu der Zeit, als Hesekiel schrieb, war Daniel noch nicht so alt und hatte sein Buch noch nicht fertig geschrieben, das wurde erst 535 v. Chr. vollendet. Trotzdem war Daniel so bekannt, dass Hesekiel den Fürsten von Tyrus mit Daniel vergleichen kann, wegen seiner sprichwörtlichen Weisheit.
Daniel war der Superintellektuelle in Babylon. Keine der Weisen Babylons kam an ihn heran, weder bei der Prüfung noch später. Doch der Fürst von Tyrus, an der Spitze des Welthandels, war weiser. Sagt der Fürst das nur von sich, oder war das allgemein so?
Der Prophet sagt im Namen Gottes: „Siehe, du bist weiser als Daniel.“ Das ist eine Feststellung.
Der große Unterschied ist: Daniel hat seine von Gott geschenkte Intelligenz in den Dienst Gottes gestellt und wurde so ein Segen bis heute. Der Fürst von Tyrus setzte seine Intelligenz in den Welthandel und die Industrie ein. Er ertrank im Hochmut und wurde ein wertloses Gefäß, gerichtsreif.
Durch seine Intelligenz wurde er hochmütig. In Vers 5 heißt es: „Durch die Größe deiner Weisheit hast du mit deinem Handel deinen Reichtum gemehrt, und dein Herz hat sich wegen deines Reichtums erhoben.“
Die Intelligenz in Wirtschaftsfragen wird von Gott nüchtern als Realität festgestellt. Die Frage ist: Was nützt sie? Was ist ihr Wert vor Gott? Die Intelligenz an sich wird nicht negativ gesehen.
Das ist wichtig, denn in unserer Gesellschaft gibt es eine starke Strömung, die dem Intellekt feindlich gegenübersteht. Das hängt oft damit zusammen, dass die große Technologie auch viel Fluch gebracht hat. Man sagt dann, das Denken sei schlecht.
Der Fluch kam aber nur, weil das wissenschaftliche Denken in Europa nicht mehr unter die Autorität Gottes gestellt wurde. Die modernen Wissenschaften erhielten durch die Reformation einen Aufschwung, weil man dort den Gott der Heiligen Schrift auch in der Natur sah, die er geschaffen hat.
Später, in der Aufklärung, wurde Gottes Wort als Menschenwort abgetan, das christliche Fundament der Wissenschaften wurde durch menschliche Philosophie und später durch Atheismus ersetzt. Das brachte Fluch.
Es ist also nicht das Denken an sich, das schlecht ist, sondern das Denken muss in den Dienst Gottes gestellt und unter die Autorität seines Wortes gebracht werden. Dann kommt Segen.
Wir leben heute in einer Zeit, in der viel Intellektfeindlichkeit herrscht. Deshalb fliehen viele lieber in Ablenkungen wie Discos oder Drogen, statt ein gutes Buch oder die Bibel zu lesen. Sie wollen Gefühle und keine Gedanken, weil Denken als Bedrohung empfunden wird.
Aber das andere ist keine Lösung, sondern Flucht.
Eine Frage zum Fürsten von Tyrus: Das Problem war, dass sich sein Herz erhob. Er gab Gott nicht die Ehre, sondern erhob sich selbst als Gott.
Ganz genau. Die Weisheit schrieb er sich selbst zu.
In der Apostelgeschichte finden wir auch Herodes, Kapitel 12. Dort heißt es, dass Herodes an einem festgesetzten Tag königliche Kleidung anzog, sich auf den Thron setzte und eine öffentliche Rede hielt. Das Volk rief ihm zu: „Das ist Gottes Stimme und nicht eines Menschen.“
Daraufhin schlug ihn ein Engel des Herrn, weil er nicht Gott die Ehre gab. Er starb, von Würmern gefressen.
Steht man nicht auch heute in der Gefahr, sich selbst die Ehre zu geben, statt Gott? Darum ist es wichtig, in 1. Korinther 4 das Prinzip zu beachten: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“
Antwort: Gar nichts. Alles, was wir haben, haben wir von Gott empfangen. Das macht demütig und hilft, alles, was wir sind und haben, in den Dienst Gottes zu stellen.
Die Stelle mit König Agrippa in Apostelgeschichte 12 hat einen direkten Zusammenhang, denn die Volksmenge, die sagte „Das ist Gottes Stimme“, bestand aus Leuten von Tyrus und Sidon. Menschenvergötterung hat eine lange Tradition.
Diese Linie, dass Menschen sich selbst vergöttern, führt letztlich zum Höhepunkt im Antichristen. In 2. Thessalonicher 2 heißt es, dass er sich in den Tempel Gottes setzen und sagen wird, dass er Gott sei.
Zurück zu Hesekiel 28: Es ist eindrücklich, wie Gott sagt, dass, wenn der Mörder vor dem Fürsten von Tyrus steht, er nicht mehr sagen wird: „Ich bin Gott“ – alles wird zusammenbrechen.
Ab Vers 11 beginnt ein Klagelied. Wir hatten bereits ein Klagelied über Tyrus in Kapitel 27, jetzt folgt das Klagelied über den König von Tyrus. Dort finden wir eigenartige Aussagen:
„Du warst in Eden, dem Garten Gottes. Du warst ein schirmender, gesalbter Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht. Du warst auf Gottes heiligem Berg.“
Wie sollen wir das verstehen? Es ist nicht von einem Fürsten die Rede, sondern der Fürst ist der Typ des Antichristen.
Aber wie erklären wir, dass Gott ihn mit „du“ anspricht und von Eden und einem Cherub spricht? Hat er vielleicht einmal Gott die Ehre gegeben und ist dann abgefallen?
Das erklärt noch nicht, warum Gott sagt, er sei ein schirmender Cherub.
Es heißt nichts vom Teufel oder Satan, sondern vom König von Tyrus. Doch die satanische Macht steht hinter ihm.
Ja, die satanische Macht steht hinter jedem Herrscher. Und noch mehr als hinter ihm.
Besessenheit bedeutet, dass ein Dämon sich mit einem Menschen identifiziert. Das ist der Schlüssel.
Der König von Tyrus war so von Satan beseelt, dass eine Identifikation vorlag. Deshalb kann Gott ihn ansprechen und sagen, er sei ein schirmender Cherub.
Ähnlich ist es bei dem Besessenen von Gadara, dem Jesus begegnet. Jesus fragt: „Wie heißt du?“ Die Antwort ist „Legion.“ Der Mensch wird von den Dämonen nicht mehr unterschieden, sondern identifiziert – das ist Besessenheit.
Der Prophet geht über den Fürsten von Tyrus hinaus und beschreibt den Geist, der ihn beseelte. Hier wird der Zustand Satans vor dem Fall beschrieben.
Das ist hochinteressant, denn es wird ein Blick in die Vorzeit gewährt.
Was erfahren wir? Dass er ein schirmender Cherub war, im Garten Eden, dort, wo der Mensch seinen Ursprung nahm.
Ist das dasselbe Eden wie in 1. Mose 2? Es gibt die Auffassung, dass es ein himmlisches Eden gibt. Gibt es ein Paradies im Himmel? Ja, natürlich.
Das Wort Paradies wird in der griechischen Übersetzung der Septuaginta in 1. Mose 2 für den Garten verwendet. Im Neuen Testament wird dieser Ausdruck wiederverwendet. Jesus sagt am Kreuz zu dem reuigen Verbrecher: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Es gibt also ein himmlisches Paradies.
Der Cherub ist ein Engel, aber ein besonderer Engeltyp. Cherube sind Engel, die Gottes Heiligkeit verteidigen.
Wo finden wir sie zuerst? Am Eingang des Paradieses, im Osten. Dort versperren sie den Weg zum Baum des Lebens.
Zum zweiten Mal finden wir sie im Bundeszelt, in 2. Mose 25-40, in Verbindung mit der Stiftshütte. Dort sind sie im Vorhang eingewoben, der den Heiligtumsbereich abtrennt.
Die Stiftshütte ist ein Abbild eines himmlischen Originals. Mose musste sie genau nach der Vorlage auf dem Berg bauen. Dort sind wir wieder im himmlischen Eden.
Der Eingang der Stiftshütte war nach Osten gerichtet. Das Paradies war ebenfalls eingezäunt und auf einem Berg, der Tempel steht auf dem Tempelberg. Auch Eden war auf einem Berg.
Aus Eden floss eine Quelle, die zu Flüssen wurde. In Jerusalem auf Zion wird es beim dritten Tempel eine Quelle aus dem Allerheiligsten geben (Hesekiel 47).
Die Parallele ist frappant.
Im Garten Eden gab Gott die ersten Opfer, indem er Tiere schlachtete und Adam und Eva Kleider aus Fellen machte. Das war ein Opfer im umzäunten Bezirk – ein Tempelbezirk.
Satan war ein Engel im himmlischen Eden, im himmlischen Paradies, im himmlischen Tempel.
Was erfahren wir noch? Was war seine Beschäftigung? Instrumentenbauer.
Hat er die Instrumente gemacht? Man kann es so verstehen. „Das Kunstwerk deiner Tamburine und deiner Pfeifen war bei dir, an dem Tag, da du geschaffen wurdest, wurden sie bereitet.“
Nicht, dass er sie selbst gemacht hat, sondern er war damit ausgestattet.
Er war ein Musikerengel.
Das zeigt uns auch, dass Musik vor dem Sündenfall existierte.
Die erste Stelle über Musik in der Bibel finden wir noch früher, bei den Nachkommen Kains, die eine gottlose Kultur aufgebaut hatten. Viele Christen sind deshalb skeptisch gegenüber Musik, da sie aus der Linie Kains stammt.
Musik an sich ist nicht negativ, aber in der Linie Kains wurde sie pervertiert, um Menschen von Gott abzulenken. Satan ist ein Spezialist darin, denn er war von seiner Schöpfungsbestimmung her ein Musiker.
Heute hat Musik oft die Bedeutung, Menschen von Gott wegzuziehen, oft verbunden mit Drogen.
Die Musikfeindlichkeit widerspricht jedoch der Tatsache, dass viele Psalmen gesungen wurden. Musik gehört in den Tempel, zur Ehre Gottes.
In der Reformation wurde die Musik neu entdeckt, indem man zur Bibel zurückkehrte. So konnte Johann Sebastian Bach seine Werke schaffen und schrieb am Schluss jedes Werkes „Soli Deo Gloria“ – allein Gott die Ehre.
Wo ist das mit der Musik erwähnt? In Hesekiel 28, Vers 13 steht etwas von Schmuck.
„Ich schmückte dich mit ihnen an dem Tag, als ich dich schuf.“ Dort sind Edelsteine genannt.
Manche Übersetzungen machen daraus Ohrringe und Perlen, was nicht haltbar ist. Das Wort für Tamburine ist eindeutig, ebenso für Pfeifen oder Flöten, auch wenn hier ein Übersetzungsproblem besteht.
Ein Engel braucht keine Ohrringe. Das ist ein Fehler in manchen Übersetzungen, zum Beispiel in der revidierten Elberfelder.
Der Satan ist gefallen. Vers 15 sagt:
„Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, da du geschaffen wurdest, bis Unrecht an dir gefunden wurde.“
Das ist das Geheimnis des Sündenfalls in der Engelwelt. Er wurde vollkommen geschaffen, aber nicht mit der Gabe des Beharrens.
Wir haben heute schon über die Gabe des Beharrens gesprochen.
Auch Adam war vollkommen geschaffen, aber ohne die Gabe des Beharrens. In Prediger 7 heißt es, Gott habe sie gerade erschaffen, aber sie hätten viele Ränke gesucht.
Im freien Willen, den Gott bei Engeln und Menschen geschaffen hat, liegt die Möglichkeit, sich gegen Gott zu entscheiden.
Kann man also sagen, dass Engel freien Willen haben? Ja, ganz genau.
Gott wusste auch um die Engel, die sich nicht gegen ihn entscheiden würden. Diese nennt er im Neuen Testament die auserwählten Engel.
Das ist ein eigenartiger Ausdruck, der in 1. Timotheus 4 erwähnt wird.
[Der Text endet hier unvollständig.]
Weisheit und Stolz im Alten Orient
In diesem Kapitel geht es um den Stolz von Tyrus in Bezug auf Weisheit und Wissen. Wichtig ist, dass im Altertum intellektuelles und praktisches Wissen nicht getrennt wurden, wie es heute oft der Fall ist. Beide wurden vielmehr als eine Einheit betrachtet. Unser heutiges Denken ist stark von den griechischen Philosophen geprägt, was eigentlich eine heidnische Idee ist, doch das würde hier zu weit führen. Wie diese Spaltung entstanden ist, ist eine eigenständige Frage. In der Bibel hingegen wird Weisheit immer als Einheit verstanden. Weisheit ist nicht nur rein gedanklich, sondern kann auch ganz praktisch sein.
So haben wir zum Beispiel in Kapitel 27, Vers 9 gelesen – oder besser gesagt schon in Vers 8 –, dass die Bewohner von Ziden und Arwat als Ruderer dienten. Die Weisen, die in Tyrus waren, waren Steuermänner. Die Ältesten von Geban und seine Weisen waren in Tyrus als Ausbesserer der Lecke tätig. Das zeigt, dass Weisheit auch praktische Fähigkeiten umfasst, die für die Arbeit wichtig sind.
Denken wir auch an den Künstler zur Zeit von Mose, Bezalel, der unter anderem den goldenen Leuchter herstellte. Gott sagt, er habe ihn mit dem Geist der Weisheit ausgestattet, um dieses Werk zu vollbringen. Der goldene Leuchter war etwas ganz Besonderes: Seine Arme waren hohl, nach dem hebräischen Text waren es Rohre, die aus einem Klumpen Gold in Schmiedearbeit gefertigt werden mussten. So etwas kann heute kaum jemand mehr herstellen, aber Gott gab ihm die Weisheit dafür. Hier zeigt sich Weisheit in ganz praktischer, handwerklicher Hinsicht.
Die Weisheit von Tyrus umfasste also alle Bereiche – sei es intellektuell und philosophisch oder praktisch in ihrem Wissen, zum Beispiel darüber, wie man Geld macht. Auch dies wird als Weisheit angesehen. Ihr ganzes Industriewissen, das sie besaßen, zählte ebenfalls dazu.
In Kapitel 28 wird der stolzeste Tyrier beschrieben: der Fürst von Tyrus, oder wie er in Vers 12 genannt wird, der König von Tyrus. In ihm fasst sich der Stolz der Stadt zusammen. Er betrachtet sich als einen Gott, als einen Gott, so heißt es in Vers 2. Hier stellt sich eine Frage: In meinem Text steht „Ich bin Gott“, aber es wurde auch mit „Ich bin ein Gott“ übersetzt. Das ist doch ein Unterschied. Wie ist das im Hebräischen?
Die Verwendung des bestimmten Artikels im Althebräischen ist anders als im Deutschen. So kann der Artikel im Hebräischen fehlen, obwohl man ihn im Deutschen mit einem bestimmten Artikel übersetzen müsste. Es gibt hier Zweifelsfälle. Was uns weiterhilft, ist, dass das Wort für Gott hier „El“ ist und nicht das übliche „Elohim“. Auch der Gott der Bibel wird manchmal „El“ genannt, aber bei den Phöniziern und Kanaaniten war „El“ die Bezeichnung für den obersten Gott. Das gibt uns einen Schlüssel: Er sieht sich nicht als irgendeine Gottheit, sondern als den höchsten Gott. Deshalb ist die Übersetzung „Ich bin Gott“ durchaus gerechtfertigt, obwohl der Artikel fehlt. Es steht einfach „Ich bin El“, und bei den Kanaaniten war El der höchste Gott.
Interessant ist auch ein weiteres Problem: Melchisedek, König von Salem, war ein Kananiter. Die Kanaaniter waren in Stadtstaaten organisiert, und zu Abrahams Zeit war Jerusalem ein solcher Stadtstaat in Kanaan. Melchisedek war Priester des Gottes des Höchsten, also Priester von El Elyon. Für Abraham war das offenbar kein Problem: Melchisedek verehrte den gleichen Gott, der ihm in Ur in Chaldäa erschienen war. Doch es gab eine sprachliche Schwierigkeit, denn auch bei den götzenanbetenden Kanaaniten wurde „El“ verwendet.
Was muss man tun, um das zu verstehen? Zunächst hat Abraham sicher gesehen, dass dieser Gott nicht durch ein Bild dargestellt wurde. Dann kommt es darauf an, was die Leute über diesen El glaubten. Offensichtlich war die Auffassung bei Melchisedek mit dem übereinstimmend, was Abraham über Gott wusste.
Ein ähnliches Problem haben wir heute mit dem Islam. Das Wort „Allah“ wird auch in der arabischen Bibel für Gott verwendet. Dort heißt es: „Am Anfang schuf Allah die Himmel und die Erde.“ Trotzdem ist es wichtig für einen Araber zu lernen, dass der Allah der Bibel nicht der gleiche Gott ist wie der Allah des Korans. Denn der Koran lehrt, dass Allah der einzige Gott sei und keinen Sohn hat. Daraus erkennt man, dass es nicht der gleiche Gott ist.
Bei der Bibelübersetzung in eingeborenen Stämmen wird immer erforscht, was dieser Stamm über den höchsten Gott weiß. In Afrika hat man bei praktisch allen Stämmen das Wissen um den höchsten Schöpfergott gefunden. Man fragt sie: „Was wisst ihr über ihn?“ Sie erzählen davon. Meistens wird dieser Gott nicht verehrt und spielt in den kultisch-magischen Religionen der Stämme kaum eine Rolle. Er ist also nicht überschattet oder verfälscht. Wenn man sieht, dass dieser Gott dem Schöpfergott der Bibel entspricht, wird in der Bibelübersetzung meist der Name verwendet, den die Stämme traditionell für den Schöpfergott haben.
Das ist vergleichbar mit Paulus in Athen, der einen Altar für den unbekannten Gott fand und sagte: „Das ist es, was ich euch verkündige, den Herrn des Himmels und der Erde.“ Er beschreibt, welcher Gott das ist, und spricht dann von Jesus Christus, dem Auferstandenen.
Bei den phönizischen Götzendienern hingegen konnte man keine Verbindung herstellen. El als oberster Gott wurde tatsächlich als Abgott verehrt, und es wurden Bilder von ihm gemacht. In all diesen abscheulichen und unzüchtigen Kulten spielten diese Götter eine Rolle.
Zusammenfassend lässt sich sagen: „Ich bin Gott“ kann man so zu Recht übersetzen. Der Fürst von Tyrus sieht sich als den obersten phönizischen Gott.
Was überrascht uns in den ersten Versen, wenn man sie so liest? In welchem Jahr sind wir hier? Im Jahr 586 v. Chr. Wann kam Daniel nach Babylon? Das sind wichtige Überlegungen. Die erste Wegführung war 605 v. Chr., damals war Daniel wahrscheinlich ein Teenager, also zwischen 13 und 19 Jahren.
Daniel lebte bis ins Jahr 538 v. Chr., fast siebzig Jahre. Das Buch Daniel endet dort, also war der Daniel, der in der Löwengrube war, ein Daniel von etwa 67 Jahren plus. War er damals ein sehr junger Teenager, muss man etwa 13 Jahre dazurechnen.
Zu der Zeit war Daniel also noch nicht sehr alt und hatte sein Buch noch nicht fertig geschrieben. Das wurde erst 535 v. Chr. vollendet. Dennoch war Daniel so bekannt, dass Ezechiel den Fürsten von Tyrus mit Daniel vergleichen konnte – wegen seiner sprichwörtlich bekannten Weisheit.
Überraschend ist auch, dass Daniel wirklich der Superintellektuelle in Babylon war. Keine der Weisen Babylons kam an ihn heran, schon bei der Prüfung nach drei Jahren Studium. Niemand konnte ihm das Wasser reichen. Auch später übertraf Daniel alle anderen.
Doch dieser Fürst von Tyrus, an der Spitze des Welthandels, galt als noch weiser. Sagt der Fürst das nur von sich selbst, oder war das allgemein anerkannt? Der Prophet sagt, beziehungsweise die Stimme Gottes: „Siehe, du bist weiser als Daniel.“ Das ist eine Feststellung.
Der große Unterschied ist: Daniel hat seine von Gott geschenkte Intelligenz ganz in den Dienst Gottes gestellt. Dadurch wurde er ein Segen bis heute. Der Fürst von Tyrus hingegen setzte seine Intelligenz in den Welthandel und die Industrie ein. Er ertrank im Hochmut und wurde dadurch ein wertloses Gefäß, das gerichtsreif war.
Wir sehen den großen Unterschied: Aufgrund seiner Intelligenz wurde er hochmütig. In Vers 5 heißt es: „Durch die Größe deiner Weisheit hast du deinen Handel und deinen Reichtum vermehrt, und dein Herz hat sich wegen deines Reichtums erhoben.“
Die Intelligenz in Wirtschaftsfragen wird von Gott nüchtern als Realität festgestellt. Doch die Frage ist: Was nützt es? Was bringt es? Was ist der Wert vor Gott? Die Intelligenz an sich wird nicht negativ gesehen.
Das ist wichtig, denn wir leben in einer Gesellschaft, in der eine starke Strömung intelligenzfeindlich ist. Das liegt oft daran, dass die große Technologie auch viel Unheil gebracht hat. Deshalb sagen manche, Intellekt sei grundsätzlich schlecht.
Doch der Fluch kam nur, weil das wissenschaftliche Denken in Europa nicht mehr unter die Autorität Gottes gestellt wurde. Interessanterweise erhielten die modernen Wissenschaften einen wesentlichen Aufschwung durch die Reformation. Denn in der Reformation gab es ein Interesse daran, den Gott der Heiligen Schrift auch in der Natur zu erkennen, die er erschaffen hat. Das war ein starker Motor für die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften.
Mit der Aufklärung begann man jedoch, Gottes Wort als Menschenwort abzutun. Das christliche Fundament der Wissenschaften wurde durch menschliche Philosophie ersetzt und schließlich im 19. Jahrhundert durch den Atheismus. Das brachte den Fluch.
Es ist also nicht so, dass das Denken, das Gott dem Menschen gegeben hat, an sich schlecht wäre. Das Denken muss in den Dienst Gottes gestellt und unter die Autorität seines Wortes gebracht werden. Dann kommt Segen. Ohne das führt es zum Fluch.
Wir leben heute in einer Zeit, in der viel Intellektfeindlichkeit herrscht. Deshalb ziehen manche es vor, auszurasten, statt ein gutes Buch zu lesen. Sie gehen lieber in die Disco, statt vernünftige Bücher oder die Bibel zu lesen. Sie wollen Gefühle statt Denken, weil Denken als Bedrohung empfunden wird.
Das ist tatsächlich eine Bedrohung, wenn unser Denken nicht unter Gottes Autorität steht. Doch die Flucht in Gefühle ist keine Lösung, sondern nur eine Flucht.
Eine Frage zum Fürsten von Tyrus: Das Problem lag doch darin, dass sich sein Herz erhob. Er gab Gott nicht die Ehre, sondern erhob sich selbst als Gott. Genau, er schrieb sich die Weisheit selbst zu.
Aber wir finden in der Apostelgeschichte auch einen ähnlichen Fall: Herodes, in Kapitel 12. Dort heißt es, dass Herodes an einem festgesetzten Tag königliche Kleidung anzog, sich auf den Thron setzte und eine öffentliche Rede hielt. Das Volk rief ihm zu: „Das ist die Stimme Gottes und nicht die eines Menschen.“ Daraufhin schlug ihn ein Engel des Herrn, weil er Gott nicht die Ehre gab. Herodes wurde von Würmern gefressen und starb.
Steht man nicht auch heute in Gefahr, sich selbst zu loben und Gott nicht die notwendige Ehre zu geben? Diese Gefahr gibt es ganz allgemein. Deshalb ist es so wichtig, in 1. Korinther 4 das Prinzip zu beachten: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ Die Antwort ist: Gar nichts. Alles, was wir haben, haben wir von Gott empfangen. Das macht uns demütig und hilft uns, alles, was wir sind und haben, in den Dienst Gottes zu stellen.
Übrigens hat die Stelle, die du von König Agrippa in Apostelgeschichte 12 genannt hast, einen direkten Zusammenhang. Denn die Volksmenge, die sagte: „Das ist eine Gottesstimme“, stammte aus Tyrus und Sidon. Die Menschenvergötterung hat also eine lange Tradition.
Diese Linie, dass Menschen sich selbst vergöttern, führt letztlich zum Höhepunkt im Antichristen. In 2. Thessalonicher 2 heißt es, dass er sich in den Tempel Gottes setzen und sagen wird, dass er Gott sei.
Das himmlische Eden und der Fall Satans
Gut, jetzt gehen wir zurück zu Hesekiel 28. Es ist ganz eindrücklich, wie Gott sagt: Wenn dann dein Mörder einmal vor dir steht, wird er dann immer noch sagen: „Ich bin Gott, ich bin El“? Hier muss alles zusammenbrechen. Es ist also sehr drastisch, wie Gott das ihm vorstellt.
Ab Vers 11 folgt dann ein Klagelied. Wir hatten bereits ein Klagelied über Tyrus in Kapitel 27, jetzt kommt das Klagelied über den König von Tyrus. Dabei finden wir ganz eigenartige Aussprüche.
In Vers 14 heißt es: „Du warst in Eden, dem Garten Gottes.“ Wie sollen wir das erklären? Dort steht auch: „Du warst ein schirmender gesalbter Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht, du warst auf Gottes heiligem Berg.“ Wie sollen wir das verstehen? Es ist nicht von diesem Fürsten die Rede, sondern der Fürst ist nur der Typ des Antichristen.
Aber trotzdem: Wie sollen wir das erklären, dass es auch in Vers 12 heißt, es ist ein Klagelied über den König von Tyrus, und Gott spricht ihn mit „Du“ an? Wie sollen wir das verstehen? Hat er nicht schon einmal Gott die Ehre gegeben? Gab es vielleicht eine Zeit, in der er Gott die Ehre gab und dann abgefallen ist?
Gut, das würde noch nicht erklären, warum Gott sagt: „Du warst ein schirmender Cherub.“ Wie sollen wir das zusammenbringen? Es heißt ja nichts vom Teufel, nicht von Satan, sondern vom König von Tyrus. Aber die satanische Macht steht hinter ihm.
Ja, jetzt haben wir eine Erklärung: Die satanische Macht steht hinter ihm. Hinter jedem Herrscher stehen irgendwelche Mächte, und noch mehr als das – sie stehen hinter ihm im Körper.
Besessenheit bedeutet, dass ein Dämon sich mit einem Menschen identifiziert. Das ist der Schlüssel – Identifikation. Nun sehen wir, mit wem sich aus der jenseitigen Welt dieser König des Welthandels identifiziert hatte: das war Satan selbst.
Darum kann Gott den Fürsten von Tyrus mit „Du“ ansprechen und sagen: „Du warst ein schirmender Cherub“, weil er von Satan dermaßen beseelt war, dass hier eine Identifikation vorlag. Ähnliches kennen wir aus dem Neuen Testament: Jesus begegnet dem Besessenen von Gadara, fragt ihn: „Was ist dein Name?“ und bekommt die Antwort „Legion“. Der Mensch wird also von den Dämonen nicht mehr unterschieden, sondern wird mit ihnen identifiziert – das ist Besessenheit.
Der Prophet geht nun über den Fürsten von Tyrus hinaus und beschreibt den Geist, der ihn beseelte. Dabei haben wir tatsächlich eine Beschreibung von Satan in seinem Zustand vor dem Fall.
Was erfahren wir da? Das ist hochinteressant, denn es wird der Vorhang gelüftet in die Vorzeit. Wir erfahren, dass ein Schirm in der Kehrung war. „Du warst in Eden“, dort, wo die Menschen ihren Ursprung genommen haben.
Nun ist aber die Frage: Ist es dasselbe Eden wie in 1. Mose 2? Hier kommt die Auffassung eines himmlischen Edens ins Spiel. Gibt es ein himmlisches Eden? Ja, das gibt es.
Das Wort „Paradies“ wird in der griechischen Übersetzung, der Septuaginta, für den Garten in 1. Mose 2 verwendet. Im Neuen Testament wird dieser Ausdruck wiederverwendet: Der Herr Jesus sagte am Kreuz: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Es gibt also ein himmlisches Paradies.
Und dort war dieser Cherub. Das zeigt uns übrigens auch, dass Cherub ein Engel ist, aber ein bestimmter Engeltyp. Cherube sind Engel, die Gottes Heiligkeit verteidigen.
Wo finden wir sie zum ersten Mal? Am Eingang vom Paradies. Übrigens: In welche Himmelsrichtung war der Eingang? Nach Osten.
Dort versperren sie den Weg zum Baum des Lebens. Wo finden wir sie zum zweiten Mal? In der Stiftshütte, in 2. Mose 25,40. Dort sind sie auf dem Bundeslade-Deckel, der überschattet wird von Cheruben. Die Stiftshütte ist sonst nirgends mehr erwähnt.
Die Cheruben sind im Vorhang eingewoben, im Scheidevorhang, der mitten durchgerissen wurde. Dahinter befindet sich die Bundeslade, und dort sind wieder Cheruben, die gewissermaßen Gottes Thron bilden. Psalm 80 spricht vom Thron Gottes zwischen den Cheruben.
Die Stiftshütte ist ein Abbild eines Originals im Himmel. Mose musste die Stiftshütte genau nach der Vorlage bauen, die er auf dem Berg gesehen hatte. Damit sind wir wieder im himmlischen Eden.
Das Eden auf Erden, wie in 1. Mose 2 beschrieben, findet sein himmlisches Gegenstück am Ende von 2. Mose in der Vorlage zur Stiftshütte. Und in welche Richtung war der Scheidevorhang? Nach Osten.
Die Stiftshütte hatte alle Eingänge nach Osten gerichtet. Die Parallelen sind frappant. Das himmlische Heiligtum wird erwähnt: In Hesekiel 28, Vers 14 heißt es: „Du warst auf Gottes heiligem Berg.“ Das ist der Tempelberg im Himmel. Der heilige Berg ist immer der Berg Zion, im himmlischen Zion.
In Hebräer 12 lesen wir ebenfalls von diesem himmlischen Zion, mit dem die Christen zu tun haben. Er war also auf Gottes heiligem Berg, also im himmlischen Heiligtum.
Übrigens war Eden auch auf einem Berg. Woher kann man das wissen? Aus dem Paradies in 1. Mose. Dort war Eden oben, ganz logisch.
Das ist ganz frappant: Das Paradies war eingezäunt, und der Tempel war eingezäunt. Eden war oben auf dem Berg, der Tempel auf dem Tempelberg.
Und was kam aus Eden hervor? Eine Quelle, die zu Flüssen wurde. Das wird in Jerusalem auf Zion auch einmal sein, beim dritten Tempel. Hesekiel 47 spricht davon, darauf kommen wir noch zurück.
Die Parallelen sind ganz eng. Im Garten Eden hat Gott die ersten Opfer gegeben: Er hat Tiere geschlachtet und mit den Fellen Kleider gemacht für Adam und Eva. Auch das ist ein Opfer im umzäunten Bezirk.
Das ist ganz eindeutig ein Tempelbezirk, gewissermaßen das Paradies in 1. Mose 2. Aber eben: Satan war ein Engel im himmlischen Eden, im himmlischen Paradies, im himmlischen Tempel.
Musik und Schmuck im himmlischen Eden
Was erfahren wir noch weiter? Was war seine Beschäftigung? Instrumentenbauer. Hat er sie gemacht? Man könnte es so verstehen. Wann wurden sie gemacht? Das Kunstwerk deiner Tambourine und deiner Flöten war bei dir, an dem Tag, da du geschaffen wurdest, wurden sie bereitet. Also nicht, dass er sie gemacht hat, sondern er ist damit ausgestattet worden. Ein Musikerengel.
Da haben wir die Tempelmusik im Himmel. Übrigens interessant: Das ist die erste Stelle über Musik, die wir in der Bibel finden. Wo? Nein, noch früher. Ja, das war ein Nachkomme von Kain, der von Gott weggegangen ist und eine gottlose Kultur aufgebaut hat. Darum haben viele Christen festgestellt, dass man mit Musik aufpassen muss, weil sie eigentlich aus der kainitischen Linie stammt. Musik an sich sei negativ, und das erklärt auch viele Ablehnungen der Musik als solche.
Aber hier haben wir eine Stelle, die zeitlich weiter zurückgeht, in die Zeit vor dem Sündenfall, sogar in die Zeit vor dem Fall Satans. Denn als Adam und Eva im Paradies waren, war Satan schon gefallen – er kam ja als Schlange. Also geht es noch weiter zurück, und da finden wir: Bevor es die Sünde gab, gab es schon Musik. Musik ist also etwas aus der Ewigkeit und kommt von Gott.
Was wir in der Linie von Kain finden, ist die Perversion der Musik. Musik, um Menschen von Gott abzulenken. Und darin ist Satan ein Spezialist, denn er ist von seiner Schöpfungsbestimmung her ein Musiker. Interessant, wenn man bedenkt, welche Bedeutung Musik heute hat, um den Menschen von Gott wegzuziehen. Da ist Satan ein Spezialist: Musik plus Drogen. Ja, ja, ja, ganz genau.
Aber ich meine, die Musikfeindlichkeit, von der Sie eben sprachen, widerspricht doch eigentlich der Tatsache, dass ein Großteil der Psalmen gesungen wurde. Ja, klar, natürlich. Da finden wir die Musik wieder im Tempel, da, wo sie hingehört, da, wo sie herkam: Musik zur Ehre Gottes. Darum hat man in der Reformation die Musik auch wieder neu entdeckt. Indem man zur Bibel zurückkehrte, war es möglich, dass ein Johann Sebastian Bach sein Werk aufbauen konnte.
Bei jedem Werk hat er am Schluss geschrieben: Soli Deo Gloria – allein Gott die Ehre! Musik ist also nicht Selbstzweck, nicht dazu da, Menschen von Gott abzulenken, sondern Musik zur Ehre Gottes. Sie muss dahin zurückführen.
Wo ist das mit der Musik? Bei mir kommt ja überhaupt nichts vor. Ja, ich weiß, ich kenne das Problem. Da steht aber etwas von Schmuck, oder? Am Schluss von Vers 13? Ja, ich schmücke die Liste mit ihnen, also mit den Edelsteinen. An dem Tag, als ich dich schuf. Also deine Ohrringe und deine Kette waren aus Gold geschmiedet. Ich schmückte dich mit ihnen an dem Tag, als ich dich schuf.
Ja, das ist ein Problem bei manchen Übersetzungen, und ich kann es nicht nachvollziehen, weil das Wort „Kunstwerk“, deine Tambourine, das Wort Tambourine kommt ja in der Bibel noch mehrmals vor, genau sogar der gleiche Ausdruck wie hier, und heißt ganz klar: deine Tambourine. Schwieriger ist das Wort für Pfeifen oder Flöten, das nachher kommt; da gibt es ein Übersetzungsproblem. Aber die Übersetzer hätten dort, wo es ganz eindeutig ist, „deine Tambourine“, das ist ein ganz klarer Ausdruck, nicht anders übersetzen sollen.
Und was ist hier die falsche Übersetzung oder die ungenaue? Karneol, Topas, Jaspis, das stimmt alles, diese Edelsteine bis Gold, und dann sollte es heißen: das Kunstwerk deiner Tambourine und deiner Pfeifen oder Flöten war bei dir. Bei uns heißt es: „Fahren deine Ohrringe und deine Perlen an dir.“ Schrecklich! Also es ist wirklich nicht haltbar, ganz eigenartig. Also die „Daus“ und deine Tambourine sind absolut eindeutig im Hebräischen. Was soll dieser Engel Gottes mit Ohrringen? Das braucht er gar nicht. Ja, das lassen wir den Frauen, aber ein Engel braucht das nicht.
Das heißt, die Elberfelder Übersetzung macht es also richtig komisch. Die Elberfelder Übersetzung – wir haben ja beide die Elberfelder – die revidierte, die alte hat das noch, wie es korrekt ist. Und ich habe bei der Revision der Schlachter-Bibel, da habe ich ja Ezechiel bearbeitet, da habe ich auch sorgfältig darauf geschaut, dass das ganz klar herauskommt. Aber wirklich, ich habe mich einmal gefragt, wie sie auf die Idee kommen. Das ist von Mabration wirklich eigentlich klar.
Gut, also ein feines Detail, ja, die Musik als Werk Gottes zu entdecken. Aber der Satan ist zu Fall gekommen. Vers 15: Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, da du geschaffen worden bist, bis Unrecht an dir gefunden wurde. Das ist das Geheimnis des Sündenfalls in der Engelwelt. Er war nicht unvollkommen geschaffen, sondern vollkommen. Aber er war nicht ausgestattet mit der Gabe des Beharrens.
Wir haben heute schon über die Gabe des Beharrens gesprochen. Das hatte auch Adam nicht. Auch Adam war vollkommen geschaffen (Prediger 7), Gott hat sie gerade erschaffen, aber sie haben viele Ränke gesucht, waren aber nicht ausgestattet mit der Gabe des Beharrens. So ist im freien Willen, den Gott bei den Engeln und bei den Menschen geschaffen hatte, die Möglichkeit begründet, dass Engel und auch Menschen sich gegen Gott entscheiden konnten.
Ja? Ja, das war das, was ich fragen wollte. Man kann also auch sagen, dass Engel freien Willen haben. Ja, ja, ganz genau. Aber Gott wusste auch um die Engel, die sich nicht gegen ihn entscheiden würden, und die nennt er im Neuen Testament die auserwählten Engel. Ein ganz eigenartiger Ausdruck. Ich gebe da schnell an, wo das steht: 1. Timotheus 5.
Gott wusste, dass die Menschheit nicht nur die Menschen, sondern auch die Engel umfasst, die sich für ihn entscheiden würden.
