Guten Tag, ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir befinden uns in Matthäus 8 und haben gerade die Bergpredigt abgeschlossen. Die Kapitel 5, 6 und 7 zeigen uns die Lehre des Messias. Die Menschen haben erkannt, dass diese Lehre ganz anders ist als die der Pharisäer.
Es ist eine Lehre mit Autorität und Vollmacht. Das wird besonders deutlich in Matthäus 7, im Schlussvers, der auch den Übergang zum dritten neuen Teil im Matthäusevangelium einleitet. Insgesamt wissen wir, dass es genau sieben Teile im Matthäusevangelium gibt. Diese Teile sind literarisch markiert, meist durch einen Refrain und einen einführenden Absatz.
So heißt es dort in Matthäus 7,28: „Und es geschah, als Jesus diese Reden vollendet hatte, dass die Volksmenge sehr erstaunt war über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.“
Nun beginnt der dritte Teil, der sich speziell mit der Autorität des Messias beschäftigt. Dieses Mal geht es um seine Werke, während wir zuvor seine Autorität in der Lehre betrachtet haben.
Einführung in die Autorität Jesu nach der Bergpredigt
Darf ich bitten, dass uns jemand vorliest, Matthäus 8,1-13 zunächst.
Als er aber von dem Berg herabgestiegen war, folgten ihm große Volksmengen. Und siehe, ein Aussätziger kam herzu, warf sich vor ihm nieder und sprach: „Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“
Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: „Ich will, werde gereinigt.“ Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt.
Jesus spricht zu ihm: „Gib acht, sage es niemandem, sondern geh hin, zeige dich dem Priester und bring die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis.“
Als er aber nach Kapernaum hineingegangen war, kam ein Hauptmann zu ihm, der ihn bat und sprach: „Herr, mein Knecht liegt zuhause gelähmt und wird schrecklich gequält.“
Jesus spricht zu ihm: „Ich will kommen und ihn heilen.“
Der Hauptmann antwortete und sprach: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst, sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir. Ich sage zu diesem: Geh, und er geht; zu einem anderen: Komm, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tu dies, und er tut es.“
Als aber Jesus das hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: „Wahrlich, ich sage euch, selbst in Israel habe ich so großen Glauben nicht gefunden.
Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden im Reich der Himmel.
Aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis. Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“
Jesus sprach zu dem Hauptmann: „Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Und sein Knecht wurde geheilt in jener Stunde.
Die besondere Anordnung der Evangelien und die Botschaft des Matthäusevangeliums
Die Anordnung der Inhalte ist unterschiedlich, doch alles hat seine Bedeutung. In jedem Evangelium sind die Ereignisse anders angeordnet: Warum sind die Dinge in Matthäus so angeordnet, in Markus anders und in Lukas wieder anders? Und in Johannes ist es sowieso anders.
Johannes ist das Evangelium mit den meisten sogenannten Sondergut, also Berichten, die nur in einem Evangelium vorkommen. Jeder Evangelist wurde jedoch durch den Heiligen Geist so geführt, dass er die Ereignisse so zusammenstellt, dass die besondere Botschaft seines Evangeliums deutlich wird.
In Matthäus geht es darum, Jesus Christus als den König Israels, den Messias, darzustellen. Nach dieser ausführlichen Darstellung, die in dieser Art einzigartig ist – insbesondere mit der Bergpredigt – folgt als erstes Beispiel die Heilung eines Aussätzigen.
Für einen Europäer ist das beim ersten Lesen vielleicht nichts Besonderes. Kennt man jedoch den jüdischen Hintergrund, wird deutlich, dass das, was jetzt folgt, eine absolute Sensation ist.
Geographischer Hintergrund der Heilung am See Genezareth
Übrigens zuerst etwas zur Geographie: Wo hat diese Heilung stattgefunden? Am See Genezareth. Es steht ja nichts vom See, wie kommst du auf See? Aber ich gebe schon Recht. Im nächsten Kapitel geht es ja los mit Kapernaum, das war ja bekanntlich am See Genezareth.
Wo geht es mit Kapernaum los? Vers 5. Ja, in Vers 5. Da kommt er nach Kapernaum, aber... Genau, und Kapernaum liegt gerade am Nordende des Sees Genezareth, klar. Aber wir haben noch mehr Angaben. Es heißt in Vers 1: „Als er von dem Berg herabgestiegen war“, nicht von einem Berg. Ja, also das ist effektiv dieser Berg, gerade bei Kapernaum, oder anders gesagt, dieser Berg, an dessen Fuß die Stadt Kapernaum lag.
Wir haben ja gesehen, wie der Herr Jesus umgezogen ist, Kapitel 4, von Nazareth nach Kapernaum, dort Wohnsitz genommen hatte. Und dann hatten wir gelesen in Kapitel 5, Vers 1, Beginn der Bergpredigt: „Als er aber die Volksmengen sah, stieg er auf den Berg“, nicht auf ein Berg, den Berg. Das ist eben der Berg von Kapernaum.
Und jetzt ist es so: Wenn man oben ist auf diesem Berg – man nennt ihn heute in Israel Ha Ha-Oscher, das ist der Berg der Seligpreisungen – also wenn man von dem Ha Ha-Oscher eine kurze Wanderung hinab macht, kommt man genau wohin? Jawohl, zum ursprünglichen Fischereihafen von Kapernaum.
Der war also nicht gerade am gleichen Ort wie die Stadt Kapernaum, die am See gebaut war, sondern eben versetzt seitlich von der Stadt. Man nennt diesen Ort Ein Sheva auf Hebräisch, das heißt sieben Quellen, weil es dort sieben nicht heiße, aber warme Quellen gibt. Diese sind dafür verantwortlich, dass eben ein besonderer Fisch sich zuhause fühlt im See Genezareth, obwohl er eigentlich biologisch nicht dahin gehört: Tilapia Galilea, oder besser bekannt als Petrusfisch.
Es ist ein relativ großer Fisch, der eigentlich ein tropischer Fisch ist. Also auch in den Tropen kennt man den Fisch. Er schmeckt sehr gut, und sogar solche, die Fisch nicht unbedingt mögen, da kann es sein, dass die den jedenfalls mögen. Und der fühlt sich also dort zu Hause, weil gerade in der Winterzeit sammelt er sich. Es ist der einzige große Fisch im See Genezareth, der in Schwärmen schwimmt. Er sammelt sich eben in Ein Sheva.
Und das war ausgerechnet der Fischerhafen von Kapernaum, da wo Petrus und auch Johannes und Jakobus gefischt haben. Die Fischereigründe waren ganz genau festgelegt. Also Petrus, Johannes, Jakobus, die zu den ersten Jüngern des Herrn gehören, wie wir aus Kapitel 4 wissen, die konnten nicht irgendwo fischen, sondern nur dort.
Also das hätte zum Beispiel mit der Dekapolis ein Kriegsgrund sein können, wenn man gemeint hätte, man könnte zum Beispiel in Gadara fischen, also jemand aus Kapernaum. Aber das hilft uns eben, klar zu wissen, wenn die Bibel spricht über das Fischen von Petrus, dass wir ganz genau wissen, wo das war: in Ein Sheva oder wie man auf Arabisch sagt Tabcha. Das ist das Gleiche, es ist eigentlich eine Abwandlung eines griechischen Wortes. Das heißt sieben Quellen.
Also, der Herr kommt vom Berg runter, und manche unter uns haben vielleicht diese Wanderung schon gemacht von oben nach unten nach Ein Sheva. Dort trifft er diesen Aussätzigen an.
Heilung von Aussatz im Alten Testament und ihre Bedeutung
Nun ein paar Fragen: Wo finden wir im Alten Testament noch das Phänomen der Heilung eines Aussätzigen? Ich denke an Naaman. Schlagen wir mal auf: 2. Könige 5. Naaman, der Syrer, wurde geheilt. 2. Könige 5 beschreibt das.
Naaman war ein Mann mit einer beeindruckenden Karriere, doch leider war er todkrank – aussätzig. Lest jemand bitte am Mikrofon 2. Könige 5, Verse 1 und 2 vor:
Naaman, der Heerführer des Königs von Aram, war ein hoch angesehener Mann vor seinem Herrn und sehr geschätzt. Denn durch ihn gab der Herr den Aramäern Sieg. Aber dieser gewaltige, tapfere Mann war aussätzig.
Die Aramäer waren in Streifscharen ausgezogen und hatten ein kleines Mädchen aus dem Land Israel entführt, das nun im Dienst von Naamans Frau stand. Und sie sprach zu ihrer Herrin: „Ach, dass mein Herr bei den Propheten von Samaria wäre, der würde ihn von seinem Aussatz befreien.“
Dieses gestohlene Kind, ein israelitisches Mädchen, war gezwungenermaßen im Haushalt von Naamans Frau angestellt. Von Naaman heißt es, er war der Heeroberste von Syrien, ein großer Mann vor seinem Herrn. Zudem wird gesagt, dass der Herr, der Gott Israels, durch ihn den Syrern Sieg gegeben hat.
Doch dann wird deutlich: Der Mann war ein Kriegsheld, aber aussätzig. Diese Krankheit stellt seine ganze Karriere auf den Kopf.
Das junge Mädchen war offensichtlich nicht verbittert. Sie sagte, Naaman könnte geheilt werden, wenn er nur den Propheten in Israel kennen würde – Elisa.
Elisa hatte viele Wunder getan und war der Nachfolger Elijas. Elija hatte bereits gewaltige Zeichen und Wunder vollbracht. In den Jahrhunderten vor ihm waren solche Zeichen und Wunder in Israel nicht normal. Doch unter Elija gab es eine solche Konzentration von Wundern.
Elisa wünschte sich das doppelte Maß des Geistes Gottes, und das wurde ihm gewährt. Die Bibel berichtet, wie er die doppelte Zahl von Zeichen und Wundern vollbringt. Unter anderem heilt er einen Aussätzigen aus Syrien.
Er gibt Naaman die Anweisung, sich siebenmal im Jordan unterzutauchen. Kann das jemand noch lesen? Der Moment der Heilung steht in Vers 13:
Eigentlich hatte Naaman etwas anderes als Heilung erwartet. Nicht einfach ein Bad im Jordan! Er dachte: „In Syrien haben wir bessere Flüsse. Warum soll ich mich ausgerechnet im Jordan waschen?“ Doch seine Diener rieten ihm:
„Da traten seine Diener herzu und redeten zu ihm und sagten: ‚Mein Vater, hätte der Prophet eine große Sache zu dir gesagt, hättest du es nicht getan? Wie viel mehr, da er nur zu dir gesagt hat: Bade, und du wirst rein sein!‘“
Da stieg Naaman hinab und tauchte im Jordan siebenmal unter, nach dem Wort des Mannes Gottes. Sein Fleisch wurde wieder wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er wurde rein.
Das ist eine sensationelle Heilung!
Man muss bedenken: Aussatz ist zuerst eine Krankheit, die im Körper vorhanden ist, aber äußerlich nicht sichtbar. Dennoch führt sie zum Tod. Sie bricht an einer Stelle aus, zunächst nicht dramatisch, breitet sich aber immer weiter aus. Dabei zerstört sie den Körper schrittweise und führt schließlich zum Tod.
In der Bibel ist der Aussatz ein Bild für die Sünde. Die sündige Natur haben wir seit dem Sündenfall Adams in uns geerbt. Doch das sieht man nicht. Wenn man ein kleines Baby nach der Geburt liebevoll im Arm hält, sieht man die Sünde nicht.
Zunächst schreien die Kinder nur. Mit der Zeit lernen sie einzelne Wörter, dann Sätze. Bald ist man erstaunt, welche üblen Wörter sie sagen können. Früher oder später denkt man: „Irgendetwas stimmt da nicht.“ Ja, da ist der Aussatz stellenweise ausgebrochen.
Die Sünde wächst, nimmt zu. Die Bibel sagt in Römer 6,23: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Diese Krankheit ist eine schreckliche Illustration der Sünde in uns. Sie manifestiert sich in einzelnen Sünden, die ausbrechen, und führt schließlich unter dem Gericht Gottes zum Tod.
Weitere Beispiele von Aussatz im Alten Testament
Nun wurde dieser Syrer geheilt. Ein weiteres Beispiel: Ich habe gefragt, wo es im Alten Testament noch Heilungen von Aussatz gibt. Miriam, ja, das ist ein schöner Name, wird in 4. Mose 12 erwähnt. Sie hatte gegen Mose geredet. Man könnte 4. Mose 12 lesen: „Hat er nicht auch mit uns geredet?“ Und der Herr hörte es. Mose aber war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren.
Da sprach der Herr plötzlich zu Mose, Aaron und Mirjam: „Geht hinaus, ihr drei, zum Zelt der Zusammenkunft!“ Doch er sagte: „Nicht so mein Knecht Mose, er ist treu in meinem ganzen Haus. Mit ihm rede ich von Mund zu Mund, deutlich und nicht in Rätseln, und das Bild des Herrn schaut er. Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht Mose zu reden?“
Der Zorn des Herrn entbrannte gegen sie, und er ging weg. Die Wolke wich vom Zelt, und siehe, Mirjam war aussätzig, weiß wie Schnee. Aaron wandte sich zu Mirjam und sah, dass sie aussätzig war. Da sprach Aaron zu Mose: „Ach mein Herr, lege doch nicht die Sünde auf uns, durch die wir töricht gehandelt und uns versündigt haben. Möge sie doch nicht sein wie ein totes Kind, dessen Fleisch, wenn es aus dem Leib seiner Mutter hervorkommt, zur Hälfte verwest ist.“
Mose schrie zum Herrn und sprach: „O Gott, bitte heile sie doch!“ Der Herr antwortete Mose: „Hätte ihr Vater ihr etwa ins Angesicht gespien, sollte sie sich nicht sieben Tage lang schämen. Sie soll sieben Tage außerhalb des Lagers eingeschlossen werden und danach wieder aufgenommen werden.“ So wurde Mirjam sieben Tage außerhalb des Lagers eingeschlossen.
Das Volk brach nicht auf, bis Mirjam wieder aufgenommen war. Danach brach das Volk von Hazeroth auf und lagerte in der Wüste Paran. Miriam wurde also aussätzig, weil sie sich versündigt hatte und gegen Mose gesprochen hatte.
Es heißt zwar: „Und Mirjam und Aaron redeten gegen Mose“ (Vers 1). Im hebräischen Text steht jedoch: „Und sie redete Mirjam und Aaron.“ Das Verb ist weiblich. Das Verb passt also nur auf Mirjam, während Aaron lediglich als Apposition ohne Verb genannt wird. Das muss man im Deutschen korrekt übersetzen: Miriam und Aaron redeten gegen Mose. Im Hebräischen ist es aber noch deutlicher, dass Miriam die treibende Kraft war, und Aaron sich mitreißen ließ.
Ähnlich war es beim goldenen Kalb: Eigentlich war das nicht Aarons Sache, aber er wurde vom Volk mitgerissen. Charakterlich gab es hier also ein Problem. Die Schrift zeigt uns mindestens zwei Beispiele, in denen Aaron versagt hat. Doch Miriam war die Führende, und das Ganze war von Eifersucht geprägt.
Gott stellte sich zu Mose, und Miriam wurde deswegen aussätzig. Hier sieht man auch, dass Aussatz ein Bild für die Sünde ist. Sie musste ausgeschlossen werden. Aussatz war gefährlich wegen der Ansteckung, deshalb erläutert das mosaische Gesetz in 3. Mose 13 ganz genau, wie man Aussatz erkennen und von anderen Hautkrankheiten unterscheiden konnte.
Die Angaben sind sehr detailliert und für die Priester bestimmt, die als Medizinerpriester spezialisiert sein sollten und die Diagnose von Aussatz korrekt stellen konnten. Wenn die Diagnose feststand, musste der Aussätzige hinausgetan werden. Lesen Sie, wie schrecklich das war, aber es war eine Sicherheitsmaßnahme, damit sich die Krankheit nicht verbreiten konnte.
Ein wichtiger Punkt ist, dass sich Krankheiten im Lauf der Geschichte verändern. Man kann also nicht einfach von heutigen Phänomenen und dem heutigen Aussatz auf das in der Bibel gemeinte Krankheitsbild schließen. Das ist die Sache der historischen Medizin.
Wer Medizin studiert, lernt vor allem die heutigen Krankheiten, meist europäischer Art. Wer sich in Afrika oder als Tropenarzt spezialisiert, kennt andere Krankheitsbilder. Das wäre ein spezielles Gebiet der historischen Medizin. Dort wird erklärt, dass die Menschen in biblischer Zeit diese Krankheit korrekt diagnostizieren konnten.
Wenn die Diagnose gestellt war, heißt es in 3. Mose 13,45: „Der Aussätzige, an dem die Plage ist, soll in zerrissenen Kleidern einhergehen, mit entblößtem Haupt, und seine Lippen soll er verhüllen. Er soll ausrufen: ‚Unrein, unrein!‘ Solange die Plage an ihm ist, soll er völlig unrein bleiben, denn er ist unrein. Er soll abgesondert wohnen und außerhalb des Lagers seine Wohnung haben.“
Der Ausdruck „außerhalb des Lagers“ ist sehr wichtig. Wir sind hier noch auf der Wüstenwanderung. Später, als Israel im Land war und Jerusalem Hauptstadt wurde, umgeben von einer Mauer, wurde das übertragen: Das Lager entspricht der Stadt Jerusalem mit dem Tempel, und „außerhalb des Lagers“ heißt also außerhalb der Stadt Jerusalem.
Darum steht in Hebräer 13, dass der Herr Jesus außerhalb des Tores gelitten hat. In diesem Zusammenhang wird gesagt, wir sollen auch hinausgehen, „außerhalb des Lagers“, und seine Schmach tragen. Die Stadt Jerusalem wird also klar als Lager bezeichnet, und außerhalb der Stadt heißt außerhalb des Lagers.
So durften Aussätzliche in Israel niemals in Städte mit Ringmauern kommen. Sie mussten immer außerhalb der Ringmauer bleiben – ein großes Elend.
Nun nochmals zu Mirjam: Es war so schlimm, was sie getan hatte und wie sie sich gegen Mose verhielt. Gott sagte, wenn eine ganz schlimme Sache zwischen einem Vater und seiner Tochter wäre, dass der Vater der Tochter ins Angesicht gespien hätte, dann wäre das so schmachvoll, dass dieses Maß von sieben Tagen anzuwenden wäre.
Darum sollte sich Mirjam sieben Tage lang schämen und als Aussätzige sieben Tage außerhalb des Lagers bleiben. Danach wurde sie wieder gesund und aufgenommen.
Der Aussatz war so heftig ausgebrochen, dass Aaron in seinem Bußgebet sagte: „Möge sie doch nicht sein wie ein totes Kind, dessen Fleisch, wenn es aus dem Mutterleib hervorkommt, zur Hälfte verwest ist.“ Es geht hier um ein Kind, das im Mutterleib abgestorben ist, ausgeschieden wird und halb verwest herauskommt.
Dieses Bild beschreibt, wie schlimm die Haut von Mirjam war. Doch schließlich wurde sie wieder aufgenommen, und die Sache war geordnet.
Heilung von Aussatz im Alten Testament – Seltenheit und Bedeutung
Bezogen auf das Thema Heilung im Alten Testament stellt sich die Frage, wo es dort noch weitere Berichte über die Heilung von Aussatz gibt. Es ist auffallend ruhig – und das zu Recht. Es gibt kein weiteres Beispiel.
Das bedeutet mit anderen Worten, dass in der Bibel kein einziger Fall berichtet wird, in dem nach Mose in Israel jemand von Aussatz geheilt wurde. Das ist so außergewöhnlich, dass der Herr Jesus in seiner Predigt in Nazareth, in der Synagoge, in Lukas 4 darauf hinweist: Zur Zeit von Elisa gab es viele Aussätzige in Israel, aber geheilt wurde nur Naaman, der Syrer.
Dadurch wird klar, dass die Heilung eines Aussätzigen etwas ganz Besonderes war. Im Talmud, im Traktat Nedarim 64b, heißt es, ein Aussätziger sei eigentlich wie ein Toter – man könnte ihn als eine wandelnde Leiche bezeichnen. In einem anderen Traktat, Sanhedrin 47a, wird die Heilung eines Aussätzigen als eine Art Auferstehung von den Toten beschrieben.
Man muss sich also vorstellen: Seit Mose gibt es keinen einzigen dokumentierten Fall einer Heilung von Aussatz. Natürlich trat Aussatz immer wieder auf, aber es gab keine Heilung.
Deshalb musste Dritte Mose 13 immer wieder angewendet werden. Die Spezialisten waren weiterhin gefordert, die Diagnose zu stellen. Doch Kapitel 14, das genau beschreibt, was mit einem geheilten Aussätzigen geschehen soll – welche Opfer er darbringen muss und wie die Zeremonie abläuft –, wurde nie praktisch benötigt.
Ich habe Kapitel 14 bisher noch gar nicht erwähnt. Dieses Kapitel berichtet, was geschehen soll, wenn ein Aussätziger geheilt wird. Es wird genau erklärt, welche Opfer er darbringen muss und wie das genau funktioniert. Doch dieses Kapitel blieb reine Theorie. Von Mose an, also nach Mose, war es reine Theorie bis in die Zeit der Evangelien.
Heilung des Aussätzigen durch Jesus – Ein messianisches Zeichen
Und jetzt kommt der Herr vom Berg der Seligpreisungen herab nach Enschewa und trifft diesen Aussätzigen. Er sagt zu ihm: „Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“ Der Mann ist völlig überzeugt, dass Jesus der Messias ist. Niemand sonst könnte das, aber wenn der Messias will, dann kann ich geheilt werden.
Die ganze Situation ist auch architektonisch sehr dramatisch. In Jerusalem, im Tempel damals, gab es im Frauenvorhof vier kleine Höfe in den Ecken. Wenn man von Osten her in den Frauenvorhof kam, war rechts ein kleiner Vorhof, in dem das Holz für den Brandopferaltar gelagert wurde. Links befand sich der Hof oder die Kammer der Naziräer.
Wenn jemand ein Naziräer-Gelübde für eine bestimmte Zeit abgelegt hatte, musste er am Ende dieser Zeit seine Haare scheren, sie auf einer Feuerstelle verbrennen und ganz bestimmte Rituale und Opfer vollziehen, wie es in 4. Mose 6 beschrieben ist.
Außerdem gab es links vorne nochmals einen solchen Hof, in dem das Öl für den siebenarmigen Leuchter und für alle anderen Gebräuche im Tempel gelagert wurde. Dort wurde auch Wein für das Trankopfer aufbewahrt, zum Beispiel vom Brandopfer, das ausgegossen werden musste.
Rechts vorne war die Kammer der Aussätzigen. Dort mussten Geheilte die Rituale vollziehen. Alle Haare des Körpers mussten vollkommen rasiert werden, und sie mussten bestimmte Opfer darbringen, wie es in den Ritualen des Mose in 3. Mose 14 beschrieben ist. Diese Kammer war vorhanden, wurde aber nie gebraucht – bis jetzt.
Der Herr kommt vom Berg herunter, heilt diesen Aussätzigen und sagt: „Ich will.“ Diese Worte genügen, und der Mann wird geheilt. Der Herr sagt nun nicht einfach zu dem Mann, er solle nach Jerusalem gehen, damit kein Lärm entsteht. Stattdessen muss der Mann eine Reise von Galiläa nach Jerusalem antreten.
Er war als Aussätziger registriert, denn Spezialisten, die Priester, hatten die Krankheit diagnostiziert. Ein Aussätziger durfte nicht in die Stadt oder innerhalb der Stadtmauern leben. Er musste sich anmelden, damit ein Spezialist aus Jerusalem herauskam, um ihn zu untersuchen.
Das ist entsprechend 3. Mose 14 geregelt. Schauen wir uns das kurz an:
„Der Herr redete zu Mose: Dies soll das Gesetz des Aussätzigen sein am Tage seiner Reinigung. Er soll zum Priester gebracht werden, und der Priester soll nach draußen vor das Lager gehen. Sieht der Priester, dass die Krankheit des Aussatzes am Aussätzigen geheilt ist, so soll der Priester gebieten, dass man für den, der zu reinigen ist, zwei lebende, reine Vögel nehme, sowie Zedernholz, Karmesin und Isop. Der Priester soll gebieten, dass man den einen Vogel über lebendigem Wasser in einem irdenen Gefäß schlachtet. Den lebenden Vogel soll er nehmen, zusammen mit dem Zedernholz, dem Karmesin und dem Isop, und diese in das Blut des geschlachteten Vogels tauchen. Davon soll er siebenmal auf den zu reinigenden Aussätzigen sprengen und ihn für rein erklären. Den lebenden Vogel soll er ins freie Feld fliegen lassen. Der zu reinigende soll seine Kleider waschen, sein ganzes Haar scheren und sich im Wasser baden, dann ist er rein. Danach darf er ins Lager kommen, aber er soll sieben Tage außerhalb seines Zeltes bleiben.“ (3. Mose 14,1-8)
Es geht mir zuerst darum, dass in Vers 2 steht, der Priester solle außerhalb des Lagers gehen. Das bedeutet, er musste aus der Stadt Jerusalem hinausgehen, um den Kranken zu untersuchen. Wenn er überzeugt war, dass der Mann geheilt ist, durfte dieser in die Stadt und in den Tempel gehen. Dort musste er die beschriebenen Rituale vollziehen.
In den weiteren Versen wird beschrieben, dass er ein Ritualbad nehmen musste. Zum Beispiel heißt es in Vers 9: „Am siebten Tag soll er all sein Haar scheren, sein Haupt, seinen Bart und seine Augenbrauen. Er soll seine Kleider waschen und sein Fleisch im Wasser baden, dann ist er rein.“ Danach kamen noch verschiedene Opfer hinzu.
Er musste also seinen Körper vollständig rasieren, alle Körperhaare, auch die Augenbrauen, entfernen. Dann wurde er wieder in die Gemeinschaft aufgenommen.
In den Opferanweisungen steht zweimal „lebendiges Wasser“. Ist das ein Hinweis auf das Heilsystem? Lebendiges Wasser ist etwas anderes als gewöhnliches Wasser. Was ist lebendiges Wasser? Das ist Quellwasser, also Wasser, das aus einer Quelle entspringt. Im Hebräischen sagt man „Mayim Chayim“ – Wasser des Lebens oder lebendiges Wasser. Das ist der normale Ausdruck für fließendes Quellwasser.
Man musste also Quellwasser nehmen. Dieses Quellwasser ist ein Hinweis auf das ewige Leben und das Wirken des Heiligen Geistes. In Johannes 7,39 wird genau erklärt, dass lebendiges Wasser auf den Heiligen Geist, den Geist des Lebens, hinweist.
Die Krankheit führt zum Tod, aber hier geht es um Leben und Heilung. Die Vogelopfer sind absolut einzigartig. Solche gibt es sonst nirgendwo im gesamten Opfersystem Israels, nur bei diesem Aussätzigen.
Die Vögel heißen „Zippor“, was im Judentum als Spatzen verstanden wird – zwei Spatzen. Interessanterweise spricht der Herr Jesus in seinen Reden in den Evangelien oft davon, wie kostengünstig Spatzen sind. Gerade beim Heilungsritual von Aussatz musste man diese Spatzenopfer bringen.
Ein Spatz wird geschlachtet, das Blut wird auf die Flügel des Spatzen aufgetragen, und dann lässt man ihn fliegen. Das ist ein wunderbares Bild von Tod, Auferstehung Christi und Himmelfahrt. Es wird darin illustriert.
Man hat beim Spatzen auch daran gedacht, dass Spatzen schwarz sind. Wenn man eine Schar Spatzen beisammen hat, entsteht viel Lärm. Das wurde verstanden als Illustration von Schwatzen und üblem Reden – genau die Sünde von Miriam.
Das ist keine kleine Sache. Im Zeitalter des Internets ist das noch viel schlimmer mit Kommentaren, Verbreitung von falschen Nachrichten und übler Nachrede. Wir sehen, wie schwer das gewichtet wird.
Darum ist dieses Spatzenopfer auch eine Erinnerung daran, dass der Herr Jesus auch für üble Nachrede und übles Schwatzen gestorben ist.
Jetzt sehen wir also das Kapitel 14 so detailliert beschrieben. Man hat es nie gebraucht, aber jetzt wird der Mann in Galiläa, in Enschewa, geheilt. Der Herr sagt: „Gehe und zeige dich dem Priester.“
Dieses Wunder musste offiziell bestätigt werden. Wenn Leute erzählen, es sei ein Wunder geschehen, wird viel berichtet. Aber wenn das von Spezialisten überprüft wird, die vorher die Diagnose gestellt haben, dann ist es klar: Der Mann war aussätzig und musste immer ausgeschlossen leben.
Sobald Leute in seine Nähe kamen, musste er rufen: „Unrein, unrein!“ Jetzt wird offiziell bestätigt, dass er geheilt ist.
Der Sanhedrin, der oberste Gerichtshof Israels, muss sich damit beschäftigen. So etwas hat es seit Mose nicht gegeben. Mindestens muss die Frage gestellt werden: Ist das eventuell der Messias, dieser Mann, der jetzt in Kapernaum wohnt, aber vorher in Nazaret gelebt hat?
Das muss so gewesen sein, denn Schriftkunde in Israel war alltägliche Sache. Das ist auch der Grund, warum man in Israel für die Königszeit (ungefähr 1000 bis 500 vor Christus) mehr Siegel gefunden hat als irgendwo sonst im Nahen Osten. Das zeigt, dass Schrift im Alltag total verbreitet war.
Im Zusammenhang mit dem Tempel wurden auch die Priester genau verzeichnet. Alles wurde schriftlich festgehalten. Darum kann man davon ausgehen, dass diese Sache ganz klar etabliert war: Der Mann war aussätzig, und jetzt ist er geheilt.
Und nun müsste etwas ganz Besonderes geschehen.
Reaktion der jüdischen Führer und die Prüfung Jesu in Lukas
Nach dieser Sensation, das berichtet uns Lukas, fangen wir mal von vorne an. Dabei sieht man, wie wichtig es ist, die Bibel genau zu lesen. Das hat man vielleicht schon oft gelesen, aber gar nicht realisiert, was wirklich darin steckt.
In Lukas 5 wird diese Heilung berichtet, und zwar in Kapitel 5, Vers 12. Dort heißt es: „Und es geschah, als er in einer der Städte war, siehe, da war ein Mann voller Aussatz.“ Die Geschichte geht bis Vers 16. Der Herr schickt den Mann zum Priester, genau wie es auch in Matthäus berichtet wird. Hier wird aber noch hinzugefügt, in Vers 16, dass Jesus sich zurückzog, in die Wüstengegenden ging und betete.
Jesus betet also ganz intensiv. Das steht nicht in Matthäus, aber in Lukas, wo Jesus so oft im Gebet beschrieben wird wie in keinem anderen Evangelium. Das betont, dass Jesus ein wirklicher Mensch geworden ist und abhängig vom Vater war. Nach diesem Wunder, das eine absolute Sensation war und ein messianisches Zeichen darstellt, geht er ins Gebet.
Nun lesen wir Vers 17: „Und es geschah an einem der Tage, dass er lehrte, und es saßen da Pharisäer und Gesetzeslehrer, die aus jedem Dorf von Galiläa und Judäa und aus Jerusalem gekommen waren, und die Kraft des Herrn war da, dass er heilte.“
Das bedeutet: In Galiläa, genauer gesagt in Kapernaum, waren Pharisäer und Gesetzeslehrer – also Rabbiner – versammelt. Sie kamen aus jedem Dorf von ganz Galiläa, dem Norden Israels, aus jedem Dorf in Judäa, dem Süden Israels, und aus der Hauptstadt Jerusalem. Was für ein Aufmarsch! Rabbiner und rabbinische Vertreter aus allen Orten Israels versammelten sich in Kapernaum am See Genezareth.
Sie kamen nicht zum Urlaub, sondern weil sie vermuteten, dass dieser Mann der Messias sein könnte. Deshalb mussten sie ihn genau untersuchen und kontrollieren, was dieser Mann tut und spricht. Diese Reaktion kam zustande, weil der Mann gemäß 3. Mose 14 kontrolliert werden musste und die Sache nun offiziell war.
Dann sehen wir, dass zwei Phasen folgen. In der ersten Phase wird nur beobachtet, ohne dass etwas gesagt wird. Wir können in Lukas 5 weiterlesen: In der ersten Phase herrscht einfach Schweigen, nur Beobachtung und Zuschauen.
Was geschieht? Wir haben gelesen: „Die Kraft des Herrn war da, um zu heilen. Und siehe, Männer brachten auf einem Bett einen Menschen, der gelähmt war, und sie suchten, ihn hineinzubringen und ihn vor ihn zu legen. Da sie wegen der Volksmenge keinen Weg fanden, ihn hineinzubringen, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn mit dem Tragbett durch die Ziegel hinunter in die Mitte vor Jesus. Als er ihren Glauben sah, sprach er: ‚Mensch, deine Sünden sind dir vergeben.‘“
Die Schriftgelehrten und Pharisäer fingen an zu überlegen und sagten: „Wer ist dieser, der Lästerungen redet? Wer kann Sünden vergeben, außer Gott allein?“ Als Jesus ihre Überlegungen erkannte, antwortete er ihnen: „Was überlegt ihr in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: ‚Deine Sünden sind dir vergeben‘, oder zu sagen: ‚Steh auf und geh umher‘? Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Gewalt hat, auf der Erde Sünden zu vergeben, sprach er zu dem Gelähmten: ‚Ich sage dir, steh auf, nimm dein Tragbett auf und geh in dein Haus!‘“
Sogleich stand der Mann vor ihnen auf, nahm das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging in sein Haus. Er verherrlichte Gott. Alle waren erstaunt, verherrlichten Gott und wurden mit Furcht erfüllt. Sie sagten: „Wir haben heute außerordentliche Dinge gesehen.“
Man sieht, die Pharisäer und Schriftgelehrten haben nichts gesagt, sondern nur für sich nachgedacht. Das Haus war voll, und diese große Delegation war in Kapernaum. Die Männer, die einen Freund zum Herrn brachten, der gelähmt war, mussten das Dach öffnen, um ihn zu Jesus zu bringen.
Und was sagt Jesus? Man hätte denken können, er würde etwas anderes sagen oder den Gelähmten gleich heilen. Aber er sagt: „Mensch, deine Sünden sind dir vergeben.“ Die Pharisäer denken korrekt: Wer kann Sünden vergeben außer Gott? Das ist Gotteslästerung, wenn man nicht Gott ist und so etwas sagt.
Doch sie dachten falsch. Sie hätten sich sagen müssen: Wenn dieser Mensch Gott ist, dann ist er kein Lästerer. Das konnte man aus dem Alten Testament wissen, zum Beispiel aus Jesaja 9, Vers 6. Die Rabbiner kannten diese Stelle. Dort heißt es: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Man nennt seinen Namen: wunderbarer Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.“
Vier Doppelnamen des Messias. Der zweite Doppelname El Gibbor bedeutet „Gott der Stärke“ oder „starker Gott“. Ein Kind wird geboren, also ein Mensch, aber wenn er El Gibbor genannt wird, dann ist er Gott. Die Rabbiner sagten sich: Wer kann Sünden vergeben außer Gott? Jesus lästert. Aber sie sagen noch nichts von ihrer Schlussfolgerung.
Jesus aber weiß, was sie denken, und gibt gleich die Antwort. Er fragt: „Was ist eigentlich einfacher? Zu sagen: ‚Deine Sünden sind dir vergeben‘, oder zu sagen: ‚Steh auf und wandle‘?“ Er sagt nicht im Namen Gottes „steh auf“, sondern in seiner eigenen Autorität. Das ist etwas anderes, als ein Wunder im Namen Gottes zu tun.
Er tut es einfach so, aus eigener Kraft. Natürlich kann jeder Priester sagen: „Deine Sünden sind vergeben“, aber ob sie wirklich vergeben sind, kann man nicht kontrollieren. So etwas kann im Prinzip jeder sagen.
Jesus sagt: „Was ist einfacher? Deine Sünden sind vergeben, das kann jeder sagen. Aber ich kann in eigener Autorität sagen: Steh auf und wandle.“ Und der Gelähmte ist geheilt.
Die Volksmenge reagiert natürlich. Sie staunt über das, was sie gesehen haben. Aber die Führer müssen weitermachen. Nun beginnt die zweite Phase, in der sie Fragen stellen. Es ist noch keine Schlussfolgerung, aber sie fangen an, Fragen zu stellen.
Weiter in Lukas 5, Vers 27: „Danach ging er hinaus und sah einen Zöllner namens Levi am Zollhaus sitzen. Er sprach zu ihm: ‚Folge mir nach!‘ Levi verließ alles, stand auf und folgte ihm nach. Levi machte ihm ein großes Mahl in seinem Haus, und es war eine große Menge von Zöllnern und anderen, die mit ihnen zu Tisch lagen.“
Die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten gegen seine Jünger und fragten: „Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?“
Hier sehen wir eine große Einladung, und Jesus nimmt sie an – mit Volksverrätern, Zöllnern und unmoralischen Leuten aus Israel. Er ist mit ihnen zusammen. Nun kommt die Frage: Wie kann das der Messias sein, wenn er mit solchen Leuten isst?
Darum stellen sie die Frage: „Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?“ Jesus antwortet: „Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße.“
Jesus ist also nicht gekommen, um einfach zu feiern. Nein, er ist gekommen, um Menschen zu retten, die Heilung von der Sündenkrankheit brauchen. Der Aussatz ist ein Bild der Sünde, und hier haben wir wirkliche Sünder. Jesus kommt, um sie zur Umkehr zu rufen.
Dann geht es weiter. Die Untersuchung geht weiter. Die Gegner sagen: „Die Jünger des Johannes fasten oft und verrichten Gebete, ebenso die der Pharisäer. Deine aber essen und trinken.“
Jesus antwortet: „Könnt ihr etwa die Hochzeitsgäste fasten lassen, während der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, und dann, wenn der Bräutigam von ihnen genommen sein wird, in jenen Tagen werden sie fasten.“
Wieder eine Feststellung: Die Jünger dieses Mannes, der der Messias sein könnte, sind gar nicht so ernsthaft wie die Jünger von Johannes dem Täufer. Die Jünger Johannes’ fasten, aber die Jünger Jesu fasten nicht. Wie kann das der Messias sein? Das ist zu wenig streng.
Sie stellen die Frage: Warum ist das so? Jesus erklärt: Er ist der Messias, der Bräutigam aus dem Hohelied. Jetzt ist der Bräutigam da. Interessant ist, dass er nicht von der Braut spricht. Es braucht eigentlich zwei zum Heiraten, aber Israel war in einem Zustand, dass die Hochzeit aus dem Hohelied nicht gefeiert werden konnte.
Der Bräutigam ist da. Jesus sagt: Wenn der Bräutigam da ist, können seine Freunde – das sind die Jünger, die die Hochzeit organisieren – nicht fasten. Aber er sagt auch, dass der Messias weggehen wird. Dann werden schwere Zeiten kommen, und die Jünger werden Traurigkeit und Fasten erleben.
Konflikte um das Sabbatgebot und die Autorität Jesu
Und dann las man in Kapitel sechs eine weitere Geschichte:
Es geschah am zweiten Sabbat, dass Jesus durch die Saaten ging und seine Jünger die Ähren auspflückten und aßen. Am Sabbat Ähren abzunehmen war an sich kein Problem, denn das entsprach dem, was man auch im heutigen Gesetz als Mundraub kennt. Das Gesetz Mose erlaubt ausdrücklich den Mundraub. Wenn man also unterwegs war und an einem Feld vorbeiging, durfte man für den momentanen Gebrauch etwas nehmen.
Aber am Sabbat war nach rabbinischer Auffassung das Abreißen der Ähren bereits Ernten – eine Tat, die am Sabbat nicht erlaubt war. Zudem mussten die Körner herausgelöst werden, was Dreschen und Sichten bedeutete. Und dann wurden die Körner in den Mund genommen, was man mit dem Sammeln in die Scheune verglich. All das galt als verboten am Sabbat.
Die Frage ist also: Wie kann das sein, dass dieser Mann der Messias ist, wenn er nach ihrer Meinung ganz grundlegende Gebote wie das Sabbatgebot bricht? Doch der Herr gibt eine Erklärung und antwortet auf die Fragen. Lest jemand vor ab Vers 2:
Da sagten etliche von den Pharisäern zu den Jüngern: „Warum tut ihr am Sabbat, was nicht erlaubt ist?“ Jesus antwortete ihnen und sprach: „Habt ihr nicht einmal gelesen, was David tat, als er und seine Gefährten hungrig waren? Wie er in das Haus Gottes hineinging, die Schaubrote nahm und aß und auch seinen Gefährten davon gab, obwohl doch niemand außer den Priestern davon essen darf?“
Und er sprach zu ihnen: „Der Sohn des Menschen ist Herr auch über den Sabbat.“ Er zeigt damit, dass es spezielle Situationen gibt, in denen das Gebot, Leben zu erhalten, höher steht als das Sabbatgebot. Es sind also eigentlich zwei Gebote, die einander widersprechen. Jesus nennt das Beispiel von David. Es war absolut nicht erlaubt, dass ein Nichtpriester von den Schaubroten aß. Das war nur für die Nachkommen Aarons aus dem Stamm Levi erlaubt, aber David war aus dem Stamm Juda.
Trotzdem war es eine Notsituation, als er zur Stiftshütte kam, und der Hohepriester gab ihm Schaubrot. Die Jünger waren in einer Situation, in der es notwendig war, dass sie diese Körner nehmen durften. Darum sagt der Herr, ist es erlaubt. Er hat sich also nie gegen die Gebote der Tora gestellt, sondern gegen die Interpretation der Pharisäer.
Jetzt geht es um das Problem: Wer hat die höhere Autorität – die Lehrauffassung der Tradition im Judentum oder er, der vielleicht der Messias ist? Man merkt, dass das Ganze immer heftiger wird.
Nochmals ein Beispiel, lest weiter ab Vers 6:
Es geschah aber auch an einem anderen Sabbat, dass Jesus in eine Synagoge ging und lehrte. Dort war ein Mensch, dessen rechte Hand verdorrt war. Die Schriftgelehrten und Pharisäer lauerten ihm auf, ob er am Sabbat heilen würde, um einen Grund zur Anklage gegen ihn zu finden.
Er aber kannte ihre Gedanken und sprach zu dem Menschen mit der verdorrten Hand: „Steh auf und stelle dich in die Mitte!“ Da stand er auf und stellte sich dorthin. Jesus sprach zu den Anwesenden: „Ich will euch etwas fragen: Darf man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun, das Leben retten oder verderben?“
Indem er sie alle ringsum ansah, sprach er zu dem Mann: „Streck deine Hand aus!“ Der tat es, und seine Hand wurde wiederhergestellt und war gesund wie die andere. Die Schriftgelehrten und Pharisäer aber wurden mit Unverstand erfüllt und besprachen sich miteinander, was sie Jesus antun könnten.
Im Judentum war es so festgelegt, dass Leben retten am Sabbat höher steht als die Sabbatruhe einzuhalten. Ich muss kurz den Hintergrund erklären: Im zweiten Jahrhundert vor Christus haben die Syrer unter Antiochus Epiphanes ein furchtbares Gemetzel und Massaker in Jerusalem angerichtet. Der Tempel wurde entweiht, ein Schwein wurde auf dem Altar des Herrn geschlachtet, und es wurde verboten, biblische Schriften zu besitzen – bei Todesstrafe. Auch die Beschneidung der Kinder war verboten, ebenfalls bei Todesstrafe. Es war ein furchtbares Elend.
In dieser Zeit griffen die Syrer auch die Juden am Sabbat an. Die Juden sagten sich: „Wir dürfen am Sabbat nicht arbeiten.“ Deshalb ließen sie sich abschlachten und wehrten sich nicht, um die Sabbatruhe einzuhalten. Die Makkabäer überdachten das und sagten: „Das geht nicht. Das Leben muss geschützt werden, auch am Sabbat.“ Daraufhin wurde diese Auslegung festgelegt: Am Sabbat darf man Leben retten.
Darum ist es heute ganz selbstverständlich, dass die israelische Armee auch an einem Sabbat auf einen Angriff reagiert, weil das Leben retten höher steht als die Sabbatruhe. Der Herr macht das genau klar: „Streck deine Hand aus und sie wird heil.“ Das steht höher als der Sabbat. Doch die Pharisäer sagten: „Nein, das verstößt gegen unsere Tradition.“ Diesen Fall haben sie dann anders ausgelegt: Kämpfen am Sabbat geht, aber heilen nicht.
Wir sehen, dass sie mit Unverstand erfüllt wurden und sich berieten, was sie Jesus antun könnten. In der Parallelstelle Markus 3,6 heißt es: „Und sie beschlossen, ihn zu töten.“ Das ist der erste Mordbeschluss gegen Jesus. Wir können das zeitlich genau datieren: Frühjahr 30 nach Christus.
In Vers 1 haben wir gelesen: „Am zweiten Sabbat.“ Dieser Ausdruck bezeichnet den zweiten Sabbat in der Passawoche. Die Wochen werden gezählt bis sieben mal sieben Wochen, und dann kommt das Pfingstfest. Das wird immer vom Sabbat in der Passawoche angerechnet. Dieser zweite Sabbat liegt also in dieser Serie von Sabbaten. Wir sind im Monat Nisan, also März oder April, im Jahr 30 nach Christus.
In Lukas 3,1 wird gesagt, dass Jesus seinen Dienst begann, als Johannes predigte. Das war im fünfzehnten Jahr der Regierung von Kaiser Tiberius. Tiberius folgte auf den Thron, als Augustus im Jahr 14 starb. Das fünfzehnte Jahr ist also 14 plus 15 gleich 29. Es war Frühjahr, wie wir aus dem Johannesevangelium sehen, als Jesus seinen Dienst begann. Jetzt sind wir hier ein Jahr später, Frühjahr 30.
Von da bis zum Untergang des Tempels sind es 40 Jahre. Interessant ist, dass im Talmud steht, in den 40 Jahren vor der Zerstörung des Tempels kam das Los am Jom Kippur nicht mehr in die rechte Hand, und die rot gefärbte Schnur wurde nicht mehr weiß.
Ich erkläre das kurz: Am Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag, mussten zwei Ziegenböcke nach 3. Mose 16 vor den Hohenpriester gestellt werden. Einer musste in die Wüste gejagt werden als Sündenbock, der andere wurde geschlachtet und das Blut ins Allerheiligste gebracht.
Doch welcher Bock welche Aufgabe erhielt, wurde durch das Los entschieden. Dem Hohenpriester wurde feierlich eine Box mit Deckel hingehalten, und er musste mit beiden Händen gleichzeitig hineingreifen, je ein Los ergreifen und diese auf die Köpfe der Böcke legen. Dann wurden die Lose geöffnet.
Auf einem Los stand „La Azazel“ – für Azazel, das heißt die Ziege, die weggeht. „Azazel“ bedeutet Ziege, die fortgeht. Dieses Los war für den Bock, der in die Wüste geschickt wurde.
Auf dem anderen stand „La Dunay“ – für den Herrn. Das war der Bock, der geschlachtet wurde und dessen Blut ins Allerheiligste gebracht werden musste.
Im Judentum sagte man, wenn das Los für den Herrn in die rechte Hand kam, war das ein Hinweis, dass Gott vergibt. Nun steht im Talmud, Traktat Sanhedrin 39b, dass in den 40 Jahren vor der Zerstörung des Tempels das Los nicht mehr in die rechte Hand kam.
Man kann sich das so vorstellen: Jedes Jahr versucht man es einmal, aber 40 Mal hintereinander klappt das nicht. Das Los kam nicht mehr rechts – Gott vergibt nicht mehr ab dem Moment, als der Mordbeschluss gegen Jesus nach der Heilung des Aussätzigen gefasst wurde.
Die Untersuchung verlief in zwei Phasen: Zuhören, nichts sagen, Fragen stellen und dann die Schlussfolgerung: Er muss sterben, er ist nicht der Messias.
Das andere Zeichen war die rote Schnur. Man band dem Bock, der in die Wüste geschickt wurde, einen roten Karmesinfaden um die Hörner. Er wurde dann hinausgeführt durch das Osttor, das goldene Tor, über die Brücke, die ins Kidrontal und auf den Ölberg führt. Von dort wurde er in die Wüste gejagt, bis er über eine Klippe abstürzte.
Der Talmud berichtet, dass die Schnur immer wieder weiß wurde als Zeichen, dass Gott alle Schuld vergeben hatte. Das ist ein Wunder Gottes, das auch Jesaja 1,18 verheißt.
Lest jemand vor Jesaja 1,18:
„Kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der Herr: Wenn eure Sünden rot wie Karmesin sind, sollen sie wie Schnee weiß werden. Wenn sie rot sind wie Purpur, sollen sie wie Wolle werden. Wenn ihr willig seid und hört, sollt ihr das Gute des Landes essen.“
Hier wird gesagt, wenn eure Sünden wie Scharlach sind – beziehungsweise wie hier Purpur, richtig wäre Karmesin, eine Farbe, die einem hellen Rot ähnelt, dem arteriellen Blut des Menschen – dann gibt es die Möglichkeit der Vergebung.
Man muss sich vorstellen, dieses Phänomen, dass der Faden die Farbe änderte, war ein Zeichen Gottes, wie es in Jesaja 1,18 beschrieben ist. Das hat es immer wieder gegeben, so der Text in Sanhedrin 39b. Doch in den 40 Jahren vor der Zerstörung wurde die Schnur nie mehr weiß.
Wenn das ein rabbinisches Märchen sein soll, wäre das das größte Eigentor der Geschichte. Man wusste also, dass Blutschuld auf ihnen lag und Gott nicht mehr vergab.
Und dann rief vor Pilatus die Volksmenge: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Danach wurde der Tempel zerstört, und seitdem gibt es keine Opfer mehr bis heute. Das ist eine unglaubliche Dramatik!
Und das alles hängt zusammen mit diesem ersten Wunder, das in Matthäus 8 berichtet wird.
Es gibt einen wunderbaren Vers, den letzten Vers von Joel, dann machen wir Pause.
Joel 3,20 (oder 4,20 je nach Bibelausgabe, da die Kapitelzählungen unterschiedlich sind, aber der Text ist derselbe) berichtet von der Zeit, wenn der Herr Jesus wiederkommt als Messias, um in Jerusalem zu herrschen. Dort gibt es eine wunderbare Verheißung für Israel:
„Juda aber soll ewig bewohnt werden, und Jerusalem von Geschlecht zu Geschlecht. Ich werde sie von ihrem Blut reinigen, von dem ich sie nicht gereinigt hatte, und der Herr wird wohnen bleiben in Zion.“
Diese Aussage ist der Höhepunkt des Propheten: „Ich werde sie von ihrem Blut reinigen, von dem ich sie nicht gereinigt hatte.“ Das ist das Drama: Sein Blut kam über uns und unsere Kinder.
Doch natürlich wurde in jeder Generation jeder Einzelne vor die Entscheidung gestellt: Ist Jesus der Messias oder nicht? Lehne ich ihn ab oder nehme ich ihn an?
Durch die ganze Zeit hindurch haben sich Juden bekehrt und erkannt, dass er der Messias war. Gerade vor kurzem traf ich einen orthodoxen Juden in Jerusalem, Ariel Cohen al-Oro. Der Mann hat sich vorgenommen, den Prozess Jesu nochmals vor den Sanhedrin zu bringen, um ihn zurückzunehmen – eine eigenartige Entwicklung.
So ist jede Generation vor die Entscheidung gestellt: War er der Messias oder nicht?
Wenn Gott in der Zukunft diese große Erweckung wirkt, wird geschehen, dass Gott schließlich diese Blutschuld gesamthaft wegnimmt. Aber jede Generation durfte das erleben: Wenn man umkehrt und Jesus als Messias annimmt, erfüllt sich für ihn Joel 3,21 sofort: „Ich werde sie reinigen von dem Blut.“
Also selbst für Blutschuld gibt es Vergebung.
Ich habe einmal darüber gesprochen an einem Ort im Norden Deutschlands. Danach kam eine Frau zu mir und sagte, als ich das mit Jesaja 1,18 erwähnt hatte: „Ja, ich habe erlebt, dass es Vergebung gibt für Blutschuld. Ich hatte abgetrieben. Aber ich habe Vergebung bekommen. Jetzt mache ich eine Arbeit unter Frauen, die abgetrieben haben, um ihnen zu zeigen, wie es möglich ist, auch da Vergebung und Reinigung zu bekommen.“
Darum war diese Sache mit der roten Schnur für sie ganz, ganz wichtig: Rot wie Karmesin, weiß wie Schnee – es gibt völlige, völlige Vergebung.
Heilung von zehn Aussätzigen und die Reaktion der Samariter
Nachdem wir das dramatische Ereignis der Heilung des Aussätzigen und die damit verbundenen Umstände betrachtet haben, sollten wir unbedingt noch eine weitere Begebenheit erwähnen. Diese findet sich in Lukas 17,11.
Das geschieht natürlich zu einem späteren Zeitpunkt, nachdem die jüdische Führung bereits beschlossen hatte: „Er muss sterben, er ist nicht der Messias.“ Doch sehen wir uns dieses Detail genauer an.
Lukas 17,11 berichtet: Es geschah, als Jesus nach Jerusalem reiste, dass er mitten durch Samaria und Galiläa ging. Als er in ein bestimmtes Dorf eintrat, begegneten ihm zehn aussätzige Männer. Sie standen von weitem und erhoben ihre Stimme: „Jesus, Meister, erbarme dich unser!“
Als Jesus sie sah, sagte er zu ihnen: „Geht hin und zeigt euch den Priestern!“ Und es geschah, dass sie auf dem Weg dorthin geheilt wurden.
Einer von ihnen aber, als er sah, dass er geheilt war, kehrte zurück, verherrlichte Gott mit lauter Stimme, fiel auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner.
Jesus antwortete: „Sind nicht die Zehn gereinigt worden? Wo sind aber die Neun? Sind keine gefunden worden, die zurückkehrten, um Gott Ehre zu geben außer diesem Fremden?“ Dann sagte er zu ihm: „Steh auf und geh hin! Dein Glaube hat dich gerettet.“
Man muss sich das einmal vorstellen: Der Aussätzige in Matthäus 8 war eindeutig ein Aussätziger, und es ist klar, dass er geheilt wurde. So etwas war in Israel seit Mose nie gesehen worden – und jetzt ist es geschehen.
Doch die Rabbiner kamen zum Schluss, dass er trotzdem nicht der Messias sein könne, weil er nicht der Tradition in der Auslegung des Gesetzes folgte.
Nun schickt der Herr erneut neun Aussätzige nach Jerusalem, die ebenfalls geheilt wurden. Sie mussten wieder draußen vor der Stadtmauer um eine Audienz bitten, damit ein Priester herauskam und jeden Fall prüfte: „Der war aussätzig, der ist geheilt.“ Insgesamt sind es jetzt zehn.
Zur Zeit von Mose gab es einen solchen Fall, nämlich Miriam. Zur Zeit von Elisa gab es einen Fall außerhalb Israels, nämlich Naaman. Jetzt aber hat der Herr Jesus zehn Aussätzige in Israel geheilt – darunter auch einen Samaritaner.
Die Samaritaner waren ein Mischvolk. Sie wurden von den Assyrern nach der Wegführung der zehn Stämme in das Gebiet Nordisraels deportiert. Dort vermischten sie sich mit der einfachen Bevölkerung, der Restbevölkerung, die zurückgelassen wurde.
Bis heute betrachten sich die Samaritaner als wahre Israeliten, speziell aus dem Stamm Ephraim und auch Levi. Sie übernahmen nur die fünf Bücher Mose, nicht den Rest der Schriften. Damit aber auch die Gesetze aus 3. Mose 13 und 14, die die Identifikation von Aussatz und die Vorschriften für die Heilung regeln.
Und jetzt schickt der Herr auch einen geheilten Samaritaner auf den Berg Garizim. Die Priester auf dem Garizim mussten das Gleiche tun. So etwas hatte man seit der Zeit Mose nicht mehr erlebt – und dieser Mann war geheilt.
Man muss all dies im Zusammenhang sehen mit der wunderbaren Geschichte aus Johannes 4, in der Jesus am Jakobsbrunnen der samaritischen Frau begegnet. Danach kam eine ganze Zahl von Samaritern zum Glauben.
Dann folgt das Ereignis mit dem samaritischen Aussätzigen. Später in der Apostelgeschichte predigt Philippus in den Dörfern Samarias das Evangelium, und eine große Menge von Samaritern kommt zum Glauben.
Es bleibt also als Tatsache bestehen: Jesus Christus hat nachweislich auch einen Aussätzigen unter den Samaritern geheilt.
Umgang mit Aussätzigen und hygienische Vorschriften
Ja, jetzt gehen wir zurück zu Matthäus 8. Wie durfte der Hauptmann eigentlich so nah an einen anderen Menschen herantreten? Normalerweise gilt doch heute, dass Gelernte, wenn man mit einer ansteckenden Krankheit zu tun hat, einen gewissen Abstand halten müssen. Früher war das auch so: Man musste Abstand halten, es war genau festgelegt, wie viele Ellen Abstand einzuhalten waren.
Der Hauptmann legte sich also mit einem gewissen Abstand von ein paar Ellen auf den Boden. Das war eine Distanz, bei der man noch sprechen konnte. Die Diagnose war also möglich. Das ist das gleiche Problem wie bei unseren Ärzten heute. Sie mussten natürlich, wenn sie mit Kranken in Kontakt gekommen waren, Ritualbäder nehmen, weil sie als unrein galten. Diese Hygiene war auch ein Schutz.
Die Menschen mussten sich danach reinigen. Das ist auch der Grund, warum das jüdische Volk später in der Zerstreuung, zum Beispiel während der Pest im 14. Jahrhundert in Europa, viel weniger Opfer hatte. Damals starb etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung an der Pest. Unter den Juden gab es jedoch viel weniger Pestopfer. Warum? Weil sie diese Ritualbäder nahmen.
Duschen in Europa ist eine relativ moderne Erscheinung. Noch heute gibt es Menschen, die das nicht regelmäßig tun, aber für die meisten ist klar, dass Duschen wichtig ist. Die Juden hielten jedoch die Ritualbäder ein, selbst in Europa, und deshalb hatten sie viel weniger Pestopfer. Das führte zu dem falschen Argument, die Juden steckten hinter dem Schwarzen Tod. Man sagte, sie hätten die Brunnen vergiftet. Das führte zu schrecklichen Judenverfolgungen mit etwa einer Million Toten – lange vor der Nazizeit, im 14. Jahrhundert.
Aber eben, sie hatten das Problem der Pest nicht so stark, weil sie diese Ritualbäder einhielten. Das erklärt auch, warum die Priester einen gewissen Schutz vor der Krankheit hatten.
Händewaschen für Ärzte, wie du es gesagt hast, wurde erst im 19. Jahrhundert eingeführt. Samuel Semmelweis, ein jüdischer Arzt, forderte seine Studenten auf, sich die Hände zu waschen, bevor sie mit Patienten arbeiteten, nachdem sie zuvor Leichen seziert hatten. Leider endete Semmelweis in einer Nervenklinik. Er wurde als völlig daneben verschrien, obwohl er vorweisen konnte, dass in seiner Klinikabteilung die Fieberfälle bei Neugeborenen stark zurückgingen.
Trotzdem wurde er ausgegrenzt und verspottet – und zwar von gebildeten Leuten. Erst später führte Joseph Lister diese Praxis erfolgreich in die Medizin ein. Semmelweis starb also in übelsten Umständen, ein gebrochener Mann.
Gut, gehen wir zurück zu Matthäus 8, Vers 5. Der Herr kommt nach Kapernaum, und ein Hauptmann kommt zu ihm. Eigentlich wäre es besser, man hätte übersetzt: „Es gelangte ein Hauptmann an ihn.“ „An jemanden gelangen“ ist der Ausdruck, wenn man mit einer Bitte an jemanden herantritt. In Lukas, in der Parallelstelle, wird deutlich, dass der Hauptmann gar nicht persönlich kam, sondern eine Delegation schickte.
Schauen wir kurz in Lukas 7, Verse 1 und folgende: „Nachdem er vor den Ohren des Volkes alle seine Reden beendet hatte, ging er hinein nach Kapernaum. Ein Knecht eines Hauptmanns, den jener sehr schätzte, lag krank und war am Sterben. Als er von Jesus hörte, sandte er Älteste der Juden zu ihm mit der Bitte, er möge kommen und seinen Knecht retten. Diese baten Jesus eindringlich und sprachen: ‚Er ist es wert, dass du ihm dies gewährst, denn er hat unser Volk lieb und hat uns die Synagoge erbaut.‘ Jesus ging mit ihnen hin, und als er nicht mehr fern vom Haus war, schickte der Hauptmann Freunde zu ihm und ließ ihm sagen: ‚Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst. Darum hielt ich mich selbst nicht für würdig, zu dir zu kommen. Sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Vorgesetzten steht und habe Kriegsknechte unter mir. Wenn ich zu diesem sage: Geh hin! – so geht er, und zu einem anderen: Komm her! – so kommt er. Und zu meinem Knecht: Tu dies! – so tut er es.‘“
Das zeigt, dass der Hauptmann nicht selbst zu Jesus kam, sondern eine Delegation von führenden Juden aus Kapernaum schickte, die Ältesten. Deshalb wäre es besser zu übersetzen: „Als er nach Kapernaum hineingegangen war, gelangte ein Hauptmann an ihn, der ihn bat und sprach.“ Denn alles geschah indirekt.
Das interessante Zeugnis dieser führenden Leute in Kapernaum ist, dass sie sagen: „Dieser Mann liebt Israel.“ Ein Römer, der Israel liebt – das war eine Sensation. Das sehen wir im Lukasevangelium sehr deutlich. Antisemitismus war schon im Römischen Reich stark verbreitet, das ist nichts Neues. Antisemitismus ist eine sehr alte Erscheinung, die bis zurückgeht nach Ägypten um 1600 vor Christus. Dort begann der Judenhass, als alle jüdischen Knaben im Nil getötet werden sollten.
Diese Linie des Judenhasses zieht sich durch die Jahrhunderte hindurch. Im Römischen Reich war der Hass auf das jüdische Volk sehr verbreitet. Die Juden wurden nicht geschätzt. Man fand sie eigensinnig, weil sie am Sabbat nicht arbeiten wollten. Das war ein Problem, besonders für Juden, die in der römischen Armee dienten. Sie wollten Sonderrechte haben, und tatsächlich erhielten sie als einzige Nation solche Rechte. Doch das machte sie nicht beliebt.
Ihre Gesetze führten dazu, dass sie sich von den Römern trennen mussten. Sie durften nicht bei den Römern zu Hause essen, weil diese nicht koscher aßen. Das jüdische Volk war also ein Volk auf Distanz und wurde gehasst.
Hier aber haben wir einen Hauptmann – das heißt ein Offizier über hundert Soldaten, ein Zenturio, wie das griechische Wort sagt –, der Israel liebt. Er hat sogar die Synagoge gestiftet, wie wir gelesen haben. Das ist großartig.
Anfang des 20. Jahrhunderts begann man in Kapernaum zu graben und fand Häuser und schließlich eine Synagoge. Die Enttäuschung war zunächst groß, denn die Synagoge aus Kalkstein stammte erst aus dem 3. oder 4. Jahrhundert. Offensichtlich war Kapernaum damals etwas reicher geworden, denn Kalkstein ist nicht der typische Stein der Gegend.
Typisch dort ist Basalt, ein schwarzes vulkanisches Gestein, das auch auf dem Golan und im Norden häufig vorkommt. Die Kalksteine mussten also importiert werden. Doch dann kam die große Überraschung: Die Fundamente der Synagoge sind aus Basalt. Das sind die Fundamente der Synagoge aus dem 1. Jahrhundert.
Man hat also tatsächlich die Synagoge gefunden, die dieser Hauptmann bezahlt hat. Diese Synagoge wird mehrfach in den Evangelien erwähnt. Dort hat der Herr Jesus gepredigt, zum Beispiel in Johannes 6 über „Ich bin das Brot des Lebens. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ Dort wird ausdrücklich gesagt, dass er dies in der Synagoge von Kapernaum gepredigt hat.
Nun begegnet der Herr einem Nichtjuden, der Israel liebt. Dieser Mann hat eine hohe Achtung vor Jesus. Er erkennt, dass er der Messias ist – nicht nur der Jude, der Aussätzige, hat das erkannt, sondern auch dieser Hauptmann. Er sagt: „Wenn du willst, kannst du mich reinigen.“ Er weiß, dass Jesus der Messias ist, sieht sich aber selbst als so unwürdig, dass er über eine Delegation an ihn gelangt.
Es ist ihm ein Anliegen, dass sein Knecht geheilt wird, und er sagt: „Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ Wir haben gesehen, welche Autorität das Wort Jesu hat, zum Beispiel in der Bergpredigt.
Auf dieser Grundlage sagt der Hauptmann: „Sprich nur ein Wort, und er wird geheilt.“ Er sieht die Autorität des Wortes Jesu. Dann erklärt er: „Ich selbst stehe auch unter Befehlsgewalt.“ Als Zenturio war er ein Offizier, der unter höheren Offizieren stand, zum Beispiel dem Chiliach, dem Offizier über tausend Soldaten. Dieser war über ihm.
Er musste also gehorchen, aber seine hundert Soldaten mussten ihm gehorchen. Er konnte einfach ein Wort sagen: „Komm!“ – und sie kamen, oder „Geh!“ – und sie gingen. Er erkannte, dass Jesus Christus ein wirklicher Mensch ist, der sich erniedrigt hat, um gehorsam den Willen des Vaters zu tun.
Jesus stand auch unter Autorität, doch er hatte selbst Autorität. Genauso wie der Hauptmann sagen konnte „Komm!“ oder „Geh!“, wusste er, dass Jesus einfach sagen konnte, dass sein Knecht gesund wird, und dann würde es geschehen. Dabei sprach er nicht im Namen Gottes, sondern erkannte, dass Jesus in eigener Kraft heilen konnte.
Er spürte etwas davon, dass Jesus Gott und Mensch in einer Person ist. Als Gott konnte Jesus mächtig nur ein Wort sagen, und die Krankheit musste gehorchen. Als Mensch erniedrigte er sich und stellte sich unter die Autorität Gottes, des Vaters. Wie in Philipper 2, Vers 5 gesagt wird: Jesus achtete es nicht als Raub, Gott gleich zu sein, sondern erniedrigte sich.
Man sieht sieben Stufen der Erniedrigung: Jesus verhielt sich wie ein Diener, wie ein wirklicher Mensch, und so weiter bis zum Tod. Die sechste Stufe ist der Tod, und die siebte ist der Tod am Kreuz. Das ist die höchste Stufe der Erniedrigung.
Das erkennt der Hauptmann, und Jesus reagiert darauf. Er sagt in Vers 10: „Als Jesus das hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die ihm folgten: Wahrlich, ich sage euch, selbst in Israel habe ich so großen Glauben nicht gefunden.“
Schon hier im Matthäusevangelium öffnet sich ein Fenster auf die Heidenvölker. Es wird klar, dass etwas geschehen wird, und wir werden das später im Matthäusevangelium noch sehen, besonders in Kapitel 13. Dort zeigt der Herr, wie eine Wende kommt und viele aus aller Welt zum Glauben an ihn kommen werden.
Dieser Nichtjude ist das erste Beispiel, mit einem Glauben so groß, wie ihn in Israel niemand gefunden hat. Gewaltig!
Dann macht der Herr noch eine wunderbare Offenbarung über das tausendjährige Friedensreich. Vers 11: „Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden im Reich der Himmel.“
Das Reich der Himmel oder das Reich Gottes – „Reich der Himmel“ ist der typisch jüdische Ausdruck. Die Rabbiner nannten das Reich Gottes „Malchut Schamayim“, Königreich des Himmels. Himmel war ein Ersatzname für den unaussprechlichen Namen Gottes, Jahwe, der Ewige.
Aus Ehrfurcht sprachen sie stattdessen „Himmel“. Das Reich der Himmel ist also das Reich des Herrn und bezeichnet hier das tausendjährige Friedensreich.
Der Herr sagt, dass Nichtjuden aus aller Welt – aus Osten und Westen – kommen werden und mit Abraham, Isaak und Jakob zusammen im tausendjährigen Friedensreich essen werden. Im Kontrast dazu sagte er aber, dass die „Söhne des Reiches“ hinausgeworfen werden, in die äußerste Finsternis.
Die „Söhne des Reiches“ sind diejenigen, die eigentlich den ersten Zugang zum Reich Gottes gehabt hätten – Israel. Denn der Messias ist zuerst nach Israel gekommen, nicht in die Schweiz. Helvetia war weit entfernt von den Ereignissen.
Man kann sich verbinden, wenn man bedenkt, dass die Schweizer einst nach Frankreich ausziehen wollten, aber Julius Caesar sie bei Viprakte schlug, sodass sie zurückkehren mussten. Julius Caesar war der Adoptivvater von Octavian Augustus, der den Befehl gab, den Erdkreis einschreiben zu lassen – zu der Zeit wurde Jesus geboren.
So haben wir wenigstens einige Verbindungen, und schließlich sind wir doch in der Schweiz mit der Weihnachtsgeschichte. Man muss die Verbindungen manchmal suchen, wenn sie nicht ganz offensichtlich sind.
Aber eben, Osten und Westen – das ist der Blick auf die ganze Welt, auf die Menschen aus den Heidenvölkern, die zum Glauben kommen werden. Das ist übrigens auch in Offenbarung 7, Vers 9 und folgende zu sehen: Eine unzählbare Schar wird sich nach der Trübsal aus allen Nationen, Völkern, Stämmen und Sprachen bekehren.
Diese Schar wird durch die große Drangsal hindurchgehen und dann in das tausendjährige Friedensreich eingehen. Dort werden sie Abraham persönlich treffen und mit ihm zusammen essen.
Die alttestamentlichen Gläubigen werden wieder auferstehen – und zwar genau zum Zeitpunkt der Entrückung. Denn in Hebräer 11 wird gesagt, dass die Glaubenshelden des Alten Testaments noch nicht vollendet sind, keinen Leib bekommen haben. Sie sollen aber nicht getrennt von uns vollendet werden.
Das heißt, die alttestamentlichen Gläubigen werden erst zum Ziel gelangen, wenn die Gemeinde auch zum Ziel gelangt. Die Auferstehung der verstorbenen Gläubigen findet bei der Entrückung statt.
Darum werden, wenn der Herr Jesus nach der großen Drangsal in Herrlichkeit kommt, wie Sacharja 14 sagt, „mit allen Heiligen“, die Gläubigen des Alten Testaments und des Neuen Testaments der Gemeinde zusammen sein.
Sie werden direkten Kontakt haben mit den Überlebenden der Drangsal, und sie werden zusammen essen.
Manchmal kommt die Frage auf: Wird man sich in der Ewigkeit wiedererkennen? Die Antwort ist: Ja, natürlich! Man wird wissen: Das ist Abraham, das ist Isaak. Man wird Gemeinschaft haben und alles fragen können, was man schon immer wissen wollte. Henoch, wie war das genau? Diese Begegnungen werden stattfinden.
Das Traurige ist jedoch, was Jesus hier sagt: Die „Söhne des Reiches“ werden hinausgeworfen, viele, die eigentlich so nahe dran gewesen wären, aber den Messias, den Herrn Jesus, abgelehnt haben. Für sie bleibt die Verdammnis, die äußerste Finsternis, dort wird Weinen und Zähneknirschen sein.
Anders hat dieser außergewöhnliche Hauptmann mit so großem Glauben und Israelliebe gehandelt. Der Herr zeigt, wie das tausendjährige Friedensreich sein wird.
Das bezieht sich nicht auf die heutige Zeit, in der viele Moslems zu uns kommen. Hier geht es um das Land Israel. Sie werden alle von Osten und Westen nach Jerusalem kommen.
In Offenbarung 7 sieht man diese unzählbare Schar aus allen Völkern, und sie sind im Tempel. Dieser Tempel ist der Hesekiel-Tempel des tausendjährigen Friedensreiches in Jerusalem. Dort werden sie sich treffen.
Das ist also sachlich etwas anders, aber es zeigt uns, dass unsere Identität in Ewigkeit erhalten bleibt und nie ausgelöscht wird. Das ist etwas ganz Wunderbares.
Man beginnt das erst recht zu schätzen, wenn man Kontakt mit asiatischer Kultur hatte. Ich war in Indien, im Hinduismus und Buddhismus und in vielen fernöstlichen Ländern. Dort findet man das Ideal des Nirwana.
Im Hinduismus und Buddhismus heißt das Nibbana, das Gleiche. Es ist ein Partizip und bedeutet „ausgelöscht“. Das Ziel ist, aus dem Rad der Wiedergeburten auszubrechen und ins Nirwana zu gelangen. Das ist ein Zustand des Ausgelöschtseins.
Wie kann das ein Ideal sein? Es ist, als würde eine Kerze ausgeblasen werden – und das war’s. Die Menschen streben das an, sammeln Punkte, geben sich Mühe. Unglaublich, dieser völlige Nihilismus – die Auflösung des Ichs.
Man sagt, das Ich sei nur Einbildung. Wenn ein Mann in Bombay seiner Frau sagt: „Ich liebe dich, du bist die Schönste und Liebste“, antwortet sie: „Was sagst du? Ich liebe dich? Das gibt es gar nicht, das ist nur Einbildung, nur Maya.“
Trotzdem gibt es schöne Ehen in Indien, mit Achtung und Überzeugung, dass Treue wichtig ist, obwohl sie Hindus sind. Viele Hindus sind schockiert über die Unmoral in Europa, wo viele gar nicht heiraten wollen.
Im Alltag sagen sie zwar mit Überzeugung: „Ich liebe dich“, aber theoretisch wissen sie, dass es das nicht gibt. Das Ziel ist, dass das Ich zerfällt und das Nirwana erreicht wird.
Das ist Nihilismus – das Streben nach dem Nichts. Manchmal sagt man, das Christentum sei körperfeindlich. Aber der Körper ist in der Bibel sehr wichtig.
Die biblische Lehre sagt, dass wir den Körper auch nach dem Tod achten sollen und nicht einfach verbrennen, sondern bestatten. Gott wird diesen Körper wieder auferwecken – nicht einen anderen, sondern genau diesen Körper, auch wenn er verwest.
Der Herr der Atome wird alles wieder zusammensetzen, auch bei denen, die verbrannt wurden. Bei der Verbrennung werden keine Atome aufgelöst, Wasser verdunstet, aber die Atome sind noch da.
Der Herr der Atome wird alles zusammenfügen, auch bei den Gottlosen, aber bei den Erlösten besonders. Das zeigt die Achtung vor dem Körper.
Die Bibel lehrt uns, den Körper zu achten. Deshalb sagt auch 1. Korinther 6: „Wisst ihr nicht, dass euer Körper der Tempel des Heiligen Geistes ist und dass man diesen Körper bewahren muss und nicht verunreinigen darf, auch nicht durch sexuelle Unreinheit?“
Die Achtung vor dem Körper ist also sehr wichtig. Dieser Körper wird wieder auferweckt, dann vollkommen, wie in 1. Korinther 15 beschrieben – herrlich und perfekt.
Im Hinduismus ist der Körper dagegen nicht wichtig. Die Seele wandert in eine Maus, wenn man schlecht gelebt hat, oder in einen Königssohn, wenn man gut gelebt hat, aber letztlich ist es ein anderer Körper. Der Körper ist nicht wichtig.
Man könnte denken, wenigstens die Seele sei wichtig. Nein, die Seele ist auch nicht wichtig, denn sie ist nur Einbildung. Das Ziel ist das Nibbana. Körper, Geist und Seele werden alle geleugnet.
In der Bibel sind Körper, Seele und Geist wichtig. Deshalb betete Jesus am Kreuz: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Johannes sieht in Offenbarung 6 die Seelen der Märtyrer im Himmel. Das Bewusstsein ist da, sie können sogar beten. So sehen wir, dass die Identität nie aufgelöst wird.
Warum nicht? Weil unsere Identität letztlich in der Identität Gottes begründet ist. Unser Schöpfer ist der Gott, der zu Mose sagte: „Ich bin, der ich bin.“
Er hat uns als Personen mit eigenem Willen und Persönlichkeit geschaffen. Diese Persönlichkeit soll erhalten bleiben.
Wir sind von der Frage ausgegangen: Werden wir unsere Lieben wiedererkennen? Die Antwort lautet: Nicht nur wiedererkennen, sondern wir werden Umgang haben.
Natürlich wird das ein ganz anderer Umgang sein. Die Ehe wird dann nicht mehr sein, sagt der Herr in einem späteren Text, in Lukas. Dort heißt es, in der Auferstehung werden sie nicht mehr heiraten.
Aber wir bleiben unsere eigene Persönlichkeit. Das ist begründet darin, dass Gott der „Ich bin, der Ich bin“ ist. Unsere Beziehung als Ich zu Gott als Du wird in Ewigkeit bleiben.
Verheissung eines neuen Namens und persönlichen Manna für Gläubige
In diesem Zusammenhang vielleicht noch eine Perle: Offenbarung 2 liest uns jemand vor, ein Versprechen an die Gläubigen, die Wiedergeborenen, die überwinden. Da heißt es in Offenbarung 2,17: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt: Dem, der überwindet, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben, und ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf den Stein einen neuen Namen schreiben, den niemand kennt als nur der, der ihn empfängt.“
Es klingt etwas geheimnisvoll, aber der Herr sagt: „Ich werde dem, der überwindet“ – und das sind die wahren Gläubigen – „einen weißen Stein geben, auf den Stein einen neuen Namen.“ Erste Johannes 5 sagt: „Wer aus Gott geboren ist, überwindet die Welt.“
Das ist eine Anspielung auf einen Brauch in der Antike. Wenn man im alten Römischen Reich jemanden als VIP einladen wollte, ließ man ihm einen weißen Stein überbringen, auf dem sein Name stand. So bedeutet das: Ich werde ihn persönlich einladen, zum Essen.
Der neue Name, der auf den Stein geschrieben wird, beschreibt unsere Persönlichkeit als Wiedergeborene. Wir sind eine neue Schöpfung, aber es ist immer noch dasselbe Ich wie vorher – nur als eine neue Schöpfung mit einem neuen Namen. Dieser Name ist sehr persönlich. Niemand kennt diesen Namen außer uns selbst, dem Empfänger, und natürlich dem Herrn.
Das heißt, es wird eine Beziehung zwischen dem Herrn und uns geben, in die niemand sonst hineinschauen kann. So exklusiv – mit jedem einzelnen Gläubigen.
Und was gibt es zu essen? „Dem werde ich von dem verborgenen Manna geben.“ Das Manna war die Speise aus dem Himmel während der Wüstenwanderung (2. Mose 16). Es musste in einer bestimmten Menge gesammelt und in einen goldenen Krug getan werden. Dieser Krug kam dann in die Bundeslade. Das ist das verborgene Manna.
Es war also verborgen, im goldenen Krug, aber nicht irgendwo, sondern in der Stiftshütte – nicht im Vorhof, sondern im Allerheiligsten. Und nicht irgendwo im Allerheiligsten, sondern in der Bundeslade drin.
Das Manna spricht von dem Herrn Jesus, dem Brot aus dem Himmel. Aber das verborgene Manna spricht von seiner persönlichen Herrlichkeit – von den verborgensten Schönheiten seiner Person. Und das wird er mit uns teilen, ganz persönlich.
Ich sage: Wenn man dann in Asien ist und dort das Evangelium verkündet und diese Dinge erklären kann – welche Hoffnung wir über das Grab hinaus haben – das habe ich noch nie gehört. Ich habe es wirklich erlebt: Ich wurde eingeladen, eine Rede bei einer Beerdigung von Buddhisten zu halten.
Dann konnte ich sprechen: Wir glauben an einen Gott, der alles erschaffen hat. Die Buddhisten glauben nicht an einen Schöpfer. Wir haben Ähnliches erlebt – es war ein Ehepaar, das ihren achtzehnjährigen Sohn bei einem Unfall verloren hat. Völlig zerschlagen waren sie, am Boden.
Wir haben das auch so ähnlich erlebt. Aber diesen Trost, den wir erlebt haben, und diese Dinge den Buddhisten zu erklären – das ist eine absolute Sensation. Das zeigt: Wir müssen uns nie schämen gegenüber Leuten aus anderen Religionen, sondern ihnen einfach erzählen, was wir haben. Das kennen sie überhaupt nicht.
Auch in Indien musste ich plötzlich eine Beerdigung machen, was gar nicht geplant war. Dort sind Hindus, und dann über die Auferstehung zu sprechen – die kennen das doch gar nicht. Es gibt dort nur Reinkarnation und hoffentlich endlich das Nirwana.
Dann über das zu sprechen, was die Bibel über die Auferstehung sagt – das sind sensationelle Dinge. Wir haben uns viel zu sehr daran gewöhnt, aber wir müssen es neu entdecken. Und wir können es entdecken, gerade im Kontrast zu dem, was andere Menschen überhaupt nicht kennen und nie richtig gehört haben.
Wollen wir damit für heute schließen?
