Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Geschwister, liebe Freunde!
Wir wollen uns heute Abend unter dem Titel „Der prophetische Dienst im Wandel der Zeiten“ besonders mit den Fragen beschäftigen: Was ist Prophetie? Was ist ein Prophet?
Wenn wir dieses Thema gemeinsam angehen, müssen wir zuerst verstehen, worüber wir sprechen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, was die Wörter bedeuten, die wir verwenden.
Am besten ist es, auf die Grundsprache der Bibel zurückzugreifen, wenn Begriffe wie Prophetie und Prophet erklärt und erläutert werden sollen.
Ursprung und Bedeutung des Wortes „Prophet“ im Alten Testament
Im Hebräischen, im Alten Testament, finden wir das Wort „nawi“, geschrieben als ,bh, das weich ausgesprochen wird als „w-navi“. Dies ist das übliche Wort für Prophet. Es bedeutet im Grunde einfach Sprecher oder Botschafter.
Das lässt sich auch aus der Wortherkunft ableiten. Das Wort basiert auf einer Wurzel, die in der verwandten semitischen Sprache, dem Akkadischen, als „Nabu“ bekannt ist. Dort bedeutet es rufen, verkünden oder nennen. Ein Navi ist also jemand, der ruft und verkündet.
Übrigens haben die Nomen im Hebräischen, die auf A-I mit den Vokalen A-I enden, oft eine passive Bedeutung. Das bedeutet, dass der Navi derjenige ist, der berufen oder genannt ist, um einen Dienst zu erfüllen. Das Wort kann also sowohl „jemand, der berufen ist“ als auch „jemand, der ruft, verkündet und spricht“ bedeuten.
Davon abgeleitet gibt es im Alten Testament Verben, die als Nippa und Hidnappe bezeichnet werden. Dabei erkennen wir, dass überall dieselbe Wurzel „Nabbu“ enthalten ist. Diese Verben bedeuten einfach „prophezeien“ oder „weiß sagen“.
Wenn wir im Deutschen von Weissagung und Prophezeien sprechen, besteht nur scheinbar ein Unterschied. Die deutschen Bibelübersetzungen geben einfach das eine hebräische Wort mit den beiden Verben Nippa und Hidnappe wieder. Sachlich gibt es also keinen Unterschied zwischen Prophezeien und Weissagen.
Die Bedeutung des Wortes „Prophet“ im Neuen Testament
Gehen wir zum Neuen Testament, dann finden wir das griechische Wort Prophetes, das im Deutschen mit Prophet übersetzt wird. Eigentlich ist das keine Übersetzung im eigentlichen Sinne, sondern das Wort wird direkt aus dem Griechischen übernommen.
Auch in der griechischen Sprache bezeichnet dieses Wort einen Sprecher und zugleich einen Vorhersager, also jemanden, der die Zukunft verkündet.
Aber nicht nur das: Man kann es auch mit „Heraussager“ übersetzen. Das heißt, es bezeichnet jemanden, der etwas, das in der Dunkelheit oder im Verborgenen liegt, durch seine Verkündigung ans Licht bringt. Somit ist ein Heraussager auch ein Verkündiger von Geheimnissen.
Diese Bedeutung lässt sich auch durch die Wortherkunft klären. Das Wort ist zusammengesetzt aus „pro“ und „fetes“.
„Pro“ bedeutet im Griechischen – im Gegensatz zum Lateinischen, wo „pro“ „für“ heißt, wie in „pro patria“ (für das Vaterland) – „vorher“. Deshalb ist ein Prophet auch ein Vorhersager.
„Pro“ kann aber auch „heraus“ bedeuten. Darum ist der Prophet jemand, der Dunkles oder Geheimes durch seine Rede ans Licht bringt.
Zudem kann „pro“ auch „vorne“ bedeuten, also jemand, der vorne steht und spricht. Damit ist es jemand, der sich an ein Publikum richtet.
Der Wortteil „fetes“ stammt vom Verb „femi“, das sprechen oder verkündigen bedeutet.
Im Neuen Testament gibt es das Verb „propheteuo“, das mit „weißagen“ oder „prophezeien“ übersetzt wird. Dieses Verb vereint all diese verschiedenen Bedeutungen als Tätigkeitswort in sich.
Weitere Begriffe für Propheten im Alten Testament
Im Hebräischen, im Alten Testament, gibt es noch weitere Wörter, nämlich Roeh und Choseh. Diese bedeuten nichts anderes als jemand, der sieht, der etwas sieht – also ein Seher.
So werden die Propheten unterschiedlich bezeichnet. Zum Beispiel in 1. Samuel 9,9, wie Sie auf dem Blatt sehen können, und in 2. Samuel 24,11. Im ersten Fall ist es das Wort Roeh, das andere Wort, das ebenfalls „sehen“ bedeutet, ist Choseh.
Ein Prophet kann also auch jemand sein, der eine Vision hat, der etwas sieht. Er hört nicht nur etwas von Gott und verkündet es weiter, sondern sieht etwas und gibt diese Sicht weiter.
Die Definition von Prophetie in der Bibel
Wenn wir dem Gebrauch des Wortes „Prophezeien“ im Alten und Neuen Testament nachgehen, können wir schließlich zu folgender langen Umschreibung kommen: Prophezeien heißt, getrieben durch den Heiligen Geist zu reden. So wird das nämlich in 2. Petrus 1,21 erklärt. Ich lese das kurz vor: „Denn die Weissagung oder Prophetie, das ist das Gleiche, wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist.“
Weiter wird Prophetie in 1. Korinther 14,3 definiert als Reden zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung. Dort heißt es: „Wer aber weissagt oder eben prophezeit, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung.“ Das griechische Wort „Ermahnung“ hat eine Doppelbedeutung. Es kann sowohl „ermahnen“ als auch „ermuntern“ oder „Ermunterung“ bedeuten. Das scheint zunächst ein Widerspruch zu sein, nicht wahr? Wer ermahnt wird, fühlt sich normalerweise nicht gerade ermuntert. Aber wenn Ermahnung so geschieht, dass man dem anderen Mut macht, den richtigen Weg zu gehen, dann ist es eben Ermunterung. Das gehört also zur Prophetie.
Man kann Prophetie auch umschreiben als „überführen“, also das Verborgene des Herzens offenbar machen. Im gleichen Kapitel wird nämlich ein Fallbeispiel erwähnt, in Vers 24: „Wenn ein Ungläubiger oder ein Unkundiger in die Gemeinde nach Korinth kommt, wenn aber alle weissagen oder eben prophezeien, und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt, das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und also auf sein Angesicht fallend wird er Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.“ Auch das ist eine Umschreibung von Prophetie.
Weiter drückt Petrus es anders aus, nämlich als Aussprüche Gottes, als Reden, also die Orakel, die Aussprüche Gottes verkündigen. So steht das in 1. Petrus 4,11.
Dann erklärt uns Offenbarung 1,3, dass Prophetie eben mit zukünftigem Offenbaren zu tun hat. Das prophetische Buch im Neuen Testament, die Offenbarung, sagt in Vers 3: „Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Prophetie oder Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist, denn die Zeit ist nahe.“ Das macht deutlich, dass die Worte der Weissagung, die Worte der Prophetie, auf künftige Ereignisse hinweisen.
Weiter schreibt Paulus in Römer 16, dass Geheimnisse, die im Alten Testament verborgen waren und niemandem bekannt waren, jetzt neutestamentlich enthüllt worden sind. Wodurch? Durch prophetische Schriften, sagt er. So heißt es in Römer 16,25-26: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus nach der Offenbarung des Geheimnisses, das in den Zeiten der Zeitalter verschwiegen war, jetzt aber geoffenbart und durch prophetische Schriften nach Befehl des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist.“
Paulus spricht hier von Dingen, von Geheimnissen, die in den Zeiten der früheren Heilszeitalter verschwiegen waren. Wir sagen: Im Alten Testament waren diese Geheimnisse verborgen, jetzt sind sie durch prophetische Schriften geoffenbart worden. So zum Beispiel durch den Römerbrief, denn dort wird in Kapitel 11 das Geheimnis der Verblendung Israels behandelt. Im Epheserbrief behandelt Paulus das Geheimnis des Willens Gottes für die Vollendung der Zeitalter, dann in Kapitel 3 das Geheimnis des Leibes, in Kapitel 5 das Geheimnis der Braut Christi und so weiter.
Es gibt also viele Geheimnisse im Neuen Testament, die im Alten Testament völlig verborgen waren, aber durch neutestamentliche – und das heißt prophetische – Schriften enthüllt worden sind.
Wer wird in der Bibel als Prophet bezeichnet?
Nun kommen wir zu einem weiteren Punkt. Wir sehen, dass wir heute Abend gut vorankommen. Wen bezeichnet die Bibel als Propheten? Ich habe eine Liste mit einigen Namen und den jeweiligen Bibelstellen erstellt, in denen sie vorkommen.
Die Liste ist zwar nicht vollständig, aber sie enthält sicher einige Namen, die zum Teil überraschend sein können. Wer war sich schon bewusst, dass Henoch, dieser vorsintflutliche Mensch, ein Prophet war? Das wird deutlich aus Judas 14, wo Judas zitiert, was Henoch, der siebte nach Adam, geweissagt hat. Er verkündete bereits vor der Sintflut das zweite Wiederkommen des Messias.
Auch überraschend ist, dass die Bibel die Patriarchen, die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob, als Propheten bezeichnet. Das wird sehr deutlich in 1. Mose 20, einer traurigen Geschichte aus Abrahams Leben. Dort macht Gott klar, was für ein Mann Abraham ist. In Vers 7 heißt es: „Und nun gib die Frau des Mannes zurück, das ist Sarah, die Frau Abrahams, denn er ist ein Prophet, und er wird für dich bitten, damit du am Leben bleibst.“ Also ist Abraham ein Prophet.
Die drei Patriarchen werden auch in Psalm 105, Vers 15 als Gesalbte, als Propheten bezeichnet. Mose, der Gesetzgeber und Autor der ersten fünf Bücher der Bibel, wird in 5. Mose 34, Vers 10 als besonders herausragender Prophet genannt.
Aaron, sein Bruder, wird in 2. Mose 7, Vers 1 als Prophet von Mose bezeichnet – aus dem bekannten Grund, dass Mose den Eindruck hatte, er könne nicht gut sprechen. Gott sagt dann, Aaron solle für Mose zum Volk sprechen. Aaron war also das Sprachrohr für Mose und deshalb sein Prophet. Ein Prophet ist somit ein Sprachrohr für einen anderen.
Miriam, die Schwester Moses, wird ebenfalls Prophetin genannt, in 2. Mose 15, Vers 20. So sehen wir eine sehr prophetische Familie: zwei Brüder und eine Schwester.
Die 70 Ältesten Israels während der Wüstenwanderung wurden ebenfalls Propheten. In 4. Mose haben sie geweissagt. Moses Wunsch war, dass das ganze Volk des Herrn ein Volk von lauter Propheten wäre.
Deborah, die Richterin, war eine Prophetin. Samuel ist als Prophet sehr bekannt. Weitere Propheten zur Zeit Davids sind Gad und Nathan. Auch David selbst, der König, wird ausdrücklich in Apostelgeschichte 2, Vers 30 als Prophet bezeichnet. In Psalm 16 hat er zum Beispiel prophetisch von der Auferstehung des Messias gesprochen.
Überraschend ist auch, dass Asaf, Jedutun, Hemann und deren Söhne als Propheten genannt werden. Eine besondere Gruppe von Propheten sind die singenden Propheten. In 1. Chronika 25, Vers 1 lesen wir, dass diese Männer führend in der von David organisierten Tempelmusik waren. Dort heißt es: „David und die Obersten des Heeres sonderten von den Söhnen Asafs, Hemanns und Jedutuns solche zum Dienst ab, welche weissagten mit Lauten, Harfen und Zimbeln.“
Die Tempelmusiker, die professionellen Musiker im ersten und zweiten Tempel, führten hauptsächlich die Psalmen auf – musikalisch auf höchstem Niveau. Dieses Singen der Psalmen wurde als prophetischer, weissagender Dienst in Israel angesehen.
Es gibt auch eher unbekannte Propheten, die in der Königsgeschichte auftauchen, wie Achia oder Jehu. Bekannte Propheten während der Königszeit sind Elija und Elisa. Etwas bekannter ist Micha ben Jimla zur Zeit Ahabs. Er war einer der wenigen wahren Propheten des Herrn in dieser Zeit.
Hulda war eine Prophetin zur Zeit des Königs Josia und eine Zeitgenossin Jeremias. Weniger bekannt sind der Prophet Iddo und Shemaja in 2. Chronika 12. Auch Azarja, der Sohn Odeds, wird in 2. Chronika 15 erwähnt.
Interessant ist, was dieser Prophet gesagt hat. In einer schwierigen Zeit tritt er auf. In Vers 1 heißt es: „Und auf Asarja, den Sohn Odeds, kam der Geist Gottes, und er ging Asa, dem König, entgegen und sprach zu ihm: ‚Höre mich, Asa, und ganz Juda und Benjamin! Der Ewige ist mit euch. Wenn ihr mit ihm seid und ihn sucht, wird er sich von euch finden lassen. Wenn ihr ihn aber verlasst, wird er euch verlassen.‘“
Das ist die Prophetie dieses Mannes. Es geht nicht um Zukunft oder das Aufdecken verborgener Dinge, sondern er sagt dem Volk klar und deutlich, wo es steht und was es zu tun hat. In Vers 8 heißt es, dass Asa, nachdem er die Worte und Weissagung Odeds gehört hatte, Mut fasste. Die Ermahnung und Ermunterung bewirkten, dass er die Gräuel aus dem ganzen Land Juda und Benjamin entfernte.
Dieses Beispiel zeigt, dass ein Prophet nicht automatisch jemand ist, der über die Zukunft spricht oder verborgene Dinge enthüllt.
Weitere weniger bekannte Propheten sind Obed in 2. Chronika 28 und Jesajas Frau, die ebenfalls Prophetin war (Jesaja 8,3). Jesaja selbst ist als größter Schriftprophet bekannt.
Selbstverständlich gehören auch die Autoren der drei großen und der zwölf kleinen Prophetenbücher dazu: Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die Autoren der zwölf kleinen Propheten von Hosea bis Maleachi.
Alle Bibelschreiber des Alten Testaments sind Propheten. In Matthäus 22, Vers 40 heißt es: „An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ Hier wird das Alte Testament beschrieben als das Gesetz und die Propheten – eine sehr übliche Redewendung, die mehrfach in der Schrift vorkommt.
Die Tora und die Nevi'im (die Propheten) umfassen also alle Bücher ab Josua. Dass auch der Autor der Tora, des Gesetzes, ein Prophet ist, wissen wir aus 5. Mose 34.
Somit sind alle Schreiber des Alten Testaments Propheten. Auch die Autoren von Büchern wie Josua und anderen geschichtlichen Büchern waren Propheten. Sie haben schriftlich weitergegeben, was Gott ihnen aufgetragen hatte, und waren so Sprachrohre Gottes.
Propheten im Neuen Testament und ihre Rolle
Wir kommen zu den Büchern des Neuen Testaments. Sehr bekannt ist Johannes der Täufer, der nach Lukas 1, Vers 76 ein großer Prophet vor dem Messias sein sollte.
In Lukas 2 wird eine Frau erwähnt, eine ganz alte Frau namens Anna, die Prophetin war. Sie sprach zu allen Leuten, die sich für die Erlösung durch den Messias interessierten.
Weniger bekannt ist Barnabas, der ebenfalls ein Prophet war. Sein Name ist aramäisch: „Bar“ bedeutet Sohn, und „Naba“ ist die gleiche Wurzel wie „Nabbu“, was Prophetie oder Weissagung bedeutet. Somit heißt sein Name „Sohn der Weissagung“. Ursprünglich hieß er Joseph, doch die Apostel gaben ihm den Namen Barnabas, oder auf Griechisch ausgesprochen Barnabas, also „Sohn der Weissagung“.
Nun könnte jemand einwenden: In Apostelgeschichte 4, Vers 36 wird das ganz anders übersetzt. Dort erklärt Lukas, dass Joseph von den Aposteln Barnabas genannt wurde, was „Sohn des Trostes“ bedeutet, und dass er ein Levit war. Er übersetzt den Namen also mit „Sohn des Trostes“. Wie lässt sich das miteinander vereinbaren?
Ganz einfach: In 1. Korinther 14, Vers 3 heißt es, dass der Prophet zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung spricht. Offenbar war der Aspekt der Tröstung bei Barnabas in seinem Dienst besonders wichtig. Deshalb hat Lukas seinen Namen mit „Sohn des Trostes“ übersetzt – also als einen besonders begabten Tröster.
Jesaja 40 beginnt mit den Worten „Nachamu, Nachamu Ami“ – „Tröstet, tröstet mein Volk“, spricht euer Gott. Das ist Prophetie, mit der dem Volk Gottes Trost zugesprochen wird.
Eine weitere eindrückliche Gestalt ist Agabus, der in Apostelgeschichte 21 ganz im Stil Hesekiels mit symbolischen Handlungen Prophetie aussprach. Ich lese kurz aus Apostelgeschichte 21, Vers 10: „Als wir aber mehrere Tage blieben, kam ein gewisser Prophet mit Namen Agabus von Judäa herab. Er kam zu uns, nahm den Gürtel des Paulus, band sich die Hände und die Füße und sprach: ‚Dies sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Nationen überliefern.‘“
Das war seine Prophetie.
Im gleichen Kapitel werden die vier Töchter des Philippus genannt, des Evangelisten Philippus, in Vers 8: „Des folgenden Tages aber zogen wir aus und kamen nach Caesarea. Wir gingen in das Haus des Philippus, des Evangelisten, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm. Dieser aber hatte vier Töchter, Jungfrauen, welche weissagten.“
Eine beeindruckende Familie: vier Töchter, alle Prophetinnen. Drei Töchter wären auch schon viel gewesen – und dann vielleicht noch drei Propheten dazu.
Ganz wichtig ist auch Epheser 2, Vers 20. Dort werden die Grundleger der Gemeinde Gottes als Propheten bezeichnet. Es geht um die Gemeinde Gottes, die aufgebaut ist auf die Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Jesus Christus selbst der Eckstein ist. Auf ihm wächst der ganze Bau wohl zusammengefügt zu einem heiligen Tempel im Herrn.
Hier wird über die Grundlage gesprochen: die Apostel – das ist klar – sind die zwölf Apostel, die eine ganz spezielle Autorität vom Messias, vom Herrn Jesus, im Blick auf Israel erhalten haben. Entsprechend den zwölf Stämmen waren sie zwölf. Paulus ist als Apostel für die nichtjüdischen Völker gesetzt.
Übrigens kann der Ausdruck „Grundlage der Apostel und Propheten“ grammatikalisch bedeuten, dass die Grundlage aus Aposteln und Propheten besteht. Oder es ist die Grundlage, die von den Aposteln und Propheten gelegt worden ist.
Die richtige Auslegung ist die zweite, weil Paulus in 1. Korinther 3 erklärt: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher Jesus Christus ist.“ Das ist der einzige Grund der Gemeinde.
Dann stellt sich die Frage: Hier wird unterschiedlich von der Grundlage und vom Eckstein gesprochen. Jesus Christus ist der Eckstein. Wer den Tempel in Jerusalem kennt, weiß, dass das Allerheiligste von Salomo auf einer Bergspitze gebaut wurde. Dort befindet sich ein Felsen, der auch heute noch in der Al-Aqsa-Moschee zu sehen ist.
Man erkennt im südlichen Bereich die abgeplattete Region, auf der die Südmauer drei Meter fünfzehn, also sechs Königsellen breit, aufgelegt war. Somit war dieser Fels der Grundfelsen für den Tempel.
Die West- und Nordmauer wurden entlang der natürlichen Wölbung dieses Felsens gebaut. So war dieser Fels auch Eckstein, der durch seine Beschaffenheit die Richtung der Mauern bestimmte.
Im Tempel sind Grundlage und Eckstein also ein und dieselbe Struktur – und das ist Jesus Christus selbst, dieser Eckstein.
Die Grundlage der Gemeinde, der Kirche, wurde jedoch durch die Apostel und Propheten gelegt, das heißt durch ihre Verkündigung und durch die Bücher des Neuen Testaments. Das ist die Grundlage für die Gemeinde.
Unter den Autoren des Neuen Testaments finden wir nicht nur Apostel wie Matthäus, Johannes, Paulus und Petrus. Es gibt auch Nichtapostel, wie Judas, den Schreiber des nach ihm benannten Briefes. Jakobus war ebenfalls kein Apostel, sondern der Bruder des Herrn, der Halbbruder Jesu.
Ferner waren Markus und Lukas, die Autoren von zwei Evangelien, keine Apostel, aber im neutestamentlichen Sinn eben Propheten.
So können wir schließlich sagen: Alle Bibelschreiber sind nach dem Verständnis der Bibel Propheten.
Verschiedene Einteilungen von Propheten
Nun können wir all diese vielen Propheten nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen.
Eine mögliche Einteilung der Propheten ist in Propheten vor Samuel und Propheten nach Samuel.
Propheten vor und nach Samuel
Warum ist das ein so wichtiger Wendepunkt?
In Apostelgeschichte 3,24 spricht Petrus in einer Ansprache an Israel in der königlichen Säulenhalle – ich meine die Säulenhalle Salomos – über den Messias. Er sagt in Vers 24: „Aber auch alle Propheten, von Samuel an und der Reihe nach, so viele ihr geredet haben, haben auch diese Tage verkündigt.“ Damit sind die Tage des Messias gemeint.
Warum wird hier Samuel zuerst genannt und dann die Propheten der Reihe nach? Das erklärt sich so: Samuel gilt gewissermaßen als Begründer der Prophetenschulen in Israel. Schlagen wir dazu 1. Samuel 19,20 auf. Dort begegnet uns eine eigenartige Erscheinung, nämlich dass es sogenannte Prophetensöhne gibt.
In 1. Samuel 19,20 heißt es: „Da sandte Saul Boten, um David zu holen. Als sie aber die Versammlung der Propheten sahen, welche weissagten, und Samuel als Vorsteher über sie dabeistehen, da kam der Geist Gottes über die Boten Sauls, und auch sie weissagten.“
Hier wird also eine Versammlung von Propheten erwähnt, mit Samuel als Vorsteher. Wenn wir in der Bibel weiterlesen, finden wir auch in der Zeit von Elisa immer wieder Hinweise auf diese Söhne der Propheten – es handelt sich also um eigentliche Prophetenschulen.
Der Ausdruck „Söhne“ bedeutet dabei nicht unbedingt, dass immer die Kinder der Propheten ebenfalls Propheten wurden. Vielmehr ist es ein typisch semitischer Ausdruck. „Sohn“ bezeichnet oft jemanden, der zu einer bestimmten Kategorie gehört.
Auch im modernen Hebräisch gibt es viele Ausdrücke mit „Sohn“. Zum Beispiel „Ben Sichah“ – das bedeutet „Sohn des Gesprächs“ und meint einen Gesprächspartner, also jemanden, der zur Kategorie der Gesprächsführenden gehört. Oder etwa „Bayit ben Schloschet Komot“ – ein dreistöckiges Haus, wörtlich „Haus, Sohn von drei Stockwerken“. Das ist ein normaler Ausdruck, den man heute auf der Straße hört. Er bedeutet, dass es sich um ein Haus handelt, das zum Typus der dreistöckigen Häuser gehört.
Auch der Herr selbst hat zum Beispiel die Brüder Jakobus und Johannes als „Donnersöhne“ bezeichnet, „Boanerges“. Das bedeutet nicht, dass sie vom Donner abstammen, sondern dass sie zur Kategorie derjenigen gehören, die Donner auslösen – also recht explosive Männer. So etwas gibt es.
Einteilung nach Geschlecht
Die Einteilung der Propheten in Männer und Frauen erscheint zunächst sehr banal. Doch diese Unterscheidung ist gar nicht so einfach.
Wir müssen uns hier mit der Frage der Stellung von Mann und Frau auseinandersetzen. Die Bibel macht deutlich, dass Männer und Frauen zwar beide Menschen sind, aber unterschiedliche Typen von Menschen darstellen.
Es ist daher wichtig zu erkennen, dass sowohl Männer als auch Frauen Propheten beziehungsweise Prophetinnen sein können.
Einteilung nach Art der Verkündigung
Dann haben wir eine sehr schöne Unterscheidung: Es gibt sprechende und singende Propheten, wie wir festgestellt haben. Manche haben einfach Prosa gesprochen, so wie ich. Andere konnten gut singen, ähnlich wie die Tempelmusiker damals.
Schriftpropheten und mündliche Propheten
Und dann gibt es noch Schriftpropheten und mündliche Propheten. In der Bibel finden wir viele verschiedene Bücher, eine ganze Bibliothek von unterschiedlichen Schreibern. Diese waren alle Schriftpropheten.
Es gibt jedoch auch eine ganze Reihe von Propheten, von denen wir keine schriftlichen Überlieferungen haben. Dennoch haben sie prophetisch gesprochen. Die Einteilung ist dabei etwas komplizierter. Man kann das nicht einfach schwarz-weiß malen, denn auch Schriftpropheten haben mündliche Botschaften weitergegeben, die nicht schriftlich festgehalten wurden.
Ebenso gibt es mündliche Propheten, die schriftliche Dinge festgehalten haben, diese aber nicht zum Kanon hinzugefügt wurden.
Mit Schriftpropheten meine ich solche, die Geschriebenes zum Kanon, also zum autorisierten Wort Gottes, beigetragen haben. Das steht im Gegensatz zu denen, die nur gesprochen haben.
Propheten im Alten und Neuen Testament
Wir können die Propheten in zwei Gruppen einteilen: Es gibt Propheten im Alten Testament und solche im Neuen Testament.
Im Neuen Testament gibt es gewissermaßen noch eine weitere Nuancierung. Dort gibt es Propheten, die zur Gemeinde Gottes gehören, und solche, die noch vor der Gemeinde lebten, wie Johannes der Täufer und die Prophetin Anna.
Die eigentlichen Propheten der Gemeinde sind zum Beispiel die vier Töchter von Philippus oder Agabus.
Wahre und falsche Propheten
Dann eine sehr wichtige Einteilung: Es gibt Propheten Gottes und es gibt auch falsche Propheten.
Die Einteilung ist hier einfacher als in der Praxis. In Israel sind zwar viele falsche Propheten aufgestanden, aber es galt, diese von den echten zu unterscheiden.
Ganz wichtig ist dabei: Falsche Propheten sagen nicht einfach: „Hallo, liebe Freunde, ich bin ein falscher Prophet, und jetzt hört mal gut zu.“ Stattdessen geben sie sich möglichst so aus, dass man meint, sie seien echt.
Diese Einteilung ist deshalb auch von großer praktischer Bedeutung.
Ausgesprochene und befähigte Propheten
Ferner können wir eine Einteilung vornehmen in ausgesprochen begabte Propheten und dann in Menschen, die zu gewissen prophetischen Diensten befähigt sind. Ich muss das kurz herleiten.
1. Korinther 12,28 sagt, dass Gott durch Paulus beschreibt, wie verschiedene Gaben in der Gemeinde eingesetzt sind. Gott hat etliche in der Versammlung gesetzt: Erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer, sodann Wunderkräfte, sodann Gaben der Heilungen, Hilfsleistungen, Regierungen und Arten von Sprachen.
Und jetzt aufgepasst: Sind etwa alle Apostel, alle Propheten, alle Lehrer usw.? Die Fragestellung im griechischen Text ist so formuliert, dass, wer Griechisch kann und so etwas weiß, jetzt mit Nein antworten muss. Es gibt eine solche Ausdrucksweise. Im Deutschen kann man das umschreiben, indem man das Wörtchen „etwa“ einfügt, also „sind etwa“. Dann weiß man schon: Nein, eben nicht. Nicht alle sind Apostel. Und auch nicht alle Propheten; nein, es sind nicht alle Propheten in der Gemeinde.
Aber widerspricht sich Paulus nicht? 1. Korinther 11,4 sagt er: Jeder Mann, jede Frau, die betet oder weissagt, indem sie etwas auf dem Haupt hat, entehrt ihr Haupt. Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt. Da wird also völlig selbstverständlich gesprochen über jeden Mann, der betet – kann doch jeder beten, oder? – und jede Frau, die betet und weissagt.
Aber es sind ja eben nicht alle Propheten. Und noch stärker: Kapitel 14 haben wir bereits gelesen, Vers 24. Paulus sagt zu den Korinthern: Wenn aber alle weissagen und irgendein Ungläubiger oder Ungläubige kommt herein, so wird er von allen überführt usw. Wie kann er sagen: Wenn da jemand zu euch auf Besuch kommt in die Gemeinde und alle prophezeien, dann wird Folgendes geschehen? Wenn ja gar nicht alle Propheten sind.
Gut, er sagt aber immer nur das Verb. In 1. Korinther 11 sagt er nicht „jeder Mann, der ein Prophet ist“, sondern „jeder Mann, der prophezeit“, „jede Frau, die prophezeit“. In 1. Korinther 14 heißt es „wenn alle prophezeien“, also weissagen. Aber die Frage ist: Sind etwa alle Propheten? Und das macht den Unterschied deutlich. Es gibt also ausgesprochene Propheten, und dann sollten alle übrigen auch fähig sein, Prophetin beziehungsweise Prophet zu sein.
Das wird dann noch mehr ausgeführt werden am Dienstag. Wir sollten ja noch etwas übriglassen für den prophetischen Dienst heute.
Diese Unterscheidung ist eigentlich auch auf anderen Gebieten ganz naheliegend. Sind alle Evangelisten? Nein, sicher nicht. Und manche denken glücklicherweise nicht: „Dann kann ich eben schweigen.“ Aber so einfach geht das nicht. Den Auftrag, das Evangelium zu verkündigen, hat jeder.
In Apostelgeschichte 8 lesen wir, wie die Gemeinde in Jerusalem durch Verfolgung zerstreut wurde. Und dann heißt es in Apostelgeschichte 8, Vers 4: Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten das Wort. Steht das so in Ihrer Bibel? Nein, bei mir steht es etwas anders, nicht nur in der Fußnote, sondern im Text. Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten das Wort. Das Wort „verkündigen“ im Griechischen ist „euangelizo“ – evangelisierten das Wort. Alle!
Ja, es waren zwar nicht alle Evangelisten, aber alle konnten evangelisieren. Das ist der Punkt. Wir brauchen also nicht alle Evangelisten zu sein, aber jeder hat einen Mund, den man zum freudigen Zeugnis auftun kann.
Und so ist nicht jeder ein Prophet, aber davon mehr am Dienstag. Es geht jetzt einfach um eine Einteilung nach verschiedenen Gesichtspunkten.
Wozu haben wir überhaupt Prophetie?
Zum Schluss möchte ich auf eine ganze Reihe von Punkten eingehen, um zu erklären: Wozu haben wir überhaupt Prophetie?
In Offenbarung 19, Vers 10 wird eine ganz grundlegend wichtige Aussage über Prophetie gemacht: „Denn der Geist der Prophetie ist das Zeugnis Jesu.“ Grammatikalisch kann „das Zeugnis Jesu“ bedeuten, dass Jesus Zeugnis ablegt oder dass es das Zeugnis über Jesus ist. Hier in der Offenbarung ist der Sinn: Der Geist der Prophetie ist das Zeugnis über Jesus. Die Prophetie enthüllt und zeigt auf, wer Jesus ist.
Das ist ganz wichtig, denn viele denken, Prophetie beschäftige sich nur mit dem Fahrplan der Zukunft. Ja, der Fahrplan spielt eine wichtige Rolle. Die Bibel macht sehr genaue Angaben über Zukunftsprophetie. Sie ist gerade sehr detailliert. Sie ist nicht wie die Orakel von Delphi. Dort war zum Beispiel der König Kroisos, der die Perser besiegen wollte. Er ging zum Orakel und wollte wissen, wie das ausgeht. Man gab ihm die Antwort: „Du wirst ein großes Reich zerstören.“ Er dachte, das sei gut, und zog in den Krieg – und verlor schmählich.
Doch es wurde ihm erklärt, dass im Orakel nicht gesagt wurde, welches Reich er zerstören würde. So zerstörte er sein eigenes Reich. Aber so ist biblische Prophetie nicht. Sie ist sehr detailliert, verblüffend detailliert. Doch das ist nicht das Hauptziel. Das Hauptziel ist, uns zu zeigen, wer Jesus Christus ist.
Der erniedrigte und erhöhte Christus soll durch die Prophetie groß, wichtig und einzigartig dargestellt werden. Es gibt nicht viele Leute, die denken: „Prophetie? Oh, das geht immer um den Antichristen, einen zweiten Tempel und Drangsal, wo ein Drittel aller Juden in Israel ums Leben kommt.“ Das ist nicht Prophetie.
Prophetie ist nicht einfach Antichrist und viele Tote. Das spielt in der Prophetie zwar eine Rolle, aber es ist nicht das Hauptziel, dass wir uns dauernd nur mit dem Antichristen beschäftigen. Sondern es geht um Jesus Christus, um das Zeugnis über ihn. Wer ist er? Der Erlöser, aber auch der, der die Weltherrschaft übernehmen wird und das letzte Wort über diese Welt sprechen wird.
So fragt die Prophetie auch uns ganz persönlich: Welche Autorität hat der Herr Jesus in deinem Leben heute?
Prophetie ist auch dazu da, um Gemeinschaft mit Gott zu haben. In 1. Mose 18 hat Gott zu Abraham gesprochen über seine Absichten bezüglich Sodom und Gomorra. Abraham hätte sagen können: „Oh, das ist zwar ein sehr brisantes Thema, aber das interessiert mich eigentlich nicht, denn ich wohne ja nicht in Sodom und Gomorra. Was habe ich davon?“ Aber Gott wollte Gemeinschaft haben. Er sagt in diesem Kapitel: „Sollte der Richter der ganzen Erde nicht recht handeln?“ Und er sagt: „Sollte ich Abraham etwas verbergen?“ Gott wollte Abraham sagen, was er vorhat, um Gemeinschaft mit Abraham zu haben.
So heißt es auch in Psalm 25, Vers 14: „Die geheime Mitteilung Gottes ist für die, welche ihn fürchten.“ Und in Amos 3, Vers 7 heißt es: „Gott tut nichts, es sei denn, er hat es seinen Knechten, den Propheten, kundgetan.“ Also Gott möchte Gemeinschaft mit uns haben.
In Offenbarung 1, Vers 1 wird gesagt, dass die Offenbarung geschrieben ist, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss. Das ist übrigens wichtig für die Knechte. Einmal, als ich noch auf dem Gymnasium war, hat ein Mitschüler mir gesagt, er hätte die Offenbarung gelesen und nichts verstanden. Er meinte, er müsse die Offenbarung auch nicht lesen, er lese ja das Johannesevangelium. „Die Offenbarung ist gar nicht für dich geschrieben. Sie ist nur für Knechte Gottes“, sagte er. Das heißt für solche Menschen, die Gott mit ihrem Leben dienen möchten. Für sie ist die Offenbarung geschrieben, nicht für jeden.
Also, Gott möchte Gemeinschaft haben mit uns. Wir dürfen ein Interesse an Prophetie haben – nicht nur, um zu fragen, wo komme ich darin vor, was geht mich das direkt an, sondern einfach, weil es für Gott interessant und wichtig ist, soll es auch für uns interessant sein.
Es gibt Leute, die denken zum Beispiel, Hesekiel 40 bis 48 sei langweilig, dieser Bauplan über den letzten Tempel. Das kommt natürlich aus dem Alltag. Wenn jemand einen Plan zeigt von einem Haus, das er bald bauen wird, ist das extrem langweilig, oder? So Baupläne. Aber warum kann man sich für diesen Bauplan interessieren? Es ist nicht irgendein Haus, es ist das Haus des Messias, sein Haus. Wenn es für ihn interessant ist, ist es vielleicht auch für uns interessant.
Kommen wir zur Beurteilung der Zeit. In 1. Chronik 12,32 wird eine Elitegarde in der Armee von David erwähnt – hoch interessante Leute! Dort heißt es: „Und von den Kindern Isachar Männer, welche Einsicht hatten in die Zeiten, um zu wissen, was Israel tun musste.“ In der Alten Elberfelder Bibel gibt es eine gute Erklärung zu dem Wort „Einsicht haben in die Zeiten“. Das heißt: ein richtiges Urteil in der Erwägung der Zeitverhältnisse. Diese Männer konnten also die Zeit beurteilen, in der sie lebten, und dadurch Israel erklären, was zu tun war.
So macht auch der Herr in Matthäus 16 den Vorwurf gegenüber Schriftauslegern, die nicht in der Lage waren, die Zeichen der Zeit zu beurteilen. Die Prophetie hilft uns also zu beurteilen: Wo stehen wir heute?
Weiter gibt die Prophetie uns Verhaltensanweisungen. Nochmals der gleiche Vers: Diese Männer aus Issachar hatten Einsicht in die Zeiten, um zu wissen, was Israel tun musste – und zwar genau in der Zeit von David, nicht in der Zeit von Josua, nicht in der Zeit von Mose, nicht in der Zeit von Joseph oder Henoch, sondern genau in der Zeit von David.
So ist es wichtig, dass wir die Prophetie haben, um zu wissen, wie wir uns heute – zum Beispiel im Jahr 1997 – verhalten sollen. Wir können unsere postmoderne Zeit im Licht der Heiligen Schrift beurteilen.
Viele Leute haben haufenweise Kommentare aus dem letzten Jahrhundert gelesen. Sie wissen viele Antworten auf die Fragen, die man damals gestellt hat. Doch sie machen eine frustrierende Erfahrung: Sie wissen so viele Antworten, aber es kommen keine Leute zu ihnen, die diese Fragen stellen. Ganz einfach, weil die meisten Menschen heute andere Fragen haben als vor hundert Jahren.
Nun müssen wir aufgrund der Schrift Antworten auf die Fragen der heutigen Zeit finden!
Zum Beispiel: Warum interessieren sich Teenager nicht für ein Thema wie heute Abend? Wenn ich ein Bibelstudium mache, schaue ich auch darauf, welche Altersklasse da ist. Das ist ganz interessant. Wo sind die Teenager? Sie interessieren sich nicht dafür. Warum nicht? Sie haben kein Interesse an zusammenhängenden Lehren aus der Bibel. Sie wollen wissen: Was hat die Bibel mir heute zu sagen? Sie wollen nur Fastfood, so wie McDonald’s. Das ist der Zeitgeist.
Und was machen wir mit denen? Wir müssen Antworten finden, wie wir sie für mehr als nur Fastfood interessieren können. Fastfood ist für Notzeiten sehr nützlich – ich mache keine Schleichwerbung –, aber es reicht nicht aus, um in einer postmodernen Zeit bestehen zu können.
Dann kommen zum Beispiel der zweite Timotheusbrief, der zweite Petrusbrief, der erste Johannesbrief und der Judasbrief ins Spiel. Das sind alles Briefe, die ausdrücklich auf die letzte Zeit der Christenheit eingehen, auf die letzten Tage. Sie sind voll von ganz konkreten Verhaltensanweisungen, wie man sich in dieser Zeit verhalten muss.
Diese Anweisungen sind darum besonders aktuell, aktueller denn je, sogar aktueller als zur Zeit der Reformation. Denn es geht genau um Antworten auf Fragen unserer Zeit: Wie sollen wir handeln?
Ich habe zum Beispiel den zweiten Timotheusbrief intensiv studiert. Ich habe jede Befehlsform in meiner Bibel farbig angestrichen. Und siehe da: Man kommt auf dreißig Verhaltensanweisungen – nur durch diesen Brief mit vier Kapiteln.
Vielleicht schreiben wir diese mal heraus, dann wissen wir schon dreißig Dinge, die wir tun sollen. Und dann können wir das nächste Mal den zweiten Petrusbrief so durchlesen.
Weiter ist Prophetie da, um uns im Glauben aufzubauen, uns Ermutigung zu geben, uns zu trösten und uns zu ermahnen, zu korrigieren.
Ein Bruder in Amerika hat sich sehr stark mit Prophetie beschäftigt. Das Thema sprach ihn sehr an. Er baute auch ein Modell vom Tempel Hesekiels. An einem Tag verunglückten seine Frau und seine Tochter bei einem Autounfall. Er bekam den Anruf, sie seien in sehr schlechtem Zustand, und es war fraglich, ob sie überleben würden.
Er ging sofort ins Krankenhaus, musste aber drei Stunden warten, bis er sie endlich sehen konnte. Dann sah er seine Frau, erkannte sie nicht mehr in all dem Wirrwarr von Schläuchen. Sie atmete zwar tief, zeigte aber keine Reaktion. Das war für ihn sehr erschütternd.
Doch er dachte: Wie wunderbar, zu wissen, dass, wenn ihr Gehirn vollständig kaputt ist, sie auferstehen wird. Sie wird einen neuen Körper bekommen, in Herrlichkeit wieder auferstehen – auch wenn sie durch den Tod gehen muss. Und ich werde sie wiedersehen.
Das war für ihn kein bloßes theoretisches Spiel, sondern gab ihm in dieser aussichtslosen Situation tiefen Trost.
Sie lag mehrere Wochen im Koma, kam durch viele Gebete wieder zu sich, und es geht ihr jetzt immer besser.
Das zeigt, wie konkret und praktisch Prophetie sein kann und dass sie keine Spielerei für den Intellekt ist.
Paulus sagt in Apostelgeschichte 20 zu der Gemeinde in Ephesus, wo er lange gearbeitet hat: „Ich bin rein an eurem Blut, denn ich habe euch den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt.“ Das heißt, hätte Paulus nur einzelne Themen verkündigt und vieles weggelassen, hätte er Blutschuld auf sich geladen gegenüber der Gemeinde.
Er sagt: „Ich habe euch alles gesagt.“ Wenn wir also Prophetie auslassen, verkürzen wir die Verkündigung und geben nicht den ganzen Ratschluss Gottes weiter. Das könnte Blutschuld auf uns bringen.
Also gehört Prophetie mit zu allen anderen Themen von 1. Mose 1 bis Offenbarung 22.
Weiter soll Prophetie uns führen zu Lob und Anbetung.
Paulus zeigt die prophetische Sicht für Israel in Römer 11, Verse 9 bis 11, und wie endet er? Mit Anbetung! Ich lese nur kurz Vers 33:
„O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes, wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge. Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Also soll Prophetie zur Anbetung Gottes führen.
Weiter soll sie Motivation zur Evangeliumsverkündigung sein.
Paulus sagt in 2. Korinther 5, Vers 11: „Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen …“ Wenn man zum Beispiel die Offenbarung durchliest, lernt man, wie sehr der Herr zu fürchten ist, der heilige Gott.
Wenn wir nun den Schrecken des Herrn kennen, so überzeugen wir die Menschen. Aus der Kenntnis, wie Gott ist, wie er handelt und handeln wird, soll uns das motivieren, die Menschen jetzt herauszurufen und ihnen den Weg des Heils zu zeigen.
Prophetie als Gottes Siegel auf die Bibel
Und wir kommen mit ein paar Minuten Überzeit zum letzten Punkt: Prophetie – Gottes Siegel auf die Bibel. Ich werde das vielleicht noch ein bisschen weiter ausführen am Dienstag.
Satan kann nicht die Zukunft wissen. Und zwar aus dem Grund, weil er ein Geschöpf ist, und alle Geschöpfe sind an Raum und Zeit gebunden. Nur einer, Yahweh – das ist der Name des Gottes der Bibel, etwa siebentausendmal im Alten Testament genannt –, Yahweh, das heißt der ewig Seiende, Unwandelbare, nur er kann die Zeit überblicken, weil er nicht Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterworfen ist. Darum kann er allein die Zukunft vollständig und korrekt enthüllen.
Ich werde vielleicht am Dienstag erklären, warum man behaupten kann, dass die Engel auch an Raum und Zeit gebunden sind. Nur so vielleicht vorab für die, die nicht kommen: In Daniel 10 gibt es einen Engel, der hat drei Wochen Verspätung gehabt und entschuldigt sich noch dafür. Wenn er nicht an Raum und Zeit gebunden wäre, hätte das nicht passieren können.
Gott allein, und er sagt: „Yahweh ist mein Name, und meine Ehre gebe ich keinem anderen.“ Satan kann natürlich gewisse Dinge voraussagen und dann versuchen, das so einzurichten, dass es so herauskommt – falls Gott ihm erlaubt, wie bei Hiob. „Ja, du kannst ihn antasten, aber nur so und so weit.“ Dann kann er solche Dinge voraussagen und das als Wahrsagerei ausgeben.
Aber darum gibt es all diese Fehlmeldungen in der Wahrsagerei. Echte biblische Prophetie ist Gottes Siegel auf die Bibel. Sie zeigt, weil sie hundertprozentig stimmig ist und ohne Fehlschlag, dass der Autor der Bibel ein Gott ist, der über Raum und Zeit ist, also nicht Teil der Schöpfung, so wie die Götter des Hinduismus und des Pantheismus usw. Das sind nämlich alles nur sogenannte kosmische Kräfte in der Natur.
In Hesekiel kommt es wie ein Refrain: Gott sagt etwas voraus, und dann sagt er, wenn es kommen wird, „und ihr werdet erkennen, dass ich Yahweh bin.“ Das kommt in verschiedenen Variationen, mit allen Variationen zusammen 77 Mal in Hesekiel vor: „Ihr werdet erkennen, dass ich Yahweh bin.“
Also führt die Prophetie zur Erkenntnis Gottes, des wahren einen Gottes der Bibel. Wir haben doch eine ganze Reihe guter Gründe, warum wir uns mit Prophetie beschäftigen sollen – und zwar Prophetie in ihrer ganzen Bandbreite.
Schlussgebet und Übergang zu Fragen
Ich möchte kurz beten. Danach gibt es die Gelegenheit für Fragen aus dem Publikum.
Herr Jesus Christus, wir danken Dir, dass Du uns Dein Wort geschenkt hast und dass wir heute Abend dieses Bibelstudium zusammen durchführen dürfen. Es ist uns wichtig zu sehen, dass Du der Mittelpunkt bist und dass es in allen Themen um Dich geht.
Herr Jesus, Du bist das Zentrum. Die Prophetie soll auf Dich hinweisen und das Zeugnis über Dich sein. So bitten wir Dich, dass Du uns allen hilfst, dass Du selbst in unserem Leben ganz zentral dastehen kannst. Es soll uns um Dich gehen, um Deine herrliche Person, Dein Opfer und Dein Werk auf Golgatha.
Wir bitten, dass die Prophetie auch in unserem Leben die Früchte und Ergebnisse bringt, von denen wir heute Abend eine ganze Reihe aus Deinem Wort zusammengefunden haben. Wir danken Dir dafür und preisen Dich, Herr Jesus, Dich, den Einzigartigen, dem alle Ehre, Herrlichkeit, Macht, Majestät und Würde zukommt. Amen.
Nun ist Gelegenheit für Fragen. Wer möchte die erste Frage stellen? Das ist immer die schwierigste, und danach geht es von selbst.
Antworten auf Fragen aus dem Publikum
Frage zum Felsen und Tempelberg
Da kommt sie schon, ja. Ich werde dann jeweils die Frage wiederholen, damit sie auf dem Band auch hörbar sein wird. Sind das schon beide Fragen oder ist das die erste? Ah so, gut.
Also, die Frage mit dem Felsen ist ein bisschen schnell gegangen. Das liegt daran, dass es nicht das Thema von heute Abend war. Dafür gibt es eine Diaserie mit dem Thema „Das Geheimnis des Felsens auf dem Berg Zion endlich enthüllt“. Das ist die Arbeit von Lane Rittmayr, einem Archäoarchitekten, der 22 Jahre am Tempelberg gearbeitet hat.
Er konnte zeigen, dass die Spur der Südmauer heute noch auf dem Felsen sichtbar ist. Diese Spur ist genau drei Meter fünfzehn lang, das heißt sechs Königsellen breit – so breit wie die Dicke des Allerheiligsten war. Die Mauern verliefen weiter entlang im Westen und Norden entlang der natürlichen Böschung des Felsens. Dort gibt es genau eine Distanz von zwanzig Ellen. Das war der Durchmesser des Allerheiligsten.
Ganz zentral sieht man noch die Vertiefung für die Bundeslade, die übrigens schön parallel zu den Seitenlängen der Mauern verläuft. Das wäre ein Thema für sich, und deshalb habe ich es ein bisschen schnell gemacht.
Aber die ganze Sache mit der Meinung, dass der Tempel neben der Oma-Moschee stand, geht zurück auf Ascher Kaufmann. Seine Idee ist sehr populär geworden, leider zu populär, denn seine Theorie stimmt nicht: Der Tempel stand nicht nördlich von der Oma-Moschee.
Er hat die Topologie des Tempelbergs übersehen. Im Norden hat nämlich Herodes der Große den Tempelplatz auf die doppelte Größe erweitert. Dazu ließ er das Bezeta-Tal künstlich aufschütten. Man kann genau zeigen, wo der ursprüngliche Abhang des Zionsbergs im Norden war.
Dieser Abhang liegt schon so nah an der Oma-Moschee, dass, wenn Ascher Kaufmanns Lokalisierung des Allerheiligsten stimmen würde, die Vorhöfe des salomonischen Tempels auf dem Nordabhang des Zionsbergs lägen. Das ist ein bisschen komisch, oder? Aber das hatte er eben nicht gewusst, wie die Topologie dort ursprünglich war.
Also, weitere Fragen?
Frage zur Übersetzung von Weissagung und Prophetie
Es gibt eine Erklärung dafür, warum manchmal mit „Weissagung“ und manchmal mit „Prophetie“ übersetzt wurde. Um sicher zu sein, müsste man natürlich die Übersetzer selbst fragen, was sie sich dabei gedacht haben.
Sachlich betrachtet gibt es vom Grundtext her keinen Unterschied zwischen den beiden Begriffen. Allerdings hat „Weissagung“ im Deutschen eine andere Empfindung als „Prophetie“.
So könnte es sein, dass in 1. Korinther 11 bis 14, zum Beispiel in der alten Elberfelder Übersetzung, oft „weissagen“ anstelle von „prophezeien“ verwendet wurde. Damit wollte man vermutlich ausdrücken, dass es nicht im engsten Sinne darum geht, die Zukunft vorherzusagen, sondern eher um das Sprechen zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung.
Es ist eine Vermutung, dass dieser Gedanke dahintersteckt. Denn unser deutsches Verständnis von „prophezeien“ verbindet man sofort mit der Zukunft, was eine zu enge Auslegung darstellt. Diese Bedeutung entspricht nicht dem Grundtext.
Wahrscheinlich wurde deshalb oft „weissagen“ verwendet, da dieser Begriff für uns eine nebligere Bedeutung hat und dadurch breiter eingesetzt werden kann.
Frage zu Prophetinnen in Israel
Für die Auslegung gehört dazu, dass in Israel Prophetinnen dann aufgetreten seien, wenn das Volk sich in einem Tiefstand befand und scheinbar die männlichen Propheten versagt hatten. Diese Aussicht trifft zu.
Ich wiederhole die Frage für den Band, für unsere Freunde in Deutschland, die das hören werden: Die Frage lautet, ob Prophetinnen in Israel dann aufgetreten seien, wenn das Volk moralisch in einem Tief war und es keine männlichen Personen gab, die diesen Dienst hätten tun können. Man kann sich das aber auch anders überlegen.
Wir haben von der Prophetin Mirjam gesprochen. War das Volk damals auf einem Tief? Ja und nein. Die Wüstenwanderung war voll von Höhen und Tiefen, oder noch mehr von Tiefen. Es war die Zeit von Mose. Es war also nicht so, dass zu wenige gewichtige und mächtige männliche Propheten da gewesen wären. Trotzdem war Mirjam da.
Dann haben wir Deborah. Dort ist es tatsächlich ein Problem zu sehen, wo die Männer sind, die die Führung hätten übernehmen können. Denn Deborah will einen Mann zum Heerführer berufen. Dieser lehnt ab und sagt: „Ich gehe nicht, nur wenn du mit mir kommst.“ Das ist Barak. Sie sagt daraufhin: „Gut, ich komme mit, aber dann wird die Ehre des Siegers einer Frau gehören.“ Das war klar. Deborah ging mit. Die Situation war sicher so, dass der Zustand des Volkes sehr tief war und es niemanden auf der Ebene wie Deborah gab.
Interessant ist ihr Selbstbild. Wie hat sie sich gesehen? Sie bezeichnet sich im Deborah-Lied als „Mutter in Israel“. Sie sah sich also nicht als Vater in Israel, sie trat nicht patriarchalisch auf, sondern als Mutter in Israel.
Dann haben wir Hulda. Natürlich war das auch eine Zeit eines moralischen Tiefs, aber es gab auch Jeremia damals. Hulda hat ihren Prophetendienst also nicht in Ermangelung von Männern getan. Man kann offensichtlich nicht sagen, dass Frauen nur dann aufgetreten wären, wenn keine Männer da waren.
Ich werde am Dienstag noch mehr darüber sagen, wie sie aufgetreten sind. Das ist ganz interessant. Das Muster, das sich durch die Bibel zieht, zeigt sich in der Art und Weise, wie man sagt: „C’est le temps qui fait la musique“ – die Zeit macht die Musik. Genau das ist hier der Fall.
Was den moralischen Zustand des Volkes betrifft, so ist es generell eine Tendenz, dass Propheten – also Propheten und Prophetinnen – dann auftraten, wenn das Volk auf einem Tief war. Die Aufgabe der Propheten war wesentlich, das Volk zurückzuführen zu Gott und zu seinem Wort.
Darum wird das Alte Testament auch „das Gesetz und die Propheten“ genannt. Das Gesetz war die Grundlage der gesamten Schriftoffenbarung. Die Propheten kamen, um das Volk immer wieder zur Tora zurückzuführen, zur Schrift. Einen falschen Propheten konnte man daran erkennen, dass er die Menschen nicht zur Schrift führte, sondern anderswohin.
Prophetie hat also oft, gerade im Allgemeinen, mit einem schlechten Zustand des Volkes und mit der Rückführung zur Quelle zu tun.
Übrigens endet Malachi, der letzte Schriftprophet, ganz auffallend typisch mit den letzten Worten des Alten Testaments, bevor das lange Schweigen der Schriftpropheten begann. In Malachi 4,4 heißt es: „Gedenkt des Gesetzes Moses, meines Knechtes, welches ich ihm auf Hureb an ganz Israel geboten habe, Satzungen und Rechte.“ Das ist ein Aufruf, zurück zur Schrift zu gehen. Das ist Prophetie.
Frage zu Propheten bei David
Weitere Fragen
Eine sehr gute Frage lautet: Warum brauchte Gott andere Propheten, um zu David zu sprechen? David war ja selbst auch ein Prophet. Zweitens stellt sich die Frage, warum David auf einem so tiefen Niveau war, dass er einen Propheten brauchte.
Die Antwort kann man auf zwei Ebenen geben. Es gibt einen Fall, in dem David ganz, ganz tief gefallen war. Da kam Nathan zu ihm und erzählte ihm eine Geschichte – eine schöne Geschichte mit einem Schäfchen und einem Mann, der das Schäfchen sehr liebte. David wurde wütend über den Mann, der dieses Schäfchen weggenommen hatte. Nathan sagte daraufhin: „Du bist der Mann.“
David hatte einen Ehebruch begangen. Er war in tiefste Schuld vor Gott gefallen, und der Prophet überführte ihn von seiner Schuld mit den Worten: „Du bist der Mann.“ Hier ging es nicht darum, die Sünde prophetisch aufzudecken, sondern darum, David deutlich zu machen, dass er schuldig war – durch Prophetie.
Doch die Propheten Gad und Nathan traten nicht nur auf, wenn David auf einem Tief war. Dennoch mussten sie Botschaften an David übermitteln. Zum Beispiel wollte David unbedingt Tempelbauer werden. Da kam der Prophet Nathan und sagte: „Nein, das geht nicht. Du bist ein Mann des Blutes, dein Sohn wird den Tempel bauen.“
Das zeigt, dass Gott seine Diener nicht allein lassen möchte. Keiner soll denken: „Ich bin autark, ich bin Selbstversorger, ich brauche niemand anderen.“ Gerade dieses Prinzip, dass jeder jeden braucht im Volk Gottes, ist wichtig.
David war zwar ein Prophet, aber er brauchte andere, die ihm sagten, was Gottes Wille war. Dieses gegenseitige Geben und Nehmen muss das Volk Gottes kennzeichnen. Gottes Volk ist kein Volk von einer Elite oder einzelnen Solisten, die alles wissen, alles können und alles haben, während das einfache Volk arm ist. Nein, es ist ein Volk, das sich gegenseitig braucht und ergänzt.
Frage zu Krisen bei Propheten
Ist es nicht erstaunlich, dass gewisse Propheten auch große Krisen erlebt haben? Was hat uns das zu sagen? Sehr viel, denn es zeigt uns, wie Gott seine Leute gebraucht. Er braucht keine Superleute, die alles können, die nie Zweifel haben und nie am Boden sind. Stattdessen braucht er ganz normale Menschen.
Ein Beispiel dafür ist Johannes der Täufer. Er stand groß vor dem Volk, am Jordan und an anderen Orten, und sagte mit voller Überzeugung, Feuer und Kraft: „Siehe, das Lamm Gottes!“ Er wies auf den Messias hin. Doch plötzlich, als er im Gefängnis war, bekam er Zweifel. Fragte sich: Ist Jesus wirklich der Messias, oder soll man noch auf einen anderen warten?
Johannes schickte eine Gesandtschaft zu Jesus. Der Herr Jesus antwortete: Geht zu ihm und sagt ihm, was ihr seht: Tote werden auferweckt, Lahme springen herum und so weiter. Klare Beweise, dass er der Messias ist.
Das zeigt: Gottes Leute können auch in Tiefs und Krisen geraten. Sie sind keine Superleute, sondern ganz normale Männer und Frauen. Gott gebraucht sie als seine Sprachrohre.
Das ist doch ermutigend, oder? Wir sind alle normal – und genau darum kann Gott uns gebrauchen.
Frage zu Verfolgung von Propheten
Noch eine letzte Frage, ja. Im Alten Testament steht nichts darüber, dass alle Propheten umgebracht wurden, wie es bei Jesus der Fall war.
Die Frage ist also: Gibt es Hinweise in der Bibel, dass alle Propheten umgebracht worden sind? Wir wissen ja nicht über alle Propheten ihre Biografie. Es sind nur einzelne, bei denen wir wissen, wie sie geendet haben.
Zum Beispiel eine gute Frage: Wie hat Jesaja geendet? Im Alten Testament lesen wir nichts darüber, außer im Hebräerbrief. Dort werden die Glaubenshelden in Kapitel 11 beschrieben. Es heißt unter anderem, dass sie verfolgt wurden, Hunger und Not erlitten, fliehen mussten und in Höhlen und Klüften der Berge wohnten. Außerdem wird erwähnt, dass einige zersägt wurden.
Es gibt tatsächlich eine jüdische Überlieferung, die besagt, dass Jesaja geflohen ist und sich in einem hohlen Baum versteckt hat. Seine Verfolger haben dann den Baum umgesägt. So soll Jesaja gestorben sein.
Das Gleiche haben später die Nachfolger dieser Feinde Jesajas gemacht. Sie konnten zwar Jesaja selbst nicht mehr zersägen, aber wenigstens sein Buch. Man spricht von einem ersten Jesaja, einem Deutero-Jesaja und einem Trito-Jesaja. Das Buch stammt von verschiedenen Autoren, sagen sie, und sie zerschneiden das Buch – ähnlich wie die Verfolger mit dem Propheten umgegangen sind.
Es wird uns also nicht im Detail gesagt, wie alle Propheten geendet haben. Aber der Herr weist darauf hin, dass die Propheten allgemein zumindest verfolgt worden sind. Das war das übliche Prinzip: Propheten waren in ihrer eigenen Heimat ohne Ehre. Das führte immer wieder zu Verfolgung.
Wir müssen zum Schluss kommen. Am nächsten Dienstag machen wir weiter.
