Einführung in das Thema Jericho und seine Bedeutung
Guten Morgen, ich möchte alle ganz herzlich begrüßen.
Im ersten Teil geht es um das Thema Jericho, sensationelle Funde in Jericho und die Glaubwürdigkeit der Bibel. Hier sehen wir ein Luftbild von Jericho. Der Blick ist von Westen gerichtet. In der Tiefebene unten, ganz nahe am Toten Meer, befindet sich das heutige Jericho. Der Pfeil zeigt an, wo das alttestamentliche Jericho liegt.
Hier ist auch das Wadi Kelt angedeutet, der direkte Weg hinauf nach Jerusalem. Man erkennt auf dem Bild das alttestamentliche Jericho, bezeichnet als Tel Jericho, etwas genauer.
Nun ein Blick von Osten: Wieder sehen wir in der Tiefebene unten das heutige Jericho und hier Tel Jericho, das alttestamentliche Jericho. Von dieser Seite aus sieht man auch das Gebirge der Wüste Judäa.
Wenn wir über Jericho sprechen, steht das im größeren Zusammenhang mit den biblischen Geschichten Israels. Dazu gehören die Zeit in Ägypten, die zehn Plagen über Ägypten, der Auszug (Exodus) aus Ägypten, die Gesetzgebung am Sinai und schließlich die Eroberung Jerichos unter Joshua. Das sind alles vertraute biblische Geschichten.
Die Karte zeigt Israel in Ägypten. Die Israeliten bauten als Sklavenvolk die Städte Pitom und Ramses. Dann kam der Auszug, der Durchzug durch das Rote Meer, die Gesetzgebung am Horeb und die vierzigjährige Wüstenwanderung.
Am Ende dieser Zeit hielt Mose hier, auf heute jordanischem Boden in den Gefilden Moabs, acht Abschiedsreden. Diese sind alle im fünften Buch Mose überliefert. Er stellte die neuen Bedingungen für das verheißene Land vor und starb dann.
Sein Nachfolger Joshua führte das Volk über den Jordan ins verheißene Land Kanaan. Diese Darstellung zeigt die letzte Lagerung Israels in den Gefilden Moabs, am Nordende des Toten Meeres, wo der Jordanfluss einmündet. Genau auf der anderen Seite sehen wir Jericho.
Das war das erste Bollwerk, das es bei der Eroberung des Landes Kanaan zu überwinden galt.
Die Frage nach der historischen Realität der biblischen Geschichten
Nun stellt sich die Frage: Sind all diese vertrauten Geschichten bloß Legenden, Fiktion, oder handelt es sich um geschichtliche Realität?
Ich lese ein paar Verse aus 2. Mose 1, wo Israel als Sklavenvolk in Ägypten beschrieben wird.
2. Mose 1, Vers 8: Da stand ein neuer König über Ägypten auf, der Joseph nicht kannte. Und er sprach zu seinem Volk: „Siehe, das Volk der Kinder Israel ist zahlreicher und stärker als wir.“
Sie setzten Frohndiener über das Volk, um es mit ihren Lastarbeiten zu drücken. Außerdem baute es dem Pharao Vorratsstädte, Pithom und Ramses.
Das Interesse an Ägypten wurde besonders durch die Feldzüge Napoleons geweckt, die ja bis nach Ägypten führten. Die Soldaten Napoleons brachten viele Überreste und archäologische Funde aus Ägypten mit nach Hause.
Dies weckte allgemein das Interesse an biblischer Archäologie und an einem Bezug zwischen den alten Relikten im Nahen Osten und der Bibel.
Man wusste ja schon längst aus der Bibel, dass die Israeliten Pithom und Ramses gebaut hatten. Daher stellte man sich die Frage, unter welchem Pharao Israel als Sklavenvolk lebte und wann der Auszug stattfand.
Die Bibel nennt den Namen des Pharao nicht. In Vers 8 heißt es lediglich: „Da stand ein neuer König über Ägypten auf.“ Der Name wird nicht genannt.
Die Städte, die Israel baute, werden jedoch Pithom und Ramses genannt. Daraus schloss man auf Ramses als Pharao.
Dies hängt vermutlich mit Pharao Ramses zusammen. Doch welcher Pharao Ramses war es? Es gab ja mehr als einen.
Man vermutete bestimmt Ramses den Zweiten, der auch Ramses der Große genannt wird. Er musste der Pharao der Sklaverei gewesen sein, denn er war ein großer Bauherr.
Ramses II. lebte nach üblicher ägyptischer Chronologie von 1279 bis 1213 vor Christus.
Daraus wurde der Schluss gezogen, dass der Exodus der Kinder Israel aus Ägypten ungefähr um 1230 vor Christus stattfand.
Das war die Schlussfolgerung aus 2. Mose 1, Vers 11.
Zweifel und Revisionen in der archäologischen Forschung
Allerdings ist zu sagen, dass der Name Ramses in der Bibel schon früher vorkommt, und zwar bereits in der Josefsgeschichte. Dort wird vom Land Ramses im Nildelta gesprochen. Diese Erwähnung lässt sich kaum mit Ramses I. oder Ramses II. in Verbindung bringen, da die Josefsgeschichte zeitlich viel weiter zurückliegt.
Es ist also fraglich, ob die Verbindung korrekt ist, wenn man von Ramses auf den Pharao des Auszugs schließt. Denn der Name Ramses als Ortsname muss nicht zwangsläufig mit einem gleichnamigen Pharao zusammenhängen. Es können einfach zwei verschiedene Namen sein, die gleich klingen.
Ramses II., der Große, war der mächtigste Pharao der neunzehnten Dynastie und ein bedeutender Bauherr. Er war es zum Beispiel, der den berühmten Amun-Tempel in Karnak errichten ließ. Dieser Tempel ist heute noch mit seinen mächtigen Tempelsäulen zu sehen.
In den 1950er Jahren war die wissenschaftliche Archäologie im Allgemeinen positiv gegenüber der Bibel eingestellt. Es war damals üblich, dass Archäologen nicht daran zweifelten, dass es einen Auszug der Israeliten aus Ägypten gegeben hat. In dieser Zeit war die sogenannte biblische Archäologie, insbesondere die Albright-Schule, sehr führend. William Albright war einer der größten Archäologen des 20. Jahrhunderts. Er war kein gläubiger Mann, zeigte aber eine wohlwollende Einstellung gegenüber der Bibel.
Diese Haltung hat sich im Laufe der Jahrzehnte jedoch geändert. Heute haben wir es mit einer ganz neuen Generation von Archäologen zu tun. Bei einigen, wenn auch nicht bei allen, hört man heute oft, dass Israel in Ägypten, der Auszug und die Landnahme unter Josua alles Legenden seien.
Manche sagen heute, es gäbe keine archäologischen Spuren von Israel in Ägypten. Außerdem sei Jericho um 1230 v. Chr. keine Stadt gewesen und habe auch keine Mauern gehabt. Wie könnten dann also die Mauern vor Josua gefallen sein?
Diese Sichtweise wurde in den vergangenen Jahren breit in den Medien dargestellt. Es wird häufig behauptet, die Bibel enthalte eine Fülle von Legenden, Mythen und Märchen.
Kontroverse um die archäologische Interpretation und Chronologie
Eine ganz wichtige Rolle hat in den vergangenen Jahren das Buch von Israel Finkelstein und Neil Silverman gespielt. Auf Deutsch heißt es Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. Israel Finkelstein ist ein israelischer Archäologe, der behauptet, dass es sich bei den biblischen Geschichten um Legenden handelt, die es so gar nie gegeben hat. Er sieht die Bibel als überhaupt nicht zuverlässig an.
Allerdings wird in den Medien, die sich sehr gerne gerade auf Israel Finkelstein berufen, oft verschwiegen, dass Finkelstein eigentlich eine Extremposition unter Archäologen einnimmt. Er repräsentiert nicht den Mainstream, sondern eine sehr feindliche Haltung gegenüber der Bibel. Auch heute gibt es noch viele biblische Archäologen, die eine sehr positive Haltung zur Bibel haben. Nicht so Israel Finkelstein. Er sagt, das ist alles ein Märchen, es gab gar keine Posaunen vor Jericho. Denn es gab ja auch keine Mauern in Jericho.
Diese Problematik ist schon lange bekannt. Wie kann man die biblische Geschichte, die etwa um 1230 vor Christus mit Ramses spielt, mit der Archäologie in Einklang bringen? Das ist wirklich ein Problem. Manche haben versucht, dieses Problem durch eine Revision der ägyptischen Chronologie zu lösen.
Zu nennen ist hier Immanuel Velikovsky, der mit seinem Buch Ages in Chaos („Zeitalter im Chaos“) berühmt wurde. Er stellte die Behauptung auf, dass die übliche Chronologie Ägyptens völlig falsch sei und massiv geändert werden müsse. Nur so könne man Bibel und Archäologie zusammenbringen. Velikovsky war ein sehr kluger Mann, aber kein Archäologe und kein Ägyptologe, sondern Tiefenpsychologe. Als Tiefenpsychologe kam er bei den Ägyptologen nicht gut an. Seine Ansichten blieben daher Außenseitermeinungen. Populärwissenschaftlich war er jemand, der schnell Fakten kombinieren und etwas Interessantes zusammenstellen konnte, das aber nicht zuverlässig war.
Nach Velikovsky machte ein gewisser Donovan Courville von sich reden. Auch er versuchte, die ägyptische Chronologie zu korrigieren, um einen Einklang zwischen Bibel und Archäologie herzustellen. Courville war immerhin Chemiker, aber auch kein Ägyptologe oder Archäologe. Und als Chemiker hatte er ebenfalls keinen großen Einfluss in der Fachwelt.
Später kam David Rohl, ein Engländer, der Ägyptologie studiert hatte. Er gehörte also zur richtigen Fachrichtung. Er arbeitete zusammen mit Peter van der Veen und schrieb selbst ein sehr bekanntes Buch, das auch international Beachtung fand. Auf Deutsch heißt es Pharaonen und Propheten, im Original A Test of Time („Ein Test der Zeit“).
Rohl vertritt darin die Ansicht, dass die ägyptische Chronologie auf schwachen Füßen stehe und fehlerhaft sei. Wenn man die Chronologie um circa 300 bis 380 Jahre nach unten verschiebe, könne man die biblische Geschichte wunderbar mit der Archäologie Ägyptens und Kanaans in Einklang bringen.
Das war jedoch zu viel verlangt. Diese These rief den Zorn der Ägyptologen auf David Rohl hervor. In der wissenschaftlichen Literatur ist es üblich, sehr trocken und emotionslos zu schreiben. Doch bei den Darstellungen zu David Rohl kann man ganz neue Töne finden. Wissenschaftler, die wirklich erzürnt und emotional gegen Rohl schrieben. Das ist etwas sehr Besonderes.
Rückblickend kann man sagen, dass die Welt der Ägyptologen keine Revision der Chronologie um 380 Jahre akzeptiert. Verschiebungen in diesem Bereich um 50 oder 100 Jahre werden noch akzeptiert und geschluckt. Das ist auch notwendig, denn die Datierung in der Archäologie ist nicht so präzise, dass man dogmatisch sein könnte. Aber 380 Jahre – das war zu viel und hat scharfe Attacken gegen die Bemühungen um eine Revision der Chronologie ausgelöst.
Die biblische Chronologie und ihre Bedeutung
Nun habe ich mir die Frage gestellt: Braucht es eigentlich eine Revision? Die Bibel bezeichnet Ramses II. nirgends als Pharao der Sklaverei. Damit müssen wir die Frage stellen: Ist 1230 vor Christus wirklich das Datum des Exodus, des Auszugs aus Ägypten?
Wenn man die Bibel liest, muss man sagen: Unmöglich, dieses Datum steht im Widerspruch zur biblischen Chronologie. Und das ist ja gerade das Besondere: Die Bibel hat eine durchgängige Chronologie, von Anfang an, durch das ganze Alte Testament hindurch und sogar ins Neue Testament hinein. Das ist sehr erstaunlich, weil es nirgends eine Lücke in der Chronologie gibt. Sogar in manchen Geschichten der Bibel werden nebenbei plötzlich Jahreszahlen angegeben. Genau diese Zahlen braucht man, um diese lückenlose Chronologie durchführen zu können.
Wenn man sich das vom Standpunkt des Zufalls überlegt, könnte es immer wieder irgendwo eine Lücke geben, die man nicht ganz schließen kann. Aber das ist nicht so. Das Alte Testament ist in sich so geschlossen, dass man ein fixes, in sich geschlossenes chronologisches System aufstellen kann.
Die Frage ist nun, wie wir die biblische Chronologie mit der Chronologie der außerbiblischen Geschichte und Archäologie zusammenbringen können. Dabei ist ein Datum ganz entscheidend wichtig, nämlich 586 v. Chr. Das ist das Datum der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier unter Nebukadnezar. Es geht hier um die Zeit, als die Juden in die babylonische Gefangenschaft deportiert wurden.
Auf diesen Bildern sehen wir Ausgrabungen in Jerusalem aus den Schichten der Zeit von circa 600 vor Christus. Man erkennt einen Turm von Jerusalem, der die Zerstörungsspuren trägt. Er konnte den Angriffen Babylons nicht widerstehen. Außerdem wurden eindrückliche, dicke Ascheschichten gefunden, die davon zeugen, wie die Bibel berichtet, dass Jerusalem damals verbrannt wurde.
Diese Pfeilspitzen hier sind originale Pfeilspitzen, die im Krieg um Jerusalem damals Verwendung fanden. Es gibt keilschriftliche Überlieferungen aus der Lebenszeit von Nebukadnezar, die sein Leben datieren – und zwar mit astronomischen Ereignissen, bestimmten Planeten und Konstellationen. Es gibt eine ganze Reihe solcher Angaben, die man zusammennehmen kann. Damit lassen sich die Lebensdaten von Nebukadnezar ganz genau bestimmen und auch mit dem Computer nachrechnen.
So entspricht das Jahr der Zerstörung Jerusalems, wie es die Bibel angibt, exakt dem Regierungsjahr von Nebukadnezar, nämlich 586 vor Christus. Dieses Datum ist astronomisch mehrfach abgesichert.
Wenn man nun dieses Datum 586 vor Christus als Verbindungspunkt zwischen außerbiblischer und biblischer Geschichte nimmt, kann man die biblischen Jahreszahlen zurückrechnen. Natürlich bis zurück auf Adam, aber wir gehen jetzt nur bis Abraham zurück. So kommt man für die Geburt Abrahams auf 2111 vor Christus.
Mit anderen Worten: Abraham lebte am Ende des dritten Jahrtausends vor Christus in der Stadt Ur, die dem Mondgott geweiht war. Die Überreste einer Zikkurat, eines Stufenturms, stammen aus der Zeit Abrahams. Auf diesem Stufenturm, einem Abbild des frühen Turmes von Babel, wurde der Mondgott in Ur in Chaldea verehrt.
Aber, wie wir wissen: Der Schöpfergott, der nicht Teil der Natur ist, erschien Abraham, diesem Mondgott-Verehrer, und rief ihn aus Ur in Chaldea heraus, um ins Land Kanaan zu gehen. Abraham bekehrte sich von den Naturgöttern weg hin zum Schöpfergott. Er war gehorsam, zog aus und kam schließlich im Jahr 2036 vor Christus ins Land Kanaan.
1. Mose 12,4 sagt uns nämlich, dass Abraham mit 75 Jahren nach Kanaan einzog. Also rechnen wir 2111 minus 75, das ergibt 2036. 1. Mose 12,7 berichtet, wie Gott dann mit Abraham einen Bund schloss in Sichem, das ist heute Nablus im sogenannten besetzten Westjordanland. Gott verhieß Abraham: „Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben.“
Berechnung des Exodus und der Landnahme
Nun können wir berechnen, wann der Auszug aus Ägypten stattgefunden hat. In Galater 3,17 erklärt der Apostel Paulus, dass der Bund am Horeb, am Sinai, 430 Jahre nach dem Bund mit Abraham geschlossen wurde. So können wir rechnen: 2036 minus 430 ergibt 1606 v. Chr.
Das ist natürlich ein anderes Datum als etwa 1230 v. Chr. Nun können wir auch die Zeit der Eroberung Jerichos berechnen. Aus Apostelgeschichte 13,18-20 erfahren wir, dass Israel insgesamt 40 Jahre in der Wüste herumwanderte. Also ergibt sich 1606 minus 40 für die Eroberung Jerichos und die Landnahme unter Josua 1566 v. Chr.
Die Dauer der Eroberungen unter Josua ist etwas schwieriger zu berechnen. Hier muss man mit x und y eine Gleichung aufstellen, die sich dann mit einfacher Mathematik lösen lässt. Auf meiner Homepage www.rogeliebe.ch kann man das Skript zur Chronologie des Alten Testaments herunterladen. Dort findet man auch genau erklärt, wie man diese Berechnung durchführt.
Aus den Angaben in Apostelgeschichte 13,18-20 sowie aus den Zahlenangaben in 4. Mose 9 und Josua 14 ergibt sich, dass es sechs Jahre dauerte, von der Eroberung Jerichos bis zum Tod Josuas. Mit diesen Zahlen kann man dann auch ausrechnen, dass es vom Tod Josuas bis zum ersten Richter 14 Jahre dauerte, bis Othniel, der erste Richter, sein Amt antrat.
Weiter berichtet Apostelgeschichte 13,18-20, dass Gott Israel 450 Jahre lang Richter gab. Also können wir rechnen: 1566 minus 6 minus 14 minus 450. Dann kommen wir auf das Jahr 1096 v. Chr., das Ende der Richterzeit und den Beginn des Königtums in Israel.
Ab 1096 v. Chr. regierte Saul, nach ihm kam David, danach Salomo. Aus Apostelgeschichte 13,21 erfahren wir, dass Saul 40 Jahre regierte. 1. Könige 2,11 macht klar, dass David ebenfalls 40 Jahre regierte. Auch Salomo regierte gemäß 2. Chronik 9,30 vierzig Jahre.
Also rechnen wir: 1096 minus 40 minus 40 minus 40 ergibt 976 v. Chr. Das ist die Zeit, als Salomo starb und Israel in zwei Nationen gespalten wurde: die zehn Stämme im Norden, fortan Israel genannt, und die zwei Stämme im Süden mit der Hauptstadt Jerusalem, fortan Juda genannt.
976 v. Chr. markiert also die Spaltung Israels. Wenn wir die Regierungszeiten der Könige in den Büchern der Chroniken sowie in 1. und 2. Könige zusammenrechnen, ergibt sich für die gesamte Zeit von der Spaltung bis zur Wegführung der Juden und der Zerstörung Jerusalems im Jahr 586 v. Chr. eine Dauer von genau 390 Jahren.
Wenn wir 976 minus 390 rechnen, führt uns das genau zum Jahr 586 v. Chr. Dieses Ergebnis passt sehr gut zusammen.
Schwierigkeiten und Lösungen in der biblischen Chronologie
Hier ist zu sagen, dass manche Chronologien, wenn man in Bibellexika und Ähnlichem nachschaut, nicht auf 390 Jahre kommen. Warum ist das so? Es gibt einige Schwierigkeiten. Viele dieser Probleme konnte Edwin Thiele lösen. Sein Buch, das weltweit bekannt wurde, heißt „Die geheimnisvollen Zahlen der Könige Israels“ bzw. „Die mysteriösen Zahlen des Königs Israels“. Darin hat er das Problem in vielen Fällen klären können, das man bis dahin mit der Chronologie der Bibel hatte.
Ich muss erklären: Wenn man die Zahlen der Bibel für die Könige im Nordreich und die Könige im Südreich durchrechnet, dann passen sie einfach nicht zusammen. Es gibt ständig Konflikte mit diesen Zahlen, und das ist schon seit der Antike bekannt. Schon die Übersetzer des Alten Testaments ins Griechische im dritten Jahrhundert vor Christus, die Juden in Ägypten, die damals die Septuaginta übersetzten, wussten um diese Probleme.
Man muss wissen, dass die Juden beim Abschreiben des hebräischen Urtextes sehr sorgfältig waren. Da wurde auf jeden Buchstaben geachtet, und nichts durfte geändert werden. Das war ein Grundsatz. Wenn es aber um eine Übersetzung ging, war man sehr frei. So versuchten sie in der griechischen Übersetzung, die Zahlen zu korrigieren. Doch das Chaos wurde dadurch noch größer. Die Zahlen in der Septuaginta brachten noch mehr Probleme, lösten aber keines.
Damit wird deutlich, dass das Problem schon mindestens vor 2300 Jahren den Bibellesern bekannt war. Das zeigt auch, wie genau die Menschen damals in der Antike die Bibel lasen – nicht einfach so, als wären die Zahlen unwichtig.
Später, um 400 nach Christus, übersetzte Hieronymus die lateinische Bibel, die sogenannte katholische Vulgata. Er war überzeugt, dass die Bibel Gottes Wort und inspiriert ist. Dennoch wusste er um die Probleme mit den Zahlen in den Königsbüchern. Er meinte, man solle keine Zeit damit vergeuden, dieses Problem zu lösen, denn man werde ohnehin keine Lösung finden. Trotzdem war er überzeugt von der göttlichen Inspiration der Bibel. Er wusste nur nicht, wie man das Problem beheben könnte.
Noch vor einigen Jahren schrieb Kenneth Kitchen, einer der führenden Ägyptologen des 20. und 21. Jahrhunderts, ein gläubiger Engländer, dass wahrscheinlich hinter diesen Zahlen ein chronologisches Zählsystem stecke, das heute nicht mehr bekannt sei. Das hat mich beeindruckt, denn dieser Mann zeigte Demut, indem er sagte: Wir wissen nicht alles und haben nur bruchstückhafte Erkenntnisse in der Wissenschaft. Deshalb wäre es vermessen zu behaupten, der Bibeltext irre sich. Man kann aber vernünftigerweise annehmen, dass ein uns unbekanntes Zählsystem dahintersteckt.
Nun hat Edwin Thiele das in vielen Fällen tatsächlich klären können. Im Nahen Osten wurden Jahreszahlen bei Königen unterschiedlich gerechnet. Es gab zum Beispiel ein Zählsystem, bei dem das Jahr, in dem ein König den Thron bestieg, als Thronbesteigungsjahr galt. Erst im folgenden Jahr begann man dann mit Jahr eins, Jahr zwei und so weiter zu zählen. Diese Zählweise hat den Vorteil, dass man weniger Fehler macht.
Zum Beispiel: Der Vater regiert bis zum 30. April eines Jahres, dann kommt sein Sohn auf den Thron. Nun besteht die Gefahr, dass man das angebrochene letzte Jahr des Vaters als ein Jahr zählt und auch das angebrochene Jahr des Sohnes als ein Jahr. Am Ende hat man dann in der Chronologie ein Jahr zu viel. Zählt man jedoch nur das Thronbesteigungsjahr und danach Jahr eins, zwei, drei, vermeidet man diesen Fehler.
Es gab aber auch die andere Zählweise, bei der das Thronbesteigungsjahr bereits als Jahr eins gezählt wurde. Thiele hat mit diesen Zahlen experimentiert, und plötzlich löste sich ein Konflikt nach dem anderen. Wenn man die Listen nebeneinanderstellt, stimmen die Zahlen von Israel und Juda plötzlich gut überein.
Doch Edwin Thiele hatte noch ein Problem. Er ging von der überlieferten assyrischen Chronologie aus, die von den alten Assyrern sehr detailliert überliefert wurde. Es gab nur wenige Konflikte mit der biblischen Chronologie. Er sagte sich: Das lösen wir so – wir müssen uns vorstellen, dass manchmal Vater und Sohn gleichzeitig regierten, also eine Korrigentschaft vorlag.
Solche gemeinsame Regierungszeiten gibt es tatsächlich in der Bibel, und die Bibel deutet sie auch an. Thiele ging aber noch weiter: Auch dort, wo die Bibel keine Korrigentschaft andeutet, nahm er sie an, um die Zahlen mit der assyrischen Chronologie anzupassen. Letztlich ging er davon aus, dass es in ganz wenigen Fällen auch Fehler im Urtext der Bibel gegeben hätte.
An dieser Stelle ist Thiele jedoch in die Irre gegangen. Heute wissen wir, dass die assyrische Chronologie, obwohl sehr detailliert, fehlerhaft ist. Es gibt mehrere überlieferte Texte, die Widersprüche enthalten. Deshalb kann man die assyrische Chronologie nicht als Maßstab nehmen, um die Bibel zu korrigieren. Sie ist kein Diamant, sondern selbst schwach. Man kann mit Stahl keinen Diamanten schleifen, sondern braucht Diamant, um Stahl zu schleifen. So muss man die Bibel als den Diamanten sehen, mit dem man Stahl schleift.
Hat sich Thiele also geirrt? Wenn man aber ganz konsequent die Zahlen der Bibel nimmt, ergeben sich genau 390 Jahre für die Zeit von der Spaltung bis zur Zerstörung Jerusalems. Diese 390 Jahre werden auch in Hesekiel 4,4-5 ausdrücklich erwähnt.
Man sollte einmal in Hesekiel-Kommentaren nachsehen, wie Ausleger diese Zahl 390 interpretieren. Man stellt fest, dass viele Ausleger mit diesen 390 Jahren nichts anfangen können. Sie wissen nicht, worauf sich die Zahl bezieht. Es gibt verschiedene Spekulationen und Versuche, damit umzugehen – eben weil die strenge biblische Chronologie, die genau diese 390 Jahre ergibt, nicht angewandt wurde.
So sind wir wieder zurück bei 586 v. Chr., diesem wichtigen Anknüpfungspunkt zwischen biblischer und außerbiblischer Geschichte.
Vergleich der biblischen Chronologie mit der wissenschaftlichen Datierung
Nun haben wir also festgestellt, dass der Exodus aus Ägypten nach der Bibel um 1606 v. Chr. stattgefunden hat. Vergleichen wir das nun mit den Angaben der Wissenschaft, die der Bibel gegenüber in der jüngeren Vergangenheit eher zurückhaltend war. Dort wird oft das Jahr 1230 v. Chr. genannt. Das ergibt einen Unterschied von 376 Jahren.
Man erkennt, dass diese Differenz ungefähr der Revision der ägyptischen Chronologie entspricht, wie sie David Rohl gefordert hat. Allerdings wurde seine Revision nicht akzeptiert. Das kann man durchaus begrüßen, denn eine solche Änderung war nicht notwendig. Lassen wir die Ägyptologen mit ihrer Chronologie arbeiten, wir kommen auch so zurecht.
Was wir jedoch fordern müssen, ist eine strenge und saubere biblische Chronologie. Dabei müssen alle Zahlen der Bibel ernst genommen werden, keine einzige Zahl darf als falsch betrachtet werden. Das unterscheidet diese Chronologie von vielen anderen, die man in Bibeldexika und Kommentaren findet. Dort werden immer wieder biblische Zahlen als fehlerhaft bezeichnet.
Das von mir vorgestellte System vereint jedoch alle Zahlen, ohne dass eine einzige Zahl korrigiert werden muss. Es ist zudem bemerkenswert, dass die jüdischen Abschreiber der hebräischen Bibel diese Zahlen konsequent überliefert haben. Obwohl sie selbst wussten, dass es beim Rechnen Probleme geben könnte, änderten sie den hebräischen Text nicht ab.
Sie haben diese Zahlen stur überliefert. Das zeigt umgekehrt, wie exakt die Bibel über die Jahrtausende hinweg überliefert worden ist. Das ist sehr eindrücklich.
Weitere Berechnungen und historische Verbindungen
Jetzt gehen wir weiter und berechnen noch mehr Dinge. Die Bibel berichtet, dass Mose achtzig Jahre alt war beim Auszug aus Ägypten.
Nun können wir das Geburtsdatum von Mose berechnen: 1606 plus 80 ergibt 1686 vor Christus. Damit kommen wir für die Geburt Moses in die Zeit der dreizehnten Dynastie in Ägypten.
Aber Ramses II. gehörte zur neunzehnten Dynastie. Nun stellt sich die Frage: Wer war denn eigentlich Moses Stiefvater? Ich werde gleich zeigen, dass es dieser Mann hier war, von dem wir sogar noch eine originale Statue besitzen. Wir wissen also, wie er ausgesehen hat: Chaneferre Sobechhotep IV.
Wie kommt man darauf? Jetzt gehen wir auf eine ganz andere Art und Weise an das Thema heran. Artapanus war ein jüdischer Geschichtsschreiber vom Ende des dritten Jahrhunderts vor Christus in Ägypten. Dort sprach man damals Griechisch. Seit der Eroberung durch Alexander den Großen wurde Griechisch zur Weltsprache.
Artapanus war Verfasser eines Geschichtswerks über das Judenvolk mit dem Titel Peri Judaion, über die Juden. Darin sagt er, die Tochter des Pharao habe Merris geheißen, und ihr Mann sei Pharao Chenefres gewesen.
Interessant: In der Bibel steht davon nichts. Kann man sich vorstellen, dass solche Namen im Judentum außerhalb der Bibel überliefert wurden? Ja, zum Beispiel nennt der Apostel Paulus in 2. Timotheus drei Namen der zwei Zauberer zur Zeit von Mose: Jannes und Jambres. Sie werden aber in der Bibel nie genannt.
In der jüdischen rabbinischen Literatur finden wir diese Namen, zum Beispiel im Targum zu 2. Mose 7. Targum nennt man die aramäischen Übersetzungen des Alten Testaments im Judentum, die sehr wichtig sind. Dort, im Targum zu 2. Mose 7, sind diese Namen eingefügt.
Das waren eben freie Übersetzungen, Umschreibungen und auch erklärende Zusätze. So war es also überliefert, und darum ist es überhaupt nicht erstaunlich, dass auch die Namen Merris und Chenefres oder Kennefres überliefert waren.
Nun ist das natürlich die griechische Aussprache: „Kenefres“, „Auchennefres“. Also keine Übersetzung, sondern die griechische Aussprache. Typisch ist zum Beispiel das „S“ am Schluss. Die Griechen haben sehr gerne bei Männernamen ein „S“ angehängt.
Zum Beispiel machten sie aus dem hebräischen Jeremia Jeremias, aus Elia Elias, aus Jesaja Jeschaja Jesajas, weil sie das „Sch“ nicht aussprechen konnten. Es gibt im Griechischen kein „Sch“-Laut, sondern nur ein „S“. Deshalb wurde aus Jeschaja Jesajas.
Auch aus Mose konnten sie nicht „Mosche“ sagen, deshalb machten sie daraus Moses. So versteht man auch Jesus: Das ist einfach die griechische Umschrift von Jeshua. Jeschu wurde zu Jesu, und dann kam ein „S“ dazu, also Jesus.
Jesus ist exakt das Gleiche wie Jeshua, nur in griechischer Aussprache. Und von Sprache zu Sprache spricht man ja verschieden aus. Darum sagt man auf Italienisch Jesu, auf Französisch Jesu, auf Englisch Jesus – aber das ist alles dasselbe.
Nun ist das Schöne: Es gibt nur einen Pharao aus der Geschichte, der den Namen Chenefre trägt. Jetzt nehmen wir das „S“ weg. Das ist nämlich Sobekhotep IV., der als Thronname die Bezeichnung Chanefer Re annahm. Das bedeutet auf Deutsch „Die Vollkommenheit Re des Sonnengottes strahlt am Horizont“.
So schreibt man das auf Altägyptisch: Chanefer Re. Das ist dieser Mann. Er war der 23. Pharao der dreizehnten Dynastie.
Das ist schon interessant. Über diesen ganz anderen Weg, über Artapanus, kommen wir auch in die dreizehnte Dynastie. Das schließt sich wieder schön mit der biblischen Chronologie.
Die Problematik der 480 Jahre in Erster Könige 6,1
Jetzt gibt es aber noch ein Problem, und das ist Erste Könige 6. In Erste Könige 6,1 steht nämlich Folgendes:
„Und es geschah im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israel aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Ziv, das ist der zweite Monat, da baute er dem Herrn das Haus.“
Hier wird also gesagt, dass Salomo im vierten Jahr seiner Regierung begann, den Tempel in Jerusalem zu bauen. Das war das 480. Jahr nach dem Exodus.
Aber in unserer Zusammenzählung, die wir vorhin angesehen haben, kamen wir auf viel, viel mehr – nämlich auf 114 Jahre mehr.
Nun gibt es viele bibeltreue Bibelausleger, die sagen, dass dies die Zahl ist, die wir nehmen müssen. Nach dieser Zahl können wir den Auszug aus Ägypten berechnen.
Und was ist dann mit den 450 Jahren Richterzeit? Das würde ja gar nicht mehr hineinpassen, oder?
Außerdem kommen ja noch 40 Jahre David vor Salomo, 40 Jahre Saul und 40 Jahre Wüstenwanderung hinzu. Also haben wir ein riesiges Problem, nicht wahr?
Dann sagen einige eben: Ja, das waren eben nicht 450 Jahre Richterzeit. Man muss sich das so vorstellen, dass diese Richter an verschiedenen Orten im Land zum Teil parallel wirkten. So kann man diese 450 Jahre zusammenstauchen.
Aber da haben wir ein Problem mit Apostelgeschichte 13, denn dort sagt der Apostel Paulus, dass Gott Israel Richter gab bei 450 Jahren. Das steht dort so.
Und woher nahm Paulus diese Zahl? Wenn man im Buch der Richter und am Anfang von Erster Samuel – Samuel war ja der letzte Richter – die Zahlen ganz konsequent zusammenrechnet, kommt man auf exakt 450 Jahre.
Also diese Zahl kommt nicht von irgendwo her, sie kommt aus dem Alten Testament und wird im Neuen Testament bestätigt und vorgestellt.
Was machen wir also damit?
Nun habe ich natürlich Gegner, die sagen: Seht ihr, auch er nimmt die Bibel nicht ernst, er nimmt diese 480 Jahre nicht ernst in der Bibel.
Ich sage wiederholt: Man muss keine einzige Zahl korrigieren, alle Zahlen stimmen. Aber es ist eben so: Im Buch der Richter gab es immer wieder Fremdherrschaften.
Das Volk Israel musste wegen seiner Sünde von Gott gezüchtigt werden, weil sie von ihm abgefallen und untreu geworden waren. Sie kamen unter Herrschaft von fremden Herrschern.
Wenn man alle diese Gewalt- und Fremdherrschaften im Buch der Richter als Zucht Gottes wegen Sünde zusammenzählt, dann gibt es folgende Jahre: 8 plus 18 plus 20 plus 7 plus 3.
Das sind die Gewaltherrschaftsjahre von Abimelech, der zwar ein Israelit war, aber eine Zuchtrute Gottes, plus 18 Jahre. Das ergibt zusammen 114 Jahre.
Nun hatten wir gesehen, es gibt eine Diskrepanz: 594 Jahre hatten wir bekommen, aber die Bibel sagt in Erste Könige 6,1: 480 Jahre.
Schauen wir mal: 594 minus 114 ergibt exakt 480 Jahre. Nicht 482, auch nicht 479 oder 476, sondern genau 480 Jahre.
Das heißt mit anderen Worten: Der von Gott inspirierte Schreiber von Erste Könige gibt die Jahreszahl 480 Jahre an, rechnet dabei aber die verlorenen Jahre Israels wegen der Zucht Gottes bewusst nicht mit.
Diese Umwege, die Israel gegangen ist, die eigentlich nicht im Plan, im Ratschluss Gottes waren, sondern durch die Verantwortung des Menschen entstanden, werden in dieser Zählung nicht mitgerechnet.
Und das ist nicht das einzige Mal in der biblischen Geschichte, dass wir dieses Phänomen finden. Wir finden das immer wieder.
Zum Beispiel auch bei den siebzig Jahrwochen Daniels. Neunundsechzig Jahrwochen gingen bis auf Christus und sein Kommen als Fürst.
Dann kommt dieser lange Einschub der Zeit der Gnade, und die siebzigste Jahrwoche wird erst in der Zukunft nach der Entrückung der Gemeinde kommen.
Die Zeit für Israel wurde gestoppt, als der Messias von Israel abgelehnt wurde, und wird erst wieder laufen nach der Entrückung der Gemeinde.
Dann kommt die siebzigste Jahrwoche, aber die Zeit dazwischen wird nicht gezählt. Und diese Zeit wissen wir auch nicht.
Darum können wir auch das Kommen Christi nicht berechnen. Die Bibel sagt das immer wieder, weil es dann Einschübe gibt.
Aber das gibt es noch mehr in der Bibel. Also das ist eine biblische Art des Zählens.
Praktische Bedeutung der biblischen Chronologie für das Leben
Und jetzt können wir uns auch fragen: Was bedeutet das für uns?
Die Zeiten in unserem Leben, in denen wir vielleicht eigene Wege gegangen sind, in denen wir uns vom Herrn und seinem Wort entfernt haben und erleben mussten, wie der Herr uns durch Zucht zur Umkehr führen musste, sind zwar ein Zeugnis der Gnade Gottes. Das Buch der Richter ist ein Zeugnis der Gnade Gottes, dass er sein Volk nie fallen ließ, sondern sich um es bemühte und es auch wieder zurückführte.
Aber nichtsdestotrotz sind diese Jahre verlorene Jahre. All der Lohn, der Ewigkeitsbedeutung hat, wird ewig verloren sein. So zeigt es uns, wie jeder Tag im Leben eines Gläubigen im Licht der Ewigkeit gesehen wird. Es ist so wichtig, dass wir unsere Zeit nicht verpassen.
Das gilt auch für die jungen Leute. Es gibt so viele Dinge, bei denen wir unsere Zeit verpassen können, angefangen bei Facebook und endend – wer weiß wo. Verlorene Zeiten, die nie mehr zurückkommen werden und die im Licht der Ewigkeit von Bedeutung sind, was unseren Lohn angeht.
So können wir gerade aus 1. Könige 6,1 eine ganz wichtige praktische Lektion fürs Christenleben entnehmen.
Archäologische Grundlagen und Funde in Jericho
Ja, jetzt machen wir Pause. Nach diesen chronologischen Bemerkungen, die sehr wichtig waren, gehen wir jetzt nach Jericho. Hier sehen wir etwas von dem Tell Jericho, also von dem alttestamentlichen Jericho.
Wie gesagt, das war die erste Station im Land Kanaan, die Israel am Ende der vierzigjährigen Wüstenwanderung überwinden musste. Jericho liegt 259 Meter unter dem Meeresspiegel der Ozeane, acht Kilometer westlich des Jordans und zehn Kilometer nördlich des Toten Meeres. Das ist die tiefste Stadt der Welt. Nur Sodom und die anderen Städte der Ebene lagen tiefer.
Jericho ist eine subtropische Oase. Bereits in 5. Mose 34,3 wird sie genannt: die Palmenstadt. Wer heute nach Jericho geht, sieht sofort, wie treffend dieser Name schon damals war und immer noch ist.
Der Ort war strategisch enorm wichtig für die Ureinwohner, für die Kanaaniter. Jericho war gewissermaßen die Bewachung des Weges hinauf in das Hochland Kanaans. Das ist insbesondere das heutige sogenannte besetzte Westjordanland.
Im Hintergrund sehen wir den Tell, den wir noch genauer anschauen werden. Vielleicht kann ich erklären, was ein Tell ist: Tell ist hebräisch oder auch arabisch und bedeutet Hügel. Das sieht man, das ist ein Hügel. Aber aufgepasst: Man kann nicht irgendeinen Hügel in der Landschaft Tell nennen. Auf Hebräisch ist das ein Zivilisationsschutthügel.
Im Nahen Osten war das üblich. Da kamen irgendwelche Siedler an einen neuen Ort und sagten sich: Hier wollen wir wohnen, bei dieser Quelle, bei diesem Fluss, was auch immer. Dann bauten sie ihre Häuser. Später wurden diese Häuser in einem Krieg wieder zerstört. Man baute die Stadt oder das Dorf wieder auf, und zwar auf den Trümmern.
So kamen die neuen Häuser ein bisschen höher zu liegen. Später wurde das wieder zerstört, und man baute erneut auf den Trümmern auf. So ist es üblich im Nahen Osten, dass die Städte mit der Zeit immer höher gebaut wurden. Dadurch bildeten sich eigentliche Hügel.
Es gibt unzählige solcher Tells im Nahen Osten. Wenn man ein bisschen ein entwickeltes Auge hat, kann man irgendwo in der Natur einen grasbewachsenen Hügel mit Bäumen sehen und merkt: Das ist kein normaler Hügel, das ist ein Zivilisationsschutthügel. Dort könnte man beginnen zu graben und würde auf Schätze der alten Zeit stoßen.
Dieser Tell wurde von Alters her in Jericho Tell es Sultan genannt, im Arabischen. Hier ein Blick von Süden.
Ganz nahe dieses Tells befindet sich eine Quelle, die Elisa-Quelle. Wir sehen jetzt schon, dass an gewissen Stellen in diesem Tell in den vergangenen Jahrzehnten gegraben worden ist, aber bei weitem nicht alles.
Es ist wie überall: Es fehlt das Geld und auch die Leute. Es gäbe in Jericho noch sehr viel auszugraben. Aber das, was man in den vergangenen Jahrzehnten getan hat, ist schon sensationell. Daher auch der Titel des Vortrags: Sensationelle Funde aus Jericho.
Wir wollen das zusammen anschauen, aber zuerst ein bisschen Grundlage in Archäologie.
Grundlagen der Tell-Archäologie und Schichtenkunde
Also, wir nähern uns einem Tell, einem Zivilisationsschutthügel, wie wir ihn hier sehen. Dabei muss man sich bewusst sein, dass dieser Hügel aus zahlreichen verschiedenen Schichten besteht. Jede Schicht gehört zu einer Stadt, die zerstört wurde, worauf dann eine neue Stadt errichtet wurde, und so weiter.
Beim Graben ist es deshalb sehr wichtig, nicht irgendwo wie in einem Sandhaufen einfach wild zu graben. Stattdessen muss man die einzelnen Schichten sauber voneinander unterscheiden und im Grabungsbericht für die Nachwelt genau festhalten. Denn Ausgraben bedeutet auch zerstören – und zwar unwiederbringlich.
Man muss also genau wissen, was man tut. Zudem sollte man sich überlegen, welche Schicht man für die Nachwelt erhalten möchte und welche man abträgt. Es ist natürlich klar: Je höher eine Schicht liegt, desto jünger ist sie. Je weiter man nach unten gräbt, desto älter wird die Schicht, bis man schließlich auf dem Felsboden ankommt.
Im Nahen Osten teilt man die Zeit anhand dieser Schichten ein. Man spricht von der frühen Bronzezeit, dann der mittleren Bronzezeit, die man wiederum in verschiedene Unterperioden unterteilt, und anschließend der späten Bronzezeit, die immer jünger wird. Danach folgt die Eisenzeit, und schließlich erreicht man das heutige Niveau.
Im Laufe der Zeit konnte man diese verschiedenen Schichten zumindest relativ datieren – und zwar ganz speziell durch Keramik-Scherben. Warum gerade durch Scherben? In allen Schichten, die man ausgräbt, findet man Keramik, also Überreste von Geschirr der Menschen, die dort einst lebten.
Die Menschen früher waren nicht völlig anders als wir heute. Auch sie hatten ihre Moden. Wenn man heute zum Beispiel einen bestimmten Fond du Caclon kauft, sieht der anders aus als der, den man vor vielen Jahren zur Hochzeit gekauft hat. Über die Jahre ändert sich die Mode, also das, was man als Fond du Caclon verwendet.
Ähnlich verhält es sich mit der Keramik. Man kann die Scherben anschauen und feststellen, wann sie etwa hergestellt wurden. Hier geht es natürlich um größere Zeiträume. So sieht man zum Beispiel in einer Epoche, die man das späte Bronzezeit 2b nennt, eine bestimmte Art von Geschirr als Mode.
In der nächsten Schicht findet man dann eine andere Mode. Wenn man nun zu einem anderen Tell, etwa 150 Kilometer entfernt, geht, kann man dort das gleiche Geschirr finden. Allerdings nicht in der fünften Schicht von unten gezählt, sondern in der dritten Schicht.
Dabei ist es nicht entscheidend, ob es die fünfte oder die dritte Schicht ist. Wichtig ist, dass man feststellt, dass dieselbe Mode vorhanden war. Daraus schließt man, dass die Menschen dort wahrscheinlich in der gleichen Epoche lebten.
Mit dieser Methode kann man zwar nicht auf das genaue Jahr datieren, aber doch auf größere Epochen. Deshalb muss man sehr sorgfältig vorgehen und die Scherben sammeln, zusammensetzen und miteinander vergleichen.
Archäologische Belege für die Mauern von Jericho
Jetzt wenden wir uns konkreter Jericho zu. Dabei betrachten wir die Schichten der mittleren Bronzezeit 2b, denn das Jahr 1566 v. Chr. entspricht nach biblischer Chronologie dem Ende dieser Phase in der Archäologie.
An der Seite des Tells finden wir eine massive Stützmauer. Die bisherigen Aussagen, Jericho hätte keine Mauer gehabt, können wir damit vergessen. Jericho besaß zu dieser Zeit eine massive Stützmauer.
Schauen wir uns diese Mauer im Bild an: Am Fuß des Erdhügels befindet sich eine 4,5 Meter hohe, abgeschrägte Stützmauer aus massiven Steinen. Vor dieser Mauer liegt ein Graben. Doch das ist noch nicht alles.
Auf der Stützmauer befand sich oben eine Brüstungsmauer aus Lehmziegeln. Die Mauer war also noch viel höher. Über der Stützmauer stand eine weitere Mauer, die nach vorne hin in den Graben gestürzt war.
Die Stützmauer stützte eine dahinter liegende Böschung aus verdichteter Erde. Darüber gab es einen etwa zehn Zentimeter dicken Kalkverputz, den man als Glassy bezeichnet. Ich werde gleich erklären, was ein Glassy ist.
Dank moderner Technik können wir die Situation gut visualisieren. Die Stützmauer ist 4,5 Meter hoch, darüber befindet sich die Lehmziegelmauer – eine Doppelmauer übereinander. Dahinter liegt verdichtete Erde, die man festgestampft und mit einer zehn Zentimeter dicken Kalkschicht überzogen hat. Im Bild ist diese Schicht grün dargestellt, sie sollte eigentlich weiß sein.
Die Brüstungsmauer aus Lehmziegeln auf der Stützmauer war etwa zwei Meter dick und wohl sechs bis acht Meter hoch. Beeindruckend, nicht wahr?
Das Glassy dahinter war ein Kalkverputz, der eine schiefe, schlüpfrige Ebene bildete. Diese diente als Hindernis für Streitwagen und Rammböcke.
In Jericho gab es also nach dem Glassy noch eine weitere Lehmziegelmauer. Jericho hatte zur Zeit Josuas nicht keine Mauer, sondern zunächst eine Doppelmauer und danach eine weitere Mauer hinter dem Glassy.
Jericho war wirklich ein Bollwerk. Das Glassy war die Todeszone. Stellen wir uns vor, eine Armee hätte die Stützmauer und die erste Lehmziegelmauer überwunden. Dann hätte sie mit Rammböcken auf die schiefe Ebene vordringen müssen, um die nächste Mauer zu zerstören.
Doch genau das war die Todeszone für die Angreifer. Die schlüpfrige Ebene erschwerte das Vorankommen, und Bogenschützen sowie Speerwerfer konnten die Angreifer dort töten.
Jericho schien zur Zeit Josuas uneinnehmbar.
Im Bild sehen wir, wie die Lehmziegel über die massive Stützmauer heruntergefallen sind. Die Ausgrabungen führte vor Jahrzehnten Kathleen Kenyon durch, eine weltberühmte Archäologin.
Sie datierte die Funde auf etwa 1550 v. Chr. Das ist beachtlich. Allerdings stellte sie keine Verbindung zur strengen biblischen Chronologie her. Deshalb konnte sie die Funde nicht mit der biblischen Geschichte in Verbindung bringen.
Dennoch leistete sie wichtige Vorarbeit. Vor einigen Jahren wurde zudem eine C14-Datierung durchgeführt, die ebenfalls in diese Zeit fällt.
Hier sehen wir nochmals die Stützmauer. Die Ziegel sind im Laufe der Zeit miteinander vermischt worden, weshalb es wie ein Lehmdreckhaufen aussieht. Doch ursprünglich waren es einzelne Ziegel.
Fassen wir zusammen: Die Stützmauer aus der mittleren Bronzezeit um 1550 v. Chr. bestätigt, was die Bibel über das befestigte Jericho sagt.
Deshalb kann man mit gutem Gewissen das Lied singen: „Joshua fiel die Battle of Jericho, and the Wall came stumbling down.“
Hier noch eine Ansicht von beiden Mauern: der Lehmziegelmauer und der Stützmauer. Die Lehmziegelmauer war nach außen heruntergestürzt.
Das ist bemerkenswert, denn wenn eine Stadt angegriffen und zerstört wird, achtet man normalerweise darauf, dass die Stadtmauer nach innen fällt, damit sie nicht auf die Angreifer stürzt.
Doch hier fiel die Stadtmauer nach außen herunter.
Brian de Wood, ein gläubiger und weltbekannter Archäologe, zeigt uns diese Lehmziegel.
Auf der westlichen Seite fand Kathleen Kenyon damals im Graben vor der Stützmauer eine Aufschüttung aus roten Lehmziegeln, die fast bis zur Höhe der Stützmauer reichte.
Das ist interessant, denn es zeigt, dass die äußere Stadtmauer wohl durch ein Erdbeben herunterfiel. Dadurch entstand für die Angreifer eine ideale Einstiegsrampe.
Genau das wird in Joshua 6,20 beschrieben.
Im Bild sehen wir die Lehmziegelmauer, die über die Brüstungsmauer heruntergefallen ist. Das gab den Israeliten die Möglichkeit, über die Lehmziegel in die Stadt hinaufzusteigen – als Einstiegsrampe.
Die biblische Beschreibung des Mauersturzes
Jetzt lesen wir in der Bibel: Josua 6,20: "Und das Volk erhob ein Geschrei. Sie stießen in die Posaunen, die Schofahörner, und als das Volk den Schall der Posaunen hörte und ein großes Geschrei erhob, da stürzte die Mauer an ihrer Stelle ein. Das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder gerade vor sich hin, und sie nahmen die Stadt ein."
Das entspricht genau dem, was man dort findet. Eindrücklich! Man muss sich das konkret vorstellen: Das Volk Israel hat Jericho an einem ersten Tag umkreist. Die Kanaaniter in der Stadt, bis an die Zähne bewaffnet, standen auf der Mauer und schauten zu. Doch dann gingen die Israeliten wieder zurück ins Lager.
Am nächsten Tag kamen sie wieder rund um die Stadt. Die Kanaaniter waren erneut bis an die Zähne bewaffnet auf der Mauer. Es geschah jedoch nichts. Die Israeliten gingen wieder zurück ins Lager. So war es auch am übernächsten Tag.
Dann setzte der Gewöhnungseffekt ein. Am fünften Tag sagten sich die Kanaaniter: "Oh, das Spiel kennen wir. Jetzt laufen sie wieder rundherum und gehen danach wieder nach Hause." Also waren sie nicht mehr ganz so stark bewaffnet.
Am sechsten Tag waren sie noch weniger bewaffnet, am siebten Tag noch weniger. Jetzt reichte es langsam. Was, jetzt gehen sie gar nicht heim? Nochmals! Und dann nochmals! Sechsmal! Und beim siebten Mal wurden die Schofahörner geblasen, die Mauer fiel zusammen, die Israeliten stiegen hinein, und die Kanaaniter waren kaum mehr bewaffnet.
Das war dieser Effekt, den man in der Militärstrategie auch heute noch kennt. Ganz, ganz gefährlich.
Das war nämlich so im Jom-Kippur-Krieg: Die arabischen Länder rund um Israel wollten Israel zerstören, gleich nach der Staatsgründung 1948. Doch sie verloren den Krieg. Dann versuchten sie es ein zweites Mal im Sechstagekrieg. Nach sechs Tagen war an allen drei Fronten Ruhe.
Dann kam 1973. Die syrische Armee näherte sich plötzlich der israelischen Grenze. Israel rückte mit der Armee vor, dann zogen sie sich zurück. Die Syrer kamen wieder, die Israeliten auch, dann zogen sie sich zurück. So wiederholte sich das mehrmals.
Bis man in Israel einen großen Fehler machte und dachte: "Wir wissen, was die Syrer machen. Sie kommen und gehen wieder." Nein, dann war Jom Kippur. Kein Fernsehen, kein Radio, die meisten Leute in den Synagogen. Man konnte die Armee und die Reserve nicht mobilisieren. Dann schlugen die Angreifer zu.
Das war das Schlimmste dieser Vernichtungskriege der modernen Zeit. Die meisten Israelis kamen ums Leben. Es hätte fast eine Katastrophe gegeben. Man ging dann in die Synagogen, mobilisierte die Reserve. Da an Jom Kippur praktisch niemand Auto fährt und die Straßen sehr frei waren, konnte die Reserve umso schneller mobilisiert werden. Der Angriff wurde schließlich zurückgeschlagen.
Strategisch ist das eben genau derselbe Effekt wie bei Jericho gewesen.
Erdbeben und natürliche Erklärungen für biblische Wunder
Noch ein Detail zu unserem Thema, von einer ganz anderen Seite her: Der Geophysiker Amos Nur von der Universität Stanford hat alle Berichte über Erdbeben aus der Gegend von Jericho untersucht. Und das ist eben ein Erdbebengebiet. Dort treffen zwei Kontinentalplatten aufeinander. Die Erde besteht aus Kontinentalplatten, die beweglich sind. Zwei dieser Platten stoßen gerade zusammen, reiben, drücken und zerren. Deshalb ist das Jordantal so tief, und das Tote Meer ist mit etwa minus 400 Metern der tiefste Punkt der Welt.
Das liegt daran, dass es dort einen Grabenbruch gibt, verursacht durch diese Platten, die aufeinanderstoßen. In der Negevwüste zum Beispiel gibt es die Krater Magde Schrimmon, den großen und den kleinen. Dort sind die Erdschichten massiv abgestürzt, was diesen eindrücklichen Krater entstehen ließ – ein Geheimtipp für eine Wanderung.
Wir verstehen also: Jericho liegt in einem Erdbebengebiet. Amos Nur hat festgestellt, dass es in der Geschichte mehrfach Unterbrechungen des Jordanlaufes durch Erdbeben gab, meist verursacht durch Bergstürze. Diese Unterbrechungen dauerten gewöhnlich ein bis zwei Tage. Beispiele dafür sind Ereignisse im Mittelalter 1267 nach Christus, dann 1546 in der Reformationszeit, 1834, 1906 und 1927 bei Damia am 11. Juli. Dort türmten sich Felsen bis zu 45 Meter hoch auf, und es gab 21,5 Stunden kein Wasser im Flussbett.
Das ist interessant, denn es erinnert an das Phänomen in 1. Korinther 3,15. In dem Moment, als die Israeliten den Jordan überqueren sollten, wurden die Wasser des Jordans abgeschnitten, sodass das ganze Volk trockenen Fußes hinübergehen konnte. Das wäre also durch ein Erdbeben erklärbar.
Natürlich braucht Gott keine Erdbeben, um Wunder zu tun. Der Gott der Bibel ist, wie Psalm 72 am Schluss so schön sagt, ein Gott, der Wunder tut – er allein. Gott kann alles, und darum hat er auch die Welt erschaffen. Aber die Wunder in der Bibel sind unterschiedlich: Es gibt manchmal Wunder, die völlig gegen die Naturgesetze verstoßen, und es gibt solche, die mit den Naturgesetzen zusammenhängen.
Zum Beispiel wurde Petrus auf sehr eindrückliche Weise aus dem Gefängnis befreit, wie man in Apostelgeschichte 12 nachlesen kann. Ein Engel führte ihn heraus. Später, im gleichen Buch, wird Paulus vor einer Verschwörung befreit, die ihn töten wollte. Dort geschieht kein Wunder im engeren Sinne. Paulus hatte eine Schwester, deren Sohn zufällig von der Verschwörung hörte. Er ging zum hohen Offizier der Burg Antonia am Nordende des Tempels in Jerusalem und berichtete es ihm. Der Offizier reagierte und mobilisierte ein großes Kontingent Soldaten, das Paulus bei einer Nachtaktion von Jerusalem nach Caesarea ans Mittelmeer brachte.
Hier geschah kein Wunder im Übernatürlichen, aber Gott benutzte die römische Armee, den Neffen und weitere Umstände, die zusammenwirkten. So handelt Gott, wie er will, und wir können ihm keine Vorschriften machen.
Gott konnte Israel durchs Rote Meer führen – wie sollen wir das naturgesetzlich erklären? Gott ist nicht an Naturgesetze gebunden, sondern diese beschreiben nur sein übliches Handeln. Aber er kann auch unüblich handeln. Beim Jordan konnte Gott auf übliche Weise, aber zufällig genau im richtigen Moment eingreifen: Als die Priester mit der Bundeslade ihren Fuß in den Jordan setzten, wurde das Wasser abgeschnitten, und das Volk ging am richtigen Tag hindurch.
Übrigens hat Kathleen Kenyon einen weiteren Bereich ausgegraben, den sie „City IV“ nannte. Dieser ausgegrabene Bereich von Jericho zeigte deutliche Brandspuren: Eine meterdicke Brandschicht wurde über das gesamte Ausgrabungsgebiet gefunden, auch aus der Mittelbronzezeit 2b. Dort sieht man, dass mehrere Häuser eingestürzt sind, offensichtlich bevor sie verbrannt wurden. In den Gebäuden fand man Vorratskrüge voller Weizen – und zwar in so großen Mengen, wie es sonst in der Archäologie Israels bisher einmalig ist. Noch nie wurden so viele Vorräte gefunden. Das zeigt, dass der wertvolle Weizen nicht geplündert wurde.
Joshua 6,17-19 macht klar, dass die Israeliten die Stadt im Frühjahr angriffen. Die Stadt fiel nicht durch eine aushungernde Bevölkerung. Gott gab Israel auch das Gebot, sich in keiner Weise an den Überresten Jerichos zu bereichern. Niemand durfte irgendetwas vom Besitz antasten. Hier wird also deutlich: Die Stadt fiel nicht durch Hunger, aber sie wurde auch nicht geplündert. An einer Stelle fand man einen Krug mit Weizen als Beispiel dafür.
So sehen wir: Jericho und die Mauern vor Jericho sind keine Mythen oder Legenden, sondern nüchterne Geschichte, wie die Bibel sie berichtet. Es ist so geschehen, wie die Bibel es sagt. Das hat natürlich auch geistliche Bedeutung.
Es gibt eine Kinderbibel, die von liberalen Theologen gemacht wurde, und dort steht, dass die Geschichte von Jericho nie stattgefunden habe. Es habe damals auch keine Stadtmauer vor Jericho gegeben. Aber das sei nicht wichtig. Wichtig sei nur die tiefere Botschaft, so ähnlich wie bei Rotkäppchen. So gehen die Liberalen an die Bibel heran, wie an ein Märchenbuch, und suchen eine tiefenpsychologische Bedeutung darin. Das ist Unsinn und zeigt den ganzen Unverstand gegenüber Gottes Wort.
Die Bibel macht klar: Diese Ereignisse sind so geschehen, Gott hat so in der Geschichte gehandelt. Er ist derselbe Gott, der sich nicht zurückgezogen hat, sondern auch heute in der Geschichte und in unserem Leben wirken will. Die tiefere Bedeutung ist in der Geschichte schon enthalten.
So können wir aus Hebräer 11 lernen: Durch Glauben fielen die Mauern von Jericho. Dort lernen wir, dass es wichtig war, dass die Israeliten Gott vertrauten und so erlebten, wie Gott eingriff und half.
Ich möchte auch noch aus 2. Korinther 10 lesen, und zwar Vers 3: „Denn obwohl wir im Fleisch wandeln, kämpfen wir nicht nach dem Fleische; denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig durch Gott zur Zerstörung von Festungen.“ Damit sind Vernunftschlüsse gemeint, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erheben. Diese Festungen müssen wir mit Gottes Hilfe zerstören. Dazu braucht es Glauben.
So haben wir das gerade heute wieder erlebt: Menschen haben Vernunftschlüsse aufgebaut und stolze Bücher geschrieben – keine Posaunen vor Jericho, sondern archäologische Wahrheit. Wir haben gesehen, dass sie sich nur ein wenig in der Zeiteinteilung geirrt haben. Das sagt nichts darüber aus, wie gut sie Gräben und Ausgrabungen dokumentieren können. Aber was nützt es, wenn man sich so stolz gegen Gottes Wort erhebt? Diese Vernunftsschlüsse müssen wir zerstören, und das haben wir getan. Das Wort Gottes ist wahr, so wie es dasteht, und die tiefere Botschaft der Jericho-Geschichte haben wir ebenfalls gesehen.
Wir müssen diese Vernunftsschlüsse zerstören. Das gilt nicht nur für Archäologie und Theologie, sondern auch für die Evolutionslehre und viele andere Bereiche, etwa die Sozialwissenschaften. Gerade dort gibt es ein besonderes Einfallstor, um über Schule und Sozialämter gottwidrige Gedanken in die Gesellschaft zu bringen. Diese falschen Ideen sind Bollwerke, die sich gegen Gott erheben. Aber sie können nur durch Glauben überwunden werden – so wie die Mauern von Jericho durch Glauben fielen.
Noch etwas Wichtiges: Wir haben gesehen, dass um 1232 v. Chr. Jericho keine Stadt war und keine Mauern hatte. Das musste so sein, denn am Schluss von Joshua 6 wird gesagt, dass Jericho verflucht wurde. Joshua sprach: Wer diese Stadt wieder aufbaut, wird einen hohen Preis zahlen. Ich lese Joshua 6,26:
„Und Joshua schwor zu jener Zeit und sprach: Verflucht vor dem Herrn sei der Mann, der sich aufmacht und diese Stadt Jericho baut! Mit seinem Erstgeborenen wird er ihren Grund legen, und mit seinem Jüngsten ihre Tore aufstellen.“
Wenn jemand Jericho wieder aufbaut, wird sein ältester Sohn sterben, wenn er den Grund legt, und sein jüngster Sohn, wenn er die Tore setzt.
In den folgenden Jahrhunderten war Jericho also keine Stadt und hatte keine Stadtmauer. Aber in 1. Könige 16,34, in der Zeit von Ahab im 9. Jahrhundert vor Christus, lesen wir, wie jemand die Frechheit hatte, Jericho wieder aufzubauen:
„In seinen Tagen baute Hiel der Beteliter Jericho wieder auf. Abiram, seinem Erstgeborenen, legte er ihren Grund, und mit Segub, seinem Jüngsten, stellte er ihr Tore auf, nach dem Wort des Herrn, das er durch Joshua, den Sohn Nuns, geredet hatte.“
Hier wird innerhalb des Alten Testaments auf eine frühere Stelle verwiesen, nämlich auf Joshua 6, und diese Prophezeiung erfüllte sich Jahrhunderte später.
Darum durfte es um 1232 v. Chr. keine Stadt Jericho geben, sonst wäre die Bibel falsch. Aber man hat nichts gefunden, weil die Bibel richtig ist. Man sieht also: Die Festung wurde wirklich zerstört, und der Spieß wurde umgedreht. Jericho bekam später wieder Bestand für die weitere Geschichte des Alten Testaments.
Es gab aber eine ganz entscheidende Siedlungslücke. Ich möchte noch kurz zurückverweisen: Bei den Ausgrabungen der Stadtmauern von Jericho zur Zeit Joshuas hat man gesehen, dass im ärmlichen Viertel Häuser direkt in die Stadtmauer hineingebaut wurden. Die Mauer eines Hauses war gleichzeitig Stadtmauer. Das stimmt genau mit Joshua 6 überein, denn die Hure Rahab wohnte in der Stadtmauer, was die Archäologie bestätigt.
Rahab war eine Kananiterin und stand unter Gottes Urteil. Die Kananiter hatten sich über Jahrhunderte schwer versündigt, unter anderem durch Kindermord – sie opferten ihre Kinder dem Baal. Das steht in 5. Mose 18. Außerdem betrieben sie intensiv Spiritismus und Wahrsagerei, ebenfalls beschrieben in 5. Mose 18. Gottes Zeit für die Kananiter, seine Gnadenzeit, war abgelaufen, und so kam Gottes Gericht über sie, weil sie das Leben nicht mehr schützten.
Wenn der Mensch das Leben nicht mehr schützt, können wir nicht erwarten, dass Gott es weiterhin schützt. Das ist eine ernste Botschaft für unsere Gesellschaft, die zum Großteil für das Recht auf Abtreibung kämpft. Das ist eine Kultur des Todes, ähnlich wie die kanaanitische Kultur. Wenn wir das Leben nicht schützen, können wir nicht erwarten, dass Gott es schützt. Das ist sehr ernst, und das lernen wir hier.
Zur Zeit Abrahams, Jahrhunderte zuvor, hatte Gott in 1. Mose 15 zu Abraham gesagt, die Sünde der Kananiter und Amoriter sei noch nicht voll. Abraham, Isaak und Jakob waren gewissermaßen Missionare im Land. Gott gab diesem Volk Gnade, aber nach 430 Jahren ab Abraham war die Gnadenzeit vorbei, und Gottes Gericht kam.
Israel wurde dafür benutzt, Gottes Gericht auszuüben. Israel hatte nicht den Auftrag, ständig so zu handeln, aber in diesem Fall war es Gottes Auftrag.
Nun kommen wir zum Neuen Testament. Jericho erscheint ab der Zeit Ahabs im Alten Testament, aber auch im Neuen Testament. Jesus kam auf seinem letzten Weg nach Jerusalem durch Jericho (Lukas 19). Dort traf er einen Mann, Zacchaeus, der unbedingt Jesus sehen wollte und auf einen Maulbeerfeigenbaum stieg – ein originaler Baum aus Jericho, der heute noch existiert.
Jesus, begleitet von einer Volksmenge, ging durch Jericho, kurz bevor er nach Jerusalem ging, um für uns zu sterben. Zacchaeus rief Jesus herunter und sagte: „Heute muss ich zu dir einkehren.“ Dieser geldliebende Mann, ein Volksverräter, erlebte die Gnade Gottes in der Stadt des Fluches. Jesus hatte ein Auge für diesen Menschen, der bereit war, sein Herz zu öffnen.
Zacchaeus änderte sein Leben sofort: Er sagte, er werde die Hälfte seiner Güter den Armen geben und, wenn er jemandem etwas durch falsche Anklage genommen habe, es vierfach erstatten. Jesus sagte: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren.“ Und in Vers 10 heißt es: „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“ Danach ging Jesus nach Jerusalem, um für Zacchaeus und jeden von uns zu sterben.
Der direkte Weg führt durch das Wadi Kelt, ein wunderbares Tal. Für diese Reise passt das Lied von Marit Birkenfeld so gut: „Für mich gingst du nach Golgatha.“ Von der Stadt des Fluches geht Jesus hinauf zur Stadt des Friedens, Jerusalem, um Frieden mit Gott zu schaffen für Menschen, die unter dem Fluch stehen – verdienterweise.
So führt uns die Geschichte des Alten Testaments hinüber zum Neuen Testament und ist eng mit der Heilsgeschichte verwoben.
Nun noch ein paar Minuten zur Fortsetzung: Sichem und Silo wurden ja noch angekündigt. Nach Jericho eroberte Israel eine Stadt nach der anderen. Im Buch Josua, den Richtern und im ersten Samuel sind Sichem und Shiloh ganz wichtige Orte neben anderen.
Wir sehen uns kurz diese Orte an, um zu sehen, wie alles mit dem Bibeltext übereinstimmt.
Sichem liegt nördlich von Jerusalem im heutigen sogenannten Westjordanland. Dort befindet sich heute Nablus, die größte palästinensische Stadt im besetzten Westjordanland. Dort hat Gott Abraham versprochen: „Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben.“ Die UNO sagt, die Juden hätten hier nichts verloren, aber Gott hat ausgerechnet diesen Ort verheißen. Ein Beispiel für Bibel kontra UNO.
Sichem liegt zwischen zwei markanten Hügeln: dem Berg Ebal und dem Garizim. In 1. Mose 12,6 gab Gott Abraham dort die Verheißung des Landes für Israel. Später lebte dort Jakob, der Stammvater Israels.
Der Bund vom Sinai wurde 1606 v. Chr. geschlossen, es folgten 40 Jahre Wüstenwanderung, dann führte Joshua das Volk ins verheißene Land. Am Ende seines Lebens versammelte Joshua Israel zum Landtag nach Sichem, als das Land weitgehend erobert war.
Joshua 24,26 berichtet: „Und Joshua schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes Gottes und richtete einen großen Stein auf unter der Terbinte, die beim Heiligtum des Herrn steht.“ Joshua sprach zum Volk, dass dieser Stein Zeuge gegen sie sein solle, damit sie Gott nicht verleugneten.
Das Heiligtum des Herrn bei der Terbinte war nicht die Stiftshütte. Die Stiftshütte war damals in Silo (Joshua 19). Das Heiligtum bei der Terbinte war der Ort, an dem Abraham in 1. Mose 12 als Dank für Gottes Bund und die Landverheißung einen Altar gebaut hatte. Es war ein Heiligtum unter freiem Himmel.
Dort bei der Terbinte hat Joshua den Stein als Erinnerung an den Bund vom Sinai aufgestellt. Das sind zwei Bündnisse: der Bund mit Abraham und 430 Jahre später der Bund mit Israel am Sinai, der hier bestätigt wird.
Der Bund mit Abraham war bedingungslos. Gott sagte, er werde Abraham und seiner Nachkommenschaft das Land geben und übernahm die ganze Verantwortung. Der Bund am Sinai war zweiseitig, und die Israeliten sagten: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun.“ Sie überschätzten sich. Aufgrund dieses Bundes verloren sie das Land.
Im Jahr 70 nach Christus zerstörten die Römer Jerusalem, und das jüdische Volk wurde über alle fünf Kontinente zerstreut. Der Staat ging unter. So erfüllte sich die Prophezeiung.
Aber die Geschichte ist nicht zu Ende. Aufgrund eigener Verantwortung verlor Israel alles. Doch es gab noch den bedingungslosen Bund mit Abraham. Deshalb sagte Gott durch die Propheten, dass er aus Liebe und Gnade Israel wieder sammeln und ins Land zurückführen werde.
Genau in der Zeit, in der sie zurückkamen, hat man in Sichem gegraben und den Stein gefunden, den Joshua aufgestellt hatte – den Originalstein von Joshua. Es ist eindrücklich, wie man auf den Spuren der Bibel gehen kann.
Ich möchte noch kurz etwas anderes erklären, um das zu bestätigen: In der Richterzeit nach Joshua lesen wir bei Gideon, dass Israel den wahren Gott verließ und den kanaanitischen Gott Baal-Berith anbetete (Richter 8,33-34). Für Baal-Berith bauten sie einen Tempel in Sichem.
In Richter 9,4 wird erwähnt, dass sie ihm siebzig Schekel Silber aus dem Haus Baal-Berith gaben. Abimelech diente damit losen und übermütigen Männern, die ihm folgten.
In Richter 9,6 lesen wir, dass alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo sich versammelten und Abimelech zum König bei der Terbinte des Denkmals machten, die in Sichem ist. Auch damals war der Stein von Joshua noch da.
Warum wurde das dort gemacht? Weil der Baal-Berith-Tempel, auch Haus Millo genannt, genau dort stand. Millo bedeutet „Haus der Steinaufschüttung“.
In einer Skizze sieht man den Stein von Joshua. In der tieferen Schicht fand man den Ort, wo Abraham sein Heiligtum hatte. Auf der gleichen Höhe fand man den Baal-Berith-Tempel, aufgebaut auf einer Steinaufschüttung, dem Millo.
Bei den Ausgrabungen von Sichem sieht man die Stadtmauern der Israeliten, das Denkmal, den Baal-Berith-Tempel, das Haus Millo und die Steinaufschüttung sowie das Stadttor.
Alles wurde ans Licht gebracht, genau in der Zeit, als die Israeliten zurückkehrten. Aufgrund der Bibel wissen sie: Wir sind nicht zurückgekehrt, weil wir so gut sind. Aufgrund eigener Leistung haben wir alles verloren. Vor Gott können wir nichts verdienen.
Warum sind wir zurück? Aus lauter Gnade. Wir können nur aufgrund seiner Gnade zu Gott kommen. Gott hat sein Volk zurückgeführt, um ihm diese Gnade zu zeigen und es zur Buße und Umkehr zu führen.
Noch ein letzter Blick auf Sichem: Hinter dem Denkmal sieht man die modernen Häuser von Nablus. Wenn die Bewohner wüssten, was der Stein bedeutet, würden sie ihn am liebsten sprengen. Aber das müssen wir dort nicht erzählen, darum sind wir ja nach Richtenbach gekommen.
Noch zwei Minuten zu Shiloh: Auch im Westjordanland liegt der Hügel von Shiloh. Dort wurde die Stiftshütte aufgestellt. Nach dem Sechstagekrieg bauten Juden dort eine Siedlung. Heute gibt es also wieder ein jüdisches Shiloh im Westjordanland.
Man entdeckte einen großen heiligen Bezirk mit einer Steinmauer. Wer hat dort gearbeitet? Niemand anderes als Finkelstein. Er sagte, dass es in Shiloh schon lange vor den Israeliten einen heiligen Ort gab. Das war nicht etwas Originelles der Israeliten, sondern ein kanaanitischer Ort mit religiösem Kult.
Es gibt einen großen Platz. Wenn man die Chronologie der Bibel richtig wiederherstellt, ist das genau die Zeit von Israel. Dort stand die Stiftshütte jahrhundertelang.
Die Stiftshütte war ein Zelthaus als Heiligtum, umgeben von einem Zaun aus weißem Byssus-Stoff. Dieser Zaun bildete den ersten inneren Vorhof. In Shiloh baute man damals auch eine Steinmauer rundherum.
Dadurch versteht man, warum in der Samuelgeschichte steht, dass die Türen des Tempels morgens geöffnet wurden. Man fragt sich: Gab es in der Stiftshütte Türen? Nein, nur Vorhänge. Aber die äußere Tür war in der Steinmauer angebracht, die wir heute sehen.
So passt alles wunderbar zusammen: Es war die Stiftshütte, aber bereits umgeben von einem zweiten Vorhof.
Heute sieht man in Shiloh eine Synagoge, die in der Form einer Stiftshütte gebaut wurde. Dieses transportable Heiligtum war jahrhundertelang in Shiloh stationiert, und die Zeitangaben stimmen genau überein.
So könnten wir weitermachen mit Dan, Hazor und anderen Orten. Die Archäologie passt einfach zur biblischen Chronologie, wenn man die Bibel ernst nimmt und ihre Chronologie entdeckt.
Geistliche Bedeutung der Jericho-Geschichte
Aber das hat natürlich auch uns geistlich etwas zu sagen.
Es gibt eine Kinderbibel, die von liberalen Theologen gemacht wurde. Dort wird berichtet – nur für die Eltern so angemerkt – dass die Geschichte mit Jericho natürlich nie stattgefunden hat. Es gab ja damals auch keine Stadtmauer vor Jericho. Aber das macht auch gar nichts. Es kommt ja auch gar nicht darauf an, ob das tatsächlich geschehen ist. Das ist in der Bibel gar nicht wichtig. Wichtig ist vielmehr die tiefere Botschaft, ähnlich wie bei Rotkäppchen.
So gehen die Liberalen an die Bibel heran wie an ein Märchenbuch. Sie suchen darin eine tiefenpsychologische, tiefere Bedeutung. Das ist alles Unsinn und zeigt den ganzen Unverstand gegenüber Gottes Wort.
Nein, die Bibel macht klar: Diese Dinge sind so geschehen. Gott hat in der Geschichte so gehandelt. Er ist derselbe Gott, der sich nicht zurückgezogen hat, sondern auch heute in der Geschichte und in unserem Leben wirken will. Die tiefere Bedeutung ist bereits in der Geschichte enthalten.
So können wir aus Hebräer 11 lernen: Durch Glauben fielen die Mauern von Jericho. Dort lernen wir, dass es wichtig war, dass die Israeliten damals Gott vertrauten. Sie erlebten, wie Gott eingegriffen und geholfen hat.
Ich möchte auch noch aus 2. Korinther 10 lesen, und zwar Vers 3: „Denn obwohl wir im Fleisch wandeln“ – also obwohl wir heute noch diesen sterblichen Körper haben – „kämpfen wir nicht nach dem Fleische. Denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich, mächtig zur Zerstörung von Festungen, indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam Christi.“
Eine Festung, die Gott widersteht, ist gesprochen. Diese Festung sind menschliche Vernunftsschlüsse, stolze Gedanken, jede Höhe, die sich gegen Gott erhebt. Diese Festungen müssen wir mit Gottes Hilfe zerstören. Und dazu braucht es Glauben.
So haben wir das gerade heute wieder erlebt. Menschen haben Vernunftsschlüsse aufgebaut und stolze Bücher geschrieben – keine Posaunen vor Jericho, sondern archäologische Wahrheiten. Wir haben gesehen: Ach, die armen Leute haben sich einfach ein bisschen geirrt in der Zeiteinteilung. Das sagt nichts darüber aus, wie gut die Graben- und Grabungsberichte sind.
Aber was nützt es, wenn man sich so stolz gegen Gottes Wort erhebt? Diese Vernunftsschlüsse müssen wir zerstören. Das haben wir jetzt gerade getan und gesehen: Das Wort Gottes ist wahr, so wie es dasteht. Die tiefere Botschaft der Jericho-Geschichte haben wir ebenfalls erkannt.
Wir müssen diese Vernunftsschlüsse zerstören. Das gilt nicht nur im Bereich von Archäologie und Theologie, sondern auch im Bereich der Evolutionslehre. Es gibt noch viele andere Bereiche, zum Beispiel die Sozialwissenschaften. Gerade hier ist ein besonderes Einfallstor, um über Schule und Sozialämter gottwidrige Gedanken in die Gesellschaft hineinzubringen.
Diese falschen Ideen müssen wir als Bollwerke erkennen, die sich gegen Gott erheben. Aber sie können nur durch Glauben überwunden werden – so wie die Mauern von Jericho durch Glauben gefallen sind.
Die Fluchgeschichte und die Wiederbesiedlung Jerichos
Noch etwas Wichtiges
Wir haben nun gesehen, dass um das Jahr 1232 v. Chr. Jericho keine Stadt war und auch keine Mauern besaß. Das musste so sein, denn am Ende von Josua 6 lesen wir, dass Josua Jericho verflucht hat. Die Stadt wurde zum Ort des Fluchs, und Josua sagte, wer diese Stadt wieder aufbaut, wird einen hohen Preis dafür zahlen.
Ich lese aus Josua 6,26: „Und Josua schwor zu jener Zeit und sprach: Verflucht vor dem Herrn sei der Mann, der sich aufmacht und diese Stadt Jericho wieder aufbaut! Mit seinem Erstgeborenen wird er ihren Grund legen, und mit seinem Jüngsten ihre Tore aufstellen.“
Das bedeutet: Wenn jemand beginnt, Jericho wieder aufzubauen, wird sein ältester Sohn sterben. Und wenn er die Stadt vollendet und die Tore einsetzt, wird sein jüngster Sohn sterben. So war Jericho in den folgenden Jahrhunderten keine Stadt und hatte keine Stadtmauer.
Aber im 1. Könige 16,34, in der Zeit von Ahab im 9. Jahrhundert vor Christus, lesen wir, wie jemand die Frechheit hatte, Jericho wieder aufzubauen. Dort heißt es: „In seinen Tagen baute Hiel, der Beteliter, Jericho wieder auf. Abiram, seinem Erstgeborenen, legte er den Grund der Stadt, und mit Segub, seinem Jüngsten, stellte er ihre Tore auf, nach dem Wort des Herrn, das er durch Josua, den Sohn Nuns, geredet hatte.“
Hier wird innerhalb des Alten Testaments auf eine frühere Stelle verwiesen: von 1. Könige 16 zurück auf Josua 6. Und diese Prophezeiung erfüllte sich Jahrhunderte später. Deshalb durfte es um 1232 v. Chr. keine Stadt Jericho geben; sonst wäre die Bibel falsch. Man hat jedoch nichts gefunden, weil die Bibel richtig ist.
Man erkennt, dass die Festung damals wirklich zerstört wurde, und die Situation sich gewendet hat. Jericho hat dann wieder Bestand gehabt für die weitere Geschichte des Alten Testaments. Allerdings gab es eine ganz entscheidende Siedlungslücke.
Ich möchte noch kurz zurückverweisen: Bei den Ausgrabungen der Stadtmauern von Jericho zur Zeit Josuas wurde festgestellt, dass im ärmlichen Viertel damals Häuser direkt in die Stadtmauer hineingebaut wurden. Die Mauer eines Hauses war gleichzeitig die Stadtmauer.
Das stimmt genau mit Josua 6 überein, denn die Hure Rahab wohnte ja in der Stadtmauer – genauso, wie es die Archäologie bestätigt hat. Sie lebte im Armenviertel, wo man damals so baute.
Rahab war eine Kananiterin und stand unter dem Urteil Gottes. Die Kananiter hatten sich über Jahrhunderte schwer versündigt, vor allem durch Kindermord, denn sie opferten ihre Kinder massenhaft dem Baal. Das lesen wir in 5. Mose 18. Außerdem betrieben sie intensiv Spiritismus und Wahrsagerei, ebenfalls beschrieben in 5. Mose 18.
Gottes Zeit war für die Kananiter abgelaufen – die Gnadenzeit war vorbei. So kam Gottes Gericht über sie, weil sie das Leben nicht mehr geschützt hatten. Wenn der Mensch das Leben nicht mehr schützt, können wir nicht mehr erwarten, dass Gott es weiterhin schützt.
Das ist eine ernste Botschaft für unsere Gesellschaft, die zum größten Teil für das Recht auf Abtreibung kämpft. Daraus ist eine Kultur des Todes geworden, ähnlich der kanaanitischen Kultur. Wenn wir das Leben nicht mehr schützen, können wir nicht damit rechnen, dass Gott es schützt. Das ist sehr ernst, und das lernen wir hier.
Schon zur Zeit Abrahams, Jahrhunderte zuvor, hatte Gott in 1. Mose 15 zu Abraham gesagt: „Die Sünde der Kananiter, der Amoriter, ist noch nicht voll.“ Abraham, Isaak und Jakob waren gewissermaßen Missionare im Land. Gott gab diesem Volk Gnade.
Doch nach 430 Jahren ab Abraham war die Gnadenzeit vorbei, und Gottes Gericht kam. Dafür wurde Israel benutzt. Israel hatte nicht den Auftrag, ständig so zu verfahren, aber in diesem Fall war es Gottes Auftrag, sein Gericht auszuüben.
Jericho im Neuen Testament und die Heilsgeschichte
Nun gehen wir ins Neue Testament. Jericho finden wir schon ab der Zeit von Ahab im Alten Testament, aber auch im Neuen Testament begegnet uns Jericho erneut.
So kommt der Herr Jesus auf seinem letzten Gang, in Lukas 19, nach Jericho. Dort trifft er einen Mann. Es gab einen kleinen Mann in Jericho, der unbedingt Jesus Christus sehen wollte. Er stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum – ein originaler Maulbeerfeigenbaum aus Jericho, wie er heute noch zu finden ist. Zacchaeus kletterte hinauf, und Jesus, begleitet von einer Volksmenge, zog durch Jericho. Das war unmittelbar bevor er nach Jerusalem ging, um für uns zu sterben.
Zacchaeus saß oben auf dem Baum, und Jesus rief ihn herunter mit den Worten: „Heute muss ich zu dir einkehren.“ Dieser Mann, der geldliebend war und als Volksverräter galt, erlebte in der Stadt des Fluches die Gnade Gottes auf wunderbare Weise. Der Herr hatte ein Auge für diesen bösartigen Menschen, der aber bereit war, sein Ohr und sein Herz für die Wahrheit zu öffnen.
So geschah Heil für sein Haus. Eindrücklich veränderte sich das Leben des Zacchaeus. Er sagte dem Herrn sofort: „Die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem durch falsche Anklage etwas genommen habe, so erstatte ich es vierfältig.“ Jesus antwortete: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren.“ Schließlich sagt er in Vers 10: „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“
Danach ging Jesus hinauf nach Jerusalem, um für Zacchaeus und jeden von uns zu sterben. Der direkte Weg führt durch das Wadi Kelt, ein wunderbares Tal. Für diese Reise passt das Lied von Marit Birkenfeld so gut: „Für mich gingst du nach Golgatha.“
Von der Stadt des Fluches führt der Herr Jesus hinauf zur Stadt des Friedens, Jerusalem, um dort Frieden mit Gott zu schaffen – für Menschen, die unter dem Fluch stehen, verdienterweise.
So verbindet uns diese Geschichte aus dem Alten Testament mit dem Neuen Testament und ist eng verwoben mit der Heilsgeschichte.
Ausblick auf Sichem und Shiloh
Jetzt haben wir noch ein paar Minuten für die Fortsetzung, nämlich Sichem und Silo wurden ja noch angekündigt. Nach Jericho hat Israel eine Stadt nach der anderen erobert. Im Buch Josua, Richter und Erster Samuel sind diese Städte Sichem und Silo ganz wichtige Orte, neben anderen.
Jetzt gehen wir kurz auch noch an diese Orte, um zu sehen, wie das alles mit dem Bibeltext übereinstimmt.
Wo liegt Sichem? Wie wir hier auf der Karte sehen, nördlich von Jerusalem, im heute sogenannten besetzten Westjordanland. Hier sehen wir den Ort Sichem, heute Nablus, die größte palästinensische Stadt im besetzten Westjordanland. Genau dort hat Gott Abraham versprochen: Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben.
Die UNO sagt, die Juden haben hier nichts verloren, und Gott sagt, ihnen hat er ausgerechnet diesen Ort verheißen. Sehen wir: Bibel kontra UNO. Oder man könnte auch sagen: UNO contra Bibel. Wir sehen Sichem, Nablus, zwischen diesen beiden markanten Hügeln. Auf der einen Seite ist der Berg Ebal, auf der anderen Seite der Garizim.
Also da in Sichem hat Gott in 1. Mose 12,6 die Verheißung an Abraham gegeben – die Verheißung des Landes für Israel. Später sehen wir auch, wie Vater Jakob, der Stammvater Israels, hier in Sichem gelebt hat.
Wie gesagt, der Bund vom Sinai wurde sechzehnhundertsechs vor Christus geschlossen. Dann kamen vierzig Jahre Wüstenwanderung. Schließlich hat Josua das Volk in das verheißene Land geführt. Ganz am Schluss seines Lebens hat er Israel zum Landtag nach Sichem versammelt.
Als das Land weitgehend erobert war, wurde das Volk nach Sichem eingeladen, das liegt zwischen Ebal (940 m) und Garizim (841 m). Hier sehen wir einen Blick zum Berg Ebal rüber.
Ja, und da zwischen diesen beiden Bergen hat Josua Folgendes gemacht: In Josua 24, Vers 26 lesen wir, nachdem er dem Volk vorgestellt hat: „Jetzt seid ihr in diesem Land. Aber wenn ihr nicht auf Gottes Wort hört, werden all die Flüche des Bundes vom Sinai über euch kommen.“ Das beinhaltete, dass sie das Land verlieren würden.
Dann lesen wir in Josua 24, Vers 26: „Und Josua schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes Gottes, und er nahm einen großen Stein und richtete ihn daselbst auf unter der Terbinthe, die bei dem Heiligtum des Herrn steht. Und Josua sprach zu dem ganzen Volk: Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein, denn er hat alle Worte des Herrn gehört, die er mit uns geredet hat. Und ihr sollt Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet.“
Hier wird gesagt, dieser Stein wurde beim Heiligtum des Herrn, bei der Terbinthe, aufgestellt. Was ist das für ein Heiligtum? Ein schlechter Bibelleser würde sagen: Das ist die Stiftshütte. Nein, die Stiftshütte war damals in Silo, Josua 19.
Das Heiligtum des Herrn bei der Terbinthe war eben dieser Ort, an dem Abraham in 1. Mose 12 als Dank für den Bund Gottes und die Verheißung des Landes einen Altar gebaut hatte. Das war ein Heiligtum unter freiem Himmel.
Diesen Altar hatte Abraham dort bei der Terbinthe aufgestellt, so sagt 1. Mose 12. Und da, bei der Terbinthe, bei diesem Heiligtum von Abraham, hat Josua den Stein aufgestellt als Erinnerung an den Bund vom Sinai.
Das sind zwei Bündnisse: der Bund mit Abraham und 430 Jahre später der Bund mit Israel am Sinai, der hier bestätigt wird.
Der Bund mit Abraham war bedingungslos. Gott sagt: Ich werde dir und deiner Nachkommenschaft dieses Land geben. Gott übernahm, weil der Bund einseitig geschlossen wurde, die ganze Verantwortung.
Der Bund am Sinai war zweiseitig, und die Israeliten sagten: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun.“ Sie hatten sich überschätzt. Aufgrund dieses Bundes vom Sinai hat Israel das Land verloren.
Im Jahr 70 nach Christus haben die Römer Jerusalem zerstört. Das jüdische Volk wurde in der Folge in einem jahrhundertelangen Prozess auf alle fünf Kontinente zerstreut, und der Staat ging unter. Die Juden hatten kein Land mehr.
So hat sich das erfüllt. Aber die Geschichte ist damit nicht fertig. Aufgrund eigener Verantwortung hat Israel alles verloren. Es gab ja noch den Bund mit Abraham, der war bedingungslos. Darum hat Gott durch die Propheten gesagt, dass er um seinetwillen und aus Liebe und Gnade Israel wieder sammeln und in ihr Land zurückführen wird.
Genau in der Zeit, in der sie zurückkommen, in unserer Zeit, hat man in Sichem gegraben und in der mittleren Bronzezeit 2b diesen Stein gefunden, den Josua aufgestellt hatte. Das ist der originale Stein von Josua.
Schon eindrücklich, wie man so auf den Spuren der Bibel gehen kann.
Archäologische Funde in Sichem und religiöse Entwicklungen
Ich muss noch kurz etwas anderes erklären, um das Gesagte weiter zu bestätigen.
In der Richterzeit, nach Josua, lesen wir bei Gideon, dass das Volk Israel den wahren Gott verlassen hatte. Sie begannen, den kanaanitischen Gott Baal Berit anzubeten (Richter 8,33-34). Für diesen Baal Berit bauten sie einen Tempel in Sichem.
In Richter 9,4 wird erwähnt: „Sie gaben ihm siebzig Schekel Silber aus dem Hause Baal Berit, und Abimelech diente damit losen und übermütigen Männern, die ihm folgten.“ Das zeigt, dass es einen Baal-Berith-Tempel in Sichem gab.
In Richter 9,6 lesen wir: „Und alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo versammelten sich und gingen hin und machten Abimelech zum König bei der Terpbinte des Denkmals, die zu Sichem ist.“ Auch damals war also noch der Stein von Josua, das Denkmal, vorhanden.
Warum wurde das dort gemacht? Weil dieser Baal-Berith-Tempel, der in der Bibel auch als Haus Millo bezeichnet wird, genau dort stand. Millo bedeutet „Haus der Steinaufschüttung“, und es war der Ort, an dem Leute wohnten.
Das werde ich jetzt zeigen: In dieser Skizze sehen wir den Stein von Josua. In der tieferen Schicht findet man den Ort, an dem Abraham sein Heiligtum hatte. Darunter, auf der gleichen Höhe wie dieser Stein, fand man einen Baal-Berith-Tempel. Dieser Tempel wurde auf einer Steinaufschüttung, dem Millo, errichtet.
Nun sehen wir die Ausgrabungen von Sichem. Dort sind die Stadtmauern der Israeliten zu erkennen. Außerdem sieht man das Denkmal und den Baal-Berith-Tempel, das Haus Millo. Alles steht auf einer riesigen Steinaufschüttung. Dort befindet sich auch das Stadttor.
Gehen wir kurz durch: Man sieht die Steinaufschüttung und den Baal-Berith-Tempel beim Denkmal der Terpbinte, das Haus Millo, das Haus der Steinaufschüttung. Hier sind die Stadtmauern von Sichem, von den Israeliten gebaut. Dort das Stadttor von Sichem und das Haus Millo, der Baal-Berith-Tempel, bei der Steinaufschüttung und dem Denkmal der Terpbinte.
All das ist ans Licht gekommen, genau in der Zeit, in der die Israeliten ins Land zurückkehren. Aufgrund der Bibel wissen wir: Wir sind nicht zurückgekehrt, weil wir so gut sind. Aufgrund unserer eigenen Leistungen haben wir alles verloren. Vor Gott können wir uns nichts verdienen.
Warum sind wir zurück? Aus lauter Gnade. Wir können nur aufgrund seiner Gnade zu Gott kommen, nicht aufgrund von Leistung. Gott hat sein Volk zurückgeführt, um ihm diese Gnade zu zeigen. Durch diese Gnade soll das Volk zur Buße und Umkehr geführt werden.
Ein letzter Blick nach Sichem: Im Hintergrund sieht man die modernen Häuser von Nablus. Wenn die Menschen dort wüssten, was der Stein bedeutet, würden sie ihn am liebsten in die Luft sprengen. Aber das brauchen wir dort nicht zu erzählen. Deshalb sind wir ja nach Richtenbach gekommen.
Shiloh als heiliger Ort und Stiftshütte
Noch zwei Minuten etwas zu Shiloh. Hier, immer noch im Westjordanland, wie wir gesehen haben, liegt der Hügel von Shiloh. Dort wurde die Stiftshütte aufgestellt, nicht wahr?
Ein paar Ansichten von Shiloh: Nach dem Sechstagekrieg haben Juden dort eine Siedlung aufgebaut. Heute gibt es also wieder ein jüdisches Shiloh im Westjordanland. Bei den Ausgrabungen hat man einen großen heiligen Bezirk mit einer Steinmauer darum herum entdeckt.
Wer hat dort gearbeitet? Niemand anders als Finkelstein. Er sagte, dass es in Shiloh schon längst vor den Israeliten einen heiligen Ort gab. Das war also nicht etwas Originelles von den Israeliten, wie es mit der Stiftshütte beschrieben wird. Vielmehr war es schon lange ein kanaanitischer Ort, an dem offensichtlich ein religiöser Kult betrieben wurde. Dort gibt es einen großen Platz.
Wenn wir aber die Chronologie der Bibel richtig wiederherstellen, dann ist das genau die Zeit von Israel. Das ist der Ort, an dem die Stiftshütte in Shiloh für Jahrhunderte aufgestellt war.
Wir sehen zur Stiftshütte, die ja ein Zelthaus als Heiligtum war, dass sie von einem Zaun mit Byssus-Umwandlung, weißem Stoff, umgeben war. Diese Form bildete einen ersten inneren Vorhof. In Shiloh hat man damals aber noch eine Steinmauer rundherum gebaut.
Jetzt versteht man, warum in der Samuelgeschichte steht, dass am Morgen die Türen des Tempels geöffnet wurden. Da fragt man sich aber: Die Stiftshütte hatte doch nur Vorhänge, keine Türen. Natürlich, aber die äußere Tür war eben an dieser Steinmauer angebracht, die wir dort sehen. So passt alles wunderbar zusammen.
Es war die Stiftshütte, aber bereits umgeben von einem zweiten Vorhof. Heute sehen wir die Synagoge in Shiloh, die in der Form einer Stiftshütte gebaut wurde.
Dieses transportable Heiligtum war also jahrhundertelang in Shiloh stationiert. Auch die Zeitangaben stimmen genau überein.
So könnten wir weiterfahren mit Daan und Hazor. Die Archäologie passt einfach zur biblischen Chronologie. Man muss die Bibel ernst nehmen, um diese Chronologie zu entdecken.
