Diese Woche ist Billy Graham im Alter von neunundneunzig Jahren gestorben. Er war ein Mann, den Gott in dieser Welt auf beeindruckende Weise gebraucht hat – wahrscheinlich der größte Evangelist des zwanzigsten Jahrhunderts.
Billy Graham hat in 185 Ländern gepredigt und damit 230 Millionen Menschen mit dem Evangelium erreicht. Das sind gewaltige Zahlen. Was mich an diesem Mann inspiriert hat und immer noch inspiriert, ist zum einen, wie sehr er sich auf Gottes Wort verlassen hat. Er sagte stets: „Die Bibel sagt“, „Gottes Wort sagt“. Zum anderen beeindruckt mich, wie demütig und bescheiden er geblieben ist.
Obwohl er vor riesigen Menschenmengen gesprochen hat und zeitweise ein Medienstar war – sogar das deutsche Magazin Spiegel brachte ihn auf das Titelblatt mit der Überschrift „Billy Graham, der Evangelist“ – blieb er bescheiden. Viele US-Präsidenten suchten seinen Rat, doch Billy Graham blieb ein demütiger Mann. Das bestätigen zahlreiche Menschen, die ihm nahe standen.
Ich denke, diese Bescheidenheit hängt entscheidend damit zusammen, dass Billy Graham wusste, wer Gott ist. Für ihn war Gott nicht nur ein liebender Gott, sondern vor allem ein heiliger Gott. Ein Gott, der ihn aus reiner Liebe und Gnade annimmt, vor dem er aber nichts vorzuweisen hat. Auch er war nur ein einfacher, gefallener Sünder, der Gottes Gnade dringend braucht.
Dass Gott heilig ist, war Billy Graham sehr wichtig. Er betonte dies immer wieder in seinen Reden und Predigten. Er sagte einmal: „Jede große Erweckung in der Geschichte der Welt oder der Kirche betonte die Heiligkeit Gottes.“
Billy Graham forderte dazu auf, sich intensiv mit dem Wesen Gottes zu beschäftigen. Er riet: „Suche jede Schriftstelle, die du finden kannst, über die Heiligkeit, Gerechtigkeit und Reinheit Gottes. Studiere sie und atme sie auf den Knien ein – und du wirst ein anderer Mann, eine andere Frau werden.“
Die Bedeutung von Gottes Heiligkeit im Alltag
Wie präsent ist dir Gottes Heiligkeit? Ich meine damit nicht nur den Sonntagmorgen im Gottesdienst, sondern auch deinen Alltag, die einfachen Dinge des Lebens. Wie gegenwärtig ist dir da, dass Gott der heilige Gott ist?
In unserer Predigtserie kommen wir heute zu Kapitel 5 des Lukas-Evangeliums. Wir sehen, dass sich das Leben der Menschen ganz verändert, wenn sie begreifen, wer Gott ist, wer Jesus ist. Sie werden ganz neu in der Gegenwart Jesu.
Ich möchte uns die ersten elf Verse aus Kapitel 5 vorlesen. Dort sehen wir Jesus zuerst predigen:
Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, zu Jesus drängte, um das Wort Gottes zu hören, da stand er am See Genezareth und sah zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus.
Als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus.“
Simon antwortete: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen.“
Als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische, und ihre Netze begannen zu reißen. Sie winkten ihren Gefährten, die im anderen Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Diese kamen und füllten beide Boote voll, so dass sie fast sanken.
Als Simon Petrus das sah, fiel er zu Jesu Füßen nieder und sprach: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch!“ Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst.
Auch alle, die bei ihm waren, staunten über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten. Ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten.
Jesus sprach zu Simon: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.“
Sie brachten die Boote ans Land, verließen alles und folgten ihm nach.
Jesu Autorität und die Reaktion der Menschen
Das Erste, was wir in diesem Abschnitt in den ersten fünf Versen sehen, ist, dass Jesus mit Vollmacht spricht. Zuerst predigt er zu den Menschen am See Genezareth. Wir haben letzte Woche bereits gesehen, wie die Menschenmassen kamen und ihn hören wollten. Es war ein bisschen so wie bei einem Popstar oder einem großen Redner: Alle wollten einmal hinkommen und hören, was er zu sagen hat.
Lukas schreibt, dass Jesus mit Vollmacht lehrte. Der Evangelist Markus ergänzt, dass er mit Vollmacht lehrte und nicht wie die Schriftgelehrten. Jesus verkündete Gottes Wort also ganz anders und mit einer ganz anderen Autorität. Es war keine trockene Sabbatrede von Professoren im Tempel, sondern wirklich eine Rede mit Autorität. Er wusste viel tiefer, was Gottes Wort bedeutet, und konnte es den Menschen auslegen.
Wahrscheinlich haben Sie bemerkt, dass Jesus auch danach lebt. Er spricht so, als würde sein Leben wirklich davon abhängen, wie er darauf antwortet. Obwohl Jesus zu dieser Zeit schon Anfeindungen erlebte – manche Menschen sagten: „Geh weg, wir wollen nichts von dir hören“ – kamen die meisten erst einmal neugierig und erkannten, dass er anders spricht. Sie wollten hören, was er zu sagen hat.
Simon Petrus, dem Jesus am See Genezareth begegnet, kannte ihn auch schon. Wir haben letzte Woche gesehen, wie Jesus seine Schwiegermutter gesund gemacht hat. Jesus war also kein Unbekannter. Er kommt zu Simon und sagt: „Hey Simon, fahr mich bitte raus aufs Wasser, ich möchte dieser Menge predigen.“ Simon fährt ihn hinaus, und Jesus predigt in dieser Bucht zu den Menschen. So kündigt er Gottes Wort an.
Zweifel und Glaubensmut im Alltag
Wir sehen nicht, was Jesus diesen Menschen genau gesagt hat, aber wir sehen, wie er mit Petrus umgegangen ist. Wenn wir das nah an uns heranlassen, erkennen wir mehr darüber, wer Gott ist – durch das, was wir hier von Jesus lesen.
Nachdem Jesus gepredigt hat, spricht er Simon an und sagt: „Fahr hinaus, wo es tief ist, und werf deine Netze zum Fang aus.“ Erst jetzt wird in diesem Text deutlich, dass es Petrus an diesem Tag wahrscheinlich nicht so gut ging. Er hatte offensichtlich eine anstrengende Nacht hinter sich. Die ganze Nacht lang hatte er im Dunkeln seine Netze ausgeworfen, doch alles, was er dabei gefangen hatte, war vielleicht ein bisschen Seegras. Es war nichts Wertvolles im Netz. Die Fischer waren erschöpft, sie hatten ihre Netze gereinigt und wollten wahrscheinlich erst einmal schlafen gehen.
Die Nacht war also ziemlich frustrierend, und auch der folgende Tag begann nicht besser. Dann kommt Jesus und sagt: „Fahr mich raus aufs Wasser.“ Eine Sonderschicht. Und jetzt fordert er ihn auf, noch einmal hinauszufahren, an eine tiefere Stelle, und die Netze auszuwerfen. Warum sollte Petrus jetzt ausgerechnet etwas fangen, mitten am Tag? Fischer, die sich damit auskennen – ich selbst verstehe nicht viel davon –, sagen, dass man tagsüber gar nicht erst rausfahren muss, weil man dann nichts fängt. Nachts sei die bessere Zeit.
Und dieser Zimmermann und Prediger Jesus – warum sollte er es besser wissen? Ist er etwa ein Fischfang-Experte? Es war doch Simons Fachgebiet, und das lässt er ihn auch spüren. In diesem Text steckt eine ordentliche Portion Zweifel. Petrus sagt: „Meister, wir haben die ganze Nacht nichts gefangen.“ Er nimmt seinen eigenen Erfahrungshorizont und sagt Jesus damit, dass das, was er anordnet, eigentlich keinen Sinn macht. Simon will Jesus damit sagen, dass er es eigentlich besser weiß.
Vielleicht kennst du ähnliche Zweifel, wenn Jesus zu dir spricht. Du hörst sein Wort, zum Beispiel: „Sorgt euch nicht um euer Leben.“ Und du denkst: Gilt das auch für München? Kennst du die Mietpreise hier, die Wohnungsnot? Oder Jesus sagt: „Liebt eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen.“ Und du denkst: Jesus, kennst du meine Arbeitskollegen? Oder meine Schwiegermutter? Jesus sagt: „Macht zu Jüngern.“ Und du denkst: Ich habe es schon so oft probiert, und es war so unfruchtbar. Vielleicht war es sogar richtig peinlich, Menschen von Jesus zu erzählen. Weiß Jesus nicht, wie peinlich das sein kann?
Wir hören Jesu Worte mit unserem Erfahrungshorizont, und oft passt das nicht zusammen. Das ist völlig normal, denn was Jesus sagt, sprengt unsere Vorstellungskraft. Ich bin mir sicher, jeder von uns zweifelt immer wieder an dem, was Jesus sagt. Kann er das wirklich ernst gemeint haben? Sieht er nicht, in welchen Situationen wir sind? Vielleicht sagen wir das nicht laut, aber unser Leben spricht oft deutlicher als unsere Worte. Dann lieben wir nicht unseren Nächsten, machen uns Sorgen und sagen das Evangelium nicht weiter.
Wenn wir Jesus aber wirklich besser kennenlernen wollen, dürfen unsere eigenen Erfahrungen und unsere Vorstellungskraft nicht das letzte Wort haben. Wir müssen ihm zuhören. Dabei können wir von Petrus viel lernen. Er macht deutlich: „Ich habe Zweifel, Jesus, aber auf dein Wort hin will ich es wagen und die Netze auswerfen.“ Ich finde das eine spektakuläre Aussage.
So einen Glaubensmut wünsche ich mir und uns als Gemeinde: dass wir sagen, „Auf dein Wort hin wollen wir es wagen, Jesus, weil deine Worte größer sind als unsere Vorstellungskraft.“ Petrus hat bereits erlebt, dass man Jesus vertrauen kann. Er hat schon einen Vorgeschmack bekommen, als Jesus die Schwiegermutter gesund gemacht hat und als er Jesus predigen hörte. Er hatte stundenlang zugehört und wusste: Dem kann man vertrauen.
Jetzt hat er es einfach gewagt, sich auf Jesu Wort gestellt und auf diese Verheißung vertraut.
Vertrauen in Jesu Wort als Lebenspraxis
Wie antwortest du Jesus? Echter Glaube zeigt sich darin, dass wir seinem Wort vertrauen und unsere Zweifel nicht über sein Wort stellen. Es ist keine Theorie für den Sonntagsgottesdienst, sondern Lebenspraxis. So soll unsere Woche sein: Wir vertrauen mehr auf sein Wort als auf unsere eigene Vorstellungskraft.
Vielleicht erlebst du Gottes Wort als wenig lebendig oder hast den Eindruck, dass es überhaupt nicht relevant für dein Leben ist. Ich kann nicht in dein Herz schauen, aber könnte es vielleicht sein, dass du in vielen Punkten deine eigenen Erfahrungen über sein Wort stellst und es gar nicht an dich heranlässt?
Ich habe das schon oft erlebt, sowohl in Hauskreisen als auch in Einzelgesprächen. Menschen haben gesagt: „Ja, das kann man ja gar nicht leben.“ Sie stellten ihren Zweifel über Gottes Wort, drückten es weit weg und sagten: „Das geht ja gar nicht. Für mich gilt das nicht.“ So normal Zweifel auch sind, lasst uns nicht dort stehenbleiben. Lasst uns Gott beim Wort nehmen.
Wenn Jesus Christus spricht, verdient er unser Vertrauen. Er ist der Sohn Gottes, der mit göttlicher Vollmacht spricht und viel mehr vermag, als wir uns vorstellen können. Petrus hilft uns hier, unseren Zweifel in ein Gebet zu verwandeln und zu sagen: „Herr, dies und das spricht wirklich dagegen. Es gibt gute Gründe, deinem Wort nicht zu vertrauen, aber auf dein Wort hin will ich es wagen, auf dein Wort hin will ich gehen.“
Und dann sehen wir, dass dieses Vertrauen sich bei Petrus auszahlt. Er darf wirklich erleben, dass Jesus keine leeren Worte für ihn hat. Das Unglaubliche geschieht diesmal mitten am Tag: „Fangt Fische!“ Nicht nur ein paar, sondern so viele, dass die Netze zu reißen drohen. Sie müssen die Kollegen mit ihren Booten heranrufen: „Kommt mal her!“ Sie ziehen die Fische heraus, und die Boote gehen fast unter.
Das ist unvorstellbar. Es gibt Filme, die das ein wenig darstellen, aber man kann sich kaum vorstellen, was für ein Fischfang das ist und was für ein riesengroßer Segen dahintersteht.
Die Reaktion des Petrus auf das Wunder
Wie hättest du reagiert? Wolfgang Wegert von der Archegemeinde, der ja mal bei uns dabei war – auch auf der Gemeindefreizeit – hat dazu einmal gesagt: Ich weiß, wie ich reagiert hätte, ich weiß, was ich getan hätte. Ich hätte diesen Mann gebeten, einmal pro Woche für fünf Minuten vorbeizukommen und dieses Wunder zu wiederholen. Das ist doch klasse, ein gutes Geschäft.
Aber Petrus ist nicht Wolfgang Wegert. Erstaunlich, wie er auf diesen Fang reagiert. Es ist ihm überhaupt nicht wichtig, dass da so viele Fische sind. Er schaut gar nicht mehr auf die Fische, sondern er schaut auf Jesus. Und er wirft sich vor ihm nieder, vielleicht mitten in diesen Fang hinein, und bittet ihn eindringlich: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch.“
Mit Jesus auf einem Boot zu sein, das ist für ihn plötzlich richtig unheimlich. Es ist total seltsam. Er merkt, diese Fische haben sich nicht zufällig in mein Netz verirrt. Einer hat es ihnen befohlen, einer wusste genau, wo sie sind. Und plötzlich ist ihm völlig klar: Dieser Jesus spricht nicht nur mit göttlicher Vollmacht, er wirkt auch mit göttlicher Vollmacht.
Ja, er ist der heilige Gott, er ist der Herr der Welt, er ist der Herr über die Natur. Und im Licht dieser Herrlichkeit, in diesem Licht von Jesus, im Licht seiner Heiligkeit, da erschrickt er zutiefst, weil er erkennt: Ich bin ein Sünder. Weil er das erkennt, was auch manche von euch Täuflingen gerade bezeugt haben: Meine Sünden sind so groß, ich kann vor diesem Jesus, vor dem lebendigen Gott, gar nicht bestehen.
Es ist ein ganz schmerzhafter Augenblick für Petrus, als er das erkennt. Er macht die Erfahrung, die Jesaja lange vor ihm gemacht hat: „Wehe mir, ich vergehe vor diesem heiligen Gott.“ Da ist so viel, was ihn von Jesus trennt – seine ganze Rebellion gegen Gottes Gebote, sein böses Herz, seine eigene Ohnmacht. Wie oft hat er im Leben schon versagt? Wie oft kriegt er es einfach nicht hin?
All das steht ihm vor Augen, als er den heiligen Gott sieht. Und er erträgt es gar nicht, diesem heiligen Gott in die Augen zu schauen. Stattdessen fällt er vor ihm nieder und sagt: „Geh weg, ich ertrage es nicht.“
Das größere Wunder im Herzen des Petrus
Wir müssen uns vor Augen halten, dass nicht jedes Mal, wenn Menschen Jesus begegnet sind, etwas Außergewöhnliches passiert ist. Jesus wirkte teilweise mächtige Wunder im Leben der Menschen. So lesen wir zum Beispiel, dass er Kranke heilte, auch Gelähmte. Doch diese Menschen kamen oft nicht einmal zurück, um ihm zu danken. Geschweige denn, dass sie verstanden hätten, wer Jesus wirklich war.
Petrus hatte bereits große Dinge mit Jesus erlebt. Seine Schwiegermutter wurde gesund, und er sah, wie Jesus viele andere Kranke heilte. Dennoch hatte er noch nicht erkannt, wer Jesus wirklich ist.
Deshalb müssen wir vorsichtig sein, wie hoch wir Wunder einschätzen und wie wichtig wir sie nehmen. Hier geschieht ein großes Wunder, das Jesus vollbringt. Doch noch größer ist ein anderes Wunder, das ganz im Verborgenen geschieht – im Herzen von Petrus. An diesem Tag darf Petrus erkennen, wer Jesus wirklich ist.
Das ist das Entscheidende: Er erkennt, dass Jesus nicht einfach ein Wunderheiler ist, nicht nur ein guter Lehrer, und auch kein gewöhnlicher Fischfangexperte. Er erkennt, dass Jesus der heilige Gott ist. Daraufhin fällt Petrus vor ihm nieder.
Die Bedeutung der Erkenntnis Jesu Heiligkeit
Wie reagierst du auf das, was hier passiert? Von den Täuflingen hat einer von euch gesagt: Die Wunder haben dich beeindruckt. Und du hast erkannt: Jesus, der ist Gott.
Es hängt ganz entscheidend davon ab, wie wir Jesus sehen. Ist er für uns ein guter Lehrer, einer, der uns mal einen weisen Ratschlag gibt? Ist er der Helfer in der Not, wenn du mal nicht weiterweißt? Ist er dein bester Freund, dein bester Buddy? Er kann all das sein, aber wir haben Jesus nicht wirklich erkannt, wenn wir nicht begreifen, dass er zuallererst der heilige Sohn Gottes ist.
Wenn du das verstehst, dann wirst du, wie Petrus, zuerst deine eigene Schuld erkennen – das, was dich von Gott trennt. Ich weiß, dass das vielen von uns heute gerade in unserer Gesellschaft sehr negativ vorkommt: eigene Schuld, eigene Sünde – was soll das sein? Ich bin doch kein Sünder. Aber vor Jesus, wenn du wirklich begreifst, wie heilig er ist, wer er ist, dann spielst du dieses Spielchen nicht mehr. Du versteckst dich nicht mehr, sondern erkennst deine ganze Schuld. Du erkennst, dass du vor Gott nicht bestehen kannst.
Du wächst auch nur in der Beziehung zu Christus und in der Beziehung zum lebendigen Gott, wenn du immer mehr erkennst, wie heilig er ist, wie sündig du bist und wie dringend du ihn brauchst.
Das ist ja das Wunderbare, das wir auch in diesem Text erkennen: Jesus bleibt nicht stehen, sondern zeigt seine göttliche Vollmacht gerade darin, dass er barmherzig ist, dass er gnädig ist. Schaut euch seine Reaktion auf das Sündenbekenntnis, auf die Sündenerkenntnis von Petrus an. Das ist so unendlich gnädig. Jesus sagt: „Fürchte dich nicht.“
Jesu gnädige Reaktion auf Sündenerkenntnis
Fürchte dich nicht, Petrus! Jesus spricht die Sünden von Petrus nicht einmal an. Er bohrt nicht in dieser Wunde, in der Petrus erkennt, wie schuldig er ist. Deshalb spricht er nicht darüber und muss gar nicht ins Detail gehen, weil Petrus selbst weiß, wer er vor Gott ist.
Wenn du deine Not erkennst und dich an Jesus wendest, dann nimmt er dich nicht auseinander. Er hält dir keine Strafpredigt, sondern nimmt dich in seiner Gnade an. Er ist genau für diejenigen gekommen, die begreifen, wie dringend sie ihn nötig haben.
Wer bekommt von Jesus Strafpredigten? Im ganzen Neuen Testament sehen wir immer wieder, dass diejenigen Strafpredigten bekommen, die hochmütig sagen: „Jesus, dich brauche ich nicht.“ Zuallererst sind das die Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie vertrauten so sehr auf ihre eigenen Werke und ihr gutes Leben, dass sie eine Strafpredigt erhielten. Jesus ging ins Detail und legte seinen Finger in die Wunde.
Aber wer seine Sünde erkennt, bekommt keine Strafpredigt. Stattdessen streckt Jesus demjenigen die Hand hin und sagt: „Fürchte dich nicht, komm, es ist gut, du bist gut bei mir aufgehoben.“ Vielleicht hatte Petrus diese Lektion an diesem Tag oder ganz bestimmt lernte er sie so richtig kennen.
Später schreibt Petrus, als er schon lange mit Jesus unterwegs ist: „Gott widersteht den Hochmütigen, aber dem Demütigen schenkt er Gnade.“ Das hat er gelernt. Der Sohn Gottes wendet sich nicht angewidert von seiner Sünde ab, sondern nimmt ihn an.
In diesem „Fürchte dich nicht, Petrus“ hörst du die ganze Retterliebe Gottes. Jesus nimmt den Sünder an, auch dort, wo Petrus ihn sich ganz weit weg wünscht. Dort stellt Jesus die Beziehung wieder her. Er konnte so reden, weil sein Weg schon vorgezeichnet war. Jesus wusste, wie diese Geschichte weitergeht: Erst baut er die Beziehung zu Petrus und den anderen Aposteln auf, und dann geht er ans Kreuz – für die Schuld von Petrus und für jeden, der auf ihn vertraut.
Er stirbt dort am Kreuz als Feind Gottes, damit wir Freunde Gottes werden können. Weil er diesen Weg kannte und wusste, was passieren würde, konnte er diese Worte der Freundschaft zu Petrus sagen.
Und Gott spricht heute zu euch Täuflingen und zu jedem, der auf ihn vertraut: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“
Die radikale Veränderung durch Begegnung mit Jesus
Wir sehen, dass sich durch diese Begegnung und durch die tiefe Erkenntnis, wer Jesus ist, wer er selbst ist, alles im Leben von Petrus verändert hat. Jesus nimmt ihn barmherzig an. Dadurch erhält Petrus sogar einen neuen Beruf. Jesus sagt: „Häng deine Netze an den Haken und komm mit. Du wirst jetzt Menschen fangen.“
Das Wunder war gerade erst der Anfang. Jesus wollte gerade diesen Petrus gebrauchen, um noch ganz mächtige Dinge zu tun. So sollte die Botschaft weitergetragen werden. Menschen können wieder zu Gott kommen. Gott würde sie durch die Verkündigung von Petrus und vielen anderen aus dem Meer ihrer Verlorenheit retten. Und er wollte Petrus dazu gebrauchen.
Wenn man dann weiter in der Apostelgeschichte liest, merkt man, wie gewaltig Gott diese Verheißung eingelöst hat. Schon bei den ersten Predigten kamen Tausende und Abertausende zum lebendigen Glauben an Jesus Christus.
Es mag gut sein, dass Petrus an diesem Tag nicht im Blick hatte, was Großes geschehen würde, auch dadurch, dass er das Evangelium weitergibt. Wir lesen jedoch, dass er Jesus vertraute. Er und seine Kollegen bringen die Boote an Land, verlassen alles und folgen Jesus nach.
Ich möchte, dass wir uns das vorstellen: Die zwei Boote sind voll mit Fischen. Was für ein Geschäft! Die Fische müssen verarbeitet und auf den Markt gebracht werden. Doch sie lassen alles zurück. Jemand anderes muss sich darum kümmern. Sie haben etwas Besseres, etwas Wichtigeres zu tun: Sie folgen Jesus nach.
Ist das erstaunlich? Es ist ganz sicher erstaunlich, dass sie alles zurücklassen. Noch viel erstaunlicher ist jedoch, dass Jesus diese Sünder ruft. Er will mit ihnen zu tun haben und nimmt sie mit. Der heilige Gott wendet sich nicht ab, sondern nimmt sie mit.
Die Konsequenz der Nachfolge
Erst als Petrus das erkennen durfte, bekam er die Kraft, sein Leben neu auszurichten, ganz neu zu bewerten und sich radikal auf Jesus einzulassen. So wie Lukas das berichtet, war es für ihn einfach die logische Konsequenz. Auch für die anderen Jünger, die an diesem Tag mitgekommen sind, war es eine logische Folge: Gott kommt, und ich folge ihm.
Wenn dieser Gott ruft, kannst du nicht anders, als ihm zu folgen. Wir müssen diese Männer nicht zu Helden machen. Wir wissen, dass der Zweifel auch im Leben, gerade von Petrus später, manchmal größer war als sein Vertrauen auf diesen Herrn Jesus Christus. Aber seine Lebensausrichtung war klar: Jesus nach, Jesus nach.
Ich möchte dich zum Schluss fragen: Welche Auswirkung hat Gottes Gnade auf dein Leben? Was veränderst du? Siehst du Petrus und die Fischer und denkst dir: Das könnte ich nie! Meine Familie, mein Betrieb, mein Beruf, meine Freunde, meine Hobbys – das alles hinter mir zu lassen und Jesus nachzufolgen, das ist so weit weg von meiner Vorstellungskraft.
Wenn du so denkst, dann denkst du noch zu klein von Jesus. Die Lösung ist nicht, dass du dich in Aktivitäten stürzt und ganz viel machst und tust, um ein besserer Jünger zu werden. Die Lösung ist, Jesus besser kennenzulernen, erst mal Jesus zu erkennen, wer er wirklich ist, und ihm mehr Vertrauen zu schenken.
Dafür könnten wir das tun, was schon Billy Graham geraten hat: Jede Stelle in der Bibel suchen, die Gottes Heiligkeit, Gerechtigkeit und Reinheit beschreibt, und sie demütig studieren. Wir leben in einer Zeit, in der wir die Liebe Gottes ganz gut kennen. Sogar Menschen, die gar keine Christen sind, können dir viel von der Liebe Gottes erzählen.
Aber Gottes Heiligkeit zu erkennen und dann zu begreifen, in welchem Verhältnis die Liebe und die Gnade dazu stehen – dass er uns nichts schuldig ist und uns dennoch annimmt – das lässt in dir sehr groß werden, und immer größer, je tiefer du es begreifst. Aus dieser Botschaft kommt die Kraft der Veränderung.
Wenn du sie wirklich glaubst, macht sie dein Herz ganz weich. Wenn Jesus Christus dir die Freundschaft anbietet, wenn du das annimmst, wenn er das tut, was du selbst nicht tun kannst – ja, wie kannst du dann noch anders, als ihm nachzufolgen? Und diese Welt weniger wichtig zu nehmen und seinen Willen wichtiger zu nehmen? Vertraust du seinem Wort mehr als deinen Zweifeln? Das nennt man Nachfolge.
Und wenn nur dieser heilige Sohn Gottes Menschen retten kann, dann muss die logische Antwort sein, dass wir das auch weitertragen. Dass wir uns einklinken in seinen Auftrag, den er an diesem Tag Petrus gegeben hat: Sag das weiter, mach Menschen zu Jüngern, erzähl ihnen vom Evangelium, dass der heilige Gott sich dir zuwendet, dass er dich annimmt in seiner großen Liebe und Barmherzigkeit.
Wir können das tun, da wo Gott uns hinstellt. Wir können uns gebrauchen lassen von diesem Gott und davon erzählen, dass er uns liebt und dass er uns statt seinem verdienten Zorn gnädig annimmt.
Schlussgebet und Bitte um Glaubensmut
Lasst uns beten.
Vater im Himmel, wir staunen darüber, wie du an diesem Tag Simon Petrus begegnet bist. Wir staunen über das Wunder, das du getan hast, dass er Fische gefangen hat. Noch mehr staunen wir darüber, dass du ihm die Augen geöffnet hast für deine Heiligkeit, sodass er wirklich erkennen durfte, wer er vor dir ist.
Herr, es ist so groß, dass du uns nicht kaputtmachst, dass du nicht mit der Faust zuschlägst. Stattdessen benutzt du unsere Sündenerkenntnis, um uns zurück in die Beziehung zu dir zu führen. Du begegnest uns in Jesus und sagst: „Ich habe deine Schuld getragen.“
Herr, ich möchte dich darum bitten, dass wir das viel, viel tiefer in unseren Herzen begreifen, was du Großes für uns getan hast. Lass uns durch diese Erkenntnis verändert werden, damit wir ganz anders leben, weil wir wirklich mit dir rechnen. Lass uns deinem Wort mehr vertrauen, weil wir wissen, dass du der gute Gott und der liebende Herr bist, der uns führt.
Herr, wir wollen für unsere Täuflinge bitten. Bewahre sie, halte sie nah bei dir und führe sie immer tiefer zu dir. Nutze sie, um das Evangelium weiterzusagen.
Wir staunen darüber, wie gerade unsere afghanischen Geschwister dein Wort mutig weitersagen, obwohl es sie so viel kosten kann. Herr, bitte schenke uns etwas von diesem Glaubensmut und diesem Vertrauen, dass du absolut verlässlich bist.
Amen.