Wir fahren jetzt weiter, noch kurz mit den Apokryphen des Neuen Testaments. Wir haben also die Kriterien gesehen, um ein Buch des Neuen Testaments anzunehmen. Nun ist wichtig: All diese Apostel und Propheten, die von den Aposteln anerkannt waren, lebten im ersten Jahrhundert nach Christus.
Dabei ist nun interessant, dass der Apostel Paulus das Lukasevangelium als Heilige Schrift zitiert, und zwar in 1. Timotheus 5,18. Dort zitiert Paulus, um einen bestimmten Gedanken zu beweisen: „Denn die Schrift sagt“ – und „Schrift“ ist der typisch jüdische Ausdruck für die Heilige Schrift, die kanonische Schrift. Er zitierte aus der Tora: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“ Das ist ein Zitat aus 5. Mose 25,4.
Und weiter: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“ – das ist im Grundtext wörtlich Lukas 10,7. Das heißt, der Apostel Paulus betrachtet das Lukasevangelium auf der gleichen Ebene wie die Tora, das Gesetz Mose.
Weiter erwähnt der Apostel Petrus in 2. Petrus 3 die Briefe des Apostels Paulus. Er zählt sie dort in 2. Petrus 3,15-16 zu den Heiligen Schriften, denn er sagt, diese Briefe würden von Unwissenden verdreht, „wie auch die übrigen Schriften“.
Also haben wir dreizehn Briefe, und es gibt gute Argumente, dass Petrus hier sogar direkt in Vers 15 auf den Hebräerbrief anspielt. Denn was er da sagt über einen Brief, den sie bekommen haben, passt nur auf den Hebräerbrief als Rundschreiben an Juden und auch inhaltlich. Er sagt: „Wie unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, nämlich dass man die Langmut des Herrn für Errettung achten sollte.“
Petrus schrieb an Juden ein Rundschreiben, und im Hebräerbrief haben wir ein Rundschreiben an Juden, wo es immer wieder heißt: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“ „Achtet die Langmut des Herrn für Errettung, wie unser Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit geschrieben hat.“
Dann sagt er, auch alle Briefe seien schwierig von Paulus, und diese würden verdreht, „wie auch die übrigen Schriften“.
Also haben wir bereits neutestamentlich hier 14 Paulusbriefe bestätigt, plus das Lukasevangelium – es gibt schon 15. Wir haben nur 27 Bücher im Neuen Testament, und dann überhaupt Schriften von Matthäus, Johannes, das ist sowieso kein Problem.
Der Kanon wurde nicht erst um 400 nach Christus erkannt, denn das wird uns manchmal von Bibelkritikern erzählt: Ja, da hat es ein Konzil in Nordafrika gegeben, und da wurde beschlossen, welche Bücher dazugehören. Tatsache ist, man hat diese Bücher bereits im ersten Jahrhundert anerkannt.
Im Lauf der Zeit gab es verschiedene Zweifel an einzelnen Büchern, etwa ob ein Brief wirklich von Paulus stamme oder ob die Petrus-Apokalypse echt sei. Doch im Lauf der Zeit konnte man beweisen: Die Petrus-Apokalypse ist ein Betrug, das Thomas-Evangelium ist ein Betrug, sie stammen eben nicht vom richtigen Apostel.
Heute rückblickend können wir sagen: Die alte Kirche hat alle gefälschten Bücher abgelehnt und hat kein Buch anerkannt, das nicht wirklich echt wäre. Die Kritiker können uns keine historischen Argumente liefern, um zu zeigen, dass ein Buch im Neuen Testament eine Fälschung aus späterer Zeit ist. Das ist schon eindrücklich, wie genau die alte Kirche aufgepasst hat.
So wurde der Kanon schon im ersten Jahrhundert erkannt und anerkannt – er wurde nicht gebildet. Das ist etwas ganz anderes; er musste nur erkannt werden. Es gab Schwierigkeiten im Laufe der Zeit, man hatte auch nicht so viele Kommunikationsmittel wie heute, aber man kann wirklich sagen: Um 400 war in der ganzen Welt klar, welche Bücher dazugehören und welche nicht. Die allgemeine Übereinstimmung war erreicht.
Noch etwas zum Konzil von Hippo: Das war nur ein lokales Konzil, und dort wurde nicht beschlossen, sondern es wurde ein Bekenntnis abgelegt zu diesen 27 Büchern. Es gibt sogenannte ökumenische Konzile – „ökumenisch“ heißt den ganzen Erdkreis umfassend – wie das Konzil von Nicäa, das Konzil von Konstantinopel, das Konzil von Ephesus.
Diese sind ganz wichtig, weil dort das Bekenntnis zur Gottheit des Sohnes Gottes (Nicäa), zur Gottheit des Heiligen Geistes (Konstantinopel) und zur Menschheit und Gottheit Christi in einer Person (Ephesus) abgelegt wurde. Diese ökumenischen, allumfassenden Konzile legten Grundwahrheiten als Bekenntnis fest.
Wichtig: Die Reformatoren haben diese Konzile alle anerkannt – allerdings mit Vorbehalten. Sie haben erklärt, warum sie diese anerkennen: Nicht, weil es ein Konzil war, sondern weil sie das bekannt haben, was in der Bibel steht. Das ist der Unterschied. Sie haben also diese alten Konzilsbekenntnisse anerkannt, weil sie biblische Wahrheiten über Grundwahrheiten verkündeten.
Nun die Pointe, auf die ich hinaus will: In den ökumenischen Konzilen ging es nie um den Kanon. Es war so klar, dass man nie ein offizielles, allumfassendes Bekenntnis zum Kanon brauchte. Es war nicht nötig. Das Konzil von Hippo war ein lokales Konzil, wo dieses Bekenntnis abgelegt wurde.
So klar war das also. Übrigens gibt es keine Kirche, die neutestamentliche Apokryphen, also gefälschte Bücher aus dem zweiten oder späteren Jahrhundert, anerkennen würde. Neutestamentliche Apokryphen sind gar kein Problem.
Diskutieren können wir also nur in den katholischen Bibeln, und da haben wir jetzt die Antworten. Da können wir sagen: Die katholische Kirche ist doch ein bisschen zu spät gekommen, ja? Zweitausend Jahre später wollen sie plötzlich aus Büchern Gottes Wort eindeutig machen.
Jetzt gehen wir zur Bibelauslegung. Wenn wir gesehen haben, dass die Bibel Gottes Wort ist und bis in unsere Zeit wunderbar überliefert wurde, was nützt uns das, wenn wir die Bibel gar nicht verstehen, wenn wir sie lesen?
Nun, es braucht zum Lesen einige Voraussetzungen. Erstens: die Bereitschaft, Gottes Willen zu tun. Der Herr Jesus sagt in Johannes 7,16-17: „Meine Lehre ist nicht meine, sondern dessen, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen Willen tun will, wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede.“
Wie kann ich die Überzeugung bekommen, dass die Bibel hundert Prozent Gottes Wort ist? Ich habe erklärt, welche Argumente man bringen kann, aber das kann dazu führen, dass jemand das toll findet und trotzdem diese Überzeugung nicht hat – und auch nicht für die ganze Heilige Schrift.
Was kann man da machen? Es gibt die Verheißung: Wenn jemand bereit ist, wirklich Gottes Willen zu tun, die Bibel auf sein Leben anzuwenden, auch dort, wo es einem nicht passt, dann wirkt Gott von seiner Seite durch seinen Geist ein Zeugnis in unserem Herzen.
Das ist eine ganz wichtige Sache. Die Reformatoren, Calvin zum Beispiel, haben das genannt das Testimonium Spiritus Sancti Internum – das innere Zeugnis des Heiligen Geistes. Er schreibt sehr schön darüber in seiner Institutio.
Übrigens: In der Institutio sind nur ein paar Seiten, die man streichen könnte – das ist das mit der doppelten Prädestination, es ist nur ein kleiner Teil. Der Rest ist ein Genuss zu lesen. Calvin erklärt sehr schön, wie der Heilige Geist diese innere Gewissheit gibt, und das hängt davon ab, ob wir Gottes Willen tun wollen oder nicht.
Ich habe weitere Stellen angefügt: 1. Johannes 2,27; 3,24; 5,10; dort findet man auch, wie der Heilige Geist im Herzen Gewissheit über die Wahrheit wirkt. Das können wir nicht selbst machen. Dazu braucht es wirklich, dass der Mensch sich unter Gottes Willen beugt.
Zweitens: Gottesfurcht. Salomo schreibt in Sprüche 1,7: „Die Furcht des Herrn ist der Erkenntnis Anfang, die Narren verachten Weisheit und Unterweisung.“ Der Ausgangspunkt für wahre Erkenntnis ist Gottesfurcht – also die Ehrfurcht vor der Größe und Majestät Gottes.
Das brauchen wir. Wir merken, das ist gerade etwas, was unter evangelikalen Christen heute immer mehr zu kurz kommt. Diese innere, tiefe Ehrfurcht vor Gott wird auch verkürzt in der Verkündigung, und das brauchen wir.
Das ist der Ausgangspunkt, damit wir richtig an die Bibel herangehen können. Und wenn wir dann auf Schwierigkeiten stoßen, was machen wir? Wir wissen, dass Gott der allweise Gott ist und dass er auch weiß, wie man diese Zahlen zusammenbringt und noch vieles andere.
Das bringt uns zur Ehrfurcht vor dem Bibeltext, und die braucht es. Die Bibel als Roman können wir Gott vergessen, ist herausgekommen so? Nein, das ist reiner Unsinn. Die Bibel ist Gottes Wort und verlangt Gottesfurcht von ihren Lesern.
Drittens: Neugeburt. Aus Epheser 1,13-14 lernen wir, dass der Mensch durch den Glauben an das Evangelium versiegelt wird mit dem Heiligen Geist. Durch die Bekehrung geschieht die Wiedergeburt und die Versiegelung mit dem Heiligen Geist.
1. Korinther 2,14 sagt: „Der natürliche Mensch nimmt aber nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ Paulus erklärt im Gegensatz dazu, dass der geistliche Mensch erkennen kann.
Wir brauchen also die Versiegelung durch den Heiligen Geist, und das ist nur möglich durch Bekehrung und Wiedergeburt. Dieser Geist wirkt dann in uns, entsprechend dem Beispiel in Lukas 24,32: „Die beiden Jünger, die mit dem Herrn gegangen sind, sprachen zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg zu uns redete und als er uns die Schriften öffnete?“
Der Herr hat den Jüngern die Schrift geöffnet. Der Herr ist weggegangen, und der Heilige Geist ist gekommen als Sachwalter; er öffnet die Schrift. Aber im gleichen Kapitel, Vers 45, heißt es: „Dann öffnete er ihnen den Verstand.“ Man kann auch „Verständnis“ übersetzen, aber besser: „Dann öffnete er ihnen den Verstand“ (griechisch nous), um die Schriften zu verstehen.
Merken wir: Da werden zwei Dinge geöffnet. Die Schrift wird geöffnet, und unser Verstand wird geöffnet. Das heißt, wir sind von Natur aus zu. Ohne Alkohol zu. Der Geist Gottes muss unseren Verstand öffnen. Übrigens: Nicht den Verstand an den Nagel hängen. Das Problem ist nicht zu viel Verstand, sondern zu wenig Verstand. Der Verstand ist zu, und der Geist Gottes öffnet die Schrift und unseren Verstand. Das sind zwei Dinge.
Dazu gibt es natürlich noch mehr Stellen, wir gehen weiter.
Ein wichtiger Punkt: ein geordnetes Christenleben. 1. Korinther 3,1-3: Paulus spricht zu den Korinthern: „Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, das heißt Menschen, die durch den Geist Gottes geleitet werden, normalerweise im Alltag, sondern als zu Fleischlichen, das heißt Menschen, die durch ihre sündigen Neigungen getrieben werden, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise, denn ihr konntet es noch nicht. Aber ihr könnt es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich; denn Neid und Streit unter euch ist, seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“
Ein wiedergeborener Christ kann geistlich oder fleischlich sein. Wenn er nicht ein geordnetes Leben führt, wo Sünde vor- und zugeordnet und bekannt wird – erst Johannes 1,9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht“ – übrigens Präsenz, also Wiederholung – „und vergibt uns die Sünden immer wieder und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“
Wer sein Leben nicht immer wieder ordnet, ist ein fleischlicher Christ und ist nicht fähig für die Speise des Wortes Gottes, sondern nur für Babymilch.
Das zeigt uns: Wenn unser Leben nicht in Ordnung ist, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir die Bibel nicht verstehen. Wenn jemand argumentieren will, aber sein Leben ist nicht in Ordnung, hat er auch kein moralisches Gewicht.
Das ist eine wichtige Voraussetzung: Mit dem Herrn leben – nicht, dass wir es dauernd können, aber dass wir mit dem Herrn leben wollen und unser Leben immer wieder ordnen.
Dann sehen wir: Das Zentrum der Bibel ist Jesus Christus. Johannes 5,39: „Ihr erforscht die Schriften, denn ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen.“ Also das ganze Alte Testament weist auf Jesus Christus hin.
Wir können sagen: Die Bibel ist christozentrisch, Christus ist im Zentrum. Wir müssen daher, angefangen vom Schöpfungsbericht, die Bibel immer auf Christus hin lesen. Im Neuen Testament, wo er als der gekommene Messias beschrieben wird, ist das sowieso klar: Christus im Mittelpunkt, so müssen wir die Bibel lesen.
Weiter: Wir müssen unterscheiden zwischen der Einheit der Bibel und ihrer Vielfalt. In Galater 3,8 wird die Bibel genannt „die Schrift“ (Singular), aber vorhin in Johannes 5,39 „die Schriften“ (Plural).
Die Einzahl betont die Einheit der Bibel, die Mehrzahl betont die Vielfältigkeit der Bibel.
Das hat viele Konsequenzen. Erstens müssen wir richtig unterscheiden lernen.
2. Timotheus 2,15: Paulus gibt seinem Mitarbeiter Timotheus die Anweisung: „Befleißige dich, dich selbst Gott bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneidet.“ So ist es ganz wörtlich übersetzt.
Es geht nicht darum, das Wort auszuteilen, sondern das Wort der Wahrheit gerade zu schneiden. Man muss ein Arbeiter sein, der sauber arbeitet und klare Schnitte zieht im Wort der Wahrheit.
Wie soll das gehen? Es gibt verschiedene Zeitalter. Trotz der Einheit der Bibel gibt es vieles zu unterscheiden.
Zum Beispiel können wir im Lauf der Heilsgeschichte von 1. Mose 1 bis etwa 22 verschiedene Zeitalter unterscheiden.
Nun, da gibt es Leute, die sagen: „Ja, das ist Dispensationalismus.“ Nein, da machen wir nicht mit.
Was heißt Dispensation? Das heißt Zeitalter. Dispensationalismus ist die Lehre von der Unterscheidung verschiedener Zeitalter in der Heilsgeschichte.
Kolosser 1,26: Paulus spricht über das Geheimnis „Christus in euch“ und sagt, es sei „in den Zeitaltern, von den Zeitaltern her und von den Generationen her verborgen gewesen, jetzt aber ist es seinen Heiligen geoffenbart worden.“
Er spricht in der Vergangenheit von Zeitaltern. Das sind mindestens zwei, denn Mehrzahl heißt zwei oder mehr. Paulus erklärt mit diesem Ausdruck, dass es vor ihm mindestens zwei Zeitalter gab.
Epheser 1,21: Christus ist „hoch erhaben über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen.“
Wie viele Zeitalter gibt es? Zwei: dieses und das zukünftige. Und es gibt noch frühere Zeitalter. Also haben wir mindestens vier Dispensationen. Paulus war also ein Dispensationalist.
Das kommt noch dazu: Die Rabbiner haben übrigens auch so gesprochen. Bei den Rabbinen findet man den Ausdruck Ha'olam ha-zeh, „dieses Zeitalter“, und Ha'olam ha-ba, „das kommende Zeitalter“, wenn der Messias herrscht.
Im Neuen Testament, in Epheser 1 und anderen Stellen, finden wir genau diese Ausdrücke. Das heißt, das Neue Testament und der Heilige Geist bestätigen diese rabbinische Ausdrucksweise – und damit auch ein zukünftiges tausendjähriges Reich.
Dazu haben wir auch noch Probleme mit Amillennialisten und so weiter, hier angesprochen.
Also müssen wir verschiedene Perioden unterscheiden.
In der Periode des Gesetzes zum Beispiel gab es verschiedene Tieropfer, die wir heute nicht mehr haben. Da ist ein deutlicher Unterschied zwischen der Zeit des Gesetzes und der Zeit der Gnade.
Am Sinai schloss Gott einen Bund mit Israel. Wir sehen einen deutlichen Unterschied zwischen der Zeit vor diesem Bundesschluss und der Zeit danach.
So können wir weiterfahren.
Ebenso fand bei der Sintflut ein gewaltiger Einschnitt statt. Nach der Flut setzte Gott unter Noah die obrigkeitliche Schwertgewalt ein, mit Todesstrafe bei Mord. Das war eine neue Einrichtung, die es vor der Sintflut nicht gab – eine deutliche heilsgeschichtliche Wende.
Wir müssen diese Dinge unterscheiden, sonst machen wir einen Mischmasch und bringen alles durcheinander.
Weiter: Wir müssen unterscheiden zwischen direkter und indirekter Regierung.
Im Alten Testament wird zum Beispiel bezeugt, dass Gott den Gesetzlosen bestraft und den Gerechten segnet (Sprüche 10,30; 12,13 usw.).
Würde man das auf heute übertragen, käme man schnell zu gravierenden Fehlschlüssen. Dann müsste man meinen, dass alle, die unter Schicksalsschlägen leiden oder krank sind, eindeutig unter der Zucht und dem Gericht Gottes stehen. Ja, steht so in Sprüche 10,30.
Aber bei solchen bösartigen Urteilen würden wir nicht die von 2. Timotheus 2,15 gebotene richtige Unterscheidung durchführen.
Wichtig: Die eben genannten Stellen im Alten Testament sprechen über das direkte Eingreifen Gottes, wobei klar zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen unterschieden wird.
Dies ist ein Merkmal der messianischen Herrschaft, wenn Gott während tausend Jahren eine direkte Regierung über die Welt ausüben wird.
Heute regiert Gott aber meistens indirekt. Er benutzt manchmal Völker, um andere zu richten. Das ist indirekt. Er kann gottlose Völker benutzen, um andere gottlose Völker zu bestrafen.
Gott greift nicht selbst ein.
Darum ist es möglich, dass Gesetzlose im Wohlleben richtiggehend schwelgen, während Gerechte unter miserablen Umständen leiden. Davon spricht Asaf in Psalm 73.
Aber Gott gab ihm dann Klarheit über diese Thematik. Es ist alles eine Frage der Zeit.
Die Zeit kommt, wo Gott direkt regiert, und dann wird er die Bösen wegraffen und die Gerechten segnen mit Wohl.
Diese Unterscheidungen sind ganz wichtig.
Die Freunde Hiobs haben genau diesen Fehler gemacht. Sie sagten zu Hiob: „Wir haben uns so getäuscht, du warst ein hinterhältiger Betrüger. Wir haben gemeint, du seist gerecht, aber jetzt sehen wir, du bist ungerecht. Darum leidest du.“
Sie erzählen und führen das aus, und das stimmt alles, was sie sagen – nur haben sie es der falschen Person und zur falschen Zeit gesagt. Das ist das Problem des Buches Hiob.
Jetzt haben wir einen Schlüssel für das Buch Hiob.
Weiter: Wir müssen unterscheiden zwischen Israel, den Nationen, also den Heidenvölkern, und der Gemeinde.
1. Korinther 10,32 listet gleich in einem Vers diese Gruppen auf: „Seid ohne Anstoß, sowohl für Juden als Griechen und für die Gemeinde Gottes.“
Wir müssen diese Unterscheidungen machen. Wenn wir die Bibel lesen, schauen wir zuerst, zu wem Gott wörtlich spricht.
Natürlich fragen wir uns immer: Was will Gott mit diesem Vers mir sagen? Das ist ganz wichtig. Aber zuerst: Zu wem sagt er es direkt? Sagt er es zu Josua? Zu Abraham? Oder in 5. Mose 28 zu Israel?
Wenn ihr treu seid und gehorcht, wird es euch immer besser gehen, keine Fehlgeburt im Stall, Wohlstand, irdisches Wohlergehen. Das hat Gott zu Israel gesagt.
Nun gibt es Leute, die sagen heute: Wenn wir treu sind, wird es uns als Christen materiell immer besser gehen. Dann steigt man vom VW oder Toyota auf Mercedes um.
Dann hat man aber bei dieser Übertragung nach 2. Mose 2,15 einen Arbeiter, der sich schämen muss, weil wir dann falsch geschnitten haben.
Also, das war nun wirklich ein grausames Zickzack. Das würde keine Handarbeitslehrerin akzeptieren.
Wir müssen verschiedene Bündnisse unterscheiden.
In der Bibel schließt Gott zum Beispiel einen Bund mit Noah und mit der ganzen Erde, und dieser Bund hat nach 1. Mose 9 Gültigkeit, solange die Erde besteht.
Daraus folgt: Die Einsetzung der Todesstrafe für die Obrigkeit in der Hand der Obrigkeit hat heute noch Gültigkeit, aber für die Obrigkeit, nicht für die Gemeinde.
Gemeindezucht hat nichts zu tun mit Todesstrafe. Die Gnade wird gerade deutlich.
Gemeindezucht hat damit zu tun mit Wiederherstellung, mit Zurückführen, mit Neuanfang, um das zu ermöglichen.
Aber das ist etwas anderes. Die Obrigkeit hat dieses Recht, und auch heute noch.
Römer 13,4 erklärt: „Die Obrigkeit trägt nicht umsonst das Schwert.“
Das hilft zum Beispiel auch zu verstehen, ob ein Staat, dessen Bürger abgeschlachtet werden, sich militärisch wehren darf.
Die Obrigkeit hat das Schwert, ja, aber wir haben nicht das Schwert.
Es geht nicht darum, dass wir in eigenem Ermessen mit dem Schwert zuschlagen.
Die Obrigkeit hat dieses Recht, und sie muss diese Entscheidung fällen.
Aber die Gemeinde, ihr Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut (Epheser 6,12).
Dann finden wir später den Bund mit Abraham, all diese Bündnisse müssen wir unterscheiden – den Bund mit David, das findet man alles in den Schriften.
Wir müssen unterscheiden zwischen irdischen und himmlischen Segnungen.
5. Mose 28 hat uns gezeigt, dass Israel, das irdische Volk Gottes, besondere irdische Zusagen hatte.
Die Gemeinde in Epheser 1,3 und folgende hat ganz besonders himmlische Zusagen.
Ein Christ hat garantiert himmlische Zusagen.
Und wenn es uns hier in der Schweiz so wunderbar irdisch geht, dann ist das eigentlich ein „Zugabefaktor“. Das kam einfach noch dazu.
Aber es ist nicht so, dass wir uns berufen könnten. Gott muss uns das nicht geben.
Wir müssen aufpassen, dass das uns nicht zum Verhängnis wird.
Das ist der Punkt, dass wir mit all diesen Dingen, die nicht in der Abmachung dringend sind, umgehen können.
Dort kommen viele zu Fall.
Dann: Zugehörigkeit.
Zu Israel gehörte man durch natürliche Geburt. Man wurde am achten Tag als Zeichen dafür beschnitten.
Zur Gemeinde, zum himmlischen Volk Gottes, gehört man durch Neugeburt.
Das wird dann bestätigt durch die Wassertaufe.
Aber indem man diese Dinge vermischte, hat man dann die Kindertaufe abgeleitet.
Die Kindertaufe wäre richtig, wenn man zum Volk Gottes durch natürliche Geburt gehört, aber es ist eben einfach nicht so.
Dann wieder mal zwei schwierige Wörter: Wir müssen unterscheiden zwischen Kontinuität und Diskontinuität.
Man könnte zum Beispiel immer nur die Vielfalt sehen und immer nur sehen, dass alles durch die Zeitalter hindurch wechselt.
Aber wir müssen auch diese roten Linien sehen, die sich durch alle Zeitalter hindurchziehen – das heißt Einheit.
Die Leute, die eine Abneigung gegen Dispensationalisten haben, betonen sehr stark diese einheitlichen Dinge, zum Beispiel den Glauben Abels.
Er hatte im Prinzip den gleichen Glauben wie wir. Er stützte sich auf das stellvertretende Opfer und damit auch auf die Verheißung, dass der Kommende das Problem des Bösen lösen würde.
Wir müssen sehen: Im Alten Testament wurde der Mensch durch Sündenbekenntnis und Reue gerettet.
Das hat sich nie geändert.
Also müssen wir diese roten Linien betonen – das ist das Kontinuierliche.
Und wir müssen auch die Stellen sehen, wo Wechsel eingetreten sind.
Die Auseinandersetzungen zwischen Dispensationalisten und Calvinisten oder anderen hängen oft damit zusammen, dass der eine mehr das betont und der andere mehr das.
Das Problem ist noch nicht gelöst.
Aber das hilft, eine Annäherung zu finden.
Wir müssen beides sehen: die Schrift und die Schriften.
Wir müssen unterschiedliche Eigenschaften der verschiedenen Bibelbücher erkennen.
Jedes Bibelbuch hat seinen eigenen Charakter und seine eigentümliche Schönheit.
Nehmen wir das Matthäusevangelium.
Ich frage mich: Was ist die Hauptbotschaft in diesem Buch?
Vorweg, das ich dann behandeln sollte.
Antwort: Der König für Israel und die Nationen.
Wo finde ich den Schlüsselvers?
Antwort: Matthäus 1,1: „Jesus ist der Sohn Abrahams, der Sohn Davids.“
Wie findet man das heraus?
Das ist ganz einfach: Man nimmt einen guten Bildkommentar aus der Bibliothek, und da steht alles schon drin.
Aber es gibt auch noch einen anderen Weg: Man liest das gewählte Bibelbuch durch und versucht, den Gedankenverlauf zu finden.
Also gut lesen, schön lesen, nicht zu schnell.
Querlesen können wir in den Kommentaren, oder?
Ja, da gibt es verschiedene Methoden.
Gut lesen drückt eigentlich auch eine gewisse Ehrfurcht vor dem Gotteswort aus.
Du hast gesagt, die Bibel querlesen?
Nein, eben kein Problem.
Wenn man das Buch aufmerksam liest – nein, auch vorher hat jedes Wort seine Bedeutung im Satz, jeder Satz im Abschnitt, jeder Abschnitt innerhalb des Buches.
Wenn man das Buch aufmerksam liest, verfolgt man, wie sich die Gedanken entwickeln.
Nach einem Blatt Papier kann man sich Notizen machen.
Dann folgt die Frage: Wie kann man das Buch sinnvoll einteilen?
Manchmal findet man eine Art Refrain, der das Buch schon einteilt.
Ich habe hier ein Beispiel: Das Hohelied hat drei Refrains, daraus folgen vier Strophen.
Das Buch hat vier Strophen, der Refrain kommt dreimal vor.
Oder im Buch Zephanja findet man einen Refrain zweimal, das teilt das Buch Zephanja in drei Teile.
Wie ihr seht, das geht nicht immer schön nach den Kapitelzahlen, die sind oft schlecht, aber das ist ein gutes Hilfsmittel.
Solche Markierungen findet man in vielen Büchern.
Es gibt auch Strukturwörter.
Zum Beispiel in Römer 12,1 heißt es: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Ermahnungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer.“
Jetzt seht ihr das Wort „nun“ – das drückt die Schlussfolgerung aus.
Kapitel 12 ist die Schlussfolgerung aus all den Lehren in Römer 1 bis 11.
Hier beginnt der praktische Teil, wo erklärt wird, was das für unser Leben bedeutet.
Beides ist das Lehrbuch.
Man kann nicht Lehre und Praxis trennen, das ist eine Einheit.
Aber wir haben hier zwei Teile.
Dieses Strukturwort findet man auch im Kolosserbrief 3,1: „Jetzt wissen wir schon, wo der Lehrteil ist und wo der Anwendungsteil ist.“
Im Epheserbrief 4,1: „Nun“ – jetzt wisst ihr auch, wo der Lehrteil ist und wo der praktische Teil.
Ein Wort – und so kann man schöne Beobachtungen machen, natürlich verbunden mit Gebet: „Herr, öffne mir die Schrift, öffne meinen verschlossenen Verstand, begegne du mir, wir wollen Christus suchen in seinem Wort, korrigiere mein Leben.“
Der Psalmist von Psalm 119 sagt: „Ich habe dein Wort in meinem Herzen verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige.“
Warum hat er die Bibel gelesen? Damit er nicht sündigt.
Das ist eine Motivation zum Bibellesen: Damit wir nicht sündigen gegen Gott.
Wir müssen uns fragen: Wer hat ein Buch geschrieben? An wen ist es gerichtet?
Das wird nicht immer gesagt, aber wo es gesagt wird, sollen wir darauf achten.
Wir müssen uns fragen: Ist es an eine Gemeinde, eine Ortsgemeinde, geschrieben? Oder ist es ein Rundbrief, wie zum Beispiel der Hebräerbrief?
Wir stellen uns Fragen über die Hintergründe.
Zum Beispiel im ersten Petrusbrief erfährt man aus dem Brief selbst viele Hintergründe, was da so abgegangen ist.
Wenn wir den Brief gründlich lesen, können wir solche Hintergründe aus dem Brief erarbeiten.
Wir fragen uns: Wann ist ein Buch geschrieben worden?
Dadurch können wir es auch in die Heilszeitalter einordnen – das ist auch wieder eine wichtige Sache.
Es ist zum Beispiel sehr wichtig, dass nicht Mose den ersten Korintherbrief geschrieben hat, sondern Paulus.
Wir haben verschiedene Schreibstile.
Jeder Schreiber hat einen anderen Stil, und das merkt man schon an der Wortwahl.
Johannes hat ganz typische, immer wiederkehrende Wörter, die man bei Paulus so nicht findet.
Das Johannesevangelium hat einen Wortschatz von circa 800 Wörtern.
Das wäre das Vokabular eines Kleinkindes.
So tief?
Ja, es ist natürlich nicht das Vokabular eines Kleinkindes, denn so viele Wörter im Johannesevangelium kennt ein Kleinkind nicht.
Es sind Wörter aus der erwachsenen Sprache, aber der Umfang entspricht dem, was man von einem Kleinkind erwartet.
Oft sehr kurze Sätze bei Johannes.
Bei Paulus dagegen immer wieder ganz lange Sätze.
Epheser 1,3-14 ist im Griechischen ein einziger Satz, das übersprudelt richtig, aus dem Gefängnis geschrieben.
Er freut sich über den Reichtum des Glaubens in Christus.
Paulus hat also einen ganz eigentümlichen Schreibstil.
Nun, in 1. Korinther 14 geht es um Weissagung in der Gemeinde, also dass man, geleitet durch den Geist Gottes, das Wort so weitergibt, dass es den Bedürfnissen entspricht.
Da vergleicht Paulus das Reden in der Gemeinde mit verschiedenen Tempelinstrumenten wie Posaune, Harfe oder Flöte.
Das ist ein wunderbarer Vergleich.
Jedes dieser Musikinstrumente hat eine andere Klangfarbe.
Das A auf einer Posaune klingt anders als das gleich hohe A auf der Harfe oder auf der Flöte.
Warum?
Das hat mit der Obertonreihe zu tun – interessante Physik.
Der gleiche Ton hat eine andere Farbe.
Johannes klingt in der Bibel ganz anders als Paulus, aber sie ergeben zusammen keinen dissonanten Klang, wie bei Pierre Boulez oder Ligeti im zwanzigsten Jahrhundert.
Sie passen zusammen.
Zusammen ergeben sie ein vollkommen harmonisches und wohltuendes Konzert.
Dabei dürfen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Vielfalt und auch auf die Unterschiede richten.
Dann wird diese Klangvielfalt ein wahrer Genuss.
Luther hatte im Römerbrief die Rechtfertigungslehre aus Glauben allein entdeckt und hatte dann Mühe mit dem Jakobusbrief, weil seine Feinde mit dem Jakobusbrief kamen.
Calvin hat in seiner Institutio auf wunderbare und ganz ruhige Weise, überhaupt nicht aufgeregt oder zornig, beschrieben, dass diese Unterschiede zwischen dem Römer- und dem Jakobusbrief gar kein Problem sind.
Erklärt: Das klingt schön zusammen, es sind nur verschiedene Klangfarben.
Paulus betont im Römerbrief, dass ein Sünder vor Gottes Augen nur durch den Glauben an Jesus Christus gerecht erklärt wird, gerechtfertigt wird.
Jakobus sagt: „Wenn du behauptest, du seist ein Gläubiger, dann wollen wir mal bitte deine Taten anschauen und die Art, wie du lebst, und dann sehen wir, ob du ein Gerechtfertigter bist.“
Das ist eine ganz andere Sichtweise.
Er betrachtet den Menschen vor den Augen der Menschen, wie er als gerecht erklärt werden kann.
Jetzt gibt es ein Problem: verschiedene Schreibstile.
Wie verträgt sich das mit der Lehre über die Inspiration?
Das ist echt schwierig, oder?
Warum schreibt Paulus anders als Johannes, Jesaja ganz anders als Hosea, und Josua wieder ganz anders als die Söhne Koras?
Jetzt müssen wir unterscheiden zwischen Inspiration Gottes und Inspiration der Dämonen.
Wenn Menschen von Dämonen inspiriert sind und Bücher schreiben, wird deren Persönlichkeit eingeschränkt oder sogar ausgeschaltet.
Manche Okkultisten besitzen die Gabe des automatischen Schreibens.
Wenn ein Medium in Trance Botschaften ausspricht, ist das Bewusstsein vielfach ausgeschaltet.
Die Dämonen haben immer ein Interesse daran, unsere Kontrollinstanz auszuschalten, damit sie uns als ihre Werkzeuge missbrauchen können.
So wirken Drogen, Alkohol, östliche Meditation, Rockmusik.
Wenn Gott Menschen benutzen möchte, will er sie als vollständige Personen in seinem Dienst einsetzen, mit Geist, Seele und Körper.
Gott, der Schöpfer, hatte Johannes genau so gemacht, wie er ihn als Gefäß zu seiner Ehre haben wollte.
Auch die ganze Entwicklung in seinem Leben war so in der führenden, souveränen Hand Gottes, dass er Griechisch als Fremdsprache genau so lernte, wie Gott es wollte.
Merkt man, das ist die Größe Gottes.
Dann sieht man auch unser eigenes Leben ganz anders.
Unsere Kleinkindzeit ist nicht etwas Zufälliges, sondern wir waren damals schon in Gottes Hand, und das hatte damals schon ein Ziel, wozu er uns bereiten möchte.
Wenn Johannes dann mit vollem Bewusstsein und ohne Einschränkung seiner Persönlichkeit seine Briefe, das vierte Evangelium und die Offenbarung schrieb, war seine von Gott geheiligte Persönlichkeit nicht ausgeschaltet.
Nein, sie wurde zu hundert Prozent von Gott gebraucht.
Das Eindringen von Irrtum und Falschem war hundertprozentig ausgeschlossen, getrieben durch den Heiligen Geist.
Das ist der Punkt.
Das ist wichtig, das verstanden zu haben.
Man merkt das zum Beispiel auch bei Zungenreden, wo einer so tönt, als ob er spricht, aber er weiß überhaupt nicht, was er sagt.
Da ist es abgehängt.
Ich habe sogar eine Kassette, wo einer erklärt, wie man das machen soll.
Man soll drei Minuten „Baba Baba Baba“ sagen, bis der Verstand abhängt, und dann kommt es.
Jetzt weiß der, wie man mit der Zunge reden muss.
Das ist eine Art, es gibt noch andere Methoden.
Der hat dann gesagt: Der größte Feind des Zungenredens ist der Verstand.
Ja, das ist das Dämonische.
Selbst die Bibelschreiber, die wirklich Gottes Wort bis auf den Buchstaben schrieben, benutzen ihre volle Persönlichkeit in der Hand Gottes.
Das ist Inspiration.
Mit anderem will ich überhaupt nichts zu tun haben.
Das sind wichtige Prinzipien.
Gott will unsere Persönlichkeit nicht ausschalten, er will auch nicht unseren Verstand ausschalten, aber er will ihn öffnen.
Ich habe schon erklärt: Wir müssen unterscheiden, ob etwas ein Gedicht, eine Geschichtsschreibung usw. ist.
Wir müssen auch unterscheiden, dass es verschiedene Buchgruppen gibt.
Noch ein gutes Beispiel zu den verschiedenen literarischen Formen: 1. Mose 1, der Schöpfungsbericht.
Das ist manchmal ganz toll.
Gelehrte Leute haben gesagt, das müssen wir nicht wörtlich nehmen, vielmehr müsse man es als Hymnus verstehen, also als Lobpreis auf die Schöpfung Gottes.
Darum hat man heute kein Problem, wenn wir es wissenschaftlich ganz anders sehen.
Die Menschen haben aus ihrer religiösen Überzeugung heraus geschrieben.
Nun, es ist ein Hymnus, also Dichtung, ja.
Aber das Hebräische in 1. Mose 1 ist normale Prosa.
Im Hebräischen hat Poesie einen schönen Rhythmus, wie in Psalm 1: „Uwe derech hat da'im lo'amad uwe moschaw le'zim lo'yashaw.“
Man merkt, das ist der typische Rhythmus mit Rhythmuswechsel im Hebräischen.
Aber der Schöpfungsbericht ist reine Prosa: „Bereschid bara Elohim et ascha mayim we ha'aretz we ha'aretz heita tohu wawohu we Chorschich alpeney tohum we Ruach Elohim merachheffet alpeney hamayim we Jomer Elohim jehi Or wei Or …“
Das ist reine Prosa, Erzählung, es will historische Erzählung sein, kein Lobpreis.
Das finden wir in Psalm 104, ja, das ist ein Lobpreis Gottes als Schöpfer.
So lassen wir uns nicht täuschen.
Verschiedene Buchgruppen: Es gibt Geschichtsbücher, wie die Bücher Mose, es gibt Lehrbücher, wie die Briefe im Neuen Testament, es gibt prophetische Bücher.
Der Akzent ist immer unterschiedlich.
In einem Geschichtsbuch gibt es auch Poesie, wie in den Büchern Mose. Zum Beispiel, als Adam zum ersten Mal Eva sieht, wird er poetisch. Das ist im Hebräischen Poesie.
Auch im Lehrbuch gibt es Prophetie, 2. Timotheus 3.
Es kann sehr gefährlich werden, wenn man aus einem Geschichtsbuch eine allgemeine Lehre ableiten will.
Zum Beispiel in Apostelgeschichte 2 haben die Christen alles den Besitz miteinander geteilt.
Die Ableitung: Es ist unchristlich, wenn man nicht in einer Art Gütergemeinschaft lebt, wo man vor allem alles verkauft und zusammenlegt.
In den Lehrbriefen finden wir das nirgends.
In 1. Timotheus 6,17-19 spricht Paulus sogar die Reichen in der Gemeinde an und erklärt, wie sie sich verhalten sollen: freigebig sein, nicht auf den Reichtum vertrauen usw.
Diese Art Gütergemeinschaft finden wir nur bis zur Steinigung von Stephanus in Apostelgeschichte 7, und danach kommt das nicht mehr vor.
Die Apostelgeschichte als Geschichtsbuch zeigt, wie Gott in bestimmten Zeitabschnitten etwas gewirkt hat.
Das ist aber nicht zwingend etwas Allgemeinverbindliches.
Wir können in der Apostelgeschichte auch allgemein verbindliche Dinge finden, ja, aber nicht einfach so zwingend.
Dann müssen wir verschiedene literarische Formen unterscheiden: Ist es eine Erzählung, eine Vision, eine Audition, ein Lied, eine Predigt oder ein Gleichnis?
Da gibt es immer wieder Leute, die sagen: „Ihr evangelikalen fundamentalistischen Christen – fundamentalistisch heißt übrigens, dass man an den fundamentalen Wahrheiten der Bibel festhält, wie Inspiration der Bibel, Gottheit Christi, Wiederkunft Christi usw. – seid ja schon komische Leute.“
Im 21. Jahrhundert gibt es noch so viele komische Leute.
Man muss sagen: Was heißt wörtlich nehmen?
Ich habe gerade vor kurzem erlebt, dass ich an einem Büchertisch so herausgefordert wurde.
Man muss erklären, was „wörtlich“ heißt.
Wenn ich ein Gleichnis lese, dann nehme ich das wörtlich als Gleichnis.
Das heißt, es wird hier ein Vergleich gemacht, es ist nicht eine Geschichte, die erzählt wird, wie sie geschehen ist.
Wenn ich eine Geschichte in der Bibel als geschichtliche Erzählung lese, dann nehme ich sie als geschichtliche Erzählung und nicht als Hymnus.
Oder wenn die Bibel spricht von einem Tier mit sieben Köpfen aus dem Meer, das die Welt terrorisieren wird (Offenbarung 13), glaube ich nicht, dass Europa einmal von einem solchen Dinosaurier mit sieben Köpfen regiert wird.
Ich nehme das wörtlich als apokalyptische, symbolische Sprache.
So ist es gemeint.
Wir müssen die Bibel wörtlich nehmen, wie sie wörtlich verstanden werden will.
Schließlich: Hilfsmittel.
Das habt ihr alles schon letztes Mal gehört.
Nein, nur ganz kurz.
Der Herr Jesus hat seiner Gemeinde Gaben gegeben (Epheser 4,11).
Diese Gaben, die er in der Gemeinde gegeben hat, helfen uns auch beim Bibellesen.
Wir können uns nicht einbilden, ein Solochristentum führt zum Ziel.
Wir brauchen die Gemeinschaft in der Gemeinde.
Wir brauchen Lehrvorträge, Hauskreise, Bibelkommentare und so weiter.
Nur wollen wir uns klar sein: Das sind alles Hilfsmittel.
Wir geben dem Wort Gottes allein die Priorität, allein der Schrift.
Alles andere darf nur Instrument, Hilfe und Unterstützung sein.
Die Rolle der Konzile und die ökumenische Dimension
Und noch etwas zu diesem Konzil von Hippo: Es handelte sich nur um ein lokales Konzil. Dort wurde nicht beschlossen, sondern es wurde ein Bekenntnis zu diesen 27 Büchern bekanntgegeben.
Es gibt jedoch die sogenannten ökumenischen Konzile. Ökumenisch bedeutet, den ganzen Erdkreis umfassend. Beispiele dafür sind das Konzil von Nizäa, das Konzil von Konstantinopel und das Konzil von Ephesus. Diese Konzile sind sehr wichtig, weil dort das Bekenntnis zur Gottheit des Sohnes Gottes (Nizänisches Konzil), zur Gottheit des Heiligen Geistes (Konzil von Konstantinopel) sowie zur Menschheit und Gottheit Christi in einer Person (Konzil von Ephesus) abgelegt wurde.
Diese ökumenischen, also allumfassenden Konzile, legten grundlegende Wahrheiten als Bekenntnisse fest. Wichtig ist, dass die Reformatoren diese Konzile alle anerkannten – wenn auch nur teilweise. Sie erklärten jedoch, warum sie diese anerkannten: Nicht, weil es ein Konzil war, sondern weil in diesen Bekenntnissen das verkündet wurde, was in der Bibel steht. Das ist der entscheidende Unterschied. Die Reformatoren anerkannten also diese alten Konzilsbekenntnisse, weil sie biblische Wahrheiten über Grundfragen des Glaubens verkündeten.
Nun zur Pointe, auf die ich hinauswill: In den ökumenischen Konzilen ging es niemals um den Kanon. Es war so klar, dass es nie eines offiziellen, allumfassenden Bekenntnisses dazu bedurfte. Das war nicht notwendig. Das Konzil von Hippo war ein lokales Konzil, bei dem ein solches Bekenntnis abgelegt wurde.
Übrigens gibt es keine Kirche, die neutestamentliche Apokryphen anerkennt – also gefälschte Bücher aus dem zweiten oder späteren Jahrhundert. Neutestamentliche Apokryphen sind daher kein Problem.
Diskutieren können wir also nur über die katholischen Bibeln. Und hier haben wir jetzt die Antworten. Man kann sagen, die katholische Kirche kam in dieser Frage etwas zu spät. Zweitausend Jahre später wollte sie plötzlich aus Büchern, die nicht zum Wort Gottes gehören, dennoch Gottes Wort machen.
Voraussetzungen für das Verstehen der Bibel
Jetzt kommen wir zur Bibelauslegung. Wir haben gesehen, dass die Bibel Gottes Wort ist und dass sie bis in unsere Zeit wunderbar überliefert wurde. Doch was nützt uns das, wenn wir die Bibel gar nicht verstehen, wenn wir sie lesen?
Zum Lesen braucht es einige Voraussetzungen. Erstens die Bereitschaft, Gottes Willen zu tun. Jesus sagt in Johannes 7,16-17: „Meine Lehre ist nicht meine, sondern dessen, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede.“
Wie kann man die Überzeugung gewinnen, dass die Bibel hundertprozentig Gottes Wort ist? Ich habe erklärt, welche Argumente man dafür anführen kann. Doch das kann dazu führen, dass jemand das toll findet, aber trotzdem nicht die Überzeugung hat – und das für die ganze Heilige Schrift nicht. Was kann man da tun?
Es gibt eine Verheißung: Wenn jemand bereit ist, wirklich Gottes Willen zu tun und die Bibel auf sein Leben anzuwenden – auch dort, wo es einem nicht passt –, dann wirkt Gott durch seinen Geist ein Zeugnis in unserem Herzen. Das ist sehr wichtig. Die Reformatoren, zum Beispiel Calvin, haben das als das Testimonium Spiritus Sancti Internum bezeichnet, das innere Zeugnis des Heiligen Geistes.
Calvin schreibt sehr schön darüber in seiner Institutio. Übrigens sind das nur ein paar Seiten; man könnte sogar die Stellen streichen, die sich mit der doppelten Prädestination beschäftigen, denn das ist nur ein kleiner Teil darin. Die Institutio ist ein Genuss zu lesen, und er erklärt sehr eindrücklich, wie der Heilige Geist diese innere Gewissheit schenkt. Das hängt davon ab, ob wir Gottes Willen tun wollen oder nicht.
Ich habe weitere Bibelstellen angefügt: 1. Johannes 2,27; 3,24; 5,10, in denen ebenfalls deutlich wird, wie der Heilige Geist im Herzen Gewissheit über die Wahrheit wirkt. Das können wir nicht selbst bewirken. Es braucht wirklich, dass der Mensch sich unter Gottes Willen beugt.
Zweitens: Gottesfurcht. Salomo schreibt in Sprüche 1,7: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; die Toren verachten Weisheit und Zucht.“ Der Ausgangspunkt für wahre Erkenntnis ist also Gottesfurcht – die Ehrfurcht vor der Größe und Majestät Gottes. Das braucht es.
Wir merken, dass gerade unter evangelikalen Christen heute diese innere, tiefe Ehrfurcht vor Gott immer mehr zu kurz kommt. Sie wird auch in der Verkündigung oft verkürzt, doch wir brauchen sie. Sie ist der Ausgangspunkt, damit wir richtig an die Bibel herangehen können.
Wenn wir dann auf Schwierigkeiten stoßen, was machen wir? Wir wissen, dass Gott der allweise Gott ist und dass er weiß, wie man auch schwierige Zahlen zusammenbringt – und vieles mehr. Das führt uns zur Ehrfurcht vor dem Bibeltext, und diese braucht es unbedingt.
Die Bibel als Roman zu lesen, ist ein Unsinn. Die Bibel ist Gottes Wort und verlangt Gottesfurcht von ihren Lesern.
Drittens: Neugeburt. Aus Epheser 1,13-14 lernen wir, dass der Mensch durch den Glauben an das Evangelium mit dem Heiligen Geist versiegelt wird. Durch die Bekehrung geschieht die Wiedergeburt und die Versiegelung mit dem Heiligen Geist.
In 1. Korinther 2,14 heißt es: „Der natürliche Mensch nimmt aber nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ Paulus erklärt im Gegensatz dazu, dass der geistliche Mensch erkennen kann.
Wir brauchen also die Versiegelung durch den Heiligen Geist. Das ist nur möglich durch Bekehrung und Wiedergeburt. Dieser Geist wirkt dann in uns, wie es das Beispiel in Lukas 24,32 zeigt: Die beiden Jünger, die mit dem Herrn gegangen sind, sprachen zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg zu uns redete und uns die Schriften öffnete?“
Der Herr hat den Jüngern die Schrift geöffnet. Er ist weggegangen, und der Heilige Geist ist als Sachwalter gekommen. Er öffnet die Schrift. Im gleichen Kapitel, Vers 45, heißt es: „Dann öffnete er ihnen den Verstand.“ Man kann auch „Verständnis“ übersetzen, aber besser ist: „Dann öffnete er ihnen den Verstand“, griechisch nous, um die Schriften zu verstehen.
Wir merken: Da werden zwei Dinge geöffnet. Die Schrift wird geöffnet, und unser Verstand wird geöffnet. Das heißt, wir sind von Natur aus verschlossen. Der Geist Gottes muss unseren Verstand öffnen. Dabei ist nicht gemeint, dass wir den Verstand an den Nagel hängen sollen. Das Problem ist nicht zu viel Verstand, sondern zu wenig. Der Verstand ist verschlossen, und der Geist Gottes öffnet die Schrift und unseren Verstand. Das sind zwei verschiedene Dinge.
Ja, und dazu gibt es natürlich noch weitere Stellen. Wir gehen weiter.
Geordnetes Leben und geistliche Reife als Voraussetzung
Ein wichtiger Punkt ist ein geordnetes Christenleben. In 1. Korinther 3,1-3 spricht Paulus zu den Korinthern:
„Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden, als zu Geistlichen, das heißt Menschen, die durch den Geist Gottes geleitet werden, normalerweise im Alltag, sondern als zu Fleischlichen, das heißt Menschen, die normalerweise durch ihre sündigen Neigungen getrieben werden. Sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise, denn ihr vermochtet es noch nicht. Aber ihr vermögt es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich. Denn der Neid und Streit unter euch ist; seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“
Ein wiedergeborener Christ kann geistlich oder fleischlich sein. Wenn er kein geordnetes Leben führt, in dem Sünde vor Gott geordnet und bekannt wird, ist das problematisch. Johannes 1, Vers 9 sagt: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht.“ Das Wort „treu“ hat im Griechischen oft die Bedeutung der Wiederholung. Wenn wir unsere Sünden immer wieder bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass er uns die Sünden immer wieder vergibt und uns immer wieder reinigt von aller Ungerechtigkeit.
Wer sein Leben nicht immer wieder vor Gott ordnet, ist ein fleischlicher Christ. Er ist nicht fähig für die Speise des Wortes Gottes, sondern nur für Babymilch.
Das zeigt uns: Wenn unser Leben nicht in Ordnung ist, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir die Bibel nicht verstehen. Wenn jemand argumentieren will und sagt „Es ist so und so“, aber sein Leben nicht in Ordnung ist, hat er auch kein moralisches Gewicht.
Das ist eine wichtige Voraussetzung, um mit dem Herrn zu leben – nicht, dass wir es immer können, sondern dass wir mit dem Herrn leben wollen und unser Leben immer wieder ordnen.
Christus im Zentrum der Bibel
Dann sehen wir, dass das Zentrum der Bibel Jesus Christus ist. Johannes 5,39: „Ihr erforscht die Schriften, denn ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen.“ Das gesamte Alte Testament weist also auf Jesus Christus hin.
Wir können sagen, die Bibel ist christozentrisch; Christus steht im Mittelpunkt. Daher müssen wir, angefangen beim Schöpfungsbericht, die Bibel immer auf Christus hin lesen. Im Neuen Testament, wo er als der gekommene Messias beschrieben wird, ist das ohnehin klar. Christus im Mittelpunkt – so müssen wir die Bibel lesen.
Weiterhin müssen wir einerseits die Einheit der Bibel erkennen, andererseits aber auch ihre Vielfalt sehen. In Galater 3,8 wird die Bibel als „die Schrift“ in der Einzahl bezeichnet, während Johannes 5,39 von „den Schriften“ spricht. Die Einzahl betont die Einheit der Bibel, die Mehrzahl hingegen die Vielfältigkeit der Bibel.
Das hat viele Konsequenzen. Erstens müssen wir richtig unterscheiden lernen. In 2. Timotheus 2,15 gibt Paulus, aus der Todeszelle an seinen Mitarbeiter Timotheus, die Anweisung: „Befleißige dich, dich selbst Gott bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneidet.“ So ist es ganz wörtlich übersetzt.
Es geht also nicht darum, das Wort einfach auszuteilen, sondern das Wort der Wahrheit gerade zu schneiden. Man muss ein Arbeiter sein, der sauber arbeitet und klare Schnitte im Wort der Wahrheit zieht.
Die Bedeutung von Zeitaltern in der Heilsgeschichte
Wie soll das gehen? Verschiedene Zeitalter. Trotz der Tatsache, dass die Bibel eine Einheit ist, gibt es vieles, das unterschieden werden muss. Zum Beispiel können wir im Lauf der Heilsgeschichte von 1. Mose 1 bis zu offenbar 22 verschiedene Zeitalter unterscheiden.
Nun gibt es Leute, die sagen: „Ja, das ist Dispensationalismus.“ Nein, da machen wir nicht mit. Aber was heißt Dispensation? Das heißt Zeitalter. Dispensationalismus bedeutet die Lehre von der Unterscheidung verschiedener Zeitalter in der Heilsgeschichte.
In Kolosser 1,26 spricht Paulus über das Geheimnis „Christus in euch“ und sagt, es sei „in den Zeitaltern, von den Zeitaltern her und von den Generationen her verborgen“ gewesen, „jetzt aber ist es seinen Heiligen geoffenbart worden.“ Er spricht hier in der Vergangenheit von Zeitaltern. Das sind mindestens zwei, denn die Mehrzahl bedeutet zwei oder mehr. Paulus erklärt mit diesem Ausdruck, dass es vor ihm mindestens zwei Zeitalter gab.
In Epheser 1,21 heißt es: Christus ist auferweckt „zu Rechten Gottes, hoch erhaben über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen.“ Wie viele Zeitalter gibt es hier? Zwei: dieses und das zukünftige.
Und dann gibt es noch frühere Zeitalter. Somit haben wir mindestens vier Dispensationen. Paulus war also ein Dispensationalist.
Hinzu kommt, dass auch die Rabbiner so gesprochen haben. Bei den Rabbinen findet man den Ausdruck Ha'olam ha-Zeh, das ist „dieses Zeitalter“, und Ha'olam ha-Ba, das ist „das kommende Zeitalter“, wenn der Messias herrscht.
Im Neuen Testament, insbesondere in Epheser 1 und an diversen anderen Stellen, die ich im Text genau aufgeführt habe, finden sich diese Ausdrücke wieder. Das heißt, das Neue Testament und der Heilige Geist bestätigen diese rabbinische Ausdrucksweise.
Damit wird übrigens auch ein zukünftiges tausendjähriges Reich bekräftigt. Hier gibt es auch noch Probleme mit Amillennialisten und anderen Richtungen, die ich angesprochen habe.
Zusammenfassend müssen wir verschiedene Perioden unterscheiden.
Heilsgeschichtliche Einschnitte und Regierungsformen
In der Periode des Gesetzes gab es zum Beispiel verschiedene Tieropfer, die wir heute nicht mehr haben. Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen der Zeit des Gesetzes und der Zeit der Gnade. Am Sinai schloss Gott einen Bund mit Israel. Dabei erkennen wir einen klaren Unterschied zwischen der Zeit vor diesem Bundesschluss und der Zeit danach. So können wir weiter voranschreiten.
Ebenso fand bei der Sintflut ein gewaltiger Einschnitt statt. Nach der Flut setzte Gott unter Noah die obrigkeitliche Schwertgewalt ein, mit Todesstrafe bei Mord. Diese Einrichtung gab es vor der Sintflut nicht. Es handelt sich also um eine deutliche heilsgeschichtliche Wende. Wir müssen diese Dinge unterscheiden, sonst entsteht ein Mischmasch, und alles wird durcheinandergebracht.
Weiterhin ist es notwendig, zwischen direkter und indirekter Regierung zu unterscheiden. Im Alten Testament wird zum Beispiel bezeugt, dass Gott den Gesetzlosen bestraft und den Gerechten segnet (Sprüche 10,30; 12,13). Würde man diese Aussagen auf die heutige Zeit übertragen, käme man schnell zu gravierenden Fehlschlüssen. Dann müsste man annehmen, dass alle, die unter Schicksalsschlägen leiden oder krank sind, eindeutig unter der Zucht und dem Gericht Gottes stehen. Ja, das steht so in Sprüche 10,30. Doch bei solchen bösartigen Urteilen würden wir nicht die in 2. Timotheus 2,15 gebotene richtige Unterscheidung treffen.
Wichtig ist: Die genannten Stellen im Alten Testament sprechen über das direkte Eingreifen Gottes, wobei klar zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen unterschieden wird. Dies ist ein Merkmal der messianischen Herrschaft, wenn Gott während tausend Jahren eine direkte Regierung über die Welt ausüben wird. Heute regiert Gott jedoch meistens indirekt. Er benutzt manchmal Völker, um andere zu richten. Das ist indirekt. Er kann auch gottlose Völker einsetzen, um andere gottlose Völker zu bestrafen. Gott greift nicht selbst direkt ein.
Deshalb ist es möglich, dass Gesetzlose im Wohlleben regelrecht schwelgen, während Gerechte unter miserablen Umständen leiden. Davon spricht Asaf in Psalm 73. Doch Gott gab ihm dann Klarheit über diese Thematik: Es ist alles eine Frage der Zeit. Die Zeit wird kommen, in der Gott direkt regiert. Dann wird er die Bösen wegraffen und die Gerechten mit Wohl segnen.
Diese Unterscheidungen sind sehr wichtig. Die Freunde Hiobs haben genau diesen Fehler gemacht. Sie sagten zu Hiob: „Wir haben uns so getäuscht, du warst ein hinterhältiger Betrüger. Wir haben geglaubt, du seist gerecht, aber jetzt sehen wir, du bist ein ungerechter Mensch. Darum leidest du.“ Sie erzählen und führen das aus, und alles, was sie sagen, stimmt. Nur haben sie es der falschen Person und zur falschen Zeit gesagt. Das ist das Problem des Buches Hiob. Nun haben wir einen Schlüssel für das Verständnis dieses Buches.
Wichtige Unterscheidungen in der Bibellektüre
Wir müssen unterscheiden zwischen Israel, den Nationen, also den Heidenvölkern, und der Gemeinde. 1. Korinther 10,32 nennt diese Gruppen in einem Vers: „Seid ohne Anstoß, sowohl für Juden als auch für Griechen und für die Gemeinde Gottes.“
Diese Unterscheidungen sind wichtig. Wenn wir die Bibel lesen, sollten wir zunächst darauf achten, zu wem Gott wörtlich zuerst spricht. Natürlich fragen wir uns immer: Was will Gott mit diesem Vers mir sagen? Das ist sehr wichtig. Aber zuerst gilt es zu klären: Zu wem sagt er es direkt? Sagt er es zu Josua? Zu Abraham? Oder in 5. Mose 28 zu Israel? Dort heißt es: Wenn ihr treu seid und gehorcht, wird es euch immer besser gehen, keine Fehlgeburten im Stall, Wohlstand, irdisches Wohlergehen. Diese Zusagen hat Gott zu Israel gemacht.
Es gibt heute Menschen, die sagen, wenn wir als Christen treu sind, wird es uns materiell immer besser gehen. Dann steigt man vom VW oder Toyota auf Mercedes um. Doch wenn man diese Zusage so überträgt, wird man nach 2. Mose 2,15 ein Arbeiter, der sich schämen muss, weil die Übertragung falsch ist.
Das ist wirklich ein Zickzack, ein grausames Zickzack, das keine Handarbeitslehrerin akzeptieren würde. Wir müssen verschiedene Bündnisse unterscheiden. In der Bibel schließt Gott zum Beispiel einen Bund mit Noah und der ganzen Erde. Dieser Bund hat nach 1. Mose 9 Gültigkeit, solange die Erde besteht. Daraus folgt die Einsetzung der Todesstrafe für die Obrigkeit. Dieses Recht hat die Obrigkeit heute noch, aber nicht die Gemeinde. Gemeindezucht hat nichts mit Todesstrafe zu tun.
Die Gnade wird hier besonders deutlich. Gemeindezucht dient der Wiederherstellung, dem Zurückführen und einem Neuanfang. Aber das ist etwas anderes. Die Obrigkeit hat das Recht, die Todesstrafe zu verhängen, und auch heute noch. Römer 13,4 erklärt: „Die Obrigkeit trägt nicht umsonst das Schwert.“ Das hilft beispielsweise zu verstehen, ob ein Staat, dessen Bürger abgeschlachtet werden, sich militärisch wehren darf. Die Obrigkeit hat das Schwert, ja, aber wir haben es nicht. Es geht nicht darum, dass wir eigenmächtig mit dem Schwert zuschlagen. Die Obrigkeit hat dieses Recht und muss solche Entscheidungen treffen.
Die Gemeinde kämpft nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen geistliche Mächte. Das steht in Epheser 6,12.
Später finden wir den Bund mit Abraham, den Bund mit David – all diese Bündnisse müssen wir unterscheiden. Diese finden sich an vielen Stellen in der Bibel. Wir müssen zwischen irdischen und himmlischen Segnungen unterscheiden. 5. Mose 28 zeigt, dass Israel als irdisches Volk Gottes besondere irdische Zusagen hatte. Die Gemeinde hingegen hat in Epheser 1,3 und folgenden hauptsächlich himmlische Zusagen.
Ein Christ hat garantiert himmlische Zusagen. Wenn es uns hier in der Schweiz materiell gut geht, ist das ein zusätzlicher Segen, aber nicht Teil der göttlichen Abmachung. Es ist nicht so, dass wir uns darauf berufen könnten. Gott muss uns das nicht geben. Wir müssen aufpassen, dass uns dieser Umstand nicht zum Verhängnis wird.
Das ist der Punkt: Wir müssen mit all diesen Dingen umgehen können, die nicht zwingend zur Abmachung gehören. Dort kommen viele Menschen zu Fall.
Zur Zugehörigkeit: Zu Israel gehörte man durch natürliche Geburt. Man wurde am achten Tag als Zeichen dafür beschnitten. Zur Gemeinde, zum himmlischen Volk Gottes, gehört man durch Neugeburt. Diese wird durch die Wassertaufe bestätigt.
Indem man diese Dinge vermischte, leitete man die Kindertaufe ab. Die Kindertaufe wäre richtig, wenn man zum Volk Gottes durch natürliche Geburt gehören würde. Aber das ist eben nicht so.
Kontinuität und Diskontinuität in der Bibel
Dann wieder einmal zwei schwierige Wörter: Wir müssen unterscheiden zwischen Kontinuität und Diskontinuität.
Man könnte zum Beispiel immer nur die Vielfalt sehen und stets betonen, dass alles durch die Zeitalter hindurch wechselt. Doch wir müssen auch die roten Linien erkennen, die sich durch alle Zeitalter ziehen. Das bedeutet, dass es eine Einheit gibt.
Diejenigen, die eine Abneigung gegen Dispensationalisten haben, betonen oft sehr stark diese einheitlichen Aspekte. Zum Beispiel den Glauben Abels. Sein Glaube war im Prinzip derselbe wie unserer. Er stützte sich auf das stellvertretende Opfer und damit auch auf die Verheißung, dass der Kommende das Problem des Bösen lösen würde.
Wir müssen sehen: Im Alten Testament wurde der Mensch durch Sündenbekenntnis und Reue gerettet. Das hat sich nie geändert. Deshalb müssen wir diese roten Linien betonen, das ist das Kontinuierliche.
Gleichzeitig müssen wir auch die Stellen erkennen, an denen Wechsel eingetreten sind. Die Auseinandersetzungen zwischen Dispensationalisten und Calvinisten oder anderen Gruppen hängen oft damit zusammen, dass der eine mehr das eine betont und der andere mehr das andere.
Mit dieser Unterscheidung ist das Problem zwar noch nicht gelöst, aber es hilft schon, eine Annäherung zu finden.
Wir müssen beides sehen: die Schrift als Ganzes und die einzelnen Schriften. Dabei sollten wir die unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Bibelbücher erkennen. Jedes Bibelbuch hat seinen eigenen Charakter und seine ihm eigentümliche Schönheit.
Charakteristika einzelner Bibelbücher und Lesemethoden
Wir nehmen das Matthäusevangelium. Ich frage mich, was die Hauptbotschaft in diesem Buch ist.
Vorweg: Was sollte ich dann behandeln? Die Antwort lautet: Der König für Israel und die Nationen.
Wo finde ich den Schlüsselvers? Antwort: Matthäus 1,1 – „Jesus ist der Sohn Abrahams, der Sohn Davids.“ Und wie findet man das heraus? Das ist ganz einfach. Man nimmt einen guten Bibelkommentar aus der Bibliothek, und dort steht alles schon drin.
Aber es gibt auch noch einen anderen Weg: Man lese das gewählte Bibelbuch durch und versuche, den Gedankenverlauf zu finden. Also gut lesen, schön lesen, nicht zu schnell. Querlesen können wir in den Kommentaren, oder? Ja, da gibt es verschiedene Methoden. Gut lesen drückt eigentlich auch eine gewisse Ehrfurcht vor dem Gotteswort aus.
Hast du gesagt, die Bibel querlesen? Nein, das ist eben kein Problem, wenn man das Buch aufmerksam liest. Jedes Wort hat seine Bedeutung im Satz, jeder Satz im Abschnitt, jeder Abschnitt innerhalb des Buchs. Wenn man das Buch aufmerksam liest, verfolgt man dabei, wie sich die Gedanken entwickeln.
Nach einem Blatt Papier kann man sich dazu Notizen machen. Dann folgt die Frage: Wie kann man das Buch sinnvoll einteilen? Manchmal findet man eine Art Refrain, der das Buch schon einteilt.
Ich habe hier ein Beispiel: Das Hohelied hat drei Refrains, daraus folgen vier Strophen. Das Buch hat vier Strophen, der Refrain kommt dreimal vor. Oder im Buch Zephanja findet man einen Refrain zweimal, das teilt das Zephanja-Buch in drei Teile.
Und wie ihr seht, das geht nicht immer schön nach den Kapitelzahlen, die sind oft schlecht. Aber das macht nichts, denn es ist ein gutes Hilfsmittel.
Solche Markierungen findet man in vielen Büchern. Es gibt auch Strukturwörter. Zum Beispiel in Römer 12, Vers 1 heißt es: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Ermahnungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer.“ Jetzt seht ihr das Wort „nun“. Das drückt die Schlussfolgerung aus.
Kapitel 12 ist die Schlussfolgerung aus all den Lehren in Römer 1 bis 11. Hier beginnt der praktische Teil, in dem erklärt wird, was das für unser Leben bedeutet. Und beides ist das Lehrbuch. Ja, man kann Lehre und Praxis nicht trennen, das ist eine Einheit. Aber wir haben hier zwei Teile.
Dieses Strukturwort findet man auch im Kolosserbrief, Kapitel 3, Vers 1: „Jetzt wissen wir schon, wo der Lehrteil ist und wo der Anwendungsteil ist.“ Im Epheserbrief, Kapitel 4, Vers 1 steht ebenfalls „nun“. Jetzt wisst ihr auch, wo der Lehrteil ist und wo der praktische Teil beginnt.
Ein Wort – und so kann man schöne Beobachtungen machen, natürlich verbunden mit Gebet: „Herr, öffne mir die Schrift, öffne meinen verschlossenen Verstand, begegne du mir.“ Wir wollen Christus suchen in seinem Wort, unser Leben korrigieren.
Der Psalmist aus Psalm 119 sagt: „Ich habe dein Wort in meinem Herzen verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige.“ Warum hat er die Bibel gelesen? Damit er nicht sündigt. Das ist eine Motivation zum Bibellesen: damit wir nicht gegen Gott sündigen.
Wir müssen uns fragen: Wer hat ein Buch geschrieben? An wen hat er es gerichtet? Das wird aber nicht immer gesagt. Aber da, wo es gesagt wird, sollen wir darauf achten.
Wir müssen uns fragen: Ist es an eine Gemeinde, eine Ortsgemeinde geschrieben, oder ist es ein Rundbrief, wie zum Beispiel der Hebräerbrief? Wir stellen uns Fragen über die Hintergründe.
Zum Beispiel erfährt man aus dem ersten Korintherbrief selbst viele Hintergründe, was da so abgegangen ist. Und wenn wir den Brief gründlich lesen, können wir solche Hintergründe aus dem Brief erarbeiten.
Wir fragen uns: Wann ist ein Buch geschrieben worden? Dadurch können wir es auch in die Heilszeitalter einordnen. Das ist auch wieder eine wichtige Sache.
Es ist zum Beispiel sehr wichtig, dass nicht Mose den ersten Korintherbrief geschrieben hat, sondern Paulus.
Wir haben verschiedene Schreibstile. Jeder Schreiber hat einen anderen Stil, und das merkt man schon an der Wortwahl. Johannes hat ganz typische, immer wiederkehrende Wörter, die man bei Paulus so nicht findet.
Das Johannesevangelium hat einen Wortschatz von circa achthundert Wörtern. Das wäre das Vokabular von einem Kleinkind. So tief? Ja, gut, es ist natürlich nicht das Vokabular eines Kleinkindes, denn so viele Wörter im Johannesevangel kennen Kleinkinder nicht. Es sind Wörter aus der erwachsenen Sprache, aber der Umfang entspricht ungefähr dem, was man von einem Kleinkind erwartet.
Oft sind es sehr kurze Sätze bei Johannes. Bei Paulus hingegen finden sich immer wieder ganz lange Sätze. Epheser 1,3-14 ist im Griechischen ein einziger Satz. Das übersprudelt richtig. Paulus schrieb aus dem Gefängnis und freut sich über den Reichtum des Glaubens in Christus.
Paulus hat also einen ganz eigentümlichen Schreibstil.
Nun, in 1. Korinther 14 geht es um Weissagung in der Gemeinde, also darum, dass man geleitet durch den Geist Gottes Worte so weitergibt, dass sie den Bedürfnissen entsprechen.
Da vergleicht Paulus das Reden in der Gemeinde mit verschiedenen Tempelinstrumenten wie Posaune, Harfe oder Flöte. Das ist ein wunderbarer Vergleich.
Jedes dieser Musikinstrumente hat eine andere Klangfarbe. Das A auf einer Posaune klingt anders als das gleich hohe A auf der Harfe oder auf der Flöte. Warum? Das hat zu tun mit der Obertonreihe und so. Das ist interessante Physik.
Aber es ist also so: Der gleiche Ton hat eine andere Farbe.
Johannes klingt in der Bibel ganz anders als Paulus, aber sie ergeben zusammen keinen dissonanten, organisierten Lärm, so wie Pierre Boulez oder Ligeti im zwanzigsten Jahrhundert. Aber sie passen zusammen.
Zusammen ergeben sie ein vollkommen harmonisches und wohltuendes Konzert. Dabei dürfen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Vielfalt und auch auf die Unterschiede richten. Dann wird diese Klangvielfalt ein wahrer Genuss.
Luther hatte ja im Römerbrief die Rechtfertigungslehre aus Glauben allein entdeckt und dann Schwierigkeiten mit dem Jakobusbrief, weil seine Feinde mit dem Jakobusbrief kamen.
Aber Calvin hat in seiner Institutio auf wunderbare und ganz ruhige Weise, überhaupt nicht aufgeregt oder zornig, beschrieben, dass diese Unterschiede zwischen dem Römer- und dem Jakobusbrief gar kein Problem sind.
Er erklärt, dass sie schön zusammenklingen, es sind nur verschiedene Klangfarben.
Paulus betont im Römerbrief, dass ein Sünder vor Gottes Augen nur durch den Glauben an Jesus Christus gerecht erklärt wird, gerechtfertigt wird.
Jakobus sagt: „Wenn du behauptest, du seist ein Gläubiger, dann wollen wir mal bitte deine Taten anschauen und die Art, wie du lebst, und dann sehen wir, ob du ein Gerechtfertigter bist.“
Das ist eine ganz andere Sichtweise. Jakobus betrachtet den Menschen vor den Augen der Menschen, wie er als gerecht erklärt werden kann.
Inspiration und Persönlichkeit der Bibelschreiber
Jetzt gibt es ein Problem: verschiedene Schreibstile. Wie verträgt sich das mit der Lehre über die Inspiration? Das ist wirklich schwierig, oder? Warum schreibt Paulus anders als Johannes, Jesaja ganz anders als Hosea, und Josua wieder ganz anders als die Söhne Koras?
Wir müssen hier unterscheiden zwischen der Inspiration Gottes und der Inspiration durch Dämonen. Wenn Menschen von Dämonen inspiriert sind und Bücher schreiben, wird ihre Persönlichkeit eingeschränkt oder sogar ausgeschaltet. Manche Okkultisten besitzen die Gabe des automatischen Schreibens. Wenn ein Medium in Trance Botschaften ausspricht, ist das Bewusstsein vielfach ausgeschaltet.
Dämonen haben immer ein Interesse daran, unsere Kontrollinstanz auszuschalten, damit sie uns als ihre Werkzeuge missbrauchen können. So wirken auch Drogen, Alkohol, östliche Meditation und Rockmusik.
Wenn Gott Menschen benutzen möchte, will er sie als vollständige Personen in seinem Dienst einsetzen – mit Geist, Seele und Körper. Gott, der Schöpfer, hatte Johannes genau so geschaffen, wie er ihn als Gefäß zu seiner Ehre haben wollte. Auch die ganze Entwicklung in seinem Leben war so in der führenden, souveränen Hand Gottes, dass er Griechisch als Fremdsprache genau so lernte, wie Gott es wollte.
Man merkt: Das ist die Größe Gottes. Und dann sieht man auch unser eigenes Leben ganz anders. Unsere Kleinkindzeit ist nicht zufällig, sondern wir waren damals schon in Gottes Hand. Schon damals hatte Gott ein Ziel, wozu er uns bereiten möchte.
Wenn Johannes dann mit vollem Bewusstsein und ohne Einschränkung seiner Persönlichkeit seine Briefe, das vierte Evangelium und die Offenbarung schrieb, war seine von Gott geheiligte Persönlichkeit nicht ausgeschaltet. Nein, sie wurde zu hundert Prozent von Gott gebraucht. Das Eindringen von Irrtum und Falschem war hundertprozentig ausgeschlossen, getrieben durch den Heiligen Geist. Das ist der Punkt.
Das ist nun ganz wichtig, das zu verstehen. Man merkt das zum Beispiel auch beim Zungenreden: Wenn jemand so tönt, als ob er spricht, aber gar nicht weiß, was er sagt, dann ist das abgehängt. Ich habe sogar eine Kassette, auf der jemand erklärt, wie man das machen soll: Man soll drei Minuten „Baba Baba Baba“ sagen, bis der Verstand abschaltet, und dann kommt es. So weiß man, wie man mit der Zunge reden muss. Das ist eine Methode, es gibt noch andere.
Und dieser Sprecher sagte, der größte Feind des Zungenredens sei der Verstand. Ja, das ist das Dämonische.
Schauen wir mal: Selbst die Bibelschreiber, die wirklich Gottes Wort bis auf den Buchstaben schrieben, wurden mit ihrer vollen Persönlichkeit in der Hand Gottes benutzt. Das ist Inspiration. Mit anderem will ich überhaupt nichts zu tun haben. Aber das sind wichtige Prinzipien.
Gott will unsere Persönlichkeit nicht ausschalten, und er will auch nicht unseren Verstand ausschalten. Er will ihn öffnen. Ich habe schon erklärt, wir müssen auch unterscheiden, ob etwas ein Gedicht ist, ob es Geschichtsschreibung ist usw. Wir müssen auch unterscheiden, dass es verschiedene Buchgruppen gibt.
Literarische Formen und ihre Bedeutung
Übrigens noch zu den verschiedenen literarischen Formen ein gutes Beispiel: der Schöpfungsbericht in 1. Mose 1. Das ist manchmal wirklich ganz beeindruckend.
Gelehrte haben gesagt, dass man diesen Text nicht unbedingt wörtlich nehmen muss. Vielmehr sollte man ihn als einen Hymnus verstehen, also als einen Lobpreis auf die Schöpfung Gottes. Deshalb gibt es heute keine Probleme, wenn man die wissenschaftliche Sichtweise berücksichtigt, die ganz anders ist.
Die Menschen haben diesen Bericht aus ihrer religiösen Überzeugung heraus geschrieben. Ein Hymnus ist Dichtung, ja, aber das Hebräische in 1. Mose 1 ist normale Prosa.
Die Poesie im Hebräischen hat einen schönen Rhythmus, wie man zum Beispiel in Psalm 1 erkennt: „Uwe derech hat da'im lo'amad uwe moschaw le'zim lo'yashaw“. Man merkt den typischen Rhythmus mit Rhythmuswechsel im Hebräischen.
Der Schöpfungsbericht dagegen ist reine Prosa: „Bereschid bara Elohim et ascha mayim we ha'aretz we ha'aretz heita tohu wawohu we Chorschich alpeney tohum we Ruach Elohim merachheffet alpeney hamayim“. Oder: „Jomer Elohim jehi Or wei Or“, „Wajar Elohim et ha'or“, „Kittow“, „Wajawdel Elohim wen ha'or und wen ha'choshech“ und so weiter.
Das ist reine Prosa, eine Erzählung. Sie will eine historische Erzählung sein, keinen Lobpreis. Einen solchen Lobpreis finden wir hingegen in Psalm 104, der Gott als Schöpfer preist.
Also lassen wir uns nicht täuschen.
Verschiedene Buchgruppen und ihre Merkmale
Verschiedene Buchgruppen
Es gibt Geschichtsbücher, wie zum Beispiel die Bücher Mose. Ebenso gibt es Lehrbücher, wie die Briefe im Neuen Testament, und prophetische Bücher. Dabei liegt immer nur der Akzent anders. In einem Geschichtsbuch findet man auch Poesie. So gibt es in den Büchern Mose ebenfalls poetische Abschnitte. Zum Beispiel wird Adam poetisch, als er zum ersten Mal Eva sieht. Das ist ja logisch, oder? Auch im Hebräischen ist das Poesie.
Diese poetischen Elemente finden sich also auch in Geschichtsbüchern, wobei man das im Hebräischen sehr klar erkennen kann. In Lehrbüchern gibt es ebenfalls prophetische Anteile, etwa in 2. Timotheus 3. Allerdings kann es sehr gefährlich werden, wenn man aus einem Geschichtsbuch eine allgemeine Lehre ableiten will.
Ein Beispiel dafür ist Apostelgeschichte 2, wo die Christen ihren Besitz miteinander teilten. Daraus wird manchmal die Ableitung gemacht, dass es unchristlich sei, wenn man nicht in einer Art Gütergemeinschaft lebt, bei der man vor allem alles verkauft und dann zusammenlegt. In den Lehrbriefen finden wir eine solche Forderung jedoch nirgends.
Als Lehre spricht erst 1. Timotheus 6,17-19 sogar die Reichen in der Gemeinde an und erklärt, wie sie sich verhalten sollen: freigebig sein, nicht das Vertrauen auf den Reichtum setzen und so weiter. Übrigens findet sich diese Art der Gütergemeinschaft nur bis zur Steinigung von Stephanus in Apostelgeschichte 7. Danach kommt sie nicht mehr vor.
Die Apostelgeschichte als Geschichtsbuch zeigt, wie Gott in bestimmten Zeitabschnitten gewirkt hat. Das ist aber nicht zwingend etwas Allgemeinverbindliches. Dennoch können wir in der Apostelgeschichte auch allgemein verbindliche Dinge finden, aber nicht einfach so zwingend.
Man muss also verschiedene literarische Formen unterscheiden. Das heißt: Handelt es sich um eine Erzählung, eine Vision, eine Audition, ein Lied, eine Predigt oder ein Gleichnis?
Es gibt immer wieder Leute, die sagen: „Ihr Evangelikalen, fundamentalistische Christen ...“ Übrigens bedeutet fundamentalistisch, dass man an den fundamentalen Wahrheiten der Bibel festhält, wie der Inspiration der Bibel, der Gottheit Christi, der Wiederkunft Christi und so weiter. Das ist Fundamentalismus. Das hat überhaupt nichts mit Bomben zu tun.
Im Islam hingegen stützen sich Fundamentalisten auf das Fundament des Korans ab, und daraus resultieren dann leider auch Gewalttaten. Das ist also dasselbe Wort, aber es bedeutet etwas ganz anderes.
Nun sagen diese Leute zu uns: „Ihr nehmt die Bibel wörtlich, ihr seid ja schon komische Leute.“ Und im einundzwanzigsten Jahrhundert gibt es immer noch so viele komische Leute. Da muss man fragen: Was heißt eigentlich „wörtlich nehmen“?
Ich habe das gerade vor kurzem an einem Büchertisch erlebt, wo ich herausgefordert wurde. Man muss erklären, was „wörtlich“ bedeutet. Wenn ich ein Gleichnis lese, dann nehme ich es wörtlich als Gleichnis. Das heißt, es wird hier ein Vergleich gemacht. Es ist nicht eine Geschichte, die erzählt wird, wie sie tatsächlich geschehen ist.
Wenn ich eine Geschichte in der Bibel lese, die als geschichtliche Erzählung dargestellt wird, dann nehme ich sie als solche und nicht als Hymnus.
Oder wenn die Bibel von einem Tier mit sieben Köpfen aus dem Meer spricht, das die Welt terrorisieren wird, wie in Offenbarung 13, dann glaube ich nicht, dass Europa einmal von einem solchen Dinosaurier mit sieben Köpfen regiert wird. Vielmehr nehme ich das wörtlich als apokalyptische, symbolische Sprache.
So ist es gemeint: Wir müssen die Bibel wörtlich nehmen, so wie sie wörtlich verstanden werden will.
Schließlich noch zu den Hilfsmitteln – das habt ihr schon letztes Mal gehört, hier nur ganz kurz: Der Herr Jesus hat seiner Gemeinde Gaben gegeben, wie in Epheser 4,11 beschrieben. Diese Gaben, die er in der Gemeinde gegeben hat, helfen uns auch beim Bibellesen.
Wir können uns nicht einbilden, dass ein Solochristentum zum Ziel führt. Wir brauchen die Gemeinschaft in der Gemeinde. Wir brauchen Lehrvorträge, Hauskreise, Bibelkommentare und so weiter.
Dabei wollen wir uns aber im Klaren sein, dass das alles Hilfsmittel sind. Dem Wort Gottes allein geben wir die Priorität, allein der Schrift. Alles andere darf nur Instrument, Hilfe und Unterstützung sein.
Hilfsmittel beim Bibelstudium
Bitte geben Sie den zu überarbeitenden Text ein, damit ich die gewünschten Anpassungen vornehmen kann.
