Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir stehen in Lukas 21 und haben beim letzten Mal bereits mit der Ölbergrede begonnen. Jetzt lesen wir ab Vers 12 weiter.
Zur Rekapitulation: In Vers 5 von Lukas 21 betrachtet der Herr Jesus gemeinsam mit den Jüngern den Tempel. Sie sehen die schönen Steine und auch die Weihgeschenke am Eingang des Tempelhauses. In Vers 6 kündigt Jesus an, dass der Tempel untergehen wird. Dies geschieht als Gottes Antwort auf die Ablehnung des Messias, die in Kapitel 20 so deutlich zum Ausdruck gekommen ist.
Die Jünger sind schockiert. In Vers 7 fragen sie, wann dieses Ereignis stattfinden würde und welches Zeichen es geben wird, das unmittelbar auf die Zerstörung hinweist. Der Herr geht darauf ein und warnt in Vers 8 vor Verführungen und falschen Messiasen. Wir haben gesehen, dass diese Warnung die gesamte vergangene Zeit der letzten zweitausend Jahre betrifft. In dieser Zeit sind über fünfzig falsche Messiasse im Judentum aufgetreten, nachdem der Herr gegangen war.
In Vers 9 beginnt dann die Endzeitrede. Der Herr sagt: Wenn ihr von Kriegen und Empörungen oder Revolutionen hören werdet. Dieses „Aber“ grenzt diesen Abschnitt von dem zuvor Gesagten ab. Der Herr spricht hier über sieben Endzeitzeichen: Kriege, Revolutionen, Empörungen. Dann haben wir in Vers 10 gesehen, dass es nicht einfach Kriege sein müssen, sondern Massenkriege – Nation gegen Nation und Königreich gegen Königreich.
Das dritte Zeichen sind große Erdbeben, Hungersnöte und Seuchen. Schließlich folgen Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel. Sechs dieser Zeichen haben wir beim letzten Mal besprochen. Das Zeichen „Schrecknisse“ haben wir noch nicht behandelt, darauf werden wir später noch zurückkommen.
Ab Vers 12 spricht der Herr Jesus über die Zeit, die vergehen wird, bis die Zerstörung des Tempels eintritt. Hier kehrt er von der Endzeitrede wieder zur Anfangszeit zurück. Wichtig ist vor allem das Wort „aber“ zu Beginn. Dieses „aber“ bringt uns aus der Endzeit zurück in die Anfangszeit. Dieser Abschnitt erstreckt sich bis Vers 24. Am Schluss dieses Abschnitts sagt der Herr, dass Jerusalem von den Nationen zertreten werden wird, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.
Das Wort „bis“ führt uns dann wieder von der Anfangszeit in die Endzeit. Diese beiden kleinen Wörter am Anfang und am Ende dieses Abschnitts sind entscheidend, um die Verse richtig zu verstehen.
Ab Vers 25 sind wir dann wieder in der Endzeit. Der Herr spricht dort über weitere Zeichen seines Kommens in der Endzeit.
Einführung in die Verfolgung und das Zeugnis der Jünger
Darf ich bitten, Edmund? Ab Vers 12 bis zum Ende seines Abschnitts.
Aber vor all dem werden sie die Hände auf euch legen, euch verfolgen und euch den Synagogen sowie den Gefängnissen übergeben. Sie werden euch vor Könige und Machthaber zerren – um meines Namens willen. Das wird euch als Zeugnis widerfahren.
Darum nehmt euch in euren Herzen fest vor, euch nicht vorher Sorgen zu machen, wie ihr euch verantworten sollt. Denn ich werde euch Mund und Weisheit geben, sodass alle eure Gegner euch weder widersprechen noch widerstehen können.
Ihr werdet von Eltern, Brüdern, Verwandten und Freunden verraten werden, und einige von euch werden getötet. Ihr werdet von allen um meines Namens willen gehasst werden.
Aber nicht ein Haar von eurem Kopf soll verloren gehen. Gewinnt eure Seelen durch eure Beharrlichkeit.
Warnung vor der Belagerung Jerusalems und Fluchtbefehl
Wenn ihr aber Jerusalem von Kriegsheeren belagert seht, dann erkennt, dass seine Verwüstung herbeigekommen ist.
Flieht dann in die Berge, wer in Judäa ist. Wer drinnen ist, der gehe schnell hinaus, und wer auf dem Land ist, der gehe nicht hinein in die Stadt. Denn das sind Tage der Vergeltung, damit alles erfüllt wird, was geschrieben wurde.
Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen, denn es wird große Not auf Erden geben und Zorn über diesem Volk sein. Sie werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und gefangen unter alle Völker weggeführt werden. Jerusalem wird von den Nationen zertreten werden, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.
Zeichen am Himmel und die Erwartung der Erlösung
Dann werden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen erscheinen. Auf der Erde wird den Völkern bange sein; sie werden ratlos sein beim Brausen des Meeres und der Wasserwogen. Die Menschen werden vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die auf der Erde geschehen sollen, verschmachten. Denn die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden.
Dann werden sie den Menschensohn in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit kommen sehen. Wenn aber dies anfängt zu geschehen, dann blickt auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Gleichnis vom Feigenbaum als Zeichen der Zeit
Dann erzählt er ihnen ein Gleichnis:
Betrachtet den Feigenbaum und alle anderen Bäume. Wenn sie bereits ausschlagen, dann seht ihr es an ihnen und erkennt, dass der Sommer nahe ist.
So auch ihr: Wenn ihr seht, dass all dies geschieht, dann wisst ihr, dass das Reich Gottes nahe ist.
Wahrlich, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles geschehen ist.
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Warnung vor Sorglosigkeit und Aufruf zum Gebet
Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit den Sorgen des Lebens.
Denn dieser Tag wird plötzlich über euch kommen. Er wird wie ein Fallstrick über alle kommen, die auf der Erde wohnen.
Darum seid nun allezeit wach und betet, dass ihr würdig geachtet werdet, all dem zu entfliehen, was geschehen soll, und vor dem Menschensohn zu stehen.
Jesu besondere Beziehung zum Tempel in der letzten Woche
Und er lehrte tagsüber im Tempel, nachts aber ging er hinaus und blieb über Nacht an dem Berg, der Ölberg genannt wird. Das ganze Volk machte sich früh zu ihm auf, um ihn im Tempel zu hören.
Gerade die letzten Verse machen deutlich, dass der Herr in dieser letzten Woche eine ganz besondere Beziehung zum Tempel in Jerusalem hatte. Am Palmsonntag kam er auf einem Esel reitend triumphal als König nach Jerusalem. Er zog in die Stadt ein und ging dann in den Tempel.
Es war bereits spät, deshalb ging er zum Ölberg. Am nächsten Morgen kam er früh zurück und reinigte den Tempel, indem er die Verkäufer hinaustrieb. Am darauffolgenden Tag gab es viele Diskussionen, wie wir sie in Lukas 20 betrachten. Diese führen schließlich dazu, dass der Herr ankündigt, dieser Tempel werde untergehen.
Doch auch an den folgenden Tagen, also Mittwoch und Donnerstag, war der Herr im Tempel und lehrte. Am Freitag war er nicht mehr zum Lehren dort, aber bereits als Gefangener in der königlichen Säulenhalle vor dem Hohenpriester. Dort wurde er im Tempel zum Tod verurteilt.
Wenn man das so betrachtet, umfasst diese Zeitspanne nur wenige Tage, bis er im Tempel zum Tod verurteilt wurde, an Pilatus übergeben und schließlich auf Golgatha gekreuzigt wurde. Das zeigt, in welchem dramatischen Umfeld diese Rede stattfindet.
Vergleich der Endzeitreden in den Evangelien
Diese Rede kommt in drei Evangelien vor: Matthäus 24, Markus 13 und hier in Lukas 21. Allerdings steht an den verschiedenen Stellen nicht einfach dasselbe. Matthäus wählt genau das, was für sein besonderes Thema im Matthäusevangelium besonders wichtig ist. Deshalb liegt dort der Schwerpunkt viel stärker auf der Endzeit und der Bedeutung des Volkes Israel in der Endzeit.
Hier in Lukas sehen wir, dass von den vier Fragen, die die Jünger anfangs stellten, nur zwei aufgeführt sind. Beide Fragen stehen in Verbindung mit dem Tempel. Aus diesem Grund ist die Antwort hier besonders wichtig, vor allem die Verse 12 bis 24. Wie gesagt, in diesen Versen werden wir zurückgenommen in die Anfangszeit.
Der Herr beantwortet hier die Frage: Wann wird die Zerstörung des Tempels kommen und was ist das Zeichen dieser Zerstörung?
Welche waren die zwei anderen Fragen? Die erste betrifft das Ende des Zeitalters. Es wird gefragt: Wann wird dieses Zeitalter zu seinem Ende kommen und was ist das Zeichen dafür? Diese Frage findet sich zum Beispiel in Matthäus 24.
Die zweite Frage, die hier nicht steht, lautet: Was ist das Zeichen, dass unmittelbar danach die Wiederkunft des Herrn stattfinden wird? Diese Frage wird in Matthäus ausführlicher behandelt als in Lukas. Dafür behandelt Lukas ausführlicher das, was mit dem Tempel zusammenhängt.
Die jüdische Verfolgung der ersten Christen
Jetzt schauen wir uns das einmal genauer an. Der Herr sagt also in Vers 12: „Vor all dem aber werden sie ihre Hände an euch legen.“ Er sagt voraus, dass es eine Verfolgung seiner Jünger geben wird. Man könnte auch sagen, es gibt eine Verfolgung der ersten Christen.
Hier wird nicht die Verfolgung in der Endzeit beschrieben, wie in Matthäus 24, sondern eine Verfolgung in der Anfangszeit. Diese Verfolgung sollte eine jüdische Verfolgung sein. Woran erkennen wir das? An dem Wort „Synagogen“ in Vers 12.
In Matthäus 24, wo der Herr über eine Christenverfolgung in der Endzeit spricht, kommt das Wort „Synagoge“ nicht mehr vor. Das sind ganz wichtige Unterschiede, die man beachten muss.
Vielleicht noch als Ergänzung: In Markus 13,9 wird das, was der Herr hier in den Versen 12 bis 24 berichtet, ganz knapp ebenfalls beleuchtet. Dort erwähnt Jesus noch das Wort: „Sie werden euch vor Synedrien stellen.“
Was sind Synedrien? Das sind jüdische Gerichtshöfe. Genauer gesagt, der oberste Gerichtshof war das Synedrium im Tempel. Man sagt auch Sanhedrin; das ist einfach die hebräische Aussprache. Synedrium ist die griechische Aussprache und bedeutet dasselbe.
In den wichtigen Städten Israels gab es örtliche Gerichte, die man ebenfalls Synedrien nannte – daher die Mehrzahl.
Das bestätigt nochmals: Es geht hier also um eine jüdische Verfolgung. Die Erfüllung davon sehen wir in der Apostelgeschichte.
Erfüllung der Verheißungen in der Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 2: Kurz nach dem Tod und der Auferstehung des Herrn wird die Gemeinde gegründet. Der Heilige Geist wird ausgegossen, und gleich darauf beginnt die Verfolgung, ab Kapitel 3, 4, 5, 6 und 7.
Wir sehen, wie die Apostel vor den Sanhedrin gebracht und verhört werden. Dabei stehen besonders die Zwölf im Mittelpunkt. Speziell Johannes und Petrus werden verhaftet und ebenfalls vor den Sanhedrin gebracht. Schließlich begegnen wir in Apostelgeschichte 7 Stephanus, der eine wunderbare Rede vor dem Sanhedrin hält. Diese findet in der königlichen Säulenhalle statt, und er legt Zeugnis ab.
Das entspricht genau dem, was der Herr in Vers 14 sagt: „Darum nehmt euch nun in euren Herzen fest vor, euch nicht vorher zu sorgen, wie ihr euch verantworten sollt; denn ich werde euch Mund und Weisheit geben, denen alle eure Gegner nicht widersprechen oder widerstehen können.“
Diese Verheißung wird in Apostelgeschichte 7 schön illustriert. Stephanus hält seine Rede, und der Sanhedrin ist so betroffen, dass sie nur noch mit den Zähnen knirschen können. Schließlich töten sie ihn. Doch der Weisheit, die Stephanus hatte, konnten sie unmöglich widerstehen.
In der Apostelgeschichte wird dieser Rede von Stephanus etwa fünf Prozent des gesamten Textes gewidmet. Das zeigt, dass ihr ein besonderes Gewicht beigemessen wird. Es soll verdeutlichen, wie sich die Verheißung des Herrn Jesus wunderbar erfüllt hat: „Denn ich werde euch Mund und Weisheit geben.“
Diese Verheißung gilt nicht nur für die Anfangszeit der Gemeinde, sondern dürfen wir auch für unsere Zeit in Anspruch nehmen. Wenn wir besonders herausgefordert werden und Rechenschaft ablegen müssen, wird der Herr uns im entscheidenden Moment die nötige Weisheit geben, um zu antworten.
Eine mutmachende Verheißung für alle Zeiten.
Weiterer Verlauf der Verfolgung vor Statthaltern und Königen
Nun, mit Stephanus sind wir bereits ein Jahr nach Pfingsten, also genau im Jahr 33. Wie gesagt, der Herr Jesus beantwortet hier die Frage, wann die Zerstörung des Tempels stattfinden wird. Diese Zeit soll euch Gelegenheit geben, trotz oder gerade wegen der Verfolgung Zeugnis abzulegen.
Hier steht nicht nur, dass ihr vor Synagogen und vor dem Sanhedrin Zeugnis ablegen werdet (Markus 13,9), sondern auch vor Könige und Statthalter. Bis zu Stephanus lesen wir jedoch nicht davon, dass die Jünger des Herrn vor einen Statthalter oder vor einen König gebracht wurden. Deshalb müssen wir in der Apostelgeschichte weiterlesen.
Schließlich kommen wir zu Apostelgeschichte 23. Dort steht Paulus vor dem Landpfleger Felix. Das ist bereits im Jahr 58. Damit haben wir erstmals den Statthalter. Im Griechischen steht hier „Statthalter“ in der Mehrzahl, also nicht vor einem, sondern vor mehreren Statthaltern. Zunächst ist es aber nur einer.
Man muss etwas weiter in der Apostelgeschichte weiterlesen, ins nächste Kapitel, Apostelgeschichte 24. Felix wird durch den nächsten Landpfleger Porcius Festus ersetzt. Damit erfüllt sich die Mehrzahl der Statthalter.
Was uns jedoch noch fehlt, ist ein König. Bis Apostelgeschichte 24 finden wir keinen König. Doch dann lesen wir, dass hoher Besuch zu Porcius Festus kommt: König Agrippa. Porcius war sehr froh über diesen Besuch, denn er hatte überhaupt kein Verständnis für das Judentum, im Gegensatz zu Felix, der als Heide zumindest etwas vom Judentum kannte. Porcius hingegen nicht.
König Agrippa stammte aus der Herodes-Dynastie und kannte das Judentum. Porcius wollte Paulus vorführen. Paulus hatte sich auf den Kaiser berufen, und wenn er also zum höchsten Gericht gehen wollte, musste der Landpfleger eine vernünftige Begründung schreiben, warum Paulus dorthin gehen darf. Porcius wusste jedoch nicht, was er schreiben sollte.
Jetzt kommt Agrippa ins Spiel, und das führt uns zu der eindrücklichen Beschreibung in Apostelgeschichte 26. Paulus erhält ein Konsultativverfahren und darf König Agrippa persönlich ansprechen. Dort legt er ein wunderbares Zeugnis ab, das in Apostelgeschichte ausführlich wiedergegeben wird. Es zeigt, dass Gott ihm Mund und Weisheit geben wird, sodass alle Widersacher nicht widerstehen oder widersprechen können.
Tatsächlich versucht König Agrippa gar nicht zu widersprechen. Er sagt etwas schnippisch: „In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden.“ Paulus geht sofort darauf ein und sagt, das sei nicht ironisch gemeint, sondern er wünscht sich, dass jeder so wäre wie er – nur nicht in Ketten.
Dann gibt es eine Besprechung zwischen Porcius Festus und dem König. Der König sagt: „Dieser Mann hätte freigelassen werden können. Er hat nichts Todeswürdiges getan, aber er hat sich auf den Kaiser berufen; zum Kaiser soll er gehen.“
Hier haben wir bereits einen König in der Einzahl, doch der Herr spricht von Königen in der Mehrzahl. Mit diesem Konsultativverfahren in Apostelgeschichte 26 sind wir bereits im Jahr 60 angekommen. All diese Dinge mussten sich im Lauf der Zeit erfüllen, bevor der Tempel zerstört werden konnte.
Es fehlt jedoch noch ein König. In der Schule haben wir gelernt, dass die Mehrzahl mindestens zwei oder mehr bedeutet. Paulus hat sich auf den Oberkönig des Römischen Reiches berufen: Nero.
Dann wird die spannende Geschichte erzählt, wie Paulus von Caesarea aus die lange Reise nach Rom antritt. Dazwischen erlebt er einen Schiffbruch, der sehr ausführlich beschrieben wird. Dieser Bericht ist der ausführlichste Schifffahrtsbericht aus der Antike und enthält die meisten Fachausdrücke, die man dort findet – einfach sensationell.
Darüber wurde sogar eine Doktorarbeit geschrieben. Der Autor, Herr Warnecke, hatte kein Studium absolviert, sondern ist außerhalb der üblichen Wege gegangen. Er beschäftigte sich jahrelang intensiv mit der Schifffahrt im Mittelmeer und wurde so ein totaler Spezialist. Er stürzte sich auf Apostelgeschichte 27 und konnte fantastisch nachweisen, wie historisch glaubwürdig dieser Bericht ist – bis in die kleinsten Details.
Für seine Arbeit erhielt er einen Doktortitel. Das nur so nebenbei zur spannenden Reise nach Rom. Dort angekommen, muss Paulus warten.
Paulus’ Gefangenschaft und seine ungehinderte Verkündigung in Rom
Lesen wir die zwei letzten Verse der Apostelgeschichte: Er nahm alle auf, die zu ihm kamen, predigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesus Christus ungehindert mit aller Freimütigkeit.
Ja, also zwei Jahre wartet er. Warum? Weil er auf die Ankläger warten muss. Er wurde ja von den führenden Priestern des Sanhedrins in Jerusalem angeklagt. In der Zwischenzeit berief er sich auf den höchsten Gerichtshof im Römischen Reich. Nun sollten die Ankläger kommen. Aber sie kamen nicht.
Im römischen Recht gibt es den Begriff der zwei vollen Jahre. Wenn jemand zwei volle Jahre auf seine Ankläger wartet und diese nicht erscheinen, wird er freigesprochen. Die Apostelgeschichte endet gerade damit: Paulus ist noch dort, und Lukas verwendet bewusst den Ausdruck „zwei volle Jahre“.
Am Ende dieser Zeit schreibt Paulus verschiedene Briefe: den Epheserbrief, den Philipperbrief, den Kolosserbrief und den Philemonbrief. Man kann übrigens auch zeigen, dass der Hebräerbrief in diese Zeit gehört. Darin berichtet Paulus, dass er erwartet, bald freigelassen zu werden.
Im Philemonbrief sagt er sogar, man solle ihm eine Herberge bereitmachen, wenn er nach Kolossä kommt, wo Philemon lebte. Das ist ganz grandios. So wurde der Apostel Paulus wieder frei und konnte herumreisen. In diese Zeit fällt übrigens auch der Titusbrief.
Kritiker haben angemerkt, dass der Titusbrief überhaupt nicht in die vier Missionsreisen des Apostels Paulus passt. In der Apostelgeschichte werden uns die vier Missionsreisen vorgestellt, und die vierte war die Reise nach Rom. Dort sagt Paulus, er werde überwintern. Können wir das kurz aufschlagen? Titus 3,12: „Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, dann komm eilends zu mir nach Nikopolis, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern.“
Nikopolis passt überhaupt nicht in die Reisen hinein, die in der Apostelgeschichte beschrieben werden. Das muss es aber auch nicht, denn eben nach Apostelgeschichte 28 ist Paulus wieder frei. Das war übrigens im Jahr 62. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die Pluralformen „Könige“, „Statthalter“ und „Sanhedrin“ erfüllt.
Er konnte noch herumreisen und sogar seinen Wunsch erfüllen, den er in Römer 15 erwähnt: Wenn er einmal nach Rom kommen wird, möchte er danach über Rom hinaus auch nach Spanien reisen. Das wird in einer ganz frühchristlichen Schrift aus dem Anfang des zweiten Jahrhunderts bestätigt, dass Paulus tatsächlich bis nach Spanien gekommen sei.
Dann wurde er aber wieder verhaftet.
Paulus’ letzte Gefangenschaft und Tod unter Nero
Übrigens fällt auch der erste Timotheusbrief in diese Zeit. Paulus wurde dann erneut verhaftet und kam wieder in die Todeszelle in Rom, erneut unter Kaiser Nero. Aus dieser Todeszelle heraus schrieb er den zweiten Timotheusbrief. Wir befinden uns dabei im Jahr 66 oder 67.
Können wir einmal aufschlagen? Zweiter Timotheus 4. Edmund, liest du bitte Vers 6? Dort sagt Paulus nichts mehr vom Gebet. Er schreibt: „Jetzt werde ich bald befreit werden und macht mir eine Herberge bereit.“
Er bittet auch nicht mehr darum, dass für ihn gebetet wird, wie es in den zuvor genannten Briefen der Fall war. Stattdessen sagt er: „Jetzt ist es Schluss, denn ich werde schon geopfert. Und die Zeit meines Abscheidens ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten.“
Weiter schreibt er: „Nun liegt für mich die Krone der Gerechtigkeit bereit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird – nicht nur mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben.“ Damit ist das Ende seines Kampfes erreicht.
Auch aus der frühchristlichen Überlieferung wissen wir, dass Kaiser Nero Paulus dann durch das Schwert hinrichten ließ. Da Paulus römischer Bürger war, durfte er nicht gekreuzigt werden. Aus Gnade wurde er daher mit dem Schwert getötet – in Anführungs- und Schlusszeichen „gnädigerweise“. So wurde das damals verstanden.
Paulus spricht in 2. Timotheus 4,16 über seine Verantwortung vor dem Kaiser: „Bei meiner ersten Verteidigung stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle. Es sei ihnen nicht angerechnet.“ Er musste sich also vor dem Kaiser, dem Oberkönig, verantworten. Hier wird der Plural „Könige“ noch als Zusatz genannt.
Diese Verantwortung war sehr schwer. Der Apostel Paulus wurde von vielen, die früher zu ihm standen, verlassen. In Kapitel 1 dieses Briefes sagt er: „Du weißt, dass alle, die in Asien sind“ – dort, wo er besonders viel missionarisch gearbeitet hatte – „mich verlassen haben.“ Sie wandten sich von Paulus ab, nicht vom Christentum. Das war für ihn sehr schmerzhaft.
Wir sind also im Jahr 66 oder 67. Zur gleichen Zeit wurde auch der Apostel Petrus verhaftet und in Rom unter Kaiser Nero getötet. Da er kein römischer Bürger war, wurde er gekreuzigt. Auch das erfahren wir aus der frühchristlichen Überlieferung.
Diese beiden Apostel wurden also im Jahr 66 oder 67 getötet.
Die Belagerung Jerusalems und die Flucht der Judenchristen
Und jetzt gehen wir weit zurück zu Lukas 21, und dann werden wir gleich den Zusammenhang herstellen können.
Der Herr sagt also in Vers 16, dass es nicht nur so ist, dass sie verfolgt werden und dann Zeugnis ablegen können, sondern er sagt, dass sie überliefert werden und einige von ihnen zu Tode gebracht werden. Einige – Stephanus war der Erste. Aber wir sehen, dass es weiterging, ausdrücklich mit Paulus und Petrus, die im Jahr 66 zu Tode gebracht wurden, und dass die Welt von allen gehasst wird um meines Namens willen.
Dann sagt der Herr Jesus in Vers 20: „Wenn ihr aber Jerusalem von Kriegsherren belagert seht, dann erkennt, dass seine Verwüstung herbeigekommen ist.“
Wir haben also in diesen Versen durch diese kurzen Sätze, die der Herr hier als Beschreibung vorlegt, die ganze Zeit vom Jahr 32, Pfingsten, über 33, die Steinigung von Stephanus, bis 66/67 beschrieben. Und jetzt hier dieses Zeichen: Jerusalem von Armeen umzingelt.
Das geschah im Jahr 68, also etwa ein Jahr nachdem Kaiser Nero, der Oberkönig über alle Unterkönige im Römischen Reich, Paulus, den Apostel für die Heidenvölker, und Petrus, den führenden Apostel für die zwölf Stämme Israels, getötet hatte. Nero beging selbst Selbstmord. Selbstmord kann ein Gericht Gottes sein. Gott hat diesen Mann fallen lassen.
Durch seinen Selbstmord kam es im Römischen Reich zu einem Chaos. Es war nicht geklärt, wie es nach Nero weitergehen würde. Aber ich muss noch ein bisschen weiter ausholen: Was war in der Zwischenzeit in Israel geschehen?
Im Jahr 66 gab es in Israel einen spontanen Volksaufstand gegen die römische Besatzungsmacht in Galiläa. Der Auslöser war, dass der letzte Prokurator, Gessius Florus, versuchte, den Tempelschatz in Jerusalem zu plündern. Das brachte das Fass zum Überlaufen, und die Juden in Galiläa erhoben sich gegen Rom.
In der Anfangszeit hatten sie enorme militärische Erfolge gegen die Legionen. Doch dann wurden immer mehr Kontingente zusammengezogen. Am Schluss wurde ein Drittel aller Legionen aus dem gesamten Römischen Reich in Israel zusammengezogen, um den Aufstand niederzuschlagen.
Es gelang, Galiläa zurückzuerobern, dann auch Judäa, also Süd-Israel, und auch die Gebiete im heutigen Jordanien, die jüdischen Gebiete, Transjordanien genannt, entlang des Toten Meeres bis nach Qumran.
Das war im Jahr 68. Die Leute von Qumran wussten, dass ihre Siedlung zerstört werden würde. Sie holten vorher die Rollen aus der Bibliothek der Siedlung heraus und versteckten sie in Höhlen in der Umgebung, um sie wenigstens vor der Zerstörung zu schützen. So kamen die Qumranrollen in die Höhlen, wo sie bis 1947 blieben.
Die Siedlung selbst wurde dann zerstört. Einige Bewohner von Qumran konnten noch nach Massada fliehen. Über der Siedlung fand man eine riesige Ascheschicht. Die jüngsten Münzen unter der Ascheschicht stammen aus dem Jahr 68. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Zerstörung im Jahr 68 geschah.
Danach zogen die Armeen nach Jerusalem, der Hauptstadt. Das sollte der Höhepunkt werden. Die Hauptstadt musste zurückerobert werden, und die Römer errichteten ihre Armeelager um Jerusalem herum.
Genau das sagt der Herr hier: „Wenn ihr aber Jerusalem von Armeelagern umzingelt seht, dann erkennt, dass ihre Verwüstung nahegekommen ist.“ Das war das Zeichen, auf das man gewartet hatte, um zu wissen, wann diese Zerstörung kommen würde.
Dann sollten noch zwei Jahre vergehen. Die Christen hätten sich vorher sagen können: „Wenn der Herr sagt, wenn Jerusalem umzingelt ist, dann müssen wir fliehen auf die Berge“, so steht es in Vers 21. „Dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen.“
Wie sollte das gehen, wenn doch die Besatzungsmacht überall ist und man durch keinen Checkpoint kommt? Aber wenn der Herr das so sagt, muss es einen Grund geben, dass eine solche Flucht möglich sein wird.
Und so war es: Die Armeelager waren um Jerusalem aufgebaut, dann beging Nero Selbstmord. Es entstand Chaos. Vespasian, der General in Israel, wollte Kaiser werden. Er stoppte den Krieg und reiste nach Rom, wo er tatsächlich Kaiser wurde.
Durch den gestoppten Krieg konnten alle Juden, die an Jesus als den Messias glaubten – also Judenchristen oder man kann auch sagen messianische Juden –, aus Jerusalem und Judäa fliehen. Sie gingen auf die Berge, hauptsächlich heute im Westjordanland, und dann über den Jordan hinüber nach Pella.
Dort war König Agrippa II. Herrscher. Er nahm diese Judenchristen als friedliebende Bürger auf. Zurück zum Apostelgeschichte 26: Paulus, der dort Rede hielt, überzeugte Agrippa, dass Christen nicht politisch gefährlich für das Römische Reich seien. Sie waren kein Problem.
Darum wurden sie aufgenommen. Keiner der Judenchristen kehrte zum Passa-Fest nach Jerusalem zurück, weil der Herr das ganz klar in Lukas 21 gesagt hatte.
Wie muss man diese Rede verstehen? Wörtlich oder übertragen? Wehe dem, der sie übertragen verstanden hätte! Es war wirklich wörtlich gemeint, und sie nahmen es auch wörtlich. Dadurch wurden sie gerettet.
Der Herr sagt auch ausdrücklich, man solle aus Jerusalems Mitte hinausgehen, Vers 21: „Die, die auf dem Land sind, sollen nicht in die Stadt hineingehen“, also nicht mehr nach Jerusalem zurückkehren.
Die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 und ihre Folgen
Nun, wie ging das weiter? Im Frühjahr 70 wurde Vespasian Kaiser. Er schickte seinen Sohn Titus als neuen General, um die Truppen in Israel zu führen und den Krieg zu beenden. Titus kam gerade vor dem Passafest, also genau zu unserer jetzigen Zeit.
Er sah, dass Pilger aus dem ganzen Land Israel und auch viele Juden aus dem Ausland nach Jerusalem kamen, um die Passalämmer zu schlachten. Diese mussten nämlich beim Altar geschlachtet werden, nirgendwo anders. Das heißt, alle gingen nach Jerusalem.
Die Judenchristen jedoch gingen nicht mehr nach Jerusalem. Obwohl sie wussten, dass die Tora vorschreibt, die Passalämmer im Tempel zu schlachten, erinnerten sie sich daran, dass ihr Herr gesagt hatte, sie müssten fliehen und dürften nicht mehr nach Jerusalem hineingehen. Deshalb nahm keiner von ihnen mehr am Passa teil.
Titus wartete, bis die Stadt zum Bersten voll war. Ein Augenzeuge, Josephus Flavius, hinterließ uns einen Bericht mit dem Titel "Der jüdische Krieg". Darin beschreibt er, dass die Stadt mit 2,7 Millionen Menschen überfüllt war. Als sie alle drinnen waren, schloss Titus den Belagerungsring.
Es folgten 140 Tage brutaler Krieg. Mehr als eine Million Juden kamen ums Leben, und die Stadt sowie der Tempel wurden dem Erdboden gleichgemacht. Genau das hatte der Herr vorausgesagt.
Lies noch einmal Vers 22: "Denn das sind Tage der Vergeltung, damit alles erfüllt wird, was geschrieben wurde. Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen, denn es wird große Not auf Erden und Zorn über diesem Volk sein. Sie werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und gefangen unter alle Völker weggeführt werden. Und Jerusalem wird von den Nationen zertreten werden, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind."
Genau so ist es gekommen: große Not im Land, nicht nur in Jerusalem, sondern im ganzen Land. Zorn über dieses Volk, sie fallen durch die Schärfe des Schwertes und werden gefangen unter alle Nationen weggeführt.
Im Jahr 70 begann die weltweite Zerstreuung des jüdischen Volkes über alle fünf Kontinente hinweg. Der Herr hat das so klar vorausgesagt, und genau so ist es in Erfüllung gegangen.
Er sagt also, dass die Zerstreuung des jüdischen Volkes in Erfüllung gehen wird. Damit ist sein Kommen noch lange nicht vor der Tür. Er sagt, Jerusalem wird in der weiteren Zeit von den Nationen ständig zertreten werden, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.
Bedeutung der „Zeiten der Nationen“ und ihre Erfüllung
Die Zeiten der Nationen – was ist das? Kann das jemand erklären? Es gibt ja insgesamt sieben Heilszeitalter. Das siebte davon ist das tausendjährige Friedensreich. Aber warum nennt man es die Zeiten der Nationen?
Das liegt daran, dass Israel das Königtum weggenommen wurde. Wann genau geschah das? Es war bei der Zerstörung Jerusalems durch König Nebukadnezar. Diese Zerstörung fand in der Zeit von 606 bis 586 vor Christus statt und führte zur babylonischen Gefangenschaft.
Wichtig ist: Gott ließ Zedekia, den letzten König, einen Bund mit König Nebukadnezar schließen – einen Bund, den Gott selbst nennt „mein Bund“ (Hesekiel 17). Zedekia brach diesen Bund, und deshalb wurde das Königtum weggenommen.
Zedekia hatte sich mit seinem Königreich in Juda der Oberhoheit des babylonischen Reiches unterstellt. Doch er rebellierte gegen diesen Bund und brach ihn. Daraufhin endete das Königtum in Juda. Es hätte eigentlich weiterbestehen dürfen, aber das Buch Daniel zeigt, dass Israel nun unter der Oberherrschaft heidnischer Nationen stehen würde.
Im Buch Daniel werden vier große Weltreiche vorgestellt (Daniel 2 und 7). Israel wird immer Untertan dieser Weltreiche sein, nicht mehr an der Spitze. Die Nationen werden regieren: zuerst das babylonische Reich, dann das medopersische Reich, danach das griechische Reich und schließlich das römische Reich.
In der Offenbarung, Kapitel 17, wird gezeigt, dass das römische Reich drei Phasen haben soll: Phase A ist wahr, Phase B ist nicht wahr, und Phase C wird wiederkommen. Das europäische römische Reich, das einst Europa zusammenhielt, sollte untergehen, aber später erneut eine Vereinigung eingehen.
Dann kommt das Reich Gottes. Der Menschensohn wird auf den Wolken des Himmels erscheinen, wie es in Daniel 7 beschrieben wird. Wenn der Menschensohn kommt, um das Reich Gottes aufzurichten, sind die Zeiten der Nationen zu Ende. Das meint der Herr, wenn er sagt: „Jerusalem wird von den Nationen zertreten werden, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.“
Tatsächlich war Jerusalem ab dem Jahr 70 nach Christus über viele Jahrhunderte hinweg nicht mehr unter jüdischer Oberhoheit. Das änderte sich erst 1967 im Sechstagekrieg, als Israel den Tempelberg in Ostjerusalem eroberte und unter seine Oberhoheit brachte.
Doch auch hier gab es einen Kompromiss: Dem Waqf, der islamischen Behörde, die die Moscheen auf dem Tempelberg verwaltet, wurde die Freiheit gegeben, dies weiterhin zu tun. So ist Jerusalem bis heute von den Nationen zertreten.
Auch heute noch meint die UNO, über Jerusalem bestimmen zu können. Sie sagt, dass nicht Israel oder Amerika darüber entscheiden kann, sondern nur die UNO – also die Nationen. Sie sind weiterhin daran, Jerusalem zu zertreten.
Aber der Herr sagt, diese Zeit wird ein Ende haben. Jerusalem wird zertreten werden, bis die Zeit der Nationen vorbei ist. Dann wird der Menschensohn kommen.
Psalm 69 als prophetische Beschreibung des Zorns Gottes über Israel
Ja, vielleicht noch: Es wird großer Zorn sein über dieses Volk – und am Schluss bis die Zeit der Nation erfüllt ist. So steht es im Psalm 69.
Der Psalm 69 beschreibt das sehr eindrücklich, zum Beispiel mit dem Satz: „Ihr Tisch vor ihnen soll zur Schlinge werden.“ Genau das greifen wir hier auf. Ich erkläre gleich für den Livestream, was du gesagt hast.
Was hier über das Zertreten Jerusalems gesagt wird, wird im Psalm 69 eindrücklich beschrieben. Wir schlagen Psalm 69 auf. Dieser Psalm beschreibt prophetisch die Leiden des Messias am Kreuz.
Und du meinst jetzt welchen Vers?
Vers 23.
Psalm 69, Vers 23, liest du mal, Edmund?
„Ihr Tisch“ – und schon bei Vers 21 sieht man, wie der Messias, der Gekreuzigte, spricht: „Die Schande bricht mir mein Herz und kränkt mich. Ich warte, ob jemand Mitleid habe, aber da ist niemand, und auf Tröster, aber ich finde keine. Sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken gegen meinen großen Durst.“
Das wird ja zitiert in Römer 11, und Paulus sagt, hier spricht König David.
Und was sagt er? „Ihr Tisch soll vor ihnen zur Schlinge werden und den Sorglosen zum Fallstrick. Ihre Augen sollen finster werden, damit sie nicht sehen, und ihre Lenden sollen immer wanken. Gieße deine Ungnade auf sie, und dein glühender Zorn erfasse sie.“
Jawohl, jetzt hat Carmine das eben hier herangezogen.
Dieser Glut deines Zornes – die Verbindung ist ja hier in Lukas 21, Vers 23. Dort heißt es: „Denn große Not wird im Land sein und Zorn über dieses Volk.“ Das ist dieser Zorn Gottes, der hier erwähnt wird.
Aber jetzt, Carmine, du hast wahrscheinlich einen ganz bestimmten Grund, warum du diese Stelle noch angeführt hast. Das ist Vers 26:
„Ihre Wohnstätte soll verwüstet werden und ihre Zelte...“
Jawohl, also Vers 26 spricht von der Verwüstung: „Ihre Wohnstätte“, genau. Und Vers 23: „Ihr Tisch werde vor ihnen zur Schlinge und ihnen den Sorglosen zum Fallstrick.“
Ja, was heißt „Ihr Tisch“? Was ist das?
Das ist der Tisch des Herrn. So wird der Altar in Jerusalem genannt, zum Beispiel in Maleachi 1, Vers 7.
Und hier sagt König David: „Ihr Tisch“, also der Altar, soll ihnen zur Schlinge werden. Genau so geschah es. Alle kamen aus dem ganzen Land nach Jerusalem zum Passah, um dort die Lämmer neben dem Altar zu schlachten. Aber das wurde ihnen zum Fallstrick, denn dann wurde die Belagerung geschlossen. Das brachte sie zu Fall, ihnen, den Sorglosen, zum Fallstrick. Dann wird gesagt: „Schütte deinen Grimm über sie aus und die Glut deines Zornes.“
Also eine ganz eindrückliche Prophetie hier auf die Geschehnisse von Jahr siebzig und in der Folge.
Unterschiedliche Fluchtanweisungen in Lukas 21 und Matthäus 24
Jetzt haben wir noch einen weiteren Punkt. Zuvor haben wir das Zeichen der Zerstörung Jerusalems betrachtet. Damals lag die Bedrohung um Jerusalem. Nun schlagen wir Matthäus 24 auf und erleben eine Überraschung.
Der Herr spricht dort ebenfalls von einer Flucht auf die Berge und von einer sehr schlimmen Zeit, die dann folgen wird. Er sagt in Matthäus 24,15-22:
„Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung an der heiligen Stätte sehen werdet, wovon durch den Propheten Daniel gesagt ist – wer das liest, der merke auf –, dann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist; und wer auf dem Dach ist, der steige nicht hinab, um etwas aus seinem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, der kehre nicht um, um seinen Mantel zu holen. Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen! Bittet aber, dass eure Flucht nicht im Winter oder am Sabbat geschieht, denn es wird dann eine große Trübsal sein, wie noch keine gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und wie auch keine mehr kommen wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch gerettet werden; aber wegen der Auserwählten werden jene Tage verkürzt.
Jawohl, und dann geht der Herr weiter und sagt in Vers 27:
Denn wie der Blitz von Osten ausgeht und bis zum Westen leuchtet, so wird auch das Kommen des Menschensohnes sein.
Wo aber das A ist, da sammeln sich die Geier.“
Man könnte nun denken, dass dies dasselbe sei wie in Lukas 21. Aber dem ist nicht so. Hier zeigt sich, wie genau man die Bibel lesen muss.
Was ist hier das Zeichen, bevor man fliehen muss auf die Berge? Es ist der Gräuel der Verwüstung – und wo muss er sein? An heiligem Ort, also auf dem Tempelplatz.
Dieser Ausdruck „Gräuel der Verwüstung“ ist bekannt aus dem Buch Daniel, wie der Herr hier sagt, insbesondere Daniel 9,27. Der Ausdruck bezeichnet ein Götzenbild. Auch in Daniel 11 wird dieser Begriff verwendet. Dort spricht man vom Götzenbild des Antiochus Epiphanes, der ein Jupiterbild mit seinen Gesichtszügen auf dem Tempelplatz aufgestellt hatte. Das wird in Daniel 11 vorausgesagt und als Gräuel der Verwüstung bezeichnet. Die Stelle ist Daniel 11,31.
Der verwüstende Gräuel war also ein Götzenbild. Nun nimmt der Herr diese Prophezeiung in Matthäus 24 auf und spielt darauf an: Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung an heiligem Ort seht, also ein Götzenbild auf dem Tempelplatz, dann müsst ihr fliehen.
Im Jahr 68, 69 und 70 gab es jedoch kein Götzenbild auf dem Tempelplatz, sondern nur Armeelager um Jerusalem herum. Deshalb hat sich Lukas 21 wirklich im Jahr 68 erfüllt. Damals sind die Judenchristen auf die Berge geflohen und wurden so gerettet.
Hier in Matthäus 24 haben wir jedoch ein anderes Zeichen: ein Götzenbild auf dem Tempelplatz, und dann muss man fliehen. Danach wird der Menschensohn in Macht und Herrlichkeit kommen.
In Lukas hingegen kommt nicht der Menschensohn, sondern das jüdische Volk wird gefangen genommen und unter alle Nationen weggeführt. Jerusalem wird zertreten, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sind.
Das ist also ganz anders. Es gibt klare Parallelen, aber auch deutliche Unterschiede.
Jetzt wird deutlich: Das, was in Lukas 21 beschrieben wird, bezieht sich auf die Jahre 68 bis 70. Das, was in Matthäus 24 steht, bezieht sich auf die Endzeit.
Das heißt, es wird Parallelen geben zwischen damals und der Endzeit. Nach der Entrückung der Gemeinde wird der Antichrist, wie Paulus sagt, ein Götzenbild auf dem Tempelplatz aufstellen. Dann beginnt die große Drangsal von dreieinhalb Jahren, der letzte und schrecklichste Weltkrieg wird ausbrechen, und schließlich wird der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels erscheinen.
Unterschiede in der Beschreibung der Drangsal
Ein wichtiger Unterschied ist folgender: In Lukas 21 sagt der Herr Jesus: „Wenn sie da auf die Berge fliehen, dann wird große Not sein im Land.“ Dies findet sich in Lukas 21,23.
In Matthäus 24 steht es etwas anders. Dort heißt es in Vers 21: „Denn dann wird große Drangsal sein.“ Nicht große Not, sondern große Drangsal. Das sind unterschiedliche Ausdrücke. Diese große Drangsal wird weiter beschrieben als etwas, was es seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gegeben hat und auch nicht wieder geben wird.
Das bedeutet, dass es so schlimm sein wird wie nie zuvor in der gesamten Weltgeschichte, von Anfang der Welt an. Der Herr sagt außerdem, dass, wenn diese Zeit nicht verkürzt würde – nämlich auf dreieinhalb Jahre –, kein Fleisch errettet werden würde. Das heißt nicht, dass keine Seele errettet wird, sondern dass kein Mensch überleben würde. Die Menschheit würde sich selbst vernichten.
Doch in Lukas 21 war das nicht etwas, das die gesamte Menschheit bedrohte, sondern es war eine Bedrohung im schlimmsten Maß für das jüdische Volk, aber nicht für die Menschheit insgesamt. Deshalb ist es sehr wichtig, diese Unterschiede zu erkennen und auch zu sehen, dass der Herr Jesus in Matthäus 24 nicht über dasselbe spricht wie in Lukas 21.
Das muss man sich klar machen. In vielen theologischen Kommentaren wird dieser Unterschied nicht beachtet, und das führt zu einem völligen Durcheinander. Das ist das Problem der sogenannten Bundestheologie, die sagt, all diese Prophetien seien bereits im Jahr siebzig erfüllt worden – auch das Kommen des Menschensohnes. Doch er ist damals nicht auf den Wolken gekommen. Nein, das müsse man übertragen verstehen.
Man sieht also, dass dadurch ein Chaos in die Bibel gebracht wird. Wenn man behauptet, sein Kommen in Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels sei schon erfüllt, dann muss man wirklich vieles verdrehen. Wenn man jedoch alles an seinem Platz lässt, erkennt man, wie wunderbar jedes Wort erfüllt wird – sogar die Unterscheidung zwischen Einzahl und Mehrzahl.
Das hilft uns auch zu verstehen, dass die Dinge, die noch zukünftig sind – wie der Gräuel der Verwüstung, die jüdische Flucht auf die Berge, die große Drangsal und das Kommen des Herrn Jesus – wörtlich zu verstehen sind. Sie werden genau so stattfinden, wie es in Matthäus 24 beschrieben ist. Es ist nicht nötig, diese Ereignisse zu verdrehen oder bildlich zu deuten.
Die Notwendigkeit der Gesamtbetrachtung der Schrift
Was jetzt auch noch klar wird, ist: Hätten wir nur Lukas 21, dann wäre das Bild nicht vollständig. Das ist ein wichtiger Grundsatz, denn ein einzelner Bibelabschnitt erklärt sich nicht von selbst.
Wo steht das? Oder besser gesagt, wo steht das noch einmal? Im Zweiten Petrusbrief. Petrus hat diesen Brief aus der Todeszelle geschrieben, bevor er gekreuzigt wurde. Dort hinterließ er uns sein letztes Vermächtnis. Eines dieser Vermächtnisse findet sich in 2. Petrus 1,20: Keine Weissagung der Schrift geschieht durch eigene Auslegung. In der Elberfelder Übersetzung heißt es: Keine Weissagung der Schrift ist von eigener Auslegung.
Das ist ganz wichtig, denn Petrus sagt hier: Indem ihr dies zuerst wisst, gibt es Prioritäten. Zum Beispiel heißt es: "Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und alles wird euch hinzugefügt werden." Oder in 1. Timotheus 2,1: "Ich ermahne nun, dass vor allen Dingen Gebete, Flehen und Fürbitte für alle Menschen getan werden." Das Beten im Blick auf die ganze Menschheit hat eine Priorität, weil Gott will, dass alle Menschen gerettet werden.
Indem ihr zuerst wisst, dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist, heißt das: Wenn wir einen einzelnen Abschnitt lesen, erklärt er sich nicht von selbst. Wir brauchen alle Abschnitte der Bibel. Darum ist es so wichtig, die ganze Bibel zu lesen und nicht bei Lieblingskapiteln stehen zu bleiben. Ein Kapitel, ein Vers gibt Licht auf das andere. Deshalb springen wir so hin und her in der Bibel – und das lohnt sich.
Im Buch Daniel finden wir einen Hinweis darauf. Weiß jemand, was ich meine? Daniel 11 – wie wäre es mit Daniel 12? Edmund, liest du? Daniel 12,3 – oder besser gesagt Vers 4. Dort steht: "Du, Daniel, verbirg diese Worte und versiegle diese Schrift bis zur letzten Zeit. Dann werden viele darüberkommen und viel Erkenntnis finden."
Die Elberfelder Übersetzung ist hier genau. Nachdem gesagt wurde, dass das Buch Daniel bis zur Zeit des Endes versiegelt sein soll, also schwer verständlich, heißt es weiter: "Viele werden es durchforschen." Wie hast du das bei dir nochmals gehabt? "Du, Daniel, verbirg diese Worte und versiegle diese Schrift bis zur letzten Zeit. Und dann werden viele darüberkommen und viel Erkenntnis finden."
"Darüberkommen" meint hier wirklich das Anschauen. "Durchforschen" ist noch klarer. Es steht ein wunderschönes hebräisches Wort dahinter: "Je schotte du". Das bedeutet "durchforschen". Es ist eine ganz spezielle Verbform, die eine Tätigkeit ausdrückt, die so hin und her geht. Durchforschen heißt wörtlich: hin und her gehen.
Darum muss man hier aufschlagen, dann wieder dort lesen, dann zurückblättern und nochmals nach hinten schauen. So wird ein einzelner Abschnitt erklärt und Licht entsteht. Deshalb sagt das Buch Daniel: Viele werden es durchforschen, indem sie hin und her gehen, und die Erkenntnis wird sich mehren. Das bedeutet, dass in der Endzeit das Verständnis für die Prophetie zu einem Höhepunkt kommen wird.
Darum ist es auch wichtig, dass wir Matthäus 24, Markus 13 und Lukas 21 ebenso benutzen, um gegenseitig Licht auf den Text zu werfen. Was man aber nicht vergessen darf: Man muss die Schönheit im Abschnitt erkennen. Dafür braucht man Augen. Man muss nicht nur die Zusammenhänge sehen, sondern auch die Schönheit des Abschnitts wahrnehmen. Ebenso muss man verstehen, warum im Lukas-Evangelium so viel Wert auf den Tempel gelegt wird.
Es braucht beides: die Vielfalt und das Einzelne. Dann wird im Zusammenhang klar, dass der Herr mit den Jüngern die schönen Steine angeschaut hat, diese Weihgeschenke. Das wird nur hier im Lukas-Evangelium erwähnt. Der Herr sagt, dass alles zerstört werden wird und geht ganz speziell auf die Fragen der Jünger ein, während er jeden Tag im Tempel ist und lehrt.
Damit sind wir eigentlich mit der Zeit schön durch. Beim nächsten Mal könnten wir dann bei Vers 25 weitermachen, wo wir in der Endzeit sind. Dort fügt der Herr den sieben schon genannten Zeichen noch weitere hinzu. Dann folgt das wunderbare Gleichnis vom Feigenbaum. Eine Besonderheit im Lukas-Evangelium ist der Satz: "Seht den Feigenbaum und alle Bäume." Wir werden uns noch damit beschäftigen, was diese Bäume bedeuten.
Dann kommen ganz praktische Befehle, die in den anderen Evangelien nicht zu finden sind. In Vers 34 heißt es: "Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht etwa beschwert werden durch Rausch und Trinkgelage und Lebenssorgen." In Vers 36 fügt er hinzu: "Wacht zu aller Zeit betend!"
Dieser Befehl "Hütet euch" und die Warnung vor Fressen – man könnte auch Bulimie sagen –, vor Rausch, Trinkgelagen und Lebenssorgen findet sich nur im Lukas-Evangelium. Das hat eine ganz besondere endzeitliche Bedeutung in diesem Zusammenhang.
Das werden wir dann auch noch genauer anschauen, ebenso was die Bibel zu Drogenmissbrauch sagt – und sie sagt mehr, als man denkt. Ein junger Mann hat uns eine E-Mail geschrieben. Er meinte, wenn man ihm beweisen könnte, dass Kiffen eine Sünde ist, würde er das akzeptieren. Aber das habe ihm noch nie jemand beweisen können. Wie bitte?
Das werden wir dann beweisen.