Einführung und Lesung des Predigttextes
Ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir stehen in Matthäus 9, und zwar lesen wir ab Vers 27 bis Kapitel 10, Vers 4 zunächst einmal.
Als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde. Diese schrien und sprachen: „Erbarme dich unser, Sohn Davids!“ Als er aber in das Haus gekommen war, traten die Blinden zu ihm, und Jesus sprach zu ihnen: „Glaubt ihr, dass ich dies tun kann?“ Sie antworteten ihm: „Ja, Herr!“
Dann rührte er ihre Augen an und sprach: „Euch geschehe nach eurem Glauben!“ Ihre Augen wurden geöffnet. Jesus bedrohte sie und sprach: „Seht zu, dass niemand davon erfährt!“ Sie aber gingen hinaus und machten ihn in jener ganzen Gegend bekannt.
Als sie weggingen, siehe, da brachten sie einen stummen Menschen zu ihm, der besessen war. Als der Dämon ausgetrieben war, redete der Stumme. Die Volksmengen wunderten sich und sprachen: „Niemals wurde so etwas in Israel gesehen!“
Die Pharisäer aber sagten: „Er treibt die Dämonen aus durch den Obersten der Dämonen.“ Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer. Er lehrte in ihren Synagogen, predigte das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen.
Als er die Volksmengen sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Dann spricht er zu seinen Jüngern: „Die Ernte ist zwar groß, die Arbeiter aber sind wenige. Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte.“
Als er seine zwölf Jünger herangerufen hatte, gab er ihnen Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit sowie jedes Gebrechen zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel sind diese: der erste Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; Simon der Kananäer und Judas Iskariot, der ihn auch überlieferte.
Vielen Dank.
Die Struktur des Matthäusevangeliums und der dritte Teil
Wir befinden uns weiterhin im dritten Teil des Matthäusevangeliums. Das Matthäusevangelium besteht insgesamt aus sieben Teilen. Jeder neue Teil wird immer durch einen Refrain eingeleitet.
Den Refrain fanden wir am Ende der Bergpredigt, in Kapitel 7, Vers 28: „Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte, da erstaunte die Volksmenge sehr über seine Lehre. Denn er lehrte sie wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.“
Wir haben bereits vor längerer Zeit festgestellt, dass der Ausdruck „als Jesus diese Worte vollendet hatte“ jeweils einen neuen Teil markiert. In diesem Refrain wird außerdem betont, wie die Menschen die Gewalt des Herrn in seiner Verkündigung wahrnehmen. Das gibt zugleich das Thema für den dritten Teil vor, der ab Kapitel 8, Vers 1 beginnt und bis einschließlich Kapitel 10, Vers 42 reicht.
Anschließend folgt wieder ein Refrain: „Und es geschah, als Jesus seine Befehle an seine zwölf Jünger vollendet hatte.“ Auch hier wird wieder darauf hingewiesen, dass Jesus seine Reden vollendet hat. Dieser Refrain leitet den nächsten, den vierten Teil ein.
Im dritten Teil steht besonders die Autorität, die Gewalt des Herrn, im Mittelpunkt. Wir haben bereits verschiedene Beispiele gesehen, die Matthäus hier zusammenstellt, um zu zeigen, wie der Herr Gewalt über den Aussatz hat.
In Israel gab es nach dem Tod von Mose kein weiteres Beispiel in der Bibel, in dem jemand von Aussatz geheilt wurde. Der Herr hat diesen Aussätzigen geheilt, und das löste eine landesweite Untersuchung durch die Rabbiner aus, um zu prüfen, ob dieser Mann aus Nazareth der Messias sei.
Wir haben auch gesehen, wie der Herr Jesus Gewalt über weitere Bereiche hat. Besonders beim letzten Mal ging es um die zwölfjährige Tochter des Jairus, die verstorben war, und um die blutflüssige Frau. Hier zeigte sich die Autorität des Herrn über den Tod: Er erweckte das Mädchen zum Leben. Gleichzeitig zeigte sich seine Gewalt über das Thema Unreinheit, denn er heilte die blutflüssige Frau, die nach dem Gesetz rituell unrein war.
Die Heilung der Blinden und die Bedeutung der Zahl Zwei
Und jetzt geht es weiter mit diesen Blinden. Matthäus schreibt hier, es seien zwei Blinde. Das fällt im Matthäusevangelium immer wieder auf: Es sind oft zwei, auch dort, wo in parallelen Berichten der anderen Evangelien nur einer erwähnt wird.
Zum Beispiel hatten wir zwei Besessene in Gadara, erinnern Sie sich? Das war in Kapitel 8, Vers 28. Dort begegneten Jesus zwei Besessene. In der Parallelstelle bei Lukas und Markus wird jedoch nur einer erwähnt. Der Fokus liegt dort auf dem Einzelschicksal. Matthäus erwähnt hingegen zwei.
Auch hier, wo es um zwei Blinde geht, erwähnt Matthäus zwei Blinde. Wir werden später sehen, dass sich dieses Muster im Matthäusevangelium fortsetzt.
Warum betont Matthäus so stark die Zahl zwei? Das ist eine interessante Frage. Das Gesetz sagt, dass eine Sache vor Gericht in Israel nur dann glaubwürdig ist, wenn es mindestens zwei Zeugen gibt.
Wir können dazu eine Stelle aus dem Gesetz Mose aufschlagen: 5. Mose 19,15. Dort wird ein Grundsatz aufgestellt, der sich wie ein roter Faden durch die Bibel zieht – bis ins Neue Testament hinein. Auch für die Gemeinde gilt dieses Prinzip.
5. Mose 19,15 lautet: „Ein einzelner Zeuge soll nicht gegen jemanden antreten wegen irgendeiner Ungerechtigkeit und wegen irgendeiner Sünde, bei irgendeiner Versündigung, die er begeht. Auf Zweier Zeugenaussage oder auf Dreier Zeugenaussage hin soll eine Sache bestätigt werden.“
Vielen Dank! Also: Mindestens zwei Zeugen, drei sind noch besser, aber zwei sind die Mindestzahl für ein glaubwürdiges Zeugnis vor Gericht.
Matthäus schreibt ja ganz speziell für Juden, im Gegensatz zu Markus, der sein Evangelium für Heiden, vor allem für Römer, geschrieben hat. Er verfasste das Markus-Evangelium, als er in Rom war.
Darum schreibt Matthäus speziell für Juden. Und weil für Juden das Prinzip von zwei glaubwürdigen Zeugen so wichtig ist, betont er dort, wo es zwei waren, dass es zwei waren.
Das Wunder der Heilung der Blinden als messianisches Zeichen
Und in welcher Hinsicht ist überhaupt das Wunder der Heilung von Blinden wichtig für Juden? Es ist ein Zeichen für den Messias, und zwar aufgrund welcher Stelle? Ja, Jesaja. Schlagen wir doch Jesaja 35 auf.
Kann jemand lesen, und zwar ab Vers 4: Jesaja 35,4-6 sagt:
„Sagt zu denen, die zaghaften Herzens sind: Seid stark, fürchtet euch nicht! Siehe, euer Gott kommt, Rache kommt, die Vergeltung Gottes. Er selbst kommt und wird euch retten. Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch, und jubeln wird die Zunge des Stummen, denn es brechen Wasser hervor in der Wüste und Bäche in der Steppe.“
Also, das ist eine prophetische Stelle, die auf den Messias hinweist. „Siehe, euer Gott kommt“ – er wird angekündigt als Richter und als Retter. „Rache kommt, die Vergeltung Gottes, er selbst kommt und wird euch retten.“ Er kommt als Richter und als Retter. Die Schrift sagt, dann werden die Augen der Blinden aufgetan.
Nun ist es natürlich so, dass hier in Jesaja 35 das zweite Kommen des Messias in Macht und Herrlichkeit vorgestellt wird. Nicht wie in Jesaja 53, dort wird das erste Kommen vorgestellt: Der Messias, der kommt, um für unsere Sünden zu leiden. Ja, wir hätten vielleicht noch die Verse 1 bis 3 dazu lesen sollen, um das zu sehen. Darf ich dich bitten, Andreas?
Jesaja 35,1-3:
„Die Wüste und das dürre Land werden sich freuen, und die Steppe wird verlocken und aufblühen wie eine Narzisse. Sie wird in voller Blüte stehen und frohlocken, ja frohlocken und jubeln. Die Herrlichkeit des Libanon ist ihr gegeben, die Pracht des Karmel und Sarons. Seht die Herrlichkeit des Herrn, die Pracht unseres Gottes! Stärkt die schlaffen Hände und macht fest die wankenden Knie!“
Da wird klar, es ist das Kommen in Herrlichkeit, wenn nämlich die Wüste aufblühen wird. Das ist eine gute Nachricht: Die Zukunft dieser Welt ist grün, nach dem Plan Gottes. Die Wüsten werden aufblühen, und zwar wie eine Blume, wie eine Narzisse, sagt Vers 1.
Vers 2 sagt, es wird so blühen und wachsen, dass die Herrlichkeit des Libanon mit all seiner Pracht gegeben ist. Die Zedern im Libanon waren im Altertum bekannt. Inzwischen wurde die ganze Ökologie des Libanon zerstört, aber zu biblischer Zeit war das die Wahrheit: „Die Herrlichkeit des Libanon ist ihr gegeben.“ Das soll auch mit der Wüste so werden.
Die Pracht des Karmel – der Karmel ist heute grün, grün, grün. Dort gibt es viele Bäume und viele Karmel-Eichen. Diese sind etwas kleiner als unsere Eichenarten, aber sie stehen dicht nebeneinander, alles grün.
Auch die Pracht Scharons: Die Scharon-Ebene ist eine besonders fruchtbare Ebene in Israel, südlich von Haifa entlang des Mittelmeers. So wird die Wüste aufblühen – nicht nur die Wüste Judäa, sondern auch der Negev, die Sinai-Wüste, die Sahara, die Wüste Gobi in Asien und weltweit wird das so werden, wenn der Messias kommt.
Wichtig ist dann Vers 5: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden.“ Das heißt, im tausendjährigen Friedensreich wird das Problem der Krankheit und des Leidens gelöst sein. Es wird keine Spitäler mehr brauchen. Dann wird Heilung normal sein.
Nun wissen wir, dass sich viele heute gründlich irren. Sie sagen, die Zeit der Heilung sei heute. Das ist zu früh, sie haben sich im Kalender verirrt. Das ist nicht jetzt, sondern erst dann, wenn eben gilt, was Vers 4 sagt: „Sagt zu denen, die zaghaften Herzens sind: Siehe, euer Gott kommt, Rache kommt, Vergeltung.“ Das ist das Kommen des Messias in Macht und Herrlichkeit.
Vers 5 sagt: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan“ – nicht jetzt, sondern dann. Es wird also so kommen. Heute gibt es eine Verehrung, aber der Jesus, der vor zweitausend Jahren kam, hat die Augen der Blinden geöffnet (Matthäus 9,27). Und im nächsten Vers, Matthäus 9,32, wird ein Stummer geheilt und spricht wieder.
Das ist genau das, was wir hier haben: „Die Ohren der Tauben werden geöffnet und die Zunge des Stummen wird aufjauchzen“ (Jesaja 35,6).
Die Bedeutung der Wunder als Vorgeschmack auf das zukünftige Zeitalter
Warum hat der Herr Jesus schon bei seinem ersten Kommen diese Zeichen getan? Hebräer 6 gibt uns die Antwort, die wir aufschlagen sollten. Könnte uns jemand Hebräer 6, Verse 4 und 5 vorlesen?
Denn es ist unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes und die Kräfte des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben, und doch abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da sie sich den Sohn Gottes wieder kreuzigen und dem Spott aussetzen.
Danke! Hier werden die Hebräer angesprochen, und zwar handelt es sich um messianische Juden, also Gläubige aus der ersten Generation des Christentums. Der Hebräerbrief wurde im Jahr 62 geschrieben, also ganz am Schluss der Apostelgeschichte.
Diese ersten Christen haben viele Zeichen und Wunder erlebt. Der Hebräerbrief erklärt, dass viele von ihnen erstmals erleuchtet wurden. Das heißt, sie erkannten, dass das Evangelium die Wahrheit ist. Sie haben die himmlische Gabe schon etwas geschmeckt, sie haben von der Wirkung des Heiligen Geistes mitbekommen, der an ihrem Herzen wirkte und ihre Augen öffnete. So wurden sie teilhaftig an seinem Werk.
Dann heißt es, dass sie das gute Wort Gottes geschmeckt und die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters erfahren haben. Warum sagt der Brief nicht nur „Ihr habt die Wunderwerke geschmeckt“, sondern „die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters habt ihr geschmeckt“? Das bedeutet, all diese Wunder, die der Herr selbst in den drei Jahren seines öffentlichen Dienstes getan hat – beschrieben in den Evangelien – und die Apostel in den ersten dreißig Jahren der Apostelgeschichte, von Pfingsten 32 bis 62, Paulus zwei Jahre in Rom – diese Wunderwerke haben sie erfahren.
Diese waren Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters, weil in der rabbinischen Sprache und Literatur immer wieder über dieses Zeitalter und das zukünftige Zeitalter gesprochen wird. Das zukünftige Zeitalter ist das Zeitalter, wenn der Messias kommt, um als König auf dieser Erde zu herrschen. Das ist die verheißene Zukunft nach Jesaja 35, wo die Blinden sehen, die Stummen sprechen und die Menschen jauchzen werden.
Das bedeutet: Dadurch, dass der Herr Jesus schon bei seinem ersten Kommen solche Zeichen getan hatte, war das ein Vorgeschmack auf das, was einmal im Tausendjährigen Reich kommen wird. Das ist noch nicht der gegenwärtige Zustand. Es waren Zeichen, die darauf hinweisen, dass er der Messias ist und dass er tatsächlich eines Tages weltweit ausführen wird, dass Krankheit und Behinderung ein Ende haben werden.
Diese Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters erklären auch, warum es in der Kirchengeschichte nicht normal geblieben ist, dass Kranke durch ein Wunder geheilt werden und Tote erweckt werden. Es sind Zeichen des zukünftigen Zeitalters, aber damals waren sie sehr wichtig für das jüdische Volk, um zu sehen: Dieser Mann aus Nazareth ist der Messias. Er richtet zwar noch kein Königreich auf, und die Wüste blüht noch nicht auf, aber er ist der Messias.
Diese Wunderwerke, die in den Evangelien beschrieben werden, waren gewissermaßen ein Pfand, Gottes Pfand, um zu zeigen: Er ist der Messias. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das kommt, was Jesaja in Kapitel 35 angekündigt hat. Es ist aber noch nicht der normale Zustand.
Das war auch wichtig für Matthäus, um den Juden zu bezeugen, dass dieses Wunder, bei dem zwei Blinde beteiligt waren, zeigt, dass der Herr der Messias ist. Diese zwei haben ihn als solchen erkannt, denn wie sprechen sie ihn an? „Sohn Davids, erbarme dich unser!“ (Vers 27). Der Titel „Sohn Davids“ ist ein messianischer Titel, denn der Messias sollte nach Jeremia 23,5 ein biologischer Nachkomme von König David sein.
Indem sie ihn „Sohn Davids“ nennen, betonen sie: Wir sind überzeugt, du bist der Messias. Darum kannst du es auch nach Jesaja 35 vollbringen. Er prüft ihre Überzeugung und fragt: Glaubt ihr, dass ich dies tun kann? Für sie ist das klar: Ja, Herr. Dann berührt er ihre Augen, und sie werden sehend.
Erstaunlich ist, dass der Herr ihnen sagt, sie sollen das nicht überall erzählen. Warum diese Einschränkung? Gibt es eine Antwort darauf?
Er konnte noch in die Dörfer gehen, zum Tragen. Aber sie haben es trotzdem verbreitet, und er konnte immer noch durch die Dörfer gehen. Das passt nicht ganz zusammen. Es gibt aber einen anderen Grund.
Wir müssen bedenken, in welcher Gegend der Herr Jesus diese Wunder getan hat. Bereits in Kapitel 9, Vers 1, sehen wir, dass er in seine eigene Stadt kam, nämlich Kapernaum. Wo hat der Herr die meisten Zeichen und Wunder getan? In Galiläa, genauer gesagt in Kapernaum, Bethsaida und Chorazin.
Diese drei Orte liegen nahe beieinander: Kapernaum am Nordende des Sees Genezareth, Chorazin etwas höher in den Bergen, aber nicht weit entfernt, und Bethsaida ebenfalls am Nordende des Sees, aber Richtung Osten. Man könnte dieses Gebiet das „Evangeliumsdreieck“ nennen. Dort hat der Herr die meisten Wunder gewirkt.
Wenn wir etwas vorgreifen, lesen wir nun Matthäus 11, Verse 20 bis 24:
Dann fing er an, die Städte zu schelten, in denen seine meisten Wunderwerke geschehen waren, weil sie nicht Buße getan hatten: „Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn in Tyrus und Sidon die Wunderwerke geschehen wären, die unter euch geschehen sind, längst hätten sie in Sack und Asche Buße getan.
Doch ich sage euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts erträglicher gehen als euch.
Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, wirst zum Hades hinabgestoßen werden.
Denn wenn in Sodom die Wunderwerke geschehen wären, die in dir geschehen sind, es wäre bis auf diesen Tag geblieben.
Doch ich sage euch: Dem Land von Sodom wird es am Tag des Gerichts erträglicher gehen als dir.“
Über diese drei Städte spricht der Herr ein Wehe aus. Er hatte dort viele Wunder gewirkt, doch sie reagierten mit Unglauben.
Darum kommt der Moment, wo der Herr sagt: Stopp! Er wollte nicht, dass ihnen noch mehr Zeugnis gegeben wird. Es kommt der Moment, wo Gott auch eine Tür schließt.
Deshalb sagt er, dass er nicht weiterzählen wird. Später schreibt Matthäus dies auch im Matthäusevangelium, das weltweit verbreitet werden sollte. Aber an diesen Orten, in diesem Evangeliumstrajekt, galt ein besonderes Wehe.
Heilung eines stummen Besessenen und die Reaktion der Pharisäer
Gehen wir weiter zu Vers 32. Dort haben wir ein Beispiel von einem Stummen, der wieder zum Reden gebracht wird – aber es ist ein spezieller Stummer. Er war besessen. Der Herr heilt diesen Besessenen, also treibt den Dämon aus. Doch die Reaktion darauf ist enorm. Dabei hat der Herr doch schon so viele Besessene geheilt. Warum reagieren die Menschen so? Und wie reagieren sie? Sie sagen: „Niemals wurde so etwas gesehen in Israel.“
Das ist vergleichbar mit dem Aussätzigen. Die Bibel berichtet nach Mose von keinem weiteren Beispiel, dass in Israel Aussätzige geheilt wurden. Im Ausland, beispielsweise bei den Syrern, so sagt man, heilte Elisa Aussätzige, aber nicht in Israel. Und hier sagen sie auch, so etwas habe man noch nie gesehen. Was ist daran besonders?
Auch die Pharisäer betrieben Exorzismus – das ist das korrekte Wort für Dämonenaustreibung. Sie hatten eine ganze Theorie dazu, die im Talmud aufgezeichnet ist, wie man Dämonen austreiben müsse. Unter anderem lehrten sie, man müsse den Namen des Dämons erfragen. Dann sollte man diesen Namen nennen und dem Dämon gebieten, er müsse ausfahren. Aber eben, sie haben es versucht.
Ein Beispiel dafür finden wir in der Apostelgeschichte. Schlagen wir kurz die Apostelgeschichte 19 auf. Lukas erzählt von einem Ereignis in Ephesus. Jemand könnte uns Apostelgeschichte 19, ab Vers 13 vorlesen:
„Aber auch einige von den umherziehenden jüdischen Beschwörern unternahmen es, über die, welche böse Geister hatten, den Namen des Herrn Jesus anzurufen, indem sie sagten: Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus predigt. Es waren aber sieben Söhne eines jüdischen Hohenpriesters, Scephas, die dies taten. Der böse Geist aber antwortete und sprach zu ihnen: Jesus kenne ich, und von Paulus weiß ich, aber ihr, wer seid ihr? Und der Mensch, in dem der böse Geist war, sprang auf sie los, bezwang sie miteinander und überwältigte sie, so dass sie nackt und verwundet aus jenem Haus entflohen.“
Nicht gerade sehr erfolgreich, aber sie haben es versucht. Diese sieben Söhne gehörten zu einem jüdischen, nicht zum Hohenpriester, sondern zu einem führenden Priester namens Scephas. Es waren also Leute aus priesterlichem Geschlecht.
In Israel gab es immer nur einen Hohenpriester. Wenn im Neuen Testament je nach Übersetzung von „den Hohenpriestern“ die Rede ist, müsste man besser „führende Priester“ übersetzen. Das sind Priester, die direkt unter dem Hohenpriester standen. Zum Beispiel wird Joseph von Arimathia als Ratsmann bezeichnet. Dieser Titel bezeichnet das Gremium von etwa 14 Priestern, die direkt unter dem Hohenpriester standen. Joseph von Arimathia war also einer der höchsten Priester, aber nicht der Hohenpriester in Israel.
Auch dieser Scephas war kein Hohenpriester, denn wir haben Listen über die Hohenpriester und wissen, wer wann im Amt war. Scephas war einfach ein führender Priester. Die Pharisäer selbst versuchten ebenfalls, Dämonen auszutreiben. Das sehen wir noch in Matthäus 12. Ich greife jetzt etwas voraus, aber wenn wir so weit sind, können wir die Verbindung wieder herstellen, um zu Kapitel 9 zurückzukehren.
Nun aber vorwärts zu Kapitel 12. Dort finden wir ein weiteres Beispiel, in dem der Herr Jesus einen besessenen Stummen heilt. Lies bitte Matthäus 12, Verse 22 bis 24 vor:
„Dann wurde ein Besessener zu ihm gebracht, blind und stumm, und er heilte ihn, so dass der Stumme redete und sah. Und es erstaunten die ganzen Volksmengen und sagten: ‚Dieser ist doch nicht etwa der Sohn Davids?‘ Die Pharisäer aber sagten, als sie es hörten: ‚Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als doch den Beelzebul, den Obersten der Dämonen.‘“
Wenn du möchtest, erkläre ich dazu etwas. Es ist das gleiche Phänomen. Die Volksmenge ist erstaunt und stellt die Frage: „Dieser ist doch nicht der Sohn Davids?“ Sie meinen damit: „Das müsste doch der Messias sein.“
Doch die führenden Pharisäer, die Experten der Schrift, sagen: „Nein, das macht er durch die Macht des Teufels, durch Beelzebul.“ Dann sagt der Herr Jesus in Vers 27:
„Wenn ich durch Beelzebul die Dämonen austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Sie, euer Richter, sein.“
Bei den „Söhnen der Pharisäer“ handelt es sich um solche, die zu den Pharisäern gehören. Im Alten Testament haben wir den Ausdruck „Söhne der Propheten“, das sind die, die zur Gruppe der Propheten gehören. Die „Söhne der Pharisäer“ sind dementsprechend die, die zu den Pharisäern gehören. Das ist eine typische semitische Ausdrucksweise.
Der Herr sagt also: „Ihr behauptet, ich würde die Dämonenaustreibung durch den Teufel tun. Aber bei euren eigenen Leuten, die Dämonen austreiben, sagt ihr so etwas nicht.“ Darum werden sie euch beim letzten Gericht als Anklage dienen. Sie werden aufstehen und sagen: „Bei uns dachten sie, das kommt von Gott, was wir da tun.“
Aber dort, wo es so eindeutig war – niemand kann die Austreibung eines stummen Besessenen bewerkstelligen –, da behaupten sie, es sei vom Teufel. Diese Doppelmoral wird ihnen zur Falle beim letzten Gericht.
Dieser Hinweis macht klar, dass auch die Pharisäer Exorzismus betrieben. Natürlich nicht mit dem Ergebnis, wie es der Herr Jesus vollbrachte. Die Pharisäer lehrten, und das steht im Talmud, man müsse den Namen des Dämons erfahren, um ihn austreiben zu können.
Aber was, wenn der Dämon nicht spricht und keinen Namen nennt? Dann kann man nichts machen. Dort, wo man nichts machen kann, kann nur der Messias helfen.
In Kapitel 9 geschieht genau das: Ein Besessener, der stumm war – also nicht heilbar – wird geheilt, der Dämon fährt aus. Der Herr Jesus hat nur in einem einzigen Fall den Namen des Dämons gefragt. In Lukas 8 sagt der Dämon bei dem Besessenen von Gadara: „Legion“, weil es viele waren. Eine Legion umfasst ungefähr sechstausend Soldaten. Aber sonst sehen wir nie, dass der Herr Jesus den Namen erfragt hat. Er musste es auch nicht.
Darum konnte er auch diesen stummen Besessenen heilen. Die Reaktion darauf ist enorm: „Noch nie wurde so etwas in Israel gesehen.“
In Kapitel 12 reagiert die Volksmenge ganz natürlich: „Dieser ist doch nicht der Sohn Davids?“ Doch die Führer sagen: „Nein, das ist nicht der Messias, das ist durch den Teufel geschehen.“
Später, in Kapitel 12, sehen wir dann den totalen Wendepunkt im Matthäusevangelium. Von da an wendet sich der Herr Jesus von Israel als Nation ab. Darum beginnt er ab Kapitel 13, in Gleichnissen zu sprechen. Die Jünger fragen: „Warum sprichst du in Gleichnissen?“ Damit die, die nicht gewollt haben, nicht mehr verstehen.
Das heißt, er beginnt so zu sprechen, dass die Ungläubigen nicht mehr verstehen, weil sie bis dahin sein Zeugnis verworfen haben. Was wir in Kapitel 12 sehen, gleicht einer nationalen Verwerfung des Messias. Deshalb wendet sich Jesus von Israel ab und beginnt in Gleichnissen zu sprechen.
In den Gleichnissen vom Himmelreich in Matthäus 13 spricht er davon, dass das Evangelium nun zu den Heidenvölkern gehen soll. Das erste Gleichnis ist das vom Sämann, der den Samen des Wortes Gottes auf den Acker ausstreut. Im selben Kapitel sagt der Herr Jesus: Der Acker bedeutet die Welt. Das heißt, das Evangelium wird jetzt zu allen Nationen gehen, weil Israel den Messias, also die Mehrheit, abgelehnt hat.
In Kapitel 12 geht es um die Ablehnung, besonders im Evangeliumsdreieck. Darum sagt der Herr Jesus, man solle von diesem Wunder nichts erzählen. In Matthäus 9 ist alles noch beschränkter, aber in Matthäus 12 wird die Sache national. Es geht genau um dasselbe Zeichen, und wir können sagen, es ist ein messianisches, ausgesprochen messianisches Zeichen.
Der Aussatz war schon ein solches Zeichen, und jetzt sehen wir die Heilung eines stummen Besessenen. Es gibt noch ein ganz besonders ausgeprägtes Zeichen im Evangelium, nämlich die Heilung eines Blindgeborenen. Wenn wir Johannes 9 kurz aufschlagen, wird dieses Wunder nur dort ausführlich beschrieben.
Das liegt daran, dass es ein ganz besonderes Zeichen unter all den Wundern des zukünftigen Zeitalters war. Die Pharisäer versuchen, das irgendwie wegzuerklären, etwa indem sie sagen, es sei ein anderer, der ähnlich aussieht. Doch es wird geklärt: Nein, es ist wirklich der, der blind geboren war und jetzt sieht.
Schließlich heißt es in Johannes 9, Vers 32:
„Von Ewigkeit her ist nicht gehört worden, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen aufgetan hat. Wenn dieser nicht von Gott wäre, könnte er nichts tun.“
Die Pharisäer antworteten ihm: „Du bist ganz in Sünden geboren, und du lehrst uns.“ Dann warfen sie ihn hinaus.
Hier ist die Situation noch dramatischer. Es wird nicht nur gesagt, so etwas habe es in Israel noch nie gegeben, sondern „von Ewigkeit her“ sei es nicht gehört worden, dass jemand blind Geborene geheilt hat. Auch hier lehnen die Pharisäer dieses messianische Zeichen ab und werfen den Geheilten aus der Synagoge aus.
Wir sollten jetzt die versprochene zwanzigminütige Pause machen, aber eben nicht mehr. Ich habe auch nicht länger gemacht. Wir fahren weiter.
Die Ablehnung der Pharisäer und die Bedeutung des Evangeliumsdreiecks
Es ist klar geworden, dass die Heilung der besessenen Stummen ein ganz besonderes messianisches Zeichen war. Die Reaktion der Pharisäer ist genau dieselbe, wie wir sie später in Kapitel 12 noch einmal sehen werden.
Die Pharisäer sagten in Vers 34: „Durch den Fürsten der Dämonen treibt er die Dämonen aus.“ Damit schreiben sie dieses Werk dem Satan zu. Übrigens findet man eine ähnliche Behauptung auch im Talmud. Dort wird Jesus Christus erwähnt, und es heißt, er hätte Magie getrieben. Wunder werden also der Macht der Finsternis zugeschrieben.
Interessanterweise bestreitet der Talmud jedoch nicht, dass in Israel Wunder geschehen sind. Diese werden lediglich einer finsteren Quelle zugewiesen. Das entspricht genau der Haltung, die hier schon gezeigt wurde.
Wichtig ist zu sehen, dass dies eine fundamentale Ablehnung war, die im Zusammenhang mit dem Gebiet von Kapernaum stand. In Kapitel 12 wird dann deutlich, dass es sich dabei um eine Ablehnung handelt, die Konsequenzen für ganz Israel hat.
Nach Kapitel 12 im Matthäusevangelium folgt eine Wende: Der Herr wendet sich den Heidenvölkern zu. Das ist zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht der Fall.
In Vers 35 heißt es, dass Jesus ganz allgemein durch die Städte und Dörfer zog. Nicht nur durch Chorazin und Kapernaum – wo übrigens die Synagoge aus der Zeit Jesu ausgegraben wurde – oder Bethsaida, sondern umfassend durch alle Städte und Dörfer. Er lehrte ganz allgemein in den Synagogen.
Jesus betrachtet die Volksmenge und wird innerlich bewegt, wenn er sieht, dass sie erschöpft und hingestreckt sind. Sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. Der Messias ist als der gute Hirte gekommen, doch die Führer, die sie hatten, haben vollkommen versagt.
Das zeigt sich gerade darin, dass die Pharisäer sagen: „Durch den Fürsten der Dämonen treibt er die Dämonen aus.“ Sie waren unbrauchbar als Hirten Israels. Deshalb sieht Jesus eine Schafherde in Israel ohne Hirten.
Der Messias als guter Hirte – biblische Bilder und Verknüpfungen
Können wir Jesaja 40 aufschlagen, wo der Messias als Hirte beschrieben wird? Liest uns jemand vor? Jesaja 40, Vers 10: „Siehe, der Herr, der Ewige, kommt mit Kraft, und sein Arm übt Herrschaft für ihn aus. Und siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte, die Lämmer wird er auf seinen Arm nehmen und in seinem Schoß tragen, die Säugenden wird er sanft leiten.“
Danke! Das ist eine wunderbare Beschreibung. Die Kleinen nimmt er in seinen Arm und drückt sie an seine Brust, das heißt, er trägt sie in seinen Schoß. Die Säugenden, die selbst wieder verantwortlich sind für kleinere, wird er sanft leiten. Diese können nicht so schnell gehen wie die anderen Schafe, und darum muss der Hirte immer Rücksicht auf die Langsamsten nehmen.
Wo sehen wir das im Leben von Jakob schon? Können wir das aufschlagen? Jakob hatte die für ihn schreckliche Zeit vor sich, in der er seinem Bruder Esau nach Jahren wieder begegnen sollte. Er gibt eine Ausrede und sagt, dass er nicht so schnell vorwärtsgehen könne – wegen seiner Herde.
Erster Mose 33, Vers 13, bitte vorlesen. „Und er sprach zu ihm, also Jakob zu Esau: Mein Herr weiß, dass die Kinder zart sind und dass ich säugende Schafe und Kühe bei mir habe. Wenn man sie nur einen Tag übertriebe, so würde die ganze Herde sterben. Mein Herr ziehe doch vor seinem Knecht hin, und ich will ziehen nach meiner Gemächlichkeit, nach dem Gang des Viehs, das vor mir ist, und nach dem Gang der Kinder, bis ich zu meinem Herrn nach Seir komme.“
Er muss also mit der Herde gehen, nach dem Gang des Viehs, das vor ihm ist. Vorhin hat er erwähnt die säugenden Schafe und schließlich auch die Kinder. Diese Rücksicht auf die Schwächsten, die nicht so schnell vorwärtskommen, sind Hirtengefühle. Genau das wird hier vorgestellt: wie der gute Hirte sein würde.
Dann können wir noch aus Ezechiel 34 lesen. Dort werden die bösen, schlechten und falschen Hirten Israels vorgestellt. Im Kontrast dazu wird gesagt, dass einmal der Messias kommen wird: „Ich werde einen Hirten über sie einsetzen, der wird sie weiden, meinen Knecht David. Der wird sie weiden und ihr Hirte sein. Ich, der Herr, werde ihnen Gott sein, und mein Knecht David wird Fürst in ihrer Mitte sein. Ich, der Herr, habe geredet. Ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen schließen und die bösen Tiere aus dem Land austilgen. In der Wüste werden sie sicher wohnen und in den Wäldern schlafen können.“
Danke, das reicht. Hier wird der Messias als Knecht Davids genannt. Das ist ein Titel für den Messias im Alten Testament. Was heißt David auf Deutsch? Geliebter. Der Herr Jesus wird im Neuen Testament „der Geliebte“ genannt, zum Beispiel in Epheser 1, Vers 7: „Wir sind angenehm gemacht worden in dem Geliebten.“
Der Name „der Geliebte“, hebräisch David, ist ein Name des Herrn Jesus. Wenn in Ezechiel 36 vom Knecht David gesprochen wird, ist damit nicht König David von damals gemeint, sondern der Sohn Davids – der große David, der Geliebte. Es gibt noch weitere Stellen im Alten Testament, wo der Messias „David, mein Knecht David“ genannt wird, zum Beispiel Hosea 3, Vers 5 und Ezechiel 37. Schon im Judentum war klar, dass das der Messias ist. Im Kommentar Mezzudat David in jeder Rabbinerbibel zu Hosea 3, Vers 5 wird gesagt: „Knecht David, das ist der Messias.“
Das ist völlig klar. Es ist nicht König David, der im Tausendjährigen Reich die Aufgabe hat, den Messias zu vertreten, wie manchmal gelehrt wird – das ist vollkommen falsch. Es ist der Messias selbst, der dieser Hirte und Knecht David ist.
Von ihm wird nun gesagt, er sieht die Volksmenge innerlich bewegt. Das sind die Gefühle des wahren Hirten, des guten Hirten, nach Psalm 23. Wir haben in Jesaja 40 gelesen, dass er die Schafe in seinen Schoß nimmt.
Nur als Anregung für persönliches Bibelstudium: Man könnte allen Details des Hirten nachgehen und sich nicht nur fragen, was die Bibel über die Brust des guten Hirten sagt, sondern auch, was sie über seine Schultern sagt. Zum Beispiel: Das verlorene Schaf nimmt er auf seine Schulter (Lukas 15).
Dann könnte man sich fragen: Was sagt die Bibel über sein Herz, über das Herz des Hirten? Das haben wir gerade hier: „Als er aber die Volksmenge sah, wurde er innerlich bewegt.“ Das ist das Herz des Hirten.
Man könnte weiterforschen über die Stimme des Hirten. In Johannes 10 sagt der Herr Jesus: „Meine Schafe hören meine Stimme.“ Das ist das Besondere, denn Schafe fixieren sich wirklich auf die Stimme ihres Hirten und folgen ihr. Wenn jemand anderes mit einer anderen Stimme kommt, bringt das sie durcheinander. Schafe sind Tiere, die sich überhaupt nicht orientieren können.
Es gibt Menschen, die brauchen kein GPS, sie finden sich überall zurecht – sie haben gewissermaßen ein GPS im Kopf. Schafe haben das garantiert nicht. Sie sind völlig orientierungslos, aber auf die Stimme des Hirten können sie sich fixieren. Der Stimme des Hirten folgen sie, und das gibt ihnen Sicherheit. Darum ist die Stimme des Hirten so wichtig.
Dann natürlich seine Augen, seine Ohren, seine Hände. Wir haben bereits gelesen von seinem Gang, der sich anpasst an die Säugenden, die Langsamen und die Schwachen.
So gibt es ein wunderbares Bibelstudium über den Hirten.
Gehen wir weiter mit dem Herzen des guten Hirten, innerlich bewegt. Dieser Ausdruck kommt im Neuen Testament elfmal vor, nicht nur hier. Wir werden ihn später wiederfinden, zum Beispiel in Kapitel 14, bevor Jesus die Fünftausend mit Broten speist: „Als er ausstieg, sah er eine große Volksmenge und wurde innerlich bewegt über sie und heilte ihre Schwachen.“
Dann kommt die Geschichte mit den fünf Broten und zwei Fischen. Weiter in Kapitel 15, Vers 32: „Als Jesus aber seine Jünger hergerufen hatte, sprach er: Ich bin innerlich bewegt über die Volksmenge, denn schon drei Tage weilen sie bei mir und haben nichts zu essen. Ich will sie nicht hungrig entlassen, damit sie nicht etwa auf dem Weg verschmachten.“
In Kapitel 18, Vers 27, geht es um ein Gleichnis: „Der Herr jenes Knechtes aber, innerlich bewegt, ließ ihn frei und ließ ihm das Darlehen.“ In diesem Gleichnis wird ein Herr genannt, von dem gesagt wird, er sei innerlich bewegt. Das gibt uns einen Schlüssel, wenn wir dieses Gleichnis später genau anschauen, um zu wissen, wer dieser Herr ist.
Ja, das ist der, den wir schon längst kennen – der, der innerlich bewegt ist über die Menschen.
Dann noch Kapitel 20, Vers 34: „Jesus aber, innerlich bewegt, rührte ihre Augen an, und sogleich wurden sie wieder sehend und folgten ihm nach.“ Das ist die Heilung von zwei Blinden, aber natürlich nicht die aus Kapitel 9, sondern ein anderes Ereignis bei Jericho.
Vers 29: Interessant ist, dass Matthäus sagt, es waren zwei Blinde. Im parallelen Evangelium wird nur einer erwähnt. Matthäus als Jude betont, dass es zwei waren, weil die Zahl zwei für Juden wichtig ist. Dort wird auf das einzelne Schicksal der Blinden fokussiert.
So könnten wir weiterfahren. Das waren jetzt alle Stellen im Matthäusevangelium. Dann kommt es dreimal in Markus vor und auch noch in Lukas. Dort möchte ich auf das Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Lukas 10 hinweisen.
Von dem barmherzigen Samariter heißt es in Lukas 10, Vers 33: „Aber ein gewisser Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin. Als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt, trat hinzu, verband seine Wunden, goss Öl und Wein darauf, setzte ihn auf sein eigenes Tier, führte ihn in eine Herberge und trug Sorge für ihn.“
Das ist der, den wir aus den Evangelien kennen: der, der innerlich bewegt ist, wenn er die Menschen sieht – der Samariter. Der große Hirte der Schafe.
Nicht wahr, in Hebräer 13 wird der Herr Jesus „der große Hirte der Schafe“ genannt. In Johannes 10 nennt er sich „der gute Hirte“.
Wenn wir schon bei den Titeln des Hirten sind: Es gibt noch einen weiteren. In 1. Petrus 5 heißt es: „Hirten und Aufseher eurer Seelen.“ Und in 1. Petrus 5 wird der Oberhirte genannt, der Erzhirte: „Wenn der Oberhirte erscheint …“ Genau.
Nebenbei: In Psalm 23 heißt es: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Dort sehen wir den großen Hirten der Schafe. Warum? Weil in Hebräer 13 gesagt wird, dass der große Hirte der Schafe von Gott dem Vater aus den Toten auferweckt worden ist.
Psalm 23 folgt auf Psalm 22. Das ist immer so. Dort finden wir den Herrn Jesus am Kreuz. Psalm 22 beginnt mit „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das ist der gute Hirte, und der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe, sagt Johannes 10.
Psalm 22 ist der gute Hirte, Psalm 23 der große Hirte der Schafe, der nach seiner Auferstehung die Schafe führt. Psalm 24 ist ein Hinweis auf die Zukunft, auf das tausendjährige Friedensreich, wo es heißt, dass dann der König der Herrlichkeit einziehen und die Herrschaft in Jerusalem übernehmen wird.
Das passt zu der Erscheinung des Oberhirten nach 1. Petrus 5. Petrus sagt: „Wenn der Oberhirte erscheint, wird er den treuen Ältesten den Lohn ihrer Krone austeilen.“
So haben wir diese Trilogie: Psalm 22, 23, 24 – der gute Hirte, der große Hirte und der Erzhirte oder Oberhirte.
Jetzt noch einmal zurück zu Lukas 10 und dem barmherzigen Samariter. Das ist ein Hinweis auf den Herrn Jesus.
Warum gerade ein Samariter? In Johannes 8,48 wurde der Herr Jesus von seinen Gegnern, die ihn ablehnten, beschimpft: „Du bist ein Samariter und hast einen Dämon.“ Das war ein Schimpfwort, denn Samariter galten als verachtet.
Aber man muss wissen: Das hebräische Wort „Samariter“ bedeutet „Beobachter“. Es kommt von der Wurzel „shamar“, was „beobachten“ oder „einhalten“ heißt. Dieses Wort kommt sehr oft in 5. Mose vor, immer wenn es heißt, man solle Gottes Gebote beobachten oder einhalten – das ist „shamar“.
Darum ist der Samariter derjenige, der das Gesetz beobachtet. Jesus ist der Einzige, der sagen konnte, dass er die ganze Tora eingehalten hat. Er sagt: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen.“ Das heißt, es in seiner ganzen Fülle darzustellen, weil er der Einzige ist, der die Tora wirklich gelebt und getan hat. Er ist der wahre Samariter, ganz genau.
Interessant ist: Ein Gesetzesgelehrter fragte ihn: „Wer ist denn eigentlich mein Nächster?“ Jesus erzählte daraufhin die Geschichte vom barmherzigen Samariter: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho und wurde halbtot geschlagen. Niemand konnte ihm helfen – weder ein Levit noch ein Priester. Aber dann kam der Samariter und half ihm.
Daher lautet die Antwort auf die Frage: Wer war der Nächste des unter die Räuber Gefallenen? Der Nächste war derjenige, der Barmherzigkeit gezeigt hatte – der Samariter.
Wie war die Frage? „Wer ist mein Nächster?“ Klar, wenn der Samariter der Nächste ist, dann ist das der Herr Jesus. Der, der die Frage gestellt hat, „Wer ist mein Nächster?“, war der Gesetzesgelehrte, der Halbtote.
Auf so feine Art macht der Herr Jesus ihm klar: Du bist halbtot. Er fragte: „Was muss ich tun, um ewiges Leben zu bekommen?“ Ja, was kann ein Halbtoter tun? Er konnte ja nicht mal mehr aufstehen, gar nichts – das bist du! Und dein Nächster ist dieser verachtete, angebliche Samariter, der auf der Reise war und von dem es heißt, dass er innerlich bewegt wurde (Lukas 10,33).
Durch diese Rückschlüsse, durch all diese Stellen – zum Beispiel nur im Matthäusevangelium – wird klar, dass es der Herr Jesus ist.
Beim Bibellesen geht es oft darum, Verbindungen herzustellen. Alles ist verlinkt, aber diese Links muss man kennenlernen. Das ist das Wunderbare: Wenn man die Bibel ein Jahr liest, zehn Jahre liest, vierzig Jahre liest, gibt es immer mehr Verbindungen. Dadurch werden immer mehr Dinge klar.
Das erlebt man, wenn man etwas über eine Bibelstelle sagt und jemand fragt: „Ob das wirklich so ist?“ Warum sagt er das? Weil er diese Verbindungen nicht kennt. Wenn man sie herstellt, werden Dinge klar, die sonst nicht klar erscheinen.
Darum machen wir Bibelklassen auf diese Weise: ständig blättern, Verbindungen herstellen. Es gibt Leute, die mögen das ewige Blättern nicht. Aber es geht nur so. So versteht man die Schrift: durch ständiges Blättern und das Herstellen von Querverbindungen.
Gibt es auch ein deutsches Wort für „Links“? Ja, das weißt du sicher als Spezialist für Links: Klammern, Verbindungen, Verknüpfungen. Für die, die jetzt so viel anfangen – das ist gut. Ich danke dir.
Die Ernte und der Auftrag an die Jünger
Ja, und dann sagt der Herr Jesus in Vers 37: Die Ernte ist zwar groß, aber die Arbeiter sind wenige. „Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte aussende.“ Jesus sieht, dass jetzt noch andere Hirten gebraucht werden. Er ist der Oberhirte, aber es braucht auch Unterhirten. Und er sagt, es gibt so wenige.
Eigentlich ist das Volk Israel eine riesige Ernte, aber es fehlen die Arbeiter. Er macht den Jüngern Mut und fordert sie auf, zu beten, dass der Herr der Ernte Arbeiter aussendet. Damals konnte man so beten: „Herr, schicke Arbeiter in deine Ernte.“
Dann kommt Kapitel 10, und da merken die Jünger, dass sie selbst die Arbeiter sind, die ausgesandt werden müssen. Manche haben schon gebetet: „Herr, schicke viele Missionare in die weite Welt hinaus.“ Und wenn dann plötzlich der Ruf kommt: „Geh hin!“, dann ist das ein Risiko. Man denkt vielleicht: „Mir gefällt es so gut in Deutschland.“ Aber wenn man betet und der Herr antwortet, dann kann es sein, dass er uns persönlich aussendet.
Darum darf ich bitten, nochmals die Verse 1 bis 4 aus Kapitel 10 zu lesen: „Und als er seine zwölf Jünger herangerufen hatte, gab er ihnen Vollmacht über unreine Geister, sie auszutreiben und jede Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel aber sind diese: der erste Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, sein Bruder, und Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon der Kananäer und Judas Iskariot, der ihn auch überlieferte.“
Der Herr wählt hier aus der Menge der Jünger, die ihm nachfolgten, zwölf speziell aus. Diese setzt er als Apostel ein. Deshalb werden in Vers 2 die Namen der zwölf Apostel genannt.
Was bedeutet das Wort Apostel? Es heißt Gesandter, auf Griechisch Apostolos. Apostel ist kein deutsches Wort, sondern ein griechisches, bei dem die männliche Endung abgestrichen wurde. Statt Apostolos sagt man Apostel. Das Wort kommt von dem Verb Apostello, das „aussenden“ bedeutet. Apostel ist also einfach das Wort für einen Ausgesandten.
Das war genau das Thema in Vers 38: „Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte aussende.“ Dort wird ein anderes Wort für „aussenden“ verwendet. Es ist das Wort „Ecballo“. Er macht schon Fußball. Ja, da steckt unser Wort „Ball“ drin. „Ecballo“ heißt hinaussenden, aber mit dem Unterton von hinauswerfen.
Das ist oft nötig, weil wir zu wenig bereit sind, und der Herr uns manchmal hinauswerfen muss. Wie war das damals in Apostelgeschichte 2? Die Gemeinde war in Jerusalem und hat dort Zeugnis gegeben. Ein ganzes Jahr lang haben sie in Jerusalem Zeugnis gegeben. Dann kam eine Verfolgung nach der Steinigung von Stephanus. Die ganze Gemeinde wurde verfolgt. Aber schließlich gingen sie hinaus und evangelisierten. Gleich darauf verkündeten sie überall, wo sie hinkamen, das Wort. Dort wurde wirklich das Aussenden in die Ernte realisiert.
Die Autorität der Apostel und ihre Wunder
Ich habe eine Frage vorher. Es steht, dass die Jünger Gewalt über unreine Geister hatten, sie auszutreiben, und jede Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen. Wenn man den vollen Kontext bedenkt, weiß man, dass nur gewisse Wunder dem Messias zustehen. Hier steht: „jede Krankheit“. Wenn sie zum Beispiel Aussatz geheilt hätten, hätte man vielleicht denken können, dass einer von ihnen der Messias ist.
Also, ich wiederhole für den Livestream die Frage: Der Herr gab den Jüngern Gewalt über unreine Geister und über jede Krankheit. Wenn sie nun auch stumme Besessene geheilt oder Aussätzige gesund gemacht hätten, hätte man dann nicht denken können, sie seien der Messias?
Nun, wo findest du ein Beispiel im Neuen Testament, dass die Jünger Aussätzige geheilt haben? Es gibt keines. Nein, es steht auch nicht, dass sie einen stummen Besessenen heilten. Aber natürlich, weil hier „jede Krankheit“ steht, könnte man denken, dass das auch dazugehört. Wenn es so gewesen wäre, wäre das auch kein Problem gewesen, denn die Apostel waren ja Apostel Jesu Christi, also Abgesandte von dem, der über ihnen steht. Darum war klar: Sie sind nicht der Messias, aber sie haben die Gewalt vom Messias bekommen.
Gerade in diesem Abschnitt habe ich ja gesagt, dass es in Teil drei von Matthäus um die Autorität des Herrn Jesus geht. Jetzt gibt er seine Autorität anderen weiter, aber nicht allen Jüngern, sondern diesen Zwölf. Das heißt, diese Apostel bekommen vom Herrn eine ganz spezielle, man kann sagen messianische Autorität. Aber nicht so, dass die Leute hätten denken können, einer dieser Zwölf sei der Messias. Vielmehr sind sie solche, die den Messias wirklich vertreten.
Und das ist auch der Grund, warum die Apostel dann über die Evangelien hinaus in der Apostelgeschichte, in den ersten dreißig Jahren, die dort beschrieben werden, gewaltige Zeichen und Wunder vollbringen mussten. Das diente dazu, zu bestätigen, dass diese Zwölf nicht irgendeine Irrlehre verbreiten, die plötzlich ganz neue Lehren bringt, die man früher im Judentum noch nie gehört hatte. Und das haben sie tatsächlich getan.
Der Apostel Paulus sagt in Epheser 3, dass Gott seit Pfingsten, seit er den Heiligen Geist gesandt hat, seine Geheimnisse offenbart hat. Geheimnisse sind Wahrheiten, die man im Alten Testament nicht findet, weil sie von Ewigkeit her beschlossen waren, aber verborgen in Gott lagen. Epheser 3 sagt, dass Gott diese Geheimnisse keinem Engel, keinem Propheten im Alten Testament und niemandem sonst mitgeteilt hat. Erst seitdem der Messias gekommen ist und der Heilige Geist ausgeschüttet wurde, begannen die Apostel, diese neuen Offenbarungen zu verkündigen.
Und das war natürlich etwas Kritisches. Alles Neue darf man nicht einfach so akzeptieren. Da stellt sich die Frage, ob es nicht Irrtum ist. Wie Bertrand schon einmal gesagt hat: Alles Neue in der Theologie ist falsch, ist Irrtum. Darum war das natürlich sehr kritisch.
Diese Zeichen und Wunder wiesen aus, dass diese Apostel wirklich vom Messias eingesetzt waren, der selbst diese messianischen Zeichen vollbracht hatte. Aber das waren eben nur diese Zwölf.
Wenn man noch Vers 5 liest, steht dort: Diese Zwölf sandte Jesus aus und befahl ihnen und sprach: Geht nicht auf einen Weg der Nationen und geht nicht in eine Stadt der Samariter, sondern geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht hin, predigt und sprecht: Das Reich der Himmel ist nahegekommen.
Danke, bis dahin.
Die Antwort ist übrigens sogar noch in Vers 8 gegeben: „Heilt Kranke, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige.“ Damit ist klar, dass sie das auch tun sollten. Eben das, was ein typisch messianisches Zeichen ist. Sie sollten das tun, um zu zeigen, dass sie vom Messias gesandt sind.
Und eben nur die Zwölf. Der Herr hatte noch viel, viel mehr Jünger. In Lukas 10 sendet er die Siebzig zu zweit aus. Das sind also siebzig neben diesen Zwölf, zusammen also zweiundachtzig. Aber diese Siebzig waren auch ausgewählt aus der Menge von Jüngern.
Es gab ganz viele Nachfolger. Wie wir in Matthäus 4 gelesen haben, begann der Herr in Galiläa am Seeufer zu berufen: „Folgt mir nach“, und dann Petrus, Johannes und Jakobus, die ersten Jünger wurden dort in die Nachfolge gerufen. Aber es ging weiter, immer mehr kamen dazu. Es gab auch solche, die plötzlich weggegangen sind.
Wenn wir an Johannes 6 denken: Der Herr predigte in der Synagoge von Kapernaum und sagte: „Wer mein Blut trinkt und mein Fleisch isst, hat ewiges Leben.“ Diese Ausdrucksweise hat viele geärgert. Lest Johannes 6,60: Vers 59 sagt, dass er das in der Synagoge in Kapernaum so gelehrt hatte, und dann Vers 60: „Viele nun von seinen Jüngern, die es gehört hatten, sprachen: Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?“
Jesus wusste, dass seine Jünger darüber murrten, und sprach zu ihnen: „Ärgert euch dies, wenn ihr nun den Sohn des Menschen dahin auffahren seht, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben. Aber es sind einige unter euch, die nicht glauben.“ Jesus wusste von Anfang an, wer nicht glaubte und wer ihn überliefern würde.
Er sprach weiter: „Darum habe ich euch gesagt, dass niemand zu mir kommen kann, es sei ihm denn vom Vater gegeben.“ Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm.
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ Simon Petrus antwortete ihm: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist.“
Man sieht, der Herr hat sich so ausgedrückt, dass es missverständlich war. Viele ärgerten sich darüber, wie man sagen kann, Blut trinken, das geht im Judentum überhaupt nicht. In 1. Mose 9 hat Gott auch für alle Völker befohlen, dass man Blut nicht als Genussmittel nehmen darf. Wenn man schlachtet, darf man das Blut nicht als Nahrung verwenden. Das gilt für alle Völker.
Jetzt sagt Jesus: „Mein Blut essen.“ Sie stolperten über seine Ausdrucksweise. Missverständnisse gibt es. Was muss man da machen? Man muss nachfragen, wie das gemeint ist.
Der Herr selbst gibt hier Klarheit: „Meine Worte sind Geist und Leben.“ Das heißt, man muss das nicht wörtlich verstehen. Es hat eine geistliche, übertragene Bedeutung. Es geht nicht wirklich darum, Blut zu essen.
Das ist ganz wichtig für alle, die an ein Messopfer und eine angebliche wirkliche Umwandlung glauben. Nein, der Herr sagt, seine Worte sind Geist, es ist geistlich zu verstehen. Er hat das schon geklärt.
Und wir sehen, dass das nicht viel nützt. Viele gingen von dem Moment an weg, gingen nicht mehr mit ihm. Das war sehr schmerzhaft für den Herrn, es so zu sehen.
Ich will damit sagen: Es gab viele Jünger, also man kann sagen, namensgläubige, die äußerlich solche waren, aber nicht wirklich bekehrt. Beide Gruppen gab es in großer Menge. Aber aus all dieser Menge hat er zwölf ausgewählt.
Warum genau zwölf? Zwölf Stämme Israels. Es gibt viel mehr Stämme auf der Welt, aber zwölf Stämme Israels. Sie hatten einen ganz besonderen messianischen Auftrag als Apostel für die zwölf Stämme Israels.
Darum sagt der Herr in Vers 5: „Geht nicht auf einen Weg der Nationen, und geht nicht in eine Stadt der Samariter, sondern zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ Er sagt ausdrücklich, ihr sollt nicht zur Heidenwelt gehen als Missionare, sondern nur für Israel.
Jetzt sieht man, wie wichtig es ist, die Bibel heilsgeschichtlich zu lesen und zu verstehen.
Ist es falsch, wenn man jetzt als Missionar irgendwo in die Welt hinausgeht? Nach der Bibel, meine ich. Er sagt ja, nur für die verlorenen Schafe Israels. Aber das war für diese Zeit.
Dann kam die offizielle Verwerfung Israels, und der Herr deutet an, dass das Evangelium nun zu den Heiden, zur ganzen Welt geht. Der Acker ist die Welt.
Am Schluss des Evangeliums, nachdem er auferstanden ist, sagt er den Jüngern: „Geht hin und macht alle Nationen zu Jüngern.“ Da schickt er sie jetzt zu den Heidenvölkern.
In dieser Zeit war es so, und später anders. So muss man die ganze Bibel lesen. Diese Unterschiede von Zeitabschnitten gibt es ständig.
Manche sagen, die Bibel ist voll Widersprüche, da steht so, da steht so. Kein Widerspruch. Das ist für diese Zeit, das ist für die Zeit des Gesetzes, das ist für die Zeit der Gnade, das ist für das tausendjährige Reich, das ist für diesen Abschnitt.
Als der Herr auf Erden war, hat er die Zwölf zu Israel gesandt. Sie hatten einen speziellen Auftrag für Israel, aber nicht für die anderen Völker. Das kam erst mit der Auferstehung, mit dem Missionsbefehl für alle Völker.
Das ist also wichtig: Der Herr gibt diesen Zwölf einen ganz besonderen Auftrag in Bezug auf Israel. Später wird der Apostel Paulus erwählt als Apostel der Heiden.
Darum diese für Israel, und er für die Heiden. Sie waren sich völlig klar über ihren Auftrag.
Das können wir noch dazu lesen aus Galater 2, ab Vers 6:
„Von denen aber, die angesehen wurden, was immer sie auch waren – das macht keinen Unterschied für mich, Gott sieht keine Person an –, haben mir die Angesehenen nichts hinzugefügt. Im Gegenteil, als sie sahen, dass mir das Evangelium der Vorhaut anvertraut war, wie Petrus das der Beschneidung, denn der, der in Petrus für das Apostelamt der Beschneidung gewirkt hat, hat auch in mir in Bezug auf die Nationen gewirkt. Und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen wurden, mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, damit wir unter die Nationen gingen, sie aber unter die Beschneidung. Nur, dass wir der Armen gedenken sollten, was ich mich auch zu tun befleißigt habe.“
Ja, da haben wir es. Petrus hatte das Apostelamt der Beschneidung, das heißt für die Juden, und Paulus eben das Apostelamt in Bezug auf die Nationen.
Kephas, ein anderer Name für Petrus, und Johannes haben Paulus und Barnabas die rechte Hand gegeben. Aber das war nicht einfach so. „Guten Tag“ oder „Cheire“ auf Griechisch heißt „Freue dich“, aber das war die Rechte der Gemeinschaft. Das heißt, sie drückten aus: Wir stehen voll hinter diesem Dienst, den Gott dir gegeben hat in Bezug auf die Heidenvölker.
Und wir haben einen Dienst bekommen, ganz speziell für Israel. Diese Autorität der Apostel wurde dann grundlegend für die Gemeinde ab Pfingsten.
Dazu können wir noch lesen aus Epheser 2,22, wo die Gläubigen ab Pfingsten mit einem Tempel verglichen werden. Jeder ist ein Stein darin, und dieser Tempel wächst.
Aber es wird erklärt, worauf dieser Tempel gebaut ist, auf welche Grundlage.
Lest Epheser 2, Vers 20: „Ihr seid aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus, Jesus selbst, der Eckstein ist.“
Das reicht.
Die Basis für die Gemeinde ist diese Grundlage der Apostel und Propheten. Die Gemeinde besteht seit Pfingsten aus Juden und Nichtjuden. Darum sind diese Apostel für die Juden und Apostel Paulus für die Heiden die Grundlage.
Wir müssen zum Schluss kommen, es ist viertel vor.
Abschließende Gedanken zu den Aposteln und ihren Wundern
Darf ich noch einen Gedanken ergänzen zu den Aposteln und den Wundern, die sie getan haben, insbesondere zu den Wunderzeichen?
Ich finde es schön, dass sowohl Petrus als auch Paulus in Apostelgeschichte 14 jeweils einen Gelähmten heilen. In beiden Fällen betonen sie, dass dies im Namen Jesu und zur Ehre Jesu geschieht – nicht zu ihrer eigenen Ehre.
Diese Betonung, besonders bei Petrus, zeichnet die wahren Apostel aus. Sie tun diese Werke nicht für sich selbst oder zu ihrer eigenen Ehre.
Das ist auch ein Prüfstein für Menschen heute, die behaupten, Wunder zu wirken: Zu wessen Ehre geschieht das?
