Eine Kindergartengruppe besucht ein Altenheim. Im Park treffen sie eine Bewohnerin, und ein Mädchen will von der freundlichen Seniorin wissen: „Wie alt bist du?“
„Achtundneunzig Jahre“, antwortet die Frau.
Das Mädchen reißt die Augen auf und fragt: „Hast du bei eins angefangen?“
Kinder sind wirklich toll, sie können noch staunen. Und alte Leute können manchmal auch zum Staunen bringen. „Je oller, je doller“, sagt man ja.
Meine Mutter lebt seit einigen Jahren im Pflegeheim. Auf ihrer Station wohnt eine Frau Mäker, und das schon seit etlichen Jahren. In diesen Tagen feiert sie ihren einhundertdreißigsten Geburtstag.
Diese Frau zeigt den anderen auf der Station, wie man das macht. Kürzlich war ich mit meiner Mutter im Rollstuhl im Haus unterwegs. Einige Damen kamen von draußen herein. Frau Mäker schob ihren Rollator und drängelte die anderen, denn ihr ging es nicht schnell genug.
Neulich ging sie über den Gang. Ich fragte sie: „Wo wollen Sie hin, Frau Mäker?“
Sie antwortete: „Ich muss in den Keller runter, ich suche einen Karton.“
Sie verschickt oft Sachen an ihre Kinder und Enkel. Dafür brauchte sie einen Karton.
„Soll ich das für Sie machen?“ fragte ich.
„Nee, nee, das suche ich mir alleine mit hundert zwei Jahren“, sagte sie.
Also war sie im Keller des Altenheims und hat das zusammengesucht, was sie brauchte.
Es gibt ein Phänomen, das man den geistigen Rentnertod nennt. Es beschreibt die traurige Tatsache, dass viele ältere Menschen, die eigentlich noch fit und leistungsfähig sind, den Eintritt in den Ruhestand nicht verkraften. Sie fühlen sich nicht mehr gebraucht.
Manche sterben sogar plötzlich, weil sie keine Aufgabe mehr im Leben sehen. Der Mensch braucht also etwas, wofür er sich von Herzen engagieren kann, etwas, das sein Leben ausfüllt. Er braucht ein großes Ziel.
Dieses Ziel hat uns Jesus eröffnet. Es ist ein großes Ziel, kein diesseitiges. Alle diesseitigen Ziele sind begrenzt und oft deprimierend. Aber dieses große Ziel malt uns unser Erlöser Jesus vor Augen.
Nun machen wir eine Fortsetzung im ersten Buch Mose und sprechen heute Morgen von einem Mann, der sogar noch ein bisschen älter geworden ist als Frau Mäker. Mit fünfundsiebzig Jahren hat er noch einmal richtig aufgedreht.
Nach der Schöpfung, dem Sündenfall, dem Brudermord, der Sintflut und dem Turmbau zu Babel folgen im ersten Buch Mose die sogenannten Vätergeschichten. Das sind Erzählungen von Abraham, Isaak, Jakob und am Ende des ersten Buches Mose auch die eindrucksvolle Geschichte von Joseph.
Zehn Generationen nach Noah wird der erste wirklich Prominente geboren. Gott versichert ihm: „Ich will deinen Namen bekannt machen.“ Prominent heißt, dass jemand bekannt ist. Und so ist es auch gekommen. Der Name Abraham ist bei Juden geachtet, wird bei uns Christen geachtet und sogar bei Muslimen.
Menschen, die bei uns angesagt sind und auch im Fernsehen präsent sind, das sind Musiker, Sportler, Schauspieler oder Politiker. Das sind im Allgemeinen Eintagsfliegen. Niemand, den wir heute prominent nennen, wird wohl je eine derart historisch weitreichende Bedeutung erlangen wie Abraham.
Die Geschichte Abrahams ist viertausend Jahre alt. Sie beginnt zwischen Mesopotamien und Israel, irgendwo zwischen Palmen und Pinien. Abraham ist ein Mann, der alles hat, was er braucht. Es ging ihm blendend, er war reich und hatte es wirklich zu etwas gebracht.
Abraham und Sarai sind ein reiches, rüstiges Rentnerehepaar, und sie bereiten sich auf eine bevorstehende Reise vor – eine Reise, die dauerhaft sein sollte. Wenn sie damals mit dem Wohnmobil losgezogen wären, hätte man dafür Verständnis gehabt. Wahrscheinlich hätten die früheren Geschäftspartner, Nachbarn und Verwandten es nachvollziehen können, wenn die Betagten ihr offensichtliches Fernweh mal mit ein paar Tagesausflügen gestillt hätten – zum Beispiel, um den halbfertigen Turm von Babel zu besichtigen.
Der Turm war tatsächlich nur ein paar Katzensprünge von Ur entfernt, das hätte man verstehen können. Aber als die Angehörigen von Abrahams Auswanderungsplänen erfahren, kommen sie nicht mit – schon alleine gedanklich nicht. Verwundert sehen sie zu, wie er eines Tages seine Kamele belädt. Er belädt sie mit allen denkbaren und transportfähigen Habseligkeiten, um in eine viele hundert Kilometer entfernte, ihm völlig unbekannte Gegend aufzubrechen.
Nun, wenn jemand mit 75 Jahren noch eine derartige Veränderung vornimmt, dann muss das einen besonderen Grund haben. Normal ist das jedenfalls nicht. Und es gibt diesen besonderen Grund, denn Gott hatte zu dem Mann gesprochen.
Wir lesen einmal die ersten beiden Verse aus Erster Mose Kapitel zwölf. Gestern hatten wir das elfte Kapitel, und ich sagte bereits, dass eine direkte Fortsetzung folgt, die man auch inhaltlich sehr gut nachvollziehen und miteinander verbinden kann.
Also 1. Mose 12,1-3:
Und der Herr sprach zu Abraham: „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen. Ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. Und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“
Geh aus deinem Land, Andreas, wo bist du? Ohne Konzept – geh aus deinem Land, ohne zu wissen, wie das alles werden soll. Wer soll den Stein der vielen Widerstände wegrollen? Das ist ja alles nicht so ganz einfach.
Was muss man da vorher alles planen? Man kann doch nicht von heute auf morgen sagen: „Ich verlasse meine Verwandtschaft, mein Zuhause, alles, was ich mir aufgebaut habe, und gehe irgendwohin, wo ich überhaupt nicht weiß, was das für ein Land ist.“
„In ein Land, das ich dir zeigen werde“ – das ist ja noch nicht einmal näher definiert. Das ist Glauben. Das ist Glauben.
Das Thema Glauben ist das zentrale Thema im Jakobusbrief. Ich weiß nicht, wer heute Morgen auf die Treppenstufe Jakobus Kapitel 1, Vers 22 geschrieben hat. Dort heißt es, dass wir Täter des Wortes sein sollen und nicht nur Hörer.
Oft ist es so, dass wir in der Bibelarbeit etwas hören, bei dem wir denken: „Mensch, das ist mir so noch nie aufgefallen, das ist etwas Neues für mich.“ Versuche dann immer zu überlegen, wie du das umsetzen kannst. Manchmal weißt du nicht genau, wie du es tun sollst – mach es trotzdem.
Nimm dir ein Beispiel an den Frauen, die zum Grab gingen. Sie gingen trotzdem hin, ohne ein genaues Konzept. Mach es wie Abraham: Er ging los, ohne einen genauen Plan, aber gehorsam und im Vertrauen. Glaubend Schritte zu wagen, das bedeutet Gehorsam.
Was auch immer du dir in den vergangenen Tagen vorgenommen hast, ich will dich ermutigen: Mach es! Lass dich nicht davon abhalten, gehorsam zu sein und Täter des Wortes zu werden.
Abraham hätte auch brav seine Ziegen hüten können. Er hätte Ziegenkäse gegessen bis an sein Lebensende. Wahrscheinlich wäre er nie über den Rand von Ur hinausgekommen. Er wäre namenlos gestorben unter den zahllosen Menschen der Frühgeschichte, wenn Gott ihn nicht aus seinem Trott herausgeholt hätte.
Dieser kurze Satz: „Und der Herr sprach zu Abraham: Reiß den Greis aus seinem eingefahrenen Leben heraus.“ Das macht ihn überhaupt erst zu einem Menschen, von dem es sich lohnt zu reden.
Paulus schreibt in Römer 4, dass Abraham Spuren des Glaubens hinterließ. Es ist leichter, einen Weg im Sand zu finden, wenn bereits jemand diesen Weg gegangen ist. So haben wir Menschen, die Spuren hinterlassen haben, als Vorbilder in Gottes Wort. Abraham ist eines der ganz Großen davon.
Deshalb sprechen wir von Vater Abraham, weil er von Gott gerufen wurde. So wie Paulus von Gott berufen wurde, beginnt der Römerbrief mit dem ersten Vers, in dem er sich als berufener Apostel für das Evangelium vorstellt. Er wusste von einer von Gott beauftragten großen Aufgabe, an der er beteiligt sein sollte. Er fühlte sich von Gott berufen.
Viele von uns kennen eine solche Berufung – sei es für eine bestimmte Aufgabe oder ganz allgemein, den Pfad des Glaubens zu gehen. Auch wenn wir uns von Anfang an nicht immer eines klaren Konzepts bewusst waren.
Vermutlich hatte Abraham einen gemütlichen Lebensabend in Ur geplant. Die Abende des Lebensabends wollte er gemeinsam mit seiner Frau am Kamin verbringen. Sarah redete, ohne ein bestimmtes Thema zu haben, Abraham trank, ohne Durst zu haben. So läuft es ja in gutbürgerlichen Häusern oftmals zu – beschaulich bis belanglos.
Doch dann kam der Ruf Gottes. Ob Abraham schon vor dieser Aufforderung eine Begegnung mit Gott hatte, wissen wir nicht. Davon ist in der Bibel zumindest keine Rede.
Ich weiß auch nicht, ob du schon einmal eine so hautnahe Begegnung mit Gott erlebt hast. Hier sind sehr unterschiedliche Menschen: Einige haben schon viele Erfahrungen im Glauben gemacht, andere stehen ganz am Anfang oder sind vielleicht noch unentschlossen vor einer Entscheidung für oder gegen Jesus.
Was ich weiß, ist, dass Gott sowohl Menschen aus heidnischem Hintergrund anspricht als auch solche, die ihn schon lange kennen.
Ich lese weiter, Vers vier: Und Abraham ging hin, wie der Herr zu ihm gesprochen hatte, und Lot ging mit ihm. Abraham war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.
Abraham nahm seine Frau Sarai, Lot, den Sohn seines Bruders, und all ihre Habe mit, die sie erworben hatten. Ebenso die Leute, die sie in Haran gewonnen hatten. Dann zogen sie aus, um in das Land Kanaan zu gehen, und sie kamen dort an.
Abraham durchzog das Land bis zur Stätte von Sichem, bis zur Terebinte von More. Zu dieser Zeit waren die Kanaaniter im Land. Der Herr erschien Abraham und sprach: Deinen Nachkommen will ich dieses Land geben.
Dort baute Abraham dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar. Danach brach er auf und ging zum Gebirge östlich von Bethel. Er schlug sein Zelt auf zwischen Bethel im Westen und Ai im Osten. Dort baute er dem Herrn einen weiteren Altar und rief den Namen des Herrn an.
Dann brach Abraham auf und zog immer weiter nach Süden.
Warum sollte Abraham in dieses ferne, fremde und eher fade Land gehen? Er hätte doch auch in Ur, wo er zu Hause war und aufgewachsen ist, zu einer Großnation werden können. Dort hätte er sich ebenfalls segnen lassen können.
Warum also „Geh aus deinem Land, deiner Verwandtschaft“? Liegt es nur daran, dass in Kanaan die Bevölkerungsdichte geringer war? Eher nicht. Mir erscheinen drei Gründe plausibel.
Der erste Grund ist: Es geht hier wieder um einen Neuanfang. Ihr erinnert euch, diejenigen, die die letzten Tage mit dabei gewesen sind: Im ersten Buch Mose ging es immer wieder um Neuanfänge. Der letzte war bei Noah ein Neuanfang. Deshalb passt dieser Text auch irgendwie zu Ostern. Ostern ist ja der gewaltigste Neuanfang. Etwas, das gestorben war, wo die Jünger hoffnungslos waren, dass diese Geschichte überhaupt irgendwann eine Fortsetzung findet, wird neu erweckt und bekommt erst so richtig Dynamik.
Ein Neuanfang ist immer nötig wegen des Aufstands der Menschen gegen Gott. Die Voraussetzung für einen Neuanfang ist die Trennung von manchem, was in der Vergangenheit blockiert hat. Voraussetzung ist die Trennung von Heidnischem oder Verdorbenem. Niemand kann Christ werden, wenn seine Seele noch aus alten spirituellen Quellen stammt, zum Beispiel Satanismus oder germanischem Götterglauben. So wie ich neulich ein Auto vor mir hatte, auf dem stand: „Odin statt Jesus“. Es gibt manche, die zu irgendwelchen heidnischen Göttervorstellungen zurückkehren. Aber hier geht es um einen Neuanfang, das Alte abzuschließen, es zu identifizieren als „Ihr Weg“ und sich auf einen völlig neuen Weg einzulassen.
Der Neuanfang – die Trennung bei Abraham mag uns radikal erscheinen, die Trennung bei Noah war aber noch viel radikaler. Da wurde alles überschwemmt, und das war wirklich ein Neuanfang. Also, es geht hier um einen Neuanfang.
Ein zweiter Grund, warum nicht in Ur: Abraham soll lernen, ausschließlich auf Gott zu hören, also auf Gott angewiesen zu sein. Alles, was ihm noch vermeintlichen Halt geben konnte, wurde ihm sicherheitshalber genommen, sodass er gar nicht anders konnte, als sich mit seinem ganzen Leben auf Gott zu werfen.
Der dritte Grund soll direkt auf uns übertragen und angewendet werden: Neue Erfahrungen können wir nur machen, wenn wir bereit sind, Vertrautes hinter uns zu lassen. Ich wiederhole: Neue Erfahrungen können wir nur machen, wenn wir bereit sind, Vertrautes hinter uns zu lassen.
Bestimmt ist Abraham die Trennung nicht leicht gefallen, besonders wenn man bedenkt, wie hoch im Orient die Bedeutung von Heimat, von Sippe und von Familie ist. Das war damals erst recht so, und das ist auch heute so. Wer damals aus seiner Familie weggegangen ist, wer sich von seinen Angehörigen getrennt hat, der war praktisch erledigt, völlig auf sich gestellt und hatte keine menschliche Sicherheit mehr.
Bei uns ist Familie nicht mehr ganz so mächtig wie damals, aber ich kenne schon auch Familien, die einen so starken Einfluss auf ihre Mitglieder haben, dass sie ihnen nicht erlauben, mit Gott zu gehen. Ein Freund von mir, der als junger Mann zum Glauben kam, hat von seinen Eltern große Steine in den Weg gelegt bekommen. Er hat mit einer Taschenlampe im Kleiderschrank seine Bibel gelesen, damit seine Eltern ihn nicht dabei erwischen.
Die Eltern hatten ihn zwar zum Konfirmandenunterricht geschickt, und da sollte er sich auch benehmen, dem Pfarrer kein Kaugummi auf den Stuhl kleben und so weiter. Aber als er anfing, das, was er dort gehört und gelernt hatte, ernst zu nehmen, sagten sie, er sei ein bisschen überdreht, ein bisschen radikal geworden, und dann haben sie ihn gebremst.
Nun erlebt er sein Glaubensleben bis heute und hat an Jesus festgehalten. Aber so ist das. Es gibt Familien, die negativen Einfluss ausüben, und das hat Jesus gewusst.
Ein junger Mann wollte ihm nachfolgen, und Jesus bestand darauf, dass er sich vorher nicht von seiner Familie verabschieden sollte. Dann sagt Jesus in dem Zusammenhang unerbittlich: „Niemand, der seine Hand an den Pflug legt und zurückblickt, ist tauglich für das Reich Gottes.“
Ich schaue mir mal die Fahrradfahrer unten in der Hafenstraße an. Ich würde ihnen auch immer raten: Schau nach vorne! Jesus sagt, wenn ihr zurückschaut, ist das nichts. Und es gibt Leute, die schauen ständig nach hinten.
Natürlich hat man auch im Auto, und besonders hier mit euren Wohnwagen, Spiegel. Aber ich würde euch raten, wenn manche morgen nach Hause fahren müssen, nicht ständig nur in den Spiegel zu schauen, sondern vorwiegend nach vorne zu gucken. Sonst fährt man gegen einen Baum, und das ist schade um die Bäume. Also: Schaut nach vorne!
So sagt Jesus: Niemand – man könnte vielleicht so sagen – niemand, der seine Hand an die Lenkstange hält und zurückschaut, ist tauglich für den Straßenverkehr, wenn wir das auf uns übertragen wollen.
Petra, eine Bekannte, die sich vor einer englischen Bibelschulklasse vorstellen sollte, hatte sich entschieden, bei „New Tribes Mission“ eine Ausbildung zu machen. Die neun Schüler sollten sich alle vorstellen und einen Bibelvers nennen, der für ihre Berufung Bedeutung hatte. Das war dieser Vers bei Petra.
Jetzt war ihr Englisch noch nicht so flüssig. „Pflug“ auf Englisch heißt „plough“, sie aber sagte „plug“, was „Steckdose“ heißt. Die Klasse lachte. „Niemand, der seine Hand an die Steckdose hält und zurückschaut.“ Petra wusste nicht, warum plötzlich alle anfingen zu lachen.
Nun, es kann sein, dass jemand auch nicht für Gottes Reich geeignet ist, wenn er zu sehr unter Strom steht. Das kann schon sein. Aber was hier gemeint ist, ist „plough“, der Pflug. Wenn du dich beim Pflügen nicht auf die Arbeit, auf das Gerät und auf die Ochsen konzentrierst, dann gerät es dir, dann wird die Bahn schief, dann ist es kein gerader Weg, den du gehst.
Wenn Gott uns ruft, dann sollten wir uns nicht umschauen. Bei dem einen ist es die Familie, die einen vielleicht abhalten will. Aber das ist ja nicht immer so. Bei anderen sind es die Frauen. Liebe Männer, schaut nicht zurück, sondern auf das, was Gott euch geschenkt hat. Wenn Gott euch eine Frau geschenkt hat, dann freut euch daran und geht euren Weg, ohne euch ablenken zu lassen.
Bei dritten sind es Filme – und zwar manchmal Filme, die uns tatsächlich unfähig machen, dem Herrn zu dienen und nachzufolgen, unserer Berufung zu folgen. Beim vierten ist es die Feierei, vielleicht auch mit Alkoholkonsum verbunden.
Schaut nach vorne, geht voran, und alles, was ihr identifiziert, was euch hindern könnte, lasst beiseite. Manche geben schon nach wenigen Schritten wieder auf.
Andreas hat vorhin gesagt: Wir nehmen etwas aus Gottes Wort mit. Das ist ja die Absicht von „Camping unter Gottes Wort“. Das soll nicht nur den Vormittag füllen, sondern wir wollen Gott zu uns reden lassen. Dann geht es darum, das auch in den Alltag mitzunehmen.
Jetzt gibt es Leute, die nach wenigen Schritten schon wieder aufgeben, nach dem Motto: „Er wollte die Welt erobern, aber es regnete.“ Eine Wanderung, die nur aus wenigen Schritten besteht, bei der einer sich beim geringsten Widerstand ausklinkt, bringt keinen wirklichen Perspektivwechsel.
Wenn ich mir also vornehmen würde, eine Wanderung zu machen, aber nach zehn Schritten schon wieder stehenbleibe, dann wäre ich selbst enttäuscht. Ich müsste sagen: Nun, die Perspektive hat sich nicht großartig geändert. Ich sehe immer noch dieselben Leute, und alles ist so wie vorher.
Es geht darum, einen ganzen Weg zu gehen, vorwärts zu gehen. Wenn ich das mache und wirklich eine Wanderung antrete, dann wird sich die Umgebung, werden sich die Umstände sehr wohl verändern.
Es geht hier auch darum, treu zu sein, konsequent zu sein. Lass das, was hinter dir liegt, hinter dir. Mach es wie Paulus, der sagt: „Ich vergesse, was da hinten ist, und ich strecke mich aus nach dem, was vorne ist, und jage auf das Ziel so hin, zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (Philipper 3).
Nun hätte Abraham Gott natürlich absagen können. Er hätte sagen können: „Denk an mein Alter und denk an meine Alte, bei uns ist nicht mehr allzu viel los. Deine Pläne sind uns zu anstrengend.“
Anstrengend – so reden selbst junge Leute manchmal, die meinen, ein Leben mit Gott sei zu anstrengend. Dabei glaube ich, ist das Gegenteil der Fall: Ein Leben ohne Gott ist anstrengend.
Denn wer nicht mit Gott rechnet, wer also meint, ein Zufall der Natur zu sein, der ist ja auf sich selbst gestellt. Und das ist anstrengend. Wer nichts hat außer diesem Leben mit seinen engen Grenzen, der muss aus diesem Leben alles herausholen. Das heißt: Genuss um jeden Preis, Erfolg um jeden Preis, Anerkennung um jeden Preis. Das macht unzufrieden und kann depressiv machen.
Nicht ein Leben mit Gott, sondern ein Leben ohne Gott ist anstrengend. Wenn mich jemand fragen würde: „Was muss ich machen, um mein Leben zu vergeuden?“, dann würde ich antworten: „Nichts. Mach weiter wie bisher, leb dich aus, nimm mit, was dir geboten wird, tu, wozu du Lust hast.“ Das ist der einfachste Weg zu einem belanglosen Leben – sich einfach so treiben zu lassen.
Für ein Leben mit Gott müssen wir uns entscheiden. Und es geht in einer solchen Zeit. Da ist ein Ostermorgen ein gutes Datum, um Entscheidungen zu treffen, um Entschlüsse zu fassen und sich neu aufzumachen. Das, was Jesus aus dem Tod hervorgebracht hat – dieses neue Leben – auch zu leben und sich im Glauben für seine Sache zu engagieren, zu der Jesus seine Jünger berufen hat.
Willst du dem Ruf Gottes folgen, oder soll dein Leben normal verlaufen? Abraham ist gottgehorsam, und so verläuft sein Nomadenleben alles andere als normal. In seiner Sippe vollzieht sich Gottes Plan mit den Menschen.
Deswegen ist es immer ein bisschen riskant, Ostern hier zu verbringen. Man bekommt es hier bei „Camping unter Gottes Wort“ mit Gottes Reden zu tun. Das ist also nicht einfach nur eine fromme Unterhaltung, sondern ein Gottesdienst.
Hier bei „Camping unter Gottes Wort“ redet Gott. Hier ruft Gott, und hier wirst du regelmäßig vor eine Entscheidung gestellt: Willst du auf Gottes Ruf hören? Willst du ihm ganz gehören? Willst du ihm gehorsam sein? Willst du ihm mit dem, was er dir gegeben hat, dienen? Willst du dich von ihm führen lassen und dich von ihm segnen lassen? Oder willst du deinen Weg alleine bestimmen? Willst du bleiben, wie du bist, und machen, was du willst?
Natürlich verläuft ein Leben mit Gott äußerlich nicht unbedingt gemütlich. Äußerlich ist es manchmal sogar sehr ungemütlich. Aber in uns schenkt er einen unerklärlichen Frieden.
In einem Gestapoknast, drei Monate vor Ende des Zweiten Weltkrieges, schrieb Dietrich Bonhoeffer kurz vor seiner Ermordung, gerade in den vergangenen, war es letzte oder vorletzte Woche, vor achtzig Jahren, sein Silvestergedicht: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar.“ Es war sein letztes Gedicht, bevor er von den Nazis gehängt wurde.
Äußerlich waren die Umstände katastrophal, und er wurde sich, je näher dieser Tag kam, immer bewusster, wie sein Leben enden würde. Wie hätten wir uns da gefühlt? Aber innerlich – unerklärlich, dass jemand in dieser Situation diese Zeile schreiben kann: „Von guten Mächten, treu und still, umgeben, behütet, getröstet, wunderbar!“
Das ist der Unterschied. Natürlich kann Nachfolge ganz schöne Strapazen mit sich bringen, aber diesen inneren Frieden wollen wir doch durch nichts anderes eintauschen.
Sünde mag dir vorgaukeln und lügen, dass du deine Bedürfnisse befriedigen kannst. Aber sie bringt dich nicht zur Ruhe. Ganz im Gegenteil: Sie belastet dein Gewissen, macht dich fertig und kaputt. Der Teufel bietet viel, gibt dir aber wenig und nimmt dir am Ende alles.
Bei Gott ist es genau andersherum. Er schenkt denen, die ihm vertrauen, diesen unerklärlichen, wunderbaren Frieden.
Willst du also ein Held sein oder ein Pantoffelheld? Gerade auch den Jüngeren möchte ich sagen: Werdet nicht in euren jungen Jahren schon zum Spießer. Spießer sind Leute, die gegen jede Veränderung sind. Aber Gott bringt immer Veränderung – und das macht das Leben mit Gott so spannend und abenteuerlich.
Abraham ist kein Pantoffel, sondern ein Glaubensheld. Er beweist Glauben, als er seine gemütlichen Plätze hinterm Ofen verlässt, um in ein neues, unbekanntes Land aufzubrechen – ohne den genauen Weg zu kennen, ohne zu wissen, was ihn dort erwartet, ohne sichtbare Garantie, ohne irgendein Konzept.
Vielleicht ist es ja doch etwas für dich und für uns alle, auch wenn wir natürlich alle Leute sind, die sich so ihre Gedanken machen: Wie soll das alles werden? Aber wenn du an die Grenzen deiner Erklärung und deiner Weisheit kommst, dann fängt Gott erst richtig an.
Ich glaube, dann ruft der Himmel endlich: Da ist einer, der am Ende ist, jetzt kriegen wir was zu tun, jetzt können wir ihm helfen. Vorher helfen wir uns ja selber, und da werden wir das Eingreifen Gottes nicht unbedingt erleben.
Na ja, und dann, als Abraham schließlich in Kanaan angekommen ist, sieht er nichts von dem, was Gott ihm in Aussicht gestellt hat. Ganz im Gegenteil: Dort in Sichem erscheint ihm Gott wieder und sagt zu ihm: „Deinen Nachkommen will ich dieses Land geben.“
In dieser Aussage könnte man zwei Fehler vermuten. „Deinen Nachkommen will ich dieses Land geben“ – jeder normale Abraham hätte wohl gefragt: „Entschuldigung, welche Nachkommen?“ Meine Schafe vermehren sich zwar enorm, aber meine Sarah bekommt keine Kinder. Und an welches Land soll ich das geben? Ich bin doch ein Fremder hier, ich bin nur ein Gast.
Und tatsächlich bleibt Abraham sein ganzes restliches Leben lang ein Gast. Von der Erfüllung seiner Verheißung sieht er außer einem kleinen Jungen, der später Isaak heißt, nichts. Bis Isaak von diesem Zeitpunkt an geboren wird, vergehen fünfundzwanzig Jahre.
Hier sagt Gott ihm: „Deinen Nachkommen will ich das Land geben.“ Aber fünfundzwanzig Jahre muss Abraham darauf warten. Nicht fünfundzwanzig Tage – das wäre schon schwierig. Nicht fünfundzwanzig Wochen – du liebe Zeit. Nicht fünfundzwanzig Monate, sondern wirklich fünfundzwanzig Jahre.
Mir gefällt das auch nicht, aber manchmal brauchen wir eben Geduld. Wenn jemand ruhelos auf glühenden Kohlen sitzt, dann sitzt Gott auf dem Thron und regiert.
Albert Einstein hat einmal gesagt: „Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht.“ Im Glauben ist das anders. Dort sieht man nicht immer sofort das Ergebnis oder den Erfolg.
Und als der Stammhalter nach fünfundzwanzig Jahren endlich geboren wird, nennen sie ihn Isaak. Die Bedeutung des Namens Isaak ist „Er wird lachen.“
Stellt euch mal das Familienfoto vor: Abraham, Sarah, Isaak – alle drei lachen, und keiner von ihnen hat einen Zahn im Mund.
Gottes Wort geht in Erfüllung, und Gottes Zusagen erfüllen sich. Wenn du das nicht so recht glauben kannst, dann sieh dir das kleine Land Israel an. Die Fläche ist kaum größer als mein Heimatland Hessen.
„Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen“, so hatte Gott gesagt. Bisher wurden die Großmächte in biblischen und auch nachbiblischen Zeiten, die sich gegen das Volk Gottes, Israel, gestellt haben, verflucht. Die Asyrer, die Babylonier, die Römer und das Dritte Reich – ihre geschaffenen Welten fielen wie Kartenhäuser in sich zusammen. Doch Israel besteht bis heute. Das Volk Gottes erlebt diese Verheißung, ob sie es glauben oder nicht.
Immer mehr Menschen glauben es – solche, die den Messias und damit die gesamte biblische Botschaft erkennen. Lasst uns darum beten, dass dies gerade in unseren Tagen unter Gottes Volk Israel fortgesetzt wird. Wer euch segnet, der wird gesegnet werden. Und dazu gehört auch das Gebet.
Abraham konnte all das noch nicht wissen, als er in Sichem unter der Steineiche stand. Aber was macht er? Er vertraut, er kann warten und er vertraut auf den Befehl Gottes: „Geh, Abraham, geh, mach dich auf den Weg.“ Er vertraut auf die Verheißung Gottes: „Ich will dich segnen.“ Damit ist er für alle Zeiten zum Vater des Glaubens geworden.
Gott hat nicht für jeden von uns den gleichen Auftrag, aber Gott hat für jeden von uns das gleiche Angebot: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.“ Das scheint mir die Kernaussage in unserem heutigen Kapitel zu sein: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.“
Wodurch segnet Gott uns vor allem? Durch Jesus – in allererster Linie durch Jesus. Die Gestalt des Segens ist zugleich die Gestalt seines Kreuzes, die ausgestreckten Arme. Das Symbol des Kreuzes, das wir in vielen Gemeindehäusern, manchmal oben auf der Kirche oder vorne auf der Bibel abgebildet sehen.
Man kann die beiden Balken des Kreuzes so deuten: Der Balken von oben nach unten ist die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Darüber haben wir gestern schon gesprochen, als wir über den Turmbau und später die Leiter gesprochen haben, auf der Jakob Gott am Ende gesehen hat. Der zweite Balken verläuft hinter den ausgebreiteten Armen des Gekreuzigten. Er bedeutet das Angebot des Segens für alle Völker.
Also: „Ich will dich segnen von oben nach unten, und du sollst ein Segen sein.“ So segnet Gott uns in Jesus Christus, und so sollen wir ein Segen sein. Indem wir solche Worte auf die Straße schreiben, Traktate in Marktheidenfeld weitergeben und noch mehr dort, wo wir zuhause sind, Menschen von dieser hoffnungsvollen Botschaft erzählen.
Wir sollen ihnen glauben, es vorleben, davon schwärmen und etwas ausstrahlen von dieser Hoffnung, die man uns hoffentlich auch in unserem Wesen abspürt.
Ich komme zum Schluss: Abraham war fünfundsiebzig Jahre alt, als er erst so richtig anfing zu leben. Die meisten von uns haben gegenüber Abraham einen großen Vorteil. Wir müssen nicht erst warten, bis wir fünfundsiebzig sind. Du kannst heute schon deinen Weg mit Gott gehen.
Du musst dich nur entscheiden: Soll dein Leben bedeutungsvoll sein oder bequem? Willst du eine gute oder eine möglichst schmerzfreie Entscheidung treffen? Eines steht fest: Neue Erfahrungen kannst du nur machen, wenn du bereit bist, Vertrautes hinter dir zu lassen.
Ich möchte mit uns beten:
Vater, wir danken dir für diese eindrucksvolle Geschichte und für diesen Glaubensvogel Abraham, diesen Veteran des Glaubens. Wir wollen uns gerne an ihm orientieren. Du siehst, dass wir manchmal Ladehemmungen haben, dass wir nicht so richtig aus den Pötten kommen, dass wir uns vielfach ablenken lassen und uns gefangen nehmen lassen von mancher Abhängigkeit in dieser Welt und Sünde.
Wir wollen das bewusst unter deinem Kreuz, Herr Jesus, abladen und dir vertrauen, dass du zu deinem Wort stehst und uns segnen willst. Du hast uns in deinem Sohn Jesus Christus so viel zugewandt. Du, Herr Jesus, bist Heiland, bist Retter, und du lebst. Du bist auferstanden und hast Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht.
Lass uns nicht nur Gesegnete sein, die wir diesen Segen bei uns bunkern, sondern wir wollen auch ein Segen sein. Wir wollen für dich da sein, Schritte des Glaubens gehen und uns senden lassen in diese Welt. Das ist unser Auftrag, bis du wiederkommst, Herr Jesus. Wir wollen Lichter in dieser dunklen Welt sein.
Bitte gebrauche uns dazu und lass uns diesen Segen und diesen Vorsatz aus diesem Vormittag mitnehmen. Lass uns Glaubensschritte gehen, dir zu Ehren. Amen.