Einführung: Jerusalem als Brennpunkt des Weltfriedens
Ich habe heute Morgen das Vorrecht, über das hochaktuelle Thema „Jerusalem – Hindernis für den Weltfrieden?“ zu sprechen. Als Untertitel habe ich „Das Drama des jüdischen Tempels“ gewählt.
Wir werden gleich sehen, dass die Geschichte Jerusalems, die Geschichte Israels und die Geschichte des Tempels untrennbar miteinander verbunden sind. Man kann sogar sagen: Die Geschichte Jerusalems ist die Geschichte Israels, und die Geschichte Israels ist die Geschichte des Tempels. Diese zwei Aspekte lassen sich nicht voneinander trennen.
Ja, man kann die gesamte Geschichte Israels sinnvoll nach Tempelperioden einteilen – bis heute und darüber hinaus. Jerusalem gehört zu den ältesten Städten der Welt. Sie ist über 4.000 Jahre alt, und ihre Geschichte voller Höhen und Tiefen, Blut und Tränen ist absolut einzigartig in der Menschheitsgeschichte.
Zum Namen der Stadt: Auf Hebräisch heißt Jerusalem „Stadt des Friedens“. Dabei wird deutlich, dass zwischen dem Namen und der heutigen Wirklichkeit ein beängstigendes Spannungsfeld besteht. Keine Stadt der Welt stellt den Weltfrieden mehr in Frage als gerade die Stadt des Friedens, Jerusalem.
Die Situation Jerusalems ist einzigartig. Die Stadt liegt am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Afrika und Asien. Daraus wird verständlich, weshalb es im Prophetenbuch Ezechiel heißt: „So spricht der Herr, der Ewige: Dies ist Jerusalem, ich habe es mitten unter die Nationen gesetzt und Länder rings um es her“ (Ezechiel 5,5).
Jerusalem bildet das geografische Zentrum der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen. Heute steht im Zentrum des Konflikts der Tempelplatz in Ostjerusalem. Diese 144 Quadratmeter gehören zu den begehrtesten Quadratmetern der Welt. Warum eigentlich?
Dieser Ort war der Standort des einstigen jüdischen Tempels – vom zehnten Jahrhundert vor Christus bis ins erste Jahrhundert nach Christus. Der Tempel war das geografische Zentrum des Judentums. An derselben Stelle befindet sich seit dem siebten Jahrhundert bis heute der Felsendom. Dieser wird in der Rangordnung der islamischen Heiligen Städte als eines der wichtigsten Heiligtümer angesehen, nach Mekka und Medina.
Hier prallen also gewaltige Interessen aufeinander. Die New York Times hat, wie in der Einleitung angedeutet, schon vor Jahren erklärt, dass es sich hier um die explosivsten Quadratmeter des Planeten handelt. So ist dieser Konflikt eine Gefahr für die Sicherheit der ganzen Welt.
Die Wurzeln des Konflikts: Von Abraham bis zum Volk Israel
Nun wollen wir den aktuellen Dingen auf die Spur kommen, indem wir zu den Wurzeln zurückkehren – etwas, das in den Medien kaum je getan wird. Genau das möchten wir tun.
Wir kehren 4000 Jahre in die Vergangenheit zurück, in die Zeit, als Abraham auf Gottes Geheiß aus Babylonien auszog, um in das verheißene Land zu gehen. Abraham wandte sich von der Natur- und Schöpfungsverehrung ab und richtete seine Verehrung auf den Schöpfergott.
Später erhielt Abraham den Auftrag, nachdem er schon lange im Land der Verheißung gelebt hatte, seinen Sohn Isaak im Land Moria zu opfern. Der Moria-Berg ist der Tempelberg in Jerusalem, der in der Bibel auch häufig Berg Zion genannt wird. Das Land Moria bezeichnet die Gegend um den Tempelberg. Dort sollte Isaak geopfert werden – nicht auf Moria selbst, sondern an einem von Gott bestimmten Ort, einem Hügel in unmittelbarer Nähe zum Tempelberg.
Schließlich wurde Isaak verschont. Er wurde nicht zum Opfer, denn was hätte es genutzt? Ein Sünder kann nicht für Sünder sterben. Abraham nannte diesen Ort in der Nähe des Tempelbergs daraufhin Adonai-gir-eh, was „Der Herr wird ersehen“ bedeutet – das wahre Opfer.
Mose fügt im Text von 1. Mose 22 hinzu: „Daher wird bis zum heutigen Tag gesagt: Auf dem Berg des Herrn wird ersehen werden.“ Dort soll einmal der verheißene Erlöser das wahre Opfer darbringen.
Das erklärt uns schon ein wenig, warum Jerusalem so zentral für die Heilsgeschichte der Bibel ist.
Die Patriarchen waren Abraham, dann Isaak und Jakob, der später den Namen Israel erhielt. Jakob hatte zwölf Söhne, die die Stammväter des Volkes Israel wurden – der zwölf Stämme.
Aufgrund einer Hungersnot mussten die Nachkommen dieser Großfamilie, Jakobs und seiner zwölf Söhne, nach Ägypten hinabziehen.
Vom Exodus bis zur Ankunft in Jerusalem
Nun wollen wir gemeinsam den Weg Israels von Ägypten nach Jerusalem betrachten. Um 1560 v. Chr. waren die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs bereits ein Volk geworden, das in Ägypten lebte. Dort wurden sie als militärische Gefahr angesehen, weshalb der damalige Pharao sie versklavte. Es war eine grausame Zeit für Israel, geprägt von schwerster Unterdrückung.
Doch genau in dieser Zeit, um 1560 v. Chr., musste Mose dieses Volk schließlich in die Freiheit führen. Über Ägypten kamen die zehn Plagen oder Katastrophen, die das ägyptische Reich zum Zusammenbruch brachten. Diese Ereignisse waren die Konsequenz der Unterdrückung der auserwählten Nachkommen Abrahams. So konnte das Volk in die Freiheit ziehen und machte sich auf den Weg in das verheißene Land.
Auf diesem Weg durch die Sinai-Wüste gab es eine besonders wichtige Station am Berg Hureb. Dort erhielt Israel die Tora, das Gesetz Mose, die zehn Gebote sowie Hunderte weiterer Gebote. Diese waren eine detaillierte Auslegung der zehn Gebote. Die Gebote wirkten wie ein Spiegel: Beginnt man wirklich konsequent nach der Tora zu leben, stellt man fest, dass in uns ein Drang wohnt, genau das Gegenteil zu tun. Dort, wo es heißt „Du sollst“, neigt man dazu, es nicht zu tun, und wo es heißt „Du sollst nicht“, tut man es dennoch.
So hat die Tora eine gewaltige aufdeckende Kraft, die das Problem der Sündhaftigkeit des Menschen anschaulich ans Licht bringt. Bemerkenswert ist, dass die Gabe der Tora sehr schnell die Verdorbenheit des menschlichen Herzens offenbarte. Man denke an die Geschichte mit dem goldenen Kalb, die bereits stattfand, bevor das Volk wirklich im Besitz der Tafeln mit den zehn Geboten war.
In Verbindung mit der Gabe der Tora gab der ewige Mose Anweisungen zum Bau eines transportablen Tempels, der Stiftshütte. Im Zentrum dieses Tempels stand ein Opferdienst mit Tieren. So lernte Israel in seiner Frühgeschichte das geistliche Prinzip der Erlösung durch Stellvertretung kennen.
Das Opferprinzip im Alten Testament
In der Tora heißt es in 3. Mose 5,5: „Und es soll geschehen: Wenn er sich in einem von diesen verschuldet, so bekenne er, worin er gesündigt hat, und er bringe sein Schuldopfer dem Herrn für seine Sünde, die er begangen hat.“
Wer also sich bewusst wurde, dass er gegen die Gebote Gottes gesündigt hatte, konnte mit einem unschuldigen Opfertier in den Vorhof des Tempels kommen. Die Prinzipien waren dabei immer dieselben.
Der Schuldige musste sich mit einem unschuldigen Opfertier identifizieren, und zwar durch die Handauflegung, die Smicha, wie man auf Hebräisch sagt. Dabei handelt es sich nicht nur um ein leichtes Auflegen der Hand, sondern um ein Aufstützen der Hand. So wurde symbolisch das ganze Gewicht der Person auf das Opfer übertragen.
Währenddessen musste der Schuldige ein Sündenbekenntnis ablegen, das mit Reue verbunden sein sollte. Auf diese Weise übertrug der Schuldige seine Sünde symbolisch auf das unschuldige Opfer.
Schließlich war es der Opfernde selbst, der das Tier schlachten musste. Das Blut floss, ein Priester fing es auf, und danach wurden alle weiteren Rituale der Opferung durchgeführt.
Sündenbekenntnis, Reue, Tod und Blut – das waren die Grundlagen, um durch Stellvertretung Erlösung und Vergebung zu erhalten.
Die Wanderung durch die Wüste und der Einzug ins verheissene Land
Israel durchlebte eine vierzigjährige Wanderung, die in den Städten Ramses und Pithom begann. Diese Städte hatten sie in Ägypten erbaut. Von dort aus zogen sie durch das Rote Meer hinunter zum Horeb in der Sinaiwüste. Dort erhielten sie das Gesetz und errichteten den transportablen Tempel, die Stiftshütte.
Die Reise ging jahrelang weiter, bis das Volk nach vierzig Jahren in den Gefilden Moabs am Eingang zum verheißenden Land stand. Diese Gegend liegt unmittelbar auf der anderen Seite des Jordans, heute auf jordanischem Boden. Hier fand die letzte Lagerung Israels in der Ebene statt.
Ganz zentral inmitten dieses Millionenvolkes stand die Stiftshütte mit dem Opferdienst. Hier nahm Mose Abschied und hielt acht Reden, die uns im fünften Buch Mose überliefert sind. In diesen Reden wendet er die Gesetze der Tora, die in der Wüstensituation galten, auf die neue Situation im Land an.
In diesem Zusammenhang ist eine Anordnung besonders wichtig, die in 5. Mose 12,13 zu finden ist: „Hüte dich, dass du deine Brandopfer nicht an jedem Ort opferst, den du siehst, sondern an dem Ort, den der Herr in einem deiner Stämme erwählen wird; dort sollst du deine Brandopfer opfern.“
Hier wird deutlich, dass es im verheißenden Land einen bestimmten Ort für die Darbringung der Opfer und für den Gottesdienst geben soll – nicht irgendeinen, sondern einen auserwählten Ort. Mose erwähnt diesen Ort einundzwanzig Mal, also dreimal siebenmal, ohne jedoch den Namen dieses Ortes zu nennen.
Das Volk sollte hineingehen und von Gott die Weisung erhalten, wo dieser auserwählte Ort zu finden sei. Danach zog das Volk unter der Leitung Josuas über den Jordan, oder besser gesagt durch den Jordan, in das verheißene Land ein. Dieses Land, das von Milch und Honig floss, ähnelt in mancher Hinsicht der Schweiz.
Darauf begann die Suche nach dem auserwählten Ort, wie er im fünften Buch Mose beschrieben ist.
Die Errichtung des ersten Tempels und die Spaltung Israels
Rund 1040 vor Christus eroberte König David die jemuzitische Enklave Jerusalem am Südabhang des Berges Moria oder Zion. Er erhob diese Stadt zur Hauptstadt Israels. Deshalb kann man heute 3000 Jahre Jerusalem als jüdische Hauptstadt feiern. Wir stehen also an einem ganz bedeutenden Jubiläumspunkt der Heilsgeschichte.
Sein Sohn Salomo baute die Stadt weiter aus, bis auf die Bergkuppe, und setzte auf den Felsen dort, der die Bergspitze darstellt, den ersten Tempel aus Stein, den salomonischen Tempel. Dieser wurde in den Jahren 967 bis 960 v. Chr. erbaut.
Die Tora macht deutlich, dass es nur einen Ort für die Opfer geben darf. Durch prophetische Offenbarung wurde König David mitgeteilt, dass hier in Jerusalem auf dem Berg Zion, auf dem Berg Moria, der Ort für die Opfer sei. So errichtete Salomo diesen einen Tempel als Zeugnis für den einen Gott.
Die Heiden rundherum hatten viele Götter und auch viele Tempel. Nicht so Israel: Das auserwählte Volk kannte den einen wahren Gott. Deshalb stand als Symbol dieser eine Tempel in Jerusalem. Doch am Ende seines Lebens wandte sich Salomo von dem einen wahren Gott ab. Alter schützt nicht vor Torheit.
Und das Volk Israel ging ihm auf diesen Wegen nach. Das Volk Israel war in der weiteren Zeit gekennzeichnet durch die Verehrung der Schöpfung anstatt des Schöpfers. Denn all diese Götter, die schon Salomo von den umliegenden Völkern übernahm, waren doch allesamt Naturgötter, die irgendwelche kosmischen Kräfte in der Natur verkörperten.
In der Religionskritik der Bibel wird dies scharf Götzendienst genannt. Verehrung der Schöpfung anstatt des Schöpfers ist Götzendienst – eine aktuelle Anwendung. Wenn ein Biologielehrer heute seinen Schülern sagt: „Das ist doch ein wunderbarer Schmetterling, einzigartig, wie die Natur ihn ausgestattet hat“, dann ist das Götzendienst. Denn hier werden Kräfte, die nur der Schöpfer haben kann, der Natur zugeschrieben.
Das ist in Wahrheit Verehrung der Natur, also Götzendienst.
Nun standen die Propheten auf und warnten Israel: Wenn sie nicht umkehren, würden sie schwere nationale Konsequenzen erleben – bis hin zu einer Rückkehr nach Babylonien, dem Land der Götzen. Diese Seher, diese Sprachrohre Gottes, redeten eine ernste Sprache, aber die Masse hörte nicht darauf.
Genauso ist es in unserer Gesellschaft heute. Wir haben im zwanzigsten Jahrhundert erlebt, wie sich die Massen vom einen Gott der Bibel und von seinem Wort abgewandt haben. Stattdessen wandten sie sich der Verehrung der Natur zu – ganz im Sinn von Jean-Jacques Rousseau: „Retour à la nature“ – zurück zur Natur.
So gibt es auch heute unangenehme Mahner, die unsere Gesellschaft zu einer Rückkehr zu dem einen Gott der Bibel aufrufen.
Die ersten Konsequenzen zeigten sich deutlich nach dem Tod Salomos. Wegen dieses Götzendienstes kam es zu einer Spaltung Israels. Um 930 v. Chr. wurde das große Reich Salomos geteilt in ein Nordreich der zehn Stämme und ein Südreich der zwei Stämme. So erlebte Israel eine massive innere Schwächung.
Die zehn Stämme verharrten engstirnig in diesem Götzendienst, und so erfüllte sich die Voraussage der Propheten. Um 722 v. Chr. kam es zum Untergang des Nordreiches. Die zehn Stämme wurden aus ihrem Land herausgerissen und nach Assyrien deportiert.
Dies war bereits in 5. Mose 28,25 als Fluchandrohung bei Ungehorsam in der Abschiedsrede Moses vorausgesagt worden: „Der Herr wird dich schlagen vor deinen Feinden dahingeben, und du wirst umhergetrieben werden in allen Königreichen der Erde.“
In der Folge verlieren wir in der Geschichte die Spur der zehn Stämme, die also in der Zerstreuung untergingen (5. Mose 28,25).
Die Südstämme blieben übrig. Moses sagte aber einige Verse später in 5. Mose 28,36: „Der Herr wird dich und deinen König, den du über dich setzen wirst, zu einer anderen Nation wegführen, und du wirst dort anderen Göttern dienen.“
Die Wegführung zu einer anderen Nation ist die Ankündigung der babylonischen Gefangenschaft.
Die babylonische Gefangenschaft und die Rückkehr
Der Höhepunkt des Götzendienstes im Südreich Juda, dessen Hauptstadt nach wie vor Jerusalem war, wurde um 600 v. Chr. erreicht. In dieser Zeit stieg Babylon unter Königin Nebukadnezar zur Weltherrschaft auf. Die babylonische Armee kam und verwüstete in mehreren Kriegen schließlich den Judenstaat in Israel. Die Hauptstadt Jerusalem wurde dem Erdboden gleichgemacht, und der salomonische Tempel wurde in Staub und Asche gelegt.
Es kam zu vier Deportationen der Juden in den Jahren 605, 586 – dem Jahr der Zerstörung Jerusalems und des Tempels – sowie schließlich 582 v. Chr. Alles lag am Boden. Die Babylonier hatten von 608 bis 538 v. Chr. die Weltherrschaft inne. In diese Zeit fällt auch die babylonische Gefangenschaft der Juden von 605 bis 538 v. Chr.
Jeremia hatte diese Herrschaft Babylons vorausgesagt. In Jeremia 25,11 sagte er im Blick auf die Nationen rund um Israel: „Und diese Nationen werden dem König von Babel dienen siebzig Jahre, und es wird geschehen, wenn siebzig Jahre voll sind, werde ich an dem König von Babel und an seinem Volk seine Schuld heimsuchen.“
Wir können diese Prophezeiung genau in der Geschichte nachvollziehen. Es waren exakt siebzig Jahre der Weltherrschaft Babylons. Durch die moderne Archäologie konnte der Krieg Babylons gegen Jerusalem handgreiflich belegt werden.
Sie sehen hier einen Turm der Stadtmauern Jerusalems aus den Schichten um 600 v. Chr. Dieser Turm konnte den Angriffen der Armee nicht mehr widerstehen. Hier sieht man Pfeilspitzen, die im Kampf um Jerusalem eingesetzt wurden. Man hat Aschespuren gefunden. Das sind Fakten als Erfüllung der biblischen Prophetie.
Babylon war damals das Ursprungsland Abrahams, das Land der Götzen, während Jerusalem, die Stadt des einen Gottes, am Boden lag. Damals, als die Juden gefangen waren zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris, entstand der Psalm 137: „An den Flüssen Babels saßen wir und weinten, indem wir Zions gedachten.“
Durch die Not gab es bei vielen Juden in der Gefangenschaft eine Einkehr und Umkehr. Es entstand eine neue Sehnsucht nach dem einen wahren Gott und seinem Ort des Gottesdienstes, Zion, Jerusalem.
Das Ende des Exils trat 538 v. Chr. ein, durch die Eroberung Babylons durch die Perser und Meder. Dies geschah in wenigen Schlachten. Die Stadt Babylon wurde durch einen Putsch erobert. König Belsazar wurde anlässlich seiner letzten Party durch einen Schwertstreich getötet.
Der damalige persische König Kyros gab kurz darauf den Juden die Erlaubnis, in ihr Land zurückzukehren, um den Tempel wieder aufzubauen, wie in Esra Kapitel 1 beschrieben. Fortan war das Land Israel Teil einer persischen Provinz im Weltreich der Perser und Meder.
Zehntausende, vielleicht etwa zweihunderttausend Menschen, wenn man Frauen und Kinder mitrechnet, kehrten aus Babylon zurück. Das Erste, was sie taten, war, den Tempel auf den Spuren des Alten wieder in Jerusalem aufzubauen, noch ehe sie die Stadt und die Mauern begannen zu errichten.
Die Heimkehrenden damals gingen zurück im Bewusstsein, schließlich dem kommenden Messias, dem verheißenden Erlöser, im Land Israel zu begegnen. Denn der Messias sollte nicht in Babylonien kommen, sondern im Land der Verheißung. In Bethlehem sollte er geboren werden.
Viele reiche Juden blieben damals in Babylonien. Sie wollten nicht bei Null neu beginnen, aber sie sahen sich als Geldgeber des halbautonomen Staates Israel und der persischen Herrschaft. So ähnlich sehen sich reiche New Yorker Juden heute im Blick auf den Staat Israel.
Der zweite Tempel und die Zeit bis zur Zerstörung
Nachdem also der zweite Tempel um 515 v. Chr. vollendet war, kam es etwa 445 v. Chr. zum Wiederaufbau der Stadt Jerusalem und ihrer Mauern. Dieses Ereignis war von großer Bedeutung, denn ein Prophet in Babylon, Daniel, der um 605 v. Chr. nach Babylon deportiert worden war, sagte voraus, dass von dem Moment an, in dem ein Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems ausgehen würde, man den Zeitpunkt des Erscheinens des Messias berechnen könne. Dieses Ereignis ist somit ein Schlüsselereignis, um den Zeitpunkt des Kommens des Erlösers zu bestimmen.
Wir werden später noch darauf zurückkommen, gehen aber aus pädagogischen Gründen zunächst linear weiter. Der zweite Tempel war im Vergleich zum salomonischen Tempel sehr bescheiden, da man nicht über die finanziellen Mittel verfügte, die Salomo einst besaß. Wenn man sich jedoch ein Bild vom zweiten Tempel anschaut, erscheint er gar nicht mehr so bescheiden.
Um 19 v. Chr. kam es zu einem Totalumbau des zweiten Tempels. Er wurde nicht zerstört, und der Gottesdienst wurde nie unterbrochen. Stattdessen wurde der Tempel umgebaut und erweitert. Der edomitische König Herodes, der als blutrünstiger Tyrann über die Juden herrschte, wollte sich beliebt machen und stellte große Geldmittel für dieses Projekt zur Verfügung. Die Juden setzten das Projekt dann selbst um.
So wurde beispielsweise im Norden das Bezetatal aufgeschüttet, um die Plattform massiv nach Norden erweitern zu können. Auch nach Westen und Süden wurde erweitert, sodass schließlich eine doppelt so große Plattform entstand wie beim salomonischen Tempel. Auch das Tempelhaus selbst wurde bedeutend größer und höher gebaut als der salomonische Tempel. Es erreichte eine Höhe von 52,5 Metern, was heute etwa einem Hochhaus von zwanzig Stockwerken entspricht.
Zur Zeitenwende erlebte Jerusalem somit eine Herrlichkeit und einen Glanz, den die Stadt noch nie zuvor gesehen hatte – sogar herrlicher als zur Zeit Salomos. Heute stehen wir erneut bei einem Jubiläum: Zweitausend Jahre sind seit dieser Zeit vergangen, und ausgerechnet in diese Zeit wurde der Messias geboren.
Die Prophezeiung der 69 Jahrwochen und das Kommen Jesu
Nun gehen wir in diesem Zusammenhang nochmals zurück. Damals, in der babylonischen Gefangenschaft des sechsten Jahrhunderts, erhielt Daniel diese Prophetie: „So wisse denn und verstehe, vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Jahrwochen und 62 Jahrwochen“ (Daniel 9,25).
Es ist wichtig, die richtige Interpunktion zu beachten. Es gibt Bibelübersetzungen, die hier eine falsche Interpunktion haben, wodurch der Text völlig unverständlich wird.
Wir haben also hier einen Ausgangspunkt: Ein Wort, ein Befehl, Jerusalem wiederzubauen. Ein Endpunkt ist der Messias, der als Fürst kommt. Dazwischen liegen sieben und zweiundsechzig, also insgesamt neunundsechzig Jahrwochen.
Nun, wenn Jesus von Nazaret wirklich der Messias ist, wann trat er als Fürst in Jerusalem auf? Das geschah nur einmal: fünf Tage vor der Kreuzigung, im Jahr 32 nach Christus – wenn man die Jahresangaben der Evangelien umrechnet. Da ritt der Herr Jesus Christus vom Ölberg her durch das Kidron-Tal nach Jerusalem ein und wurde von der Volksmenge feierlich als König und Messias begrüßt. Anschließend ging er in den zweiten Tempel hinein.
Schauen wir uns das genauer an: Um 445 v. Chr. gab der persische König Artaxerxes die Erlaubnis, Jerusalem wieder aufzubauen, wie in Nehemia 2 beschrieben. Im Jahr 32 trat der Herr Jesus an Palmsonntag als Messias und Fürst in Jerusalem auf.
Dazwischen sollen nun sieben und zweiundsechzig Jahrwochen liegen. Ich muss erklären, was eine Jahrwoche ist. Das hebräische Wort Shavua meint hier eine Einheit von sieben Jahren. Auf Hebräisch heißt Sheva „sieben“, Shavua „Woche“. Eine Jahrwoche ist also keine Woche von sieben Tagen, sondern von sieben Jahren.
Die prophetischen Jahre der Bibel dauern 360 Tage. Zum Beispiel werden in Offenbarung 11 dreieinhalb prophetische Jahre gleichgesetzt mit 1260 Tagen. 1260 geteilt durch 3,5 ergibt 360. Das entspricht genau dem lunisolaren Jahr, also einer Mitte zwischen Mond- und Sonnenjahr.
Wir haben bereits gerechnet: 62 und sieben Jahrwochen sind 69 Jahrwochen. Rechnet man das um in Tage, ergibt sich: 69 mal 7 mal 360 Tage = 130.880 Tage.
Der Erlass des Artaxerxes fand im Monat Nisan statt, das entspricht unserer Zeit von März/April 445 v. Chr. Der Einzug Jesu an Palmsonntag war ebenfalls im Monat Nisan, also März/April 32 n. Chr.
Wie komme ich auf das Jahr 32? In Lukas 3 wird gesagt, dass Johannes der Täufer im fünfzehnten Jahr des Kaisers Tiberius zu predigen begann. Zu diesem Zeitpunkt begann auch der öffentliche Dienst des Herrn Jesus Christus. Schauen Sie in einem Lexikon nach: Tiberius begann 14 nach Christus zu herrschen. 14 plus 15 ergibt 29. Der Herr Jesus wirkte drei Jahre öffentlich. Diese drei Jahre werden direkt erwähnt im Gleichnis vom Feigenbaum in Lukas 13,6-9. 29 plus 3 ergibt 32. So kommen wir auf dieses Datum.
Ich kann Ihnen sagen: Rechnet man die Zahl der Tage zwischen diesen beiden Daten genau durch, unter Berücksichtigung aller Schalttage in unserem gregorianischen beziehungsweise julianischen Kalender, so passen diese 130.880 Tage exakt hinein – als Christus durch sein erstes Kommen erfüllt hat.
Sie haben gesehen, die Periode ist in sieben und zweiundsechzig Jahrwochen geteilt. Diese erste Periode von sieben Jahrwochen, also sieben mal sieben Jahren, war die Zeit des Wiederaufbaus Jerusalems. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit. Sieben mal sieben bedeutet Vollkommenheit. In dieser Zeit sollte Jerusalem wieder eine vollkommen aufgebaute Stadt werden.
Darauf bezieht sich dann der neue Vers 25b: „Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in der Drangsal der Zeiten“, so nach der alten Elberfelder Übersetzung.
Ja, es war so: Unter Nehemia wurden zunächst die Mauern und dann die Stadt selbst wieder aufgebaut. Es war eine Zeit der dauernden Bedrohung Israels durch die Feinde. Man lese Nehemia 2 und folgende Kapitel. Aber in dieser Zeit wurde Jerusalem wirklich wieder aufgebaut.
Das ist wichtig, weil es schon früher einen Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems unter Kyros 538 v. Chr. gab. Aber 49 Jahre später war Jerusalem immer noch nicht aufgebaut, nur der Tempel.
Nun war es wichtig zu wissen, von welchem Erlass man rechnen soll – von Kyros oder von Artaxerxes. Man musste nicht erst warten, bis die ganze Periode von 69 Jahrwochen abgelaufen war, um den Anfangspunkt zu kennen. Bereits innerhalb einiger Jahrzehnte war klar: Kyros ist nicht der Anfangspunkt, sondern Artaxerxes. Denn nur von dort an wurde in den folgenden 49 Jahren Jerusalem wieder aufgebaut. So war der Anfangspunkt fixiert.
Doch der Text geht weiter: Nach den 62 Jahrwochen wird der Messias weggetan und nichts haben.
Wir verstehen: Der Wiederaufbau Jerusalems fand während der ersten sieben Jahrwochen, also 49 Jahren, statt. Danach begannen unmittelbar die 62 Jahrwochen. Am Ende dieser sieben und zweiundsechzig Jahrwochen trat der Herr Jesus als König und Messias in Jerusalem auf – genau am Ende.
Aber fünf Tage später fand die Kreuzigung statt. Der Text sagt: „nach den 62 Jahrwochen, die auf die sieben ersten gefolgt waren“. Es wird nicht gesagt, wie viel später. Aus dem Rückblick können wir sagen: Ja, es waren fünf Tage danach, dass der Messias tatsächlich vom Hohen Rat verworfen wurde und durch die Römer vor den Toren Jerusalems auf dem Golgatha-Felsen gekreuzigt wurde.
Auf dem Nachbarhügel Jerusalems, dort befindet sich der Golgatha-Felsen im Land Moria, Adonai-ir-eh, „der Herr wird sich ausersehen“, auf dem Berg des Herrn wird ausersehen werden.
Die Propheten hatten vorausgesagt, dass, wenn es zur Verwerfung des Messias durch die Massen kommen würde, dies schreckliche Konsequenzen von nationaler Tragweite haben sollte.
Daniel 9,26b besagt: „Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“ Es wird hier nicht gesagt, wie viel später, aber das „und“ deutet an, dass dies ein Folgeereignis der Ausrottung des Messias sein sollte.
Tatsächlich zerstörten im Jahr 70 nach Christus die Römer Jerusalem und den zweiten Tempel. Sie legten die Stadt und den Tempel in Staub und Asche.
Übrigens wurde der Tempel exakt am gleichen Kalendertag zerstört wie der erste Tempel durch die Babylonier.
Die Folgezeit: Krieg und Verwüstung bis in die Endzeit
Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören. Die Prophetie geht weiter und beschreibt bis in die Endzeit Krieg und fest Beschlossenes von Verwüstungen.
Das bedeutet: Auf die Zerstörung Jerusalams und des Tempels folgt eine Kette von Krieg und Verwüstung über Jerusalem bis in die Endzeit. Dabei stellt sich die Frage: Was ist die Endzeit?
Wir können sagen, die Endzeit ist die Zeit, in der das jüdische Volk aus einer weltweiten Zerstreuung ins Land der Väter zurückkehrt. Dies ist sehr schön zum Beispiel in Hesekiel 38,8 zu sehen. Dort wird gesagt, dass am Ende der Jahre, in der Endzeit, ein Feind gegen das Land Israel kommen soll. Dieses Land ist vom Schwert wiederhergestellt, von einer Wüste in ein fruchtbares Land verwandelt und ein Land, in dem das Volk aus allen Völkern gesammelt ist. Das ist die Endzeit, am Ende der Jahre oder am Ende der Tage.
Wir verstehen das prophetische Schema wie folgt: Der Messias sollte ein erstes Mal kommen und sterben als Opfer. In der Folge seiner Verwerfung sollte das jüdische Volk unter alle Völker zerstreut werden. Jerusalem wird zerstört, der Tempel in Staub und Asche gelegt. Dann folgt eine lange Kette von Verwüstung über Jerusalem bis in die Endzeit.
In der Endzeit soll das jüdische Volk aus allen Völkern zurück ins Land der Vorväter gesammelt werden. In dieser Periode wird der Messias kommen, nicht mehr als leidender Messias, sondern als herrschender Messias. Auch diese Verknüpfung wird in der Prophetie deutlich gemacht. Hesekiel 38,8 habe ich bereits erwähnt. In diesem Zusammenhang wird das kommende machtvolle Reich des Messias beschrieben, zum Beispiel in Hesekiel 40-48.
Nun wollen wir schauen: Gibt es eine solche Kette von Krieg und Verwüstung über Jerusalem bis in die Endzeit? Jawohl. Im Jahr 70 wurde Jerusalem zerstört. Nach Augenzeugenberichten sollen mehr als eine Million Juden ums Leben gekommen sein.
Um 135 nach Christus erfolgte eine erneute Zerstörung Jerusalems durch die Römer unter Hadrian. In diesem Krieg kamen wohl wieder mehr als eine Million Juden ums Leben. 614 gab es eine Verwüstung Jerusalams durch die Perser, 629 die Eroberung Jerusalams durch Byzanz.
638, kurz nach dem Tod Mohammeds, erfolgte die Eroberung Jerusalams durch die muslimischen Araber. Sie brachten den Dschihad, den Heiligen Krieg, von Arabien aus in die Nachbarländer. In der Folge dieser Eroberung wurde der Felsendom auf den Platz des einstigen Allerheiligsten gestellt. Etwas südlich davon entstand die El-Aqsa-Moschee, diese Moscheen stehen bis heute.
1071 erfolgte die Eroberung Jerusalams durch die Türken, 1099 durch die Kreuzfahrer, 1187 durch Sultan Saladin, 1244 durch die wilden Tataren. 1517, in der Zeit der Reformation, erfolgte die Eroberung durch die türkischen Osmanen.
1917, im Ersten Weltkrieg, wurde Jerusalem von den Engländern erobert. In diesem Krieg um Jerusalem kamen etwa zwanzigtausend Soldaten ums Leben. 1948, unmittelbar nach der Staatsgründung Israels, wurde um Jerusalem gekämpft. Israel konnte den Westteil halten, aber der Ostteil wurde von Jordanien in Besitz genommen und massiv verwüstet.
1967, im Sechstagekrieg, eroberte Israel den Tempelberg und die Altstadt von Jerusalem zurück.
Wir können also sagen, dass tatsächlich eine Kette von Krieg und Verwüstung über Jerusalem bis in die Endzeit besteht. Diese Endzeit ist die Zeit, in der die Juden aus aller Welt zurückkehren ins Land der Vorfahren. Dieser Prozess hat 1882 begonnen und hält bis heute an.
Schon Mose hatte diese Dinge vorausgesehen. In 3. Mose 26,31 spricht Gott: „Und ich werde eure Städte zur Öde machen und euer Heiligtum verwüsten und werde euren lieblichen Geruch der Opfer nicht mehr riechen.“
Die Römer haben in ihren beiden Kriegen 70 und 135 nach Christus über tausend Städte, Dörfer und Festungen in Israel verwüstet. Der Tempel wurde zerstört, und tatsächlich hörten die Opfer im Judentum auf. „Ich werde euren lieblichen Geruch der Opfer nicht mehr riechen.“
Ich lese weiter in diesem Text, der übrigens in der Synagoge durch den Chasan nur mit gedämpfter Stimme vorgetragen werden darf, weil man sich bewusst ist, wie sich das alles tragisch erfüllt hat: „Und ich werde das Land verwüsten, dass eure Feinde, die darin wohnen, sich darüber entsetzen sollen. Euch aber werde ich unter die Nationen zerstreuen, und ich werde das Schwert ziehen hinter euch her! Und euer Land wird eine Wüste sein und eure Städte eine Öde.“
In einem jahrhundertelangen Prozess sank das Land, das von Milch und Honig floss, zu einer unansehnlichen Wüste ab. Der Höhepunkt dieses Prozesses wurde im 19. Jahrhundert erreicht.
Mark Twain besuchte Palästina, wie man es nannte, um 1867. Er schreibt in seinem Buch „Innocence Abroad“: „Das Land hat nichts Liebliches für das Auge. Es ist spärlich bewohnt, es ist ein Land ohne Perspektive, ein Land gebrochen ohne Hoffnung.“
Palästina im 19. Jahrhundert, vor der ersten jüdischen Einwanderungswelle, die 1882 stattfinden sollte.
Mose hatte in seiner Abschiedsrede in 5. Mose 28,64 die weltweite Zerstreuung der Juden vorausgesagt. Auch dieses Kapitel darf in der Synagoge nur mit gedämpfter Stimme vorgetragen werden: „Und der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde, und du wirst dort anderen Göttern dienen, die du nicht gekannt hast, du noch deine Väter, Holz und Stein.“
Dieses Kapitel habe ich schon dreimal zitiert. Dort finden sich alle drei Katastrophen Israels: in Vers 25 die Wegführung der zehn Stämme und ihre Zerstreuung, in Vers 36 die Deportation nach Babylon und hier in Vers 64 die weltweite Zerstreuung seit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer.
Mehr findet man nicht an Flüchen, nur diese drei, und alle diese drei haben sich in der Geschichte nachweislich erfüllt.
Ich lese weiter in 5. Mose: „Und unter jenen Nationen wirst du nicht rasten, und deine Fußsohle wird keine Ruhestätte finden, und der Herr wird dir daselbst ein zitterndes Herz geben, erlöschende Augen und Verschmachten der Seele, und dein Leben wird schwebend vor dir hängen, und du wirst dich fürchten, Nacht und Tag und deinem Leben nicht trauen. Am Morgen wirst du sagen, wäre es doch Abend, und am Abend wirst du sagen, wäre es doch Morgen, wegen der Furcht deines Herzens, womit du dich fürchten, und wegen des Anblicks deiner Augen, den du erblicken wirst.“
Dieser Text wurde um 1520 v. Chr. geschrieben. Man könnte denken, ein Augenzeuge in den Konzentrationslagern des 20. Jahrhunderts.
Die Gesamtzahl der jüdischen Todesopfer von 70 nach Christus bis 1948, der Staatsgründung des modernen Israel, liegt bei circa dreizehn Millionen. Das ist das Resultat all dieser Verfolgungen und Verwüstungen durch die Jahrhunderte hindurch.
Der Prophet Hosea hat im 8. Jahrhundert vor Christus die lange Periode der Staatenlosigkeit vorausgesagt: „Denn die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten und ohne Schlachtopfer. Danach werden die Kinder Israel umkehren oder zurückkehren und den Herrn ihren Gott und David ihren König suchen. Und sie werden sich zitternd wenden zu dem Herrn und zu seiner Güte am Ende der Tage.“
Ist das nicht eindrücklich? Diese Beschreibung der zweitausend Jahre der Staatenlosigkeit der Juden: viele Tage ohne König, ohne Fürsten, ohne Schlachtopfer. Das Judentum hat vom Jahr 70 bis heute den Opferdienst nicht mehr. Wir werden sehen, warum. Aber das soll nicht ewig sein.
Danach werden die Kinder Israel zurückkehren. Es wird zu einer Wende kommen. Wann? Am Ende der Tage. Das ist ein anderer Ausdruck für die Endzeit. „Am Ende der Jahre“, „am Ende der Tage“, „in jenen Tagen“, „in jener Zeit“, „in den letzten Tagen“, „in der letzten Stunde“ – das sind alles Ausdrücke für die Endzeit.
Dann kommt die Wende und die Hinwendung zu David, ihrem König. Das wird erklärt im rabbinischen Kommentar aus dem Mittelalter, Mezudat David, zu Hosea 3,4-5. Das ist der König Messias.
In der Endzeit soll das jüdische Volk eine Hinwendung zum Messias erfahren. Aber das müsste ja bedeuten, dass in der Zeit der Staatenlosigkeit ein Problem mit dem Messias besteht.
Die Geschichte Israels im Überblick und die Bedeutung des Messias
Nun haben wir eine grobe Übersicht über die Geschichte Israels gewonnen und gesehen, wie wichtig der Tempel und das Opfer sind. Die Geschichte Israels lässt sich in zwei Perioden unterteilen: von etwa 1560 v. Chr. bis 70 n. Chr. – das ist die Zeit der Opfer mit der Stiftshütte, dem ersten und zweiten Tempel – und von 70 n. Chr. bis heute, die Zeit ohne Opfer.
Wir stellen fest, dass der fundamentale Wendepunkt in der Geschichte Israels im ersten Jahrhundert nach Christus stattfand. Dort muss etwas sehr Schwerwiegendes geschehen sein, noch schlimmer als der Götzendienst, der zur babylonischen Gefangenschaft und zu einem Unterbruch der Opferpraxis für einige Jahre geführt hatte.
Wir wissen, was es war: Im ersten Jahrhundert wurde der Messias ausgerottet. Die Verwerfung des Messias brachte die Wende mit sich. Warum gibt es seit dem Jahr 70 n. Chr. keine jüdischen Opfer mehr? Hier sind die äußeren historischen Gründe.
In Jerusalem herrschte vom ersten bis zum siebten Jahrhundert die römisch-byzantinische Periode. Die Römer und Byzantiner hatten im Allgemeinen kein Interesse am Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem. Vom siebten bis zum einundzwanzigsten Jahrhundert folgte die islamische Periode. Die Muslime haben kein Interesse an einem jüdischen Tempel auf ihrem Haram ascharif, wie sie den Tempelplatz als islamisches Heiligtum nennen.
So war es nicht mehr möglich zu opfern. Es gab keine Alternative. Nur an diesem Ort – oder sonst nirgendwo – hätte man opfern können. Ein anderer Ort, etwa in Eidlingen, wäre keine Alternative für die Juden gewesen. Nicht in Eidlingen, sondern in Zion, auf der Spur des Alten.
Man fragt sich: Hat Gott nun das jüdische Volk als Volk verworfen? In Römer 9 bis 11 wird erklärt, dass das jüdische Volk als Volk auf die Wartebank gesetzt wurde. Im Römerbrief 11,1 (geschrieben im Jahr 57 n. Chr.) sagt Paulus: „Ich sage nun: Hat Gott sein Volk etwa verstoßen? Das sei ferne! Denn auch ich bin ein Israelit, aus dem Samen Abrahams, vom Stamm Benjamin.“
Paulus erklärt, dass das jüdische Volk als Volk auf die Wartebank gesetzt wurde, um später wieder eingesetzt zu werden. Diese Zwischenzeit ist die große Chance für die nichtjüdischen Völker.
Was war dann die Bedeutung des Todes des Messias? Die Erlösung durch Stellvertretung. Jesaja hat dies vorausgesagt, in Kapitel 53, Vers 10: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen. Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen säen, er wird seine Tage verlängern, und das Wohlgefallen des Herrn wird in seiner Hand gedeihen.“
Hier wird alttestamentlich, etwa 700 Jahre vor Christus, erklärt, dass der Messias wie ein Opfertier geschlachtet werden wird – und zwar als Schuldopfer, als Opfer für die Sünde anderer, also Erlösung durch Stellvertretung.
Dieses Kapitel macht klar, dass die Tieropfer nichts anderes als Symbole waren, Hinweise auf das wahre Opfer des verheißenden Erlösers.
Jesaja 53,11 lautet: „Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen. Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, und ihre Missetaten wird er auf sich laden.“
Niemand kann behaupten, dies sei eine Fälschung aus der Zeit nach der Kreuzigung. Wir wissen, dass Jesaja 53 echte Prophetie ist, denn seit 1947 besitzen wir eine vollständige Jesajarolle aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus, gefunden in den Höhlen von Qumran. Dieses Kapitel ist dort vollständig enthalten.
Natürlich sagt ein liberaler Theologe vielleicht, die Interpretation auf Jesus von Nazaret sei eine nachträgliche christliche Deutung. Dem muss man entgegnen, dass er dann wenig vom Judentum versteht. Im Talmud und an vielen Stellen der rabbinischen Literatur wird Jesaja 53 auf den Messias bezogen.
Die alten großen Rabbiner im Judentum haben dieses Kapitel auf den Messias bezogen. Erst im Mittelalter änderten Rabbiner wie Raschi und Abrabanel die Interpretation und erklärten, der leidende Knecht in diesem Kapitel sei nicht der Messias, wie die frühen Rabbiner gesagt hatten, sondern das jüdische Volk, das so viel unter den Völkern erdulden musste.
In diesem Kapitel wird gesagt, in seinem Munde wurde kein Trug erfunden. Kein Jude würde ernsthaft behaupten, er habe noch nie gelogen. In den Psalmen heißt es: „Alle Menschen sind Lügner.“
Wir haben in Jesaja 53 gelesen, dass der Messias als Schuldopfer sterben und danach seine Tage verlängern wird. Der Messias wird auferstehen.
Tatsächlich ist der Herr Jesus am dritten Tag von den Toten auferstanden, gesehen von über fünfhundert Augenzeugen. Er ging mit den Aposteln auf den Ölberg gegenüber vom Tempelberg und gab das Mandat für die Weltmission.
In Apostelgeschichte 1,8 heißt es: „Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“
Die frohe Botschaft von dem gestorbenen und auferstandenen Messias gelangte bereits im ersten Jahrhundert nach Europa. Strategisch war Jerusalem wunderbar gelegen, ideal für die Weltmission am Knotenpunkt der Kontinente Europa, Afrika und Asien.
So wurde das Evangelium bereits im ersten Jahrhundert in diese drei Kontinente gebracht. Unzählige, man kann sagen Millionen von Menschen in den vergangenen zweitausend Jahren haben diese Botschaft im wahren Glauben aufgenommen, ihre persönliche Schuld Gott bekannt und den Herrn Jesus als Erlöser in ihr Leben aufgenommen.
Heute gibt es Evangeliumsbotschaften auf Kassetten in mehr als fünftausend Sprachen und Dialekte. Die Bibel ist vollständig beziehungsweise teilweise übersetzt in über 2300 Sprachen.
Das Evangelium hat alle fünf Kontinente der Welt erreicht und jede Nation – nicht jede Sprache, nicht jeden Stamm, nicht jedes Volk, aber jede Nation, wie in Matthäus 24 gefordert wird. Dort heißt es, dass vor dem Wiederkommen des Messias in Herrlichkeit das Evangelium allen Nationen verkündigt wird.
Das griechische Wort Ethnos bezeichnet die größte völkische Einheit. Ethnos ist also größer als ein Volk oder eine Sprache.
Das Evangelium erreichte auch die Indianer in Amerika. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich so viele Menschen aus allen möglichen Kulturen in bewusster Umkehr dem Messias Jesus zugewandt. Es ist gekommen bis an das Ende der Erde.
Die Bibel hat auch die Eskimos erreicht und ist in Eskimosprachen übersetzt.
Während dieser hoffnungsvollen Zeit für die nichtjüdischen Völker war das jüdische Volk zerstreut auf allen fünf Kontinenten. Was sie zusammenhielt, war eine Sehnsucht von zweitausend Jahren, einmal nach Zion zurückzukehren in der Endzeit.
In Verbindung mit dem täglichen Tischgebet spielte in den vergangenen Jahrhunderten Psalm 137 eine Schlüsselrolle. Vers 5 lautet: „Wenn ich dich vergesse, Jerusalem, so versage meine rechte Hand ihren Dienst, es klebe meine Zunge an meinem Gaumen, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich Jerusalem nicht erhebe über die höchste meiner Freuden.“
Jedes Jahr feiert man das Passahfest in Familien auf der ganzen Welt – ob in New York, in Moskau oder in Berlin. Am Schluss grüßt man sich in der Familie mit „Haschenahaba Birushalayim“ – „im kommenden Jahr in Jerusalem“.
Doch dann vergeht wieder ein Jahr, und man feiert erneut Passah in New York, Moskau oder Berlin und grüßt sich wieder mit „Waschanahabar Biruschalei“.
Warum konnte man nicht zurückkehren? Weil es in früheren Jahrhunderten unmöglich war. Es gab zwar Versuche, bei denen einige hundert Juden versuchten, nach Palästina zurückzukehren, doch die meisten starben unterwegs.
In früheren Zeiten war eine nationale Umkehr oder Rückkehr ins Land unmöglich. Doch diese Sehnsucht blieb bestehen – für die Zeit des Endes.
Die moderne Rückkehr und die Staatsgründung Israels
Jetzt mache ich nicht Schluss, sondern eine Pause. Und zwar werde ich, wie gewünscht, nun weiterfahren, denn ich hoffe, dass etwas von dieser Sehnsucht nach Zion zum Ausdruck gekommen ist. Diese Sehnsucht hielt das jüdische Volk in der zweitausend Jahre dauernden Bedrängnis zusammen.
Nochmals haben wir hier das prophetische Schema vor uns: Der Messias sollte ein erstes Mal kommen als der leidende Messias und wieder weggehen. Aber in der Folge davon sollte das jüdische Volk unter alle Völker zerstreut werden. Der herrschende Messias sollte am Ende der Zeit kommen, das heißt in der Zeitperiode, wenn das Schicksal der Juden gewendet wird und sie zurückkehren ins Land der Vorfahren, was mit dem Jahr 1882 begonnen hat. Seither sind Millionen von Juden aus allen fünf Kontinenten und über hundert Ländern zurückgekehrt.
Aber in der Zeit dazwischen, von 70 bis 1882, war das die große Zeit Israels in der Zerstreuung. War das eine sinnlose Zeit? Nein, das war die Zeit, in der die nichtjüdischen Völker mit der frohen Botschaft des Messias erreicht wurden. Immer verbunden mit der Verkündigung des Kreuzes Jesu, der Bedeutung des Opfertodes und der Ankündigung „Jesus Christus kommt wieder“.
Die Propheten hatten die Wende in der Endzeit klar vorausgesagt. Amos 9, die zwei letzten Verse des Buchs, achtes Jahrhundert vor Christus: Gott spricht: „Und ich werde das Schicksal meines Volkes Israel wenden, und sie werden die verwüsteten Städte aufbauen und bewohnen und Weinberge pflanzen und deren Wein trinken und deren Gärten anlegen und deren Frucht essen, und ich werde sie in ihrem Lande pflanzen, und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Lande, das ich ihnen gegeben habe, spricht der Herr, dein Gott.“
Wenn Ihnen jemand weismachen will, diese Verse hätten sich erfüllt, als die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt waren, dann lesen Sie jetzt den Text genau. Hier steht: „Und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Lande.“ Die größte Zerstreuung fand ja erst später statt, im Jahr 70 nach Christus. Also diese Rückkehr ist eine definitive Rückkehr, die hat nichts zu tun mit der Rückkehr aus Babylon. Das ist die endzeitliche Rückkehr, die definitiv sein wird, nachdem die drei Landverlustflüche der Tora (5. Mose 28,25.36.64) in Erfüllung gegangen sind. Eine weitere gibt es nicht mehr, aber eine definitive Rückkehr.
Hesekiel 36,24 schreibt: „In der babylonischen Gefangenschaft: Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern, nicht nur aus Babylonien, aus allen Ländern, und euch in euer Land bringen.“
Die erste Einwanderungswelle fand von 1882 bis 1903 statt. Damals kamen wegen der furchtbaren Verfolgungen unter den letzten Zaren 25.000 Juden aus Russland. Es gab ab 1882 einen arabischen Widerstand gegen diese Einwanderungsbewegung.
Jeremia 16,14 sagt: „Darum siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da nicht mehr gesagt werden wird: ‚So wahr der Herr lebt, der die Kinder Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat‘, sondern: ‚So war der Herr leb, der die Kinder Israel heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens und aus all den Ländern, wohin er sie vertrieben hatte.‘ Und ich werde sie in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe.“
Der Auszug aus Ägypten war in der Vergangenheit immer das Paradebeispiel für Israel, dass der Gott der Bibel ein Gott ist, der in der Geschichte handelt. Darum hat man sich in Schwüren immer auf den Auszug aus Ägypten als historisches Ereignis bezogen. Jeremia erklärt um 600 vor Christus: In der Endzeit wird dieses heilsgeschichtliche Ereignis durch ein anderes überhöht werden, auf das man sich dann berufen wird, um zu zeigen, dass Gott da ist und wirkt und handelt in der Geschichte. Man wird sagen: „So war der Herr leb, der die Kinder Israel heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens.“ Und sie sind gekommen aus Russland, von Israel, aus dem Land des Nordens.
Die zweite Welle, von 1904 bis 1914, man sagt Alija auf Hebräisch für Einwanderung, brachte circa 40.000 Juden aus Russland und Polen. Jesaja 43,6: „Ich werde zum Norden sagen: Gib heraus, bringe meine Söhne von fern hier und meine Töchter vom Ende der Erde!“
Aber dann kam, was man nicht so erwartet hatte: der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918. Dadurch wurde die Einwanderungsbewegung unterbrochen. Durch einen Thronfolgemord auf dem Balkan kam es zu einer Eskalation, so schlimm, wie die ganze Menschheitsgeschichte es noch nie erlebt hatte. Im Verlauf dieses Krieges stellten sich die Türken, die Osmanen, auf die Seite Deutschlands. Darum kamen die Entente-Mächte, wie man sagt, die Alliierten, und zerstörten das osmanische Reich der Türken. So kam es zur Eroberung Palästinas durch die Engländer.
Während des Krieges, 1917, gab die englische Regierung die Balfour-Erklärung heraus, ein Versprechen für einen jüdischen Nationalstaat in Palästina. Hier schreibt Lord Balfour, der Außenminister Englands, an Lord Rothschild: „His Majesty as Government view with favour the establishment in Palestine of a national home for a Jewish people usw.“ Also: Die Regierung seiner Majestät betrachtet es mit Wohlwollen, dass in Palästina eine nationale Heimstätte für das jüdische Volk errichtet werde.
Wie kam es dazu? England war in arger Bedrängnis durch die deutsche Wehrmacht, und es war klar, wenn nicht jetzt eine Erfindung gemacht wird, wie man schneller explosiven Stoff herstellen kann, wird Deutschland den Krieg gewinnen. Genau zu der Zeit machte ein englischer Chemiker, Dr. Weizmann, diese Erfindung, die den ganzen Weltkrieg drehte, so dass die Entente-Mächte schließlich über Deutschland siegten. Dann fragte man diesen Chemiker, was er sich als Dank wünsche. Er sagte: Ein Land für mein Volk. Denn er war ein englischer Jude, Doktor Chaim Weizmann.
Man kann sagen, der schrecklichste Krieg der Menschheitsgeschichte bis dahin machte das Land der Vorfahren frei für die Juden. Die kamen als Idealisten in dieses Land, und man sagte, sie seien verrückt, denn hier wird es nie einen Judenstaat geben können auf islamischem Boden.
Der Völkerbund übertrug England das Mandat, die Übergangsherrschaft über Palästina. Palästina war dieses Gebiet ganz Israels von heute mit den sogenannten besetzten Gebieten Gaza-Streifen, Westjordanland und Golanhöhen plus das ganze heutige Jordanien. Das war Palästina. Alle Bewohner in diesem Gebiet nannte man Palästinenser. „Palästinenser“ war kein völkischer Ausdruck, sondern bezeichnete einfach Bewohner von Palästina, ob Juden, Araber oder Deutsche. Es gab ja viele Deutsche zum Beispiel in der Gegend von Haifa. Die Engländer gaben allen eine Identitätskarte, und da stand drin: Palästinenser.
Es gab eine Zeitung, die hieß The Palestine Post, später Jerusalem Post, eine jüdische Zeitung. Es gab ein Orchester, ein Symphonieorchester, The Palestine Symphony Orchestra, das war ein jüdisches Sinfonieorchester in Palästina.
Aber 1921 führte England die erste Teilung Palästinas durch. England übergab dem Emir Abdullah 77 Prozent von Palästina, also alles östlich vom Jordan, das wurde abgeschnitten. 77 Prozent wurden zu Transjordanien umgewandelt, und 1946 erhielt dieses Gebiet die Unabhängigkeit von England. Damit war der Staat Jordanien geschaffen.
Schade, man hätte diesen Staat „Staat Palästina“ nennen sollen, denn alle Leute, die da wohnten, waren Palästinenser. Also seit 1946 gibt es einen unabhängigen, autonomen Palästinenserstaat, der 77 Prozent von Palästina umfasst.
Von 1919 bis 1923 kam die dritte Einwanderungswelle, vor allem aus Russland. Jesaja 49,12: „Siehe, diese werden von ferne kommen und siehe, diese von Norden.“ Dieses Land des Nordens hat es in sich.
Aber dann kam der grauenhafte Zweite Weltkrieg, der die Katastrophe des Ersten noch übertraf, von 1939 bis 1945. Und warum heißen die Kriege Erster und Zweiter? Weil es noch nie in der Menschheitsgeschichte Weltkriege gegeben hatte. Das ist ein neues Phänomen. Aber sie spielten Schlüsselrollen in Verbindung mit der Wende des jüdischen Schicksals in der Endzeit.
Zuerst schien es genau das Gegenteil, denn in den Jahren 1938 bis 1945 wurden durch die europäischen Nazis 6,5 Millionen Juden vernichtet, ein Drittel der gesamten Weltjudenheit auf allen fünf Kontinenten.
Nach dem Weltkrieg wurde die UNO gegründet, weil der Völkerbund versagt hatte. Eine der ersten Aufgaben der UNO war die Regelung Palästinas. Im November 1947 akzeptierte die Mehrheit der Mitglieder der UNO den Teilungsplan und damit den Plan zur Schaffung eines Judenstaates in Palästina. Das war unter dem Eindruck der Judenvernichtung des Zweiten Weltkrieges. Die zivilisierten Nationen sagten sich: Jetzt braucht es absolut eine Lösung der Judenfrage. Nun muss eine Heimat geschaffen werden in Palästina.
Man hat die Juden zweitausend Jahre lang gehasst, weil sie keinen Staat hatten. Jetzt sollten sie einen haben. Aber man gab nicht das ganze Rest-Palästina von 23 Prozent, sondern weil der islamische Terrorismus weiterging gegen die englische Besatzungsmacht, machte man eine Konzession und gab nur diese hellen Gebiete den Juden, 12,6 Prozent. Der Rest sollte später ein zweiter Palästinenserstaat werden.
Aber die islamische Welt tobte und erklärte, wenn es zur Schaffung eines Judenstaates in diesen Gebieten kommt – und bedenken Sie, alles südlich von Beerscheba, das ist die Negev-Wüste – würden sie den Staat auslöschen.
Am 14. Mai 1948, als direkte Folge des Zweiten Weltkrieges, kam es zur Staatsgründung Israels. Ben Gurion verkündete über das Radio an diesem Freitagnachmittag um vier Uhr: „Ihr Staat Israel, zweitausend Jahre sind vergangen. Wenn für Gott die Zeit gekommen ist, kann niemand ihm widerstehen.“
Aber in der Nacht vom Freitag auf den Sabbat brach der Krieg aus. Am 15. Mai 1948 eröffneten Irak, Jordanien, Syrien, Libanon, Ägypten, Saudi-Arabien und Jemen den Vernichtungskrieg gegen Israel. Obwohl es damals die besetzten Gebiete gar noch nicht gab – Gaza, Westjordanland, Golan waren gar kein Thema, auch Ostjerusalem mit dem Tempelberg, denn das wurde von der UNO auch für die Juden ausgeschlossen.
Nach einem Jahr überlebte Israel, obwohl sie noch keine wirkliche Armee hatten und kaum schwere Waffen, gegen diese Übermacht mit offiziellen Armeen und schweren Waffen. Sie gingen als Sieger hervor – mit Landgewinn.
Im Psalm 83 sehen wir ein endzeitliches Bündnis der umliegenden Völker Israels. Sie sprechen: „Kommt und lasst uns sie vertilgen, dass sie keine Nation mehr seien, dass nicht mehr gedacht werde des Namens Israel.“
Ein paar Eindrücke aus diesem grauenhaften Vernichtungskrieg gegen die Juden, kurz nachdem Nazi-Europa ein Drittel der Weltjudenheit ausgelöscht hatte. Sie sehen, die israelische Armee war damals nicht sehr eindrücklich. Es ging ums bloße Überleben. Früher hasste man sie, weil sie keinen Staat hatten, als Fremdlinge waren sie da. Von jetzt an hasst man sie, weil sie einen Staat haben.
1949 im Juli erwirkte die UNO einen Waffenstillstand. Die Folgen waren: Jordanien annektierte das Westjordanland. Das war natürlich gegen den Beschluss der UNO. Jordanien nahm also dieses Gebiet und vereinnahmte es seinem Staatsgebiet. Alle Juden, die dort schon lange gesiedelt hatten, wurden abgeschlachtet oder vertrieben. Das Westjordanland wurde, um einen Ausdruck aus der Nazizeit zu gebrauchen, judenrein. Das sind alles Dinge, die man wissen muss bei den heutigen Diskussionen.
Sie sehen, die Waffenstillstandslinien haben sich gegenüber dem ursprünglichen Plan geändert. Israel hat deutlich Gebiete dazugewonnen durch diesen Krieg – aber nicht, indem sie aggressiv etwas holten, sondern indem sie mit Vernichtung bedroht worden waren.
Man realisierte, man kann sie nicht vernichten, außer wenn man modern hochgerüstet wird durch die Weltmacht der Sowjetunion. Das Land des Nordens, aus dem schon so viele Juden gekommen waren, wurde zu einem Erzfeind der Juden und rüstete die islamischen Nationen rund um Israel hochmodern auf. So entstand in den 1960er Jahren die Überzeugung: Jetzt können wir sie auslöschen.
In der islamischen Welt wurde die Vernichtung Israels beschlossen. Ich habe mal eine Cola getrunken vor diesem Hotel, aber ich hatte ein komisches Gefühl im Magen – nicht wegen des Zuckers.
Israel sah den einzigen Ausweg in einem Erstschlag. So kam es zum Sechstagekrieg im Juni 1967. Man sandte Flugzeuge im Tiefflug nach Ägypten, Syrien und sogar in den Irak. Sie schossen die geparkten Flugzeuge auf den Flughäfen ab, bevor die Piloten überhaupt starten konnten. Nach den ersten Stunden war die Luftwaffe von Ägypten und Syrien weitgehend am Boden zerstört.
Nasser telefonierte zu König Hussein in Jordanien und erklärte ihm: „Wir haben unwahrscheinliche Erfolge gegen Israel, du musst nun die dritte Front eröffnen.“ Israel warnte den König: Wenn er in den Krieg eintreten sollte, würde das schwere Konsequenzen für ihn haben.
König Hussein begann, von Ostjerusalem her, über die Mauer, durch die die Stadt geteilt wurde, mit schweren Waffen nach Israel zu schießen. So bekam ein Fallschirmspringertrupp am dritten Tag den Auftrag, Ostjerusalem und den Tempelberg zu erobern. Am Mittwoch drangen die Soldaten ein und kehrten zurück zum Ort des einstigen Tempels.
Hier die Eroberer auf dem Tempelberg, Psalm 126: „Als der Herr das Schicksal Zions wendete, da waren wir wie Träumende, da wurde unser Mund voll Lachens, und unsere Zunge voll Jubels. Da sagte man unter den Nationen: Der Herr hat Großes an ihnen getan, der Herr hat Großes an uns getan, wir waren fröhlich.“
Nach sechs Tagen war Ruhe an allen drei Fronten. Hier, zurück beim Tempel, an der Klagemauer, die Westmauer stellt nämlich einen Überrest des einstigen zweiten Tempels dar.
Nach sechs Tagen hatte eine Nation überlebt. Am Sonntag trat die Ruhe ein – eine Parade in Jerusalem, eine Parade am Himmel: Zum zweiten Mal überlebt.
Die Folgen des Krieges: Israel eroberte den Gaza-Streifen und die Sinai-Wüste. Der Gaza-Streifen wurde ja von Ägypten beansprucht. Dann wurde das Westjordanland mit Ostjerusalem erobert und die Golanhöhen. Diese Gebiete bildeten Pufferzonen: die Sinai-Wüste als Pufferzone gegen den Erzfeind Ägypten, das Westjordanland als Pufferzone gegen Jordanien und Irak, und die Golanhöhen als Pufferzone gegen Syrien.
Die Bedeutung des dritten Tempels und die Endzeit
Endlich einmal den dritten Tempel zu bauen, hat seit 1967 eine ganz neue Dimension angenommen. Obwohl im Judentum seit Jahrhunderten dreimal am Tag für die Wiedererrichtung des Tempels gebetet wird, ist die heutige Bewegung etwas Besonderes.
Das ist nicht mein großer Bruder, sondern Israel Ariel, ein Soldat, der den Tempelberg erobert hat. Er ist Rabbiner und Gründer des Tempelinstituts in Jerusalem. Dort werden originale Tempelgeräte für den dritten Tempel hergestellt. Hier sieht man den originalen siebenarmigen Leuchter aus Gold, bereit für den Dienst im dritten Tempel. Es ist der erste goldene Leuchter Israels seit dem Jahr 70 nach Christus.
Ich habe auch den goldenen Schaubrottisch und den goldenen Räucheraltar gesehen – alles bereit für den dritten Tempel. Eine andere Organisation, Ateret Kohanim, die „Krone der Priester“, bildet Nachkommen Arons zum Priesterdienst aus. Das sind Juden mit dem Familiennamen Kohen, hebräisch Priester, oder Abwandlungen wie Kahn, Kahane, Kohn oder Lewi, Lewinson usw. Diese stammen aus dem Stamm Levi.
Eine dritte Organisation, die „Getreuen des Tempelberges“, wurde von Salomon Gershon gegründet, ebenfalls ein Soldat, der den Tempelberg erobert hatte. Sie haben den ersten Baustein für den dritten Tempel schon vor Jahren bereitgestellt. Er kommt aus der Negevwüste, wiegt 3,5 Tonnen und wurde ohne Metallwerkzeuge, nur mit Kieselsteinen, bearbeitet. Mehrfach versuchte man, ihn symbolisch auf den Tempelberg zu bringen, was sich jedoch als sehr schwierig erwies.
Wir finden viele Stellen im Alten und Neuen Testament, die darauf hinweisen, dass in der Endzeit auf dem Berg Zion ein Tempel stehen wird. Man lese zum Beispiel Joel 2 oder Offenbarung 11. Dort heißt es: „Und es wurde mir ein Rohr gleich einem Stab gegeben und gesagt: Stehe auf und miss den Tempel Gottes und den Altar und die darin anbeten.“ Es ist die Rede von einem endzeitlichen Tempel in Jerusalem.
Wir haben schon einiges über die 69 Jahrwochen bis zum leidenden Messias gehört. Aber der Text spricht insgesamt von siebzig Jahrwochen. Danach soll das Friedensreich des Messias kommen. Im Daniel-Text selbst sehen wir, dass nach den 67 Jahrwochen eine Zeit von Krieg und Verwüstung bis in die Endzeit folgt. Erst dann wird über die letzte Jahrwoche gesprochen.
Nach diesem langen Einschub wird zukünftig noch die letzte Periode von sieben Jahren kommen. Diese sieben Jahre, bestehend aus 360 Tagen pro Jahr, werden in der Prophetie in zweimal dreieinhalb Jahre unterteilt. Sie sollen zwischen der Entrückung der Gemeinde und dem zweiten Kommen Jesu in Herrlichkeit mit der Gemeinde stattfinden.
Die Gemeinde muss also zuerst entrückt werden, um dann mit dem Herrn nach dieser Siebenjahrperiode zurückzukehren. Diese sieben Jahre werden die entscheidenden Jahre für die Welt sein.
Wenn ein dritter Tempel gebaut wird, wird das mehr als eine Milliarde Muslime weltweit in rasenden Zorn versetzen. Psalm 2, Vers 1 fragt: „Warum toben die Nationen und sinnen eitles, die Völkerschaften?“ Nach der Entrückung der Gemeinde wird Israel gemäß Römer 11 wieder auf den Plan treten und seinen Platz einnehmen wie einst im Alten Testament.
So heißt es schon in Jesaja 10, Vers 21: „Der Überrest wird umkehren, der Überrest Jakobs zu dem starken Gott.“ Ein Teil, ein Überrest Israels, wird eine Bekehrung erleben. Jesaja 37,32 sagt: „Denn von Jerusalem wird ein Überrest ausgehen, und ein Enttronnter von Berge Zion, der Eifer des Herrn der Heerscharen, wird solches tun.“ Die Erweckung beginnt also nicht im Ausland, sondern im Land, in Zion.
Das ist aber auch die Zeit, in der der Antichrist kommt. Antichrist bedeutet im Griechischen „der, welcher gegen den Christus, gegen den Messias ist“. Aber „anti“ bedeutet auch „an Stelle von“. Deshalb bezeichnet Antichrist auch den, der sich an die Stelle des Christus, des Messias, setzt. Er wird der größte falsche Messias sein.
In der Vergangenheit sind im Judentum etwa fünfzig falsche Messiasse aufgetreten. Der schlimmste steht noch bevor. Johannes 2, Vers 18 sagt: „Kindlein, es ist die letzte Stunde“ – wörtlich: „Es ist die letzte Stunde.“ Die Zeit hat den Charakter der letzten Stunde. „Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so kommt er jetzt auch.“
Der Herr Jesus sagte den Führern des jüdischen Volkes in Johannes 5,43: „Ich bin in den Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf. Wenn aber ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen.“ Wer den wahren Erlöser ablehnt, wird verführt.
Der Herr Jesus sagt für die letzten dreieinhalb Jahre die große Drangsal voraus, die schlimmste Zeit der Weltgeschichte. Der Antichrist wird auf dem Tempelplatz ein Götzenbild aufstellen, das spricht. Offenbarung 13,14-15 beschreibt dies. Er wird die Tempelbewegung hassen, den Überrest Israels hassen und so diesen dritten Tempel entweihen.
Israel spaltet sich in den Überrest und jene, die dem Antichristen folgen. Dieser Riss wird die ganze israelische Gesellschaft durchziehen. Matthäus 24,15 berichtet von der Ölbergrede Jesu: „Wenn ihr nun das verwüstungbringende Götzenbild, von dem durch den Propheten Daniel geredet ist, stehen seht an heiligem Ort, wer es liest, der beachte es.“
Im inneren Vorhof, hier auf dem Pfeil markiert, wird der Altar stehen. Dort wird das Götzenbild aufgestellt werden. Das kann man sehen. Zusätzlich wird der Antichrist sich ins Allerheiligste setzen, wie in 2. Thessalonicher 2 beschrieben, was man nicht sehen kann.
Wenn ihr das Götzenbild seht, sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen. Denn es wird eine große Drangsal sein, die es von Anfang der Welt bis jetzt nicht gegeben hat und nie wieder geben wird. Der treue Überrest Israels wird in dieser Zeit zum Glauben an den Messias Jesus kommen – durch das Lesen der Heiligen Schrift.
Sie werden die Flucht auf die Berge des Westjordanlandes antreten und dann hinüber nach Jordanien. Dort wird Gott sie für dreieinhalb Jahre durchbringen. Danach folgt der katastrophale Angriff aus dem Norden, wie in Daniel 11,45 beschrieben: der König des Nordens. In der Prophetie war das immer Syrien.
Mit all seinen vielen Verbündeten wird von Norden her das ganze Land Israel überrannt. Joel 2, Jesaja 28,18ff., Psalm 83, Sacharja 12 bis 14 und weitere Stellen sprechen darüber. Gott hat bis heute seine Hand über Israel gehalten – von 1948 bis 2004. Aber wenn die Masse den Antichristen akzeptiert, wird diese schützende Hand weggehen.
Nur der Überrest wird im Nachbarland bewahrt werden. Es folgt ein Weltkrieg von 1260 Tagen. Matthäus 24,22 sagt: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch überleben.“ Die Menschheit wird an den Rand der Selbstvernichtung kommen, aber Gott hat jeden Tag in seiner Hand. Darum ist die Zeit genau auf 1260 Tage begrenzt.
Die Friedensstadt wird zum Zentrum der Weltkatastrophe, nicht durch den Bau des dritten Tempels, sondern durch die Entweihung des Tempels durch den Antichristen. Sacharja 12,2 sagt: „Siehe, ich mache Jerusalem zu einer Taumelschale für alle Völker ringsum.“
Sacharja 13,8: „Und es wird geschehen im ganzen Land, spricht der Herr, dass zwei Teile davon ausgerottet werden und vergehen, aber der dritte Teil wird übrig bleiben. Ich werde den dritten Teil ins Feuer bringen, und ich werde sie läutern wie man Silber läutert und sie prüft wie man Gold prüft. Sie werden meinen Namen anrufen, und ich werde ihnen antworten. Ich werde sagen: ‚Es ist mein Volk‘, und sie werden sagen: ‚Der Herr ist mein Gott.‘“
In dieser Katastrophe wird ein Drittel zur Umkehr kommen. Die Geflüchteten, das sind die 144.000 – die Vorhut des Überrestes – bekehren sich schon vorher. Ein Drittel der Bevölkerung wird sich dann in der größten Not bekehren.
Am Ende davon heißt es in Sacharja 14,3: „Der Herr wird ausziehen und wieder jene Nationen bekämpfen, die ...“ Seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem gegen Osten liegt. Hier ist der höchste Punkt des Ölberges markiert.
Wir schauen vom Tempelberg her, vom inneren Vorhof, ganz nahe beim Altar. Sacharja 12,10 sagt: „Und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben.“ Das sagt der Sohn Gottes, Yahweh, der Herr.
Doch dann wechselt plötzlich die Person, obwohl das ganze Kapitel von Yahweh spricht. In Vers 1 heißt es: „Und sie werden über ihn wehklagen“, sagt der Vater über den Sohn. „Sie werden über ihn wehklagen wie die Wehklage über den Erstgeborenen und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über das Kind Leid trägt, wenn man es verliert.“
Und was werden sie dann beten? Jesaja 53,3 sagt: „Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, war er verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet. Wahrlich, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden. Wir alle irrten umher wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen eigenen Weg, und der Herr ließ die Ungerechtigkeit aller auf ihn treffen.“
Ein erstes Mal ist der Herr Jesus als Heiland der Welt gekommen, ein zweites Mal wird er als Richter der Welt kommen. Wir wissen, dass wir in der Periode seines Kommens leben.
Darum rufen wir heute die Letzten zu Jesus, denn die Chance der nichtjüdischen Völker geht jetzt dem Ende zu. Sie könnte heute zu Ende sein, wenn die Entrückung heute stattfinden würde. Wer das Evangelium bis zur Entrückung gehört hat, kann sich danach nicht mehr bekehren. So steht es im 2. Thessalonicher 2.
Gott wird dann die verhärten, die gehört haben und nicht angenommen haben. Wir sind jetzt in der letzten Chance – der Chance Jerusalems. Nach der großen Drangsalzeit wird der Herr Jesus als Richter der Welt zurückkehren. Aber zuvor kommt die Entrückung, und sie kann jederzeit geschehen. Sobald sie geschieht, ist die Tür geschlossen.
Jetzt haben wir die Friedenschance Jerusalems. Die Friedensstadt ermöglicht Frieden mit Gott – nicht, weil die Stadt Jerusalem ist, sondern weil der Messias dort sein Leben gegeben hat. Für alle, die mit ihrer persönlichen Schuld in Reue und im Glauben im Gebet zu ihm kommen.
In diesem beeindruckenden Vortrag wurden viele Aspekte erläutert. Es gibt einige weitere Abwandlungen von Priesternamen, zum Beispiel Kogut, ebenfalls ein Priestergeschlecht. Das müsste man in einem Familienlexikon nachschlagen.
Politisch ist die Lage hochaktiv und indikativ. Mich würde die Perspektive zum Irak-Krieg, zum Iran und zur Regierung sowie zum internationalen Terrorismus interessieren. Werden sich die Islamisten zu einem großen Bündnis gegen Israel einigen, oder herrscht dort weiterhin ein heilloses Durcheinander ohne klare Führung?
Unter den fünfzehn Endzeitzeichen in Matthäus 24, Lukas 21 und Markus 13 ist ein Zeichen die Schrecknisse, die Griechisch „Grichphobetra“ genannt werden. Der Herr Jesus sagt, diese Endzeitzeichen sind Wehen, das heißt, sie kehren zyklisch wieder und nehmen in Schmerzhaftigkeit und Intensität zu.
Gerade in diesen Schreckensereignissen sehen wir einen Bezug zum internationalen Terrorismus, der im zwanzigsten Jahrhundert entstand und mehrere Phasen der Intensivierung bis heute erlebt hat. Es wird noch grauenhafter werden.
Tatsächlich zeigt die Prophetie, wie sich die islamische Welt gegen Israel zusammenschließt. Das wurde angedeutet und wird heute Nachmittag in Verbindung mit Europa noch ausführlicher behandelt.
Kann man noch ein Wort dazu sagen, ob der Tempel – jetzt mal geistig gesehen – überhaupt noch einen Sinn hat, wenn doch Jesus in Johannes 4 gesagt hat, dass Gott Geist ist? Der Tempel war nur ein Vorbild und ein Opfer; Jesus Christus ist das letzte Opfer.
Das Alte Testament lehrt bereits, dass die Opfer nur Symbole sind. Sie weisen, wie in Jesaja 53, auf das wahre Opfer des Messias hin. Im Jahr 70 hat Gott dem jüdischen Volk das Opfer genommen, um deutlich zu machen: Sucht das Heil nicht in diesen Opfern, sondern im Opfer des Messias.
Kurz zuvor wurde der Hebräerbrief verfasst, etwa 62 nach Christus. Dort wird erklärt (Hebräer 10), dass Christus durch sein Opfer für alle Zeiten vollkommen gemacht hat, die geheiligt werden.
Interessant ist, dass dieser Brief zu einer Zeit geschrieben wurde, als der Opferdienst noch tätig war. Im gleichen Kapitel heißt es, dass jeder Priester täglich da steht und oft die gleichen Schlachtopfer darbringt, die niemals Sünden hinwegnehmen können.
Der Punkt von Hebräer 10 ist also: Es sind nur Symbole, und das eine Opfer ist das Opfer Christi. Im Jahr 70 hat Gott dem Judentum dieses Opfer genommen, um die Frage nach dem Blut über zweitausend Jahre lebendig zu erhalten.
Es gibt aber viele Stellen, zum Beispiel Hesekiel 40 bis 48, die zeigen, dass im tausendjährigen Reich wieder ein Opferdienst da sein wird. Wichtig ist, dass Hesekiel 40 bis 48 von den Opfern im Gesetz Mose abweicht.
Das bedeutet, diese Opfer sind nicht die des alten Bundes, sondern des neuen Bundes. Mit wem schließt Gott den neuen Bund? Natürlich mit dem zwölfstämmigen Volk Israel, wie in Jeremia 31 und im Hebräerbrief beschrieben.
Die Gemeinde ist Nutznießerin aller Segnungen des neuen Bundes, aber nicht Bündnispartner. Die Opfer im tausendjährigen Reich werden symbolische Bedeutung haben und auf das Opfer des Herrn Jesus hinweisen.
Zweitausend Jahre ohne Opfer sollten der Welt deutlich machen, wo das wahre Opfer ist. Wer das nach zweitausend Jahren nicht begreift, wird es auch nach dreitausend nicht begreifen.
Der Hesekiel-Tempel wird einen inneren Vorhof von 500 Ellen auf 500 Ellen haben, wie der salomonische Tempel. Daneben gibt es einen weiteren, größeren Vorhof von 500 Ruten auf 500 Ruten, das sind etwa eineinhalb mal eineinhalb Kilometer.
Wenn der Herr Jesus wiederkommt und der Hesekiel-Tempel gebaut wird, wird das gesamte Gebiet rundherum in den Tempel einbezogen. Ich habe berechnet, wie weit der Golgatha-Felsen vom Felsen des Allerheiligsten entfernt ist: etwa tausend Ellen.
Mit anderen Worten: Golgatha wird dann im äußeren Vorhof des Tempels im tausendjährigen Reich liegen – als Erinnerung an das wahre Opfer. Alles Götzendienerische wird dann weit entfernt sein.
Das steht aber in Verbindung mit Israel und den Völkern, nicht mit der Gemeinde. Wir dürfen keinen Mischmasch machen, die Gemeinde judaisieren oder solche Dinge einführen. Die Gemeinde ist die Gemeinde, Israel ist Israel – ganz wichtig.
Wir sind am Ende. Ich danke fürs Zuhören.
