Überblick über den Missionsauftrag und die frühe Ausbreitung des Evangeliums
Wir fahren weiter mit der Übersicht über die Apostelgeschichte auf dem letzten Blatt, eingeteilt gemäß dem Missionsbefehl im Schlüsselvers.
Wir haben gesehen, dass die Apostelgeschichte nach dem Vier-Punkte-Programm des Missionsbefehls in Kapitel 1, Vers 8 aufgebaut ist: Jerusalem, Judäa, Samaria bis an das Ende der Erde. Kapitel 1 bis 7 zeigt das Zeugnis der ersten Christen im ersten Punkt, nämlich in Jerusalem.
Wir haben außerdem festgestellt, dass man zunächst nicht weitergegangen ist. Erst mit der Verfolgung, die nach der Ermordung von Stephanus einsetzte, wurden alle Gläubigen der Gemeinde in Jerusalem – all die Tausende – zerstreut und gingen hinaus nach Judäa und Samaria. Der Herr musste also durch diese Verfolgung eingreifen, damit man im Missionsauftrag wirklich voranschritt und nicht einfach beim vertrauten Punkt eins blieb.
So wurde das Evangelium weiter verkündigt. In Kapitel 8, Vers 4 heißt es: „Die Zerstreuten, und das waren alle mit Ausnahme der zwölf Apostel, gingen umher und verkündigten das Wort.“ Das griechische Wort für „verkündigen“ hier bedeutet wörtlich „evangelisieren“. Alle haben evangelisiert, obwohl ja nur einzelne die Gabe des Evangelisten haben. Nach Epheser 4 heißt das keineswegs, dass nicht alle evangelisieren können.
Ganz eindrücklich: Alle haben evangelisiert. In den Versen 1 bis 3 sieht man, dass sie das in Judäa und Samaria getan haben.
Nun gibt es Bremsen für die Evangeliumsverkündigung, und das sind manchmal besonders zwei Punkte des Konservativismus: „Wir haben es immer so gemacht“ oder „Das haben wir noch nie so gemacht.“ Beide Argumente konnten dazu führen, dass man in Jerusalem blieb.
Doch der Herr hat durch diese Verfolgung wirklich Gewaltiges gewirkt. All diese Tausende waren während dieses einen Jahres entlastet vom vollen Pensum der Arbeit, weil durch die Gütergemeinschaft viel Zeit möglich war, um den Predigten und Vorträgen der Apostel zuzuhören.
So wurden sie in diesem Jahr gegründet für das weitere Programm – alles in der Vorsehung Gottes.
Die Ausbreitung des Evangeliums in Samaria und die Rolle des Heiligen Geistes
Nun sehen wir aber diese Hindernisse und gehen weiter. Es wird uns von Philippus berichtet, in Kapitel 8, wie er bei den Samaritern begann zu predigen – und das interessanterweise ohne irgendeine Rücksprache mit den Aposteln. Plötzlich beginnt er in Samaria zu predigen, und es entsteht eine Erweckung. Unzählige kommen zum Glauben, sie werden getauft, aber sie erhalten den Heiligen Geist nicht. Ganz eigentümlich.
Wie war das eigentlich in Apostelgeschichte 2 bei Pfingsten? In Kapitel 2, Vers 38 sagte Petrus auf die Frage: „Was sollen wir tun, Brüder?“ Petrus aber sprach zu ihnen: „Tut Buße, und dann werde jeder von euch getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ Zuerst Buße, dann Taufe und dann Empfang des Heiligen Geistes – eine klare Reihenfolge.
Jetzt haben wir aber in Kapitel 8 bei den Samaritern: Sie glauben, tun also auch Buße, sie werden getauft (Vers 12), aber sie bekommen den Heiligen Geist nicht. Erst in Vers 14 heißt es: „Als aber die Apostel, welche in Jerusalem waren, gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. Diese kamen hin, beteten für sie, damit sie den Heiligen Geist empfangen würden; denn er war noch nicht auf einen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus.“ Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist.
Es brauchte also noch Handauflegung durch die Apostel. Was sollen wir damit anfangen?
Nun, in Kapitel 10 – ich greife jetzt ein bisschen voraus – finden wir die Bekehrung von Cornelius und wie er Christ wird, alles ausgelöst durch die Predigt von Petrus. In Vers 44 lesen wir: „Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten.“ Die gläubigen Juden, die mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich, dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen war. Denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott preisen.
Dann antwortete Petrus: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht getauft würden, die den Heiligen Geist empfangen haben, gleich wie auch wir?“ Und er befahl, dass sie getauft würden auf den Namen des Herrn.
Also haben wir hier Menschen, die das Evangelium hören, und während des Hörens kommt der Heilige Geist auf sie – ohne Taufe, ohne Handauflegung.
Ja, was sollen wir machen? Aufgrund welches Abschnitts sollen wir nun eine Lehre aufbauen?
Ich habe auch einen Abschnitt auf den Blättern, ab Blatt drei, mit einigen dogmatisch wichtigen Themen. Dort haben wir zunächst die Taufe mit dem Heiligen Geist, dazu kommen wir noch. Dann den Empfang des Heiligen Geistes auf dem nächsten Blatt. Dort finden wir all diese Punkte: Bei den Juden am Pfingsttag nach der Taufe, aber ohne Handauflegung; bei den Samaritern nach Taufe und Handauflegung; bei den Heiden vor der Taufe, ohne Handauflegung.
Die Bedeutung der Taufe und des Heiligen Geistes in verschiedenen Gruppen
Nun, zur Erklärung: Am einfachsten hatten es die Heiden. Die Juden in Jerusalem mussten sich zuerst öffentlich durch die Taufe von dem Justizmord am Messias distanzieren.
Kurze Zeit zuvor wurde der Messias, Jesus, ermordet vor den Toren Jerusalems. Eine große Volksmenge in Jerusalem schrie vor Pilatus, er solle Jesus kreuzigen, und rief: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder. Jetzt predigt Petrus und wirft der Volksmenge diesen Mord an dem Verheißenen, dem Gesandten Gottes, vor.
Auf die entsetzte Frage: „Was sollen wir tun?“ antwortet er: „Lasst euch taufen.“ Durch die Taufe distanziert man sich von der bisherigen Zugehörigkeit – das wusste jeder Jude. Denn wie wurde man damals als Heide ein Jude? Man musste ein Ritualbad auf sich nehmen. Dieses Ritualbad bedeutete, dass man sich vom gottlosen Volk, zu dem man vorher gehörte, trennte und zum Volk Gottes übertrat.
Jetzt sagt Petrus, dass sie zum Volk Gottes gehören sollen: „Lasst euch taufen, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ Sie mussten sich also durch die Taufe von der Masse distanzieren, die sich nicht vom Mord am Messias getrennt hatte. Diese Distanzierung wurde dann durch die Gabe des Heiligen Geistes bestätigt.
Es ist wichtig zu sehen, dass auch heute noch die christliche Taufe wirklich einen totalen Schlussstrich zieht, wenn ein Jude zum Glauben kommt. Wenn ein Jude glaubt, dass Jesus der Messias ist, ist das in seiner Verwandtschaft oft sehr schlimm. Aber es gibt noch Hoffnung. Wenn er sich jedoch taufen lässt, ist es endgültig. Es gibt eine rabbinische Lehre, die besagt, diese Sünde könne in Ewigkeit nicht mehr vergeben werden. Dann kommen alle Flüche aus 5. Mose 28 über einen.
Man sieht also, die Taufe ist wirklich der Punkt, an dem die Entscheidung ganz klar offengelegt wird. So ist das geschehen.
Bei den Samaritern wurden sie zwar getauft, aber sie erhielten den Heiligen Geist nicht. Der Grund liegt darin, dass Juden und Samariter verfeindet waren und keinen Umgang pflegten. Das sieht man deutlich in Johannes 4, Vers 9, in der Geschichte der Samariterin am Brunnen.
Es bestand die Gefahr, dass es in Samaria zu einer Kirchenspaltung kommen könnte. Die samaritischen Gläubigen hätten sagen können: „Ja gut, wir sind Gläubige, wir sind Christen, aber mit denen von Jerusalem haben wir nichts zu tun.“ Sie hätten quasi diese Spaltung, in der sie als Völker immer gelebt haben, auch in die Gemeinde hineingebracht.
Nun mussten die Samariter sich zuerst durch Handauflegung mit den gläubigen Juden identifizieren und eins machen. Handauflegung bedeutet immer Identifikation. Übrigens bedeutet das hebräische Wort für Handauflegung, Smicha, nicht einfach „auflegen“, sondern „darauf drücken“. Das heißt, auch bei den Opfern bedeutet Smicha, dass der Opfernde die Hände auf den Kopf des Opfers drückt und gewissermaßen das ganze Gewicht seiner Person und seiner Schuld auf das Opfer überträgt. Das ist Identifikation, und dann muss das unschuldige Tier anstelle des Schuldigen sterben.
Dadurch, dass die Apostel Johannes und Petrus den Samaritanern die Hände auflegen, machen sie sich eins mit ihnen. Die Samariter nehmen das an und erklären: „Wir gehören hundertprozentig zusammen.“ Daraufhin antwortet Gott mit dem Heiligen Geist. Das bestätigt die Einheit.
Das war gerade zur Verhinderung wichtig, dass kein Landeskirchentum entsteht – Landeskirche der Juden, Landeskirche der Samariter. Das ist nicht Gottes Wille. Es sollte ganz klar die Einheit deutlich werden.
Bei den Heiden erlebte man hingegen, was später zur allgemeinen Norm wurde: Glaube und Empfang des Heiligen Geistes. Bei den Heiden war das Problem, dass die Juden dachten, Gott werde sie kaum annehmen. Die Samariter hatten wenigstens noch etwas israelitisches Blut in den Adern.
Wir lesen in Apostelgeschichte 10, dass die jüdischen Gläubigen, die mit Petrus gekommen waren, entsetzt waren, dass diese Römer den Heiligen Geist empfangen hatten. Das war für sie unglaublich, das dürfe nicht sein.
Deshalb war es besonders wichtig, dass es bei den Heiden am einfachsten und leichtesten ging, um sie zu überzeugen, dass Gott sie wirklich akzeptieren will – und zwar so, dass sie nicht zuerst ins Judentum übertreten mussten. Wären sie zuerst getauft worden, hätte man es als eine Art Proselytentaufe interpretieren können – als würden sie zuerst Juden, und dann würden sie akzeptiert.
Darum war es ganz wichtig: Ohne Taufe, ohne dass sie Juden wurden, wurden sie Christen, das heißt Teil der Gemeinde Gottes.
In Epheser 1, Vers 13 lesen wir: „Nachdem ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, das Evangelium eures Heils, in welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist zur Erlösung des erworbenen Besitzes, zum Preis seiner Herrlichkeit.“
Paulus sagt den Ephesern, den Nichtjuden: Ihr seid, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden – nicht nachdem ihr getauft wurdet oder nachdem ihr Handauflegung empfangen habt, sondern nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt mit dem Heiligen Geist.
Nun stellt sich die Frage, worauf man eine Lehre aufbauen soll. Manche bevorzugen, dass zuerst eine Taufe stattfindet, andere, wie die Neuapostolischen, sagen, zuerst müsse eine Handauflegung erfolgen, und wieder andere lehnen beides ab.
Wir müssen beachten: Die Apostelgeschichte ist ein Geschichtsbuch, der Epheserbrief ist ein Lehrbuch. Wir haben heute morgen die siebenfache Einteilung der Bibel gesehen. Die Briefe sind der Teil, in dem der Heilige Geist in die ganze Wahrheit leitet.
Ein Geschichtsbuch berichtet, wie Gott an bestimmten Momenten in der Heilsgeschichte gehandelt hat. Das heißt aber nicht, dass Gott immer gleich handelt. Gott ist zwar immer derselbe und ändert sich nie, aber er handelt nicht immer gleich. Das sieht man im ganzen Alten Testament.
Gott hat immer wieder anders gehandelt, ist aber immer derselbe geblieben. Deshalb kann man nicht einfach eine einzelne Begebenheit herausgreifen und sagen, das sei allgemeingültig. Es könnte allgemeingültig sein, muss es aber nicht.
Darum brauchen wir die Bestätigung aus einem Lehrbuch, wie zum Beispiel dem Epheserbrief, dass dies allgemeingültig ist.
Das erklärt die Situation bei den Samaritern und zeigt uns auch, wie in den ersten Jahrzehnten der Christenheit Wert auf Einheit gelegt wurde.
Wir sehen, die ersten Christen in Apostelgeschichte 4 waren ein Herz und eine Seele. Das haben wir noch nicht gelesen, aber wir können es kurz aufschlagen: 4, Vers 32: „Die Menge derer aber, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele, und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein Eigen wäre, sondern es war ihnen alles gemein.“
Ein Herz und eine Seele.
Dann haben wir gesehen, wie es plötzlich Spannungen gab, in Kapitel 6, zwischen den griechischsprachigen, offenen Juden, den Hellenisten, und den hebräisch-aramäischsprachigen Inlandjuden, die sich eher abschlossen.
Dieser Konflikt musste gelöst werden und durfte nicht zu einer Trennung führen.
Jetzt kommt eine neue Gruppe hinzu, die Samariter. Das macht das Ganze noch komplizierter, denn hier bestand wirklich Feindschaft.
Sie wurden hineingeführt, indem durch Handauflegung die Einheit demonstriert wurde, und Gott antwortete erst dann mit dem Heiligen Geist.
Diese Linie müssen wir beachten; sie wird uns noch weiter beschäftigen. Gott will die Einheit der Erlösten, nicht nur örtlich, sondern auch überörtlich, wie hier.
Interessant ist: Es hätte ja irgendeiner der zwölf Apostel kommen können, aber es kamen Petrus und Johannes. Petrus spielte schon eine Schlüsselrolle am Pfingsttag. Er hielt die große Pfingstrede, durch die dreitausend Menschen zum Glauben kamen – damals ging es um Juden.
Jetzt haben wir die neue wichtige Etappe Samaria, und auch hier spielen Petrus und Johannes eine Schlüsselrolle.
Die nächste Etappe ist mit Cornelius, wo die Römer dazukommen – also die wirklich hundertprozentigen Nichtjuden. Wer predigte dort? Petrus.
Petrus spielt also Schlüsselrollen in allen Volksgruppen, die neu dazukommen. Damit wird das Missionsprogramm repräsentiert: Jerusalem, Judäa, Juden, Samaria und dann bis ans Ende der Erde, zu den Heiden. Jedes Mal ist es Petrus.
Das erklärt eine schwierige Stelle in Matthäus 16, wo Jesus zu Petrus sagt: „Ich gebe dir die Schlüssel des Reiches der Himmel.“
Wir müssen daran denken, dass das Reich der Himmel nicht einfach das Himmelreich ist, wie es in der Lutherübersetzung heißt und man meint, das sei der Himmel.
Das Reich der Himmel ist nämlich auf Erden.
In Matthäus 16, Vers 18 legt Petrus das Bekenntnis ab: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Dann sagt Jesus in Vers 18: „Auch ich sage dir: Du bist Petrus (griechisch Petros), ein Stein, und auf diesen Petra, diesen Felsen, will ich meine Versammlung bauen. Und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben, und was du auf Erden binden wirst, wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird im Himmel gelöst sein.“
Petrus ist nicht der Fels, sonst hätte Jesus gesagt: „Du bist Petros, und auf diesen Petros will ich meine Gemeinde bauen.“ Er sagt aber: „Du bist Petros, und auf diese Petra will ich meine Gemeinde bauen.“
Im Vatikan steht dieser Vers in Lateinisch über der Kuppel. Hätte man ihn auf Griechisch gelassen, wäre der Unterschied sofort erkennbar gewesen. Petros und Petra sind zwei verschiedene Ausdrücke und stehen in Opposition.
Die Grundlage der Gemeinde, der Kirche, der Versammlung ist Christus selbst. Darum heißt es in 1. Korinther 3, Vers 11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher Jesus Christus ist.“
In 1. Korinther 10 heißt es: „Der Fels aber war Christus.“
Petrus ist ein erster Stein dieses lebendigen Gebäudes der Gemeinde, auf der Grundlage des Felsens, und dieser Fels ist Christus.
Wir sehen, Petrus hat eine ganz besondere Rolle und erhält die Schlüssel des Reiches der Himmel.
Der Ausdruck „Reich der Himmel“ kommt nur im Matthäusevangelium vor, und zwar 32 Mal. In den parallelen Stellen der anderen Evangelien heißt es „Reich Gottes“.
Das hat mit dem Reich Gottes zu tun. „Himmel“ war bei den Rabbinern ein Ersatzname für den unaussprechlichen Namen Yahweh, den Namen des Bundesgottes Israels. Sie sagten, um diesen Namen nicht zu missbrauchen, verwendeten sie andere Wörter wie „Der Herr“, „Adonai“ oder eben „Shamayim“ (Himmel).
Das Reich der Himmel ist also nichts anderes als das Reich oder Königreich Yahwes.
Als Jesus begann zu predigen, sagte er: „Das Reich der Himmel ist nahegekommen, tut Buße!“ Das heißt, seine Herrschaft als Messias auf dieser Erde.
Doch dann wurde er von der Masse des Volkes verworfen.
In Matthäus 13 beginnt er die Himmelreichsgleichnisse zu erzählen und spricht über den Acker, den vierfältigen Acker, auf dem der Samen des Wortes ausgestreut wird.
Im gleichen Kapitel wird erklärt, dass der Acker die Welt ist. Das heißt, das Wort Gottes, der Samen des Wortes Gottes, geht nun nicht mehr nur zu Israel, sondern in die ganze Welt.
Das Reich der Himmel, das Reich Gottes, nimmt eine neue Form an.
In Matthäus 25 sagt Jesus, das Reich Gottes sei wie ein hochgeborener Mann, der in ein anderes Land ging und seinen Knechten einen Auftrag gab zu handeln, bis er wiederkommt.
Das Reich der Himmel ist also heute die Zeit, in der die Jünger Jesu ihm dienen, aber der König selbst abwesend ist, bis er wiederkommt.
So haben wir also, gewissermaßen zwischen der Auffahrt vom Ölberg (Apostelgeschichte 1) und der Wiederkunft Christi auf dem Ölberg, das Reich der Himmel in der Form, dass der Messias abwesend ist, aber seine Knechte auf der Erde handeln.
Es gibt gute und schlechte Knechte, wie man in Matthäus 25 sieht. Es gibt fünf törichte und fünf kluge Jungfrauen im Reich der Himmel.
Der Bereich „Reich der Himmel“ ist also der Bereich der Christenheit.
Hier hat Petrus eine Schlüsselfunktion. Er musste jeder Volksgruppe separat den Zugang zum Reich der Himmel öffnen: Apostelgeschichte 2 für die Juden, Apostelgeschichte 8 für die Samariter, Apostelgeschichte 10 für die Heiden.
Dann verschwindet Petrus von der Bildfläche, und in Apostelgeschichte 13 bis 28 übernimmt Paulus eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung des Evangeliums unter den Heiden.
Plötzlich bekommt vieles eine harmonische Bedeutung.
Wir sehen dort auch, was es bedeutet, auf Erden zu binden und zu lösen.
In Apostelgeschichte 8 haben wir gerade gelesen, wie die Samariter den Heiligen Geist empfangen haben. Dann lesen wir von einem ganz speziellen Mann:
Vers 18: „Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde, bot er ihnen Geld an und sagte: ‚Gebt auch mir diese Gewalt, damit auf wen ich die Hände lege, er den Heiligen Geist empfange.‘“
Petrus aber sprach zu ihm: „Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du gemeint hast, die Gabe Gottes durch Geld zu erlangen. Du hast weder Teil noch Los an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. Tue nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir der Anschlag deines Herzens vergeben werde. Denn ich sehe, dass du in Galle der Bitterkeit und in Banden der Ungerechtigkeit bist.“
Simon antwortete und sprach: „Bittet ihr für mich den Herrn, damit nichts von dem über mich komme, was ihr gesagt habt.“
Der Ausdruck „binden und lösen“ ist ein bekannter Ausdruck im rabbinischen Hebräisch. Jemanden binden heißt, auf jemanden einen Fluch legen. Zum Beispiel, wenn jemand eine schwere Sünde begangen hatte und aus der Synagoge ausgeschlossen wurde, dann hat man ihn gebunden. Wenn er umgekehrt Buße getan und wieder Aufnahme in die Gemeinschaft der Synagoge gefunden hatte, wurde er gelöst.
Hier haben wir ein Beispiel, wo Petrus in apostolischer Gewalt bindet, nämlich diesen Simon.
Er bindet ihn, indem er die ganze Schuld auf ihm lässt und ihm klar sagt: „Du bist nicht frei von dieser Schuld, du musst zuerst Buße tun.“
Simon spielt eine wichtige Rolle in der Kirchengeschichte. Die Zeugnisse der alten Kirche sagen, dass Simon eine Schlüsselrolle in der Bewegung der Gnosis spielte.
Die Gnosis war die schlimmste Irrlehrebewegung im ersten bis dritten Jahrhundert gegen das Christentum. Diese Irrlehre leugnete zum Beispiel, dass Jesus im Fleisch gekommen ist, also als wirklicher Mensch, und leugnete seine Gottheit.
Das war eine der größten Gefahren für die Christen überhaupt.
Übrigens sind das Johannesevangelium und die ersten beiden Johannesbriefe spezielle Kampfschriften gegen die Irrlehre der Gnosis.
Simon war also getauft, aber nicht bekehrt und schlich sich so ein und brachte großes Verderben.
Das, so nebenbei, ist Kirchengeschichte, die wir hier sehen: die Schlüsselgewalt von Petrus und wie er in apostolischer Gewalt bindet und löst.
Gut, wir sind weitergekommen.
Die Ausbreitung des Evangeliums zu allen Völkern
Nach diesem nächsten Schritt, eben mit Samaria, sehen wir, dass Lukas drei Bekehrungs-Porträts einfügt: Hamid, der Äthiopier, der Kämmerer von Äthiopien, ein Semit, Saulus, und ein Japhethit, Cornelius, der Hauptmann. Sie werden Christen, um zu zeigen, dass das Evangelium jetzt zu allen Völkern, Stämmen und Sprachen geht.
Jetzt müssen wir uns anschauen, wie nach der Bekehrungsgeschichte des Äthiopiers und des Saulus in den Kapiteln 10 bis 11, Vers 18, ausführlich die Aufnahme der Heiden geschildert wird. Dabei spielt Petrus eine Schlüsselrolle. Er war an einem Ort in Joppe, also bei Tel Aviv, und hatte eine Vision. Der Himmel öffnete sich, und ein Tuch kam herunter mit allen Arten von Tieren auf der Erde. Er hörte eine Stimme aus dem Himmel: „Schlachte diese Tiere und iss!“
Das Ganze geschah so um die Mittagszeit, also genau dann, wenn der Magen knurrt. Was sagt Petrus in Apostelgeschichte 10, Vers 13? „Und eine Stimme geschah zu ihm: Stehe auf, Petrus, schlachte und iss!“ Petrus aber antwortete: „Keineswegs, Herr, denn niemals habe ich irgendetwas Gemeines oder Unreines gegessen.“ Gott sagt also, er soll etwas essen, was nicht koscher ist, und Petrus weigert sich. Man sieht, wie tief diese Regeln sitzen.
Dann geschieht das erneut, in Vers 15: „Und wiederum geschah eine Stimme zum zweiten Mal zu ihm: Was Gott gereinigt hat, mache du nicht unrein.“ Dies geschah dreimal, und das Gefäß wurde alsbald hinaufgenommen in den Himmel. Als Petrus in Verlegenheit war, was das Gesicht bedeuten sollte, standen plötzlich Männer vor dem Tor, die von Cornelius gesandt waren und nach Simon, also Petrus, fragten.
Jetzt kommt eine Gesandtschaft von Cornelius, die Petrus einladen will, zu ihnen nach Hause zu kommen und zu predigen. Diese Vision war für Petrus eine schwere Entscheidung, denn damals war es absolut undenkbar, dass ein Jude aus Israel zu Nichtjuden nach Hause geht. Doch Petrus überwindet sich und geht.
Schauen wir, was er im Haus von Cornelius sagt. In Apostelgeschichte 10, Vers 28, spricht er: „Ihr wisst, wie unerlaubt es für einen jüdischen Mann ist, sich einem Fremdling anzuschließen oder zu ihm zu kommen. Aber mir hat Gott gezeigt, keinen Menschen gemein oder unrein zu heißen.“ Er hat verstanden, dass die Vision mit den Tieren bedeutet, dass die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Tieren aufgehoben wird. Die reinen Tiere symbolisieren die Juden, die unreinen die Heiden.
Gott hebt diese Unterscheidung auf, und Petrus erkennt: „Jetzt kann ich auch zu einem Heiden nach Hause gehen.“ Doch das war schwierig. Er sagt in Vers 34: „In Wahrheit begreife ich, dass Gott die Person nicht ansieht, sondern in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist ihm angenehm.“ Petrus versteht also, was die Vision bedeutet.
Das war kein Nebensächliches, sondern ein Schlüsselereignis in der Heilsgeschichte. Petrus begreift, dass eine Änderung kommt: Man kann jetzt auch zu Heiden nach Hause gehen. Aber es fällt ihm schwer. Man fragt sich manchmal, was die Apostel auf dem Ölberg gedacht haben, als der Herr das Vier-Punkte-Programm vorstellte: Jerusalem, Judäa, Samaria bis ans Ende der Erde. Wie soll das gehen? Wenn man zu den Indianern geht, muss man irgendwann auch etwas essen. Wie soll man die Weltmission praktisch umsetzen?
Das hatten sie sich noch nicht konkret überlegt. Es musste Schritt für Schritt geklärt werden. Petrus ringt innerlich, sagt Gott nein, doch Gott sagt dreimal ja: „Iss!“ Und so geht er. Aber schon in Kapitel 10, Vers 45, sehen wir, wie die gläubigen Juden entsetzt sind, als der Heilige Geist auf die Römer kam.
Die Sache wird noch spannender in Kapitel 11: „Die Apostel aber und die Brüder, die in Judäa waren, hörten, dass auch die Nationen das Wort Gottes angenommen hätten.“ Als Petrus nach Jerusalem kam, stritten die aus der Beschneidung mit ihm und sagten: „Du bist zu Männern eingekehrt, die Vorhaut haben, und hast mit ihnen gegessen.“
Hier haben wir ein großartiges Ereignis bei Cornelius: Menschen werden gläubig, getauft und empfangen den Heiligen Geist. Doch in Jerusalem, wo die Weltmission begann, gibt es Streit. Man hätte erwarten können, dass sie sich freuen, doch stattdessen wird Petrus kritisiert, weil er mit Nichtjuden gegessen hat.
Wer hat erzählt, dass er gegessen hat? „Bitte berichtet nicht einmal davon.“ Doch es war klar: Er war dort und hat gegessen. Wie reagiert Petrus, der von Natur aus explosiv ist? In Vers 4 beginnt er, es der Reihe nach zu erklären: Er war in Joppe im Gebet und erzählt alles ruhig und geordnet.
Das zeigt, dass er nicht explodiert ist, sondern innerlich vorbereitet war. Er erzählt, wie der Herr ihn geführt hat. Das Gewaltige sehen wir in Vers 17: „Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn Jesus Christus geglaubt haben, wer war ich, dass ich Gott zu widerstehen vermochte?“
Interessant ist, dass er dies in Frageform stellt. Er sagt nicht: „Sie haben die gleiche Gabe wie wir“, sondern stellt es als Frage. Das ist eine feine rhetorische Wendung. Der Zuhörer muss selbst überlegen, wie er dazu steht. Wer war Petrus, um die Taufe zu verweigern?
Als sie dies hörten, beruhigten sie sich und verherrlichten Gott. Sie sagten: „Dann hat Gott also auch den Nationen die Buße zum Leben gegeben.“ Ein eindrucksvolles Beispiel von Taktik: Petrus zählt ruhig alles der Reihe nach auf und gewinnt sie für sich. Die Zuhörer beruhigen sich und verherrlichen sogar Gott.
Wir sehen, welche großen Hindernisse es zu überwinden gab. Das war noch nie gemacht worden, man hatte es immer anders gemacht. Jetzt denkt man, die Haupthürde sei überwunden. Doch die weitere Geschichte zeigt, dass das Problem noch lange bestehen blieb. Für einige war es klar, für viele noch nicht.
Jetzt kommt ein entscheidender Punkt in der Fortsetzung, Apostelgeschichte 11, Vers 19: „Die nun zerstreut waren durch die Drangsal, die wegen Stephanus entstanden war.“ Hier greift Lukas wieder zurück auf Kapitel 8, Vers 4. Das Ganze war eigentlich ein Einschub.
In Kapitel 8, Vers 1, entsteht die Verfolgung gegen die Gemeinde. Die Gläubigen werden zerstreut nach Judäa und Samaria. Vers 4: „Sie verkündigen überall das Wort Gottes.“ Dann folgt der Einschub mit Samaria und den drei Söhnen Noachs. Und jetzt, in Kapitel 11, Vers 19, setzt die Geschichte direkt bei den Zerstreuten an.
Sie zogen durch Phönizien, Zypern und Antiochien. Schon ein Fortschritt: In Kapitel 8 waren sie noch in Judäa und Samaria, jetzt sind sie schon in Phönizien, also im Libanon, und noch weiter übers Meer nach Zypern und Antiochien. Wo liegt Antiochien? In Syrien, heute in der Türkei, da Atatürk die Stadt noch zur Türkei holte. Es ist eine syrische Stadt, heute in der Südtürkei.
Lukas erzählt weiter: „Sie redeten zu niemandem das Wort als allein zu Juden.“ Sie sind also von Programmpunkt zwei und drei eigentlich schon zu vier vorgedrungen: von Judäa und Samaria bis zur Türkei. Aber was machen die Schlaumeier? Sie erfüllen den Missionsauftrag, indem sie den Juden bis ans Ende der Welt das Evangelium bringen, aber den Heiden erzählen sie nichts.
Dann gibt es ein paar Progressive, Vers 20: „Es waren aber unter ihnen etliche Männer von Zypern und Kyrene, die, als sie nach Antiochien kamen, auch zu den Griechen redeten, indem sie das Evangelium von dem Herrn Jesus verkündigten.“
Was machen die da? Einige haben plötzlich eine ganz andere Idee. Der Ausdruck „Griechen“ im Neuen Testament bezeichnet speziell griechischsprachige Menschen, die zum römischen Reich gehören. Im Prinzip waren fast alle römischen Bürger griechischsprachig, außer in Spanien, wo Latein vorherrschte. Der Ausdruck „Grieche“ war also fast gleichbedeutend mit „Römer“.
Nicht zu verwechseln mit den Hellénisten, die griechischsprachige Juden sind. In Kapitel 6 haben wir gesehen: Hellénisten sind griechischsprachige Juden, Griechen sind Römer, die Griechisch sprechen.
Nun beginnen einige, ohne Rücksprache mit den Aposteln, zu den Griechen zu predigen. Sie berufen sich auf den Auftrag des Herrn und sind direkt ihm in ihrem Dienst verantwortlich – ein wichtiges Prinzip.
Weiter heißt es in Vers 21: „Und des Herrn Hand war mit ihnen, und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zum Herrn.“ Sie erleben eine Erweckung in Antiochien. Der Herr bestätigt das dort.
Was geschieht dann? Vers 22: „Es kam aber die Rede von ihnen zu den Ohren der Versammlung, die in Jerusalem war.“ Ein Refrain: Schon bei Samaria hörte man das in Jerusalem, bei Cornelius ebenso, jetzt wieder bei Antiochien.
Was tun sie? Sie sandten Barnabas aus, damit er nach Antiochien zog. Eine Bibelstudienempfehlung: Man kann alle Stellen mit Barnabas suchen, um seine Biografie kennenzulernen. Er ist ein wunderbarer Mann, der immer dann auftaucht, wenn es schwierig wird.
Wer ist Barnabas? In Kapitel 4, Vers 36, wird er erstmals erwähnt: Joseph, von den Aposteln Barnabas genannt, was „Sohn des Trostes“ bedeutet. Er war ein Levit, ein Zyprer von Geburt. Er besaß einen Acker, den er verkaufte, und legte das Geld zu den Füßen der Apostel nieder.
Er war also ein Auslandjude, genauer gesagt ein Levit, mit zwei Kennzeichen: Er konnte anderen Mut zusprechen und war nicht am Geld klebrig.
Nach der Bekehrung Saulus’, der sich in Damaskus bekehrt hatte, vergingen drei Jahre, bis er aus Arabien zurückkehrte und erstmals nach Jerusalem kam. In Apostelgeschichte 9, Vers 26 heißt es: „Als er nach Jerusalem kam, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen, doch alle fürchteten sich vor ihm, da sie nicht glaubten, dass er ein Jünger sei.“
Der griechische Text verwendet eine Zeitform, die einen Durativ ausdrückt, das heißt, er versuchte immer wieder, sich anzuschließen. Doch sie ließen ihn nicht zu, da sie ihn für einen Spion hielten.
Dann heißt es: „Barnabas aber nahm ihn und brachte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie er auf dem Weg den Herrn gesehen habe.“ Dadurch wurde Saulus aufgenommen. Barnabas zögerte nicht, sondern legte Zeugnis ab, und so wurde Saulus voll aufgenommen.
Jetzt entsteht eine Gemeinde aus Heiden in Antiochien. Das ist gefährlich, denn was wissen die schon von der Bibel? Die Juden hatten von Kindheit an Torastunden, kannten das Alte Testament und hatten eine Basis. Die Heiden aber nicht.
Diese Situation könnte zu Chaos führen, da sie ihre eigenen Ideen entwickeln und verbreiten könnten. Solche Überlegungen sind berechtigt. Wie soll das weitergehen?
Man schickt Barnabas, den Besten, nach Antiochien. Wie reagiert er? Apostelgeschichte 11, Vers 22: „Sie sandten Barnabas aus, dass er nach Antiochien zog, der, als er kam und die Gnade Gottes sah, sich freute und alle ermahnte, mit Herzensentschluss beim Herrn zu verharren.“
Er wusste um die Probleme, doch er fordert eine feste Entscheidung des Herzens: Nur wer mit dem Herrn lebt, schafft es. Er war ein Sohn des Trostes, der Mut machen konnte.
Lukas erklärt, warum er das konnte: Er war ein guter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. Ein guter Mann sieht auch die guten Seiten bei anderen, nicht nur das Schlechte. Er erkannte die Probleme, vertraute aber darauf, dass der Herr weiterführen würde, auch wenn es schwierig wird.
Dann heißt es: „Und eine zahlreiche Menge wurde dem Herrn hinzugetan.“ Barnabas war also keine Bremse.
Plötzlich geht er nach Tarsus. Was hatte er vor? Will er baden gehen am türkischen Strand? Nein, er zog aus, um Saulus aufzusuchen.
Saulus war inzwischen, nachdem man ihn in Jerusalem töten wollte, nach Tarsus, seiner Heimatstadt, gegangen, um dort Zeuge zu sein, wo er aufgewachsen war.
Barnabas ist jetzt in Antiochien, in einer schwierigen neuen Situation. Wie macht er es? Er holt Saulus, den idealen Mann für diese Arbeit. Saulus hatte seine Berufung für die Heiden erkannt.
Er war ein Hellénist, stammte aus dem Ausland, wurde aber hebräisch indoktriniert bei Gamaliel, seinem Lehrer. Er kannte die Tendenzen der Hellénisten und der Hebräer genau. Er wusste, wo Offenheit und wo Abschirmung nötig war. Der ideale Mann.
Barnabas findet ihn, bringt ihn nach Antiochien. Sie treffen sich dort, und sie kommen ein ganzes Jahr lang in der Versammlung zusammen, lehren eine zahlreiche Menge und festigen die Jünger.
Die Jünger werden zuerst in Antiochien Christen genannt. Dieses Jahr intensiven Studiums erinnert an das Jahr bis zur Steinigung Stephanus’.
Danach sehen wir, wie Paulus von dieser Gemeinde aus auf seine erste Missionsreise geht.
So sollten wir auch wieder eine Pause machen. Es ist gut, wenn wir eine Viertelstunde Pause einlegen.
Die Gründung der Gemeinde der Heiden in Antiochien und die erste Missionsreise
Wir sind in Apostelgeschichte 11 stehen geblieben und haben gesehen, wie dramatisch sich die Weltmission ausbreitet und welche Schwierigkeiten und Bremsen zu überwinden waren. Wir sind also bis zur Gründung der Gemeinde aus den Nationen, aus den Heiden, in Antiochia gekommen und haben gesehen, wie diese Gemeinde ein Jahr lang durch den Dienst von Barnabas und Saulus gefestigt und gegründet worden ist.
Dann folgt die Ankündigung einer Hungersnot durch Agabus, einen Propheten aus Jerusalem. Ich habe das etwas unter archäologische und geschichtliche Streiflichter behandelt. Dort wird erklärt, dass diese Hungersnot tatsächlich eingetreten ist und den Erdkreis, die sogenannte Oikumene, überzogen hat. Der Ausdruck „Erdkreis“ bezeichnet in der Bibel speziell das römische Reich. Diese Hungersnot sei unter Kaiser Claudius eingetreten.
Wir wissen darüber etwas aus der Geschichte, ich habe das hier aufgeführt: Die Hungersnot begann in Israel in den Jahren 47 und 48, wanderte dann weiter nach Griechenland in den Jahren 48 und 49 und erreichte schließlich Italien in den Jahren 50 und 51. Es war eine sehr entscheidende Katastrophe damals im Römischen Reich. Durch die Ankündigung von Agabus machte man sich daran, Hilfsleistungen für die Armen in Judäa zu bringen.
Wir lesen dazu in Apostelgeschichte 11,29: Sie beschlossen, je nachdem einer der Jünger begütert war, ein jeder von ihnen, zur Hilfsleistung den Brüdern zu senden, die in Judäa wohnten. Dort hatte die Hungersnot begonnen. Sie taten dies, indem sie es an die Ältesten sandten, durch die Hand von Barnabas und Saulus. Das war eine sehr delikate Sache, denn es ging um Geldtransport, der absolut sauber in der Gemeinde sein musste. Skandale wären katastrophal gewesen. Darum vertraute man diese Aufgabe nicht irgendjemandem an, sondern Barnabas zusammen mit Saulus. Wieder der Mann, der in kritischen Situationen guten Rat weiß, ausgeglichen, ein guter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. Sie gingen also nach Judäa mit dieser Hilfsendung.
Dann kommt Kapitel 12 mit der Befreiung von Petrus aus dem Gefängnis. Das haben wir heute Morgen schon behandelt. Historisch ist das sehr wichtig, denn es zeigte, wie das Königreich Juda unter dem jüdischen Herodes Agrippa I. von Gott zur Seite gestellt und entlarvt wurde. Aus jüdischer Sicht waren diese ersten jüdischen Christen Irrlehrer, die an drei Personen in der Gottheit glaubten: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das konnten sie leicht abtun als Verstoß gegen den einen Gott, wie er im Alten Testament offenbart ist.
Am letzten Bibelschulentag haben wir das Thema der Trinität und auch die Geschichte dieser Lehre in der alten Kirche behandelt. Wir haben gesehen, wie man die Trinität sogar aus dem Alten Testament deutlich belegen kann. Es gibt einen Gott, aber drei voneinander unterschiedliche Personen.
Hier wird durch die außergewöhnliche Befreiung Petrus’ deutlich gemacht, dass der Entscheid von Herodes nichtig ist und Gott seinen Weg mit diesem Volk von Gläubigen aus den Juden geht.
Nach diesem Einschub lesen wir in Kapitel 12,24 die Bemerkung: „Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich.“ Barnabas und Saulus kehrten, nachdem sie den Dienst erfüllt hatten, von Jerusalem zurück und nahmen auch Johannes mit, der Markus genannt wurde. Die Hilfsendung war also erfüllt worden, und nun kamen sie zurück und nahmen Johannes Markus mit, den Schreiber des Markus-Evangeliums.
Jetzt gehen wir zur ersten Missionsreise von Paulus. In Antiochien gab es in der Versammlung Propheten und Lehrer: Barnabas, Simeon, genannt Niger, Lucius von Kyrene, Manaen, der mit Herodes dem Vierfürsten aufgewachsen war, und Saulus. Während sie dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: „Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu welchem ich sie berufen habe.“ Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und entließen sie.
Hier sehen wir, wie genau die Gemeinde in Antiochien zur strategischen Ausgangslage für die Heidenmission wird – nicht Jerusalem. Was wir in diesen ersten zwölf Kapiteln deutlich sehen, ist, dass Jerusalem seine Zentralposition verliert, die es im Judentum hatte. Immer wieder kam es zu Meldungen nach Jerusalem, aber die Zentralstellung ging verloren.
Darum war es sehr wichtig, dass Paulus nicht von Jerusalem ausging, sondern von Antiochien. So wird deutlich gemacht, dass im Christentum nicht eine Stadt die Zentrale der Christenheit ist. Interessant ist, dass die Apostelgeschichte die ganze Bewegung von Jerusalem nach Rom zeigt. In der Kirchengeschichte wurde das Zentrum von Jerusalem nach Rom verlegt. Rom war der Ort, wo Paulus als Gefangener hinkam und wo er schließlich geköpft wurde. Aus diesem Ort wollte man später das Zentrum machen, aber bereits hier wird deutlich, dass Rom nicht mehr die Zentrale ist.
Schon der Herr hatte das gegenüber der samaritanischen Frau gesagt (Johannes 4). Sie fragte: „Wo muss man anbeten? Unsere Väter haben auf diesem Berg, dem Garizim, angebetet, ihr in Jerusalem.“ Der Herr antwortete, dass die Zeit komme und jetzt sei, in der die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden. Es ist nicht mehr an diesem oder jenem Ort, sondern dort, wo die wahrhaftigen Anbeter in Geist und Wahrheit anbeten. Der Vater sucht solche Anbeter. Das macht der Herr klar: Das ist vorbei. Es kommt eine ganz neue Zeit, in der es keine geografische Zentrale mehr gibt.
Darum ist dieser Wechsel von Jerusalem zu Antiochien als Ausgangslage ganz entscheidend. Antiochien war damals ein eher verachteter Ort, weil man dachte: „Antiochien, das ist gefährlich, das sind alles Jungbekehrte ohne Hintergrund.“ Gerade diesen Ort wählt Gott, damit niemand auf die Idee kommt, das sei jetzt wieder eine neue Zentrale.
Nun sehen wir, wie die Aussendung von Barnabas und Paulus geschieht. Wer hat ausgesandt? Man könnte spontan sagen, die Gemeinde in Antiochien, aber das stimmt nicht. In Vers 4 heißt es nämlich: „Sie nun ausgesandt von dem Heiligen Geist gingen hinab nach Seleucia.“ Also nicht die Gemeinde sendet aus, sondern der Heilige Geist. Das ist ganz wichtig. Die Gemeinde hat es bestätigt und ihnen die Hände aufgelegt (Vers 3). Nicht einfach so, sondern um zu zeigen, dass die ganze Gemeinde voll hinter dieser Aufgabe steht, die im Auftrag des Heiligen Geistes ausgeführt wird.
Die erste Station ist Seleucia, dann Zypern. Können wir vielleicht die erste Karte anschauen? Es wird gesagt, der Heilige Geist sprach (Vers 2): „Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus.“ Es wird nicht gesagt, wie der Heilige Geist gesprochen hat. Wir können nur mutmaßen, aber die Mutmaßung ist sehr naheliegend: In der Versammlung waren Propheten und Lehrer (Vers 1). Es ist also gut möglich, dass ein Prophet diesen klaren Befehl geäußert hat.
Die Reise ging von Antiochien nach Zypern, nach Salamis und Paphos. In Salamis wird nur kurz erwähnt, dass sie in der Synagoge predigten (Vers 5). Sie nahmen Johannes Markus mit, der beim Auftrag nicht erwähnt wurde (Vers 2), aber dennoch mitgenommen wurde.
In Paphos begegnet ihnen eine interessante Geschichte: Sie treffen auf einen Magier, einen falschen Propheten, einen Juden namens Bar-Jesus, der bei dem Prokonsul Sergius Paulus war, einem verständigen Mann. Dieser rief Barnabas und Saulus herbei und begehrte das Wort Gottes zu hören. Elimas, der Zauberer, versuchte, den Prokonsul vom Glauben abzubringen.
Saulus, der auch Paulus heißt, wurde erfüllt mit dem Heiligen Geist, blickte unverwandt auf ihn und sprach: „O, du voll aller List und aller Bosheit, Sohn des Teufels, Feind aller Gerechtigkeit, willst du nicht aufhören, die geraden Wege des Herrn zu verkehren? Siehe, die Hand des Herrn ist auf dir, und du wirst blind sein und die Sonne eine Zeit lang nicht sehen.“ Alsbald fiel Dunkel und Finsternis auf ihn, und er tappte umher und suchte solche, die ihn an der Hand leiteten.
Als der Prokonsul sah, was geschehen war, glaubte er und war erstaunt über die Lehre des Herrn. Lukas wählt hier bewusst aus: Er berichtet kurz von Salamis, aber ausführlich von dieser Geschichte zu Beginn der Missionsreise.
Ich habe unter dem Titel „Typologisch wichtige Abschnitte“ (Kapitel 13,4-12) geschrieben, dass dies eine Illustration von Römer 9-11 ist. Dort wird das Verhältnis von Israel und den Heiden in der heutigen Zeit beschrieben. Römer 9-11 erklärt, dass Israel als Nation für eine Zeit auf die Wartebank gestellt ist. Diese Zeit ist eine große Chance für die heidnischen Völker, das Evangelium anzunehmen. Israel ist zum Teil blind, aber nicht völlig. In der Zukunft wird Israel wieder sehend gemacht.
Genau diese Situation sehen wir hier: Der Jude versucht, den Heiden zu hindern, das Evangelium anzunehmen, und als Gericht kommt die Verblendung. Paulus sagt ausdrücklich: „Du wirst blind sein und die Sonne eine Zeit lang nicht sehen.“ Diese Blindheit ist zeitlich begrenzt. Als der Heide, der Prokonsul, das alles sah, glaubte er und staunte über die Lehre des Herrn.
Die Geschichte hat einen Doppelsinn: Die große Chance der Völker ist jetzt da, während Israel zum Teil blind ist, aber nur für eine gewisse Zeit.
Als Nächstes geht Paulus nach Antiochien in Pisidien, muss aber durch das schwierige Gebiet von Pamphylien hindurch. Dort heißt es, Johannes habe sich von ihnen absonderte und sei nach Jerusalem zurückgekehrt. Pamphylien war eine unwirtliche Gegend, und für Johannes Markus wurde es offenbar zu viel, sodass er aufhörte.
In Antiochien wird eine ausführliche Predigt in der Synagoge beschrieben. Zum ersten Mal hören wir eine Predigt des Apostels Paulus. Wie hat er den Juden das Evangelium gepredigt? Von 26 Versen sind 15 Anführungen aus dem Alten Testament. Unglaublich! Seine Predigt ist klar auf das Wort Gottes gegründet und die Bibel steht im Zentrum.
Die Art der Predigt ist ähnlich wie bei Stephanus: Er erzählt die Heilsgeschichte Israels, beginnend mit dem Auszug aus Ägypten, der Wüstenwanderung, der Zeit der Richter und Könige, bis hin zum Höhepunkt, dem Erscheinen des Messias. So macht er die Bedeutung des Herrn Jesus als Erlöser deutlich.
In der Synagoge herrscht zunächst großes Interesse. Man sagt, Paulus und Barnabas sollten am nächsten Sabbat nochmals predigen. Da kommt fast die ganze Stadt, um das Wort Gottes zu hören. Wir lesen in Apostelgeschichte 13,44: „Am nächsten Sabbat aber versammelte sich fast die ganze Stadt, um das Wort Gottes zu hören.“
Als die Juden die Volksmenge sahen, wurden sie von Eifersucht erfüllt und widersprachen dem, was Paulus sagte, widersprechend und lästernd. Paulus und Barnabas sprachen freimütig: „Zu euch musste notwendig das Wort Gottes zuerst geredet werden. Weil ihr es aber von euch stößt und euch selbst nicht würdig achtet des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Nationen; denn so hat es uns der Herr geboten.“
Jetzt folgt ein Zitat aus Jesaja 49,6: „Ich habe dich zum Licht der Nationen gesetzt, auf dass du zum Heil seist bis an das Ende der Erde.“ Als die aus den Nationen dies hörten, freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn, und viele glaubten, die zum ewigen Leben verordnet waren. Das Wort des Herrn wurde durch die ganze Gegend ausgebreitet.
Die Juden aber erregten die anbetenden vornehmen Frauen und die Ersten der Stadt und erweckten eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas, die man aus ihren Grenzen vertrieb. Hier sehen wir also genau das, was in Paphos geschah: Die Masse der Juden lehnt ab, die Heiden aber nehmen das Wort Gottes mit Freude an.
Die nächste Station sind Iconium, Lystra und Derbe, das Gebiet von Südgalatien. Es ist wichtig zu wissen, dass in der Apostelgeschichte vor allem Gebietsnamen als geografische Bezeichnungen verwendet werden, während Paulus in seinen Briefen meist Provinznamen benutzt. Das muss man sich merken, wenn man die Briefe von Paulus mit der Apostelgeschichte vergleicht.
Hier wird nicht von der Provinz Galatien gesprochen, sondern einfach vom Gebiet um Iconium, Lystra und Derbe. Das ist wichtig, um den Galaterbrief zu verstehen, der kurz nach dieser Missionsreise geschrieben wurde. Die Probleme, die dort beschrieben werden, betreffen die Gemeinden in Iconium, Lystra und Derbe. Dort wurden sie gesetzlich.
Nun finden wir zum ersten Mal eine Predigt, wie Paulus zu den Heiden spricht. Er heilt in Lystra einen Gelähmten, und die Leute sind so überwältigt, dass sie denken: Barnabas ist Zeus, Paulus ist Hermes (Vers 11). Die Volksmenge sagt auf Lykaonisch: „Die Götter sind den Menschen gleich geworden und zu uns herabgekommen.“ Sie nannten Barnabas Zeus und Paulus Hermes, weil er das Wort führte. Hermes war in der Mythologie der Götterbote, Ausleger und Übersetzer. Paulus predigte gewöhnlich, daher dachten sie, Paulus sei der Götterbote.
Sie wollten ihnen opfern. Als Barnabas und Paulus das hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen unter die Volksmenge und riefen: „Männer, warum tut ihr das? Auch wir sind Menschen mit gleichen Empfindungen wie ihr und verkündigen euch, dass ihr euch von diesen nichtigen Götzen bekehren sollt zu dem lebendigen Gott, der Himmel, Erde und Meer gemacht hat und alles, was darin ist.“
Sie erklärten, dass Gott in vergangenen Geschlechtern alle Nationen auf ihren eigenen Wegen gehen ließ, sich aber nicht unbezeugt ließ, indem er Gutes tat und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gab, um die Herzen mit Speise und Fröhlichkeit zu erfüllen. Das ist eine Kurzpredigt von Lukas zusammengefasst.
Was fällt auf? Sie verkündigen den Schöpfergott. In der Synagoge hatte Paulus das nicht gemacht. Dort begann er mit der Heilsgeschichte Israels. Der Schöpfergott war vorauszusetzen. Hier war der Schöpfergott nicht vorauszusetzen, also musste Paulus damit beginnen.
Das zeigt uns, wie wir das Evangelium verkündigen müssen: Wenn die Leute nicht an einen Schöpfer glauben, können wir nicht mit dem Kreuz und der Erlösung beginnen. Wer nicht glaubt, dass er vor dem Schöpfer verantwortlich ist, glaubt auch nicht, dass er ein Sünder ist. Wer nicht glaubt, dass er ein Sünder ist, glaubt nicht, dass er Vergebung braucht. Wer nicht glaubt, dass er Vergebung braucht, glaubt nicht an einen Rettergott.
Man muss also ganz vorne anfangen. Das haben sie gemacht: Sie stellten den lebendigen Gott, den Schöpfer, vor, und auch den Gott der Geschichte, der die Nationen, obwohl sie ihre eigenen Wege gingen, durch die Jahrtausende hindurch als den Gott bezeugt hat, der Regen und fruchtbare Zeiten gibt.
Es wird keine Bibelstelle zitiert, aber man könnte zu allem viele Bibelstellen an den Rand schreiben. Die Verkündigung ist immer noch bibliozentrisch, die Bibel steht im Zentrum, aber nicht so, dass Paulus direkt zitiert. Die Leute kannten die Schrift nicht, aber er brachte die biblische Botschaft so, dass sie sie verstehen konnten.
Es folgt Verfolgung, Paulus wird fast durch Steinigung getötet. Zuerst sind sie Götter, dann die Allerletzten, und sie müssen weiterziehen. Mit dieser kurzen Arbeit in diesem Gebiet entstanden bereits Gemeinden.
In Vers 20 lesen wir: „Als die Jünger ihn umringten, stand er auf nach der Steinigung, ging in die Stadt hinein, und des folgenden Tages zog er mit Barnabas aus nach Derbe.“ Dort verkündigten sie das Evangelium und machten viele zu Jüngern. Dann kehrten sie nach Lystra, Ikonium und Antiochien zurück, stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, „dass wir durch viele Trübsal in das Reich Gottes eingehen müssen.“
In jeder Versammlung wählten sie Älteste, beteten mit Fasten und befahlen sie dem Herrn, an den sie glaubten. Nachdem sie Pisidien durchzogen hatten, kamen sie nach Pamphilien. In Perge predigten sie das Wort, gingen dann hinab nach Attalia und segelten von dort zurück nach Antiochien, wo sie der Gnade Gottes befohlen worden waren zu dem Werk, das sie erfüllt hatten.
Der Kreis ist wieder geschlossen. Sie kommen nach Antiochien zurück und berichten, was der Herr auf dieser ersten Reise gewirkt hatte. Interessant ist, dass bereits Gemeinden entstanden waren. Paulus besuchte sie zweimal; erst beim zweiten Mal wurden Älteste eingesetzt.
Es waren also bereits Gemeinden, aber ohne Älteste. Das zeigt uns, man kann nicht sagen, eine Gemeinde ohne Älteste sei keine Gemeinde. Aber dann kamen Paulus und Barnabas nochmals und setzten Älteste ein. Interessant ist, dass nicht die Gemeinde die Ältesten wählte, sondern Paulus und Barnabas sie einsetzten.
Nun kommen wir zu Kapitel 15, wo es in Antiochien knallt. Etliche kamen von Judäa herab und lehrten die Brüder: „Wenn ihr nicht beschnitten seid nach der Weise Moses, könnt ihr nicht errettet werden.“ Hier wird durch eine Lehrfrage die Gemeinde durcheinandergeschüttelt.
Interessant ist, woher das Problem kommt: Nicht aus Antiochien, sondern aus der alteingesessenen Gemeinde in Jerusalem. Dort kommen die Unruhestifter her. Sie sagen: „Ihr aus den Heiden seid gar nicht richtig gerettet. Ihr müsst ins Judentum übertreten und beschnitten werden, dann seid ihr gerettet.“
So war es im Alten Testament immer: Eine Ruth trat über und wurde Jüdin, Vorfahrin des Messias. Menschen traten zum Judentum über. Die Unruhestifter sagen also, man müsse beschnitten werden, um gerettet zu sein.
Hier wird die Lehre des Heils angegriffen. Nun, was ist die Reaktion? Es gibt riesige Diskussionen, Wortwechsel und Streit. Am Ende von Vers 2 wird von einer Streitfrage gesprochen, in Vers 24 von Beunruhigung und Verstörung. Eine junge Gemeinde wird total durchgeschüttelt – katastrophal. Und die Alten aus Jerusalem sind die Verursacher.
Was macht man jetzt? Es gibt eine heftige Diskussion. Paulus und Barnabas ordnen an, dass sie mit etlichen anderen zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen sollen wegen dieser Streitfrage.
Barnabas spielt wieder eine wichtige Rolle. Die Apostel, die mit besonderer Autorität eingesetzt sind, sollen über diese wichtige Lehrfrage entscheiden. Man sagt nicht: „Das ist eure Ansicht, wir haben eine andere, so lassen wir es stehen.“ Nein, es geht um die Lehre des Heils, die geklärt werden muss.
In Jerusalem gibt es ebenfalls viel Wortwechsel (Vers 6-7). Petrus steht auf und klärt einiges, dann Barnabas und Paulus, auch Jakobus. Alle kommen zum Schluss: Nein, die Heiden müssen nicht Juden werden. Wir haben das unter dem Punkt „Lösung: Gesetz und Gnade“ behandelt.
Die Heiden müssen nicht zum Judentum übertreten und sich nicht unter das Gesetz vom Sinai stellen, das Gott beim Bund am Sinai mit Israel gegeben hat. Dieser Bund wurde nur mit Israel geschlossen, nicht mit den anderen Völkern.
Jedoch müssen sie sich der Schöpfungsordnung (1. Mose 1,2) unterstellen. Die Schöpfungsordnung sagt: Es gibt nur einen wahren Gott. Genuss von Götzenopfern und Götzendienst ist unmöglich. Hurerei geht auch nicht, denn Gott hat von Anfang an die Ehe von einem Mann und einer Frau eingesetzt. Das gilt für die ganze Welt und basiert auf der Schöpfungsordnung.
Außerdem müssen sie die Gebote des Bundes mit Noah einhalten, denn der Bund mit Noah (1. Mose 9) wurde mit allen lebenden Wesen der Erde als ewiger Bund geschlossen und gilt immer noch. Der noachitische Bund beinhaltet unter anderem, dass man kein Blut essen soll.
In der Lösung heißt es, alle diese Dinge müssen sie einhalten, aber sich nicht unter das Gesetz von Sinai stellen. Das war eine entscheidend wichtige Klarstellung.
Hier wurde deutlich gemacht, dass die Gemeinde als Leib Christi gläubige Juden und gläubige Heiden umfasst. Das ist weder etwas Jüdisches noch etwas Heidnisches, sondern etwas völlig Neues. Der Epheserbrief (Epheser 3) zeigt, dass dies ein Geheimnis war, das Gott vor der Erschaffung der Welt beschlossen hatte, aber erst mit dem Kommen des Heiligen Geistes offenbart wurde.
Die Gemeinde ist etwas Gewaltiges, von einer viel höheren Ordnung als das Judentum früher. Das vergessen heute viele. Man sieht nicht mehr, dass die Gemeinde als Geheimnis das Höchste ist, was es im Heilsratsschluss Gottes gibt.
Darum war es so wichtig zu zeigen: Nein, die Heiden dürfen nicht ins Judentum übertreten und müssen nichts vom Judentum einhalten. Nur die Schöpfungsordnung und der noachitische Bund gelten für alle Menschen. Der Bund von Sinai gilt nur für Israel.
Diese Entscheidung brachte Einheit. In Vers 22 heißt es: „Dann deuchte es den Aposteln und Ältesten samt der ganzen Versammlung gut, Männer aus sich zu erwählen und sie mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu senden.“ Die ganze Sache wurde geklärt.
Die gesunde Lehre bewirkt fünf Auswirkungen: Vers 31 – Freude und Trost, Vers 32 – Ermunterung und Stärkung, Vers 33 – Frieden. Interessant, um zu sehen, was eine Irrlehre bewirkt und was eine gesunde Lehre bewirkt.
Der Galaterbrief ist der härteste Brief im Neuen Testament. Die Galater kamen zum Glauben und wurden dann durch Irrlehre gesetzlich. Diese Irrlehre sagte ihnen, sie müssten Juden werden, sich beschneiden lassen und jüdische Feste einhalten.
Paulus schrieb den Galaterbrief in aller Eile und schreibt: „Ihr unverständlichen Galater, wer hat euch bezaubert?“ Ein Brief mit großer Härte. Er wünscht denen, die die Galater beschneiden wollten, dass sie sich kastrieren lassen – so stark drückt er sich aus.
Der Galaterbrief wurde vor dem Konzil von Jerusalem (um 48 n. Chr.) geschrieben, also am Ende der ersten Missionsreise und noch vor dem Konzil. Paulus argumentiert dort mit allen Mitteln, erwähnt aber nicht den Beschluss der Apostel in Jerusalem. Das zeigt, dass die galatischen Gemeinden aus Südgalatien waren, gesetzlich geworden sind und durch den Galaterbrief befreit wurden.
Das Thema ist: Sie sollen nicht Juden werden und kein einziges jüdisches Fest beobachten, denn das Christentum ist nicht jüdisch, nicht heidnisch, sondern etwas völlig Neues. Heute gibt es Tendenzen, diese Dinge wieder zu vermischen. Darum haben wir aus der Apostelgeschichte viel zu lernen.
Jetzt sind wir am Ende der ersten Reise. Kapitel 15, Vers 35: Paulus und Barnabas verweilten in Antiochien und lehrten, verkündigten das Wort des Herrn mit vielen anderen. Es gab kein Einmannsystem, nicht einmal mit Paulus. Es musste ein freier Dienst da sein.
Nach einigen Tagen sprach Paulus zu Barnabas: „Lass uns zurückkehren und die Brüder besuchen in jeder Stadt, in der wir das Wort des Herrn verkündet haben, und sehen, wie es ihnen geht.“ Barnabas wollte Johannes Markus mitnehmen, Paulus sagte jedoch: „Nein, auf keinen Fall. Von uns weggegangenen Pamphilien hat er nicht durchgehalten, der soll nicht mitkommen.“
Es entstand eine Erbitterung, so dass sie sich trennten. Barnabas nahm Markus mit nach Zypern, Paulus wählte Silas und zog aus, von den Brüdern der Gnade Gottes befohlen. Er durchzog Syrien und Silizien und befestigte die Versammlungen.
Hier sehen wir, wie es zu einer Erbitterung kam, und nicht einmal Barnabas wusste eine Lösung. Das zeigt, dass selbst die besten und idealsten Menschen nicht immer wissen, wie zwischenmenschliche Probleme zu lösen sind. Beide hatten gute Argumente. Paulus wollte Markus nicht, weil er ihn als unzuverlässig ansah. Barnabas wollte Markus eine zweite Chance geben.
Wer hatte Recht? Die Bibel mischt sich nicht ein. Die beiden trennten sich einfach. Es gab keine Gemeindezucht, keine weitere Intervention. Das zeigt uns, dass bei Lehrfragen klare Klärung notwendig ist, aber bei zwischenmenschlichen Meinungsverschiedenheiten, bei denen man in gutem Glauben verschiedener Meinung sein kann, man das stehen lassen kann.
Sechs Jahre später, im ersten Korintherbrief (54 n. Chr.), erwähnt Paulus Barnabas in Kapitel 9 in Hochachtung und stellt ihn auf seine Stufe. Das zeigt, dass sich manche Dinge mit der Zeit klären.
Was Markus betrifft: In seinem letzten Brief vor seinem Martyrium in Rom schreibt Paulus im Jahr 67 (2. Timotheus 4): „Nimm Markus mit, denn er ist mir nützlich zum Dienst.“ Jahre später wird Markus ein begehrter Mitarbeiter von Paulus. Das ist sehr interessant und zeigt, dass auch ein Barnabas seine Grenzen hatte.
Lukas erzählt nun nicht mehr von Barnabas’ Reise, sondern wie Paulus weiterging. Anstatt Markus nahm er Silas mit. Auf der zweiten Reise gingen sie nach Zilizien, wieder in das Gebiet von Derbe, Lystra und Ikonium. Diese Gemeinden wurden nochmals besucht und gestärkt.
Dort trifft Paulus Timotheus, einen Jünger, Sohn einer jüdischen gläubigen Frau und eines griechischen Vaters, der ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonium hatte. Paulus wollte, dass Timotheus mit ihm ausgeht, und ließ ihn um der Juden willen beschneiden, die in jenen Orten waren, denn sie kannten seinen Vater als Griechen.
Das ist bemerkenswert: Paulus, der den Galaterbrief geschrieben und die Beschneidung als nicht notwendig erklärt hatte, beschneidet hier Timotheus. Was ist geschehen? Seine Mutter war Jüdin, und nach rabbinischer Auffassung war Timotheus Volljude. Er war ein Jude, der nicht beschnitten war, wegen seines griechischen Vaters.
Paulus beschneidet ihn um der Juden willen, um den Juden näherzukommen (1. Korinther 9). Es ging nicht darum, dass die Beschneidung Rettung bringt, sondern um Anpassung, damit er so viele wie möglich gewinnt. Nie hätte Paulus einen Nichtjuden beschnitten.
Wir werden später sehen, dass Paulus, als er nach Jerusalem kam, sogar bereit war, Opfer zu zahlen. Er blieb seiner Freiheit treu, aber passte sich an, um den Juden näherzukommen.
In Vers 4 heißt es, dass sie den Gemeinden die Beschlüsse mitteilten, die von Aposteln und Ältesten in Jerusalem festgesetzt wurden. Diese vier Punkte aus Kapitel 15,29 sind:
Keine größere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Stücke: Enthaltung von Götzenopfern, Blut und Ersticktem.
Wenn ein Tier erstickt in der Falle, kann man das Blut nicht mehr abfließen lassen. Darum ersticktes Fleisch und Hurerei sind zu meiden.
Wenn man sich davor bewahrt, wird man Wohltun. Diese Dinge gehörten zum noachitischen Bund, einem Gehorsamstest.
Ich wurde in der Pause gefragt, wie das mit Schächtern und so ist. Es geht darum, beim Schlachten soll das Blut abgelassen werden. Das Blut darf nicht als Genussmittel verwendet werden. Auch wenn man schächtet oder wässert, kann man das Blut nicht komplett entfernen. Es geht prinzipiell darum, dass Blut abgelassen wird. Das Fleisch darf gegessen werden, aber Reste von Blut sind normal.
Das wird hier mitgeteilt, weil es zum noachitischen Bund gehört. Im Garten Eden sagte Gott: „Von allen Bäumen dürft ihr essen, außer vom Baum der Erkenntnis.“ Nach der Sintflut kam Fleisch auf die Speisekarte bei Noah, aber ohne das Blut. Das ist ein Gehorsamstest.
Das Blut sollte das Mittel zur Erlösung werden, und darum sollte es nicht zum alltäglichen Genussmittel werden, aus Respekt vor der Bedeutung des Blutes, das Erlösung bringt.
Paulus ist also nicht umgefallen, sondern wusste genau, wo die Grenzen sind, wo er sich anpassen darf und wo nicht. Das wissen wir heute oft nicht. Die damaligen Christen mussten Entscheidungen treffen, was geht und was nicht.
Die Reise geht weiter durch Phrygien und dann in die galatische Landschaft, diesmal Nordgalatien. Dort wird es unklar, wohin sie weitergehen sollen. Schließlich kommen sie nach Troas, eine entscheidende Station nahe Europa.
Dort hat Paulus einen Traum in der Nacht: Ein mazedonischer Mann bittet ihn: „Komm herüber und hilf uns.“ Offenbar erkannte Paulus ihn an Kleidung oder Akzent. Vers 10: „Als er das Gesicht gesehen hatte, suchten wir alsbald nach Mazedonien abzureisen, indem wir schlossen, dass der Herr uns gerufen habe, ihnen das Evangelium zu verkündigen.“
Paulus hat das mit den Mitarbeitern, inklusive Lukas, besprochen. Sie kamen zum Schluss, dass der Traum eine klare Weichenstellung bedeutete. Die Reise geht jetzt nach Europa.
Sie kommen nach Philippi, eine Stadt mit einem hohen Anteil an hochgestellten Leuten. Dort entsteht eine Gemeinde. Lukas bleibt, um die Arbeit weiterzuführen, wechselt aber diskret von „wir“ zu „sie“.
Wir können nicht auf alle Details eingehen, sonst werden wir nicht fertig. In Thessalonich, Kapitel 17, Vers 2, geht Paulus an drei Sabbaten in die Synagoge und spricht mit ihnen aus den Schriften. Er eröffnet und legt dar, dass der Christus leiden und aus den Toten auferstehen musste und dass dieser Jesus, den er verkündigt, der Christus ist.
In Thessalonich sind wir also in Europa angekommen. Die erste in der Bibel erwähnte gläubige Europäerin war Lydia, eine Frau, die besonders herausgestellt wird.
Die Reise geht weiter nach Thessalonich, einer Hafenstadt am Meer. Paulus spricht in der Synagoge mit den Juden. Er legt zunächst theoretisch dar, dass der Messias leiden und auferstehen musste. Dann erklärt er, dass Jesus der Messias ist, der gestorben und auferstanden ist.
Man kann das in zwei Phasen sehen: Erst theoretisch über den Messias, dann die Verkündigung, dass Jesus dieser Messias ist. Ich habe das selbst als Teenager erlebt, als ich mit einem orthodoxen Juden über den Messias sprach. Man spricht zuerst über den Messias, dann über Jesus als den Messias. So hat Paulus taktvoll das Evangelium verkündigt und Menschen gewonnen.
Doch es gab wieder Verfolgung, und Paulus musste schnell weiterziehen nach Beröa. Paulus war im schlechtesten Fall etwa zwei Wochen, im besten Fall gegen vier Wochen in Thessalonich. In dieser Zeit entstand eine Gemeinde.
Kurz darauf schrieb Paulus den ersten Thessalonicherbrief an die Gemeinde. Unglaublich: Die Menschen kamen aus Heidentum und Judentum zum Glauben, und innerhalb von Wochen war alles organisiert. In jedem Kapitel spricht Paulus über die Wiederkunft Christi.
Im zweiten Brief behandelt er Themen wie den Antichristen und andere prophetische Themen. In 1. Thessalonicher 1 heißt es: „Ihr seid zum Vorbild geworden für viele andere Gläubige, indem euer Glaube in der ganzen Welt ausgebreitet wird.“
Wir haben das geschafft: Thessalonich hat das Evangelium in kürzester Zeit in der ganzen Welt verbreitet. Vor ein paar Wochen war ich mit meinem ältesten Sohn in Kroatien für einen Missionsansatz und wir besuchten Thessalonich. Ich zeigte ihm den Hafen, wo Schiffsmannsevangelisation stattfand. Sie gingen zum Hafen, evangelisierten Matrosen, die dann in alle Welt fuhren und das Evangelium weitergaben. So breitete sich der Glaube in der ganzen Welt aus.
Paulus kam nach Beröa, wo die Juden edler waren als in Thessalonich. Sie nahmen das Wort mit Bereitwilligkeit auf und untersuchten täglich die Schriften, ob das so sei. Das nennt die Bibel edel. Wir sollten nicht ständig widersprechen oder blind zustimmen, sondern die Bibel selbst prüfen.
Paulus ging weiter nach Athen, zunächst allein. Silas und Timotheus hatten einen anderen Auftrag und sollten später nachkommen. Was macht ein Missionar in einer Weltstadt wie Athen, wenn er allein ist und warten muss? Er macht einen Stadtrundgang.
Paulus war innerlich sehr bewegt, denn die Stadt war voller Götzenbilder. Schon in der Antike hieß es, es sei einfacher, in Athen einem Gott als einem Menschen zu begegnen.
Paulus begann in der Synagoge mit Juden und Anbetern zu sprechen, das sind Heiden, die dem Judentum nahegekommen waren. Dann ging er auf den Marktplatz und sprach mit epikureischen und stoischen Philosophen. Einige nannten ihn einen Schwätzer, andere meinten, er sei ein Verkünder fremder Götter.
Sie dachten, Paulus bringe Götter nach Athen, weil er das Evangelium von Jesus unter Auferstehung verkündigte. Sie hielten Jesus für einen Gott und die Auferstehung für eine Göttin. Das macht die Evangeliumsverkündigung schwierig, wenn Leute nichts von der Bibel wissen.
Vor Jahrhunderten wurde Sokrates am Areopag durch den Giftbecher hingerichtet mit dem Vorwurf, er bringe fremde Götter nach Athen. Nun geschieht dasselbe mit Paulus.
Paulus wird vor den Areopag gebracht, das Religionsministerium will wissen, was das für eine neue Lehre ist. Die Athener waren sehr neugierig und wollten immer etwas Neues hören. Paulus beginnt seine Rede:
„Ihr seid wirklich sehr religiös.“ Das griechische Wort für religiös kann positiv oder negativ gemeint sein. Paulus sagt: „Ich habe in eurer Stadt einen Altar gesehen, dem unbekannten Gott gewidmet.“ Er kannte die Geschichte: Jahrhunderte zuvor gab es Pesten in Athen, man opferte allen Göttern, nichts half. Der Areopag ließ Epimenides von Kreta holen, der empfahl, einem unbekannten Gott zu opfern. Daraufhin wurde dieser Altar errichtet und die Pest verschwand.
Paulus sagt: „Ihr habt einen Altar mit der Aufschrift ‚dem unbekannten Gott‘, den ihr nun ohne ihn zu kennen verehrt. Diesen verkündige ich euch.“ Er bringt also nicht fremde Götter nach Athen, sondern verkündigt den Gott, der dort schon seit Jahrhunderten angebetet wird.
Er erklärt, dass dieser Gott der Schöpfer ist. Wieder Heidenmission: Zuerst den Schöpfergott verkündigen, dann über die Auferstehung Christi und das letzte Gericht sprechen. Er verkündigt Schöpfer, Erlöser und Richter.
Er hält die Rede so logisch, dass er nicht unterbrochen wird, bis er von der Auferstehung spricht. Das war für die Griechen unlogisch. Vers 32: „Als sie von der Totenauferstehung hörten, spotteten einige, andere sagten: ‚Wir wollen dich darüber auch nochmals hören.‘“
Für griechisches Denken war die Totenauferstehung die größte Torheit. Der Geist war das Höchste, Materie das Nichts. Paulus hat die Auferstehung bis zum Schluss aufgespart. Wir lernen, wie liebevoll und taktvoll Paulus das Evangelium bringt.
Drei Gruppen gab es: Die einen spotteten, die anderen waren interessiert, wieder andere bekehrten sich. Diese drei Gruppen gibt es auch heute. Wir müssen uns besonders um die Interessierten und die Bekehrten kümmern.
Dann geht es weiter nach Korinth. Dort ist ein ganz anderes Bild: Etwa 60 Prozent Sklaven, eine Stadt, in der die Unterschicht dominiert. Dort gab es das Verb „korinthisch leben“, das heißt, in Unmoral leben. Tausend Tempelprostituierte gab es dort. Eine schreckliche Stadt.
Paulus kam nach Korinth und fand einen Juden namens Aquila aus Pontus, der kürzlich aus Italien gekommen war, und seine Frau Priscilla. Claudius hatte befohlen, alle Juden aus Rom zu vertreiben, weil es Unruhe gab, ausgelöst durch bekehrte Juden und Widerstand. Aquila kam als Asylant nach Korinth.
Paulus hatte das gleiche Handwerk wie Aquila und arbeitete mit ihnen als Zeltmacher. So konnte Paulus Teilzeitarbeit machen, um nicht von Unterstützung zu leben. Er konnte so ein Sprungbrett für die Gemeindegründung nutzen.
Es gab viel Widerstand, aber der Herr erschien Paulus in der Nacht im Gesicht und sprach: „Fürchte dich nicht, rede und schweige nicht, denn ich bin mit dir, und niemand wird dich angreifen, denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“
Paulus hielt sich ein Jahr und sechs Monate in Korinth auf und lehrte das Wort Gottes. Ausgerechnet in Korinth konnte Paulus arbeiten und leben, ohne von anderen abhängig zu sein.
Die Gemeinde in Korinth war sehr schwierig. Die beiden Korintherbriefe zeigen, wie chaotisch es dort zuging. Ein so sauberer Mann wie Paulus hätte gesagt, man sollte keine Gemeinde in Korinth gründen, aber Gott sagte ihm, dass dort ein großes Volk ist.
Paulus musste mit den Problemen fertigwerden, nicht ausweichen. Schwierige Menschen kommen zum Glauben und müssen weitergeführt werden.
Die Korinther warfen Paulus vor, es gehe ihm ums Geld. Er verteidigte sich in 2. Korinther 9 und zeigte, dass er nichts von ihnen angenommen hatte. Die Teilzeitarbeit hatte er bekommen, bevor die Geldprobleme begannen.
Es gab Streit, der vor Gallion, dem Prokonsul von Achaia, verhandelt wurde (Vers 12). Eine Inschrift in Delphi nennt Gallion, was hilft, die Chronologie des Lebens Paulus’ zu datieren: etwa Juni 51 bis Juni 52.
Das ist ein wichtiger Pfeiler, um die Chronologie von Paulus’ Leben mit der weltlichen Geschichte abzugleichen.
Paulus machte in Korinth Schluss und ging weiter. Er band die Leute in den Gemeinden nie an sich, sondern baute sie auf und ging dann. Die Gemeinden mussten selbst weiterarbeiten. Das ist eine wichtige Lektion für die Mission, etwa in Afrika: Weiße Missionare sollten nicht alles an sich binden, sondern die Gläubigen in die Verantwortung nehmen.
Die zweite Reise endet in Antiochien (Vers 22). Die dritte Reise beginnt in Vers 23. Paulus geht von Antiochien aus und besucht alte Gemeinden, um sie zu befestigen. Schließlich kommt er nach Ephesus.
Dort bleibt Paulus zwei Jahre (Vers 19). Er begann bei den Juden zu missionieren, bis es zu einem Bruch kam. Er sammelte die Gläubigen in einer Gemeinde. Als einige sich verhärteten und nicht glaubten, redeten sie vor der Menge übel vom Weg. Paulus trennte sich von ihnen und sonderte die Jünger ab, indem er sich täglich in der Schule des Tyrannus unterredete.
Das geschah zwei Jahre lang. In der Schule des Tyrannus hatte er ein Schulgebäude zur Verfügung, in dem er vermutlich in den Pausen Unterricht gab. So geschah systematischer Bibelunterricht.
Die Konsequenz: Alle in der Provinz Asien, Juden und Griechen, hörten das Wort des Herrn. Die Provinz Asien ist etwa so groß wie die Schweiz. Innerhalb von zwei Jahren hörten alle dort das Evangelium.
Das zeigt, dass Bibelunterricht nicht im Gegensatz zum Hinausgehen steht, sondern Motivation dafür ist.
Das Werk Gottes war mächtig, nicht nur in Ephesus, sondern in der ganzen Provinz Asien.
Das hatte Auswirkungen auf die Wirtschaft Ephesus’: Die Götzentempelverkäufer litten, es gab Alarm. Paulus war aber kein Bilderstürmer. Ein hoher Politiker in Ephesus sagte, diese Leute seien keine Tempelräuber.
Wir können viel lernen: Wir müssen nicht die Götzenbilder zerstören, sondern das Evangelium verkündigen. Wenn die Leute das Evangelium annehmen, lassen sie den Götzendienst fallen.
Es ist wie bei einem Hund: Wenn man ihm den Knochen wegnimmt, beißt er. Man muss ihm ein Steak hinlegen, dann kann man den Knochen nehmen. So müssen wir evangelisieren: Das Positive des Evangeliums bringen, dann lassen sie den „Knochen“ fallen.
Nach dem Tumult in Ephesus geht die Reise weiter nach Troas. Dort beginnt wieder ein „Wir“-Abschnitt. Lukas kommt mit dazu.
Ein schönes Erlebnis: Paulus predigt bis Mitternacht, ein junger Mann schläft ein und fällt aus dem Fenster. Der junge Mann war im Spannungsfeld zwischen Gemeinde und Welt, genau an der Grenze.
Wenn junge Leute „rausfallen“, machen wir kein Theater, sondern Paulus geht hinunter, nimmt ihn auf, macht keinen Lärm, und die Gemeinde wird getröstet, weil der junge Mann wieder lebt.
Paulus predigte bis zum Morgengrauen, dann ging er zu Fuß weiter – eine unglaubliche Kondition. Paulus hatte eine starke Konstitution, die ihm half, die Arbeit zu tun.
Sein Vater hatte ihm das Zeltmacherhandwerk beigebracht, das später in Korinth wichtig war. Alles war wunderbar von Anfang an geführt.
Paulus kommt nach Milet und ruft die Ältesten von Ephesus zu sich. Er hält eine ergreifende Abschiedsrede und warnt sie vor großen Problemen in der Gemeinde. Jünger werden aufstehen, verkehrte Dinge lehren, und verderbliche Wölfe werden eindringen.
Es ist erstaunlich: Nach zwei Jahren großem Werk in Asien muss Paulus sagen, es wird nicht einfacher, sondern schwieriger.
Die Geschichte der Gemeinde geht immer durch Spannungen hindurch. Man muss sich den Spannungen stellen, nicht davonlaufen.
Paulus geht weiter und kommt nach Jerusalem. Dort sagen die Brüder zu Jakobus, dem Bruder des Herrn: „Paulus, überall sagt man, du seist ein Verführer. Du redest gegen den Tempel und die Beschneidung.“ Das Problem ist wieder da.
Sie sagen, die Nichtjuden dürfen sich nicht beschneiden lassen, und behaupten, Paulus bringe die Juden dazu, vom Judentum abzufallen. Das ist eine Verleumdung.
Sie sagen: „Wir haben hier fünf Brüder, die haben einen Gelübde. Du kannst den Leuten zeigen, dass das alles Lüge ist, indem du die Kosten für diese Opfer übernimmst.“
Paulus reinigt sich mit dem Opfer der roten jungen Kuh (Siebenteilige Reinigung). Währenddessen kommen Juden aus Asien in den Tempel, sehen Paulus mit einem Griechen und stürzen sich auf ihn, wollen ihn töten. Es war alles Lug und Trug.
In letzter Sekunde wird Paulus von römischen Soldaten aus der Burg Antonia gerettet. Die Burg Antonia liegt neben der Säulenhalle Salomos, wo sich die Christen am Anfang versammelten.
Auf der Treppe fragt Paulus den Offizier: „Darf ich etwas sagen?“ Als er Griechisch spricht, erkennt man, dass er kein Verführer ist. Er hat sogar römisches Bürgerrecht. So verhandelt er.
Paulus hält dann in Apostelgeschichte 22 vor der Menge eine Rede über seine Bekehrung auf Hebräisch. Alle hören ruhig zu. Am Schluss sagt er, der Herr habe ihm gesagt, dass man in Jerusalem nicht auf ihn hören werde, aber er werde zu den Heiden gesandt.
Die Menge will ihn töten. Paulus wird von den Römern in die Burg gebracht. Später wird er vor das Synedrium gebracht, wo er vor dem Hohenpriester Ananias spricht, bekannt als korrupt.
Paulus erkennt, dass das Synedrium aus Sadduzäern (die nicht an Auferstehung glauben) und Pharisäern (die an Auferstehung glauben) besteht. Er sagt, er werde verfolgt, weil er an die Auferstehung glaubt.
Es entsteht ein Zwiespalt und Tumult. Die Römer bringen Paulus zurück in die Burg.
Aus Sicherheitsgründen wird Paulus nach Caesarea transportiert. Dort ist der Sitz der Römer in Israel. Paulus sitzt im Gefängnis, spricht mit Felix, dem Landpfleger, und später mit Festus, der wenig vom Evangelium versteht.
Dann kommt König Agrippa II. mit seiner Schwester Bernice zu Besuch. Festus freut sich, dass Agrippa, der Jude ist, über Paulus Gericht halten kann.
In Apostelgeschichte 26 hält Paulus vor Agrippa eine Rede über seine Bekehrung und überzeugt, dass Christen nicht staatsgefährdend sind.
Später, bei der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr., flohen die jüdischen Christen rechtzeitig in die Berge und wurden von Agrippa II. als friedliebende Bürger aufgenommen. So starb kein jüdischer Christ bei der Zerstörung.
Agrippa kontert ironisch: „In kurzem überzeugst du mich, Christ zu werden.“ Das war bittere Ironie.
Die Rede in Apostelgeschichte 26 hatte große Folgen für die Rettung der Christen.
Agrippa und Festus erkennen, dass Paulus kein Verbrecher ist. Paulus beruft sich auf den Kaiser und muss nach Rom.
Das führt uns zu Apostelgeschichte 27 zur Romreise. Es ist die ausführlichste Beschreibung einer antiken Schifffahrt, mit vielen Details und technischen Ausdrücken.
Man fragt sich, warum. Ich habe angedeutet, dass die Schiffsreise symbolisch die weitere Entwicklung der Kirchengeschichte bis zur Entrückung darstellt.
Am Ende der Apostelgeschichte wird die ganze Reise symbolisch dargestellt, Epoche für Epoche, wie die Kirchengeschichte verlaufen ist – dramatisch.
Man sieht den Katholizismus, die Herrschaft der Kirche, wo die Sterne nicht mehr sichtbar sind, alles dunkel, niemand isst mehr, das Wort Gottes wird dem Volk vorenthalten. Dann die Reformationsperiode usw. – wunderbar dargestellt.
Das nur als Behauptung angedeutet.
Deutlich wird: Die Geschichte der Gemeinde sollte keine Vergnügungsfahrt sein. Es ist eine Sturmreise.
Doch alle auf dem Schiff kommen ans Ziel, auf die Insel Melite. Das Schiff wird am Schluss zerschlagen, aber alle kommen an.
So ist es. Wir müssen uns keine Illusion machen, es wird nicht immer besser. Es ist eine Sturmreise, die ans Ziel kommt. Das ist die wunderbare Verheißung.
In Kapitel 28 sehen wir, wie Paulus nach langer Zeit über Sizilien, Syrakus und Italien schließlich nach Rom kommt.
In Vers 15 heißt es: „Und von dort, also von Rom, kamen die Brüder, als sie von uns gehört hatten, uns bis Appii Forum und Drei Tabernäen entgegen. Als Paulus sie sah, dankte er Gott und fasste Mut.“
Die schnellsten waren 69 Kilometer gekommen, die langsameren 59 Kilometer. Sie eilten Paulus entgegen, obwohl sie ihn nie gesehen hatten. Paulus hatte im Römerbrief vor Jahren geschrieben, dass er den Wunsch habe, einmal nach Rom zu kommen. Er hatte sich nicht vorgestellt, dass es so gehen würde.
Als Paulus die Brüder sah, dankte er Gott und fasste Mut. Er war innerlich am Boden, kein Supermensch. Die Begegnung mit den Brüdern aus Rom gab ihm Mut.
Paulus kam nach Rom und musste dort zwei volle Jahre warten. Die Verkläger aus Caesarea und Jerusalem kamen offenbar nicht, sodass er frei wurde und umherreiste.
Der 2. Timotheusbrief fällt in diese Zeit. Dort schreibt Paulus: „Dies wisse aber, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten sein werden.“ Er gibt Anweisungen, wie Christen in den letzten Tagen sich verhalten sollen, um zu bestehen.
Die Geschichte ist keine idealisierte Erzählung, sondern eine Geschichte voller Stürme, in der wir die Gnade Gottes, das Wirken und die Macht des Wortes Gottes erleben dürfen, mit der Gewissheit, dass der Herr bald kommt, die Entrückung geschieht und die Kirchengeschichte ihr Ende findet.
Verzeihung, ich habe überzogen. Zum Schluss können wir vielleicht noch kurz beten.
Wer wegen Entzug und so gehen muss, soll ganz frei sein. Das stört uns nicht, wenn jemand hinausgeht.